Was geht eigentlich auf Facebook vor?

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Institut für Kulturwissenschaften 12.06.2012 Andreas Bischof, M.A. Kulturwissenschaften Was geht auf Facebook eigentlich vor? „Mir geht es um die Situation, um das, dem sich ein Mensch in einem bestimmten Augenblick zuwenden kann […]. Ich gehe davon aus, dass Menschen, die sich gerade in einer Situation befinden, vor der Frage stehen: Was geht hier eigentlich vor?Erving Goffman: Rahmen-Analyse. Ein Versuch über die Organisation von Alltagserfahrungen. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1996 [zuerst 1974 (dt. 1977)]. S. 16, (Hervorhebung AB).

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Questions? Please mail me! [email protected] The Talk (in german) is a summary of the crucial points from my Master Thesis "Was geht eigentlich auf Facebook vor? Eine qualitative Analyse der Facebook-Nutzung Jugendlicher als technisch vermittelte Interaktion". The study is sort of pioneer work in qualitative Research on Communication in Web2.0, because it searchs to establish a theoretical framework for its sociological Analysis. The crucial Points are a transfer of Erving Goffmans (1922-1982) Concepts for face-to-face interaction on mediated presence in Communication via Web (1). Subsequently it's important to realise, that mediated social situations are structured by meaningfull Constructions (of its Creators and Users) and it's functional structure. Therefore I analysed Facebook's character concerning Technology, History and Moral (2). Since the initial point of the Study are - with Goffman - the everyday situations and problems of Users, it's important to find an empirical approach, to reconstruct them. The immediate study of Facebook Use is difficult due to the Cagines of the Facebook Inc. and it's employees. On account of this, I ascertained data from group discussions of young users (3). To answer the eponymous question (What's going on on Facebook?') I evalueted this data following the grounded theory Methodology. Though the Sample is sample, I could show some interesting results of technological mediated Interaction in the User's perspective: The question of adaequancy to (non mediated) everyday life, the problem of self-display under co-constructive circumstances and a ceratin Set of Tactics, to manage Dating amongst Teens (4). Discussing my approach, I can show, wich input a qualitativ, hermenutical research can give to a sociological debates of technological mediated Communication and Web2.0 pehonmena. Concerning the specicifc field of interest of this study, I describe the ramifications of Facebook Usage as a double 'banalization': Not only the use of digital technologies for fostering social contacts becomes part of every day life, but also the 'banal' issues and situations of every day life become part of the Internet (5).

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Was geht auf Facebook eigentlich vor?

„Mir geht es um die Situation, um das, dem sich ein Mensch in einem bestimmten Augenblick zuwenden kann […]. Ich gehe davon aus, dass Menschen, die sich gerade in einer Situation befinden, vor der Frage stehen: Was geht hier eigentlich vor?“

Erving Goffman: Rahmen-Analyse. Ein Versuch über die Organisation von Alltagserfahrungen. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1996 [zuerst 1974 (dt. 1977)]. S. 16, (Hervorhebung AB).

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Was geht auf Facebook eigentlich vor?

Eine qualitative Analyse der Facebook-Nutzung Jugendlicher als technisch

vermittelte Interaktion

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0. Exposition

Diskrepanz empirische Verbreitung

- weltweit gut 800 Millionen "aktive Nutzer"

- Verbreitet in über 130 Länder

und sozialwissenschaftliche Thematisierung

- Mangel an zitationswürdiger Literatur generell

- spezifische Leerstelle an qualitativen Zugängen (v.a. deutsch)

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Gliederung

1. Wie lässt sich Facebook-Nutzung (soziologisch) konzeptualisieren?Where is the Goffman of the Internet?

Technisch vermittelte Interaktion

2. Wie funktioniert Facebook?Kontingente Assemblage

3. Wie lässt sich Facebook-Nutzung beobachten?Zwei Umwege

4. Was geht auf Facebook eigentlich vor?Adäquate Nutzung

Kontrollverlust

Cruisen

5. Was sagt uns das?theoretisch-methodologisch

These: doppelte Veralltäglichung

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1. Wie lässt sich Facebook-Nutzung konzeptualisieren?

Gründe:

- (Alltags-) Situationen induzieren Theoriebestand- soziale Situation als „Realität sui generis“- Perspektive: integrierende Mesotheorie

Probleme:

- keine kohärentes Theoriegebäude- explizite Beschränkung auf ftf-SituationenQuelle:

http://www.asanet.org/about/presidents/Erving_Goffman.cfm,

10.06.2012

Erving Goffman (1922-1982)

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1. Wie lässt sich Facebook-Nutzung konzeptualisieren?

Strukturmerkmale von Goffmans Interaktionstheorie

Soziale Situation

räumlich

Kopräsenz

physisch

Handlungsrahmen

wechselseitig

Interaktion

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1. Wie lässt sich Facebook-Nutzung konzeptualisieren?

"Where is the Goffman of the Internet?" - Trevor Pinch

Soziale Situation

Wahrnehmungsschranken

Kopräsenz

Informationsflüsse

Handlungsrahmen

wechselseitig

Interaktion

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1. Wie lässt sich Facebook-Nutzung konzeptualisieren?

Technisch vermittelte Interaktion

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2. Wie funktioniert Facebook?

Akteurs-Konstellation auf sozialen Netzwerkseiten

Quelle: Neuberger (2011)

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2. Wie funktioniert Facebook?

Erstellung & Pflege eines Profils

homogenisierende Erfassung narrative Darstellung

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2. Wie funktioniert Facebook?

Vernetzung

ungewichtet nutzergesteuerte Differenzierung

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2. Wie funktioniert Facebook?

Dokumentation

vollständig EdgeRank

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2. Wie funktioniert Facebook?

Feedback

Innerhalb Freundschaft sichtbar für Freundeskreis

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2. Wie funktioniert Facebook?

Dyadische Kommunikation

Nachrichtengewichtung nach EdgeRank

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2. Wie funktioniert Facebook?

Veränderung der techn. Gestaltung d. Interaktivitäts-Klassen

Merkmale- Kontextualisierung

- Differenzierung

- automatisierte Bestimmung von Beziehungsqualitäten

Motive- Intensivierung der Interaktionsdichte auf der Plattform

- Annäherung an face-to-face-Alltag (Rollendifferenzierung)

- Beschränkung von Reichweite zur Monetarisierung

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3. Wie lässt sich Facebook-Nutzung beobachten?

Methodologische Näherung

- Beobachtung in situ?

praktisches Problem: Zugang zu Daten

methodologisches Problem: Sichtbarmachen unreflektierten Wissens

- zwei Umwege:

Frage nach krisenhaftem Erleben (Normalformerwartung)

Verankerung in und Hervorbringung durch kollektive Erfahrungsräume (Sinn)

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3. Wie lässt sich Facebook-Nutzung beobachten?

Erhebung & Auswertung

- 3 Gruppendiskussionen, Auswertung nach Grounded Theory Methodologie (dokumentarische Methode & objektive Hermeneutik)

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4. Was geht auf Facebook eigentlich vor?

Bewertung und Einordnung

Studenten: Zwang zur Positionierung

Teens: Angebotscharakter für Jugendliche

Übereinstimmend: prozedurale Zwänge

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4. Was geht auf Facebook eigentlich vor?

Selbstdarstellung auf Facebook…

… unterliegt denselben Kriterien und Motiven, wie in der Alltagswelt

… funktioniert ko-konstruktiv

… wird durch Vermischung sozialer Situationen schwieriger

… findet in einem normierenden und normativen Kontext statt

… birgt Ungewissheit bzgl. der Glaubwürdigkeit

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4. Was geht auf Facebook eigentlich vor?

„Cruisen“ als gezielte Kontaktanbahnung

"Naja, ich bin hauptsächlich eigentlich wegen dem andren Geschlecht da drinne.", Felix (16)

„[…] bis jetzt hab ich so meine ganzen Freundinnen kennen gelernt [...] Da hat man halt bessere Chancen (.) bei Facebook", Artur (17)

" [...] halt von meinen Freunden, also von meinen männlichen Freunden sag ich jetzt mal so //I:hmm//, immer die Freundschaftsliste durchgegangen und hab immer nach @hübschen Kerlen gesucht@", Janine (16)

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4. Was geht auf Facebook eigentlich vor?

Flirten in Zeiten von Facebook

soziale Situation - Hanging-Out-Struktur

vermittelte Kopräsenz - Monitoring & „Stalking“

Handlungsrahmen? - Anstupsen & Anfreunden

Interaktion - Anschreiben & Flirten

Täuschung - Fake-Profile

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5. Was sagt uns das?

Zur Methode…

- Plädoyer für eine sinnbasierte Analyse technisch vermittelter Interaktionen – „wissenssoziologische Techniksoziologie“

- Vorteil praxeologischer Zugang: Ineinandergreifen statt Dualisierung Technik-Nutzer

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5. Was sagt uns das?

Zur Theorie…

- Technik „Facebook“ erschließt neue ‚Räume‘ für quantifizierende Administration und Auswertung: sozialen Alltag

- fordert Nutzer zur Selbstadministration auf; spezifisch moderne Qualität von Selbstregulierung vgl. Panopticon-These (Foucault)

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5. Was sagt uns das?

Zum Gegenstand…

- Erfolg Facebooks bedeutet „doppelte Veralltäglichung“: das Netz wird ‚banal‘ & technisch vermittelte Herstellung und Pflege sozialer Beziehung wird alltäglich

- Folgen: Dokumentation sozialer Prozesse, Wissen zweiter Ordnung um technisch vermittelte Interaktionen

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Credits

Bischof, Andreas. 2011.Was geht auf Facebook eigentlich vor. Eine qualitative Analyseder Facebook-Nutzung als technisch vermittelte Interaktion.Masterarbeit betreut von Dr. Harald Homann und Prof. Dr. MonikaWohlrab-Sahr. Universität Leipzig, Institut für Kulturwissenschaften.

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