Was zählt vor Ort? · Dr. Bodo de Vries. Die örtliche Pflegeinfrastruktur ist determiniert durch...

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Was zählt vor Ort? Örtliche Pflegeinfrastruktur und regionale Bedarfslagen vor dem Hintergrund des Wandels in der Altenhilfe Beitrag zur 4. Berliner Runde zur Zukunft der Pflege 18. November 2016 Dr. Bodo de Vries

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Was zählt vor Ort?Örtliche Pflegeinfrastruktur und regionale Bedarfslagen

vor dem Hintergrund des Wandels in der Altenhilfe

Beitrag zur 4. Berliner Runde zur Zukunft der Pflege

18. November 2016

Dr. Bodo de Vries

Die örtliche Pflegeinfrastruktur ist determiniert durch überregionale und gesamtgesellschaftliche Vorgaben

unterschiedlicher Umfang und Zugang zu Unterstützungsangeboten

Dies hat örtliche Auswirkung auf Qualität und Anzahl der Wahlmöglichkeiten unterschiedlicher Versorgungsangebote

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Die örtliche Pflegeinfrastruktur ist determiniert durch überregionale und gesamtgesellschaftliche Vorgaben

Wie oft die Pflege in einer Region von Angehörigen, durch ambulante Dienste oder Heim geleistet wird, ist regional unterschiedlich und bundeslandspezifisch.

Allgemein gilt das „… geringere finanzielle Ressourcen mit einem höheren Anteil an informeller Pflege einhergehen.“

Die Wahl des Pflegesettings hängt auch von finanziellen Möglichkeiten der Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen ab.

(vgl. Bertelsmann; Pflegeinfrastruktur 2016)

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Die örtliche Pflegeinfrastruktur ist determiniert durch überregionale und gesamtgesellschaftliche Vorgaben

Der demografische und gesellschaftliche Wandel (Genderverteilung älterer Menschen) und der Ausbau von Versorgungsstrukturen jenseits stationärer Einrichtungen bewirken den Funktionswandel stationärer Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen

Die Reduktion der Verweildauer und die schleichende Maskulinisierung der Bewohner in stationären Einrichtungen ist auch ein Beleg für den Wandel der Zielgruppen stationären Einrichtungen und dem Funktionswandel stationärer und ambulanter Versorgungsangebote.

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gesamt weiblich männlich Linear (gesamt) Linear (weiblich) Linear (männlich)

32,230,8 31,1

29,1

30,4 30,128,9

27,127,4

26,926,3

25,725,2

24,6

37,4

35,3

37,0

32,5

35,336,1

34,1

31,632,4

31,931,3

30,830,2

29,7

18,2

19,6

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21,4

18,7

15,8

17,9 17,9 17,5 17,3 17,2 17,0 16,9 16,7

Durchschnittliche Verweildauer in Einrichtungen des Ev. Johanneswerkes nach Monaten

Quelle: Altersinstitut, Verweildauern 2007 bis 08/2014 (Trendszenario, stationär und KZP, Mittelwerte, n=8286)

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Geschlechtspezifische Verteilung der Verstorbenen nach Jahren

26,9%28,6% 27,8%

30,5%29,3% 29,6%

32,1%33,2% 32,5% 33,1% 33,7% 34,3% 34,9% 35,5%

73,1%71,4% 72,2%

69,5%70,7% 70,4%

67,9%66,8% 67,5% 67,0% 66,5% 66,0% 65,5% 65,0%

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2007 (ab07)

2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014(bis 08)

2015 2016 2017 2018 2019 2020

Anteil Männer

Anteil Frauen

Linear (Anteil Männer)

Linear (Anteil Frauen)

2007(ab 07)

26,9%28,6% 27,8%

30,5%29,3% 29,6%

32,1%33,2% 32,5% 33,1% 33,7% 34,3% 34,9% 35,5%

73,1%71,4% 72,2%

69,5%70,7% 70,4%

67,9%66,8% 67,5% 67,0% 66,5% 66,0% 65,5% 65,0%

Quelle Alters-Institut: Trendszenario, stationär und KZP, n=8286

Ver

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Verweildauer in Intervallen

51,3%

10,8%

7,3%

6,6%

3,9%

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2,9%

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2,2%

1,7%

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0,0% 10,0% 20,0% 30,0% 40,0% 50,0% 60,0%

bis 6

6 bis 12

12 bis 18

18 bis

24 bis 30

30 bis 36

36 bis 42

42 bis 48

48 bis 54

54 bis 60

30 bis 66

66 bis 72

gesamt

weiblich

männlich

Die mittlere Verweildauer aller im Zeitraum zwischen 2007 und 2014

verstorbenen stationär betreuten Bewohner/-innen und KZP-Gäste

beträgt

insgesamt knapp 30 Monate bzw. 2 Jahre und 6 Monate,

für Bewohnerinnen ca. 35 Monate bzw. knapp 3 Jahre

für männliche Bewohner ca. 18 Monate bzw. 1 1/2 Jahre

Ca. 20% verstirbt innerhalb der ersten vier Wochen nach dem Einzug; bis zum dritten Monat erhöht sich die Sterberate auf ca. 30%.

Nach 6 Monaten sind 30% der neu eingezogenen Frauen und über die Hälfte aller Männer verstorben.

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Prozentuelle Verteilung

Quelle: Alters-Institutnach Geschlecht bis 72 Monate (stationär und KZP) 2007-2014, n=8286

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Allgemeine überregionale Nutzungsformen und Funktionen der Versorgungssettings lassen sich auf die konkrete regionale Ebene nur unzureichend übertragen.

Am Beispiel der Verweildauer in stationären Versorgung lassen sich differenzierte regionale Funktionen der Einrichtungen vermuten.

Hypothese:

Wenn eine im Umfang und Zugang differenzierte örtliche Infrastruktur ausgeprägt existiert, reduziert sich die Verweildauer in stationären Einrichtungen.

Existieren keine Wahlmöglichkeiten können einseitige Angebote die örtliche Altenhilfe von Entwicklungen abkoppeln, die zu fachlichen, wirtschaftlichen und ethischen Fragestellungen der Infrastruktur führen.

Die örtliche Pflegeinfrastruktur ist determiniert durch überregionale und gesamtgesellschaftliche Vorgaben: Die örtliche Perspektive (1 von 3)

Demenzbetreuung Palliativversorgung Residenzfunktion

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Die örtliche Pflegeinfrastruktur ist determiniert durch überregionale und gesamtgesellschaftliche Vorgaben: Die örtliche Perspektive (2 von 3)

Was zählt vor Ort:

Der Pflegebedürftige in der Altenhilfe waren je nach Epoche in Deutschland Insasse, Patient, Bewohner , Klient und Kunde. Er sollte mit seinen Bedürfnissen und Bedarfen zu örtlichen Nutzer von Versorgungsangeboten werden.

Das Leitbild in der Altenhilfe waren Anstalten, das Krankenhaus, Wohnbereiche und Hausgemeinschaften. Anforderungen an die Teilhabe alter Menschen im Wohnquartier und in stationären Einrichtungen macht die Entwicklung von Sorgenden Gemeinschaften notwendig, die im Wohnquartier wirken. Diese sollten auch die stationären Einrichtungen in die Gemeinschaft einbinden.

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Die örtliche Pflegeinfrastruktur ist determiniert durch überregionale und gesamtgesellschaftliche Vorgaben: Die örtliche Perspektive (3 von 3)

Was zählt vor Ort:

Das Versorgungskonzept der Quartiersversorgung (QNV) war ursprünglich im ambulanten Regelsystem entwickelt worden, in dem es Versorgungssicherheit in der eigenen Häuslichkeit abbilden soll. Die Einbindung der stationären Versorgung in diese Konzepte muss eine sektorenübergreifende Ausrichtung hervorbringen und stationäre Einrichtungen zu Pflegezentren durch übergreifende Angebote im Bereichen der Pflege, Gastronomie, Kultur- und Freizeitarbeit, Rehabilitation u.a.m. garantieren. In diesen Konzept (QNV pluS) werden stationäre Einrichtungen zu Pflegezentren.

Es bleibt die Orientierung der Altenarbeit an der Lebenslage und am Lebensstil älterer Menschen, die es mit den objektivierbaren Handlungsspielräumen und biografisch geprägten Bedürfnissen und Bedarfslagen partizipativ zu entsprechen gilt.

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Die generative Entwicklung der Versorgung alter Menschen in der Bundesrepublik Deutschland

1. Generation

2. Generation

3. Generation

4. Generation

5. Generation

Entwicklung-

aufgabe:

EntstehungCa. 1940 bis

1970Ende 60er bis

70er Jahre80er Jahre Ca. 2000 2012 ab 2016

LeitbilderVerwahr-

anstaltKrankenhaus Wohnheim Familie Appartement

Sorgende

Gemeinschaft

Pflegebedürftige Insasse Patient Bewohner Bewohner Klient Nutzer

Handlungsanlei-tendes Merkmal der Versorgung

Insassen werden

verwahrt

Patienten werden

behandelt

Bewohner werden aktiviert

Erleben von Geborgenheit u. Normalität

Leben in Privatheit

Quartiersver-

sorgung pluS

Handlungsanlei-tendes Merkmal der Beziehungs-gestaltung

Vgl. auch: Kuratorium Deutsche Altenhilfe; Pro Alter; Nr. 2; 2000; S,24-34.; Michell-Auli, P., Sowinski, Chr.: Die 5. Generation: KDA-Quartiershäuser. Ansätze zur Neuausrichtung von Alten- und Pflegeheimen; 2012.

Orientierung an der Lebenslage und Lebensstil

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Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.