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TÜV SÜD Gruppe exklusiv bei www.tuev-sued.de Was tragen wir 2010? Hightech in der Textilbranche – die aktuellen Trends auf einen Blick

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TÜV SÜD Gruppe

exklusiv bei www.tuev-sued.de

Was tragen wir 2010? Hightech in der Textilbranche – die aktuellen Trends auf einen Blick

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Der Inhalt in Kürze:

Wer nicht innovativ ist, hat es schwer in der Textilbranche. Nicht nur wasser- und winddicht muss Kleidung sein. Sie soll „mitdenken“, Körperfunktionen überwachen, Körpergerüche neutralisieren und menschliches Leben schützen. Blicken Sie mit uns auf die Trends von übermorgen. Der nachfolgende Artikel ist im April 2006 im Magazin TÜV SÜD Journal erschienen. Seite 3 -8 Was tragen wir 2010? Seite 6 Nanotechnologie kurz erklärt Seite 9 Interview mit Prof. Marie-Loise Klotz Professorin Dr. rer. nat. Marie-Louise Klotz ist Dekanin des Fachbereichs Textil- und Bekleidungstechnik an der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach.

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Sto ry I Tex t i l i nnovat i onen

Wer nicht innovativ ist, hat es schwer

in der Textilbranche. Nicht nur wasser-

und winddicht muss Kleidung sein. Sie

soll »mitdenken«, Körperfunktionen

überwachen, Körpergerüche neutrali-

sieren und menschliches Leben schützen.

Das TÜV Journal blickt auf die Trends

von übermorgen.

acken, die Orkanböen winddicht trotzen? Kennen

wir doch! Kappen, an denen Wasser einfach ab-

perlt? Fast schon ein alter Hut! Aber was ist mit Hosen,

die nie schmutzig werden? Oder mit Hemden, die immer

frisch riechen? Sind das nur Fantasien von allein stehen-

den Männern mit 50-Stunden-Woche oder Wunschträume

von geplagten Hausfrauen? Nein, denn diese textile

Zukunft hat längst begonnen. Rund um den Globus ent-

wickeln die Textiltüftler solche und ähnliche Produkte,

von denen manche schon bald in den gut sortierten Ein-

zelhandel einziehen könnten.

Insbesondere die »Sport- und Freizeitbekleidung« als

kleinerer Teilmarkt des wachsenden Wirtschaftsfeldes

»technische Textilien« (s. Info S. 5) wartet beständig mit

Neuerungen und Visionen auf. Nach dem Siegeszug der

wasser- und windabweisenden, atmungsaktiven Membran

stehen nun neue Herausforderungen und Chancen im

Fokus von Forschung und Industrie. Das TÜV Journal hat

J

Was tragenwir 2010?

Stoffe für die Zukunft: Eine

Mitarbeiterin des Membran-

herstellers Sympatex prüft

die Elastizität des Textils.

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groß (s. Info S. 7). Mit Hilfe nanopartikulärer Oberflächen-

beschichtung lassen sich textile Oberflächen »veredeln«.

Sie sind dann zugleich wasser- und schmutzabweisend

und trotzdem atmungsaktiv. Sogar Körpergerüche sollen

künftig mit Hilfe der Oberflächenmanipulation neutralisiert

werden können. So riechen nicht nur Hemden immer frisch,

sondern auch Schuhe, die lange Zeit getragen worden

sind. Damit sich die geruchshemmende Wirkung im Schuh

entfalten kann, werden die Textilfasern zunächst mit sil-

berhaltigen Keramikteilchen angereichert. Diese Silberio-

nen – elektrisch aufgeladene Atome – sondern sich wäh-

rend des Tragens permanent von selbst ab und töten dabei

Mikrobakterien, die den Körperschweiß zersetzen und den

unangenehmen Geruch verursachen. Selbst nach vielfa-

chem Waschen soll der High-Tech-Stoff seine antimikro-

bielle Wirkung noch entfalten.

Ein weiteres Plus nanotechnologisch veredelter Ober-

flächen: Es muss keinerlei Chemie verwendet werden.

Das ist nicht nur für Allergiker gut, sondern ist auch um-

weltfreundlich. Allein beim Waschen lassen sich durch

das biotechnische Verfahren gegenüber chemischen

Verfahrensweisen zahlreiche Vorteile* erzielen:

fünf Entwicklungsbereiche und Trends genauer unter die

Lupe genommen: Nanotechnologie, Sweat-Management-

Lösungen, Phase Change Materials, Wearable Electronics

sowie Smart Clothes.

Hat die Textilbranche so viel Innovation nötig? Ja, sagen

die Experten. Stärker als bisher, so die Annahme, wird der

Verbraucher auf die »Fähigkeiten« seiner Sport- und Frei-

zeitbekleidung achten und sie neben dem Preis und Aus-

sehen zum Kaufkriterium machen. Textilexpertin Prof.

Dr. Marie-Louise Klotz von der Hochschule Niederrhein

(s. Interview S. 8): »Ob sich beispielsweise ein Schuh

selbst reinigen kann, wird für die Kaufentscheidung

eines Verbrauchers künftig zentral sein.«

Nanotechnologie: Erst am Anfang der Entwicklung

Sie beschäftigt sich mit ganz kleinen Strukturen und soll

schon bald ganz groß rauskommen: die Nanotechnologie.

Nicht nur Textilforscher versuchen, das in weiten Teilen

noch unentdeckte Potenzial dieses Forschungsansatzes für

innovative und marktreife Entwicklungen fruchtbar zu nut-

zen. Nanopartikel sind nur wenige Millionstel Millimeter

Im Schatten der »klassischen« Textilbran-

chen »Bekleidung« sowie »Heim- und Haus-

textilien« ist der Teilbereich der »technischen

Textilien« in den vergangenen Jahren stark

gewachsen (in der BRD auf über 40 Prozent).

Nach Auskunft von Werner Zirnzak vom IVGT

lässt sich dieser Markt in neun Teilmärkte

gliedern:

■ Mobiltech – Textilfasern für z.B. Automotive,

Luft und Raumfahrt, Schifffahrt

■ Indutech – Industrietextilien, z.B. für Filtra-

tion, Schalldämmungen und Reinigungen für

chemische Industrie, Maschinenbau und

Elektroindustrie

■ Medtech – Medizintextilien, z.B. Babywindeln,

Spezialbandagen, Rettungsdienstausrüstungen

■ Sporttech – Sport- und Freizeitbekleidung,

z.B. wasser- und windabweisende Kleidung

■ Protech – Personen- und Objektschutz, auch im

Industriebereich, z.B. feuerfeste Westen für

Stahlarbeiter, Schusswesten

■ Buildtech – Bautextilien, z.B. Membranen,

Polyester-, Aramid-, Glas- oder Kohlenstofffaser

■ Agrotech – Textilien für den Garten und Land-

schaftsbau, z.B. Zäune, Netze für Felder

■ Packtech – Textilfasern, z.B. für Spezialver-

packungen, Schutzhüllensysteme, Postsäcke,

Big Bags

■ Geotech – Geokunststoffe, z.B. für den

Verkehrswege-, Tief- und Dammbau

Technische Textilien

Agrotech

7 %10 %

3 %

18 %

13 %22 %

5 %

10 %

12 %

Der Bereich technische Textilien

(5,2 Mrd. € Umsatz in Deutsch-

land) mit seinen neun Teilmärk-

ten und ihren Umsatzanteilen.

Foto links: Im Gore-Tex-For-

schungslabor wird ein Schuh

mit einem Sensor für einen

Wasserdurchlässigkeitstest

ausgestattet. Modernstes Equip-

ment und Mitarbeiter-Fachwissen

bilden die Grundlage der Inno-

vationsforschung: Jackentest in

einer Beregnungsanlage (Mitte)

und Schuhleder im Stabilitätstest

(rechts).

Quelle: Industrieverband Garne Gewebe Technische Textilien – IVGT

Sporttech

Protech

Packtech

Buildtech

Geotech

Indutech

MedtechMobiltech

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5Sto ry I Tex t i l i nnovat i onen

Zivilschutz, Polizei und Feuerwehr eine übergeordnete

Rolle. Die dort entwickelten Ideen werden dann von den

Produktdesignern und Ingenieuren der Textilbranche auf-

gegriffen und mit Blick auf eine breite Anwendung insbe-

sondere für Sport- und Freizeitbekleidung weiterentwickelt.

Eine der ersten Adaptationen waren Membrane, die

sich in wind-, wasser- und UV-Licht-abweisenden Jacken,

Hosen, Schuhen etc. finden und inzwischen weit verbrei-

tet sind. Dass Membran jedoch nicht gleich Membran ist,

wird bei einem Besuch von Sympatex Technologies deut-

lich. Das Wuppertaler Unternehmen zählt in Deutschland zu

den führenden Anbietern von textil einsetzbaren Membra-

• Pro Waschgang 80 bis 90 Prozent Energieeinsparung

• Halbierung des Wasserverbrauchs pro Waschgang

• Kostenersparnis – durch schmutzabweisende Ober-

fläche muss nicht mehr so häufig gewaschen werden

• Verringerung der eingesetzten Chemie

• Reduktion der Umweltbelastung

Sweat-Management: Schwitzen ohne Folgen

Dass Anglizismen in dem einen oder anderen Fall einfach

besser klingen, zeigt der nächste Forschungsbereich:

Sweat-Management. Das »Schweiß-Management« geht

der Frage nach, wie Körperschweiß am schnellsten ab-

transportiert werden kann. Ein Thema, das die Wissen-

schaftler in den Forschungslabors aus gutem Grund ins

Schwitzen bringt: Der stete Drang nach Perfektion duldet

keine Ruhepausen. Man stelle sich einfach vor: Körper-

flüssigkeit wird nicht mehr nur von der Baumwolle auf-

gesogen, sondern über mehrere textile Schichten vom

Körper wegtransportiert und verdampft dann unauffällig

an der äußersten Bekleidungsschicht. Währenddessen –

ohne dass der Träger etwas davon bemerkt – beseitigen

bioaktive Fasern übel riechende Rückstände. Das alles ist

keine Fiktion, sondern bereits realisierbar.

Sweat-Management ist ein gutes Beispiel für den

Weg, den Innovationen in der Textilbranche gehen kön-

nen. »Hier ebenso wie beim Thema Wärmeisolation stan-

den zum Beispiel die NASA und ihre Entwicklungslabors

Pate«, erklärt Prof. Dr. Marie-Louise Klotz. Denn High-Tech-

Kleidung spielt speziell in den sicherheitssensiblen, öffent-

lichen Bereichen wie z.B. bei Luft- und Raumfahrt, Militär,

Ganz schön trocken: Bei

Gore-Tex legen Testschuhe

im Dauerwassertest eine

Distanz von 500 km zurück.

kontaktAndré Leroy

TÜV SÜD Asia-Pac i f ic

+852- 27 88 - 51 86

[email protected]

www.tuev-sued.de

*Quelle: DECHEMA Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie e.V.

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6 Sto ry I Tex t i l i nnovat i onen

Der Ursprung des Wortes stammt aus dem Griechischen: Nãnnos bedeutet

»Zwerg«. Vorwiegend gebräuchlich ist die Vorsilbe »Nano«; sie steht für »ein

Milliardstel«. Hat z.B. ein Partikel den Durchmesser von einem Nanometer,

verhält er sich gegenüber einem Meter wie eine Haselnuss gegenüber dem

Erdball. Anders gesagt: Ein Nanometer entspricht z.B. in einem Stück Metall

ungefähr der Strecke von vier benachbarten Atomen. Nanotechnologie ist

ein Oberbegriff für unterschiedlichste Arten der Analyse und Bearbeitung von

Materialien, denen eines gemeinsam ist: Ihre Größendimension beträgt ein bis

einhundert Nanometer (ein Nanometer ist ein milliardstel Meter). Aus diesem

Grund sind Nanomoleküle oder -partikel nur unter einem hochauflösenden

Rasterkraft- oder Elektronenmikroskop sichtbar. Im Nanometer-Grenzbereich

ist die Material-Oberfläche zentral, nicht das Volumen. Beispiel: Der »Lotus-

effekt« ermöglicht selbstreinigende Oberflächen. Auch als Schutzanstrich für

Karosserien werden nanotechnologisch behandelte Lacke derzeit verwendet.

Quelle: Bundesministerium für Forschung und Bildung

Was ist Nanotechnologie?

auf normalem Level halten. Umgekehrt funktioniert es

ähnlich: Friert der Träger eines PCM-Kleidungsstücks,

kristallisieren die Kügelchen und sondern Restwärme ab.

Natürlich stammen nicht alle Innovationen der Textil-

branche aus der Weltraumforschung. Ein grundsätzliches

Phänomen jedoch ist, dass viele Unternehmen sowohl auf

eigene Forschung als auch auf die Kooperation mit exter-

nen Forschungsinstituten setzen – und so z.B. Chemiker,

Mediziner und Pharmazeuten in der Entwicklung einsetzen.

»Wir nutzen beide Möglichkeiten«, sagt Oliver Opitz von

der deutschen Tochter der US-Firma W. L. Gore, des welt-

weit führenden Anbieters innovativer Membranlösungen.

»Zum einen haben wir eine sehr große eigene Entwick-

lungsabteilung für Textilien im Haus: Gore beschäftigt mehr

als 100 Ingenieure verschiedener Fachrichtungen. Des

Weiteren nutzen wir Synergieeffekte durch die Zusammen-

arbeit mit anderen Units von Gore, denn wir stellen z.B.

auch Medizin- und Elektronikprodukte her. Bei speziellen

Themen setzen wir bei Bedarf aber auch auf Kooperatio-

nen mit externen Forschungsinstituten, um technische

Entwicklungen zu forcieren.«

Wearable Electronics: Eingenähte MP3-Player

Schon heute bietet die Bekleidungsindustrie auch ein Betä-

tigungsfeld für IT-Spezialisten und Elektroingenieure, frei

nen. Längst forscht Sympatex an einer neuen Membran-

generation und nutzt dafür auch »höhere« Erkenntnisse:

»Die Raumfahrttechnologie lieferte den Ideenansatz für

unser aufwändiges Vakuumverfahren, bei dem wir Membra-

ne mit Aluminium bedampfen«, erklärt Unternehmens-

sprecherin Diana Kösterkamp. Diese neue, hauchdünne

und glatte Aluminiumschicht wirkt isolierend, indem sie

die Körperwärme reflektiert und nicht entweichen lässt.

Phase Change Materials: Der coole Schaum

Weniger bekannt, dafür aber sehr spektakulär sind so

genannte Phase Change Materials (PCM). Ursprünglich

für die Raumfahrt entwickelt, werden PCM inzwischen

auch in »normalen« Sportjacken, Skianzügen, (Hand-)

Schuhen und sogar in Socken eingenäht. PCM ist ein in

die Kleidung integrierter Spezialschaum, der seinen Aggre-

gatzustand wechseln kann. Unter dem Mikroskop sieht

man, dass PCM-Schaum aus Millionen kleiner Kügelchen

besteht. Sie sind bei Temperaturen unter 22 Grad in festem

Zustand. Sobald sich die Kügelchen durch Körperwärme

oder die Außentemperatur auf über 28 Grad erhitzen, ver-

flüssigen sie sich und speichern die Wärmeenergie. Gleich-

zeitig geben sie ihre Kälte ab. Tests zeigen: Eine z.B. bei

sportlicher Aktivität ansteigende Körpertemperatur lässt

sich auf diese Weise für die Dauer von bis zu drei Stunden

Großes Foto oben und klei-

nes Foto oben links: Jacken

und Schnürsenkel werden

darauf getestet, ob sie

wasserdicht bzw. farbecht

sind. Kleines Foto oben

rechts: Beim Rubbeltest

kann das Material zeigen,

wie strapazierfähig es ist.

Die wasserabweisende

Funktion der Lotusblüten-

blätter wird von der Textil-

forschung kopiert.

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S t o ry I x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x

InterviewPROFESSORIN DR. RER. NAT. MARIE-

LOUISE KLOTZ ist Dekanin des Fachbereichs

Textil- und Bekleidungstechnik an der Hoch-

schule Niederrhein in Mönchengladbach.

Frau Prof. Dr. Klotz, welche textilen Trends erwarten Sie?

Man muss nach Einsatzgebieten unterscheiden: Im Sport werden zuneh-

mend funktionalisierte Textilien eingesetzt, die auf spezielle Einsatzge-

biete zugeschnitten sind. Der Kunde soll sich bei jeder besonderen Akti-

vität in seiner Kleidung absolut wohl fühlen – von der Unterwäsche bis

zu den Schuhen. Passform, Sweat-Management und Schutzfunktionen,

z. B. durch Protektoren, werden für den Verkauf wichtig. Bei den Beklei-

dungstextilien werden individuelle Maßanfertigungen attraktiver: Der

Kunde wählt Design, Material und Verarbeitung selbst aus und erhält

ein passformgerechtes, industriell gefertigtes Bekleidungsstück.

Integrierte MP3-Player und Handys faszinieren die Freizeitindustrie.

Was erwarten Sie von den Wearable Electronics?

Wearable Electronics werden kommen, aber langsam. Sie müssen

hinsichtlich der Tragbarkeit, der Funktionalität, dann hinsichtlich der

Waschbarkeit bzw. Pflegbarkeit noch verbessert werden. Sicherlich

muss sich auch der Preis noch nach unten bewegen.

Wie sollen kleinere und mittlere Textilunternehmen überleben,

die sich keine teure Forschung leisten können?

Kooperationen zwischen Industrie und externen Forschungsinstituten

sind sehr wichtig. Innovative Produkte können nur von einer modernen

Laborinfrastruktur und durch hochqualifizierte Wissenschaftler zur

Marktreife gebracht werden. Forschungsinstitute bieten diese Leis-

tungen zu vertretbaren Kosten und Entwicklungszeiten.

Durch welche weiteren Maßnahmen können sich Textilfirmen einen

Marktvorsprung verschaffen?

Ein effektives Qualitätsmanagement schafft Wettbewerbsvorteile. Es

schützt vor dem Produkthaftungsrisiko und hilft durch eine konsequente

Anwendung der Instrumente Kontrolle, Analyse und Verbesserung auf

allen Unternehmensebenen vor kostenintensiven Rückruf- und Nach-

besserungsaktionen.

nach dem Motto: Kleidung soll nicht nur funktional sein,

sondern auch Spaß machen. Das Stichwort: Wearable

Electronics. MP3-Player, Mobiltelefone und andere Geräte

werden dabei fest in das Kleidungsstück integriert, z.B. in

Ski- und Snowboardbekleidung. Die Kommunikation von

den Ski- und Freizeitpisten dieser Welt soll so noch einfa-

cher werden. Ein wichtiger Markt laut Prof. Dr. Klotz: »Der

Erfolg eines Bekleidungsunternehmens oder Schuhherstel-

lers wird zukünftig stark durch den möglichen Zusatznut-

zen bestimmt. Dieser kann auch durch integrierte Kommu-

nikationslösungen und Fun-Angebote erreicht werden.«

Und so hat z.B. auch Gore-Tex schon in Sachen Wearable

Electronics geforscht und entwickelt. »Wir haben für

einige unserer Partner Kleidung mit Kabeln produziert«,

erklärt Sprecher Oliver Opitz. Die größte Herausforderung:

Sie musste waschbar sein.

Smart Clothes: Kinder über GPS orten

Wie so häufig in der Forschung kommt auch bei den inte-

grierten Elektrogeräten nur die »Spitze des Eisbergs« zur

praktischen Anwendung – von Marktreife ganz zu schwei-

gen. Prof. Dr. Klotz ist sich aber sicher: »Intelligente

Bekleidung, die aktiv mit der Umwelt kommuniziert, wird

kommen. Sensoren erfassen beispielsweise Körperdaten

und Biosignale, die gespeichert oder aber auch zur Über-

wachung weitergegeben werden können. Ein anderes

Anwendungsfeld kann die Ermittlung von Umweltdaten

wie z.B. Temperatur und Feuchte sein. Über Aktuatoren

in der Bekleidung wird daraufhin beispielsweise das

Kühlen oder Wärmen des Trägers ausgelöst.«

Optimismus, der eine praktische Grundlage hat –

denn die kreativen Köpfe in den Labors sind dem

»Status quo der Marktinnovation« immer eine Nasen-

länge voraus. So können Bekleidungsstücke bereits mit

Hilfe von Mini-Elektrochips erkennen, welche Gegen-

stände ihr Besitzer bei sich trägt. Mehr noch: Smart

Clothes weisen den Träger darauf hin, wenn er ein

wichtiges Utensil, z. B. die Geldbörse, nicht bei sich

trägt. Auch die Überwachung menschlicher Körperfunk-

tionen (Herzschlag, Blutdruck) mittels Bekleidung ist

ein potenzieller Gewinn – für Sportler wie für alte und

kranke Menschen. Und dann wäre da noch der Alb-

traum jedes Jugendlichen: Eltern, die ihre Spröss-

linge via GPS- bzw. GSM-Modul überall orten können.

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Qualitätsprüfungen

Als Dienstleister für die Textilindustrie hat TÜV

SÜD in China, Indien, Thailand und anderen

asiatischen Ländern modernstes Equipment.

In Kombination mit dem Know-how eines welt-

weit operierenden Experten-Netzwerks werden

die Textilien dort in Labors auf schädliche Sub-

stanzen sowie die Einhaltung internationaler

Marktanforderungen kontrolliert (z.B. ASTM

und AATCC für den US-Markt, BS für Großbri-

tannien, DIN für Deutschland, EN für die EU).

Des Weiteren bietet TÜV SÜD ganzheitliche

QM- und Umwelt-Zertifizierungen nach interna-

tionalen Standards an, z.B. ISO 9000 und ISO

14000. TÜV SÜD Product Service in Asien prüft

u.a. Fasern und Garn, Teppichboden, Beklei-

dungszubehör, Federn und Daunen, Leder, Latex,

Watte und untersucht dabei folgende Materialei-

genschaften: Farbe und Feuerfestigkeit, Qualität,

Güte, Formstabilität, Beschaffenheit, Beständig-

keit, Umweltverträglichkeit etc.

Produktüberwachung

Wichtiger Bestandteil der Qualitätskontrolle: Das

Produkt wird von TÜV SÜD-Experten bereits in der

Fertigungsphase auf Einhaltung spezifischer An-

forderungen visuell inspiziert. Im Bedarfsfall wer-

den Modifikationen vorgeschlagen und vorgenom-

men. Die Analyse unabhängiger Prüfer garantiert

eine optimale Kontrolle der angestrebten Quali-

tätsmaßstäbe vom Beginn des Fertigungsprozes-

ses bis zur Verschiffung.

Social Compliance

Unternehmen setzen ihre eigenen Social Compli-

ance Standards schon von sich aus höher, als es

gesetzliche Vorgaben verlangen. Tun sie dies nicht,

droht der Verlust des Verbrauchervertrauens. TÜV

SÜD dokumentiert die Arbeitsbedingungen (z.B.

durch SA 8000-Zertifizierungen) bei Zulieferern

und in deren Management. Ein wichtiger Vorteil

für Unternehmen, die in Asien produzieren, und

für Kunden, die Transparenz wünschen.

Kundenspezifische Audits

■ Schulungen

■ Internationale Richtlinien: Was ist zu beachten?

■ Trainings zur Qualitätsverbesserung

■ Supply Chain Management

TÜV SÜD – Mehrwertpartner für die Textilbranche

Ob Nanotechnologie, Sweat-Management, PCM-Schaum,

Wearable Electronics oder Smart Clothes – auf jeden Fall

werden solche und ähnliche Innovationen für Textilunter-

nehmen in westlichen Industriestaaten überlebenswichtig

sein. Prof. Dr. Klotz: »Ein Textil- und Bekleidungsunterneh-

men in Europa oder speziell in Deutschland kann nur mit

innovativen Produkten seine Marktposition halten bzw.

ausbauen.« Denn auf dem Weltmarkt herrscht ein harter

Konkurrenz- und Preisdruck.

Rund 18 Mio. Beschäftigte arbeiten in den Unterneh-

men der europäischen Textilindustrie (350 Mrd. US-Dollar

Umsatz), 250 Mio. sollen es weltweit sein. 30 Jahre lang

regelten Quotenvereinbarungen bilateral, welches Import-

land von welchem Exportland welche Einfuhrmenge akzep-

tiert. Auf diese Weise gelang es den Industrieländern, ihre

Fabriken vor der »Billigkonkurrenz« zu schützen. Hunderte

von Quotenvereinbarungen entstanden so, die aber den

Zielen des GATT (General Agreement on Tariffs and Trade)

für einen freien Handel und globalen Wettbewerb wider-

sprachen. Schließlich entschärfte eine Kompromisslösung

den Konflikt zwischen GATT-Befürwortern und Anhängern

der Quotenregelung: die Gründung der Welthandelsorgani-

sation (WTO – World Trade Organization) im Jahr 1994, in

die das GATT überführt wurde. Die WTO setzte in dem vor-

geschriebenen Zehnjahres-Zeitfenster den freien Handel

durch, der nun seit dem 1. Januar 2005 gilt – von wenigen

Ausnahmen abgesehen.

Innovative Produkte, die kühlen oder wärmen, den

Schweiß abführen und »mitdenken«. Was genau im Jahr

2010 in den Regalen der Textilabteilung liegt, ist noch

nicht sicher. So viel jedoch steht heute schon fest: der

Kleiderschrank wird zur High-Tech-Kammer! ■

Zeitgerecht: die Integration

elektrischer Kleinstgeräte

(MP3-Player, Handy) in moderne

Kleidungsstücke (Foto oben

links). Foto oben rechts: Ein

Textil wird im Sympatex-Labor

auf seine wasserabweisenden

Eigenschaften geprüft.

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