Wasser als Lösungsmittel: Koordinationskatalyse

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DIE BESONDEREN EIGENSCHAFTEN DES WASSERS | 40 | Chem. Unserer Zeit | 37. Jahrgang 2003 | Nr. 1 Koordinationskatalyse Wasser als Lösungsmittel HANS F UHRMANN | TORSTEN DWARS | G ÜNTHER OEHME Lösungsmitteleffekt des Wassers Den Betrachtungen von Lösungsmitteleffekten legen wir als thermodynamische Bedingung die Gibbs-Gleichung zu- grunde: R G = R H – TR S worin R G die Freie Reaktionsenthalpie , R H die Reakti- onsenthalpie und R S die Reaktionsentropie darstellen. Die Differenzen beziehen sich auf Anfangs- und Endzustand der Reaktion. Bedingung für eine freiwillig ablaufende (exer- gonische) Reaktion ist eine negative Freie Reaktionsenthal- pie (-R G), was durch ein negatives R H oder ein positives R S bewirkt werden kann. Zur Analyse kinetischer Vorgän- ge dient die analog formulierte Eyring-Gleichung, deren „Ak- tivierungsgrößen“ die Differenzen zwischen Ausgangszu- Wasser ist für organische Synthesen ein ungewöhnliches Lösungsmittel. Mit der wachsenden Bedeutung homogen- katalysierter Reaktionen und der Forderung, Methoden der Katalysatorrückgewinnung zu finden, wurde Wasser als polare Phase in Mehrphasensystemen interessant. Es zeigte sich aber auch, dass für einige Reaktionen in Wasser ungewöhnliche Aktivitäten und Selektivitäten erreicht werden können. So wurden auch Phasentransfer- und supramole- kulare Systeme neu bewertet. Neue Perspektiven eröffnen sich mit superkritischem Wasser als Reaktionsmedium. Heute gehört die organisch-katalytische Chemie in Wasser zu den aktuellen Arbeitsgebieten. Wasser hat Eigenschaften, die ihm als Lösungsmittel eine be- sondere Bedeutung geben. Ursache ist die Ausbildung von Wasserstoffbrücken, denn das Wassermolekül kann sowohl als Donor als auch als Akzeptor von Wasserstoffbrücken wirken. Dadurch liegt im Eis eine hohe Nahordnung vor, aber auch flüssiges Wasser weist noch in begrenzten Bereichen solche Ord- nungen auf. Da Phasenübergänge mit dem Lösen oder der Bil- dung von Wasserstoffbrücken verbunden sind, zeigt Wasser un- gewöhnlich hohe Enthalpieänderungen beim Übergang fest- flüssig (H melt = 6,003 kJ/mol) und vor allem beim Übergang flüssig-gasförmig (H vap = 40,656 kJ/mol). Auch die Wärmeka- pazität von Wasser ist hoch. Da innerhalb einer O-H··O-Bindung ein Protonenübergang kinetisch begünstigt ist, zeigt Wasser ei- ne elektrische Leitfähigkeit, die höher ist als aus der Ionisations- konstanten zu erwarten. Außerdem hat es eine besonders hohe Oberflächenspannung, eine Anomalie in der Temperaturab- hängigkeit der Dichte, eine ungewöhnliche Druckabhängigkeit der Viskosität und eine sehr hohe Dielektrizitätskonstante (ε 25°C = 78,5). Das polare Wassermolekül kann andere polare Moleküle solvatisieren (hydratisieren) und damit solubilisieren. Ionische Verbindungen können auf Grund der hohen Diel- ektrizitätskonstante leicht dissoziieren. Daher ist Wasser ein be- vorzugtes Lösungsmittel in anorganischen Reaktionen, aller- dings lassen die erwähnten Eigenschaften auch die Bedeutung für die physiologische Chemie erkennen [1].

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D I E B E S O N D E R E N E I G E N S C H A F T E N D E S WA S S E R S|

40 | Chem. Unserer Zeit | 37. Jahrgang 2003 | Nr. 1

Koordinationskatalyse

Wasser als Lösungsmittel HANS FUHRMANN | TORSTEN DWARS | GÜNTHER OEHME

Lösungsmitteleffekt des WassersDen Betrachtungen von Lösungsmitteleffekten legen wir alsthermodynamische Bedingung die Gibbs-Gleichung zu-grunde:

∆RG = ∆RH – T∆RS

worin ∆RG die Freie Reaktionsenthalpie, ∆RH die Reakti-onsenthalpie und ∆RS die Reaktionsentropie darstellen. DieDifferenzen beziehen sich auf Anfangs- und Endzustand derReaktion. Bedingung für eine freiwillig ablaufende (exer-gonische) Reaktion ist eine negative Freie Reaktionsenthal-pie (-∆RG), was durch ein negatives ∆RH oder ein positives∆RS bewirkt werden kann. Zur Analyse kinetischer Vorgän-ge dient die analog formulierte Eyring-Gleichung, deren „Ak-tivierungsgrößen“ die Differenzen zwischen Ausgangszu-

Wasser ist für organische Synthesen ein ungewöhnliches Lösungsmittel. Mit der wachsenden Bedeutung homogen-katalysierter Reaktionen und der Forderung, Methoden derKatalysatorrückgewinnung zu finden, wurde Wasser als polare Phase in Mehrphasensystemen interessant. Es zeigtesich aber auch, dass für einige Reaktionen in Wasser ungewöhnliche Aktivitäten und Selektivitäten erreicht werdenkönnen. So wurden auch Phasentransfer- und supramole-kulare Systeme neu bewertet. Neue Perspektiven eröffnensich mit superkritischem Wasser als Reaktionsmedium. Heute gehört die organisch-katalytische Chemie in Wasser zuden aktuellen Arbeitsgebieten.

Wasser hat Eigenschaften, die ihm als Lösungsmittel eine be-sondere Bedeutung geben. Ursache ist die Ausbildung von Wasserstoffbrücken, denn das Wassermolekül kann sowohl alsDonor als auch als Akzeptor von Wasserstoffbrücken wirken.Dadurch liegt im Eis eine hohe Nahordnung vor, aber auch flüssiges Wasser weist noch in begrenzten Bereichen solche Ord-nungen auf. Da Phasenübergänge mit dem Lösen oder der Bil-dung von Wasserstoffbrücken verbunden sind, zeigt Wasser un-gewöhnlich hohe Enthalpieänderungen beim Übergang fest-flüssig (∆Hmelt = 6,003 kJ/mol) und vor allem beim Übergangflüssig-gasförmig (∆Hvap = 40,656 kJ/mol). Auch die Wärmeka-pazität von Wasser ist hoch. Da innerhalb einer O-H··O-Bindungein Protonenübergang kinetisch begünstigt ist, zeigt Wasser ei-ne elektrische Leitfähigkeit, die höher ist als aus der Ionisations-konstanten zu erwarten. Außerdem hat es eine besonders hoheOberflächenspannung, eine Anomalie in der Temperaturab-hängigkeit der Dichte, eine ungewöhnliche Druckabhängigkeitder Viskosität und eine sehr hohe Dielektrizitätskonstante (ε25°C = 78,5). Das polare Wassermolekül kann andere polareMoleküle solvatisieren (hydratisieren) und damit solubilisieren.Ionische Verbindungen können auf Grund der hohen Diel-ektrizitätskonstante leicht dissoziieren. Daher ist Wasser ein be-vorzugtes Lösungsmittel in anorganischen Reaktionen, aller-dings lassen die erwähnten Eigenschaften auch die Bedeutungfür die physiologische Chemie erkennen [1].

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stand und Übergangszustand („aktiviertem Komplex“), d. h.dem energetischen Maximum auf dem Reaktionsweg be-deuten:

∆G‡= ∆H‡ – T∆S‡ .

Eine Reaktionsbeschleunigung durch katalytische oderLösungsmitteleffekte muss als negative energetische Diffe-renz zwischen zwei ∆G‡-Werten gesehen werden. Eine Sta-bilisierung des Übergangszustandes führt zu einem Absin-ken von ∆G‡ und damit zu einer Beschleunigung der Reak-tion, während die Stabilisierung des Ausgangszustandes ∆G‡

erhöht und damit die Reaktionsgeschwindigkeit herabsetzt(Abbildung 1). Eine Beschleunigung kann durch eine Ab-nahme von ∆H‡ oder eine Zunahme von ∆S‡ bewirkt wer-den. Solvatationen von polaren Molekülen bedeuten eine Er-niedrigung in der Aktivierungsenthalpie, wenn dadurch dieSpaltung einer Bindung erleichtert wird und damit eine Ab-senkung der Freien Aktivierungsenthalpie ∆G‡ erfolgt.

Bei nichtpolaren (hydrophoben) organischen Verbin-dungen fehlt dieser energetische Vorteil und die Löslich-keit in Wasser ist nur gering, zumal sich Wassermoleküle na-he der Oberfläche des organischen Moleküls „ordnen“ müs-sen, was einen Entropieverlust bedingt. Das kann allerdingsbei bipolaren (amphiphilen) Molekülen eine freiwillige Aggregation der hydrophoben Molekülbereiche zur Folgehaben, denn die Aufhebung der Nahordnung von Wasser-molekülen entlang der hydrophoben Molekülteile ist miteinem Entropiegewinn verbunden. Dieser Effekt wird als„Hydrophober Effekt“ bezeichnet und kann im Wechsel-spiel mit der polaren (enthalpischen) Hydratation bei bio-logisch wichtigen Makromolekülen im hohen Maße struk-turbildend wirken. In natürlichen Systemen betrifft diesesbesonders die Bildung von Tertiär- und Quartärstrukturenvon Proteinen (z. B. in Enzymen) und die Membranbildungdurch Lipide.

Kinetisch kann Wasser durchaus beschleunigend auf or-ganisch-chemische Reaktionen wirken:

(i) Bei der Solvolyse von tert.-Butylbromid (Abbildung2a) nach einer SN1-Reaktion ist im geschwindigkeitsbe-stimmenden Schritt eine Trennung in Carbeniumion undBromidion im Übergangszustand vorgebildet und wirddurch Hydratation enthalpisch begünstigt. (ii) Die Diels-Alder-Reaktion von Cyclopentadien und Methylvinylketon(Abbildung 2b) verläuft in Wasser im Vergleich zu organi-schen Medien beschleunigt ab [2]. Im Übergangszustandsollte das Endprodukt weitgehend vorgebildet sein, was ei-ne „Dehydratation“ der hydrophoben Edukte voraussetztund damit einen entropischen Gewinn bringt (∆S‡ erhöht,„enforced hydrophobic interaction“). Außerdem wird einepolare Aktivierung des Methylvinylketons durch Wasser-stoffbrückenbindung von Wasser zur Carbonylgruppe an-genommen [3].

In beiden Beispielen tritt im Übergangszustand ge-genüber dem Ausgangszustand eine Volumenverminderungein, d. h. das Aktivierungsvolumen ∆V‡ ist negativ. Eine sol-

A B B . 1 | R E A K T I O N S KO O R D I N AT E Z U M L Ö S U N G M I T T E L E F F E K T

Wird der Über-gangszustanddurch Lösungsmit-teleffekte stabili-siert, sinkt ∆∆G ‡.Dies führt zu einerBeschleunigungder Reaktion. EineStabilisierung desAusgangszustan-des dagegen er-höht ∆∆G ‡, wäh-rend eine Verän-derung des Endzu-standes ohne Ein-fluss auf ∆∆G ‡ ist.

A B B . 2 | D U RC H WA S S E R B EG Ü N S T I G T E R E A K T I O N E N

a) Vorstellungen zur Verseifung von tert.-Butylbromid in Wasser; b) selektive Diels-Alder-Reaktion von Cyclopentadien mit Methylvinylketon in verschiedenen Lösungsmitteln; c) Epoxidierung von Enolen; d) durch Indium vermittelte Allylie-rung von 3-Hydroxybutyraldehyd; e) selektive Bildung von Lactonen. MCPBA = Metachlorperbenzoesäure.

Lösungsmittel endo:exoCyclopentadien 4:1Ethanol 9:1Wasser 21:1

a)

b)

c)

d)

e)

MCPBA

MCPBA

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che molare Volumenkontraktion im Aktivierten Komplexwird durch die hohe kohäsive Energiedichte des Wassers be-günstigt [4] (cohesive energy density, c.e.d.= ∆Hvap.-RT/Vm;

für Wasser: c.e.d. = 2.303 kJ/cm3; darin sind ∆Hvap die Ver-dampfungsenthalpie und Vm das Molvolumen in cm3).

Organische Synthesen hoher Selektivität Durch den Einsatz von Wasser als Lösungsmittel können ineiner Reihe von Reaktionen (z. B. Diels-Alder-Reaktion,Michael-Addition, Aldolreaktion, Claisen-Umlagerung, Ally-lierungen) nicht nur die Reaktionsgeschwindigkeit und Aus-beute, sondern auch die Regioselektivität, Diastereoselek-tivität und sogar die Enantioselektivität beeinflusst werden.

Für die zunehmende Bedeutung von Wasser als Lö-sungsmittel in der synthetischen organischen Chemie wa-ren Versuche zur Reaktivitäts- und Selektivitätssteigerungvon Diels-Alder-Reaktionen ein grundlegender Schritt[2,5,6]. Bei der Cycloaddition von Cyclopentadien mit Me-thylvinylketon wurden schon früh Vorteile des wässrigenMediums hinsichtlich der endo/exo Selektivität gefunden(Abbildung 2b).

Unterschiede bei der Wahl des Lösungsmittels könnenauch bei Oxidationen festgestellt werden. Die Epoxidierung

von ω-Hexenol mit Metachlorperbenzoesäure in Wasser ver-läuft quantitativ, die Ausbeute an Epoxid in organischen Lö-sungsmitteln ist wesentlich geringer. Bei Verwendung vonCyclopenten-1-ol statt aliphatischen ω -Enolen als Aus-gangsstoff wird zudem eine bemerkenswerte cis/trans Se-lektivität gefunden (Abbildung 2c) [6].

Die durch Indium vermittelte Allylierung von Carbonyl-verbindungen ist ein besonders erfolgreiches Beispiel fürden Einsatz von Wasser als Lösungsmittel in selektiven Synthesen [7]. In Wasser werden bei dieser Reaktion in guten Ausbeuten überwiegend cis-konfigurierte 1,3-Dioleaus β-Hydroxyaldehyden erhalten, während die Reaktion inTetrahydrofuran ausbleibt (Abbildung 2d).

Eine Radikalreaktion in wässrigem Milieu ist die in Ab-bildung 2e gezeigte Bildung von Lactonen aus acyclischenAllylestern, die in organischen Lösungsmitteln wie Benzoloder Hexan nicht abläuft. Für R = Methyl bzw. Ethyl zeich-net sich diese Synthese durch eine sehr gute Diastereo-selektivität (> 80 %) aus [7].

Der Einsatz von Wasser als sicheres und umwelt-freundliches Lösungsmittel kann durch die Verbesserungder Ausbeute, Katalysatoreffektivität oder Selektivität beichemischen Synthesen zu einer Einsparung von Kosten und

Unter Aktivierungs-volumen wird dieDifferenz der Volu-mina der Edukte imAusgangszustandund im AktiviertenKomplex verstan-den: ∆V‡ = V‡ – VEd.

A B B . 3 | WA S S E R L Ö S L I C H E C H I R A L E U N D AC H I R A L E L I G A N D E N VO N KO O R D I N AT I O N S K ATA LYSATO R E N

sulfoniertes Batophenanthrolin

Organometall-katalysatorenlassen sich Dankspezieller Liganden auch inWasser einsetzen.

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Abfall führen. So wird die elektrochemische Darstellungvon Adiponitril (Ausgangsstoff zur Herstellung von Poly-meren und Adipinsäure) aus Acrylnitril in wässrigem Me-dium durchgeführt (Monsanto).

Koordinationskatalyse und Mehrphasenkatalyse

Im Unterschied zu heterogenen Katalysatoren kommen Koordinationskatalysatoren überwiegend in homogenenMedien zum Einsatz. Homogenkatalysatoren sind in allerRegel chemisch klar definierte, reproduzierbar herstellba-re Substanzen, die infolge fehlender Oberflächeneffekte ei-ne höhere spezifische Aktivität als heterogene Katalysato-ren aufweisen. Besondere Aufmerksamkeit haben dabeiKomplexe der Übergangsmetalle ge-funden (Metalle mit nichtkompletterd-Schale, auch als Nebengruppenele-mente bezeichnet), insbesondere de-ren Hydrid-, Carbonyl-, π-Allyl- undAromaten-Komplexe. Auf Grund dermilden Reaktionsbedingungen undder hohen Selektivität nehmen derar-tige Katalysatoren einen hervorra-genden Platz in der chemischen Tech-nik ein.

Eine der ältesten homogen katalysierten Reaktionen vonbesonderer technischer Bedeutung ist die Hydroformylie-rung oder Oxosynthese, wobei Olefine und CO zu Aldehy-den umgesetzt werden. Seit 1984 wird dieser technisch be-deutungsvolle Prozess auch in wässrigem Medium realisiert.Der Einsatz von Wasser in dieser Reaktion war gleichbe-deutend mit der Bildung einer zweiten Phase, die eine Recy-clisierung des teuren Katalysators ermöglichen sollte. Derwirtschaftliche Erfolg der Zwei-Phasen-Hydroformylierungnach dem RCH/RP-Verfahren (Ruhrchemie/Rhône-Poulenc-V.) regte Forscherteams in aller Welt an zu prüfen, unterwelchen Bedingungen homogen-katalysierte Reaktionenauch in Wasser oder wässrigen Medien ablaufen können.Damit verbunden war die sprunghafte Entwicklung einerVielzahl wasserlöslicher Organometallkatalysatoren auchmit chiralen Liganden.

Chirale Organometallkatalysatoren haben für einenerstaunlichen Fortschritt in der asymmetrischen Katalysein wässrigen Medien gesorgt.

Organometallkatalyse: auch in WasserLange Zeit herrschte die Meinung vor, dass Organometall-katalysatoren nur in organischen Lösungsmitteln und häu-fig unter striktem Ausschluss von Feuchtigkeit eingesetztwerden können. Diese Situation hat sich inzwischen grund-legend verändert. Wesentliche Ursache dafür sind das De-sign hochspezialisierter wasserlöslicher Katalysatoren unddie Mehrphasentechnik [6,8-12]. In Abbildung 3 sind eini-ge Beispiele von chiralen und achiralen Liganden gezeigt,die mit Übergangsmetallverbindungen hocheffiziente Ka-talysatoren für unterschiedliche Reaktionen bilden.

Von besonderer technischer Bedeutung sind die sul-fonierten Phosphine TPPMS und TPPTS, die in der Zwei-phasenhydroformylierung von Propen und Buten eingesetztwerden. Diese Zweiphasenprozesse wurden möglich durchdie 1974 eingeführte Sulfonierung von Triphenylphosphinmittels Oleum (konzentrierte H2SO4 mit 20 % SO3) bei 40 °C in 24 h. Nach Hydrolyse und Neutralisation mit NaOH wird eine wässrige Lösung von Na2SO4 und ein Ge-misch unterschiedlich stark sulfonierter Phosphine erhal-ten. Durch Fraktionierungs- und Extraktionsschritte gelingtes, einzelne Phosphinsulfonate in ausreichender Reinheit zuisolieren. Für den RCH/RP-Prozess hat sich das besondersgut wasserlösliche Triphenylphosphin-natrium-trisulfonat(TPPTS) (Wasserlöslich-keit: 1100 g/L) am besten bewährt.

Aus der wässrigen TPPTS-Lösungwird der eigentliche OxokatalysatorHRh(CO)(TPPTS)3 auf einfache Wei-se und direkt im Oxoreaktor her-gestellt. Bei der Hydroformylierungvon 1-Olefinen (z. B. Propen oder 1-Buten) mittels CO und H2 werdenneben den erwünschten linearen Al-dehyden (n-Aldehyde) auch die ver-zweigten Aldehyde (iso-Aldehyde)erhalten (Abbildung 5a). Im indu-

striellen Verfahren erreicht man heute ein n/iso- Verhältnisvon 95:5. Die Hydroformylierung wird in einem Zwei-Pha-senprozess (flüssig – flüssig) durchgeführt. Dabei ist der Katalysator in der wässrigen Phase gelöst, während das Substrat (Olefin) und die Reaktionsprodukte (Aldehyde) die zweite, mit Wasser nicht mischbare, Phase bilden (Abbildung 4).

Die Effizienz dieser Zweiphasenkatalyse im wässrigenMedium wird stark durch die Intensität der Vermischungder zwei Phasen bestimmt, da vieles dafür spricht, dass dieReaktion im wesentlichen in der Phasengrenzschicht ab-läuft. Ein wichtiges Charakteristikum der Zwei- oder Mehr-phasenkatalyse ist die einfache Produktisolierung und diebeinahe verlustfreie Rückgewinnung des Katalysators. Letz-teres ist bei der Verwendung teurer Übergangsmetallkata-lysatoren des Rhodiums, Palladiums und Platins besonderswichtig. Die Basistechnologie des Hydroformylierungspro-zesses ist verblüffend einfach: Synthesegas (CO + H2) undflüssiges Propen (oder 1-Buten) werden in einem intensivgerührten Tankreaktor mit der wässrigen Katalysatorlösungvermischt und zur Reaktion gebracht. Der Rohaldehyd ge-langt in einen Separator, wo die Trennung der ineinanderunlöslichen Phasen und die Abtrennung und Rückführungvon Gasanteilen erfolgt. Die Katalysatorlösung gibt über ei-nen Wärmeaustauscher die Reaktionswärme ab, wobei Pro-zessdampf erzeugt wird, und wird danach in den Reaktorzurückgeführt. Die organische Aldehydphase wird in einerAbstreifkolonne (Stripperkolonne) durch entgegenströ-mendes Frisch-Synthesegas von nicht umgesetzten Olefi-nanteilen befreit. Durch fraktionierte Destillation werdenanschließend n- und iso-Aldehyde getrennt. In Tabelle 1

< Zweiphasen-katalyse in einem flüssig-flüssig-System.

A B B . 4 | Z W E I PH A S E N K ATA LYS E

Flüssigphase 1 Substrat und(organisch) Produkte

Flüssigphase 2 Katalysator(wässrig)

Gasphase

Mehr zum ThemaOxosynthese findenSie im Aufsatz überwasserlösliche Katalysatoren inChemie in unsererZeit 22000011, 35, 306.

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sind die charakteristischen Daten des RCH/RP-Prozesses zu-sammengefasst.

Die erste Anlage startete 1984 in Oberhausen (Ruhr-chemie-Hoechst) mit einer Kapazität von 100 000 t/a. Bisheute ist die Produktionskapazität an diesem Standort, derinzwischen zur Celanese AG gehört, zusammen mit einerAnlage in Südkorea auf etwa 600 000 t/a Butyraldehyd ge-stiegen [9]. Ausgehend von 1-Buten wurden in der gleichenWeise 1995 12000 t/a Valeraldehyd produziert (Tendenzsteigend). Durch Verwendung eines achtfach sulfoniertenPhosphinliganden mit Binaphthylstruktur (BINAS, Abbil-dung 3) gelang es [8], einen Rh-Katalysator für die Oxo-synthese zu entwickeln, der bei einem niedrigen Phos-phin/Rhodium-Verhältnis (7) und einer 10-fach gesteiger-ten Aktivität gegenüber dem Rh/TPPTS-Katalysator eine

n/iso-Selektivität von 98:2 aufweist. Es ist der zur Zeit ak-tivste wasserlösliche Hydroformylierungskatalysator. An ei-ner technischen Lösung zur Hydroformylierung höhererOlefine (C8-C12) auf der Basis von Rh-Komplexen mit Bis-phosphinliganden wird gegenwärtig gearbeitet.

Die Zweiphasentechnologie hat sich auch für anderetechnisch relevante Verfahren als vorteilhaft erwiesen. Sowird sie bei der Telomerisation von Butadien mit Ammoni-ak als Strategie zur Vermeidung von Konsekutivreaktionenangewendet (Abbildung 5b). Auf Grund der höherenNucleophilie von Alkylaminen gegenüber NH3 würde dasnicht erwünschte Trioctadienylamin als Hauptprodukt derdurch einen Pd-acetat/TPPTS katalysierten Telomerisationanfallen. Werden die isomeren Octadienylamine direkt nachihrer Entstehung mit einem Lösungsmittel geeigneter Pola-rität (z. B. Toluol) extrahiert, so wird die Folgereaktion inder wässrigen Katalysatorphase unterbunden. Das 2,7-Octadienylamin, das nach der Hydrierung zum Octylamineine wichtige Komponente zur Herstellung von Weich-spülern, Korrosionsinhibitoren und Flotationshilfsmittelnist, wurde bereits in einer halbkontinuierlichen Versuchs-anlage hergestellt, wobei die wässrige Katalysatorphase biszu zehnmal mit geringem Aktivitäts- und ohne Selekti-vitätsverlust recyclisiert werden konnte [13].

1981 entwickelte Rhône-Poulenc einen Zweiphasen-prozess zur Addition von aktiven Methylenverbindungenan konjugierte Diene. Die Kupplung von Methylacetoace-tat mit Myrcen (Abbildung 5c) ergibt Geranylaceton, einVorläufer des Vitamin E. Der seit 1988 laufende Prozess be-dient sich eines Rh/TPPTS-Katalysators. Durch Zugabe vonMethanol wird der notwendige Kontakt zwischen hydro-philem Katalysator und lipophilem Substrat erleichtert. Derintermediär entstehende C15-β-Ketoester ist übrigens eineSchlüsselverbindung in der Vitamin A-Synthese.

Mitte der 90iger Jahre wurde bei der Hoffmann-La Roche AG ein wasserlöslicher atropisomerer Ligand ent-wickelt, der ein tetrasulfoniertes Biphenylphosphin darstellt(MeOBIPHEP-S, Abbildung 3). Als Komponenten von Rut-henium(II)- und Rhodium(I)-Hydrierkatalysatoren konntenverschiedene C=C-ungesättigte Verbindungen (Enamide,Säuren) mit hoher Enantioselektivität (bis zu 99 % ee) beieinem hohen Substrat-Katalysator-Verhältnis (bis zu10000:1) in einem Zweiphasenprozess hydriert werden.

A B B . 5 | Ü B E RG A N G S M E TA L L- K ATA LYS I E R T E S Y N T H E S E N

a) Hydroformylie-rung von 1-Olefi-nen; b) Telomerisa-tion von Butadienmit Ammoniak; c) Zweiphasenpro-zess zur Gewinnungvon Geranylaceton; d) Transferhydrie-rung einer Phenyl-alaninvorstufe; e) pH-abhängigeSelektivhydrierungeines ungesättig-ten Aldehyds.

a)

b)

c)

d)

e)

TA B . 1 | DAT E N D E S RC H / R P- PRO Z E S S E S Z U R

H Y D RO FO R M Y L I E R U N G VO N PRO PE N

Druck (bar) < 50

Wässrige/organische Phasen (Vol./Vol.) 6

[P]/[Rh]-Verhältnis > 50

Selektivität der C4-Produkte (%) > 99

Selektivität an C4-Aldehyden (%) 99

n/iso-Verhältnis (%) 93/7 – 97/3

n-Butanol (%) 0,5

Temperatur °C 120

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Die erhaltenen Verbindungen sind pharmazeutisch be-deutsame Zwischenprodukte.

Aber auch Wasser allein eignet sich als Medium bei dieHydrierung von C=C- bzw. C≡C-Bindungen sowie von C=O-und C=N-Bindungen. Die hydrierende Spaltung (Hydroge-nolyse) von C-O-, C-N-, C-S- oder C-Halogen-Bindungen inGegenwart von Pd-, Rh-, Ru- oder Co-Katalysatoren gelingtsowohl in Wasser als auch in Zweiphasensystemen. Einebesonders in wässrigen Medien begünstigte Reaktion ist dieTransferhydrierung mit den wasserlöslichen Transferrea-genzien 2-Propanol oder Ameisensäure/Na-formiat als Was-serstoffquelle. Mit einem chiralen Rh-Katalysator (SCEW-PHOS als Ligand, Abbildung 3) erzielt man bei der enan-tioselektiven Hydrierung von (Z)-α-Acetamidozimtsäure alsprochiralem Substrat einen Enantiomerenüberschuss von92 % ee [10](Abbildung 5d).

Noch höhere Enantioselektivitäten (93–99 % ee) wur-den bei der direkten Hydrierung des zuletzt genannten Sub-strats und seines Methylesters in Wasser mit Rh/ROPHOSbzw. Rh/BASPHOS [10] erreicht. Bemerkenswert ist auchdie Möglichkeit, CO2 als einen unerschöpflichen Rohstoffin wässrigem Medium zu Ameisensäure zu hydrieren. InGegenwart von mehrkernigen Rh-Komplexen mit sul-fonierten Phosphinliganden wurden Umsatzzahlen (TON)> 3400 unter milden Bedingungen (Raumtemperatur, 40bar) erreicht. Die Reaktion gelingt allerdings nur in Gegen-wart von Aminen (z. B. Diethylamin), die die entstehendeAmeisensäure stabilisieren. Man nimmt an, dass Rh-Clusterals katalytisch aktive Intermediate wirken.

Eine der ältesten übergangsmetallkatalysierten Reaktio-nen im industriellen Maßstab ist das Wacker-Verfahren, diePd(II)-katalysierte Oxidation von Ethylen zu Acetaldehyd.Die Reoxidation der entstandenen Pd(O)-spezies erfolgtdurch molekularen Sauerstoff in Gegenwart von CuCl2. Was-ser ist in dieser Reaktion nicht nur Lösungsmittel, sondernauch Reagenz.

Eine neuere, besonders umweltfreundliche Methodeder Olefinoxidation, kann auf den Einsatz von CuCl2 ver-zichten [9]. Unter Verwendung eines Pd(II)-Katalysators miteinem sulfonierten Batophenanthrolin-Liganden (Abbildung3) wurde z. B. 1-Hexen zu 2-Hexanon mit einer Selektivitätvon 99 % oxidiert. Das gleiche System eignet sich auch zurOxidation von primären und sekundären Alkoholen zu denAldehyden oder Ketonen in quantitativer Ausbeute und biszu fast 100%iger Selektivität.

Eine wichtige Entdeckung wurde kürzlich bei der Dihy-droxylierung von Olefinen in Wasser gemacht [14]. Bei derKatalyse mit Osmiumtetroxid und 4-Methylmorpholin-N-oxid als Reoxidationsmittel ermöglicht ein Zusatz von 25 mol% Zitronensäure, dass auch Olefine mit elektronen-ziehenden Substituenten (Amide, Ester, Sulfone, Phospho-nate) zu Diolen hoher Reinheit dihydroxyliert werden kön-nen. Zitronensäure bewirkt zum einen, dass das ent-stehende 4-Methylmorpholin neutralisiert und der ph-Wertso im optimalen Bereich gehalten wird und zum anderen,dass durch Komplexbildung die katalytische aktive Os(VI)-

spezies vor der inaktivierenden Disproportionierung zuOs(VIII) und unlöslichem Os(IV) geschützt wird. Darüberhinaus kann die Reaktion auch bei höheren Temperaturenablaufen, ohne dass eine weitergehende Oxidation der Dio-le erfolgt. Die neue Methode erweitert beträchtlich die Pa-lette funktionalisierter Olefine für die katalytische Dihy-droxylierung und erlaubt zum ersten Mal die Synthese vonα-Cyanhydrinen durch Dihydroxylierung von ungesättigtenNitrilen. Die Reaktionsführung in Wasser bzw. in wässrigenMehrphasensystemen ist auch erfolgreich bei Carbonylie-rungen, Alkylierungen, 1,4-Additionen, Cyclopropanierun-gen, Diels-Alder-Reaktionen und Aldolkondensationen an-gewendet worden.

Von großem Interesse in der organischen Syntheseche-mie ist der Einsatz von Lewissäuren. Allerdings war ihreVerwendung bisher stark eingeschränkt, da selbst SpurenFeuchtigkeit zu ihrer Zersetzung führen konnten. Seit An-fang der 90iger Jahre wurden wassertolerierende Lewis-säuren entwickelt und in wässrigen Medien als wirkungs-volle Katalysatoren für Aldolreaktionen eingesetzt [15]. Da-bei handelt es sich hauptsächlich um Salze von Lanthanid-metallen, insbesondere um Trifluormethansulfonate (Trif-late). Aus Löslichkeitsgründen wird häufig Tetrahydrofuran(THF) als Cosolvens verwendet. Auf das Cosolvens kann so-gar verzichtet werden, wenn eine kleine Menge Tensid (z. B. Dodecylsulfat) zugegeben wird. Mit einem derartigenkombinierten Lewissäure/Tensid-Katalysator (Cudodecyl-sulfat) und einem chiralen, nichtracemischen Bisoxazolin-Liganden konnte vor wenigen Jahren in Gegenwart von Do-decansäure die erste asymmetrische Aldoladdition in Was-ser bei Raumtemperatur vorgestellt werden: Bei der Um-setzung des Silylenolethers des Diethylketons mit Benzal-dehyd wurde eine Enantioselektivität von 69 % erreicht [15].

D I E RO L L E D E S WA S S E R S I N H Y D R I E R R E A K T I O N E N |Die Rolle, die Wasser im Mechanismus vonHydrierreaktionen spielt, ist mittels Deuteriumexperimenten (Reaktionen inD2O bzw. mit D2 als Hydrierreagens) untersucht worden [9, 11]. Demnach istWasser keineswegs nur ein inertes Lösungsmittel, sondern ein stark koordi-nierendes, polares Reagens. Wasser kannzur Bildung polarer oder ionisch geladenerProdukte beitragen, es kann unter oxidati-ver Addition an niederwertigen Über-gangsmetallkomplexen die Bildung vonHydrido-hydroxometallkomplexen initiie-ren. Derartige Reaktionen werden starkdurch den pH-Wert des Mediums beein-flusst. So läuft die Hydrierung ungesättig-

ter Aldehyde in Gegenwart eines Ru/TPPMS-Katalysators in einem wässrigenZweiphasensystem pH-selektiv ab: ober-halb pH 8 wird nur die C=O-Gruppe desAldehyds hydriert, es bildet sich der unge-sättigte Alkohol; unterhalb pH 4 wird nurdie C=C-Doppelbindung hydriert, es bildetsich der gesättigte Aldehyd (Abbildung 5e).

Die Ursache für die beobachtete Selekti-vität liegt in der Bildung unterschiedlicherRu-Hydridspezies (bei einem Überschussvon TPPMS) – dies konnte durch pH-potentiometrische Messungen in Kom-bination mit 1H- und 31P-NMR-Spektros-kopie bewiesen werden.

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oder organische Träger zu fixieren. Der Hauptnachteil sol-cher immobilisierter Katalysatoren ist ihre Instabilität beiwiederholtem und längerfristigem Einsatz. Der Grund dafürist die Ablösung oder Inaktivierung der katalytisch wirken-den Spezies. 1989 wurde über eine neue Immobilisie-rungsmethode berichtet [16], die speziell darauf ausge-richtet ist, Reaktanten in flüssiger Phase zur Reaktion zubringen. Dazu wird ein dünner Film einer prototropen Flüs-sigkeit (z. B. Wasser) auf einer hydrophilen Oberfläche (z. B. SiO2 oder poröses Glas) adsorbiert. In dem Ober-flächenfilm ist ein hydrophiler Organometallkatalysatorgelöst. Dieses System wird als Trägerkatalysator einer wäs-srigen Phase bezeichnet (SAPC = Supported Aqueous Pha-se Catalysts). An Stelle von Wasser werden inzwischen auchandere hydrophile Flüssigkeiten eingesetzt (z. B. Glycerinoder Ethylenglykol). Die Reaktion von hydrophoben orga-nischen Reaktanten läuft in der Grenzschicht zwischen im-mobilisiertem Film und der organischen Phase in den Po-ren des Trägers ab. Entscheidend ist, dass der im Ober-flächenfilm gelöste Katalysator neben seinem hydrophobenKern genügend hydrophile Substituenten (z. B. Sulfonato-Gruppen) enthält, um mit den hydrophilen Ankergruppendes Trägers eine starke Wechselwirkung einzugehen unddadurch eine dauerhafte Immobilisierung zu ermöglichen.Es konnte in Langzeitversuchen gezeigt werden, dass Rh-SAPC-Katalysatoren in der Hydroformylierung stabil sindund kein Metall in die organische Phase abgegeben wird.Es besteht die Hoffnung, dass sich SAPC-Katalysatoren indem Maße weiter entwickeln werden, wie die Anwendungvon wasserlöslichen Organometallkatalysatoren expandiert.

Supramolekulare Chemie in Wasser Für eine bequeme Recyclisierung von homogenen Kataly-satoren muss das homogene System in ein Mehrphasen-system überführt werden. Für flüssig-flüssig-Zweiphasen-systeme wird neben einem organischen Lösungsmittel be-vorzugt Wasser als nicht mischbare polare Phase eingesetzt.In der Regel ist der Katalysator in der wässrigen Phase ent-halten, während Edukt und Produkt in der organischen Pha-se gelöst sind. Nach der Reaktion wird die wässrige Phasemit dem Katalysator abgetrennt und für den nächsten Re-aktionscyclus genutzt. Oft liegt ein Reaktand in der Gas-phase vor, so dass man von einer Mehrphasenreaktion spre-chen kann [17]. Häufig treten Transportprobleme zwischenden flüssigen Phasen auf, die durch Zugabe amphiphilerSubstanzen in katalytischer Menge herabgesetzt werdenkönnen. Diese Reagenzien können einen Reaktanden oderden Katalysator locker binden und in die andere Phase trans-portieren, so dass die Reaktion dort stattfinden kann. Ty-pisch für ein solches Phasentransfersystem ist, dass die Reaktion in der organischen Phase abläuft, aber auch derumgekehrte Fall ist möglich (Abbildung 6).

Typische Phasentransferreagenzien sind Tetraalkylam-moniumsalze, Tetraalkylphosphoniumsalze, Kronenetherund Polyether. Da sie die Reaktion beschleunigen und oft-mals erst möglich machen ohne selbst in der Brutto-

ABB. 7 | VORSTELLUNGEN ZUR MICELL- UND VESIKELBILDUNG IN WASSER

Doppelschicht Multilamellare Vesikel

Monoschicht Spärische Micelle

(idealisiert) (realistisch)

Ultraschall

A B B . 6 | PH A S E N T R A N S F E R S YS T E M ESchematische Darstellung einerPhasentransfer-Reaktion und einerreversen Phasen-transfer-Reaktion.Die Durchführungder Reaktionen ineinem Mehrpha-sensystem erleich-tert die Recyc-lierung der Katalysatoren.

Homogene und heterogene Katalyse kombiniertUm die Vorteile der homogenen Katalyse (hohe Aktivitätund Selektivität bei milden Bedingungen) mit denen der heterogenen Katalyse (Stabilität und leichte Abtrennbarkeitdes Katalysators aus dem Reaktionsmedium) zu kombinie-ren, wurden seit Jahrzehnten vielfältige Anstrengungen unternommen, homogene Katalysatoren auf anorganische

Amphiphile Moleküle könnenim Wasser supra-molekulare Aggregate wieMicellen oder Vesikel bilden.

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gleichung zu erscheinen, werden sie als Phasentransfer-katalysatoren bezeichnet. In unseren Beispielen überneh-men sie allerdings die Rolle von Co-Katalysatoren. Phasen-transferkatalysen haben sich in der organisch-synthetischenChemie längst etabliert und haben auch in technischen Pro-zessen Bedeutung [18]. In einigen Reaktionen kann man mitoptisch aktiven Phasentransferreagenzien als Chiralitäts-träger asymmetrische Synthesen durchführen [19].

Unter bestimmten strukturellen Voraussetzungen kön-nen amphiphile Moleküle in Wasser zu sphärischen Asso-ziaten zusammentreten, die in einem abgeschlossenen Kerneinen extremen Polaritätsgradienten enthalten. Je nachGröße und Aufbau werden solche Assoziate Micellen oderVesikel genannt. Da es sich um die Bildung von Übermo-lekülen durch zwischenmolekulare Kräfte handelt, sprichtman hier von supramolekularen Aggregaten (Abbildung 7).

Typische Amphiphile für die Micellbildung enthalten ei-ne polare Kopfgruppe und eine lineare Alkylkette mit 12 bis18 CH2- bzw. CH3-Gruppen. Die Bildung von Micellen er-folgt schrittweise über eine Monoschicht, die sich oberhalbder kritischen Micellkonzentration (CMC) zu sphärischenMicellen umformt. Liegen Amphiphile mit zwei langkettigenAlkylgruppen pro Kopfgruppe vor, so bilden sich zunächstDoppelschichten, aus denen Vesikel mit abgeschlossenenwässrigen Innenräume entstehen, die von Doppelschich-ten sphärisch umhüllt sind. Ursache für die Assoziation vonAmphiphilen ist der „hydrophobe Effekt“, d. h. der Entro-piegewinn bei der „Dehydratation“ der Alkylketten [20].Für die Natur typische Amphiphile sind Lipide mit zweiEsteralkylketten und einer zwitterionischen hydrophilenKopfgruppe. Sie können die für den Zellaufbau wichtigenMembranen und auch die für den physiologischen Stoff-transport geeigneten vesikelartigen Liposomen bilden. Fürden Chemiker sind Micellen und Vesikel mikroheterogeneReaktoren von kolloiden Dimensionen. (Typische Durch-messer für Micellen 3-6 nm und für Vesikel 23-26 nm).

Sind Reaktanten im micellaren oder vesikularen Medi-um löslich, kann die Gegenwart dieser Aggregate zu einerReaktionsbeschleunigung führen. Ursache hierfür kann ei-ne Begünstigung durch das bipolare Medium, eine katalyti-sche Wirkung der Kopfgruppe und nicht zuletzt eine Kon-zentrierung der Reaktanten gegenüber der umgebendenWasserphase sein. Enantioselektive Reaktionen werdenmanchmal durch die relativ hohe Regularität im Innerender Micelle in ihrer Selektivität gesteigert. Je nach Reakti-onstyp und Typ des Amphiphils haben micellare Effekte(micellare Katalysen) eine große Variabilität und wurdenan zahlreichen organischen und auch anorganischen [21]Reaktionen geprüft. Dazu zwei Beispiele: Abbildung 8 zeigtdie Verseifung eines aktivierten α-Aminosäureesters in Ge-genwart eines katalytisch wirkenden Tripeptides in ge-mischten Micellen, die in wechselnder Zusammensetzungaus einem einkettigen und einem zweikettigen Amphiphilbestehen. Es handelt sich um eine enantioselektive, en-zymmimetische Reaktion, deren Selektivität extrem von derZusammensetzung der Micelle abhängig ist. Bei einem Ge-

halt zwischen 7 % und 20 % des einkettigen Amphiphileskommt es zu einer fast perfekten optischen Auflösung desracemischen Aminosäureesters, d. h. nur eines der beidenEnantiomere wird katalytisch umgesetzt. Die Deutung istschwierig, wahrscheinlich variiert die Morphologie des Aggregates.

Im zweiten Beispiel (Tabelle 2) handelt es sich um eineim Ursprung homogene asymmetrische Hydrierung einesungesättigten α-Aminosäurederivates, des α-Acetamido-zimtsäuremethylester, mittels eines kationischen Rhodium-komplexes, der ein optisch aktives Diphosphin als Ligandenthält (BPPM). In Methanol als Lösungsmittel beobachtetman eine sehr hohe Aktivität (Halbwertzeit τ1/2~2 min) beieiner relativ hohen Enantioselektivität von 92 % ee (ee(enantiometric excess) = (x(R) – x(S)/ x(R) + x(S))·100 [%]; x = Molenbruch eines Enantiomers). Beim Versuch, diese

A B B . 8 | E N Z Y M M I M E T I S C H E R E A K T I O N E N

EnantioselektiveVerseifung einesaktivierten Aminosäuree-sters unter micel-laren Bedingun-gen [nach Ueokau. a., Chem. Lett.1986, 1743].

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Reaktion in Wasser zu transferieren, sanken die Aktivität(τ1/2 ∼ 90 min) und die Enantioselektivität (ca. 78 % ee) sig-nifikant, was möglicherweise auf die geringe Löslichkeitvon Substrat und Katalysator zurückzuführen ist. Bei Zuga-be von ca. 20 mol% eines Amphiphils (kationisch, anio-nisch, zwitterionisch oder nichtionisch) wurde eine Solu-bilisierung beobachtet, und sowohl Aktivität (τ1/2 = 4-6 min)als auch Enantioselektivität (> 94 % ee) erreichten erstaun-lich hohe Werte [22].

Die Trennung des Produktes von Amphiphil und Kata-lysator ist in diesem Beispiel durch eine einfache Extrakti-on möglich, meistens ist aber eine Phasentrennung durchdie Gegenwart von Detergenzien erschwert, was die prak-tische Nutzung sowohl der Phasentransfer- als auch der Micellarkatalyse einschränkt. Es gibt allerdings Versuche,Amphiphile als Polymere oder immobilisierte Schichten einzusetzen, was wiederum die Anwendung in Membran-reaktoren ermöglicht. Da die Kapazität von Micellen nurgering ist, werden auch Mikroemulsionen als Ternäre Systeme herangezogen, die wesentlich größere Anteile anAmphiphilen enthalten, aber Einschränkungen zeigen, diehier nicht diskutiert werden sollen.

Zusammenfassend kann man feststellen, dass durch sup-ramolekulare Assoziate von Amphiphilen für das wässrigeReaktionsmedium neue und interessante Möglichkeiten erschlossen werden können.

Reaktionen in superkritischem WasserDer kritische Punkt von Wasser wird bei einer Temperaturvon 374.2 °C und einem Druck von 22.1 MPa erreicht (Abbildung 9). Typische Eigenschaften wie die Mischbarkeitmit organischen Lösungsmitteln und wichtige Stoffkon-stanten wie Wärmekapazität, Viskosität, Dissoziationskon-stante von Wasser weichen unter diesen extremen Bedin-gungen von denen unter Normalbedingungen erheblich ab,was auf die Lösung von Wasserstoffbindungen zurück-

zuführen ist. Die Dielektrizitätskonstante sinkt von ε = 78.5in normalem Wasser auf ε = 6.0 am kritischen Punkt undentspricht damit dem Wert eines organischen Lösungs-mittels (z. B. Tetrahydrofuran ε =7.4).

Diese starke Änderung des Verhaltens von Wasser als Lösungsmittel bzw. Reaktionspartner in überkritischem Zu-stand birgt ein großes Synthesepotential. Anwendungenvon superkritischem Wasser (SCW) sind unter den Ge-sichtspunkten der chemischen Synthese [23, 24] und vonReaktionen organischer Verbindungen in SCW [24, 25] inÜbersichtsartikeln zusammengefasst worden. Neben derVerwendung von SCW zur Kristallisation und Extraktion,werden die Eigenschaften von SCW in der Synthesechemievor allem bei Dehydratisierungen, Oxidationen, Hydrolysen,Deuterierungen mit D2O und Umlagerungsreaktionen ge-nutzt.

Eine Anwendung von Wasser unter kritischen Be-dingungen zeigt das Beispiel der Alkylierung von Phenolmit 2-Propanol [26]. Der Alkohol wird unter den Reak-tionsbedingungen (400 °C) dehydratisiert und in situ alsPropen zur Reaktion gebracht (Abbildung 10a). Erstaunlichist die hohe Selektivität der Bildung von 2-Isopropyl-phenol(55 % ohne Katalysator).

Bei der Diels-Alder-Reaktion von Acrylsäureethylestermit Cyclopentadien werden im unterkritischen wässrigenMedium fast keine endo/exo-Selektivitäten beobachtet,während in SCW die endo-Verbindung deutlich überwiegt(Abbildung 10b) [27].

Eine interessante Anwendung für superkritisches Was-ser als Reaktionsmedium und Reaktant sind Deuterierungenvon organischen Verbindungen. Abbildung 10c zeigt den H-D-Austausch für Acetophenon und Toluol in super-kritischem Deuteriumoxid. Die Selektivität der Alkyl- bzw.Kerndeuterierung kann durch die Wahl der Reaktions-bedingungen gesteuert werden [28].

Die steigende Bedeutung von superkritischem Wasserwird besonders bei Anwendungen wie der Vernichtung organischer Abfälle und der Reinigung von belasteten Ab-wässern deutlich (z. B. Suwox-Verfahren [29]). Bei diesenVerfahren können umweltschädigende organische Sub-stanzen auf Grund der im Vergleich zu normalem Wasser er-höhten Lipophile von SCW mit hoher Effektivität in un-schädliche kleine Moleküle wie Kohlendioxid, Wasser undSalze umgewandelt werden.

AusblickMit der wachsenden Bedeutung homogener Prozesse aufder Grundlage organometallischer Katalysatoren entstanddie Forderung nach einer Recyclisierung der Katalysatoren.Eine einfache Lösung sind flüssig-flüssig-Mehrphasensys-teme, deren polare Lösungsmittelkomponente Wasser ist.Voraussetzung war die Synthese hydrophiler Liganden zurBildung wasserlöslicher Katalysatoren. Diese Entwicklungist noch im Gange. Wie gezeigt wurde, kann Wasser auchfür organische Synthesen ein bezüglich Aktivitäts- und Se-lektivitätserhöhung sehr erfolgreiches Lösungsmittel sein.

TA B . 2 | A S Y M M E T R I S C H E H Y D R I E R U N G U N T E R M I C E L L A R E N

B E D I N G U N G E N

ohne, in Methanol 90 78

ohne, in Wasser 2 90

anionisch, Natriumdodecylsulfat 6 94

kationisch, Cetyltrimethylammoniumhydrogensulfat 5 95

zwitterionisch, N-Dodecyl-N,N-dimetyl-3-ammonium- 5 931-propansulfonat

nichtionisch, Polyoxyethylen(10)hexadecylether (Brij 56) 7 95

Amphiphil t1/2 [min] ee (%)

BPPM = (2S, 4S)-N-test. Butoxycar-bonyl-4-diphenyl-phosphino-2-di-phenyl(phosphino-methy-pyrrolidin).

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Dazu kommen einige für eine technische Anwendung sehrbedeutsame Eigenschaften, wie der günstige Preis, die phy-siologische Verträglichkeit, die ökologische Unbedenklich-keit und die relativ einfache Handhabung.

Neben dem Hydroformylierungsprozess der Ruhrche-mie haben sich weitere technische Verfahren mit wässrigenMehrphasensystemen etabliert. Die Überlegung, Wasser als Reaktionsmedium zu nutzen, wird in Zukunft eine wich-tige Rolle spielen, zumal auch enantioselektive Reaktionenerfolgreich in Wasser ablaufen können. Aber auch wichtigeC-C-Kupplungsmethoden, wie Heck- und Suzuki-Reaktionwurden in wässrige Medien übertragen [30].

Neben den flüssig-flüssig-Mehrphasensystemen, in de-nen Wasser als flüssiger Katalysatorträger auftritt, gibt es zunehmend Versuche, die Reaktionen auf der Oberflächefester Träger ablaufen zu lassen. Ein anderes interessantesPrinzip besteht darin, dass der Katalysator an ein thermo-regulierbares Polymeres gebunden wird und nur in be-stimmten Temperaturbereichen in dispergierter (gelöster)Form vorliegt. Dies ist der aktive Zustand. Nach Ablauf derReaktion wird eine Temperatur gewählt, bei der sich derTräger abscheidet und mit dem Katalysator recyclisiert wer-den kann [31]. Mit dem Fixieren von homogenen Kataly-satoren auf in Wasser dispergierbaren Polymeren ergibt sichauch die Möglichkeit, in Reaktoren mit Membranen zu arbeiten, durch die Produkte kontinuierlich oder diskonti-nuierlich abfiltriert werden, während der Katalysator im Reaktionsraum verbleibt.

Damit nähern sich die Prinzipien der Komplexkatalyseimmer stärker denen der Enzymkatalyse an.

Eine besondere Ermutigung, chemische Prozesse imwässrigen Medium ablaufen zu lassen, ergibt sich aus densteigenden Forderungen der Umweltfreundlichkeit („GreenChemistry“). So liegt der von Sheldon definierte Umwelt-faktor (E = kg Abfallprodukte/ kg Produkt) für die meistenVerfahren in Wasser < 0.1, und damit bei einem Wert, dernormalerweise nur in kontinuierlich-laufenden, heterogen-katalysierten Prozessen erreicht wird.

ZusammenfassungWasser galt bisher als bevorzugtes Lösungsmittel in anorga-nisch-analytischen Reaktionen und in der Biokatalyse. Mit derEntwicklung der homogenen Koordinationskatalyse und de-ren Übertragung in Multiphasensysteme wurde Wasser alspolare Phase interessant. Voraussetzung war die Synthesewasserlöslicher, katalytisch wirksamer Komplexe, die durcheinfache Abtrennung der wässrigen Phase in den Prozesszurückgeführt werden können. Für eine Reihe organischerSynthesen wurden in Wasser Vorteile bezüglich Aktivität undSelektivität beobachtet. Außerdem bietet Wasser besondereMöglichkeiten im supramolekularen Bereich, und es ist alsMedium für trägerfixierte Katalysatoren geeignet. Wasser imsuperkritischen Zustand zeigt ein völlig neuartiges Verhaltenals Lösungsmittel und als Reaktionspartner. Ein Vorteil desWassers für die industrielle Nutzung liegt in der leichten Zugänglichkeit und der Umweltverträglichkeit.

A B B . 9 | PH A S E N D I AG R A M M VO N WA S S E R

A B B . 1 0 | R E A K T I O N E N I N S U PE R K R I T I S C H E M WA S S E R

COOC2H5

COOC2H5

30 min, 281 °C, endo/exo = 1,3SCW, 240 min, 375 °C, endo/exo = 3,0

a) Alkylierung von Phenol in SCW; b) selektive Diels-Alder-Reaktion in SCW; c) H-D-Austausch in superkritischem D2O.

a)

b)

c)

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SummaryWater is a favoured solvent in inorganic-analytical reactionsand also in biocatalysis. With the development of the homo-geneous coordination catalysis and its transfer into multi-phase systems water became interesting as polar phase. Prerequisite was the synthesis of water-soluble catalyticallyactive complexes which can be recycled by simple phase separation. Some advantages with respect to activity and selectivity could be observed for aqueous organic syntheses.Moreover, water gives the possibility for supramolecular ag-gregations of amphiphilic molecules and is a good mediumfor supported catalysts. Supercritical water shows a ratherdifferent behaviour as solvent and as reactant. An advantageof water in industrial application is the easy accessibility andalso the environmental conservation.

SchlagworteWasser, Koordinationskatalyse, supramolekulare Chemie,superkritisches Wasser, Lösungsmitteleffekte

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Die AutorenHans Fuhrmann studierte Chemie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Es folgte einForschungsaufenthalt bei F. F. Wolkenstein und W. F.Kisseljov an der Lomonossow-Universität in Moskauund 1965 die Promotion bei W. Langenbeck amInstitut für Organische Katalyseforschung inRostock. Ab 1969 bearbeitete er industrierelevanteForschungsprojekte auf dem Gebiet der Hydrierung,Oligomerisierung und Polymerisation von Olefinen.Zwischen 1976-80 war er zu wiederholten For-schungsaufenthalte bei J. I. Ermakov und W. A.Sacharov am Katalyse-Institut in Nowosibirsk. Von1986-92 war er Leiter der Arbeitsgruppe „Olefin-polymerisation“ im Katalyse-Institut Rostock undseit ist er 1992 Leiter der Arbeitsgruppe „Micellar-katalyse“.

Torsten Dwars beendete 1995 sein Studium zumMathematik- und Chemie-Lehrer mit dem 1.Staatsexamen. Seine Promotion fertigte er von 1995bis 1999 in der Arbeitsgruppe von Professor G.Oehme am Institut für Organische Katalysefor-schung in Rostock an. Seit 1999 arbeitet er alswissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut fürOrganische Katalyseforschung an der Untersuchungder Plasmapolymerisation in wässrigen Medien.

Günther Oehme studierte Chemie in Köthen undHalle a. d. Saale und promovierte 1966 bei AlfredSchellenberger an der Martin-Luther-UniversitätHalle-Wittenberg. Seit 1967 arbeitet er am Institutfür Organische Katalyseforschung in Rostock. 1981hatte er einen Studienaufenthalt in den USA undwurde 1986 zum Professor an der Akademie derWissenschaften der DDR ernannt. Von 1987 bis1998 war er Leiter des Institutes in Rostock.Arbeitsgebiete u. a.: asymmetrische Reaktionen inMehrphasensystemen und unter micellarenBedingungen, Enantiomerenanalyse, photoaccele-rierte Reaktionen und C-C-Kupplungen.

Korrespondenzadresse: Prof. Dr. Günther Oehme, Institut für Organische Katalyseforschung an der Universität Rostock e. V.,Buchbinderstr. 5-6, 18055 Rostock, Tel. +49-381-466 9330; Fax +49-381-466 9324;[email protected].