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Was ist Lernen?

kik business academy

Neuenhoferstrasse 101

5401 Baden

www.kik-business-academy.ch

Impressum

Autoren: Anton Wagner

Herausgeber: kik AG / ITS

Layout/Gestaltung: Daniela von Bergen, kik AG

© kik business academy

lernen lernen

1

Was ist Lernen?

Lernbegriff – der Erwerb von

Fähigkeiten?

Pädagogische Interaktion oder unmittelbare

Erfahrung: In der Umgangssprache wird der

Begriff des Lernens besonders im Zusammen-

hang mit der Schule gebraucht. Dort lernt man

Schreiben, Lesen, Rechnen, erwirbt erdkundli-

ches und geschichtliches Wissen usw. Auch der

Erwerb bestimmter sozialer Umgangsformen

wird in diesem Verständnis gelernt.

Im Mittelpunkt dieser Auffassung von Ler-

nen steht die pädagogische Situation. Proto-

typen sind der vom Lehrer organisierte

Unterricht und die erziehenden Eltern.

Der psychologische Lernbegriff ist wesent-

lich weiter gefasst. Hier sprechen wir auch

vom Lernen von Angst und Sicherheit, vom

Erwerb von Vorlieben und Abneigungen, der

Ausbildung von Gewohnheiten, der Befähigung

zu planvollem Handeln und problemlösendem

Denken.

Ein solches Lernen findet im Alltag ausserordent-

lich häufig statt. Gemeinsames Merkmal aller

Lernprozesse ist die (unmittelbare oder sozial

vermittelte) Erfahrungsbildung.

Von Lernprozessen abzuheben sind die weitge-

hend durch Vererbung festgelegten und im Ver-

lauf der Reifung auftretenden Verhaltensmög-

lichkeiten (z. B. die motorische Entwicklung im

ersten Lebensjahr, u. a. das fälschlicherweise

sog. Gehen lernen).

Lernen als Wechselwirkung

Aussensteuerung und Innensteuerung: Mensch-

liche Aktivität kann als abhängig von Faktoren in

der Person und in der Umwelt angesehen wer-

den. Der Zusammenhang zwischen Person und

Umwelt ist am besten als Interaktion (Wechsel-

wirkung) aufzufassen. Das Gewicht der beiden

Faktoren kann im Einzelfall sehr unterschiedlich

sein.

Menschliche Aktivität kann sich entweder mehr

auf Anpassung an die Umwelt oder mehr auf

aktive Gestaltung der Umwelt beziehen. Im

ersteren Fall wird das Verhalten in starkem Mas-

se durch Umweltreize kontrolliert. Wir sprechen

in diesem Zusammenhang von der Aussensteue-

rung des Verhaltens. Im zweiten Fall geht die

Aktivität schwerpunktmässig von der Person

aus. Beim kognitiven Lernen und Handeln spre-

chen wir deshalb von Innensteuerung.

Es erscheint vorteilhaft, im Zusammenhang mit

Lernen nicht mehr von Anpassung, sondern von

Auseinandersetzung mit der Umwelt zu spre-

chen. Im Zuge dieser mehr aussen- oder mehr

innengesteuerten Auseinandersetzung mit der

Umwelt kommt es zur Bildung von Erfahrungen,

die in der Zukunft neue Aktivitäten beeinflussen.

Dies ist das wesentlichste Merkmal des Lernens.

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Lernen bewirkt Veränderung

Lernen ist dispositionell: Der Prozess des Ler-

nens führt zu dem Produkt des Neuerwerbs oder

Veränderung psychischer Dispositionen, d. h. zur

Bereitschaft und Fähigkeit, bestimmte seelische

oder körperliche Leistungen zu erbringen.

Manchmal spricht man in diesem Zusammen-

hang auch von Erwerb eines "Verhaltenspotenti-

als". Lernen ist durch relativ überdauernde Ver-

änderung im Organismus gekennzeichnet, wäh-

rend die Leistung (Performanz) von momenta-

nen Bedingungen (z.B. Motivation, Ermüdung)

abhängt.

Das eigentliche Lernen besteht also im Erwerb

von Dispositionen, d. h. von Verhaltens- und

Handlungsmöglichkeiten. Der psychologische

Begriff des Lernens schliesst nicht nur das durch

Unterricht absichtlich und planvoll organisierte

Lernen ein. Lernen ist auf keinen Entwicklungs-

abschnitt beschränkt. Sowohl der Säugling als

auch der alte Mensch verändern laufend ihren

Erfahrungsschatz. Lernen meint nicht nur den

Erwerb einzelner, isolierter Dispositionen, son-

dern auch Aufbau einer komplexen Persönlich-

keit durch Aneignung der menschlichen Kultur in

einem individuellen Lebensweg.

Grundformen des Lernens –

vier Mal anders

Nach fast 100 Jahren moderner Lernforschung -

von der russischen Reflexologie und dem ameri-

kanischen Behaviorismus über die sog. Kognitive

Wende in der Psychologie bis zu den Handlungs-

theorien - besteht keine Einigkeit darüber, wie

viele Unterkategorien von Lernprozessen man

sinnvollerweise annehmen soll. Im Folgenden

gehen wir von vier Grundformen des Lernens

aus.

Das Reiz-Reaktions-Lernen

Etwa um die Jahrhundertwende untersuchte der

russische Physiologe Iwan Petrowitsch Pawlow

die psychische Erregung der Speichel- und Ma-

gendrüsen (Klassische Konditionierung). Die

Beobachtung, dass bei hungrigen Tieren oder

Menschen bereits beim Anblick von Nahrung

oder sogar bei der Vorstellung von Speisen Spei-

chel zu fliessen beginnt, wurde zum Ausgangs-

punkt zahlreicher Lernexperimente.

Manche Reize lösen angeborenermassen ein

Antwortverhalten aus. Solche Reize nennt man

unbedingte (ungelernte) Reize und das Antwort-

verhalten wird als unbedingte Reaktion bezeich-

net. Tritt ein neutraler Reiz (der später bedingte

Reiz) hinzu, kann es zu einer Reizsubstitution

(Reizersetzung) kommen. Der neue Reiz löst die

gleiche oder eine sehr ähnliche (bedingte) Reak-

tion aus wie der ursprüngliche Stimulus. Dies ist

dann eine gelernte Reiz-Reaktions-Verbindung.

Die Gedankengänge der russischen Reflexologen

(Pawlow, Setschenow) wurden in Amerika bald

von den Behavioristen um Watson aufgegriffen

(Behaviorismus). Das Reiz-Reaktions-Lernen

(weitere Bezeichnungen: Klassisches Konditio-

nieren oder Bedingen, Signal-Lernen, reaktives

Lernen) wird ursprünglich streng bewusstseinsu-

nabhängig als Verknüpfung von Reiz und Reakti-

on erklärt. Unter pädagogischen Gesichtspunk-

ten ist die Auslösung einer emotional-

motivationalen Reaktion (z. B. Angst, Attraktivi-

tät) bedeutsamer als die Auslösung von Reflex-

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Reaktionen (Aktivierung von Muskeln oder Drü-

sen). Das Modell des Reiz-Reaktions-Lernens

spielt eine bedeutende Rolle in behavioristisch

orientierten Theorien der Angst, in der Verhal-

tenstherapie, in anreiztheoretischen Auffassun-

gen von Motivation, in der Werbepsychologie.

Das instrumentelle Lernen

Nachdem Thorndike mit dem "Lernen am Erfolg"

das Prinzip der Verstärkungstheorien entdeckt

hatte, beschreibt Skinner etwa ab 1930 die

operante Konditionierung, die heute instrumen-

telles Lernen genannt wird. Beim instrumentel-

len Lernen entscheiden die Konsequenzen, die

dem Verhalten folgen, über dessen zukünftiges

Auftreten.

Von instrumentellem Verhalten, IV, sprechen

wir, weil das Verhalten das Instrument oder

Mittel ist, das die entsprechende Konsequenz

hervorruft. In der Regel wird erst durch häufig

wiederkehrende, gleichförmige Konsequenzen

allmählich ein stabiles IV gelernt.

Nach der Art der Konsequenzen unterscheiden

wir vier Formen des instrumentellen Lernens:

• positive Verstärkung: Dem Verhalten

folgt ein positives Ereignis.

• negative Verstärkung: Dem Verhalten

folgt das Verschwinden eines aversiven

(unangenehmen) Ereignisses.

• Bestrafung: Dem Verhalten folgt ein

unangenehmes Ereignis.

• Löschung: Dem Verhalten folgt weder

ein angenehmes noch ein unangeneh-

mes Ereignis. Positive und negative

Verstärkung führen zum Aufbau eines

Verhaltens, Bestrafung und Löschung

zum Abbau eines Verhaltens.

Die Tatsache, dass beim instrumentellen Lernen

Aussenreize ausschlaggebend sind, wird als

Verhaltenskontrolle bezeichnet. Instrumentelles

Lernen ist motivationsabhängig. Die Konsequen-

zen eines Verhaltens führen nur dann zum Auf-

oder Abbau dieses Verhaltens, wenn sie einem

bestimmten Motiv entsprechen.

Instrumentelles Lernen ist situationsabhängig.

Der Lernprozess findet unter bestimmten situati-

ven Bedingungen statt, und das Verhalten wird

später nur in ähnlichen Situationen gezeigt. Das

instrumentelle Lernen führt zu einem gewohn-

heitsmässigen Verhalten. Es ist motiviert und

zielgerichtet, aber eng an bestimmte Situationen

gebunden und erscheint deswegen relativ starr.

Im Gegensatz dazu ist das planvolle Handeln

durch Flexibilität gekennzeichnet und kann in

neuartigen Situationen angewandt werden.

Kognitives Lernen

Unter Kognitionen versteht man jene Vorgänge,

durch die ein Organismus Kenntnis von seiner

Umwelt erlangt. Im menschlichen Bereich sind

dies besonders: Wahrnehmung, Vorstellung,

Denken, Urteilen , Sprache. Man könnte auch

sagen: Durch Kognition wird Wissen erworben.

Kognitive Prozesse lassen sich von emotionalen

(gefühlsmässigen) und motivationalen (aktivie-

renden) unterscheiden. Diese Trennung ist je-

doch weitgehend eine analytische. In der Regel

sind auf Erkenntnis bezogene (= kognitive)

Prozesse eng mit emotionalen und motivationa-

len verbunden.

Durch kognitive Prozesse werden kognitive

Strukturen (Wissensstrukturen) aufgebaut. Beg-

riffsbildung und Wissenserwerb sind zentrale

Bestandteile der Kognitionspsychologie. Es findet

häufig kein völliges Neulernen, sondern ein Um-

lernen statt. Hierbei handelt es sich um aktive,

subjektive Strukturierungsprozesse. Kognitive

Strukturen sind kein Abbild der Umwelt. Sie sind

mentale (geistige) Konstruktionen.

• Begriffsbildung: Man unterscheidet

zwei Hauptklassen von Begriffen: die

Eigenschaftsbegriffe (Kategorien) und

die Erklärungsbegriffe (Theorien). Bei

den Eigenschaftsbegriffen gibt es zwei

Auffassungen: die klassische Theorie

und die Prototypentheorie. Nach der

klassischen Theorie ist der Inhalt des

Begriffs seine logische Struktur (die

Kombination der kritischen Attribute),

nach der Prototypentheorie wird der

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Begriff durch einen Prototyp (idealer

Vertreter) repräsentiert.

Begriffsbildung ist ein aktiver Vorgang.

Begriffe sind nicht nur eine abstrahierte

Abbildung der Realität. Begriffe sind

Strukturen unseres Denkens. Dies ist

auch der Grund für die oft zu beobach-

tende Willkürlichkeit und Subjektivität

der Begriffsbildung.

• Wissenserwerb: Es gibt unterschiedli-

che Konzepte von Wissen. Meine Auf-

fassung von Sachwissen lässt sich unter

neun Gesichtspunkten darstellen:

- Begriffsbildung: Fein- oder Grob-

strukturierung

- Assimilation: sinnvoll (Gegenteil: me-

chanisch)

- Repräsentation: aussagenartig, ana-

log, handlungsmässig

- Vernetztheit propositionale und se-

mantische Netze

- Art der Erfahrung: unmittelbar oder

sozial vermittelt

- Verwendungszweck: Alltag oder Ex-

perte

- Bewusstheit: analytisch oder intuitiv

- Ausmass der Lenkung: Selbststeue-

rung oder rezeptiv

- Motivation: Kognitionen verbunden

mit Motivation.

Der ausschlaggebende Gesichtspunkt beim Ler-

nen grösserer Wissensgebiete ist die Vernetzt-

heit: Dies ist ein "Netzwerk lernpsychologischer

Grundbegriffe". Hierbei sind sowohl das ganze

System, wie auch die einzelnen Elemente in

einem für die Adressaten optimalen Ausmass an

Differenzierung zu strukturieren. Ein isoliertes,

lexikalisches Wissen ist in dieser Sichtweise

absolut unbefriedigend.

Das Lernen von Handeln und

Problemelösen

Modell-Lernen

Es gibt verschiedene Theorien des Modell-

Lernens, deren wichtigste heute die sozial-

kognitive Theorie von Bandura ist. Diese Auffas-

sung ist dadurch gekennzeichnet, dass zwischen

der Anregung des Verhaltens durch ein Modell

und der Ausführung des Verhaltens durch den

Beobachter kognitive Prozesse angenommen

werden. Die Theorie des Modell-Lernens kann als

Vorläufer der Handlungstheorien aufgefasst

werden.

Planvolles Handeln

Bei Begriffsbildung und Wissenserwerb wurden

vorwiegend (statische) Strukturen beschrieben,

während Handeln und Problemlösen als (dyna-

mische) Prozesse aufzufassen sind. Bei der Wil-

lenshandlung (Gollwitzer) lassen sich zwei

Schwerpunkte unterscheiden: die Entscheidung

und die Handlungsregulation. Die Entscheidung

beinhaltet die Ausbildung einer Intention sowie

die Entwicklung eines flexiblen Handlungskon-

zeptes (Planes), und Handlungsregulation be-

deutet die Realisierung des Handlungskonzeptes

bis zur Zielerreichung.

Problemlösen

Problemlösen ist ein Sonderfall des planvollen

Handelns. Ein Problem ist durch drei Komponen-

ten gekennzeichnet:

• unerwünschter Anfangszustand

• erwünschter Zielzustand

• Barriere, die die Überführung des An-

fangszustandes in den Zielzustand im

Augenblick verhindert

Problemlösen bedeutet Überwindung der Barrie-

re durch Anwendung spezifischer Problemlöse-

verfahren. Die wichtigsten Formen des problem-

lösenden Denkens (Problemlösetheorien) sind:

Problemlösen durch Versuch und Irrtum, durch

Umstrukturieren, durch Anwendung von Strate-

gien, durch Kreativität, durch Systemdenken.

Der Problemlöseprozess lässt sich auch als Um-

strukturierung beschreiben.

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Zusammenfassung und

Ausblick

Es lassen sich heute zwei Hauptkategorien von

Lernprozessen unterscheiden. Beide können

noch einmal in zwei Unterkategorien gegliedert

werden:

Bei der Aussensteuerung können einmal die

vorausgehenden Reize eine Reaktion auslösen

(Reiz-Reaktions-Lernen), oder im anderen Fall

bestimmen die dem Verhalten nachfolgenden

Reize (Konsequenzen) dessen zukünftige Auftre-

tenswahrscheinlichkeit (instrumentelles Lernen).

Bei der Innensteuerung kann es entweder

mehr um den Erwerb von Sachwissen gehen

(Begriffsbildung und Wissenserwerb, kognitives

Lernen im engeren Sinn), oder es steht die Aus-

bildung von Handlungswissen im Vordergrund

(Handeln und Problemlösen).

Jede Lernpsychologie, die nur eine der beiden

Hauptkategorien für menschliches Lernen als

relevant unterstellt, ist defizitär.

Die klassischen Grenzen zwischen Lernpsycholo-

gie, Denkpsychologie (Denken), Motivationspsy-

chologie (Motivation) und Gedächtnispsychologie

(Gedächtnis) haben sich verwischt.

Menschliche Informationsverarbeitung ist nur

eine andere Bezeichnung für Lernen und Ge-

dächtnis. Als wesentlichstes Merkmal des Ler-

nens zeigen sich die Erfahrungsbildung und die

Verhaltensveränderung beim Lernenden. Dies

bedeutet, dass sich die Lernenden nach Ab-

schluss des Lernprozesses anders verhalten,

anders denken, anders wollen, anders handeln

können.

Forderung

Es ist wesentlich, zukünftig häufiger ein (relativ)

selbstgesteuertes, kooperatives, problemlösen-

des, in authentischen Lernsituationen stattfin-

dendes und lebenslanges Lernen (Erwachsenen-

bildung) anzustreben, als ein kurzfristig prü-

fungsorientiertes.

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Wunderwelt Hirn

Um zu verstehen, was das menschliche Lernen

ermöglicht braucht es einen ersten Blick ins

hominide Hirn. Die Lebensumstände des Men-

schen, seine geistige Ent-

wicklung, seine körperliche

und intellektuelle Leistung,

seine Gemütsverfassung

sowie Krankheit und Tod

sind von der Funktion des

Gehirns abhängig. Das

Gehirn ist jedoch auch die

Quelle unserer Vermessen-

heit, unserer Irrtümer und

unseres Elends, denn mit der Entwicklung des

Menschen und seines Denkorgans stieg auch die

Störanfälligkeit des Systems.

Funktionen des Gehirns – die

zentralen Aufgaben

Das Gehirn hat die Aufgabe Reize aufzunehmen,

zu verarbeiten und zu beantworten. Rezeptoren,

wie z.B. die Sinnesorgane nehmen bestimmte

Reize (Licht, Druck, Töne, Temperatur,...) auf

und senden diese als kodierte Signale auf elekt-

rochemischem Weg in das Zentrale Nervensys-

tem, dessen wichtigste Schaltstelle das Gehirn

darstellt. Dort werden die eingegangenen Signa-

le nach bestimmten Mustern bearbeitet und, falls

erforderlich, in Form Reaktionsreizen an die

Effektoren (Muskeln, Drüsen, ...) weitergeleitet.

Der wesentliche Kern der Informationsverarbei-

tung erfolgt in der Hirnrinde, dem Grosshirn

oder Neokortex. Dieses 2 bis 3 cm dicke Gewebe

erstreckt sich beim Menschen in Form eines

lappenartigen Gebildes voller Furchungen und

Windungen über ca. 1,2 Quadratmeter, würde es

man es auffalten. Assoziativ zusammengehören-

de Fähigkeiten (Motorik, Tasten, Sehen, Lage)

sind jeweils auf einem Teil der Hirnrinde zu-

sammenhängend gespeichert.

Komplex und vernetzt

Unser Gehirn wiegt nur etwa 1300g und besteht

dennoch aus mehr als 150 Milliarden Zellen.

Neben den Nervenzellen

(Neuronen) enthält das

Gehirn auch Stützzellen

(Gliazellen), Blutgefässe

und Organe, die Substan-

zen ausscheiden. Die ele-

mentaren Verarbeitungs-

einheiten sind die Neuro-

nen, die in einem komple-

xen Netzwerk untereinan-

der verbunden sind und auf elektrochemischem

Wege Signale austauschen und sich gegenseitig

erregen oder hemmen können. Sie verfügen

jeweils durchschnittlich über 10’000 Verbindun-

gen mit benachbarten Zellen, etliche sogar bis

zu 80'000. Allein das Grosshirn umfasst über

100 Milliarden Neuronen.

Das Gehirn ist zu unglaublichen Leistungen fähig

und sicherlich eines der wunderbarsten Gebilde

in unserer bekannten Welt. Es steuert uns Men-

schen im Raum, dirigiert unsere Gefühle und ist

zuständig für Erinnerung, Bewusstsein und Mo-

ral. Es übertrifft an Komplexität und Leistungs-

vielfalt alle anderen bekannten Systeme auf der

Erde. Trotz dieser Funktionsvielfalt wird seine

Biologie von einer einfachen Physik und Chemie

bestimmt.

Bei der Geburt sind bereits sämtliche Neuronen

vorhanden, es bestehen jedoch, verglichen mit

dem erwachsenen Hirn noch verhältnismässig

wenige Verbindungen; die Vernetzung erfolgt

erst mit dem Lernen.

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Integration – die beste Verknüpfung

Die Verbindung zwischen der Sensorik und der

Motorik bildet der Integrator, der so genannte

Assoziationskortex. Er ist, wie beinahe das ge-

samte Hirn, zweiteilig und mit 70 % der ca. 100

Milliarden Grosshirnneurone das grösste Neuro-

nensystem des Hirns. Über einen Balken, weite-

re Neuronenstränge und über das Mittelhirn ist

dieser Hirnbereich zu einer Einheit verschmol-

zen. Hier wird das über die Sinne Aufgenomme-

ne zum Körper-im-Raum-Schema vernetzt,

darüber hinaus entsteht hier auch Neues, Eigen-

ständiges, werden also die geistigen Leistungen

hervorgebracht. Ein Teil der Neuronen dieses

Bereichs sind sogar spontanaktiv, denn sie er-

zeugen eigene Leistungen, ohne Anstoss von

aussen über die Sensorik. Das Hirn selbst ist

also auch ohne äussere Reize in einem gewissen

Masse reflexiv, geistig aktiv und kreativ.

Gesamtsystem Hirn mit spezia-

lisierten Teilbereichen

Dieses komplexe Gebilde ist in seinem Aufbau

ein extrem dicht vernetzendes Neuronensystem.

Seine Bedeutung liegt in der Vernetzung, im

Zusammenbau, in der Integration. Seine Eigen-

leistungen sind unter 3 Aspekten zu betrachten:

• Denken: mit Einfallsreichtum, Durch-

blick, Interesse, Kritikvermögen. Kon-

zentration, Aufmerksamkeit, Erkennen

und freier Gedächtnisabruf.

• Erleben: mit Ergriffensein, Begeiste-

rungsfähigkeit und Kreativität.

• Wollen: mit Regsamkeit, Initiative, Un-

ternehmungslust, Zielausrichtung, Aus-

dauer, Durchsetzungsvermögen und

Zuverlässigkeit.

Im sensomotorischen System, im Sprach- und

Schriftsystem sowie in den musischen Bereichen

finden sich zudem Neurone, die speziell abge-

speicherte Erlebnis- und Verhaltensmuster aus

dem Erinnerungsdepot aufrufen und wiederge-

ben, aber auch Neues kreieren können, sie ar-

beiten dabei wieder mit Teilbereichen aus dem

Gesamtsystem zusammen.

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Das eigentliche Lernen

Engrammierung heisst Spurenbilden

Beim Lernen entstehen, nebst den Gesamtmus-

tern (Gehen, Raumgefühl, Dreidimensionalität,

Gesamtzusammenhänge, globales Wissen etc.)

so genannte Engramme. Das sind physiologische

Spuren, die die Reize im Gehirn hinterlassen.

Das ist die eigentliche Grundlage von Lernfähig-

keit und Gedächtnis. Ist beispielsweise im

Sprachsystem ein bestimmtes Wort gespeichert,

liegen im Gesamtsystem die Gesamteindrücke

mit den Begleitumständen, die beim Hören die-

ses Wortes vorlagen, abgelegt, ebenso das Wis-

sen, das sich zu diesem Wort ergibt. Doch wie

gelangt nun eine Information von aussen ins

Gedächtnis? Es erfolgt in einem stufenweisen

Abspeichern.

• Eine Information in Form eines sinnlich

wahrnehmbaren Reizes erreicht uns.

Der Reiz kann ein visueller (sichtbarer),

auditiver (hörbarer), haptischer (den

Tastsinn ansprechender), olfaktorischer

(geruchlicher) oder gustatorischer (ge-

schmacklicher) Reiz sein. Die eintref-

fende Informationsmenge ist von der

Art des Reizes abhängig: Olfaktorische

Reize können etwa 20 Bit (kleinste In-

formationseinheiten) pro Sekunde ent-

halten, visuelle hingegen ca. 10 Millio-

nen Bit.

• Der wahrnehmbare Reiz trifft auf eine

Sinneszelle, die ihn in Form eines elekt-

rischen Erregungsimpulses ("Spike") an

eine Nervenzelle und ihre Nervenfaser-

endung, die Synapse, weitergibt (Ultra-

kurzzeitgedächtnis).

• Der elektrische Erregungsimpuls be-

ginnt nun zwischen den Synapsen ver-

schiedener Nervenzellen zu kreisen.

(Kurzzeitgedächtnis). Er kreist in be-

stimmten, sich wiederholenden Bahnen

im Netzwerk der Nervenzellen und hin-

terlässt dabei charakteristische moleku-

lare Spuren, die sich chemisch im Ge-

hirn einprägen. Die zunächst noch nicht

fest zusammen geschalteten Nerven-

bahnen festigen sich dabei; es entste-

hen nach und nach solide Verbindun-

gen, die „Engramme“. Sie bilden dann

unser Langzeitgedächtnis.

Assoziationen und Halluzinationen

Das gegenseitige Aufrufen der Engramme erfolgt

assoziativ, das Gesamtsystem weckt die dazu-

gehörenden Informationen und umgekehrt.

Zwischen den Wahrnehmungen über die Senso-

rik und den geweckten Gedächtnisinhalten im

Gehirn kann das Bewusstsein klar unterschei-

den. Wenn diese Unterscheidungsfähigkeit im

Wachzustand ausfällt, kommt es zu Halluzinatio-

nen. Im Traum hingegen ist die Unterscheidbar-

keit aufgehoben.

Vergessen, falls lange nicht gebraucht

Gelerntes wird auch wieder vergessen. Alle En-

gramme, wie auch die Muster und Inhalte im

Gesamtsystem, unterliegen dem Abbau. Was

nicht gebraucht und immer wieder auf- und

abgerufen wird, versinkt in der Bedeutungslosig-

keit, entsprechend werden die Neuronenvernet-

zungen zurückgebildet, um neuen, bedeutende-

ren Impulsen Platz zu machen. So verändert sich

der Gedächtnishintergrund ständig und lebens-

lang. Lebenslanges Lernen ist ebenso möglich,

wie lebenslanges Vergessen Realität ist.

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Teilsysteme für spezielle Aufgaben

Als Ergänzung zum Gesamtsystem haben sich

18 Teilsysteme entwickelt, die nur in einem

bestimmten Hirnareal vorkommen und vom

Gesamtsystem delegierte Teilaufgaben über-

nommen haben. Sie sind entsprechend hoch

spezialisiert. Hierbei handelt es sich um

• 7 Wahrnehmungssysteme (Sehen, Hö-

ren, Riechen, Schmecken, Hautsinne,

Bindegewebesinn, Harn- und Stuhl-

drang-Sinn)

• 3 verbale Kommunikationssysteme

(Sprache, Laute, Gesang)

• 2 nonverbale Kommunikationssysteme

(Körpersprache, Geruchssprache)

• das sensomotorische System (Geh-,

Greif-, Mundmotorik, Mimik, Gestik,

limbische Laute)

• das Körper/Raum-Orientierungssystem

(Gleichgewicht, Dreidimensionalität)

• die limbischen Systeme:

- emotionales (Wohlbefinden, Aggres-

sionsgrad, Stabilität)

- instinktives (Sexualität, Nahrungsbe-

schaffung, Geselligkeit, Sicherung)

- retikuläres (vegetative Reaktionen,

Exkretion, Wärmeregulation)

- Engrammierung (Erinnern, Gedächt-

nisleistung, Wiedererkennen)

Sie stehen mit dem Gesamtsystem entweder in

Wechselbeziehung als Zweiwegsysteme oder

überbringen als Einwegsysteme Information

oder übernehmen Informationen, um sie an

andere Systeme weiterzugeben.

Hirnzahlen

Anzahl reizaufnehmendee

Zellen beim Riechen:

200’000’000

Anzahl reizaufnehmender

Zellen im Auge:

100’000’000

Anzahl motorischer Zellen: 4’000’000

Anzahl Synapsen pro Neuron:

Gewisse Neuronen haben sogar

über 80’000 Synapsen

ca. 10’000

Anzahl Synapsen im mensch-

lichen Gehirn insgesamt:

1 Billiarde

Anzahl Neuronen im mensch-

lichen Gehirn:

150 Milliarden

Hirn und Gedächtnis

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Hirn und Gedächtnis

Unser Gedächtnis

Lernen verlangt Gedächtnisleistungen

Um Gelerntes wieder verwenden zu können,

muss es gespeichert, abgelegt werden und ab-

rufbar zur Verfügung stehen. Es braucht das,

was landläufig als Gedächtnis bezeichnet wird.

Es geht also um einer Art System zur Speiche-

rung von Informationen im Gehirn. Und nach der

Speicherung um die Vorgänge des Abrufs ge-

speicherter Informationen, ebenso um die Ursa-

chen des Vergessens und die Unterscheidung

verschiedener Speichersysteme. Sie sind grund-

legend wichtig für das Erkennen wahrgenomme-

ner Objekte sowie für Lernen und Denken.

Funktionen des Gedächtnisses

Unabhängig davon, ob das Gedächtnis als Sys-

tem voneinander getrennter Speicher (Multispei-

chermodell) oder als einheitliches Speichersys-

tem (Einspeichermodell) betrachtet wird, kann

man im Zusammenhang mit unterschiedlichen

kognitiven Leistungen zahlreiche Gedächtnis-

funktionen unterscheiden.

Dazu gehören

• die sehr kurzfristige Speicherung

physischer Merkmale wahrgenommener

Objekte (sensorische Speicherfunktion)

• die kurzzeitige Speicherung geringer

Informationsmengen zum Zweck der

aktuellen Handlungsplanung und

-steuerung (Kurzzeit- und Arbeitsspei-

cherfunktion)

• die langfristige Speicherung unter-

schiedlichster Informationen, die noch

nach zusätzlichen funktionellen Ge-

sichtspunkten unterteilt werden (Lang-

zeitspeicherfunktion).

Jede dieser Speicherfunktionen lässt sich hin-

sichtlich folgender Funktionsmerkmale beschrei-

ben:

• Speicherdauer: die Zeitspanne, wäh-

rend der die im Speicher enthaltene In-

formation abgerufen und effektiv ver-

wendet werden kann

• Speicherkapazität: die Menge an In-

formation, die in einem Speichersystem

maximal enthalten sein kann

• Codierung der Information: die Art

der im Speicher vorhandenen Informa-

tion

• Abrufprozesse: die Prozesse, durch

die Informationen aus dem Speicher zur

Weiterverwendung abgerufen werden

• Vergessensmechanismen: die Pro-

zesse, die einen Informationsverlust in

einem Speicher bewirken.

Physiologie und Anatomie des Ge-

dächtnisses

Neue Gedächtnisinhalte werden nach Verarbei-

tung und Gebrauch im Kurzzeit-Arbeitsspeicher

zunächst im Hippocampus, einem Teil des limbi-

schen Systems, gespeichert und wahrscheinlich

– vorwiegend in der Nacht – an die Vorderhirn-

rinde weitergeleitet. Grundsätzlich werden Ge-

dächtnisinhalte auf zellulärer Ebene im Bereich

der Synapsen gespeichert. Langfristige Erinne-

rungen gehen mit anatomischen Veränderungen

im Bereich dieser Schaltstellen zwischen den

Nervenzellen einher. Dabei werden Proteine neu

gebildet, welche die Form und Funktion der

Synapsen verändern, die Informationen werden

dauerhaft gesichert.

Verschiedene Strukturen im limbischen System

des Gehirns nehmen unterschiedliche Erinne-

rungsfunktionen wahr. Beispielsweise ist ein

Funktionskreis durch den Hippocampus und den

Thalamus für räumliche Erinnerungen zuständig,

während ein anderer durch die Amygdala und

den Thalamus an emotionalen Erinnerungen

beteiligt ist. Erinnerungen an motorische Fertig-

keiten werden jedoch anders gespeichert werden

als intellektuelle Gedächtnisinhalte.

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Die drei grossen Speicher

Das ikonografische Gedächtnis – die

sensorischen Speicher

In einem Vorspeicher, dem sensorischen Ge-

dächtnis, über den jeder einzelne Sinn verfügt,

wird die Information, die über die verschiedenen

Sinne aufgenommen wird, nur für eine sehr

kurze Zeitspanne gespeichert. Genau so lang,

wie das Wahrnehmungssystem braucht, bis ein

sensorischer Reiz der Rezeptoren (Sinneszellen)

ein „Bild“ der wahrgenommenen Umwelt herge-

stellt hat damit im Hirn ein erster Abgleich mit

Bekanntem stattfinden kann. Die Fragen lauten:

Bekannt-Unbekannt, Gefährlich-Ungefährlich,

Bemerkenswert-Ingenirierbar, Vorteilhaft-

Aufwändig etc.

• Speicherdauer: Je nach Sinnesmodalität

beträgt sie zwischen circa 250 Millise-

kunden bei der visuellen Wahrnehmung

(ikonisches Gedächtnis) und vier bis

fünf Sekunden beim Hören (echoisches

Gedächtnis).

• Speicherkapazität: Sie ist unbegrenzt;

der Speicher enthält die gesamte In-

formation, die das Wahrnehmungssys-

tem zur Verfügung stellt.

• Codierung: Es werden nur die physi-

schen Merkmale der wahrgenommenen

Objekte gespeichert, bei Wörtern z. B.

keine Bedeutungen, sondern nur die vi-

suellen Figurmerkmale der Buchstaben

und des gesamten Wortes.

• Abrufprozesse: Der Zugriff geschieht

durch selektive Informationsentnahme

(siehe Aufmerksamkeit), wobei nur

physische Merkmale zur Selektion ver-

wendet werden können (z. B. räumliche

Position, Form, Farbe).

• Vergessensmechanismen: Die Informa-

tion verblasst von selbst (die Aktivie-

rung der entsprechenden neuronalen

Strukturen lässt allmählich nach), oder

sie wird durch eine neue Wahrnehmung

aktiv ausgelöscht, z. B. durch rückwir-

kende Maskierung (wobei ein dem ge-

speicherten Reiz folgender Reiz die Er-

kennbarkeit des gespeicherten Reizes

innerhalb eines kritischen Zeitfensters

von 250 Millisekunden um so stärker

beeinträchtigt, je geringer der Zeitab-

stand ist).

Kurzzeitgedächtnis – der Arbeits-

speicher

Die dem sensorischen Speicher selektiv ent-

nommene Information kann nun nach der physi-

sche Wahrnehmung der Reize und der daraus

resultierenden Analyse weiterverarbeitet wer-

den, indem alle nur denkbaren Assoziationen

und Formen, die für den wahrgenommenen Reiz

notwendig sein können, codiert werden (z. B. als

analoger Code in Form eines Vorstellungsbildes,

als semantischer Code in Form der Bedeutung

eines Wortes oder der Benennung eines bekann-

ten Objekts). Die Information, die im Kurzzeit-

gedächtnis gespeichert ist, wird als bewusst

verfügbar erlebt. Dieses Gedächtnis ist der ei-

gentliche Arbeitsspeicher da es auch zum Planen

und Steuern von Handlungen benötigt wird und

daher an allen bewusst gesteuerten Prozessen

beteiligt ist.

Speicherdauer

Sie beträgt unter ungünstigen Bedingungen (es

wird weitere Information aufgenommen, die

Aufmerksamkeit ist abgelenkt, so dass ein inter-

nes Memorieren der Information nicht möglich

ist) nur circa 15 bis 20 Sekunden, unter günsti-

gen Bedingungen ohne internes Memorieren

lernen lernen

3

(inneres, lautloses Wiederholen) etwa 40 Se-

kunden. Wenn man memoriert, kann die Infor-

mation im Prinzip so lange gespeichert bleiben,

wie memoriert wird.

Speicherkapazität

Die Kapazität (hier auch Gedächtnisspanne ge-

nannt) beträgt bei völlig neuen Informationen

maximal vier bis fünf Einheiten, bei geläufigen

Informationen sieben plus/minus zwei Einheiten.

Was als Einheit zu betrachten ist, hängt vom

Material ab und der Art und Weise, wie die Per-

son das Material organisiert und zu Einheiten

höherer Ordnung (Chunks) zusammengefasst

hat (bei einem neuen Wort als Menge einzelner

Buchstaben, wobei jeder Buchstabe eine Einheit

ist; bei bekannten Wörtern als Wort, wobei alle

Buchstaben zusammen eine Einheit bilden).

Codierung

Ältere Befunde sprachen dafür, dass dieser Spei-

cher speziell nur Sprachlaute (Phoneme; siehe

Phonologie) zu speichern in der Lage ist; neuere

Befunde zeigen jedoch, dass alle Codierungsar-

ten verfügbar sind.

Abrufprozesse

Bei sehr bekannter oder eindeutig unbekannter

Information wird unter Ausrichtung der Auf-

merksamkeit auf diesen Vorgang parallel (alle

Information gleichzeitig) aus dem Kurzzeitspei-

cher abgerufen, denn der Bekanntheitsgrad ist

ein deutliches Kriterium dafür, dass es sich um

Information handelt, die erst kürzlich in den

Speicher gelangt ist; bei Information mittlerer

Bekanntheit wird seriell abgerufen (eine Einheit

nach der anderen wird daraufhin geprüft, ob es

sich um die benötigte Information handelt oder

nicht), um exakt prüfen zu können, ob es sich

tatsächlich um die gesuchte Information handelt

oder nicht.

Vergessensmechanismen

Es gibt hier zwei Vergessensmechanismen: Spu-

renzerfall und Hemmung (auch als Interferenz

bezeichnet). Unter Spurenzerfall versteht man

die allmähliche Abnahme der Aktivierungsstärke

einer Informationseinheit – sofern kein internes

Memorieren erfolgt, was die Aktivierungsstärke

auf einem hohen Niveau hält. Unter Hemmung

versteht man die gegenseitige Beeinträchtigung

der im Speicher vorhandenen Information beim

Versuch des Abrufs; sie ist um so grösser, je

ähnlicher die Information ist. Die Hemmungsef-

fekte erklären circa 70 Prozent des Vergessens.

Langzeitgedächtnis – der Tresor und

Langzeitspeicher

Der Langzeitspeicher enthält mannigfaltige In-

formationen, für die manche Theorien sogar

getrennte Speicher postulieren. Hier sind sämtli-

che Informationen vorhanden, die benötigt wer-

den, um

• die Objekte der Umwelt zu erkennen

(implizites Gedächtnis)

• Handlungen auszuführen (prozedurales

Wissen)

• alles Regel- und Bedeutungswissen zu

verwalten (semantisches Gedächtnis).

Es ist lange angenommen worden, dass Infor-

mation aus dem Langzeitgedächtnis dann be-

sonders gut abrufbar ist, wenn sie beim Abspei-

chern der Information häufig wiederholt wird. –

Wiederholung aber ist nicht der effizienteste

Mechanismus. Sehr viel wichtiger ist, dass nur

solche Information später beim Erinnern als

Abruf- oder Suchhinweis effektiv nutzbar ist, die

bereits beim Lernen und Speichern vorhanden

war. Alle langfristig zu behaltende Information

sollte nicht isoliert, sondern immer im Zusam-

menhang mit möglichen Hinweisen auf weitere

Zusammenhänge und Verknüpfungen mit mögli-

lernen lernen

4

chen, späteren Einsatzbereichen gespeichert

werden.

Beispielsweise kann der situative Kontext, in

dem gelernt wird, hilfreich sein: Lernt man z. B.

in dem Raum, in dem man die Information für

eine Prüfung auch wieder abrufen soll, verknüp-

fen sich die zu lernenden Informationen mit

Situationsmerkmalen, und das Erinnern in die-

sem Raum wird erleichtert, an anderen Orten ist

es aber erschwert. Dies funktioniert auch, wenn

man sich den Raum beim Lernen nur detailliert

vorstellt. Auf dieser Methode beruhen einige so

genannte Memotechniken (Techniken der Ge-

dächtniskunst). Eine andere effiziente Strategie

wird als Elaboration bezeichnet und besteht

darin, alles zu behaltende Material sehr syste-

matisch zu organisieren, alles miteinander in

Beziehung zu bringen, also Zusammenhänge

abzuspeichern, und wenn keine existieren, sie

extra herzustellen (per Assoziation z. B. mit

Vorstellungsbildern). Elaboration ist wesentlich

wichtiger als reines Wiederholen, um ein gutes

Behalten zu erreichen.

Speicherdauer

Eine Begrenzung der Speicherdauer ist nicht

bekannt. Es gibt nur mehr oder weniger lang

andauernde Schwierigkeiten, auf Information

zuzugreifen, die den Eindruck erzeugen, die

Information sei vergessen worden. Informati-

onsverlust tritt nur bei traumatischen Einflüssen

auf die Neurone des Gehirns auf, z. B. bei Hirn-

verletzungen oder Erkrankungen, die zum Abbau

von Hirnsubstanz führen.

Speicherkapazität

Eine Begrenzung der Speicherkapazität ist nicht

bekannt.

Codierung

Es bestehen alle bekannten Codierungsformen

(z. B. physische Merkmale, phonetisch, seman-

tisch, symbolisch, als Vorstellungsbild).

Abrufprozesse

Entweder wird durch automatische Aktivierung

abgerufen, wie das beim Erkennen bekannter

Objekte und bei Wörtern der Fall ist, oder es

wird gesucht, indem von Anhaltspunkten und

Hinweisen auf die gesuchte Information ausge-

hend automatisch semantisch benachbarte Rep-

räsentationen aktiviert werden.

Vergessensmechanismen

Vergessensmechanismen in dem Sinne, dass

Information ausgelöscht und dadurch permanent

nicht verfügbar wird, gibt es hier nicht. Allenfalls

kann der Zugriff auf einzelne Informationen

mehr oder weniger erschwert sein; dies ist meis-

tens aber nur zeitlich begrenzt der Fall.

lernen lernen

5

Weitere Speicher –

die Überraschenden

Das Prime-Gedächtnis

Laufend werden wir durch die Aktualiät aus allen

Medien und in zahllosen Gesprächen berieselt,

zudem leben wir in einem dauernd um uns her-

um sich manifestierenden kulturellen Kontext.

Inhalte aus diesen, bewusst und unbewusst

wahrgenommenen Dauerreizen sowie die dazu

gehörenden Peacks (Aktualität, Sensationen,

neue Modeereignisse, Events) bilden den Boden

des Zeitgeistes, den wir im Aktualitätsgedächtnis

stets präsent halten. Laufend aber wirden diese

Inhalte durch neue ersetzt. Ihre Zwischenlage-

rung findet in den Zellen des Hyppocampus

statt, deren dornartige Fortsätze innert weniger

Minuten wachsen, die Informationen speichern,

um dann wieder abgebaut um dann in neuen

Auswüchsen neue Information zu speichern.

Das eidetische Gedächtnis

In der Regel sind Erinnerungen weniger deutlich

und detailliert als Wahrnehmungen; manchmal

zeigt ein Erinnerungsbild jedoch jedes einzelne

Detail. Dieses Phänomen wird als eidetisches

Gedächtnis bezeichnet; es kommt fast nur bei

Kindern vor; sie können sich eidetische Bilder in

manchen Fällen dermassen vollständig in Erinne-

rung rufen, dass sie eine Seite mit einem Text in

einer ihnen unbekannten Sprache, die sie nur

kurze Zeit gesehen haben, vollständig buchsta-

bieren können. Diese Fähigkeit geht gewöhnlich

mit zunehmendem Alter wieder verloren. Solche

ausserordentlichen Gedächtnisleistungen können

auch bei Autisten beobachtet werden.

Das Schockgedächtnis

Schockerlebnisse (z. B. durch einen Unfall) kön-

nen Bereiche des Langzeit- wie des Kurzzeitge-

dächtnisses akut oder sogar dauerhaft ausser

Funktion setzen (Amnesie) ebenso wie sie sich in

Bruchteilen von Sekunden oder wenigen Minuten

als unvergesslich und unauslöschbar im Hirn

verankern können.

Das Weltgedächtnis

Verschiedene Psychologen aber auch Weise,

Druiden, und Magier postulieren ein Urgedächt-

nis, dass uns durch alle Zeiten begleitet und sich

in grndlegendem Wissen manifestiert (Angst vor

grosser Überschwemmung, Erdbeben, Seuchen,

Sternenkollisionen etc.)

Das spirituelle Gedächtnis

Gott lebt in uns, behaupten nicht wenige Men-

schen und die Gläubigen verfügen über ein be-

sonderes spirituelles Gedächtnis, das ihnen Got-

tesnähe und religiöse Fundamentalerlebnisse

zugänglich macht. Das Wissen um Gnade, Hoff-

nung und Erlösung ist für viele Menschen greif-

bare Realität.

Feuer im Hirn

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lernen lernen

1

Feuer im Hirn

Lernen lernen

Menschen lernen besser, wenn sie mit Freude

und Spass lernen. Lernprozesse in freundlichem

Umfeld oder unter Angst und Stress verlaufen

sehr verschieden. Der

Unterschied besteht

vor allem darin, dass

die Emotionen von

Angst oder Freude

unterschiedlich arbei-

tende neuronale

Systeme ansprechen.

Unter Angst-Stress

wird das Denken

durch eine Hirnregion

bestimmt, die Man-

delkerne im limbi-

schen System, die

einzig darauf zielt, der Angst zu entkommen.

Kreatives und freies Denken sind dabei stark

eingeschränkt, da sich das Hirn in dieser Situati-

on an die simpelsten, irgendwie funktionieren-

den Schemata hält.

Macht das Lernen aber Freude, erwachsen dabei

aus der erbrachten Leistung und der gewonne-

nen Einsicht Selbstvertrauen und Befriedigung.

Damit steigt die Lust auf weitere Herausforde-

rungen, der Lernprozess läuft weiter. Also ge-

deihen Lernen, Selbstständigkeit und Kreativität

vor allem in einem entspannten Klima.

Konstanter Prüfungsstress, gewürzt mit

täglichen Misserfolgserlebnissen, ist Gift

für das Lernen und für die damit verbunde-

ne Entfaltung der Persönlichkeit.

Das Hirn nie langweilen

In unserem Hirn müssen viele Zellen vieles ein

wenig wissen und sie lernen nur was wichtig ist.

Das Wissen liegt nach dem Lernen, Einprägen

und Erfahren in Teilnetzwerken von Millionen

von Hirnzellen, den Neuronen, gespeichert. Nur

die Kombination vieler Teilnetzwerke ermöglicht

uns das komplexe Erinnern. Die intellektuellen

Fähigkeiten der Lebewesen beruhen vor allem

auf der intensiven neuronalen Verknüpfung.

Vieles begegnet uns an einem normalen Tag.

Nur das Wichtige wird im Hirn aufbewahrt. Das

Unwichtige wird abgehandelt und vergessen.

Was ins Hirn eingebetet werden soll, muss also

sehr wichtig sein.

Grundsätzlich sendet eine Zelle eines sensori-

schen Systems nur dann ein Ausgangssignal an

eine weiterverarbeitende Zelle, wenn die Summe

der Eingangssignale, die sie erhält, einen be-

stimmten Schwellenwert überschreitet (z.B.

Lichtimpulse, Druckimpulse etc.). Bleibt die

Eingangserregung unter dieser Grenze, reagiert

die Zelle gar nicht, andere, mit ihr verknüpfte

Zellen, erhalten also kein „Aufgepasst-ich-habe-

da-was-Wichtiges-Signal“. „Einmal ist kein Mal“

gilt beim Hirn in besonderem Masse. Ausser bei

extremen Schockerlebnissen muss sich etwas

mehrfach, besser sogar viele Male abspielen, bis

es im Hirn länger anhaltend gespeichert wird.

Weniger oder nur kurzzeitig Wichtiges wird nur

wenige Sekunden bis Minuten im Kurzzeitge-

dächtnis zwischengelagert und gleich nach

Gebrauch wieder gelöscht.

Öfter lernen – aber nie eintönig büf-

feln

Das Netzwerk der Neuronen ist im Gegensatz zu

einem Computer nicht nach einem detaillierten

Plan geknüpft, sondern weitgehend zufällig or-

ganisiert. Sind miteinander verbundene Zellen

gemeinsam aktiv, erinnern sie sich zusammen

an einen Gegenstand, eine Zahl, ein Gesicht,

eine Geschichte oder einen Vorgang. Je öfter

diese gemeinsame Aktivierung abläuft, wie es

beim Lernen geschieht, desto leichter wird spä-

ter erinnert. Irgendwann reicht es, dass nur eine

Andeutung schon die ganze Erinnerung hervor-

zaubert.

Solches Lernen ist langsam und lebt von der

Wiederholung. Dabei kommt es nicht auf die

absolute Zeitdauer an: Häufiger, aber kürzer

lernen lernen

2

üben wirkt besser. Nur muss der Lernstoff im-

mer wieder auf stets etwas andere Weise be-

trachtet und bearbeitet werden. – Nichts ist

beim Lernen gefährlicher als Langeweile und

gleichmässiger Stumpfsinn. Das Hirn lernt durch

Herausforderung und Abwechslung. Das bedingt

variierte Aufgaben und andere Herangehenswei-

sen, immer wieder neue Formen der Auseinan-

dersetzung mit dem Thema, je reichhaltiger und

vielfältiger, desto besser. Wichtig sind dabei gut

ausgewählte Beispiele an denen sich allgemeine

Eigenschaften und Regeln ableiten lassen. Die

Details vergessen wir meist rasch, es bringt

daher auch nichts, Wissensinhalte stur auswen-

dig zu lernen. Nicht mehr gebraucht, versinkt

solches Wissen bald in der Vergessenheit.

Das Hirn schätzt Qualität

Lernen, d. h. Überführen und Abspeichern von

Informationen ins Langzeitgedächtnis, geschieht

beim blossen Wiederholen, wie bei

rein manuellen Tätigkeiten, uneffi-

zient. Da braucht es monatelanges

Einschleifen, wie wir es beim Ler-

nen im Sport kennen. Besser ist es

– und das ist beim intellektuellen

Lernen möglich – den Lernstoff in

Beziehung zu bereits Bekanntem

setzen. Verstreute Einzelheiten

werden dabei mit anderen Einzel-

heiten zu qualitativ höher stehen-

den neuen Einheiten zusammenge-

packt. Gewonnen werden diese

höherwertigen Informationseinheiten durch

geistige Aktivität, nämlich durch:

• Selektion – Auswahl

• Komparation – Vergleich

• Koordination – Verbinden, Abstimmen

• Integration – Miteinbeziehung

• Reduktion – Zurückführung, Abbau

• Abstraktion – Gedankliche Verallgemei-

nerung, Erhebung zum Begriff

• Hierarchiebildung – Aufbau eines Ord-

nungs- und Beziehungssystems

Anleitung zum Lernen

Ein gutes Ambiente ist wichtig

Das Lernen beginnt, falls möglich, im Unterricht,

durch lebhafte Beteiligung, Mitmachen, Diskutie-

ren und die intensive Konzentration auf den

vermittelten Stoff. Beim selbstständigen Lernen

und Vertiefen nach dem Unterricht oder beim

Selbststudium helfen ein ruhiges Umfeld, Ent-

spannung durch spezifische Übungen und beru-

higende Atemtechnik. Es gilt Stress und Lern-

barrieren aufzulösen und eine für das Lernen gut

ausgewogene Aufmerksamkeit zu erreichen. Das

gesamte System Körper-Gehirn soll aufnahme-

bereit gemacht werden. Nicht nur entsprechen-

den Übungen sondern auch besonders ausge-

wählte Musik, hilft den Körper richtig zu syn-

chronisieren.

Am Besten funktioniert das Lernen unter leichter

körperlicher Anregung, mit einem

Puls etwas oberhalb der Ruhe-

schwelle (90-100). Man sollte sich

etwas bewegen, auf einem Spa-

ziergang oder beim langsamen

Radfahren, um während dessen

und anschliessend zu lernen. Auch

Herumgehen (learning by walking)

oder Lernen auch dem Hometrainer

geht gut. Wichtig ist dabei eine

angenehme Lernatmosphäre ohne

viel Ablenkung und ein anregendes

Umfeld, bezüglich Farben, Formen,

Bilder, Pflanzen, Bewegungs-, Sitz- und Liege-

möglichkeiten. Der Stoff sollte mit Übungen in

verschiedenster Gestalt mehrfach aktiv und

passiv wiederholt werden. Je attraktiver das

Lernmaterial und dazu sorgfältig angefertigte

spezifische Spiele und Anwendungsbeispiele

sind, desto besser verankert sich das Wissen.

Noch stärker vertieft sich das Wissen, wenn in

der Lernphase thematisch passende Bücher,

Filme, Bilder und interaktive Projekte das Lernen

begleiten. Wenn es zudem gelingt, zusammen

mit anderen zu lernen, entstehen positive Ge-

meinschaftserlebnisse rund um den Lerninhalt,

was zu einer definitiven Festigung des Stoffes

verhilft.

lernen lernen

3

Die Vorgänge im Hirn

Karten im Hirn – Eigenschaften und

Regeln

Lernende brauchen vor allem gut ausgewählte

Beispiele. Auf die Regeln kommen sie dann von

selbst.

Das Netzwerk im Kopf bein-

haltet unser ganzes Können

und Wissen durch seine

besondere Struktur. Beo-

bachtet man die Aktivität

des Gehirns, so zeigt sich,

was wir momentan wahr-

nehmen, denken, reden und

tun. Dadurch lässt sich aber

nicht aufzeigen, wie komplex

die Vernetzung aufgebaut ist und als Ganzes

aktiviert wird. Obwohl bei jeder geistigen Tätig-

keit jeweils eine riesige Zahl Neuronen in vielen

Hirngebieten zusammen aktiv ist, lassen sich

aber auch aufgabenspezifische Neuronengrup-

pen finden. Zellen im visuellen Kortex zum Bei-

spiel, erkennen und speichern Ecken und Kanten

oder auch Farben von Objekten, Neuronen im

Hörkortex spiegeln Eigenschaften von Tönen

wieder.

Für alle möglichen Kategorien von Wissen ord-

nen sich also Neuronen und Neuronengruppen

durch eigenständiges Vernetzen zu regelmässi-

gen Mustern, zu einer Art mehrdimensionaler

Wissenskarten. In diesen Karten und den Mög-

lichkeiten ihres Zusammenspiels ist ein grosser

Teil der Erfahrungen unseres Lebens gespei-

chert. Solche Karten bilden sich nur durch Lern-

prozesse, sie sind erfahrungsabhängig.

Einmal angelegte Karten passen sich im Laufe

des Lebens dauernd an die Erfordernisse und

frisch Gelerntes an. Lernt ein Mensch Blinden-

schrift, dann vergrössert sich der Bereich, der in

der Grosshirnrinde für die Fingerkuppe des rech-

ten Zeigefingers zuständig ist. Bei Musikern ist

die akustische Karte für Töne 25 Prozent grösser

als bei Nichtmusikern. In der Hirnrinde von

Trompetern sind Trompetentöne, in der von

Geigern Geigentöne weitflächiger repräsentiert –

wohl aufgrund des Übens.

Die Fähigkeit, quasi beliebige Informationen zu

verknüpfen, zeichnet den menschlichen Geist

aus, aber ebenso die Fähigkeit, die Fülle zu

bändigen und in sinnvolle Bahnen zu lenken.

Diese vielfältigen Aktivitäten

bedeuten, dass das Gehirn Teile

und Ganzheiten parallel wahr-

nimmt und erzeugt, in innigem

Wechselspiel der Ebenen und

Aspekte.

Fakten sollten deshalb stets mit

Blick auf das Ganze erarbeitet

werden und das Ganze im Licht

der Details. Das klappt besonders

gut, wenn zentrale Grundideen in mehreren

Durchgängen auf immer neuer Ebene und aus

immer neuen Blickwinkeln behandelt werden.

Das Hirn ist stark mit sich selbst be-

schäftigt

Die Grösse des Grosshirns ist durch die vielen

unter der Hirnrinde verlaufenden Nervenäste

verursacht, die Nervenzellen miteinander ver-

binden. Ohne diese Faserbündel hätte das

Grosshirn nicht mehr Volumen als eine kleine

Faust. Die Menge der Fasern, die ins menschli-

che Gehirn hinein- und hinausgehen, beträgt nur

etwa ein Hunderttausendstel der internen Ver-

bindungen.

Im Innern sind die Verbindungen stark ausge-

prägt. Jede Hirnzelle steht mit jeder beliebigen

anderen über wenige Zwischenschritte in Kon-

takt. Jede Zelle kann Signale von etwa 10000

Neuronen empfangen und Signale an etwa

10000 andere übermitteln. Diese Möglichkeit zur

Vielfalt ist eine der elementaren Voraussetzun-

gen für jede Geistestätigkeit insbesondere für

Fantasie und Kreativität.

lernen lernen

4

Viele Bezugspunkte und Assoziationen

verbessern die Leistung

Das Hirn versteht und lernt, wie es scheint,

umso besser, je mehr Beziehungen es zu einem

Thema herstellen kann. Deshalb müssen Lehr-

und Lerninhalte zwingend vielfältige Zugänge

aufweisen und mehrkanalige, kognitive und

emotive Verarbeitungsformen miteinander kom-

binieren, um an möglichst vielen Orten im Hirn

Spuren zu hinterlassen.

Wir lernen nur das, was interessant ist. Einzel-

fakten attraktiv zu präsentieren oder in Form

eines Rätsels finden zu lassen, ist deshalb ge-

wiss ein guter Ratschlag fürs Lernen. Geschich-

ten und Zusammenhänge treiben uns um, nicht

Fakten.

Das durch die Medienvielfalt so beliebte „Info-

tainment“ regt nur zum neugierigen Konsumie-

ren an, hinterlässt kaum dauerhafte Spuren. Im

Unterricht muss „Edutainment“ dafür sorgen,

dass sich die Lernenden aufmerksam mit dem

Lerngegenstand beschäftigen, nur so wird nach-

haltiges Lernen ermöglicht. Je aufmerksamer wir

uns mit etwas beschäftigen, umso grösser ist die

Chance, dass wir uns später daran erinnern.

Sich in ein Thema zu vertiefen, kann schon Ler-

nen bedeuten. Das Lernen geschieht dabei ge-

wissermassen ohne Absicht.

Motivation

Interesse, Einsicht und Sinn sind die

wahren Motivatoren

Neurobiologische Erkenntnisse führen in Variati-

onen stets zu den gleichen Schlussfolgerungen:

Das Gehirn ist kein Computer, in dem man Be-

liebiges speichern kann. Menschliches Lernen ist

geleitet von Interesse, von der Suche nach Ein-

sicht und Sinn. Aktives Handeln und Forschen,

Erfahrung mit allen Sinnen und intellektuellen

Fähigkeiten erleichtern diese Suche, ebenso

vielfältige Vernetzung sowie eine unterstützende

emotionale und mitmenschliche Atmosphäre.

Fehler sind wichtig – ohne Angst Fehler machen

dürfen ist für das Lernen des Richtigen zentral.

Denn viele Fehler entstehen gerade, wenn kaum

verstandene Regeln blind angewendet werden.

Die Lust am Wissen

Unser Gehirn motiviert sich vielfach selbst zum

Lernen. Kinder sind von Natur aus neugierig und

haben Freude an Herausforderungen. Sie fragen

unermüdlich. Sie beschäftigen sich voller Hinga-

be mit den Objekten ihrer Entdeckerfreude, sind

lustig, originell und kreativ. Was machen Schu-

len falsch, wenn manche Kinder, die sich längst

geistvolle Rechentricks beigebracht haben, beim

Einmaleins versagen; wenn andere, die sich

spannende Geschichten ausdenken konnten, im

Aufsatz miese Noten nach Hause bringen; wenn

ihre Begeisterung sich auf alles Mögliche be-

zieht, doch selten auf die Themen des Unter-

richts?

lernen lernen

5

Das Lernen passiert eher nebenbei

Neurobiologen haben herausgefunden, dass

Kinder zwar mit Feuereifer die Welt begreifen

möchten, sich aber für das Lernen als solches

erst einmal wenig begeistern. Noch weniger,

wenn andere es von ihnen erwarten. Überspitzt

gesagt: Unser Hirn ist so gebaut, dass Lernen

uns kaum interessiert. Was uns aber antreibt,

ist, uns selbst und die Welt zu erkunden und zu

begreifen, herausfordernde Aufgaben zu bewäl-

tigen. Und wenn wir dies tun, lernen wir auch -

nebenbei, gewissermassen. Dies gilt ebenso für

die Erwachsenen, nur ist es diesen schwieriger

beizubringen. „Lernen Sie wie die Kinder“ wäre

ja die richtige Empfehlung.

Wie weckt man Lernmotivation?

Die verbreitete Demotivation hängt mit dem

Grundproblem der Ausbildung zusammen, dass

zuerst Eltern, Gesellschaft und später auch die

Unternehmen vom Einzelnen Verhaltensweisen,

Kenntnisse und Leistungen erwarten, die er nicht

unbedingt von selbst anstrebt. Daraus folgt dann

Problem Nummer zwei: Wie lassen sich Lernen-

de dahin bringen, zu tun, was ihre Ausbildner für

richtig halten? Wie lassen sie sich motivieren?

„Interesse wecken, Lob und Tadel verteilen“,

lautet das gängige Konzept.

Lehrstoff in kleinen Portionen

Bis vor kurzem galt weithin diese „Verstärker-

theorie des Lernens“: Wofür ein Lebewesen

belohnt wird, das wiederholt es, und wofür es

bestraft wird, das lässt es sein. Die Zauberfor-

mel für das menschliche Lernen schien gefun-

den: Am besten lernt man, wenn der Stoff, gut

verdaulich, in kleinen Portionen dargeboten

wird. Beherrscht der Lernende eine solche Porti-

on, so gibt's dafür ein Lob; wenn nicht, muss er

sich am gleichen Stoff erneut versuchen, bis

alles „sitzt“. Das wirkt wirklich, doch nur kurz-

fristig, gleicht es doch eher einer Dressur als

lebensgerechtem Lernen. Unterdessen weiss

man mehr. So hat die moderne Neurobiologie

ein weiteres Belohnungssystem entdeckt, und

zwar ein hirneigenes. Und dies spielt die wirklich

entscheidende Rolle für das Lernen.

Motivationsdroge im Hirn

Forscher haben mittlerweile die Komponenten

und die Funktion dieses Systems detailliert auf-

geklärt: Tief im Inneren des Grosshirns verbirgt

sich eine Ansammlung von Neuronen, deren

„Ausgangskabel“, die Axone, bis in die Gross-

hirnrinde hinter der Stirn, reichen, zum Teil auf

direktem Wege, zum Teil über eine Zwischensta-

tion. An beiden Stellen setzen die Neuronen

jeweils den chemischen Botenstoff Dopamin frei.

Wenn das Spass-Signal funkt

Die genannte Zwischenstation ist ein wichtiges

Lustzentrum. Sie signalisiert den anderen Hirn-

teilen: „Das macht Spass!“ Und wenn etwas

Spass macht, dann wird es gelernt und immer

wieder angestrebt. Aus dieser Zwischenstation

reichen die Neuronen mit ihren Ästen ebenfalls

in die Grosshirnrinde und schütten dort hirnei-

gene Opiate aus, also Moleküle jener Stoffklas-

se, zu der auch Drogen wie Opium, Morphium

und Heroin gehören.

Ohne Dopamin kommt keine Freude auf

Diese Opiate sorgen nicht nur dafür, dass wir als

angenehm empfinden, was uns gerade beschäf-

tigt, sondern sie beeinflussen Nervenzellen im

Grosshirn auch derart, dass diese ihre momen-

tane Aktivität fortsetzen und festigen, also ler-

nen. Das Dopaminsystem scheint vor allem dann

zu feuern, wenn etwas geschieht, das besser ist

als erwartet. Dopamin ist die Substanz der Neu-

lernen lernen

6

gier und der Suche nach Neuigkeit. Dazu passt,

dass Mangel an diesem Stoff zu allgemeiner

Interesse- und Lustlosigkeit führt. Aus all dem

scheint auf den ersten Blick die pädagogisch-

andragogische Devise zu folgen: „Möglichst viel

loben und unterstützen!“ Allerdings ist zu beach-

ten, dass wer beispielsweise stets die gleichen

guten Lernenden und Studenten lobt, der frust-

riert den Rest.

Das Gelernte nicht vergessen

Der grosse Gedächtnisschwund

Selbst guten Lernenden entschwindet nach Prü-

fungen häufig mehr oder weniger alles, was sie

sich fleissig eingeprägt haben. Ist der grosse

Schwund zwangsläufig, da wir Menschen eben

vergesslich sind? Das Gehirn verliert in der Aus-

bildung Gelerntes unter anderem deshalb, weil

mit Absolvieren der Prüfung der Kontext, in dem

das angesammelte Wissen einen Zweck hatte,

verschwunden ist. Was folgt daraus? Bestimmt

nicht, dass Lob und Tadel keinen Platz mehr

haben in einer menschengerechten Ausbildung.

Doch viel wichtiger ist die unmittelbare Freude

an sinnvoller Tätigkeit.

Themen müssen faszinieren

Es ist also gut, Lob und Tadel äusserst sparsam

und bedacht austeilen und stattdessen, wo im-

mer möglich, auf die Kraft und Faszination der

Themen zu setzen. Lust und Freude an einem

Thema signalisieren dem Gehirn, ebenso wie Lob

und Tadel, dass sich eine weitere Beschäftigung

lohnt, nur eben nachhaltiger. So kristallisiert

sich heraus, was ein Mensch wichtig findet im

Leben und worum er sich bemüht – letztlich sein

Lebenssinn. Unser Denkorgan arbeitet dabei als

eine Sinnsuch- und Sinnkonstruktionsmaschine.

Welchen Sinn es im Allgemeinen und im Beson-

deren für sich sucht und konstruiert, hängt von

seinen Erfahrungen ab.

Die Kraft des vernetzten Denkens

Besonders effektiv und anhaltend prägen wir uns

Inhalte ein, die in grössere Zusammenhänge

eingebettet sind. Moderne Didaktiken versuchen,

die Kraft der Vernetzung mehr und mehr zu

nutzen – etwa durch Lernen mit allen Sinnen.

Fruchtbares Lernen bedeutet danach nicht, Fak-

ten und Regeln anzuhäufen, sondern das Wis-

sensnetz über die gesuchte Sinnhaftigkeit zu

knüpfen. Nicht die durch die Lehrer mit Lob und

Tadel und durch Prüfungsstress aufgebauten

Wissensfaktenfriedhöfe bereichern uns wirklich

und machen schlussendlich Intelligenz, Kreativi-

tät und Brillanz der vielseitigen Persönlichkeit

aus. Nur durch eigenes Forschen, sich Erarbeiten

und Erfahren konstruierte Hirnwissensnetze

erweisen sich als solide, da sie tief im individuel-

len Wissen verankert und gleichzeitig im ganz

persönlichen Lernstil und -tempo entstanden

sind.

Lerntypen

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lernen lernen

1

Lerntypen

Lernende Menschen lassen sich danach unter-

scheiden, welchen ihrer Sinne sie bevorzugt

benützen.

Es gilt also herauszufinden, welcher Lern-

typ jemand ist. Um erfolgreich lernen zu

können, ist es hilfreich, den persönlichen

Lernstil des Lernenden zu kennen, um

dementsprechend den Lernstoff aufzube-

reiten. Man braucht dafür nicht unbedingt

einen psychologischen Test um herauszu-

finden, welcher Lerntyp man ist, meist

genügt es, sich selber einmal beim Lernen

zu beobachten und über seine Lernge-

wohnheiten nachzudenken.

Die Sinne

Wer von seinen Sinnen das Sehen bevor-

zugt, braucht Texte zum Lesen, Graphiken zum

Anschauen, braucht Bilder und Illustrationen,

um einen Lernstoff zu verstehen. Solche Men-

schen lernen am besten mit Überblickstafeln,

Übersichten, Lernplakaten. Sie brauchen meist

auch eine schöne Lernumgebung, um sich beim

Lernen wohlzufühlen.

Wer das Hören bevorzugt, lernt am besten,

wenn er den Lernstoff hören kann, wenn er ihn

auf Tonbandkassetten spricht, sich selbst den

Text laut vorliest oder einem anderen zuhört.

Solche Menschen führen oft Selbstgespräche und

fühlen sich durch Geräusche in der Lernumge-

bung schnell gestört.

Manche Menschen lernen durch das Tun am

leichtesten, also durch Ausprobieren, Rollenspie-

le, Vorzeigen, Erklären oder in Zusammenarbeit

mit anderen. Typisch für diese Menschen sind

viele Gesten und auch der innere Drang, sich

viel zu bewegen.

Wichtig für das Lernen ist schliesslich auch noch

das Sprechen. Es liegt irgendwo zwischen Hören

und Tun, denn

beim Reden hö-

ren wir uns selber

und bewegen

gleichzeitig unse-

re Lippen. Aller-

dings lässt sich

bei den Menschen

ein bevorzugter

Lernstil meist

nicht eindeutig

bestimmen. Fast

alle Menschen

sind Mischtypen.

Genau das hat

Konfuzius nun

entdeckt: beim

Lernen ist eine

Verbindung der verschiedenen Sinne am güns-

tigsten, ganz unabhängig davon, welcher Typ

man ist. Schliesslich sollten wir alle unsere Sinne

möglichst auch nutzen.

Nach Forschungen der wissenschaftlichen Psy-

chologie wächst also der Lernerfolg, wenn wir

unsere Sinne beim Lernen sinnvoll zusammen-

arbeiten lassen. Am einfachsten lässt sich das in

einer Tabelle darstellen:

% des Gelernten

Hören 10 bis 20

Sehen 15 bis 30

Hören + Sehen 25 bis 40

Hören + Sehen + Reden 30 bis 70

Hören + Sehen + Reden + Tun bis 90

lernen lernen

2

Arten des Lernens

Wer lernt, nimmt Informationen über seine Sin-

nesorgane auf. Über diese Sinnesorgane gelangt

der Lernstoff in das Gedächtnis. Da die einzelnen

Sinnesorgane bei jedem Menschen unterschied-

lich beschaffen sind und es gerade beim Lernen

Gewohnheiten und Vorlieben gibt, lernt jedes

Kind und jeder Erwachsene auf seine eigene,

unverwechselbare Art. Kein Mensch ist wie der

andere; kein Mensch lernt wie der andere. Zu

unterschiedlich sind die Interessen, das Tempo

und die Lernvoraussetzungen, als dass es eine

für alle Menschen stimmige Lernmethode geben

könnte.

Mehrkanaliges Lernen

Beim Lernen spielen die Sinne eine wichtige

Rolle. Untersuchungen haben ergeben, dass wir

Informationen besser aufnehmen und länger

behalten, wenn sie uns über mehrere Wahrneh-

mungskanäle erreichen. Wenn wir etwas nur

hören, haben wir binnen kurzer Zeit etwa 80%

wieder vergessen. Wird ein Text gelesen oder

ein Bild betrachtet, beträgt die Vergessensrate

70%. Wenn wir hören und sehen, wenn wir den

Lernstoff also akustisch und visuell aufnehmen,

können wir uns nach kurzer Zeit immerhin noch

an die Hälfte erinnern.

Dieser Erfolg lässt sich steigern: Wird gleichzei-

tig hörend, sehend und sprechend gelernt, sinkt

die Vergessensrate auf 30%. Am effektivsten

lernt, wer Hören, Lesen, Sprechen und Schrei-

ben kombiniert. In diesem Fall werden nur 10%

vergessen oder positiv ausgedrückt: 90% kön-

nen wieder abgerufen werden, haben also den

Weg ins Gedächtnis gefunden. Reiner Frontalun-

terricht ist demnach die ungünstigste Unter-

richtsform. Unterricht, der viele Sinne mobili-

siert, ist dagegen lern-, leistungs- und motivati-

onsfördernd.

Suggestopädie - Lehren und Lernen

mit allen Sinnen

Suggestopädie ist eine Lehr- und Lernmethode,

die Lernen mit allen Sinnen ermöglicht. Sie geht

auf den bulgarischen Psychiater Georgi Lozanov

zurück. Lernfördernde Elemente sind der Einsatz

von Musik und Entspannungsübungen, das Ein-

beziehen des Körpers durch Rollenspiele und

Bewegungsübungen sowie das spielerische Erar-

beiten von Lerninhalten. Die unterschiedlichen

Lernkanäle, das Bewusstsein und das Unterbe-

wusstsein werden gleichermassen angespro-

chen. Auf diese Weise ermöglicht suggestopädi-

scher Unterricht jedem Lernenden die zum je-

weiligen Lerntyp passende Aufnahme und Ver-

ankerung von Informationen. Suggestopädie ist

eine sehr individuelle Unterrichtsform. Weil sie

alle Lerntypen gleichermassen anspricht, kann

sie leicht in der Gruppe durchgeführt werden.

lernen lernen

3

Welcher Lerntyp?

Jeder sollte seinen Lerntyp kennen! Wer seinen

Lerntyp kennt und ihn beim Lernen berücksich-

tigt, kann Informationen schneller und nachhal-

tiger aufnehmen. Die für das reine Lernen auf-

gewendete Zeit lässt sich verkürzen und die

Chance, dass man sich im passenden Moment an

das Gelernte erinnert, steigt. Kurz: Wer mehr

über seine Art zu lernen weiss, lernt effektiver.

Am Lernprozess sind viele Sinnesorgane betei-

ligt, und diesen Sinnesorganen kann jeweils

einer der nachfolgenden Lerntypen zugeordnet

werden.

Auditiver Lerntyp

Der auditive Lerntyp lernt vorwiegend über das

Hören und Sprechen. Man erkennt ihn daran,

dass er beim Lernen die Lippen bewegt oder den

Lernstoff laut vor sich hersagt. Auditiv lernende

Kinder können schon nach kurzer Zeit Hörspiel-

kassetten auswendig wiedergeben. Auch Gedich-

te und Melodien prägen sich ihnen zur Freude

ihrer Lehrer schnell und dauerhaft ein. Lernende

dieses Lerntyps verfügen über eine gute Auffas-

sungsgabe. Sie hören aufmerksam zu, erzählen

hervorragend nach und können gut kombinieren.

Visueller Lerntyp

Der visuelle Lerntyp verlässt sich auf das, was er

sieht. Er nimmt Informationen besser auf, wenn

er ein Bild hat oder sich eines machen kann.

Man erkennt visuelle Lerntypen daran, dass sie

sich häufig Notizen machen oder Skizzen anfer-

tigen. Fragt man sie, wo was in ihrem Hefter

steht, müssen sie nicht lange suchen. Diese

Lerntypen können sich gut an Details erinnern.

Sie arbeiten genau und ordentlich. Ihre Sprache

und ihre Träume sind meist bilderreich, farbig

und voller Details. Lesen und Puzzeln zählen zu

ihren Hobbys.

Motorischer Lerntyp

Der motorische Lerntyp ist ein Anpacker - kei-

ner, der zögert oder lange nachdenkt. Er lässt

sich von seinen Gefühlen leiten und setzt Impul-

se sofort in Aktionen um. Diese Menschen sind

praktisch veranlagt, bewegen sich gerne und

begreifen auch das Lernen als einen aktiven

Vorgang. Im Unterricht stehen sie bei Versuchen

in der ersten Reihe und legen am liebsten selbst

Hand an. Man erkennt diesen Lerntyp daran,

dass er beim Erzählen auch seine Hände spre-

chen lässt, überdurchschnittlich lange die Finger

beim Rechnen benutzt und gerne Kaugummi

kaut. Im Kinderzimmer des motorischen Lerners

stehen häufig Modellflugzeuge, Chemiebaukäs-

ten oder andere Zeugnisse starker Experimen-

tierfreude.

Kommunikativer Lerntyp

Der kommunikative Lerntyp ist ein guter Redner

und ein noch besserer Zuhörer. Bei Lehrern ist

er besonders beliebt, weil er den Unterricht aktiv

mitgestaltet. Er neigt dazu, gut durchdachte

Fragen zu stellen und Glaubenssätze zu hinter-

fragen. Sein sympathisches Wesen kommt auch

bei den MitLernenden gut an: Häufig wird er

zum Klassensprecher gewählt, um Rat gefragt

oder er bringt sich bei Streitigkeiten selbst als

Schlichter ein. Der kommunikative Lerntyp lernt

gerne und gut im Austausch mit anderen. Er hat

einen grossen Freundeskreis und engagiert sich

häufig frühzeitig in der Politik oder im Umwelt-

schutz.

lernen lernen

4

Personenorientierter Lerntyp

Der personenorientierte Lerntyp ist in hohem

Masse auf eine sympathische und fähige Lehr-

kraft angewiesen. Am liebsten wäre ihm Einzel-

unterricht. Diese Lernende sitzen gerne in der

Nähe des Pults. Selbst auf dem Pausenhof su-

chen sie Kontakt zu bestimmten Lehrern. Wenn

dieser Lerntyp einen guten Draht zu seiner Lehr-

kraft hat, lernt er so gut wie alles. Ist das Ver-

hältnis zum Lehrer jedoch schlecht, kann er sein

volles Potential nicht entfalten. Der personenori-

entierte Lerntyp neigt zu Leistungsschwankun-

gen und Selbstzweifeln. Er hat wenige oder

keine Freunde, spielt meist alleine in seinem

Zimmer und grübelt häufig.

Medienorientierter Lerntyp

Der medienorientierte Lerntyp lernt gut mit

technischen Medien. Im Grunde braucht er keine

Lehrer, ist er doch in der Lage, sich die meisten

Lehrinhalte von virtuellen Lehrern vermitteln zu

lassen. Man erkennt diesen Lerntyp an seiner

andauernden Begeisterung für technische Zu-

sammenhänge. Er nutzt audiovisuelle Medien

und den Computer nicht nur zum reinen Spiel,

sondern zieht echten Nutzen daraus. Der me-

dienorientierte Lerntyp hat schon frühzeitig

einen Computer, Lernprogramme und einen

Videorecorder auf der Wunschliste.

Mischtypen

Soweit die Theorie. In der Praxis treten diese

Lerntypen selten isoliert auf. Es gibt eine Viel-

zahl von Verknüpfungen der grundlegenden

Lerntypen. Wenn Sie sich oder Ihr Kind in meh-

reren dieser Beschreibungen wiedergefunden

haben, gehören auch Sie Mischtypen an. Mit

Schubladendenken wird man gerade in der Pä-

dagogik niemandem gerecht. Patentrezepte gibt

es nicht. Und dennoch: Es gibt zu jedem dieser

Lerntypen Regeln, nach denen die Lehr- und

Lernmethoden abgestimmt werden sollten, um

einen maximalen Lerneffekt zu erreichen.

Wie lernt jeder Lerntyp am

effektivsten?

Menschen nehmen Lerninhalte auf unterschiedli-

chen Wegen auf. Und sie verarbeiten diese In-

formationen auf ihre ganz persönliche Art und

Weise. Individuell verschiedene Erbanlagen,

Umwelteinflüsse und Erfahrungen beeinflussen

unsere Art zu lernen.

Auditiver Lerntyp

Auditive Lerntypen haben mit reinem Frontalun-

terricht am wenigsten

Probleme. Sie hören gerne zu

und saugen Informationen mit

den Ohren auf. Musik beim

Lernen – wovon die meisten

Lehrer eher abraten - kann

der Produktivität des auditiven

Lerners Flügel verleihen. Er

sollte Lerntexte laut lesen,

damit sich Inhalt, Klang und

Melodie des Schulstoffs besser

einprägen. Auch das Aufnehmen von Vokabeln

oder Gedichten mit Hilfe eines Kassettenrekor-

ders ist empfehlenswert. Lassen Sie Ihr Kind

diese Aufnahmen in einem entspannten Zustand

anhören, sprechen Sie möglichst oft über Lern-

inhalte und nehmen Sie interessante Dokumen-

tationen im Radio auf.

Visueller Lerntyp

Visuelle Lerntypen verlassen sich beim Lernen in

erster Linie auf die Augen. Für sie müssen In-

formationen übersichtlich und optisch anspre-

chend aufbereitet sein. Wesentliches sollte mit

Textmarkern hervorgehoben werden. Zeichnun-

gen oder Skizzen können selbst komplizierte

Textaufgaben einfach erscheinen lassen. Der

visuelle Lerner sollte im Unterricht mitschreiben.

So schlägt er eine Brücke zwischen dem auditi-

ven, dem motorischen und dem bei ihm beson-

ders stark ausgeprägten visuellen Kanal. Visuelle

Lerner lesen gerne. Diese Leidenschaft können

Sie mit regelmässigen Besuchen in Büchereien

und Buchhandlungen fördern. Wichtig ist auch

eine ansprechende Lernumgebung: Ein aufge-

lernen lernen

5

räumter Schreibtisch, dem eigenen ästhetischen

Empfinden entsprechende Wohnaccessoires und

genug Platz zum Aufhängen von Lernpostern

sind ein Muss.

Motorischer Lerntyp

Motorische Lerntypen können nicht mehr als

eine halbe Stunde am Stück am Schreibtisch

sitzen. Ihr Bewegungsdrang sollte und kann

nicht unterdrückt werden. Besser ist es, die

Unruhe in sinnvolle Bahnen zu lenken. So hilft es

motorischen Lernern, wenn sie beim Auswendig-

lernen von einer Zimmerecke in die andere ge-

hen. Jeder Schritt kann dabei für ein Wort oder

eine Strophe stehen. Das gleichzeitige Ausspre-

chen der Lerninhalte verbindet den motorischen

mit dem auditiven Kanal. Mancher Stoff lässt

sich auch gestisch oder szenisch darstellen oder

man probiert zu Hause einfach aus, worüber im

Unterricht gesprochen wurde. Vielen hyperakti-

ven Kindern ist geholfen, wenn sie während des

Lernens in einer Hängematte schaukeln dürfen.

Kommunikativer Lerntyp

Kommunikative Lerntypen bringen sich gerne

aktiv in den Unterricht ein. Sie lernen am liebs-

ten in einer Gruppe von Gleichgesinnten, mit

denen sie sich über den zu lernenden Stoff aus-

tauschen können. Eine gute Lernmethode ist die

Quizshow: Jedes Mitglied der Lerngruppe

schreibt Fragen zum aktuellen Lernstoff auf

Karteikarten. Die Karten, auf denen jeweils im-

mer nur eine Frage steht, werden zugedeckt auf

den Tisch gelegt.

Jeder Mitspieler zieht reihum eine Karte und

versucht, eine möglichst gute Antwort zu

finden. Kann die Frage ohne jegliche Hilfen

beantwortet werden, gibt es zwei Punkte;

muss nachgeschlagen werden, nur einen.

Falsche oder keine Antworten schlagen mit

null Punkten zu Buche. Der Gewinner darf

bestimmen, wer das nächste Treffen

ausrichtet. Wenn Sie mit Ihrem Kind alleine

sind, sollten Sie möglichst oft das Gespräch

suchen. Nehmen Sie bei gesellschaftlichen

Themen ab und zu eine provozierende Haltung

ein. Widersprechen Sie. So bringen Sie den

Teilnehmern bei, sich aktiv mit Informationen

auseinanderzusetzen und bestehende Glaubens-

sätze zu hinterfragen.

Personenorientierter Lerntyp

Personenorientierte Lerntypen sind in besonde-

rem Masse auf ein gutes Verhältnis zur Lehrkraft

angewiesen. Häufig schwanken sie zwischen

zwei Extremen: Entweder ist der Lehrer ganz toll

oder er ist total blöd. Eltern können ihren Kin-

dern helfen, eine allzu negative Haltung gegen-

über Lehrern abzubauen: Reden Sie nicht

schlecht über die Lehrer Ihres Kindes, auch

wenn Sie Grund zum Klagen haben. Machen Sie

deutlich, dass auch Lehrer Launen haben und

ungerecht sein können, aber dass es sich trotz

allem lohnt, offen und freundlich zu bleiben.

Medienorientierter Lerntyp

Medienorientierte Lerntypen haben ihr techni-

sches Verständnis mit der Muttermilch aufgeso-

gen. Im Umgang mit dem Computer sind sie

geborene Autodidakten. Lernprogramme dürfen

nicht zu einfach sein, denn dieser Lerntyp

braucht echte Herausforderungen. Nutzen Sie

neben CD-Roms auch das Internet, Videofilme,

Fernsehbeiträge, Presseerzeugnisse und Bücher.

Achten Sie darauf, dass Ihr Kind nicht verein-

samt. Öffnen Sie Ihr Haus für Klassenkameraden

und Freunde. Regen Sie die Bildung von Arbeits-

gruppen an. Auch dieser Lerntyp ist trotz aller

Liebe zu Medien ein soziales Wesen.

lernen lernen

6

Lerntypen-Test

Dieser Test gibt Aufschluss, wie Sie am besten lernen!

Wie lerne ich am besten? Was ist die beste Lerntechnik? Diese Fragen haben sich Lernende

schon oft gestellt und es ist gar nicht so leicht, eine Antwort darauf zu finden. Aber es gibt

einige Hinweise, wie diese Antwort lauten kann, denn Menschen unterscheiden sich beim

Gebrauch ihrer Sinnesorgane und der Verarbeitung von Lernstoff im Gehirn deutlich vonein-

ander. Diese Unterschiede kann man auf persönliche Merkmale, Gewohnheiten und bisherige

Erfahrungen zurückführen.

Das Wissen um solche Unterschiede ist deshalb von Bedeutung für das Lernen, weil sich

manche Menschen mit einer Lerntechnik plagen, die für sie nicht unbedingt die günstigste

ist. Weiss man aber, mit welcher Methode einem das Lernen leichter fällt, kann man versu-

chen, diese gezielt häufiger einzusetzen, um so rascher und effizienter zum Erfolg zu finden.

Wählen Sie bei den folgenden zehn Fragen immer jene zwei Antworten aus, die für Sie am

ehesten zutreffen. Achten Sie bitte darauf, dass Sie bei jeder Frage nur zwei Antworten an-

streichen, also immer zwei Antworten mit einem Kreuzchen versehen sind!

Die Auswertungen werden wir dann für Sie vornehmen und Ihnen zustellen.

Auf gutes Lernen!

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7

1 Sie besuchen in einer fremden Stadt einen Freund. Er kann Sie aber nicht am Bahnhof abholen und Sie müssen selbst den Weg zu ihm finden. Am meisten helfen würde Ihnen

ein Stadtplan, den Sie sich am Kiosk kaufen

ein freundlicher Mensch, der Sie begleitet

die genaue Beschreibung des Weges im letzten Brief des Freundes

die genaue Erklärung des Weges durch einen Ortskundigen

2 Sie sind nicht ganz sicher, ob man korrekt "parallel", "paralell oder "parallell" schreibt. Sie würden

das Wörterbuch aus dem Büchergestell holen und darin nachschlagen,

die Augen schliessen und sich das geschriebene Wort im Schriftbild vorstellen,

Sich den Klang des Wortes vorstellen und es ein paar Mal aussprechen,

das Wort blind und rasch auf ein Blatt Papier schreiben, ohne zu denken.

3 Sie haben im Kurs das Thema für eine Projektarbeit, einen Businessplan zu schreiben, erfah-ren. Sie möchten Ihre Kollegin, die gefehlt hat, darüber informieren. Sie würden

sie sofort anrufen und ihr alles am Telefon erzählen

ihr ein E-Mail mit der genauen Beschreibung der Aufgabe schicken

ihr die Projektaufgabe anhand eines Beispiels zeigen

ihr bei einem Treffen mitteilen, wie man bei dieser Projektarbeit profitieren kann

4 Sie planen für Ihr Geburtstagsfest, zu dem Sie viele Ihrer Freunde einladen möchten, eine be-sonderes Dessert. Sie würden

etwas Ihnen gut Bekanntes, das sicher gelingt, ohne Kochbuch zubereiten

ein bebildertes Kochbuch durchblättern und sich anregen lassen

Freunde anrufen und sie nach ihren Lieblingsdesserts fragen

alle Rezepte in einem Ihrer Kochbücher genau durchlesen, um zu entscheiden

5 Sie sollen mit Kurskollegen eine Zoobesichtigung planen. Sie würden

vorher hinfahren und sich vor Ort umschauen

sich einen bebilderten Prospekt mit einem Plan besorgen

ein spannendes Buch über die Tiere lesen, die es in diesem Zoo gibt

jemanden aus dem Tierpark anrufen und sich beraten lassen

6 Sie möchten sich eine neue Musikanlage für Ihr Wohnzimmer anschaffen. Was würde Ihre Entscheidung am meisten beeinflussen?

was Ihnen der Verkäufer darüber erzählt hat

die Informationen in der Beschreibung der Geräte

selber im Verkaufsgeschäft mit den Knöpfen an der Anlage probieren zu können

dass die Anlage zu Ihrer Wohnungseinrichtung passt und gut aussieht

lernen lernen

8

7 Stellen Sie sich vor, ein Ausserirdischer fragt Sie, wie eine moderne Kaffeemaschine funktio-niert. Wie erklären Sie die Maschine?

Sie zeichnen die Maschine auf ein Blatt und erklären ihm die wichtigsten Teile

Sie gehen mit ihm anhand der schriftlichen Betriebsanleitung den Ablauf Schritt für Schritt durch

Sie erklären ihm mit einfachen Worten detailliert den Ablauf des Kaffeekochens

Sie kochen Kaffee für ihn und lassen ihn dann die Maschine ausprobieren

8 Sie möchten, dass Sie eine Bekannte aus der gleichen Stadt, die den Weg zu Ihnen nicht kennt, besucht. Sie würden

ihr die Kopie eines Stadtplans mit eingezeichnetem Weg schicken

ihr am Telefon eine genaue Beschreibung des Weges geben

sie von ihrer Wohnung abholen

ihr ein SMS oder E-Mail mit einer genauen Beschreibung schicken

9 Sie möchten sich ein neues Fachbuch für einen Kurs kaufen, aber die Auswahl ist gross. Was würde Ihre Auswahl am meisten beeinflussen?

das Fachbuch zur Probe zu haben und einige Zeit benutzen zu können

die mündliche Empfehlung durch den Buchhändler

das genaue Durchlesen von einzelnen Stichwörtern und des Inhaltsverzeichnisses

dass es eine übersichtliche und mit Bildern unterstützte Darstellung hat

10 Sie bevorzugen Dozenten und Fachlehrer, die beim Unterricht vorwiegend

Arbeitspapiere und Lehrbücher einsetzen, weil man alles nachlesen kann

Projekttage oder Besichtigungen durchführen, da man hier den Stoff miterlebt

Powerpoints, Filme und Folien verwenden, weil Bilder alles anschaulicher machen

mit der Kursklasse diskutieren, weil man dann Unklarheiten besser klären kann

Kurs (genaue Bezeichnung)

____________________________________________________________________

Vorname, Name ____________________________________________________________________

Geschlecht männlich weiblich

Ihr Alter

21 bis 25 Jahre 26 bis 30 Jahre

31 bis 40 Jahre 41 bis 50 Jahre

51 bis 60 Jahre

Ihre Vorbildung

Berufsschule, Berufsdiplom

Kaufmännische Schule, Betriebswirtschaft

Matura, Berufsmaturität, Bac

Universität, Fachhochschule, Master

berufliche Tätigkeit (genaue Bezeichnung)

_________________________________________________________

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9

5.5.1 Übersicht Lerntypen

Auditiver Lerntyp

Sinnesmodalität Erkennungsmerkmale Mögliche Verhaltensausprägungen

hören und sprechen bewegt beim Lernen die Lippen oder sagt den Lernstoff laut vor sich her

• gute Auffassungsgabe, kann schon nach kurzer Zeit Hörspiele, Gedichte und Melo-dien auswendig wiedergeben

• kann aufmerksam zuhören, • hervorragend nacherzählen, • gut kombinieren

Visueller Lerntyp

Sinnesmodalität Erkennungsmerkmale Mögliche Verhaltensausprägungen

sehen macht häufig Notizen oder fertigt gerne Skizzen an

• verlässt sich auf das, was er sieht • kann sich gut an Details erinnern • arbeitet genau und ordentlich • Sprache und Träume sind meist bilder-

reich, farbig und voller Details • pflegt Lesen und Puzzlen als Hobbys

Motorischer Lerntyp

Sinnesmodalität Erkennungsmerkmale Mögliche Verhaltensausprägungen

praktisches tun und sich bewegen

bewegt sich gerne und begreift Lernen als einen aktiven Vorgang

• lässt sich von Gefühlen leiten und setzt Impulse sofort in Aktionen um

• lässt beim Erzählen auch seine Hände sprechen, benutzt beim Rechnen oft und lange die Finger

Kommunikativer Lerntyp

Sinnesmodalität Erkennungsmerkmale Mögliche Verhaltensausprägungen

sprachlich kommunizieren, reden

ist ein guter Redner und ein noch besserer Zuhörer

• gestaltet den Unterricht oft aktiv mit • lernt gerne mit anderen • hat einen grossen Freundeskreis • engagiert sich häufig frühzeitig in der Poli-

tik oder im Umweltschutz.

Personenorientierter Lerntyp

Sinnesmodalität Erkennungsmerkmale Mögliche Verhaltensausprägungen

positive Beziehung gestal-ten

ist ein guter Redner und ein noch besserer Zuhörer

• ist auf sympathische und fähige Lehrkraft angewiesen

• neigt zu Leistungsschwankungen und Selbstzweifeln

• hat wenige oder keine Freunde • spielt meist alleine, grübelt häufig

Medienorientierter Lerntyp

Sinnesmodalität Erkennungsmerkmale Mögliche Verhaltensausprägungen

lernt gut mit technischen Medien

andauernde Begeisterung für technische Zusammenhänge

• nutzt audiovisuelle Medien und den Com-puter nicht nur zum reinen Spiel, sondern zieht echten Nutzen daraus

• kann sich die meisten Lehrinhalte von virtuellen Lehrern vermitteln lassen

• hat schon frühzeitig einen Computer, Lern-programme und einen Videorecorder auf der Wunschliste.

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10

5.6 Lern-Checkliste

Unser Hirn lernt nur dann leicht, wenn

• es eine unmittelbare Notwendigkeit für den Lernprozess feststellt

• der Lernvorgang nicht durch wichtigere lebensnotwendige Anforderungen gestört

bzw. überdeckt wird

• die Lernprozesse nicht zu grosse Verhaltensänderungen bewirken wollen

• kurzfristig hoher Lustgewinn in Aussicht steht

• das Lernen nicht von anderen, als primär eingestuften Vorgängen ablenkt

• der Lernvorgang keine Aggressionen beim Lernenden hervorruft

• der Lernvorgang eine deutliche Belohnung verspricht

Wichtige Lernvoraussetzungen

• Entspannung durch spezifische Übungen, Atemschulung

• Auflösen alter Stressprogramme und Lernbarrieren

• Körpersynchronisation durch besonders ausgewählte Musik

• angenehme Lernatmosphäre, anregendes Umfeld

• mehrfache Wiederholung der Übungen, passiv und aktiv

• gutes Lernmaterial und sorgfältig angefertigte spezifische Spiele

• positive Gemeinschaftserlebnisse um den Lerninhalt

Lernpraxis

kik business academy

Neuenhoferstrasse 101

5401 Baden

www.kik-business-academy.ch

Impressum

Autoren: Anton Wagner

Herausgeber: kik AG / ITS

Layout/Gestaltung: Daniela von Bergen, kik AG

© kik business academy

lernen lernen

1

Lernpraxis

Die Mitschrift

Warum überhaupt mitschreiben?

In einer Doppelstunde sagt ein Lehrer, den man

nicht unterbricht, zwischen 5.000 und 9.000

Wörter, führt höchstens zwei Dutzend neue

Tatsachen ein und versucht, vielleicht ein halbes

Dutzend Kerngedanken zu vermitteln. Der Rest

sind Erläuterungen, Beispiele, Veranschauli-

chungen, Wiederholungen, sprachliches Füllma-

terial, auch missglückte Formulierungen, Flos-

keln, weitergespon-

nene Gedanken und

sicher auch manches

Überflüssige.

Für den Lehrer ist

diese Mischung gar

nicht schwer, denn er

hat (hoffentlich) eine

klare Struktur seiner

Stunde vor Augen. Er

weiss zu jeder Zeit, was Kernsätze sind und was

Abschweifungen. Für den Lernenden ist das

natürlich anders, so dass es kommt, dass er

manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht

sieht.

Ein Fach jedoch, in dem man auf Dauer "über-

haupt nichts mitbekommt", gibt es nicht. Die

entscheidende Frage, die man nur für sich selbst

beantworten kann, ist vielmehr, wie viel Energie

man zu investieren bereit ist, um auf Dauer

"etwas mitzubekommen". Wichtig ist dabei in

jedem Fall, die Zusammenhänge dessen zu

erkennen, was man lernen will, soll oder muss.

Dass Mitschriften eine Hilfe gerade beim Über-

brücken von "Durststrecken", aber natürlich

auch langfristig gesehen fachlich wertvoll sein

können, zeigt das folgende Schaubild. Man muss

es links oben beginnen und dann im Uhrzeiger-

sinn lesen:

Beim Mitschreiben ist das Endprodukt eigentlich

gar nicht wichtig. Es hat nur einen Sinn, wenn es

den Vorgang des Strukturierens unterstützt.

Eine gute Aufzeichnung ist wie ein guter Fleisch-

extrakt: Isoliert ist sie ungeniessbar, aber auf-

gefüllt mit den eigenen Erinnerungsspuren und

dem vorhandenen Wissensbestand ergibt sich im

Idealfall wieder das Ausgangsprodukt. Wer die

Aufzeichnungen selbst erstellt hat, muss mit

ihrer Hilfe bei Bedarf den ursprünglichen Text

ausreichend detailliert wieder rekonstruieren

können.

"Anfänger" tun sich hier oft schwer und machen

typische Fehler:

• sie benutzen gebundene Hefte, in die

sich nichts nachtragen lässt;

• sie verwenden ungeeignete Papierfor-

mate (schlecht archivierbar!);

• ihre Notizen sind unübersichtlich und

ungegliedert (sie wandern schnell in

den Papierkorb);

• sie schreiben alles mit, verstehen in

Wirklichkeit überhaupt nichts und ver-

gessen später alles;

• sie schreiben nichts mit, verstehen an-

scheinend alles und wissen später

ebenfalls nichts.

Das Ziel kann nicht sein kann, ständig mitzu-

schreiben, denn zu viel hält vom Mithören und

Mitreden ab. Viele Schülerinnen und Schüler

aber haben von sich aus gar keine Neigung,

überhaupt etwas mitzuschreiben - und das ist

der sicherste Weg, den Unterricht wie eine Ne-

belbank an sich vorüberziehen zu lassen.

Um etwas zu lernen, muss das Gehirn es fixie-

ren, und da das Gehirn neuen Lernstoff meistens

nicht sofort codiert, muss man es zu Papier

bringen, um es später nochmals zu verarbeiten

(memorieren). Wer das Geschehen nicht für sich

festhält, für den ist es verloren. Es bleibt nur

eine vage Erinnerung, die zum genauen Merken

kaum mehr taugt, und zum wiederholenden

Lernen (z.B. als Vorbereitung auf Prüfungen)

überhaupt nicht!

lernen lernen

2

Kontinuierliches Mitschreiben dagegen ermög-

licht im Laufe der Zeit den Aufbau einer Kartei,

die im Folgenden eine Fülle von Aufgaben wahr-

nehmen kann.

Zwei Verfahren des Mitschreibens

Im Folgenden stelle ich zwei Verfahren der Un-

terrichtsmitschrift vor. Das Erste ist die traditio-

nelle Methode des "linearen Mitschreibens", die

man an Schulen und Universitäten meistens

kennen lernt und praktiziert. Ich selbst habe

bislang fast ausschliesslich damit gearbeitet. Das

zweite Verfahren („Mind Map“) richtet sich an

eher visuelle Lernertypen. Seitdem ich diese

Methode kenne, bemühe ich mich bewusst,

damit zu arbeiten, auch im Unterricht, denn mit

ihr scheint es möglich, grossen Lernstoff auf

wenig Raum so zu verschlüsseln, dass das Ge-

hirn ihn sich gut und lange merken kann.

Beide Verfahren schliessen einander aber nicht

aus. Es müsste problemlos gelingen, die eine

Mitschrift auch nachträglich noch in die andere

zu "übersetzen".

a. Die lineare Mitschrift

Hier kann ich mir eine "Einführung" - anders als

bei der Mind-Map- Technik - sparen, denn die

meisten schreiben "linear" mit, d.h. zeilenorien-

tiert von oben nach unten.

Grundregeln

Zur übersichtlichen Mitschrift gehören die fol-

genden Teile:

• Datum der Stunde

• Thema der Stunde

• Tafelmitschrift und/oder Lehrerdiktat

• Hausaufgaben

• Korrektur

• Randsymbole zur Markierung von Be-

sonderheiten

• Das Datum

Das Datum dient als Anhaltspunkt da-

für, wann ein bestimmtes Thema be-

handelt wurde. Es ist eine Erinnerungs-

stütze.

• Thema der Stunde

Die Benennung des Themas hilft erken-

nen, worum es in der Stunde geht. Das

erleichtert die Auswahl dessen, was

man in der Stunde ins Heft einträgt und

was später zu Hause - bei den

Hausaufgaben oder bei der Vorberei-

tung einer Klassenarbeit - wiederholt

werden muss. Einer Unterrichtsstunde

kann man besser folgen, wenn man

weiss, worauf der Unterricht hinaus-

läuft. Meistens sagen Lehrer das Thema

der Stunde nicht an. Man kann aber

seinen Lehrer darum bitten, es in Zu-

kunft zu tun, damit die Klasse besser

im Bilde und damit besser bei der Sa-

che ist.

• Tafelmitschrift und/oder Lehrerdik-

tat

Dies ist der entscheidende Teil der

Stundenmitschrift. Hier erscheint, was

Wichtiges an der Tafel steht oder was

der Lehrer ausdrücklich diktiert. Wenn

der Lehrer nicht von sich aus sagt, was

mitgeschrieben soll, sollte man nach-

fragen. Viele Lehrer (mich eingeschlos-

sen) sind von der Schülerfrage "Sollen

wir das mitschreiben?" oft genervt, a-

ber dies ist eigentlich eine der wichtigs-

ten Schülerfragen überhaupt. Denn sie

ist Ausdruck dafür, dass die Schüler

wirklich das Wichtige mitbekommen

wollen.

• Randsymbole

Mit kleinen Symbolen am Rande lassen

sich wichtige Informationen über den

Unterricht und den Lernstoff schnell

und sicher anbringen. Solche Symbole

können sein:

lernen lernen

3

Ich habe den Stoff verstanden.

Nicht begriffen. Nachfragen!

Beispielsätze, Beispielrechnungen

Hier ist mir ein Licht aufgegangen!

Sehr wichtiger Stoff!

Definition

Zusammenfassung Hier ergab sich eine Diskussion.

Hausaufgabe

Es empfehlen sich auch Strich-Punkt-Männchen. Etwa so:

Hat Spass gemacht!

war langweilig; automatisch erledigt

konnte die Aufga-be nicht gut

war schwer, hab's aber gepackt!

Weitere Tipps

Keine wörtliche Mitschrift! Stattdessen:

• Wichtige Punkte, neue Begriffe, 'Über-

schriften' in Stichworten

• Beispiele, gleichbedeutende Begriffe,

Querverweise, Besonderheiten usw.

diesen Hauptpunkten unterordnen

• Die wichtigen Begriffe auch grafisch-

optisch deutlich hervorheben und die

Zusammenhänge zwischen ihnen sicht-

bar werden lassen

• Übersichtlich schreiben, unterschiedli-

che Wichtigkeit durch unterschiedliche

Schriftgrösse verdeutlichen, unterstrei-

chen, farbig markieren

• Zusammenhänge in grafischer Form

strukturieren (Tabelle, Ablaufdia-

gramm)

• Nachträgliches Ergänzen, Berichtigen

und Verbessern von Mitschriften, gera-

de in Problemfächern"

• Auslassungen oder Lücken in der Mit-

schrift zu füllen versuchen

• Kerngedanken zusammenfassen; dabei

evtl. Lehrbuch zu Hilfe nehmen

• von Zeit zu Zeit eigene Aufzeichnungen

mit denen anderer vergleichen: Vorzü-

ge? Nachteile?

• Sehr wirkungsvoll: Testfragen formulie-

ren!

lernen lernen

4

b. Die Mind-Map-Technik

Wenn jemand ein Buch beschreibt, das er gele-

sen hat, oder einen Ort, an dem er gewesen ist,

liest er nicht aus dem Gedächtnis ab. Er gibt

vielmehr nach Schlüsselbegriffen eine Übersicht,

indem er die Hauptpersonen charakterisiert, die

Umstände und Ereignisse berichtet und Detail-

beschreibungen einfügt. In entsprechender Wei-

se bringt das Schlüsselwort oder die Schlüssel-

phrase ganze Erfahrungs- und Empfindungsrei-

hen zurück. Man denke zum Beispiel an die

Vorstellungsreihe, die im Geist ausgelöst wird,

wenn man das Wort "Kind" liest.

Da wir es gewohnt sind, uns am gesprochenen

und geschriebenen Wort zu orientieren, haben

wir angenommen, dass die normale Satzstruktur

der beste Weg sei, sich an verbale Bilder und

Ideen zu erinnern.

Daher machen die meisten Schüler und Studen-

ten ihre Aufzeichnungen in linearer Form. Neue

Erkenntnisse über die Beziehung zwischen

Schlüsselbegriffen und Erinnerung zeigen aber,

dass bei dem linearen Aufzeichnungstyp 90

Prozent der Wörter für Erinnerungszwecke unnö-

tig sind.

Wie können wir nun das Phänomen der Schlüs-

selerinnerung für die Gestaltung unserer Auf-

zeichnungen nutzbar machen?

Die Grundregeln der Mind-Map-Technik

1. Man beginnt mit einem farbigen Bild in

der Mitte. Denn "ein Bild sagt mehr als

tausend Worte"; es regt kreatives Den-

ken an und prägt sich dem Gedächtnis

besonders gut ein.

2. Auch sonst kann man Bilder in die Mind

Map einfügen. Aus denselben Gründen

wie in Regel 1 und um alle Gehirnpro-

zesse zu stimulieren.

3. Die Wörter sollten in Druckschrift mit

Grossbuchstaben geschrieben werden.

Beim Nachlesen gibt die Druckschrift

ein fotografischeres, unmittelbareres

und verständlicheres Bild. Die für diese

Schriftart aufzuwendende zusätzliche

Zeit wird durch die Zeitersparnis bei der

Auswertung mehr als wettgemacht.

4. Die Wörter sollten auf Linien geschrie-

ben und jede Linie mit anderen Linien

verbunden sein. Dadurch wird die

Grundstruktur der Mind Map deutlich.

5. Wörter sollten in Einheiten angeordnet

sein, ein Wort je Linie. Das lässt für je-

des Wort mehrere offene "Haken" und

gibt den Aufzeichnungen mehr Freiheit

und Flexibilität.

6. Man verwendet durchgängig Farben.

Sie erhöhen die Übersichtlichkeit und

lassen die Zusammenhänge deutlicher

erkennen.

7. Bei kreativen Tätigkeiten dieser Art soll-

te der Geist möglichst "frei" gehalten

werden. Jedes "Nachdenken" darüber,

wohin Dinge gehören oder ob sie über-

haupt eingebracht werden sollen, wird

den Prozess verlangsamen. Man sollte

alles, woran man im Zusammenhang

mit der Zentralidee denkt, festhalten.

lernen lernen

5

Beide Verfahren im Vergleich

Aus der Sicht der Mind-Map-Technik fällt die

Kritik am linearen Verfahren vernichtend aus:

1. Es wird Zeit damit vergeudet, Wörter

niederzuschreiben, die keinen Wert für

das Gedächtnis haben.

2. Es wird Zeit damit vergeudet, dieselben

unnötigen Wörter wieder zu lesen.

3. Es wird Zeit damit vergeudet, nach den

Wörtern zu suchen, die Schlüsselfunkti-

on haben, denn sie werden gewöhnlich

nicht hervorgehoben und vermischen

sich daher mit anderen, für die Erinne-

rung irrelevanten Wörtern.

4. Die Verbindungen zwischen den Schlüs-

selwörtern werden durch trennende

Wörter unterbrochen. Wir wissen, dass

das Gedächtnis auf Assoziation beruht.

Jede Einfügung von erinnerungsneutra-

len Wörtern wird daher die Verbindun-

gen lockern.

5. Die Schlüsselwörter werden durch die

Einschaltungen zeitlich getrennt. Nach-

dem man ein Schlüsselwort gelesen

hat, wird es mindestens einige Sekun-

den dauern, bis man zum nächsten

Schlüsselwort kommt. Je grösser der

zeitliche Abstand zwischen den Schlüs-

selwörtern ist, umso geringer ist die

Chance, die korrekte Verknüpfung her-

zustellen.

6. Die Schlüsselwörter werden räumlich

getrennt. Wie beim zeitlichen Abstand

gilt: Je grösser die Entfernung, umso

geringer ist die Chance einer korrekten

Verbindung.

Dagegen bietet eine Mind Map eine Reihe von

Vorteilen gegenüber den linearen Aufzeich-

nungsformen:

1. Die Zentral- oder Hauptidee wird deutli-

cher herausgestellt.

2. Die relative Bedeutung jeder Idee tritt

sinnfälliger in Erscheinung. Wichtigere

Ideen befinden sich in der Nähe des

Zentrums, weniger wichtige in den

Randzonen.

3. Die Verknüpfungen zwischen den

Schlüsselbegriffen werden durch ihre

Linienverbindungen leicht erkennbar.

4. Als Ergebnis werden Erinnerungspro-

zess und Wiederholungstechnik effekti-

ver und schneller.

5. Die Art der Struktur erlaubt es, neue

Informationen leicht und ohne die

Übersichtlichkeit störende Streichungen

und eingezwängte Nachträge unterzu-

bringen.

6. Jede Mind Map ist von jeder anderen

nach Form und Inhalt deutlich unter-

schieden. Das ist für die Erinnerung

hilfreich.

7. Im kreativen Bereich des Aufzeichnens,

etwa bei der Vorbereitung von Aufsät-

zen und Reden, erleichtert es das nach

allen Seiten offene Mind-Map-Schema,

neue Ideenverknüpfungen herzustellen.

Man muss sich seine eigene Meinung bilden; das

gelingt natürlich am besten, wenn man beide

Methoden einmal ernsthaft ausprobiert – und

das heisst: wenn man sich überwindet, über-

haupt mitzuschreiben!

lernen lernen

6

Die Mitarbeit

Die meisten Rahmenrichtlinien verlangen heute

von den Schülerinnen und Schüler nicht nur ein

rezeptives Lernen, son-

dern eine aktive Teilnah-

me am Unterrichtsge-

schehen. Die Zeugnis- und

Versetzungsnoten setzen

sich oft zu gleichen Teilen

aus den schriftlichen Leis-

tungen und den "sonsti-

gen" Leistungen zusam-

men (mündliche Mitarbeit + Hausaufgaben +

eventuell Tests). Der Mitarbeit, dem aktiven

Lernen, kommt also ein hoher Stellenwert zu.

Aktives Lernen und seine Vorzüge

Aktiv lernen heisst:

• innere und äussere Selbstbeteiligung

am Lernprozess

• zielbewusste Teilnahme am Unterricht

durch Zuhören, Mitdenken, Mitreden

und Mitschreiben.

Vorzüge:

• Die Aufnahmebereitschaft wird erhöht.

• Die Verknüpfung neuer Lerninhalte mit

bereits bekannten Vorstellungen und

Erfahrungen gelingt leichter. Dadurch

wird die Behaltensquote erhöht

• Aktives Lernen erspart Zeit, die z.B.

beim Anfertigen von Hausaufgaben

bzw. bei der Vorbereitung von Klassen-

arbeiten, Klausuren oder Prüfungen

gewonnen wird. Rein körperliche Anwe-

senheit reicht nicht.

• Das Lernklima bessert sich. Nicht nur,

dass der Lehrer oder die Lehrerin lieber

in eine Klasse geht, die "mitzieht"; auch

die Motivation innerhalb der Gruppe

lässt sich durch aktive Mitarbeit stär-

ken.

Das TQ3L-Verfahren zur Mitarbeit

Was kann ich denn nun aber persönlich und

ganz konkret tun? Gibt es dafür auch eine Tech-

nik? Ja und nein. Mitarbeit hat ganz entschei-

dend mit der eigenen inneren

Einstellung zum Unterricht zu

tun. Mit technischen Mitteln

gegen heftige innere Abnei-

gungen anzukämpfen gelingt

so gut wie nie. Aber auf einen

Versuch kann man es ja einmal

ankommen lassen.

Oft verhilft nämlich ein Wechsel in der inneren

Einstellung zum und der Beteiligung am Unter-

richt zu Erfolgserlebnissen. Ich versuche, meine

Aufnahmebereitschaft mit der Methode TQ3L zu

erhöhen und dadurch aktiv zu lernen:

• Tune-In: Ich stimme mich auf das nun

kommende Fach (positiv) ein.

• Question: Ich formuliere neugierige

Fragen zum voraussichtlichen Stunden-

thema und stimuliere dadurch mein In-

teresse.

• Look at the speaker: Ich schaue den

Lehrer an, damit mir Hervorhebungen

(Gestik!) nicht entgehen.

• Listen: Ich höre genau hin; auch durch

die Stimme macht der Lehrer Hervor-

hebungen, die ich für die Mitschrift nut-

zen kann.

• Look over: Von Zeit zu Zeit überdenke

ich das Gehörte: Ist ein roter Faden

noch erkennbar, oder verstehe ich nicht

mehr, was ich höre? Wenn ich mich

langweile, versuche ich vorauszuden-

ken. Wenn ich anderer Meinung bin,

sammle ich Gegenargumente und no-

tiere sie.

Ich lerne so auf die Dauer, im Unterricht Wichti-

ges von Unwichtigerem zu unterscheiden und

meine Konzentration bei weniger Wichtigem

zurückzunehmen, ohne den roten Faden zu

verlieren.

lernen lernen

7

Umgang mit Vokabeln

Allgemeine Grundsätze

• Teile die zu lernenden Vokabeln in Blö-

cke zu je 6 oder 7 Vokabeln auf.

• Lerne den ersten Vokabelblock. Lasse

dir dabei für jede Vokabel mindestens

eine Minute lang Zeit. Stelle dir die Vo-

kabel möglichst intensiv vor, als Ge-

genstand, als Handlung, als Hörein-

druck ...

• Mache anschliessend eine ganze Weile

lang etwas anderes, z.B. einen Aufsatz

schreiben, Matheaufgaben, einen Text

für Geschichte lesen...

• Lerne anschliessend den nächsten Vo-

kabelblock. Mache wieder Pause usw.

• Mehr als 30 Vokabeln am Tag zu lernen

ist Unsinn.

Das Lernen mit dem 5-Fächer-

Lernkartei-Kasten

Der Lernkartei-Kasten ist eine einfache „Lernma-

schine“. Mit ihm kann man fast alles lernen, was

von der Grundschule bis zum Gymnasium, wäh-

rend der Berufsausbildung oder in der Universi-

tät gelernt werden muss. Denn alles, was man

lernen möchte, schreibt man auf kleine Zettel:

Auf die Vorderseite die Frage und auf die Rück-

seite die Antwort. Bei Vokabeln ist es aber oft

wichtig, nicht nur die einzelne Vokabel aufzu-

schreiben, sondern einen zusammenhängenden

Satz, aus dem der genaue Sinn des Wortes

ersichtlich ist.

Gelernt wird dann täglich so:

• Den Zettel nehmen,

• die Frage lesen,

• die Antwort überlegen,

• Zettel drehen und die gedachte Antwort

überprüfen,

• Zettel ablegen.

Mit Hilfe der Lernkartei kann man dich also im-

mer selbst abhören. Du allein entscheidest, wie

lange du überlegst, bevor du die Karte umdrehst

und wie viele Karten du hintereinander bearbei-

test. Und du allein entscheidest auch, ob du die

Antwort noch als "richtig" gelten lässt oder als

"falsch" werten musst. Am Anfang fällt es einem

vielleicht schwer, eine fast richtige Antwort als

"falsch" einzuordnen. Und es macht auch gar

nichts, wenn man zu Beginn etwas grosszügig ist

und sich darüber freut, wie viele Kärtchen man

richtig beantwortet hat.

Und so geht es los:

Alle neuen Kärtchen kommen in Fach 1. Wenn

man sie am nächsten Tag kontrolliert (Frage

lesen, Antwort überlegen, Karte drehen und

Antwort überprüfen, Karte ablegen), dann kann

die gedachte Antwort richtig oder falsch gewe-

sen sein.

• Bei richtig wandert die Karte weiter in

Fach 2.

• Bei falsch steckt man die Karte wieder

in Fach 1.

• Fach 2 wird erst dann bearbeitet, wenn

es fast voll ist! Dann stecken schon eine

ganze Menge Kärtchen drin.

Wenn man sich jetzt diese Kärtchen vornimmt,

geht man so vor wie bei Fach 1:

• Bei richtig kommen die Kärtchen ins

nächste Fach (3).

• Bei falsch kommen die Kärtchen zurück

in Fach 1.

Jetzt fällt auch auf, dass es dir nicht viel hilft,

wenn du am Anfang grosszügig warst. Denn

wenn du nicht genau die richtige Antwort ge-

wusst hast, dann merkst du es spätestens jetzt:

lernen lernen

8

Das Kärtchen wandert zurück in Fach 1 – und

muss dann doch wieder gelernt werden – das

schadet aber auch nichts!

Fach 1 wird jeden Tag wiederholt.

JEDEN TAG!

Also noch einmal das Prinzip:

• Neue Kärtchen kommen in Fach 1.

• Fach 1 wird jeden Tag bearbeitet.

• War die Antwort richtig, wandert das

Kärtchen in das nächste Fach.

• War die Antwort falsch, bleibt das Kärt-

chen in Fach 1.

• Alle anderen Fächer werden erst bear-

beitet, wenn sie fast voll sind.

• Alle richtig beantworteten Kärtchen

wandern in das nächste Fach

• Alle falsch beantworteten Kärtchen

wandern zurück in Fach 1.

Oder – ganz kurz:

• Bei richtig ins nächste Fach!

• bei falsch zurück in Fach 1 !

Damit dieses Lernverfahren so sinnvoll wie mög-

lich angewendet werden kann, sind noch einige

Hinweise nötig.

Das Geheimnis der 5 Fächer

Auffallend beim Lernkartei-Kasten sind die ver-

schieden grossen Fächer. Vorn in Fach 1 passen

nur wenige Zettel oder Kärtchen hinein, weiter

hinten werden die Fächer immer länger.

Der Grund dafür hängt mit der Art und Weise

zusammen, wie unser Gedächtnis funktioniert.

Da jedes Fach (bis auf das Erste) erst dann

bearbeitet wird, wenn es voll ist, wiederholen wir

den Stoff in immer länger werdenden Zeitab-

ständen, denn da die Fächer immer länger wer-

den, dauert es auch immer länger, bis ein Fach

mit den vorher richtig beantworteten Karten

gefüllt ist.

Dadurch wird der Lernstoff auf den Kärtchen

immer dann in unserem Kopf wieder verstärkt,

wenn er zu verblassen droht, wenn man sich

also nicht mehr so gut an ihn erinnert.

Wichtige Regeln für das Beschriften der Karten

1. Zerlege den Lernstoff in die kleinsten

noch sinnvollen Lerneinheiten, und for-

muliere die Fragen und Antworten so

einfach und so eindeutig wie möglich.

2. Achte darauf, dass du alles richtig auf-

schreibst, damit du keine Rechtschreib-

fehler mitlernst. - Bewährt hat sich das

Lernen im Zweier- Team. Dann könnt

ihr gegenseitig Karten austauschen,

korrigieren und euch auch einmal ge-

genseitig abhören.

3. Verwende für Vokabeln einfache Zettel,

für schwierigere Formeln und Merksätze

stabilere Karteikarten.

4. Beim Lernen in der Gruppe oder in der

Klasse ist es sinnvoll, die Karten ge-

trennt nach Unterrichtsfächern oder

Lerngebieten zu nummerieren: Das "D"

rechts oben auf der Vorderseite der

handbeschriebenen Karte steht dann

zum Beispiel für "Deutsch". Man kann

auch unterschiedliche Farben für unter-

schiedliche Fächer verwenden (blau für

Deutsch, grün für Mathematik, rot für

Englisch usw.).

5. Beschrifte die Karten immer im oberen

Teil, weil dies das Einordnen und Nach-

schlagen erleichtert.

6. Versuche so schön und deutlich wie

möglich zu schreiben. Hast du dich

lernen lernen

9

einmal verschrieben, nimm lieber eine

neue Karte.

7. Jede neue Karte kommt in das Fach 1

hinter die dort schon vorhandenen Kar-

ten.

8. Sei kritisch! Überlege dir gut, was du

alles in deinem Kopf aufbewahren

willst. Du solltest nur den Lernstoff auf-

schreiben, von dem du sicher bist, dass

du ihn in einem Jahr immer noch im

Kopf haben willst.

Beim Vokabellernen Eselsbrücken

bauen

Auch für das Vokabellernen oder für das Behal-

ten von Fremdwörtern sind Phantasie und Krea-

tivität gefragt. Man spricht die fremdsprachige

Vokabel einmal deutsch aus, und stellt dazu - je

verrückter, desto besser! - eine Gedankenver-

bindung her. Zum Schluss verbindet man dieses

Bild mit der Bedeutung der Vokabel.

Beispiele aus dem Englischen:

• Kamingitter – grate – Fischgräte

(Im Kamingitter steckt eine Gräte)

• Herde – flock – Schneeflocke auf

einem Pflock (Eine Schafherde ist an

einen riesengrossen Pflock gebunden

und grosse Schneeflocken fallen vom

Himmel)

• wachsen, werden – grow – grau

(Grüne Pflänzchen werden beim Wach-

sen immer mehr grau)

• Erwerbslosenunterstützung – dole

– Dohle (Alle Leute, die aus dem Ar-

beitsamt kommen, haben eine Dohle

auf dem Kopf)

• Blitz – flash – Flasche (Auf einem

Fabrikdach ist als Werbung eine grosse

Sektflasche angebracht. Ein Blitz

schlägt ein und die Flasche zerbirst in

tausend Scherben)

• Ziegel – brick – Brikett (Ein Haus

wird nicht mit Ziegelsteinen gebaut,

sondern mit Briketts)

• Trödler – broker – zerbrochen (Der

Trödler auf dem Markt verkauft nur

zerbrochene Sachen)

Beispiele aus dem Französischen:

• ausrutschen – glisser – glitzern (Ich

bin ausgerutscht; kein Wunder: Die

Strasse glitzerte vor Raureif!)

• Montag – lundi – Lunte (Als ich an

diesem Montag aufstand, habe ich

gleich Lunte gerochen)

• wissen – savoir – Saftladen (Das ist

vielleicht ein Saftladen, weisst du!)

• Verspätung – retard – Ritter (Der

Ritter kam mit Verspätung an)

Vokabellernen mit allen Sinnen

• Nimm den Text, in dem die Vokabeln

stehen.

• Spiele den Text als Rollenspiel durch.

Mache alles, was die Personen auch

tun. Sprich laut und deutlich. Stelle dir

das Geschehen vor deinem geistigen

Auge wie einen Film vor.

• Erzähle dir anschliessend die Geschich-

te noch einmal selbst. Auf die Weise

hast du fast alle Vokabeln durchs Spiel

gelernt.

lernen lernen

10

Regeln lernen, auswendig

lernen

Unser Gehirn ist in der einzigartigen Lage, Dinge

aufzunehmen und auswendig zu lernen, ohne sie

zu kapieren. So bist du in der Lage, einen latei-

nischen Text fliessend zu lesen, ohne dabei auch

nur ein Wort zu verstehen. Genauso bist du in

der Lage, eine Regel auswendig zu lernen, ohne

zu begreifen, worum es eigentlich geht und wie

sie angewendet wird. Das aber ist ja nicht der

Sinn der Sache.

Wenn du Grammatikregeln lernst, ist es sinnlos,

sie bloss zu lesen oder wortgetreu auswendig zu

können. Eine Regel auswendig können heisst, sie

mit eigenen Worten und Beispielen darstellen

können. Im Grammatikteil deines Schulbuchs

sind die verschiedenen Grammatikregeln über-

sichtlich geordnet. Wenn du eine Regel lernen

willst, gehe wie folgt vor:

Die Regel überfliegen: Wie ist sie aufgebaut?

Normalerweise enthält eine Regel:

• die Überschrift;

• einen Text zur Erläuterung, wie die Re-

gel gebraucht wird;

• Beispielsätze;

• eine Erläuterung der grammatischen

Konstruktion;

• weitere Hinweise auf Ausnahmen, Ver-

wechslungsgefahren usw.

Die Regel mit eigenen Worten erläutern

Nachdem du dir einen Überblick verschafft hast,

liest du dir jetzt den Text durch, der die Regel

erläutert. Versuche, den Text durch eine Skizze

wiederzugeben.

Vergleich der Erläuterung mit den Bei-

spielsätzen in der Regel

• Lies die Beispielsätze laut vor, betone

dabei das, worauf es ankommt, sowohl

in der Fremdsprache als auch in der

deutschen Wiedergabe.

• Schaue dir die Erläuterung der gram-

matischen Konstruktion an und verglei-

che jetzt die Konstruktion mit den Bei-

spielsätzen.

• Erfinde eigene Beispielsätze aus deinem

Alltagsleben

• Lasse diese Sätze von einem Freund,

deinen Eltern oder sonst wem kontrol-

lieren, wenn du dir unsicher bist.

Spiele selbst Lehrer: Erläutere die Regel!

Wenn du eine Regel verstanden zu haben

glaubst, dann schreibe einen Beispielsatz auf ein

grosses Papier. Hänge das Papier auf und erläu-

tere nun auswendig, sozusagen in einem Vor-

trag, die Regel. Das kannst du allein in deinem

Zimmer tun oder vor deinen Eltern. Dann hast

du gleich eine Rückmeldung, ob du verständlich

erklärt und damit den Stoff verstanden hast. So

kannst du zuhause schon die von vielen gefürch-

tete "Tafelsituation" vorwegnehmen.

Immer nur eine Regel zur Zeit

Damit die Ähnlichkeitshemmung (Interferenz)

ausgeschaltet wird, lerne immer nur eine Regel

zur Zeit:

• Mehrere Regeln über den Tag verteilen.

• Ausnahmeregeln oder Besonderheiten

später am Tag lernen.

• Regeln, die aus mehreren Teilen beste-

hen, getrennt nach diesen Teilen ler-

nen.

lernen lernen

11

Manchmal musst du ganze Texte auswendig

lernen, z.B. Gedichte. Gehe dabei folgendermas-

sen vor:

1. Lies dir den ganzen Text durch. Über-

prüfe dabei, ob du alles im Text ver-

stehst oder unbekannte Fremdwörter

dabei sind.

2. Versuche unbedingt, dir die gesamte

Handlung vor dem geistigen Auge vor-

zustellen, so als ob du innerlich einen

Film siehst. Wiederhole den Inhalt der

Geschichte oder des Textes mit eigenen

Worten.

3. Überprüfe anhand des Textes, ob du ihn

richtig wiedergegeben hast: Stimmt der

Inhalt? Stimmt die Reihenfolge des Er-

zählten?

4. Teile jetzt den Text in Absätze ein.

5. Lerne den ersten Absatz auswendig.

Lies dir dazu den Absatz noch einmal

durch, damit du noch mal weisst, wor-

um es geht. Dann nimm dir den ersten

Satz vor.

Viele Sinne benutzen!

Auswendig lernen geht dann am besten, wenn

wieder möglichst viele Sinne beteiligt sind:

• Stelle dich hin, damit du frei atmen

kannst!

• Nutze deine Stimme, um bestimmte

Wörter zu betonen oder lautmalerisch

zu unterstreichen (z.B. das Wort

"gross" mit tiefer Stimme und langem

"oooo" sprechen).

• Benutze deine Hände und Arme (Ges-

tik) und dein Gesichtsspiel (Mimik), um

den Inhalt des Textes mit deinem Kör-

per zu zeigen (ganz so wie im Alltag,

wenn du z.B. einen guten Freund mit

den Worten begrüsst: "Hallo Dieter!",

dabei ein freudestrahlendes Gesicht

aufsetzt und die Arme freudig ausbrei-

test.

Aufsätze schreiben,

Texte bearbeiten

Ein Muster für Aufsätze

Aufsätze können Erlebnisaufsätze oder frei er-

fundene Geschichten sein, das kann aber auch

ein Aufsatz zu einem Sachthema sein. Für das

Schreiben von Aufsätzen kannst du folgendes

Muster verwenden:

1. Sammle Ideen für deinen Aufsatz. Bei

einem Sachaufsatz: Beschaffe dir In-

formationen zum Thema.

2. Entscheide dich, über welche Idee du

schreiben willst.

3. Mache zum ausgewählten Thema er-

neut eine ausführliche Ideensammlung.

4. Überlege, worauf dein Aufsatz hinaus-

laufen soll: auf welche Pointe, auf wel-

chen Spannungshöhepunkt, auf welche

Botschaft oder These.

5. Sortiere jetzt aus deiner Ideensamm-

lung die Ideen aus, die du für deinen

Aufsatz benötigst.

6. Ordne die ausgewählten Ideen danach,

was in die Einleitung, den Höhepunkt

und den Schluss gehört.

7. Schreibe deinen Aufsatz. Schreibe zu-

nächst in dein Schmierheft und mit

breitem Rand (ca. ein Drittel der Seite

als Rand), damit du Verbesserungen

machen kannst. Grundsätzlich kannst

du bei Aufsätzen so vorgehen:

• Einleitung: Hierhin gehören die

Vorstellung der Personen, der Zeit

und der Orte, an denen die Ge-

schichte spielt. Bei einem Sachauf-

satz kannst du hier dein Thema er-

läutern, worum es geht und welche

unterschiedlichen Meinungen es

eventuell gibt.

• Höhepunkt: Hier fliessen die Hand-

lungen aller Personen zusammen

und nähern sich dem Höhepunkt.

lernen lernen

12

In einem Sachaufsatz bringst du in

diesem Teil deine Argumente.

• Schluss: Hier spitzt sich der Auf-

satz auf die Pointe, die Botschaft,

den Spannungshöhepunkt, die

These zu. Der Schluss ist im Ver-

hältnis zum Hauptteil sehr kurz.

8. Überprüfe, ob dein Aufsatz das wieder-

gibt, was du willst (inhaltliche Überprü-

fung) und ob die Reihenfolge der Hand-

lung / der Argumente stimmt.

9. Sprachliche Überprüfung: Jetzt kommt

der Feinschliff! Überprüfe, ob du eine

lebendige Sprache hast. Das bedeutet:

• Benutzt du aussagestarke Wörter

(statt des blassen "er sagte" zum

Beispiel "er beharrte darauf", "er

schrie grimmig" usw.)?

• Wiederholst du oft das gleiche

Wort? Wenn ja, ersetze es durch

Wörter mit ähnlicher Bedeutung!

• Schreibst du anschaulich? Das

heisst, schilderst du Erlebnisse mit

allen Sinnen, so dass der Leser sich

wirklich ein Bild machen kann?

Statt "Ich hatte Angst, in die Burg-

ruine zu gehen", schilderst du, wa-

rum die Ruine dir Angst macht und

wie du die Angst fühlst: "Düster

und bedrohlich erhob sich die Ruine

in den Nachthimmel, und aus dem

Burginneren stiegen im fahlen

Mondlicht weissliche Nebelschwa-

den empor, die sich wie Geister um

den Turm wanden. Mein Herz be-

gann, laut gegen die Brust zu po-

chen, und ein Kribbeln lief mir über

den Rücken. Es half nichts: Ich

musste in die Burg! Mit weichen

Knien setzte ich den Aufstieg fort.

Je näher ich der Ruine kam, umso

dumpfer wehte mir der modrige

Geruch entgegen. Ich fasste allen

Mut zusammen, als ein entsetzli-

cher Schrei die Mondstille zerriss -

Mist, das Heavy Metal-Open Air-

Konzert hatte bereits begonnen!"

10. Überprüfe jetzt deine Rechtschreibung.

11. Schreibe deinen Aufsatz ins Reine, ent-

weder handschriftlich, mit Schreibma-

schine oder Computer.

Ideensammlung für Aufsätze

Bei Aufsätzen kommt es vor allem auf die Ideen-

sammlung an. Diese Phase nimmt am meisten

Zeit in Anspruch. Für die Ideensammlung bieten

sich zwei Methoden an.

a. Brainstorming

Brainstorming heisst wörtlich übersetzt etwa

"Gedankensturm". Dabei schreibst du alle Ge-

danken, die dir kommen, völlig wertungsfrei und

unkommentiert auf. Denn durch dies freie Den-

ken erhöht sich deine Kreativität, und gerade

aus abwegigen Gedanken können sich die besten

Aufsätze ergeben. Das bedeutet, egal wie ver-

rückt oder abwegig dir ein Gedanke erscheint,

schreibe ihn trotzdem erst mal auf. Gerade bei

Themen, zu denen du überhaupt keine Ahnung

hast, ist Brainstorming sehr sinnvoll. Denn durch

den freien Ideenfluss kommst du erst auf die

Fragen, die deinen Aufsatz interessant machen.

Stelle dir vor, du sollst über eine Marsexpedition

schreiben, hast aber keine Ahnung. Setze dich

hin und fantasiere einmal. Dabei könnten jetzt

Gedanken kommen wie:

• Marsexpedition: Luft? Marsmenschen?

Raumschiff Enterprise – was für Raum-

schiffe fliegen zum Mars? Passagierflug-

zeuge? Wissenschaftler – was wird un-

tersucht? Besuch einer Süssigkeiten-

fabrik, Snickers, Raider, Hunger – et-

was essen auf dem Mars? Steine, Pflan-

zen, Tiere, Luft, Temperatur, Mars

macht mobil, sich bewegen auf dem

Mars? Marsmobile, Schwerkraft, Son-

nenenergie,...

lernen lernen

13

Du siehst, für einen Aufsatz über eine Planeten-

expedition ergibt sich schon eine Aufsatzstruktur

mit den Gedanken:

• Welches Raumschiff? Welche Wissen-

schaftler? Worauf man achten muss:

Tiere (Bakterien?), Temperatur, Mars-

mobil - Fortbewegung auf dem Mars.

Von hier aus ergeben sich sofort neue, feinere

Gedanken zu den einzelnen Kapiteln:

• Steine (Schotter? steile Hänge? Treib-

sand?).

So kannst du, ohne die blasseste Ahnung zu

haben, immer noch einen Aufsatz schreiben, in

dem du wichtige Probleme einer Marsfahrt aus

deiner Sicht beschreibst. Aus dem Brainstorming

hat sich aber auch spontan die Idee ergeben,

unter einer "Marsexpedition" einen Besuch einer

Süssigkeitenfabrik zu verstehen. Das wäre ein

sehr überraschender Ansatz für deinen Aufsatz,

nicht wahr...?

b. Mind Mapping

Eine zweite Form der Ideensammlung ist das so

genannte "Mind Mapping", übersetzt etwa das

«Zeichnen einer Ideenlandschaft». Hierbei wer-

den die Gedanken gleich sortiert. Das Prinzip ist

einfach:

• In der Mitte steht das Thema;

• davon gehen grosse Äste ab, die für

wichtige Unterthemen stehen;

• von diesen Ästen gehen wieder kleinere

Äste ab mit Gedanken zum Unterthe-

ma;

• von diesen Gedankenästen gehen eben-

falls wieder Verästelungen ab;

Vorteile:

• Du bekommst gleich eine klare Struktur

für deinen Aufsatz.

• Deine Gedanken können ruhig hin und

her springen zwischen den Ästen.

• Der Überblick über jeden Ast produziert

wieder neue Gedanken.

• Wenn dir nichts mehr einfällt, kannst du

eine Pause machen und durch die klare

Struktur später wieder schnell ins The-

ma kommen.

Ein klarer Kopf für klare Gedanken

Ein Aufsatz entsteht zuerst im Kopf, und erst,

wenn du ihn gedanklich fertig hast, beginnst du

zu schreiben.

Hier ein paar Tipps, wie du die Punkte 4-6 in der

Anleitung zum Aufsatzschreiben umsetzen

kannst. Wer Ideen sortieren und ordnen will,

muss dies ungestört tun können. Er muss vor

allem Musse und Ruhe haben, um "tagzuträu-

men". Dazu kannst du die unten genannten

Techniken verwenden.

• Melodische Musik

Bei Ideensammlungen, ob für Erlebnis-

aufsätze oder Sachaufsätze, hilft dir

passende Musik, die die Fantasie frei-

setzt. Die Musik sollte einen klaren

Rhythmus haben und dazu eine domi-

nierende Melodie. Sie sollte mit norma-

ler Zimmerlautstärke gespielt sein. Du

selbst solltest dann an deinem Liebling-

sort (im Sofa, auf dem Bett, auf dem

Teppich,...) Platz nehmen.

• Entspannte Situationen

Gedankenströme werden auch durch

entspannende Situationen freigesetzt,

die vordergründig dem Körper zugute

kommen (zum Beispiel unter der Du-

sche, auf der Toilette (!), in der Bade-

lernen lernen

14

wanne, auf dem Sofa, beim Waldlauf).

Gerade weil sich diese Tätigkeiten auf

den Körper richten, entspannt sich der

Geist, und du kannst deine Gedanken

zum Thema schweifen lassen.

• Fliessende Gleichgewichte

Ebenso hilfreich ist das Betrachten oder

Hören so genannter "fliessender Gleich-

gewichte": der Blick in eine brennende

Kerze, das gleichmässige Rauschen fal-

lenden Wassers (Wasserfall, ein Stau-

wehr), ein glucksender Bach, das Be-

trachten vorüberziehender Wolken, das

Betrachten eines Pendels.

• Geniale Gedanken sofort aufschrei-

ben

Das Nachdenken über den Aufbau eines

Aufsatzes und die Auswahl der Inhalte,

die in ihm vorkommen, brauchen also

durchaus nicht am Schreibtisch stattzu-

finden. Allerdings solltest du immer et-

was zum Schreiben (oder ein Diktierge-

rät) bei dir haben, damit du geniale

Überlegungen sofort festhalten kannst.

Denn manchmal blitzen Ideen nur ganz

kurz auf, und du musst sie schnell auf-

schreiben, bevor sie nach ca. 20 Se-

kunden wieder in den Tiefen deines Ge-

hirns verschwinden.

Texte bearbeiten

Oft geben Lehrer dir etwas zum Lesen auf, ohne

dass du gezielt Fragen zum Text beantworten

sollst.

Es kann ja durchaus vorkommen, dass dich ein

Thema besonders interessiert, und du willst dazu

extra etwas lesen. Nur: Mit dem blossen Lesen

ist es nicht getan. Denn wenn du dich bloss

hinsetzt und liest, vergisst du noch am selben

Tag rund 90% des Gelesenen.

Auch für das Lesen eines Textes gibt es natürlich

Tricks, die dir entscheidende Lern- und Zeitvor-

teile bringen.

Die Schritte bei der Textbearbeitung

• Überblick verschaffen: Worum geht es

im Text?

• Leseabschnitte einteilen

• Unbekannte Wörter nachschlagen

• Wichtige Passagen unterstrei-

chen/herausschreiben

• Mit eigenen Worten wiederholen

• Den Text skizzieren

Überblick verschaffen

Am besten verschaffst du dir einen Überblick,

indem du zunächst einmal die Überschriften

liest, die dein Text hat. Dann hast du ein Gerüst,

an dem du weitere Informationen aus dem Text

aufhängen kannst.

In Büchern gibt es am Anfang oder Ende eine

Kapitelübersicht. Bei manchen längeren Texten

findest du am Anfang oder am Ende eine In-

haltsangabe. Auch diese solltest du als Erstes

studieren.

Leseabschnitte einteilen

Wenn der Text stark durch Überschriften unter-

teilt ist, kannst du diese Kleinkapitel als Eintei-

lung benutzen. Oft musst du allerdings innerhalb

eines Kapitels unterteilen. Dann kannst du Ab-

satz für Absatz lesen. Das Beste ist es, wenn du

während des Lesens darauf achtest, wann ein

lernen lernen

15

neuer Gedankengang beginnt. Da machst du

dann erst mal einen Zwischenstopp.

Unbekannte Wörter nachschlagen

Unbekannte Wörter musst du sofort nachschla-

gen oder dir erklären lassen. Denn sonst ver-

stehst du nicht, worum es eigentlich geht. Aus-

serdem wächst dadurch dein Wortschatz und

damit deine Kreativität, Ausdrucksfähigkeit und

Rechtschreibsicherheit.

Wichtiges unterstreichen / abschreiben

Das Wichtige eines Textes kannst du unterstrei-

chen oder mit einem Textmarker (Leuchtstift)

markieren. Wenn du im Text selbst nichts

schreiben darfst, dann schreib die

wichtigen Sätze in Stichworten

heraus. (TIPP: Das kannst du

wieder in Form eines Mind Map

tun.) Das Schreiben sorgt dafür,

dass die wichtigen Inhalte sich

gleich fester in deinem

Gedächtnis festsetzen.

Mit eigenen Worten

wiederholen

Nach jedem Absatz solltest du

den gelesenen Text mit eigenen

Worten wiedergeben. Das fördert

das Behalten des Textes.

Den Text skizzieren

Was du gelesen hast, solltest du unbedingt in

einer Skizze festhalten. Weil wir meistens das

besser behalten, was wir in Form eines Bildes

sehen, ist das Skizzieren sehr hilfreich. Eine

solche Skizze kann folgendermassen aussehen:

• Ein Mind Map

• ein Schema (Ablauf- oder Ordnungs-

schema)

• ein Bild, welches den Textinhalt dar-

stellt

Gedächtnistechniken

Hier werden, sozusagen mit "Blick ins Leben",

ein paar Techniken vorgestellt, mit denen man

ganz unabhängig von Hausaufgaben versuchen

kann, sich Fakten einzuprägen. Alle diese Tech-

niken haben eines gemeinsam: Sie versuchen

sich das jeweils unterschiedliche Vermögen von

rechter und linker Gehirnhälfte zunutze zu ma-

chen (s.u.) und den Lernstoff dadurch, dass er

beide Teile des Gehirns anspricht und beschäf-

tigt, dauerhafter zu sichern.

Kettenmethode

Bei dieser Methode werden die zu lernenden

Begriffe wie die Glieder einer

Kette so aneinander

gehängt, dass die richtige

Reihenfolge erhalten bleibt.

Beispiel: Reiseroute Bahn-

hof – Hotel – Park – Kirche –

Café – See:

Ich steige am Bahnhof aus

und gehe zum Hotel, das in

einem wunderschönen, gros-

sen Park liegt. Wenn ich

mitten im Park stehe, kann

ich die Kirche sehen, und

direkt neben der Kirche ist ein Cafe, dessen

Terrasse auf den See hinausgeht.

Wichtig ist, sich nicht nur die einzelnen Begriffe

vorzustellen, sondern praktisch einen "Film" zu

drehen; mit der Kamera ganz langsam von ei-

nem Begriff zum nächsten zu schwenken, so

dass die Begriffe wirklich miteinander "ver-

knüpft" werden.

lernen lernen

16

Geschichtentechnik

Die Geschichtentechnik beruht auf der Ketten-

methode. Die zu lernenden Begriffe werden in

eine möglichst lustige und ausgefallene Ge-

schichte gepackt, die dann auch "verfilmt" wird.

Beispiel Biologie; Ahnenreihe des Menschen

Ramapithecus – Australopithecus – Homo habilis

– Homo erectus – Homo sapiens

Ein Schüler sitzt auf dem Boden und isst ein Brot

mit Rama, während er davon träumt, auf einem

Känguru durch Australien zu reiten. Da er noch

Hunger hat, steht er auf, um noch einmal diese

homogene Masse auf sein Brot zu streichen. Er

kann nicht genug davon haben. Er will haben,

haben, haben. Da kommt sein Freund Erec ins

Zimmer, den er den Aufrechten nennt, weil er

immer ganz gerade und aufgerichtet geht, um

ein bisschen grösser zu erscheinen. Beide stop-

fen nun so viel hinein, dass der kleine Bruder,

der einen Homburg auf dem Kopf hat, ruft: Sap-

perlot, Homo sapiens!

Lokalisationsmethode

Ein Lokaltermin ist ein Ortstermin, und so geht

es hier darum, die wichtigen Begriffe an be-

stimmten Orten "aufzuhängen". Es bietet sich

an, sich das eigene Wohnzimmer vorzustellen

und die Begriffe in Gedanken an die Wände zu

malen, in die Ecken zu stellen, auf den Fussbo-

den zu legen, an die Decke oder an bestimmte

Gegenstände zu hängen.

Eine andere Möglichkeit, sich in Gedanken einen

Weg zu vergegenwärtigen, den man oft geht (z.

B. der Schulweg), und die Dinge, die man sich

merken will, mit diesem Weg zu verbinden.

Reimtechnik

Reime wie 333: bei Issos Keilerei und Lieder

sind für unser Gehirn leicht verdaulich. Deshalb

sollte man so oft wie möglich versuchen, wichti-

ge Fakten zu reimen oder Sachverhalte mit einer

bekannten Melodie zu unterlegen, um sie schnel-

ler und besser behalten zu können.

Beispiel Erdkunde; Nebenflüsse der Donau:

Iller, Lech, Isar, Inn

fliessen nach der Donau hin;

Altmühl, Naab und Regen

fliessen ihr entgegen.

ABC-Technik

Hierbei wird zunächst zu den einzelnen Buchsta-

ben des Alphabets in Gedanken ein Bild gemalt;

z.B.: A = Affe B = Ball C = Cola...

Wenn man diese Bilder jederzeit abrufen kann,

so hat man die Grundlage geschaffen für weite-

res optimales Behalten. Wichtige Begriffe ver-

bindet man nun mit den ABC-Bildern, und eine

richtige Reihenfolge ist gewährleistet.

Merkwortsystem

Eine ganz ähnliche Methode ist das Lernen mit

Merkwörtern. In diesem Fall merkt man sich

zunächst spontan auftretende Begriffe zu Zah-

len. Wichtig dabei ist, dass das Bild der Vorstel-

lung die Zahl symbolisiert und dass einem beim

Nennen der Zahl das Bild sofort einfällt;

Beispiel:

1 = Baum (1 Stamm) 6 = Würfel (6 Flächen)

2 = Brille (2 Gläser) 7 = 7 Zwerge

3 = Dreirad (3 Räder) 8 = Achterbahn

4 = Fenster (4 Ecken) 9 = Kegel (alle Neune!)

5 = Hand (5 Finger) 10 = Zehen (10 Zehen)

Anschliessend verbindet man diese Zahlen-

merkwörter assoziativ mit den neu zu lernenden

Fakten.

Man kann sich mehrere Reihen (vielleicht in

unterschiedlichen Farben) solcher Zahlmerkwör-

ter aufstellen. Wichtig ist, dass der Bezug zur

Zahl so deutlich ist, dass man später nicht nach-

denken muss, sondern das jeweilige Bild spon-

tan vor Augen hat.

lernen lernen

17

Taschen-Trick

Wenn man bei einer Diskussion oder bei einem

Referat keinen Stichwortzettel benutzen möchte,

sollte man den "Taschen-Trick" probieren. Dafür

legt man sich zu Hause ein paar kleine Gegens-

tände zurecht.

Z. B.: Pfennigstück, Radiergummi, Büroklam-

mer, Murmel, Streichholz, Anspitzer, Wattebäll-

chen ...

Nun nimmt man das Pfennigstück in seine Hand,

fühlt es und stellt sich das Stichwort in Verbin-

dung mit dem Pfennig vor. Dann nimmt man

den Radiergummi und denkt an sein zweites

Stichwort ... usw. Wenn man alle Begriffe mit

den Gegenständen verbunden hat, steckt man

die kleinen Gegenstände z. B. in die Hosenta-

sche. In der Diskussion oder beim Referat greift

man in dieTasche und fühlt die einzelnen Teile.

Automatisch kommt die Erinnerung an den ge-

suchten Begriff, und man kann ohne Unterbre-

chung weitersprechen.

Symmetrietechnik

Bei dieser Technik geht es darum, schwierige

Wörter mit bekannten leichten Wörtern, die in

gewissem Sinne gleich geschrieben werden, zu

verbinden.

Beispiel:

I laid the maid onto the green floor

then I lay myself onto the hay

and I denied that this all is lied

Erkosystem (=Zahlenmethode)

Wer Schwierigkeiten beim Zahlenmerken hat

und wer seine rechte Gehirnhälfte so richtig in

Schwung bringen möchte, erarbeitet sich die

Zahlenmethode = Erkosystem. Diese Methode

erinnert zunächst an Geheimschriften mit einem

speziellen Code. Zahlen bekommen willkürlich

die Bedeutung von Mitlauten. Z. B.:

1 = T, D 6 = X, CH, SCH

2 = N 7 = G, K

3 = M 8 = F, V, PF

4 = R 9 = P, B

5 = L O = S, Z

Wie sicher jeder festgestellt hat, fehlen alle

Vokale. Das hat seinen Sinn, denn nun kann

man mit Hilfe der jeweiligen Konsonanten und

beliebig einsetzbarer Vokale Wörter bilden, die

man in seiner Fantasie in Bilder umwandelt. Die

Buchstaben WHY + J kann man als "Joker" ver-

wenden. Z. B.:

1 = T, D Tee 6 = X Hexe

2 = N Noah 7 = G,K Kuh

3 = M Mao oder OMO 8 = F,V Fee

4 = R Reh 9 = P,B Po, Bau

5 = L Leu=Löwe O = S,Z See, Zoo

Diese Zahlenmethode kann man in erster Linie

als eine gute Möglichkeit betrachten, seine rech-

te Gehirnhälfte zu trainieren und damit die Kon-

zentrations- und Gedächtnisfähigkeit zu stei-

gern. Im Alltag kann man diese Methode einset-

zen, wenn es darum geht, leicht zu verwech-

selnde Zahlen oder Telefonnummern sicher zu

speichern.

Beispiel: Telefonnummer: 0975/82 73

Frau X steht vor dem S P ie G e L, hält einen

F ö N und einen Ka Mm

0 9 7 5 8 2 7 3

Eine gute Konzentrationsübung ist es, Texte so

schnell wie möglich in eine Ziffernfolge zu ver-

wandeln, um dann später den Text wieder zu

entschlüsseln.

lernen lernen

18

Referieren

In der Schulpraxis erlebt man es häufig, dass

Schüler einen Kurzvortrag halten sollen und

schon vorher resignierend sagen, sie könnten

das nicht. Dabei bleibt es oft bis zum Abitur, und

nicht wenige Prüfungen fallen schlecht aus, weil

ein Teil der mündlichen Prüfung aus einer zu-

sammenhängenden, selbstständig vorgetrage-

nen freien Rede bestehen soll. Es ist kein Wun-

der, dass viele Schüler vor dem freien Vortrag

Scheu haben, da sie kaum Gelegenheit bekom-

men, sich darin zu üben.

Das Vorurteil, zum Redner müsse man geboren

sein, stimmt so nicht: Reden kann man nämlich

wie alles andere auch lernen und üben.

Planung des Referats

Im Unterschied zur Facharbeit ist bei der Gliede-

rung und Aufarbeitung des Materials für ein

Referat neben dem Stoff immer auch der Hörer

in die Überlegungen miteinzubeziehen. Dabei

erweisen sich drei grundlegende Überlegungen

als notwendig:

• nach dem Ziel des Referats,

• der gedanklichen Abfolge und

• dem Einstieg.

Ziel

Der Aufbau des Referates hat auszugehen von

dem Ziel, das mit dem Referat erreicht werden

soll. Auf Grund seiner sachlichen Vorinformation

und seines Kenntnisstandes muss der Referent

in der Lage sein, den wesentlichen Kern seines

Referates zu bestimmen und in einem bündigen

Satz (Zwecksatz) zu formulieren. Dabei ist zu

beachten, dass die meisten Themen ein Prob-

lem, eine Frage oder einen kontrovers beurteil-

ten Sachverhalt enthalten, den es aufzudecken,

zu klären oder zu beurteilen gilt. So enthält

beispielsweise das Thema "Rechtsradikalismus in

der jüngeren deutschen Geschichte" versteckt

auch die Frage nach der Beurteilung ihrer Rolle.

Von dem Ziel, zu dieser Frage Stellung zu bezie-

hen, leitet sich die gedankliche Abfolge, die den

Hauptteil des Referates bildet, ab.

Gedankliche Abfolge

Hilfreich zur Klärung und zur logischen Ordnung

der Gedanken auf das Ziel hin können die fol-

genden Leitfragen sein:

• Was will ich darlegen, erklären, bewei-

sen oder widerlegen?

• Welcher Mlttel kann ich mich dazu be-

dienen? Argumentation, Darstellung

und Beschreibung, Experimente, Veran-

schaulichungen über Medien.

• Welches Material aus der Stoffsamm-

lung ist im Hinblick auf das Ziel des Re-

ferates von Bedeutung?

• Welche Thesen, Argumente, Belspiele,

Gesichtspunkte oder Versuchsergebnis-

se sind methodisch notwendige Schritte

auf dem Weg zum Ziel?

• Welche Gedanken will ich besonders

herausstellen?

• Wie ordne ich die zu behandelnden

Punkte an, damit sie folgerichtig und

überzeugend zum Ziel hinführen?

Der Einstieg

Der Einstieg in das Referat ist der letzte Teil der

Planung. Er ergibt sich aus den situativen Bedin-

gungen - Erwartungen, Vorkenntnissen und dem

lernen lernen

19

Vorverständnis des Hörerkreises einerseits und

dem, was das Thema dazu hergibt andererseits.

Der Einstieg kann verschieden gestaltet werden,

sollte aber auf jeden Fall Folgendes zu erreichen

suchen:

• zum Thema hinführen

• Interesse wecken

• Motivation erzeugen

• zum Mitdenken anregen.

Versetze dich in die Rolle des Zuhörers und

überlege, wodurch deine Aufmerksamkeit für ein

Thema erweckt werden könnte. In der Praxis hat

sich häufig eine indirekte Hinführung zum The-

ma, die einen unerwarteten Aufmerksamkeitsef-

fekt erzeugt, bewährt.

Vorbereitung des freien Rede

Zehn Regeln

1. Formuliere den Kerngedanken des Re-

ferates möglichst kurz und bündig!

2. Entwickle aus der Materialsammlung

und -verarbeitung stichwortartig eine

logische Gedankenabfolge auf den

Kerngedanken hin!

3. Ordne die Gedanken in einem vorläufi-

gen Stichwortzettel, der aus einem Ge-

dankenflussplan, einem Sinnschritt-

Diagramm oder einem Mind Map be-

steht.

4. Suche Argumente, Belege, Zitate, Be-

weise, Beispiele zu den Stichworten

bzw. Sinnschritten und notiere sie ein-

zeln auf Karteikarten oder losen Blät-

tern!

5. Formuliere Definitionen, wichtige Über-

leitungen oder Kernsätze aus und sor-

tiere sie ebenfalls auf Karteikarten oder

losen Blättern!

6. Erster lauter Sprechversuch, nach Mög-

lichkeit mit Tonbandkontrolle. Er dient

der Feststellung von Lücken, Gedan-

kensprüngen, Formulierungsschwierig-

keiten, Wortwiederholungen, Schwä-

chen der Satzbaus und Mängeln in der

Ausdrucksweise. Fehler anhand des

Tonbandprotokolls im Stichwortzettel

anmerken.

7. Korrigiere die aufgetretenen Fehler!

8. Einsatz von Medien und Verstehenshil-

fen (z.B. Dias, Tafelanschriften, Fotoko-

pien mit Zahlenmaterial, Tabellen, gra-

fische Darstellungen) einplanen und im

Stichwortzettel vermerken.

9. Endgültigen Stichwortzettel aufstellen

und mit Karteikartensammlung und

Medieneinsatz koordinieren.

10. Zweiter Sprechversuch (ggf. weitere)

auf Tonband/Cassette oder vor Famili-

enangehörigen und weitere Korrektu-

ren.

Für den wenig geübten Redner ist es oft not-

wendig, die Sequenzen 6-10 mehrfach in Zeitab-

ständen zu wiederholen, um Sicherheit zu erlan-

gen. Deshalb sind für die Planung ausreichende

Zeitreserven vorzusehen.

Das Stichwortkonzept konkret

• Karteikarten DIN A 5 (halbe Briefbo-

gengrösse) liniert verwenden!

• Karteikarten durch eine markante Linie

von oben nach unten aufteilen. Es erg-

ben sich 1/3 auf der linken Seite (für

Stichworte) und 2/3 rechts für fortlau-

fenden Text und Regieanweisungen).

• Karteikarten durchnummerieren!

• Karteikarten nur einseitig beschreiben

wegen der Gefahr des "Chaos" beim

Umblättern!

• So gross schreiben, dass es aus zirka

einem Meter mühelos lesbar ist!

• Zwischen den einzelnen Zeilen grosse

Abstände lassen, übersichtlich, gross

und lesbar schreiben. Besonders wichti-

ge Punkte werden unterstrichen oder

mit Farben (maximal drei!) gekenn-

zeichnet!

lernen lernen

20

Vortrag des Referats

Ein guter Redner schenkt dem Beginn seines

Vortrags besondere Aufmerksamkeit, weil er das

Interesse seines Publikums gewinnen will. Er

führt deshalb mit einer Anekdote, einer witzigen

Bemerkung, einem besonders treffenden Beispiel

in sein Thema ein, bevor er zu allgemeinen und

abstrakten Darstellungen übergeht. In anderen

Fällen setzt er eine Übersicht, die praktische

Anwendungen seiner Ausführungen an den An-

fang, stellt

einen Bezug

zur Situation

der Hörer her

und weckt

damit ihr Be-

dürfnis, mehr

über das The-

ma zu erfah-

ren.

Ganz allgemein sind ausserdem folgende Punkte

zu beachten:

• Sprich laut genug, damit auch die Leute

in den hintersten Bankreihen dich ver-

stehen.

• Man spricht anders als man schreibt.

Langen, komplizierten Sätzen kann

zwar ein Leser folgen, weil er die Mög-

lichkeit hat, die einzelnen Satzteile iso-

liert zu betrachten. Bei einem Vortrag

empfiehlt es sich aber, kurze, klare

Sätze zu machen.

• Erkläre Begriffe und Fachausdrücke,

wenn du sie zum ersten Mal verwen-

dest.

• Gedankensprünge verwirren die Hörer,

die ja nicht zurückblättern und sich ori-

entieren können. Bleibe beim Thema,

wiederhole eine Angabe lieber als sich

auf das Gedächtnis der Hörer zu verlas-

sen. Fasse das Gesagte ab und zu zu-

sammen.

• Bei schwierigen Sachverhalten hilft es

den Hörern, wenn du das Gleiche in

verschiedenen Worten mehrmals um-

schreibst.

• Vermeide lange Aufzählungen, lege das

Ganze lieber in einigen treffenden Bei-

spielen dar.

• Bei längeren Reden braucht der Hörer

ab und zu eine Atempause. Diese kann

in Form von Abschweifungen, Anekdo-

ten, usw. in den Vortrag eingeflochten

werden. Eine andere Möglichkeit ist das

Einschalten von Übungen oder die Auf-

forderung zu Diskussionen, Fragen,

Kommentaren.

• Überlege dir auch, welche Hilfsmittel

den Vortrag auflockern und zum Ver-

ständnis des Stoffes beitragen können.

Namen, Zahlen, Fachausdrücke, usw.

sollten möglichst an die Tafel geschrie-

ben werden. Tabellen, grafische Dar-

stellungen, Zeichnungen, die du evtl.

mit Hilfe eines Tageslichtprojektors

zeigst, veranschaulichen komplexe Tat-

bestände.

Setze zusätzliche Verstehenshilfen ein,

um das Interesse wachzuhalten, Ver-

stehen zu erleichtern und durch die

Aufnahme über mehrere Sinneskanäle

das Behalten zu verbessern:

- Dias

- Projektoren

- Wandkarten

- Modelle

- Versuchssequenzen

- Tafelanschriften

- Zeichnungen

- Filmausschnitte

- Tonbandspots

- kopierte Materialien.

• Versuche, deine Gliedmassen während

des Sprechens unter Kontrolle zu halten

und nervöse Gewohnheiten, wie wildes

Gestikulieren, Zupfen an der Kleidung,

usw. auszuschalten.

• Angesichts der erschreckenden Aus-

sicht, einen Vortrag zu halten, kann

man sich trösten mit dem Gedanken,

lernen lernen

21

dass die meisten Leute bei einer sol-

chen Aufgabe etwas nervös sind. Ein

wenig Nervosität schadet auch nichts -

es gilt hier dasselbe wie bei den Prü-

fungen. Wenn aber die Angst unmässi-

ge Formen annimmt, muss etwas dage-

gen unternommen werden. Übe den

Vortrag erst im kleinen Kreis, vor

Freunden oder Geschwistern - es ist ja

meist das Unbekannte, das Furcht ein-

flösst.

Bewertungskriterien

Die Kriterien zur Beurteilung der Qualität des

Referates ergeben sich aus der Zweckbestim-

mung:

• Grad der Informiertheit: Ist der Re-

ferent gut informiert? Versteht er, was

er sagt? Weiss er mehr, als er vorträgt?

Kann er auf Rückfragen der Hörer Aus-

kunft geben?

• Grad der Exaktheit und Fasslichkeit

der Information: Ist die Darstellung

themabezogen, verständlich, sachlich,

knapp, gegliedert? Werden schwierige

Sachverhalte durch Hilfsmittel (Bilder,

Erläuterungen) veranschaulicht?

• Grad der Motivation der Hörer: Kann

der Referent die Bedeutung seiner Aus-

führungen erläutern und Interesse we-

cken?

• Technik des hörerangemessenen

Sprechens: Spricht der Referent leb-

haft, artikuliert, anregend, nicht zu

schnell, nicht stockend?

• Hörerangemessene Sprachform

(Wortwahl, Syntax).

Prüfungen

Niemand kommt im Leben ohne Prüfungen aus;

und zum Wesensmerkmal einer modernen Leis-

tungsgesellschaft gehört es geradezu, dass sich

ihre Mitglieder zum kontinuierlichen Weiterler-

nen verpflichten – was nicht selten verlangt,

dass man sich immer und immer wieder neuen

Prüfungen unterziehen muss.

Trotzdem stellt sich durch die Häufung von Prü-

fungssituationen nicht unbedingt eine "Prüfungs-

routine" ein. Ohne Nervosität und Lampenfieber

gehen Prüfungen im Allgemeinen nicht über die

Bühne. So schlecht ist das im Übrigen auch gar

nicht, denn ein mittleres Mass an Motivation, die

sich in einer gewissen Anspannung äussert,

macht körperliche und intellektuelle Reserven

frei (Eustress), die der Vorbereitung und auch

dem Prüfungsergebnis zugute kommen.

Prüfungen kommen im schulischen Bereich in

vielerlei Formen vor, die vom schlichten „Ab-

gefragtwerden“ im Unterricht bis hin zur mündli-

chen und schriftlichen Abiturprüfung reichen

können. Sie können das Leben und die Befind-

lichkeit einer Schülerin oder eines Schülers mit-

unter ganz entscheidend prägen, stellen sie doch

in gewisser Weise Extremsituationen in einem

Alltag dar, in dem man ansonsten gelernt hat,

ruhig seinen Kurs zu halten.

Schulische Prüfungen sind wichtig. Die Frage

stellt sich also: Wie kann ich den notwendig

entstehenden Stress im Hinblick auf Prüfungen

so vermindern, dass mir daraus zum einen keine

schwer wiegende Belastung für Leib und Seele

entsteht und zum andern auch das Ergebnis der

Prüfung angenehm ausfällt?

In dieser letzten Folge der Textreihe "Das Lernen

lernen" gehe ich daher folgenden Fragen nach:

• Warum gibt es überhaupt Prüfungen?

• Wie kann ich mich sinnvoll auf Prüfun-

gen vorbereiten?

• Wie verhalte ich mich in der Prüfungssi-

tuation selbst?

lernen lernen

22

Formen, Zweck und Bedeutung von

Prüfungen

Zur Bewältigung der "normalen" Prüfungsangst

kann es nützlich sein, dass man sich über Form,

Zweck und Bedeutung der einzelnen Prüfungen

Klarheit verschafft. Jeder am Schulbetrieb Betei-

ligte kennt ihre alltäglichen Formen:

• Klassenarbeiten und Kursarbeiten

• unbenotete oder benotete Tests (Exen)

• Referate

• Facharbeiten

• mündliche Prüfungen

• praktische Aufgaben.

Das Abitur nimmt unter den Schulprüfungen

eine besondere Stellung ein, da es sich aus

mehreren schriftlichen Prüfungsteilen und min-

destens einem mündlichen Prüfungsteil zusam-

mensetzt. Es werden umfangreiche Stoffgebiete

geprüft, und es stellt einen Ausbildungsab-

schluss und einen wichtigen Qualifikationsnach-

weis für Studium und Berufsausbildung dar.

Zweck und Bedeutung von Prüfungen lassen sich

auf zweierlei Weise charakterisieren:

1. Prüfungen sind schulinterne Lerner-

folgskontrollen. Sie geben dem Lehrer

Auskunft darüber, ob er die angestreb-

ten Lernziele erreicht hat und den wei-

teren Unterricht auf die vermittelten

Kenntnisse und Fachgebiete aufbauen

kann. Eine solche Lernerfolgskontrolle

muss daher nicht unbedingt benotet

werden. Dem Schüler bietet die Lerner-

folgskontrolle ein Signal, ob und wie

gut er ein gesetztes Lernziel verwirk-

licht hat, mit der Möglichkeit

• der Selbstkontrolle

• der Selbsteinordnung in das Leis-

tungsniveau des Kurses

• der Korrektur des Lernverhaltens

und

• der Feststellung und Aufarbeitung

von Lücken.

2. Prüfungen sind Leistungskontrollen und

dienen der Leistungsbewertung. Sie ha-

ben den Zweck,

• Wissen und Kenntnisse

• Fähigkeiten und Fertigkeiten

• Urteilsvermögen und Problemlö-

sungsverhalten

zu kontrollieren und zu bewerten. In dieser Form

haben Prüfungsergebnisse in Form einer Note

auch Auswirkungen auf die Vergabe von Zu-

kunftschancen (Studien- bzw. Ausbildungsplatz;

spätere Verdienstmöglichkeiten etc.).

Planung von Prüfungen

Langfristige Prüfungsplanung

Es ist eine altbekannte, aber im täglichen Lern-

betrieb immer wieder ignorierte Tatsache, dass

kurzfristiges "Pauken" unmittelbar vor einer zu

erwartenden Prüfung selten den erhofften Erfolg

bringt. Unter Rückverweis auf die in Folge 2

erläuterten biologischen Grundlagen des Lernens

gilt: Nicht die kurzfristige Vorbereitung bestimmt

wesentlich das Prüfungsergebnis, sondern

• aktives Lernen

• regelmässige Arbeit im Arbeitsablauf

• sorgfältige Anlage, Sammlung und Ord-

nung von Unterlagen

Das heisst z. B. für einen Schüler, der in der

Regel 2 bis 2.5 Stunden für Hausaufgaben auf-

wendet, dass er durch Intensivierung vor Prü-

fungen diese Zeit höchstens um 2 Stunden er-

höhen kann. Damit ist meistens die Aufnahme-

fähigkeit für neuen Lernstoff erschöpft. Deshalb

kommt vieles darauf an, die Prüfungsvorberei-

lernen lernen

23

tung frühzeitig zu beginnen und rechtzeitig vor

dem Prüfungstermin abzuschliessen. Hier helfen

nur Planung und Organisation, Fehleinschätzun-

gen des Zeitbedarfs, Termindruck und Stress zu

vermeiden. Aber es kommt nicht nur auf die

aufgewandte Lernzeit an, sondern auch auf die

richtige Auswahl des für die Prüfung wichtigen

Stoffes und auf die Intensität und Qualität des

Lernens. Daraus folgt, dass man erst planen und

lernen kann, wenn man weiss, was gelernt wer-

den muss. Informationen dazu geben:

• die Lehrer

• die Prüfungsordnungen

• Stoffpläne, Lehrpläne, Rahmenrichtli-

nien

• Einheitliche Prüfungsanforderungen in

der Abiturprüfung für die einzelnen Fä-

cher.

Darüber hinaus gibt es als weitere Informations-

quellen Prüfungshinweise mehr inoffizieller und

schulinterner Art, von denen man profitieren

kann:

• Angaben der Lehrer: Eingrenzung des

Prüfungsstoffes;

• Hinweise über Prüfungsstil und Ansprü-

che einzelner Prüfer

• Auskünfte früherer Prüflinge.

Mittelfristige Prüfungsplanung

Am Anfang einer gezielten Prüfungsvorbereitung

sollte für jedes Fach eine Bestandsaufnahme

stehen, die folgende Fragen zu beantworten

sucht:

• Welche Anforderungen (Themenberei-

che) werden gestellt?

• Welche dieser Anforderungen beherr-

sche ich vollständig?

• Welchen Anforderungen werde ich nur

teilweise gerecht?

• Welche Anforderungen erfülle ich nicht?

Die Fragen – nach Fächern und Themenberei-

chen getrennt aufgestellt - ergeben das Lern-

Soll, das mit der zur Verfügung stehenden Lern-

zeit abgestimmt werden muss.

Eine in dieser Weise vorgenommene Prüfungs-

planung erfordert:

• rechtzeitigen Planungsbeginn

• genaue Definition der geforderten The-

menbereiche

• ehrliche Diagnose des Kenntnisstandes

• sorgfältige Zusammenstellung des be-

nötigten Prüfungsmaterials

• realistische Zeitbedarfsschätzungen.

Es ist wohl überflüssig zu betonen, dass alle

Planung sinnlos bleibt, wenn sie nicht auch in die

Tat umgesetzt wird.

Kurzfristige Prüfungsplanung

Trotz der vorgeschlagenen lang- und mittelfristi-

gen Massnahmen bleibt es in der Regel nicht

aus, dass man in den Wochen vor dem Prü-

fungstermin die Anstrengungen erhöht. Damit

sie nicht zum Stress werden, gibt es auch hier

zu beachtende Regeln

a. Prüfungsablauf üben

Zum Üben der schriftlichen Prüfung bieten sich

Aufgaben an, die den gleichen Schwierigkeits-

grad und Umfang wie echte Prüfungsaufgaben

haben, z. B. Aufgaben früherer Abiturprüfungen

oder Klausuren unter Abiturbedingungen (Ehe-

malige fragen; Aufgabensammlungen anlegen!)

oder Modellaufgaben

aus den Abituranfor-

derungen (käuflich im

Buchhandel!). Diese

Aufgaben löst man

mit den gleichen

Hilfsmitteln und im

selben Zeitraum, wie

sie für die Abiturprü-

fung zur Verfügung

stehen.

Für mündliche Prüfungen versucht man, sich in

die Rolle des prüfenden Lehrers zu versetzen

und den Stoff in Fragen umzuformulieren und zu

beantworten. Ein Tipp aus eigener Anschauung:

Eine Prüfungsgruppe bilden und diesen Übungs-

lernen lernen

24

typ in Partnerarbeit anwenden; anschliessend

Prüfungskritik, Fehleranalyse und Note!

b. Lernstoff strukturieren und lernen

Da mündliche, teilweise aber auch schriftliche

Prüfungen zu einem wesentlichen Teil aus der

Abfrage von erlerntem Wissen und dem Aufzei-

gen von Zusammenhängen bestehen, ist es

sinnvoll, den Lernstoff zu strukturieren, indem

man ihn selbst in übersichtliche und bedeu-

tungsstiftende Zusammenhänge bringt, z. B.:

• synoptische Aufbereitung einer Ge-

schichtsepoche

• Stoffgliederungen

• grafische Darstellungen

• Tabellen

• tafelbildähnliche Strukturierung

• Mind Map

• Anlage einer Lernkartei.

• Vorbereitungsgebiete wechseln

Weil das Lernen von Paukstoff schnell zur Ermü-

dung führt und ausserdem leicht Interferenzer-

scheinungen auslöst), empfiehlt sich gerade

hier, die Wissensgebiete zu wechseln und nicht

länger als 30-40 Minuten bei einem Stoff zu

verweilen.

c. Normales Leben führen

So bedeutsam die bevorstehende Prüfung viel-

leicht ist – das Leben sollte dennoch nicht zu

kurz kommen. Erholung und Pausen sind wich-

tig, und auch die sozialen Kontakte wollen ja

gepflegt sein. Normalität ist ein ganz gutes Ge-

genmittel für drohende Nervosität und Überfor-

derung. Eine Gewaltkur mit einem 16-Stunden-

Tag kann der Umgebung zwar imponieren, ist

aber sinnlos, da jeder Mensch nur eine begrenz-

te Lernkapazität hat.

d. Zeit für Gesamtwiederholung einplanen

Am Ende einer grösseren Prüfungsvorbereitung

sollte unbedingt eine Gesamtwiederholung ste-

hen, die der Zusammenschau der gelernten

Einzelstoffe dient. Sie sollte spätestens einen

Tag vor der Prüfung beendet sein.

Der letzte Tag vor dem Prüfungstermin dient

ausschliesslich der Entspannung. Kurzfristig vor

einer Prüfung angelesenes Wissen wird nicht

mehr mit den vorhandenen Kenntnissen ver-

knüpft und stört darüber hinaus als retroaktive

Hemmung das Hervorholen gelernter Kenntnisse

Die Prüfungsvorbereitung auf einen Blick:

a. Aufbereitung (1/3 der Zeit):

• Themen inhaltlich abwechseln

• verschiedene Quellen zusammenführen

• Lernstoff in sinnvolle Zusammenhänge

bringen

b. Einprägen (1/5 der Zeit):

• keinen neuen Stoff mehr hinzufügen

• Wiederholen, Einordnen, Wissenskon-

trolle

• Prüfungsfragen zusammenstellen

• Probeprüfungen durchführen und aus-

werten

• aus Fehlern lernen

c. Wiederholen (1/10 der Zeit):

• nur noch mit den Aufzeichnungen arbei-

ten

• Hauptziel: Überblick

• Probeprüfungen über den Stoff kom-

pletter Prüfungsfächer

• Ruhetag(e) vor der Prüfung einhalten

d. Pausen (ca 1/5 der Zeit):

• dienen der Erholung und Belohnung

• dienen dazu, dass sich der Lernstoff

"setzt"

e. Zeitreserve:

• für Unvorhergesehenes, damit der Prü-

fungsplan funktioniert

• grössere Reserve unmittelbar vor der

Prüfung

lernen lernen

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Prüfungsverhalten

Schriftliche Prüfungen

Für die Arbeit in schriftlichen Prüfungen gibt es

einige erprobte Regeln, die nützlich sein können:

• Sorgfältig Aufgabenstellung und mögli-

che Hilfen beachten

• Schwierigkeitsgrad der Aufgaben und

gegebenenfalls Bewertungsschlüssel

prüfen

• Zeit entsprechend Umfang und Schwie-

rigkeitsgrad der Aufgaben planen! Eine

Aufgabe, die nur 10% der Gesamtwer-

tung ausmacht, sollte auch nicht mehr

als 10% der verfügbaren Zeiten in An-

spruch nehmen.

• Nach Möglichkeit die Aufgaben in der

Reihenfolge lösen, wie man sie am bes-

ten kann

• Nach jeder Aufgabe ausreichend Platz

für spätere Hinzufügungen lassen

• Aufgabenstellung im Auge behalten;

Abschweifungen vermeiden; den Auf-

gaben angemessene Darstellungsform

beachten, z.B. knappe, präzise Formu-

lierungen und eingeführte Fachtermino-

logie in den Naturwissenschaften

• Bei längeren Abhandlungen nicht drauf-

losschreiben, sondern vorher Stoff

sammeln und gliedern

• Erst leichtere Aufgaben lösen. Dies

schafft Erfolgserlebnisse, dämpft die

Nervosität und schafft Selbstvertrauen.

Bei Schwierigkeiten zu anderen Aufga-

ben übergehen, aber Lücken lassen, die

später ausgefüllt werden können

• Prüfungen durchstehen und die zur Ver-

fügung stehende Zeit voll nutzen. Oft

fallen einem fehlende Details und Lö-

sungsmöglichkeiten plötzlich ein. Zeit

einplanen für die Schlusskorrektur

(Rechtschreibung, Zeichensetzung, Un-

terstreichungen, Kapitelkennzeichnung

und sonstige Formalien).

Mündliche Prüfungen

Mündlichen "Prüfungen" muss sich der Schüler

im normalen Schulalltag in den verschiedenen

Fächern laufend unterziehen. Infolge der Häufig-

keit solcher Situationen sind diese für den Schü-

ler durchschaubar.

Eine Sonderstellung nimmt in der Schule die

Abiturprüfung ein, deren mündlicher Teil sich

von vielen anderen Prüfungen dadurch unter-

scheidet, dass sie häufig vor einem grösseren

Zuhörerkreis über relativ umfangreiche Stoffge-

biete stattfindet.

Trotz dieser zunächst angsteinflössenden Um-

stände kann diese Prüfung an Schrecken verlie-

ren, wenn man bedenkt, dass der Prüfling Ei-

genarten, Vorlieben und Fragestellung des prü-

fenden Lehrers aus jahrelanger Erfahrung abzu-

schätzen weiss. Hilfreich kann auch die Einsicht

sein, dass der Prüfer selbst sich gegenüber sei-

nen Fachkollegen bzw. Vorgesetzten in einer

prüfungsähnlichen Situation befindet. Es gibt

einige brauchbare Tipps für das Verhalten in

mündlichen Prüfungen. Hier sind einige davon:

1. Denke laut!

Weil die mündliche Prüfung ein Gespräch ist,

stirbt die Unterhaltung, wenn man glaubt, nur

fertige Ergebnisse vortragen zu dürfen. Wichtig

ist, dem Prüfer Gelegenheit zu geben, zu erken-

nen, wie man zu Ergebnissen kommt; und nur

so kann der Prüfer korrigierend und lenkend

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eingreifen, sobald man auf Abwege oder in

Sackgassen zu geraten droht. Die meisten Prüfer

sind ja bereit, Hilfe zu geben, wenn man ihnen

auch Möglichkeiten dazu bietet.

2. Beachte die Fragestellung!

Der Prüfer erwartet eine Reaktion auf seine

Frage. Gib zu erkennen, ob du die Frage gehört

und verstanden hast, z.B. durch Wiederholung

oder durch eine Formulierung der Aufgabe mit

eigenen Worten. Wenn das geschieht, kann man

mit dieser

wiederho-

lenden

Formulie-

rung tes-

ten, ob die

Richtung

des vor-

gestellten

Lösungs-

weges

stimmt, z.B.: "Meinen Sie Ihre Frage in Richtung

auf ...?" "Wollen Sie von mir hören, was ...?"

Verunsichere den Prüfer bloss nicht nicht durch

Schweigen!

3. Nicht gleich resignieren!

Wer alles auf Anhieb weiss, erhält eine sehr gute

Note. Zwischen 00 und 15 Punkten liegt aber

noch eine ganze Bandbreite, d.h., dass man

nicht sofort den Kopf in den Sand stecken muss,

wenn man eine Frage nicht sofort vollständig

beantworten kann. Jede Prüfung hat Abschnitte,

in denen man Fragen nur teilweise oder gar

nicht beantworten kann. Es empfiehlt sich dann,

anstatt aufzugeben oder zu verstummen, Lücken

offen einzugestehen, aber das zu äussern, was

man weiss. Dazu eignen sich z.B. folgende For-

mulierungen:

"Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, es

könnte ungefähr so sein, dass...", oder "mir fällt

im Augenblick der Ausdruck nicht ein, aber es

handelt sich, ...", und man versucht den Ge-

genstand mit anderen Worten zu umschreiben.

4. Beachte die Reaktionen des Prüfers!

Prüfer reagieren normalerweise auf falsche oder

zutreffende Antworten mit Gesten, zustimmen-

den oder ablehnenden Gebärden. Diese Hilfen

und Tipps sollte man beachten, da sie einem

Hinweise geben, ob man auf der richtigen oder

falschen Fährte ist. Hier gilt ebenfalls: Stummes

Nachdenken fordert auch keine Hilfen heraus.

5. Denke nicht zu kompliziert!

Verstelle dir Lösungswege nicht durch kompli-

ziertes Denken ("Man sieht den

Wald vor lauter Bäumen

nicht"). Häufig wird viel Einfa-

cheres und Näherliegendes

gefragt, als man vermutet.

Gerade zu Beginn einer Prü-

fung versuchen Prüfer durch

einfache Fragen und Rückgriff

auf Spezialgebiete, dem Prüf-

ling wohlwollend entgegenzu-

kommen, um ihm Selbstver-

trauen und Sicherheit zu geben.

6. Verstecke deine Kenntnisse und Fähig-

keiten nicht!

Biete dem Prüfer Gelegenheit, dich über Themen

zu prüfen, in denen du dich besonders sicher

fühlst. Oft lässt sich in Prüfungen durch ge-

schickte "Lenkung" der Prüfende veranlassen,

auf deine Hinweise einzugehen. Ob er das tut,

ist natürlich in sein Belieben gestellt, wie über-

haupt eine solche Lenkung nur geschickt und

zurückhaltend versucht werden sollte.

7. Andererseits sind gerade bei festgelaufenen

Prüfungen Prüfer dankbar, wenn du ihnen solche

Hilfen anbietest. Nutze die Zeit im Vorberei-

tungsraum dazu, auf deinem Konzept zu notie-

ren, welche Informationen du auf jeden Fall im

Prüfungsgespräch unterbringen willst. Bestehe

gegebenenfalls sanft darauf.

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8. Nervosität ist normal und wird vom Prü-

fer akzeptiert.

Prüfer sind auch Menschen, die Prüfungen hinter

sich gebracht haben. Sie kennen feuchte Hände,

leicht zitternde Knie und nervöse Gesten und

haben für natürliche Nervosität Verständnis.

Kein Verständnis und kein Mitleid empfinden sie,

wenn Nervosität als Entschuldigung für mangel-

hafte Leistungen vorgetäuscht wird. Eine der

Prüfungssituation angemessene Nervosität ist

hingegen natürlich. Deshalb kann man sie ruhig

zeigen.

9. Gehe mit realistischen Vorerwartungen

in die Prüfung!

Eine realistische Einschätzung seiner Fähigkeiten

und Kenntnisse und damit der erreichbaren

Prüfungsergebnisse baut Angst vor Versagen,

Selbstüberschätzung und übersteigerte Erwar-

tungen ab und stabilisiert Psyche und Nerven.

Wer jahrelang in einem Prüfungsfach nur eine

"Vier" hat, kann schlechterdings in einer Prüfung

nicht auf eine "Zwei" hoffen. Wer andererseits

kontinuierlich eine gute Note hat, kann auch in

der Prüfung auf ein ähnliches Ergebnis hoffen.

10. Stehe Prüfungen durch!

Auf keinen Fall sollte man Prüfungen vorzeitig

abbrechen, sondern bis zum Ende durchhalten.

Fachlich begründete Prüfungsmisserfolge sind in

der Regel durch Wiederholung wettzumachen.

Wird eine Prüfung hingegen abgebrochen, gräbt

sich diese Situation oft traumatisch in die Psyche

ein und löst später immer wieder panische

Angstgefühle aus.

Eselsbrücken

Deutsch

• Wer nämlich mit h schreibt ist dämlich.

• Wer brauchen ohne 'zu' gebraucht,

braucht brauchen überhaupt nicht zu

gebrauchen!

• 'gar nicht' wird gar nicht zusammenge-

schrieben.

• Nach l, n, r das merke ja, steht nie tz

und nie ck

• Da, wo man redet, sagt und spricht,

vergiss die kleinen Zeichen nicht.

• Sei nicht dumm und merk dir bloss:

Namenwörter schreibt man gross!

• Den 'Tiger' schreib mit langem 'i', je-

doch mit mit 'ie' schreib ihn nie!

• Doppel-a, das ist doch klar, sind in

Waage, Haar und Paar!

Englisch

• He, she, it - ein "s" muss mit. (3. Per-

son Singular in Simple Present)

• das gibt's auch auf Englisch: He, she, it

– No "s" is shit.

• Did und Grundform ist die Norm nach

"did" steht nie die Past Tense form.

(das gilt auch für andere Formen von

"to do")

Beispiel dazu: Did you go shopping?

(Simple Past)

• Oder was für die Fragebildung mit

question words: With "who" never "to

do". (I.d.R. braucht man die Umschrei-

bung mit "do" zur Fragebildung, es sei

denn, man benutzt das Fragewort

"Who".

Allerdings gibt's da auch "Ausnahmen"!

(Who do you think you are?)

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Französisch

• Um "ou" (oder) von "où" (wo) vonein-

ander zu unterscheiden: Auf der Oder

schwimmt kein Graf.

• • Vor o, u, a, lautet "C" wie "K". Hängt

man eine Cedille dran, nimmt es gleich

den "S-Laut" an.

Latein

• Nach si, nisi, ne, num, pro, ubi, quan-

do, cum fällt ali- um (quis statt aliquis

usw.)

• unus, solus, totus, ullus, uter, alter,

neuter, nullus, und alius – sie haben al-

le "ius" in dem zweiten Falle und im Da-

tiv enden sie stets auf ein langes i

oder:

Unus, solus, totus, ullus, uter, alter,

neuter, nullus und uterque haben alle '-

ius' in dem zweiten Falle. Doch im Dativ

enden sie, wie alius, mit langem '-i'.

oder:

unus, solus, totus, ullus, uter, alter,

neuter, nullus, alius erfordern alle ius in

dem zweiten Falle, und im Dativ setzt

man sie stets mit einem langen i.

• a, ab, abs, e, ex und de cum und sine,

pro und prae stehen mit dem Ablativ

Lateinische Geschlechtsregeln:

• Masculini generis sind die Wörter all'

auf -nis – mensis, orbis, sanguis, fons

collis,lapis,piscis.mons, sermo, ordo,

leo, pons, dens, sol, grex und pulvis.

• Doch iuventus, virtus, salus, servitus,

senectus, palus, merces,seges, quies,

auch: arbor weiblich sind im Brauch.

• Neutra sind cor, vas (Gefäss), cadaver,

iter, ver und aes, os, oris (Mund), os,

ossis (Bein), müssen gleichfalls neutra

sein.

• Brauch männlich die auf -or, -os, -er

und -es Ungleichsilbiger.

• Die -o, -as, -aus, die -x und –is -es in

parisyllabis, und -s, vor dem ein Konso-

nant, als Feminina sind bekannt.

• Die -a, -e, -c, die -l, -n, -t, die -ar, -ur,

-us sind neutrius

Mathematik

• Bedächtig kommt dahergeschritten, 4/3

Pi mal R zur dritten...

• Differenzen und Summen kürzen nur

die Dummen! (Bruchrechnen)

• 6x6 ist 36, ist der Lehrer noch so fleis-

sig...

• Folgenden Merksatz für Pi=3,14... fand

ich im Buch "Mathematik ernst und hei-

ter" von Erich Schneider:

Wie, o dies Pi 3 , 1 4 1 Macht

ernstlich so vielen Müh'!

5 9 2 6 3

Lernt immerhin, Jünglinge, leichte

Verselein,

5 8 9 7 9

Wie so zum Beispiel dies dürfte zu

merken sein!

3 2 3 8 4 6 2 6 4

• In Mathe versuch ich es mit der KLAPS-

Regel: Pi Kla mmer, P unkt vor S trich

Physik

• Für den Phasenverschiebungswinkel in

der Wechselstromtechnik: Beim Kon-

densato(ooooooo)r eilt der Strom vor.

Und: Bei Induktivitäten (also Spulen),

die Ströme sich verspäten.

oder:

Kondensator, Strom eilt vor. Induktivi-

tät, Strom zu spät.

• Omega ist, das weiss ich, n mal Pi

durch dreissig. Es betrifft die Umrech-

nung von der Umdrehungszahl n, ge-

messen in Umdrehungen pro Minute, in

die Kreisfrequenz Omega, gemessen in

1/sekunde.

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Geschichte

• 333 bei Issos Keilerei (333 besiegte

Alexander der Grosse den Perserkönig

Darius III in einer Schlacht bei Issos.)

• 753 - Rom schlüpft aus dem Ei

• Aus dem I. Weltkrieg: Jeder Schuss ein

Russ', jeder Stoss ein Franzos', jeder

Tritt ein Brit', die Serben müssen alle

sterben und über die Montenegriner, da

lachen ja die Hihner. (Nicht schön, gibt

aber die Stimmungslage vom Sommer

'14 wieder).

Geographie

• Brigach und Breg bringen die Donau zu

Weg Altmühl, Nab und Regen fliessen

der Donau entgegen, Iller, Lech, Isar,

Inn fliessen zu der Donau hin

oder:

Iller, Lech, Isar, Inn, fliessen rechts der

Donau hin, Altmühl, Naab und Regen,

sind dagegen links gelegen.

• Die Reihenfolge der Ostfriesischen In-

seln kann man sich mit dem folgenden

Satz merken: Welcher Sportler liegt bis

neun im Bett

oder

Welcher Seemann liegt bei Nanni im

Bett (Wangerooge Spiekeroog Lange-

oog Baltrum Norderney Juist Borkum)

• Wo Fulda sich und Werra küssen, sie ih-

ren Namen büssen müssen. So entsteht

– ohne Verdruss – der schöne Weser-

fluss.

• Geographenfluch (so aus den 70er Jah-

ren von Hanns Dieter Hüsch): Lias,

Dogger, Qualm (=Malm), Günz, Mindel,

Riss und Zwirn (=Würm) !! (Die Ab-

schnitte der Jura-Zeit und die vier Eis-

zeiten in Süddeutschland)

• Feldspat, Quarz und Glimmer – hat der

Granit immer.

• Bei Frauen und bei Cirren kann man

sich manchmal irren. (Cirren künden im

Regelfall von einer herannahenden

Warmfront, die Landregen mit sich

bringt – es muss aber nicht unbedingt

so sein.)

• Nie Ohne Seife Waschen. (Die Folge der

Anfangsbuchstaben hilft, die Reihenfol-

ge der Himmelsrichtungen zu behalten,

um sie in Uhrzeigerrichtung in einer

Windrose richtig einzusetzen.)

• Luv = zum Wind, Lee = weg vom Wind

(Luv und zu haben ein u, Lee und weg

ein e.)

• Wenn ich (als Rechtshänder) dir eine

Ohrfeige gebe, hast du eine rote linke

Backe, daher: Backbord ist links und

rot. (Steuerbord ist rechts und grün;

jeweils komplementär.)

• Wenn sich zwei Schiffe nachts begeg-

nen und vom jeweils anderen nichts als

die Positionslaternen sehen, dann gilt:

Rot an Rot hat keine Not.

Grün an Grün kannst du getrost vor-

überziehn.

Astronomie

• Zum Merken der Planetenreihenfolge

bietet sich folgender Satz an:

Mein Merkur

Vater Venus

Erklärt Erde

Mir Mars

Jeden Jupiter

Sonntag Saturn

Unsere Uranus

Neun Neptun

Planeten Pluto

• Wenn aber Pluto mit seiner elliptischen

Bahn näher an der Sonne ist als Nep-

tun, heisst der Spruch: Mein Vater er-

klärt mir jeden Sonntag unsere Plane-

ten neu!

Stress und Prüfungsangst

kik business academy

Neuenhoferstrasse 101

5401 Baden

www.kik-business-academy.ch

Impressum

Autoren: Anton Wagner

Herausgeber: kik AG / ITS

Layout/Gestaltung: Daniela von Bergen, kik AG

© kik business academy

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1

Stress und Prüfungsangst

Stress

Definition

Eigentlich ist Stress eine selbstverständliche

körperliche Reaktion auf eine Herausforderung.

Der Mensch braucht für eine normale körperliche

und seelische Entwicklung angemessene Belas-

tungen, die zum Handeln, zur Anpassung zwin-

gen.

Stress kann aber krank machen, wenn die Bean-

spruchungen übermässig sind, wenn sich der

Körper fast ständig in erhöhter Alarmbereitschaft

befindet.

Es gilt zwischen dem Eustress (eu: gut, schön)

und dem Distress (dis: schlecht, krankhaft) zu

unterscheiden.

Anspannung und Wechsel zur nötigen Entspan-

nung ist Voraussetzung für das Wohlbefinden, ist

ein Lebensgrundprinzip. Verspannungen gilt es

zu lösen oder noch besser zu verhindern.

Nicht jeder Stress macht krank. Wir brauchen

positiven Stress. Er macht das Leben lebens-

wert. "Stress ist Leben". Spannungen erzeugen

Kraft, eben Spannkraft. Ohne ein gewisses Mass

an Stress können wir nicht gesund sein. Aller-

dings sollte sich der Stress in Grenzen alten, und

diese Grenzen sind bei jedem Menschen ver-

schieden. Wir alle brauchen Spannung und Ent-

spannung, das ist ein biologisches und psycholo-

gisches Grundprinzip.

Krank machender Stress

Es gibt vielfältige Stressauslöser. Sie werden

individuell bewertet. Das geschieht automatisch,

und ist von unserem Gesundheitszustand, von

Erziehung und unseren Erbanlagen abhängig.

Stressoren

• Isolation

• Kündigung

• Probleme

• Andauender Lärm

• Behinderung z. B. Stau bei Autofahrt

• Verhalten von Menschen

• Ärger mit Partner

• Ärger im Beruf

• Enge

• Angst

• Armut, finanzielle Schwierigkeiten

• Überlastung, zusätzliche Aufgaben

• Andauernde Leistungsforderung

• Tod eines Freundes

• Nachtarbeit

• Zu hohe eigene Ansprüche

• Zu hohe Erwartungen von aussen

• Krankheit

• Eintönigkeit

• Vortrag/Rede halten

• Minderwertigkeitsgefühl

• Orientierungslosigkeit

• Schuldgefühl

• Eile/Hetze/Zeitdruck

• Entzug der Grundbedürfnisse Es-

sen/Trinken

• hässliche Umgebung

• Arbeitsplatzwechsel, Pensionierung

• massloser Wettkampf

• Einsamkeit

• Neid/Missgunst

• Behinderung z. B. Hörbehinderung

Stressoren sind Stresserzeuger. Wichtig ist,

dass es keine in jedem Falle unfehlbaren Stress-

auslöser gibt. Nicht die Situation ist ein Stress-

auslöser, sondern die individuelle Bewertung.

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2

Wir leben in einer Zeit, in der Hektik und

Distress immer mehr zunehmen. Es gehört

schon fast schon zum guten Ton, gestresst zu

sein. Nicht nur Manager sind gestresst, Haus-

frauen, Schüler, Sportler, Arbeiter, selbst Rent-

ner sind es gleichermassen.

Ungelöste Konflikte beschäftigen und belasten

uns, wir kommen mit Mitmenschen nicht zu-

recht, Arbeiten wachsen uns über den Kopf, wir

ängstigen uns über die Gegenwart und vor der

Zukunft.

Uns werden täglich Aktionen und Reaktionen

abverlangt, die ungewöhnlich sind, wir müssen

uns beispielsweise nach Zeitplänen richten, sind

dauernd in Eile und müssen effizient sein.

Viele Menschen sind mit ihrer familiären, berufli-

chen Situation unzufrieden. Sie sind zerfressen

von Neid auf Besitz und Erfolg, machen sich

selber krank mit ihrer Missgunst.

Das Resultat ist, dass der Körper mit innerer

Unruhe, Konzentrationsschwäche, Antriebslosig-

keit, Schlafstörungen und Resignation reagiert.

Die Folgen von anhaltendem krankmachendem

Stress sind Blutdruckanstieg, Gefässkrankheiten,

Herzmuskelschäden, usw.

Da Stress oft eine selbstgewählte Leidensform

ist und oft auch "hausgemacht" ist, lohnt es sich,

sich mit dieser modernen Seuche auseinander-

zusetzen.

Stresserkennung

Einige Stresssymptome können auch medizini-

sche Gründe haben. Oft sind sie jedoch Reaktio-

nen des Körpers auf ungenügendes Stressmana-

gement.

Stresssymptome

• Kopfschmerzen, Migrälne

• Magenverstimmung

• Angespanntheit

• Irritierbarkeit

• Depression

• Durchfall

• Verstopfung

• Mangel an Energie

• Gefühl der Hoffnungslosigkeit

• Konzentrationsprobleme

• Übermässiges Essen

• Auslassen von Mahlzeiten

• Häuffige Erkältung

• Ärger

• Gefühl der Machtlosigkeit

• Vergesslichkeit

• Unfähigkeit, Entscheidungen zu treffen.

• Schlaflosigkeit

• Erhöhter Konsum von Tabak, Alkohol

oder Medikamenten.

Tipps zum Stressabbau

Beginnen den Tag mit einem Plan

Fangen Sie den Tag an, indem Sie in aller Ruhe

Ihr Tagespensum festlegen. Ordnen Sie die Ziele

nach ihrer Wichtigkeit. Das Unwichtigere kann

dann immer noch verschoben werden.

Mach mal Pause!

Legen Sie eine Pause ein, wenn Sie etwas erle-

digt haben. So merken Sie erst richtig, wie gut

es vorwärts geht. Nur die wenigsten Dinge las-

sen sich zu aller Zufriedenheit und für alle Zeiten

erledigen. Geniessen Sie deshalb auch die Freu-

de, ein Etappenziel zu erreichen.

Belohne dich!

Setzen Sie sich Belohnungen für das Erreichen

Ihrer Ziele. Man kann sich auch belohnen, indem

man jemand eine Freude macht.

lernen lernen

3

Mach am Feierabend einen Punkt!

Machen Sie endgültig Feierabend am Ende der

Arbeitszeit. Unerledigtes kommt auf die folgende

Tagesliste. Und grübeln Sie nicht über begange-

ne Fehler oder Fehlentscheidungen nach. Merken

Sie sich, wie Sie diese künftig vermeiden kön-

nen.

Tue etwas beim Nichtstun!

Auf dem Sofa liegen, fernsehen, Zeitung Lesen,

kann helfen, sich zu entspannen und abzuschal-

ten. Doch es gibt eine Menge anderer Freizeitbe-

schäftigungen – auch anstrengende – die gesund

sind. So z. B. sportliche Betätigungen, muskulä-

re Verspannungen – eine Begleiterscheinung des

Stresses - zu lösen.

Die folgenden 20 Antistresstips sind von der

Boston Public Health Commission herausgege-

ben worden:

• Denk positiv und umgib Dich mit positiv

denkenden Menschen.

• Stecke keine zu hohen Ziele. Bitte wenn

nötig um Hilfe.

• Akzeptiere, dass Du nicht jede Situation

kontrollieren kannst. Sei Flexibel.

• Mach am Tagesanfang eine Liste der zu

erledigenden Aufgaben. Setze Prioritä-

ten.

• Zerlege grössere Aufgaben in kleinere.

• Iss ausgewogen, genügend Früchte,

Korn und Gemüse.

• Schlaf genügend jede Nacht.

• Bau jeden Tag eine Fitnesspause zur

Energie- und Stimmungssteigerung

• Lass Zeit für Freizeit: z.B. Musik, Gar-

tenarbeit, Lesen etc.

• Vermeide Nikotin, Alkohol oder Medi-

kamente.

• Benütze Misserfolge als Lerngelegenhei-

ten.

• Sage "Nein" zu Aufgaben, die zu zuviel

Stress führen.

• Sprich mit einem Freund über Enttäu-

schungen oder Erfolge.

• Gib zu, wenn Du nicht recht hast.

• Vermeide Stressquellen wie laute Musik

oder ständige Unordnung.

• Lache. Nimm Dir Zeit um Spass zu ha-

ben.

• Vergiss nicht, dass es auch in Ordnung

ist, einmal zu weinen.

• Trainiere Tiefenatmung: 5 Sekunden

einatmen, 4 Sekunden halten, 5 Se-

kunden ausatmen.

• Längeres Sitzen produziert Stress.

Nimm Treppen statt Lifte, stehe beim

Telefonieren.

• Mach Antistressübungen.

Stressabwehr mit Hilfe von Entspannungs-

training

Selbst grosse Stresssituationen können gut

ertragen werden, wenn man entspannt und nicht

bereits von vornherein nervös ist. Bereits beste-

hende innere Stressreaktionen können durch

Entspannungsübungen abgebaut werden.

Es gibt verschiedene Verfahren, die zu einer

inneren und äusseren Ruhe führen können.

Bei uns ist das Autogene Training am bekanntes-

ten, in den USA hat die Tiefenmuskelentspan-

nung einen grossen Bekanntheitsgrad.

lernen lernen

4

a. Autogenes Training

Das Autogene Training ist weltweit verbreitet.

Seine gegenwärtige besondere Publizität könnte

den Eindruck erwecken, es handle sich dabei um

eine "Modesache", der gegenüber Skepsis und

Vorbehalte angebracht wären. Nichts wäre fal-

scher als derartige Bedenken.

Der besondere Vorteil des Autogenen Trainings

liegt darin, dass der Übende selber einen Ent-

spannungszustand bewirkt, der nicht nur erhol-

sam ist, sondern auch gezielt Beeinträchtigun-

gen des allgemeinen Wohlbefindens und der

Organfunktionen zu mildern und zu beheben

vermag.

Vorzugsweise und mit guten Erfolgen wurde in

steigendem Masse das Autogene Training zur

Behebung von Störungen der vegetativen Abläu-

fe, des Konzentrationsvermögens, bei Span-

nungs- und Angstzuständen, Ein-und Durch-

schlafschwierigkeiten, Nervosität und Stress

angewandt.

Grundlagen-Stufe

Die Grundlagen-Stufe des autogenen Trainings

dient vor allem der Entspannung.

Sie besteht üblicherweise aus sieben Übungen,

die nacheinander Ruhe, Schwere und Wärme in

den Armen und Beinen, eine Beruhigung des

Pulses und der Atmung, Wärme im Sonnenge-

flecht und Kühle der Stirn durch Selbst-

Suggestion hervorrufen.

Die Übungen im Einzelnen:

• Die Ruhe-Übung versetzt den Körper

und Geist in einen Ruhezustand und soll

der Konzentration helfen. Typische Vor-

stellung: „Ich bin ganz ruhig. Die Ge-

danken kommen und gehen. Nichts

kann mich stören.“

• Die Schwere-Übung löst ein Schwere-

gefühl der Gliedmaßen aus (Muskelent-

spannung). Typische Vorstellung: „Die

Arme und Beine sind schwer.“

• Die Wärme-Übung führt zu einem

Wärmegefühl in den Gliedmaßen (ver-

besserte Durchblutung). Typische Vor-

stellung: „Die Arme und Beine sind

warm.“

• Die Atem-Übung vertieft die Entspan-

nung durch konzentriertes, ruhiges Ein-

und Ausatmen. Typische Vorstellung:

„Die Atmung geht ruhig und gleichmä-

ßig.“, oder: „Es atmet mich.“

• Die Herz-Übung (Konzentration auf

den Herzschlag) beruhigt weiter. Typi-

sche Vorstellung: „Das Herz schlägt ru-

hig und gelassen.“

• Die Sonnengeflechts-Übung bedeutet

Konzentration auf den Solarplexus und

seine Durchblutung (Vertiefen der Ent-

spannung). Typische Vorstellung: „Das

Sonnengeflecht (oder: die Leibmitte) ist

strömend warm.“

• Die Kopf-Übung umfasst Konzentrati-

on auf eine „kühle Stirn“ (dient dem

Wachbleiben und Wiedererlangen von

Konzentrationskraft, z. B. bei Müdig-

keit). Typische Vorstellung: „Der Kopf

ist klar, die Stirn ist kühl.“

Mit zunehmendem Training verstärkt sich die

Wirkung der Übungen (z. B. Wirkung auf den

ganzen Körper anstatt nur auf die Arme). Der

erfahrene Anwender kann daher in kurzer Zeit

eine tiefe Entspannung (bei vollem Bewusstsein)

lernen lernen

5

hervorrufen. Die gesprochenen Formeln werden

dabei nach persönlichem Geschmack angepasst

und erweitert. Insbesondere ist es mit Hilfe der

„formelhaften Formulierungen“ möglich, Aufträ-

ge an sich selbst im Unbewußten zu verankern,

die nach Abschluss der Übung nachwirken (z. B.

„Bei Stress bleibe ich ruhig und gelassen“).

Höhere Stufe

In der höheren Stufe des Autogenen Trainings

soll ein Problem mit Suggestion so weit gelöst

werden, dass die Person Heilung oder wenigs-

tens Linderung erfährt. Über die Ursache des

Problems wird nichts ausgesagt.

Für viele Zwecke sind die Übungen der Grundla-

gen-Stufe vollkommen ausreichend. In der hö-

heren Stufe geht es um vertiefte Selbsterkennt-

nis und um Charakterbildung.

Der Ablauf gestaltet sich etwa so:

• Sitzung: Farberlebnisse

• Sitzung: Wahrnehmen konkreter Ge-

genstände (z. B. eine brennende Kerze,

eine Rose)

• Sitzung: Schau abstrakter Werte (z. B.

Hoffnung, Liebe, Mut)

• Sitzung: Übungen zur Charakterbildung

und vertieften Selbsterkenntnis (Fragen

an sich selbst z. B. „wer bin ich?“ oder

„was soll ich tun?“; neben Fragen sind

auch Suggestionen Inhalt dieser Sit-

zung z. B. „ich nehme mich an“ oder

„ich bin zuversichtlich“)

• Sitzung: Reise auf den Meeresgrund

• Sitzung: Reise auf den Gipfel eines Ber-

ges

• Sitzung: Eigene Bilder mit bestimmten

Zielsetzungen

Die höhere Stufe des Autogenen Trainings kann

für sich praktiziert werden.

Voraussetzung für die Übungen der höheren

Stufe ist die Beherrschung der Übungen der

Grundlagen-Stufe. Die höhere Stufe des autoge-

nen Trainings dient der „aufdeckenden“ Selbst-

erkenntnis. Die Einsichten werden vom Übenden

selbstständig ohne Hilfe eines Therapeuten erar-

beitet.

In der höheren Stufe werden luzide Träume

durchlebt mit bleibenden klaren Erinnerungen,

die nicht wie beim Traum meistens nach weni-

gen Minuten ausgelöscht sind.

Nach üblicher Einleitung des AT über Ruhe,

Schwere und Wärme, Atemübung, Herzübung

und Sonnengeflechtsmeditation bleibt der Üben-

de in der tiefsten Meditationsstufe des Sonnen-

geflechtes, dem hypnoiden Trancezustand, sagt

sich aber jetzt: Vor meinem inneren Auge sehe

ich eine Farbe. Aus dieser Farbe entwickelt sich

ein Traumbild.

Dieses Traumbild hat drei Quellen: Einmal das

vor Beginn der Übung festgelegte Meditations-

bild (Meer, Berg, ein anderer Gegenstand, ein

Mensch etc) zum zweiten die aus dem Unbe-

wussten kommende Veränderung dieses Bildes

und drittens die aus dem aktiven Bewusstsein

kommende gewollte Veränderung dieses Bildes.

Diese drei Zuflüsse vermischen sich in jeweils

unterschiedlicher Quantität und Qualität. Es

entsteht so ein luzider Traum, (Klartraum), der

nach dem üblichen Rückruf im Autogenen Trai-

ning völlig memoriert werden kann. Er kann

selbstheilend wirken oder als Basis für ein thera-

peutisches Gespräch genommen werden. Die

beste Zeitspanne für einen solchen Klartraum

sind ca. 15 Minuten.

lernen lernen

6

b. Tiefenmuskelentspannung oder

Progressive Relaxation

Die progressive Relaxation beruht auf dem ein

Zusammenhang von psychischer Spannung

(Unruhe, Angst) und Muskelspannungen.

Ein Mensch, der seelisch angespannt ist, ist auch

muskulär angespannt. Meist kann man einem

unruhigen oder ängstlichen Menschen die (Mus-

kel-) Spannung ansehen: Das Gesicht ist ge-

spannt (Sorgenfalten), die Schultern hochgezo-

gen und die Haltung verkrampft.

Umgekehrt ist durch gezieltes An- und Entspan-

nen verschiedener Muskelgruppen und durch

den Lernvorgang, sich auf die begleitenden Ge-

fühle von Spannungen und Entspannungen zu

konzentrieren und sie zu unterscheiden, ein

Abbau fast aller Muskelspannungen möglich.

Dadurch kann ein Gefühl tiefer Entspannung

erlebt werden. Hierbei tritt ein Effekt auf, der

dem eines Pendels ähnelt. Auf ein bewusstes

Anspannen eines Muskels tritt nach dem Loslas-

sen eine gegenläufige « Pendelbewegung » ein,

die zu dem Gefühl verstärkter Muskelentspan-

nung führt.

Für die Verbesserung der Entspannungsfähigkeit

ist auch Sensibilisierung für Spannungs- und

Entspannungsgefühle von Vorteil.

Relaxation Response

Die meditative Entspannungsreaktion verändert

langfristig die Biochemie des Körpers und errich-

tet eine Art Blockade gegen die negativen Wir-

kungen des Stresshormons Noradrenalin auf

Blutdruck und Herzschlagfrequenz.

Dazu kommt im psychischen Bereich eine Ver-

minderung von Angst, depressiven Zuständen,

Ärgerbereitschaft und Feindseligkeit.

Es geht darum, den Strom der Alltagsgedanken

zu unterbrechen. Dazu wählt man sich einen

sogenannten "geistigen Fokus", etwas, dem man

sich während 10 bis 20 Minuten ganz hingibt.

Wenn ablenkende Gedanken eindringen, lenkt

man die Wahrnehmung sanft und ohne Zwang

wieder auf den Fokus.

Vorgehen:

1. Wählen Sie ein Wort, einen Begriff -

oder ein Gebet, das Sie als Fokus ver-

wenden wollen, oder konzentrieren Sie

sich nur auf Ihren Atem.

2. Sitzen Sie ruhig in einer bequemen Hal-

tung.

3. Schliessen Sie die Augen.

4. Entspannen Sie die Muskeln.

5. Atmen Sie langsam und natürlich, wie-

derholen Sie Ihr Fokus-Wort jedesmal

beim Ausatmen.

6. Bleiben Sie passiv, kümmern Sie sich

nicht darum, ob Sie es gut machen.

Wenn Ihre Gedanken wandern, lenken

Sie sie auf den Fokus zurück.

7. Halten Sie diese Prozedur 10 bis 20 Mi-

nuten durch.

8. Entspannen Sie sich nach dieser Metho-

de 1-2 Mal pro Tag.

lernen lernen

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Entscheidend für den Erfolg ist die Geduld: Es

kann bei allen Verfahren Wochen oder gar Mona-

te dauern, bis die Wirkung spürbar ist.

c. Andere Methoden

Natürlich gibt es noch weitere Methoden, die

eine Entspannung zum Ziel haben, zum Beispiel

Yoga, Meditation oder Biotraining Auch Kurse für

Atemschulung zeigen gute Erfolge. Tiefes, be-

wusstes Atmen steigert die Leistung des Kreis-

laufsystems und begünstigt die Sauerstoff-

aufnahme. Neben dem Sport und bewusst ein-

gesetzten Entspannungstechniken gibt es eine

ganze Reihe Tätigkeiten, die Stress abbauen.

Alles was wir gern und mit Freude tun, baut

Stress ab: Lesen, Musizieren, Tanzen, Singen,

Handarbeiten, Beschäftigung mit Tieren, Nichts-

tun, Ferien, usw. Statt negativ, sollten wir uns

bemühen, positiv zu denken . Eine Aussprache

mit einem Freund, einer Freundin bewirkt oft

wahre Wunder, tut gut und hilft, einen Teil der

Spannungen abzutragen. Auch Tagebuch- oder

Briefeschreiben (vielleicht nur für den Papier-

korb) können unser Inneres besänftigen. Viel-

leicht sprechen Sie auf Farben oder Düfte (äthe-

rische Öle) an, vielleicht hilft eine Tasse Tee,

oder es hilft ein anderes Mittel aus der Natur.

Beruhigende rein pflanzliche Wirkstoffe sind

unter anderem Baldrian, Hopfen, Passionsblume

oder Lavendel. Versuchen Sie, gelassener zu

werden. Denken Sie daran: Wo Schatten ist,

muss auch Licht sein!

Zur Geburt gehört der Tod.

Zum Einatmen gehört das Ausatmen.

Zum Geben gehört das Nehmen

Zur Leistung gehört die Erholung

Zur Geborgenheit gehört die Einsamkeit

Zur Spannung gehört die Entspannung

Chinesische Weisheit

Und dann: Lachen Sie! Lachen ist die beste

Medizin. Die heilende Kraft des Lachens liegt

unter anderem darin, dass Lachen Stress besei-

tigt, denn es löst nervöse Spannungen und reak-

tiviert dadurch das Immunsystem. Indem La-

chen Stress beseitigt oder verringert, bessert es

auch die Leistungsfähigkeit der Sinne und Wahr-

nehmung.

Wege aus der Prüfungsangst

Sich optimal aufregen

Prüfungsangst weist auf ein Ungleichgewicht

zwischen Anforderungen und Bewältigungsmög-

lichkeiten hin. Prüfungsangst an sich ist normal!

Erst ihr Übermaß wird zum Problem. Aufregung

aktiviert Menschen (macht sie munter). Zu viel

Aufregung verringert dagegen die Flexibilität,

weil dann nur noch einfache Flucht- und An-

griffsreaktionen zur Verfügung stehen. Erstreben

Sie also nicht allzu viel „Coolness“, sondern

finden Sie lieber den für Sie optimalen Mittelweg

und machen Sie die Prüfungsangst zu Ihrer

Verbündeten.

Selbstwertgefühl stärken

Obwohl manche Körperreaktionen dies nahe

legen (wie Herzrasen und Schweißausbrüche),

sind Prüfungen kein Angriff auf Ihr Leben oder

Ihre Gesundheit. Machen Sie sich bewusst, dass

Prüfungen vor allem darauf abzielen, Ihre Leis-

tung zu bewerten. „Prüfungsangst“ ist somit eine

Variante der „Bewertungsangst“. Zu ihr passt es

nicht, sich wie ein Steinzeitmensch im Angesicht

eines Säbelzahntigers zu verhalten. Wenn Sie

sich vor und bei Prüfungen übermäßig ängsti-

gen, spricht einiges dafür, dass Sie Ihr Selbst-

wertgefühl stark von der Meinung anderer ab-

hängig machen (Motto: Ich bin nur, was ich

leiste). Vielleicht haben Sie ein hohes Perfekti-

onsstreben und betrachten jeden Misserfolg als

Beweis Ihrer Minderwertigkeit. Da Prüfungen

immer wieder vorkommen können, lohnt es sich,

Ihr Selbstwertgefühl auf eine stabilere Basis zu

stellen. Dazu kann Ihnen – neben positiven

Lebenserfahrungen – eine Psychotherapie hel-

fen.

Verantwortung für das Prüfungser-

gebnis vernünftig verteilen

Der Ausgang einer Prüfung hängt meistens von

mehr als einem Faktor (Ihren Fähigkeiten) ab.

So spielen besonders bei mündlichen Prüfungen

persönliche Sympathien und Antipathien, die

Tagesverfassung des Prüfers und das Verhalten

eventueller Mitprüflinge eine Rolle. Es ist daher

lernen lernen

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lebensfremd, das Prüfungsergebnis nur Ihren

Leistungen oder nur dem Faktor Glück zuzu-

schreiben. Indem Sie die Verantwortung wirk-

lichkeitsgetreuer verteilen, motivieren sie sich,

an den Dingen zu arbeiten, die Sie selbst verän-

dern bzw. beeinflussen können. Hierzu gehört

auch der Versuch, die Rahmenbedingungen der

Prüfung eigenen Bedürfnissen anzupassen.

Katastrophen zu Ende fantasieren

Viele Prüfungskandidaten gehen davon aus,

„dass die Welt zusammenbricht“, wenn sie nicht

bestehen. In der Regel geht das Leben aber

weiter und finden sich Lösungen für die neue

Situation. Manchmal hilft es daher, sich nicht nur

die Katastrophe vorzustellen, sondern sich auch

die Folgezeit auszudenken. So können Sie sich

selbst vor Augen führen, dass wichtige Men-

schen (Eltern, Freunde, Partner) Sie wegen einer

durchgefallenen Prüfung nicht verachten oder

verlassen werden. Außerdem hält das Leben

Alternativen bereit (Wiederholungsprüfung,

andere Berufswege). Helfen Sie sich mit dem

Satz: „Umwege verbessern die Ortskenntnis“

und „Es gibt keine Misserfolge, sondern nur

nützliche Erfahrungen“.

Sich positiv programmieren und Ener-

gie vernünftig einsetzen

Nutzen Sie das Prinzip der „sich selbst erfüllen-

den Prophezeiung“. Indem Sie von einem Prü-

fungserfolg ausgehen, verhindern Sie, dass

Ängste unsinnig viel Energie binden. Aus dem

gleichen Grund ist es mitunter auch hinderlich,

sich vor einem Prüfer krampfhaft zusammen zu

reißen. Finden Sie Kurzformeln, die Sie in

schwierigen Situationen motivieren („Ich schaffe

das“ „Ich stehe das durch“). Programmieren Sie

Ängste in „gespannte Vorfreude“ (gesundes

Lampenfieber) um.

Perspektiven verändern

Fakten allein sind meist neutral, erst ihre „Be-

deutung“ macht Angst. Sehen Sie die Prüfung

nicht als „Bedrohung“, sondern als Chance zu

zeigen, was in Ihnen steckt. Entnehmen Sie

einem schnell schlagenden Herz die beruhigende

Botschaft, dass jetzt Ihr Gehirn besser durchblu-

tet wird.

Arbeitstechniken optimieren und

realistische Ziele setzen

Prüfungsangst kann auch auf mangelnde Vorbe-

reitung oder ungünstige Lerntechniken (Verzet-

teln, keine Pausen, fehlende Lernziele) hinwei-

sen. Optimieren Sie in diesem Fall Ihre Vorberei-

tungsstrategien (z. B. durch Zeit- und Stoffplä-

ne, ausreichende Wiederholungen).