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InhaltNT II Paulus............................................................................................................................................2

Pichler_WS2012.....................................................................................................................................2

1.Korinther 5..........................................................................................................................................2

Biografie von Paulus...............................................................................................................................2

Zeitliche Einordnung von Paulus............................................................................................................2

Wie spricht Paulus über seine eigene Lebenswende?............................................................................5

Philipper 3,1-10..................................................................................................................................5

2. Kor 11,21-12,13: Er gibt sich als Narr aus. Seine Vorzüge: Mission uns Leidenserfahrungen.............6

Gal 1,11-2,10......................................................................................................................................6

Gal 2,1................................................................................................................................................8

2. Kor 11,21- 12,13.............................................................................................................................8

Philipper 3,2-11..................................................................................................................................9

Wichtige Punkte aus den 4 Texten zur Biografie von Paulus:...............................................................11

Apostelgeschichte 9.............................................................................................................................13

Verhältnis der Schriften von Lukas und Paulus.....................................................................................15

Bürgerrecht von Paulus (Apg 22,28)....................................................................................................15

Gamaliël und seine Funktion (Apg 22,3)...............................................................................................16

Paulusbriefe.........................................................................................................................................17

1.Thessalonicherbrief.......................................................................................................................17

1. Thes 2,11.12.................................................................................................................................18

1. Thes 4,7........................................................................................................................................19

1. Thes 5,9........................................................................................................................................19

1.Thes 5,23.24..................................................................................................................................19

Legitimation von Erwählung.............................................................................................................20

1. Korinther 1,10-17.........................................................................................................................20

1.Kor 1,18-31....................................................................................................................................21

Kreuzestheologie des ersten Korintherbriefs.......................................................................................22

1. Anthropologie 1.Kor6,13ff............................................................................................................22

2. Enderwartung 1.Kor 13,13............................................................................................................22

3. Weltverhältnis 1.Korinther 7,12 ff................................................................................................22

4. Sakramententheologie 1.Kor 15,54-58.........................................................................................23

5. Freiheitsverständnis 1.Kor 10,23..................................................................................................23

6. Gottesverständnis und Mitherrschaft mit Christus 1. Kor 4,8ff....................................................23

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Rechtfertigungslehre bei Paulus...........................................................................................................24

Biografie des Paulus Perspektive der Apostelgeschichte auf Paulus Paulinische Theologie

WICHTIG: Bibelstellen eigenständig nachschlagen und damit arbeiten!!! Zur schriftlichen Prüfung ist es erlaubt ein Neues Testament zu verwenden und damit zu

arbeiten!

Einleitung NT zumindest Briefe noch einmal wiederholen und präsent haben.

Schriftliche Prüfung, mit Fragenkatalog.

1. Einheit 4.10.2012

1.Korinther 5 Erster Ausschluss aus der Gemeinde. Darf man das, jemanden aus der Gemeinde ausschließen? Ist das im Sinne Jesu? Wie macht es unserer Kirche. Im Sinne Paulus oder im Sinne Jesu.

Das Zölibat hängt eigentlich an Paulus und nicht an Jesus. Paulus gibt nur den Rat zölibatär zu leben. Viele glauben es kommt von den Aposteln (diese waren aber alle verheiratet).

2. Einheit 11.10.2012

Biografie von PaulusPaulus ist extrem wichtig. Das wird auch klar, wenn man seine zeitliche Nähe zu Jesus beachtet. Er ist näher an der Zeit Jesu als die Evangelisten.

Eigentlich ist Paulus ein Teamworker. 1. Thessalonicher 1: Paulus, Silvanus und Timotheus. Unser Blick auf Paulus müsste etwas geweitert werden. Wenn wir die Paulusbriefe lesen, bekommen wir ein anderes Bild von Paulus. Desto mehr man liest, desto mehr wird das Bild von Paulus, das wir uns aufgebaut haben, bereinigt. Die Dominanz des Paulus rückt etwas in den Hintergrund.

Zeitliche Einordnung von PaulusUnsere Evangelien (ältestes Mk) wurden rund um 70 n.Chr. geschrieben. Mit der Paulus Literatur kommen wir an Jesus 20 Jahre näher heran. Thessalonicher ist ca. um 50 geschrieben worden. Die Evangelisten sind außerordentlich wichtig, da sie über Jesus erzählen. Paulus hatte zwar keinen Kontakt zu Jesus, die Evangelisten hatten diesen Kontakt aber noch weniger. Wir bekommen durch Paulus einen Zugang zur christlichen Tradition der Urzeit. Die Traditionen werden in den Schriften bewusst aufgegriffen. Die Evangelien dienen dann zur Traditionssicherung. Bei Paulus haben wir diese Sicherung noch nicht, da es noch nicht wichtig ist. Dafür bekommt man einen Einblick in die frühen christlichen Gemeinden.

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Wenn wir Paulus chronologisch einordnen, haben wir zwei Ansätze:

Eine absolute Chronologie (wir haben einen Fixpunkt in der Weltgeschichte von dem aus man etwas von Paulus in die Weltgeschichte einordnen kann)

und eine relative Chronologie (Jahresangaben, die sich auf Paulus selbst beziehen. –>Galaterbrief 1,11- 2,10 ist das Musterbeispiel. Er sagt 3 bzw. 14 Jahre später.)

Wichtig und hilfreich sind beide. Wenn wir keinen Fixpunkt hätten, würden uns die Jahresangaben von Paulus nicht weiterhelfen. Wenn in der Antike Jahresangaben gezählt werden, dann spielt immer das Jahr in dem etwas geschieht eine wichtige Rolle. Unsere Zeitrechnung verschiebt sich oft ein bisschen nach oben. Der einzige wirkliche Fixpunkt ist in der Apostelgeschichte 18, 1-17. Paulus trifft einen Konsul (Gallio). Über den Amtsantritt von diesem Konsul gibt es (heute im Museum von Delphi) eine Inschrift. Er bleibt bis 53 Stadthalter in Korinth. Die Amtszeit dauert genau ein Jahr. Das macht uns klar, dass Paulus während der Amtszeit diese Gallio in Korinth gewesen ist. Das grenzt das ganze auf ein Jahr ein. Apostelgeschichte 18,2 erzählt, dass Aquila und Priszilla in Korinth sind. Die beiden kommen durch das Klaudius Edikt im Jahr 49 (vertreibt alle Juden aus Rom) nach Korinth. Man kann Juden und Judenchristen nicht voneinander unterschieden. Das ist ein Zeichen, dass unsere Religion langsam entsteht. Mit diesen Informationen ergibt sich der Verdacht, dass Paulus eher um 52 in Korinth war. Bis auf ein halbes Jahr ist dieser Aufenthalt Paulus in Korinth festgelegt. Damit kann man diesen Aufenthalt zu einem Fixpunkt in der Chronologie machen. Paulus kann schon länger in Korinth gewesen sein, als er Gallio getroffen hat. Das passt in das Bild von Paulus, da er meist einige Zeit in den neu gegründeten Gemeinden geblieben ist.

Dieser Aufenthalt in Korinth wird normalerweise verwendet um zu sagen, dass er von diesem Aufenthalt aus den ersten Thessalonicherbrief schreibt. (im Jahr 50!). Um 50/51 ist Paulus also in Korinth und hat schon seinen ersten Brief geschrieben.

Zunächst fragen wir nach vorne. Wann ist Paulus geboren? Was die Geburt betrifft, haben wir keine weiteren Dokumente. Wir wissen nur, dass Jesus ca. im Jahr 30 stirbt und dass Paulus mit Jesus nicht zusammentrifft und dass seine Lebenswende sicher nach dem Jahr 30 stattfindet. Die Lebenswende des Paulus muss auch vor dem Jahr 40 stattfinden, weil man in der Apostelgeschichte und bei Paulus selbst von Aretas IV. König der Nabatäer der von 9 vor Christus bis 40 nach Christus herrscht, liest. Wenn man in der Apostelgeschichte 9 liest, erfährt man zuerst etwas über den Beginn des Paulus. Die Flucht des Paulus aus Damaskus kommt auch vor. Die Flucht und die Lebenswende fallen in der Apostelgeschichte zusammen, das steht im Wiederspruch zu Galater 1,17. Darin steht, dass Paulus nach der Lebenswende noch einmal in Damaskus ist. Die Flucht findet also wahrscheinlich erst 3 Jahre nach der Lebenswende statt. Primärquellen sind immer den Sekundärquellen vorzuziehen. Aus historischer Perspektive ist also der Galaterbrief Primärquelle, also ist ihm mehr zu trauen.

Wenn man an die Zerstörung des Jerusalemer Tempels denkt und die Beschreibung von Flavius Josephus beachtet, wird man merken, dass Geschichte immer aus einer gewissen Perspektive vermittelt wird. Ganz zufällig, soll jemand eine Fackel auf den Tempel geworfen haben…

Die Lebenswende wir also um 30 angesetzt. Wir trauen Paulus mehr, als der Apostelgeschichte. Wir können sie aber dann heranziehen, wenn sie unser Wissen über Paulus ergänzt, oder nicht im Widerspruch zu Paulus steht. Man weiß nicht genau, ob Lukas (Verfasser der Apostelgeschichte) die

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paulinischen Briefe kennt. Er verfolgt mit seinen Schriften auf jeden Fall ein anderes Interesse als Paulus. Bei Lukas findet man auch Rechtfertigungstheologie. Er verschiebt einfach historisch die Tatsachen. Die Sache, soll bei ihm schön dargestellt werden. -> Um paulinische Inhalte zu vermitteln wendet er also oft eine Didaktik an, die dafür vielleicht Historisches verdreht.) Jesus hat Paulus nie getroffen. Schwierig an der Einordnung ist, dass die Apostelgeschichte in unseren Köpfen sehr dominant ist. Paulus ist da oft sehr viel lockerer.

Der Aposteltitel von Paulus und seine Lebenswende gehören eng zusammen. Warum darf er sich Apostel nennen? Sehr oft wird Paulus, der sich selbst in seinen Briefen verteidigt, der Aposteltitel abgesprochen. Warum nennt er sich Apostel Christi? Mit dem Titel Apostel ist der Anspruch verbunden, dass man das Evangelium authentisch verkündet. Paulus nennt sich Apostel, da er authentisch die Lehre Jesu weiterführt. Apostel Jesu Christi zu sein, ist für Paulus als sehr wichtig, weil er dadurch beansprucht, das Evangelium authentisch zu argumentieren. Evangelium sind auch Tod und Auferstehung (was in die Lehre Jesu nicht direkt eingeflossen ist). Paulus sagt, er hat die Offenbarung von Gott selbst bekommen (Galater). Bei der Apostelgeschichte kann man sich bei diesem Ereignis sehr gut mit Paulus identifizieren. Paulus schafft durch seien Argumentationen nicht so eine lebendige Identifikation. Paulus behauptet von sich selbst, dass er den Herrn gesehen hat. Er habe, so sein Anspruch, so etwas wie das Osterereignis erlebt. Das unterscheidet Paulus von Lukas. Lukas würde nie sagen, dass Paulus ein Osterereignis erlebt hat.

Wir haben zwei verschiedene Definitionen von Apostel. Apostelgeschichte 1,21-22: Man muss bei den Aposteln gewesen sein, während Jesus bei ihnen war. Von der Taufe Johannes bis Christi Himmelfahrt sozusagen. Man muss Jesus begegnet sein und ihn von Anfang bis zum Ende seines öffentlichen Wirkens begleitet haben. Paulus bekommt mit Barnabas in Apostelgeschichte 14,4 und 14,14 den Aposteltitel verliehen. Paulus definiert den Apostelbegriff anders. Paulus sagt, im Unterschied zur Apostelgeschichte, dass er den Herrn gesehen hat und dass ihn das zum Apostel macht. Das ist der große Unterschied. Lukas würde sagen, dass Paulus eine Bekehrung hatte. Eine Bekehrung ist sehr gut, wenn man möchte, dass sich Leute zur christlichen Botschaft bekehren. Für diese Leute kann man Paulus als Vorbild nehmen.

Im Jahr 30 rund um den Tod von Jesus setzten die Osterereignisse ein. Chronologisch kann man, wenn man nett zu Paulus ist, die Lebenswende um 32 einordnen. Die meisten ordnen es erst um 33 an. Wie kann jemand der im Jahr 30 eine Jesusbegegnung hatte, sagen, dass das eine Osterbegegnung war. Dadurch, dass er für sich selbst beansprucht Osterzeuge zu sein, gelangt er schon allein zeitlich in ein Dilemma.1.Kor 15,3-7 Paulus merkt, dass er spät dran ist mit den Ostererscheinungen, ordnet sich aber ein. Er möchte seinen Aposteltitel verteidigen. Paulus bezeichnet sich selbst als Missgeburt, oder Nachgeburt-> also etwas spät dran. Die Zahl der Erscheinungen wächst an und so gelingt es Paulus, dass er sich selbst auch noch irgendwo dazurechnet.

Lebenswende des Paulus im Jahr 33. An dieser Lebenswende hängt einiges theologisches. z.B. auch die Bezeichnung als Apostel für die Paulus sein Leben lang kämpfen muss.

Vom Jahr 50 bis zum Ende des Paulus haben wir auch eine wichtige historische Position. Es gibt den Stadthalterwechseln in Palästina Felix wird von Festus abgelöst. Dieser Wechsel fällt in die Gefangenschaft des Paulus in Caeserea. Unter Felix verhaftet und in Caeserea als Gefangener stationiert. Im Jahr 58 findet der angesprochene Stadthalterwechsel statt. Festus nimmt sehr bald

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den Prozess gegen Paulus wieder auf. Das ist der auslösende Moment in dem Paulus von Caesarea nach Rom geschickt wird. Um 59 kommt Paulus nach Rom. Dort gibt es wiederum zwei Hinweise auf sein Todesdatum. Klar ist, dass er unter Nero gestorben ist.

Stirbt Paulus in römischer Gefangenschaft, oder kommt er noch einmal frei und stirbt dann? Entweder er stirbt 64 oder etwas früher. Manchmal wird das Sterbedatum von Paulus auch erst im Jahr 67 angesetzt -> Ende des Römerbriefs möchte Paulus für eine Mission nach Spanien unterstützt werden. Wenn man 67 als Todesjahr ansetzt, dann sagt man gleichzeitig, dass er mit seiner Mission bis nach Spanien gekommen ist. Der Ort bleibt bei beiden Annahmen der gleiche. Quellen für 67 sind nur die Hinweise im Römerbrief. Bei der Theorie mit 67 geht er nach Spanien, kommt dann wieder nach Rom zurück und wird dort umgebracht. Die Gefangenschaft Paulus soll allgemein eher locker gewesen sein. Er durfte auch Besuch empfangen. Eigentlich kommt er aus der römischen Gefangenschaft aber nicht mehr frei. In beiden Fällen stirbt er den Märtyrertod. Tod durch das Schwert. (Petrus stirbt auch unter Nero. Brand in Rom-> auf kleine Minderheit der Christen geschoben, um von größeren Problemen abzuwenden.)

Es ist schwer etwas Solides über die Paulinische Chronologie zu sagen. 2008 hat man das Paulusjahr gefeiert. Da gab es Theorien, dass Paulus genau um 7 oder 8 geboren wurde. Man kann es aber nicht sicher bestimmen.

Textblatt Chronologie von Paulus (kann auch der Einleitung von Ebner so entnommen werden)

Briefteilungshypothesen fallen bei dieser Chronologie etwas durch. Es gab eine Tendenz, dass man den 2. Korintherbrief in bis zu 23 verschiedene Teile geteilt hat. Heute ist die Tendenz eher nicht jene die Briefe zu teilen. Die literarische Tätigkeit von Paulus geht ungefähr von 50 bis 60. Wir sehen nur einen kleinen Ausschnitt des paulinischen Wirkens.

Reisen: Sind wahrscheinlich bei Lukas kreiert. Bei Paulus ist das nicht so eindeutig. Interessant ist, dass sich die Länge der Reise jedes Mal verdoppelt.

Wichtig ist es die Lebenswende des Paulus einordnen zu können. Außerdem ist, das Jahr 50/51 für die fixe Chronologie wichtig genauso wie die Gallio Inschrift. Wir müssen die beiden Todesdaten von Paulus erklären könne, warum es da zu so großen Abweichungen in der Chronologie kommt. Auch Aretas IV. und Felix etc. einordnen und erklären.

3. Einheit 25.10.2012

Wie spricht Paulus über seine eigene Lebenswende?Philipper 3,1-10 sagt uns über die Herkunft von Paulus am meisten aus. Es schließt auf wofür Paulus in seiner jüdischen Herkunft steht. Wichtig ist auch, dass man das jüdische an ihm sieht. Er versteht sich ein Leben lang als Jude. Er glaubt aber auch an den Messias Jesus. Das unterscheidet ihn von den meisten anderen Juden.

Der Galaterbrief ist zwar länger, aber deshalb nicht wichtiger.

1 Kor 15 ist für die paulinische Biographie sehr wichtig, da darin auch sein Aposteltitel bezeugt wird.

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2. Kor 11,21-12,13: Er gibt sich als Narr aus. Seine Vorzüge: Mission uns Leidenserfahrungen

Gal 1,11-2,10Ist ein Mustertext für die Biografie von Paulus. Es gibt zwei Stellen an denen konkrete Jahre angegeben werden: In Vers 18 „drei Jahre später“ und in 2,1 wird von „vierzehn Jahren später“ gesprochen. 1, 16: Die Offenbarung Gottes Paulus gegenüber ist ein Ereignis das wir so 32/33 eingeordnet haben. 1,18 kann man dann ins Jahr 35 einordnen. Man merkt, dass Paulus eine höchst eigenständige Position vertritt. Er ist von Jerusalem nicht abhängig. Jerusalem hatte damals eigentlich eine Schlüsselrolle. Es war das religiöse Zentrum. Eine religiöse Tradition die sich an Paulus bindet ist die Evangelische Kirche. Dort wird er sehr hochgehalten und sehr häufig gelesen. Diese Eigenständigkeit ohne Rückbindung an das religiöse Zentrum ist (für Katholiken) etwas Kritisches. Er fühlt sich bemächtigt und ermächtigt durch die Offenbarung Jesu (32/33). Er kann Apostel Jesu Christi sein da sich Jesus ihm geoffenbart hat. Paulus lernt in V18 Kephas (Petrus-Fels-> Eigenname: Simon) kennen. Der hohe Beiname Kephas verrät, dass Paulus Petrus schätzt. Ihre Beziehung ist aber trotzdem sehr konfliktreich.2,1: Vierzehn Jahre später findet das Apostelkonvent in Jerusalem statt. Alle wichtigen Dinge bei Paulus geschehen aufgrund einer Offenbarung. Weil es ihm geoffenbart wird geht er nach Jerusalem. Er legt den Angesehenen dort ein Evangelium vor, das er unter den Heiden verkündigt. Das drückt wieder aus, dass Paulus für die Verkündigung des Evangeliums an alle Menschen – auch Heiden – steht. Diese Einstellung zur Universalität konnte nicht von allen geteilt werden. Wenn man die Evangelien liest merkt man, dass diese Spannung (Universalität- Partikularität) die gesamten Evangelien prägen. Wenn man heute kirchliche Entwicklungen anschaut ist die Universalität und Partikularität noch immer ein Thema. Der römische Vorschlag lautet, dass man sich an den griechischen Text „für die vielen“ hält. Wenn man sich den originalen griechischen Text anschaut bemerkt man aber, dass das griechische Wort für viele eigentlich alle meint, da es für alle kein eigenes Wort gibt. Der Unterschied zwischen alle und viele ist nur im Deutschen so krass. Wir definieren uns auch heute immer noch mit diesen beiden Polen der Universalität und Partikularität.

2,10: Die Kollekte des Paulus wird angesprochen. Im Jahr 56 bringt er diese Kollekte nach Jerusalem. Die Kollekte wird am Apostelkonzil in Jerusalem vereinbart und wird als einmalige Aktion den Heidenchristen auferlegt. Sie sollen auf diese Weise den Primat der Jerusalemer Gemeinde anerkennen. Die Jerusalemer Gemeinde kann, da sie gerade eine Hungersnot erleidet, ausgelöst durch ein Erdbeben, diese Kollekte sehr gut brauchen. Die Jerusalemer Gemeinde sah sich nicht ganz in der Lage das Geld anzunehmen, da es von Heidenchristen kam. Die Frage ist, ob sich die Gemeinde verunreinigt, wenn sie von Heidenchristen etwas annimmt.

Wo in Gal 1,11-2,10 ist Paulus aktiv? Die Ebene der Tätigkeit ist sehr wichtig! Biblisches Denken ist oft von den Tätigkeiten her erkennbar. Es stehen in der Bibel fast nie Objekte, sondern meist eine Tätigkeit im Vordergrund. Tätigkeiten in Galater sind neben der Verkündigung und der Reise auch die Aktivität während seiner Aufenthalte in Jerusalem. Auch wenn Paulus in Jerusalem ist zeigt er seine Aktivität auf.

Wir haben keinen schlimmeren Kampfbrief als den Galaterbrief. Gal 1,6: Normalerweise steht an dieser Stelle das Lob der Gemeinde (Adressaten). Die Gemeinde erhält stattdessen eine Standpauke. Der Kampf regiert also den Galaterbrief. Es geht um die Wahrheit des Evangeliums. Für die Argumentation verwendet Paulus sein Leben. Wenn Paulus etwas aus seinem Leben erzählt tut er

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das immer nur damit die Leute an seiner Biografie etwas lernen. Man kann die Schriftstellen betrachten und schauen wo und inwieweit man das eigene Leben mit dem von Paulus verknüpfen kann. (Im Studium bekommen wir verschiedene theologische Inhalte serviert und wir versuchen sie dann durch Verknüpfungen in unser Leben aufzunehmen.) Paulus ist im Galaterbrief zentral und enorm herausgefordert in seinem Apostelsein und in seiner Evangeliumsverkündigung.

1,11: Im Griechischen Text steckt sehr viel mehr als im Deutschen. Brüder und Schwestern sind im Griechischen Worte die den gleichen Stamm haben. Man merkt im Griechischen deutlicher, auch wenn es männlich geschrieben ist, dass die Schwestern trotzdem mitbedacht werden. Die Grammatik ist im Griechischen, ähnlich wie im Lateinischen, männlich geprägt. Sobald ein Mann im Raum ist (egal wie viele Frauen anwesend sind), wird die Grammatik männlich. Man muss sich beim Übersetzten anstrengen und Frauen im Deutschen eben mit erwähnen, da es aus dem Wortstamm nicht erkennbar ist, dass sie eigentlich ohnehin auch gemeint sind. Paulus hat durch die Offenbarung Christi das Evangelium empfangen. Es gibt keine menschliche Vermittlung. Wenn man die Bibel liest, kann man viele Texte lesen. Diese sollen eigentlich bewirken, dass es zu einer Beziehung zwischen Gott und dem/der Leser/in kommt. Der Text den wir lesen, verweist auf eine größere Instanz. V13ff: Paulus arbeitet mit einem biografischen Hinweis. Die Verfolgungstätigkeit ist bei ihm auf die Treue zum Jüdischen Gesetzes rückzuschließen. Wichtig ist bei ihm der Eifer. Der Eifer zieht sich konstant durch, das bemerkt man auch in der Mission. Paulus ist ein Eiferer. Pinchas setzt sich für die Verteidigung des einen Gottes ein- Er tötet auch Leute die anderen Kulten nachgehen-> Religiöser Eifer (Numeri). Was ihn mit Paulus verbindet ist die Verbindung mit der Tora. Die Schriftliche Tora ist die hebräische Bibel. Es gibt aber auch Schriften welche die Sadduzäer nicht anerkennen. Der Umfang der heiligen Schriften erweitert sich. Der Gedanke der Auferstehung ist z.B. nur in der Pharisäischen Tradition enthalten. Es gibt also auch eine mündliche Tora. Obwohl Paulus in der Treue zum jüdischen Gesetz alle übertrifft, läuft er zum Christentum über. Jes 49-> Offenbarungsgeschehen. Paulus wird geoffenbart, dass er das Evangelium unter den Heiden verkünden soll. Er ringt nicht mit der Sache es ist für ihn selbstverständlich.-> Ein Evangelium das nicht durch menschliche Vermittlung entstanden ist. Paulus ist durchaus auch christlich geprägt worden. Antiochien Amarontes war für Paulus die Gemeinde die ihn christlich sozialisiert hat. Paulus übernimmt aus dieser Gemeinde gewisse Taufformeln. Durch diese Formeln ist es auch möglich die Prägung zurückzuverfolgen. V17: Er geht auch nicht sofort nach Jerusalem „hinauf“- das drückt er so aus, weil Jerusalem auch ein theologischer Ort ist. Er solidarisiert sich und verbindet sich mit denen die schon vor ihm Apostel waren. Er zieht dann aber nach Damaskus.V18: Paulus ist erstmals in Jerusalem und lernt dabei Petrus kennen. 15 Tage bleibt er bei ihm. Von den anderen Aposteln sieht er nur Jakobus. Dieser ist der Leiter, dadurch auch eine Säule, der Jerusalemer Urgemeinde. Jakobus ist sehr wichtig, da er auch als Herrnbruder bezeichnet wird (V19). V21: Zieht er in das Gebiet von Syrien und Zilizien. Paulus kommt von Zilizien; Barnabas, der ihn eine zeit lang begleitet aus Syrien. Antiochien liegt nicht weit entfernt von der Heimat von Paulus. V24: Sie loben Gott für die Wandlung von Paulus. Es steht ein Pauluslied im Hintergrund.

Gal 2,1: Dahinter steht die erste Missionsreise des Paulus. Er hat gemeinsam mit Barnabas diese Missionsreise angetreten. In der Apg 13-14 werden diese Ereignisse erzählt. Die Gemeinde von Antiochien sendet die beiden Apostel aus. Paulus ist aber laut der Apostelgeschichte gar kein Apostel, da er nicht von der Taufe bis zur Himmelfahrt mit Jesus unterwegs war. Es gibt in der

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Apostelgeschichte nur zwei Stellen an denen Paulus als Apostel bezeichnet wird. Apostel ist hier eher mit dem Begriff der Gesandten zu vergleichen. In der Apg 13,1-3 wird Barnabas Paulus vorgeordnet. Wahrscheinlich ist zuerst Barnabas der Leiter der Missionsreise. Im Lauf von Kapitel 13 kippt das und von da weg ist Paulus der Erstgenannte. In Kapitel 14,27 treten die beiden wieder vor die Gemeinde und rechtfertigen sich sozusagen.

Gal 2,1 Beim Apostelkonzil. Vierzehn Jahre später. Paulus legt den Angesehenen das Evangelium vor, das er unter den Heiden verkündet. Das Evangelium ist (für Paulus) ein universales, geoffenbartes Evangelium das von Gott gewollt ist. Paulus möchte für die Verkündigung dieses Evangeliums den Segen der Jerusalemer Gemeinde bekommen. Nicht einmal Titus, der mit Paulus unterwegs ist, wird gezwungen sich beschneiden zu lassen. Die Frage die aufkommt ist: „Muss man sich zuerst beschneiden lassen, bevor man Christ werden kann?“ Jene, die das bejahen, werden von Paulus falsche Brüder genannt. Diese stehen, laut ihm, nicht für die Wahrheit des Evangeliums ein. Von jetzt an wird das paulinische Evangelium auch „Theologie der Freiheit“ genannt. Die Theologie der Freiheit ist bei Paulus ganz zentral. Bei Paulus soll auch Gemeinde ein Raum der Freiheit sein. In den Gemeindestrukturen soll sich die Freiheit auswirken. Er spricht von einer Freiheit die wir in Jesus Christus haben. Diese Freiheit in Christus macht uns frei und befreit uns von einem Sklavendasein, das spielt darauf an, dass wir irgendwelche Dinge erledigen müssen bevor wir in das Christentum hineinkommen.Für seine Verkündigung werden Paulus keine weitern Verpflichtungen auferlegt. Er darf weiterhin den Zugang zum Christusglauben ohne irgendwelche Vorbedingungen verkünden. Was bei dieser Gelegenheit nicht bedacht wurde war das Zusammenleben von Judenchristen und Heidenchristen. Zeremonielle Gesetze und Speisevorschriften werden von Juden weiterhin eingehalten. Jüdisches Leben wird jedoch durch heidnisches Leben verunreinigt. Das Thema der Mahlgemeinschaft tritt auf. Man kann dabei an ein profanes Mittagessen oder an das heilige Mahl denken. Die Judenchristen leiden unter diesen Umständen. Sie fragen sich, ob sie durch diese Mahlgemeinschaft verunreinigt werden. Man kann dies alles etwas strenger, oder lockerer sehen. Petrus hält sich wieder an das Ritualgesetz und zeiht sich von den Mahlgemeinschafen zurück. Paulus wirft Petrus vor, dass er sich nicht an die Wahrheit des Evangeliums hält. Das ist der sogenannte Antiochenische Zwischenfall. Für Paulus steht die Wahrheit des Evangeliums und Petrus möchte nichts tun, das der Obrigkeit nicht passt. Petrus vollzieht auch eine Lebenswende. Die Formel die Paulus bekommt ist, dass er an die Jerusalemer Urgemeinde denken soll. Es gibt eine Teilung. Petrus soll die Judenmission und Paulus die Heidenmission betreiben.

4. Einheit 8.11.2012

2. Kor 11,21- 12,13Man könnte diesen Paulustext höchst penetrant finden, denn Paulus nimmt hier die Rolle eines Narren ein, um der Gemeinde seine Vorzüge darzustellen. Wenn Paulus wirklich so zur Gemeinde reden würde, würde die Gemeinde wahrscheinlich sagen, dass man ihn vergessen kann. Das alles muss man als „Vorzeichen“ für diesen Text sehen.

Wichtig für die Biografie des Paulus:

V32 drückt die Verfolgungserfahrung aus. V26 Reisetätigkeit. Er ist Hebräer, Israelit und Nachkomme Abrahams

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12,2 spricht von einer mystischen Erfahrung, also Offenbarung o.ä., die er vor 14 Jahren hatte. 12,7 Körperliches Leid wird ausgedrückt. Es wird auch in die Richtung der Epilepsie gedeutet.

Das wird aber für Paulus gefährlich. Wenn er psychische krank ist, ist seine Offenbarung gefährdet. Fix festmachen kann man die Krankheit des Paulus aber nicht. Der Galaterbrief wäre hier auch heranzuziehen. Galater können Paulus nicht anschauen. Er hat also anscheinend eine Krankheit die sein Äußerliches nicht gerade ansehnlich macht.

11,24ff. Gehäuftes Leid in kurzer Anordnung. 39 Schläge sind eine Synagogenstrafe. Meistens werden 40 Schläge ausgesprochen aber es werden nur 39 ausgeteilt, damit man die Grenze ja nicht überschreitet. Bei der Geißelung z.B. ist die Zahl der Schläge nicht festgelegt. Bei den Römern sterben die Leute oft bei der Geißelung oder bald danach an den Folgen. Geißelung ist keine Strafe zur bloßen Züchtigung. Es hat meist eine tödliche Konsequenz. Die Schläge sind nicht begrenzt, was ist auch sehr schlimm ist. (Die Synagoge ist für die Mission von Paulus, auch für die Struktur, ein wichtiger Anlaufpunkt.)

Konkrete Zeitangaben werden im Text nicht gemacht.

Philipper 3,2-11Auch in diesem Text gibt es wieder wenige Jahreszahlen. Aber es wird vieles beschrieben, das was Jude sein ausmacht. Auch hier herrscht ein Polemischer Kontext. In diesem polemischen Kontext kommt Paulus wieder auf die eigene Biografie zu sprechen. Die Beschneidung dokumentiert den Anspruch als Jude zum erwählten Volk Gottes zu gehören. Gerade in Krisenzeiten zeigt die Beschneidung, dass jemand treu zur Tora steht. Wenn sich die Situation zuspitzt, erlangen solche Treuebeweise an noch größerer Bedeutung. Die neue Paulus Perspektive (-> Pflichtlektüre) bringt ein neues Paulusbild. Die Treue zur Tora und die Treue zur Beschneidung sind dabei Identitätsmerkmale, die für jüdisches Leben wichtig sind. Dieses jüdische Leben muss sich in gewissen Formalen ausdrücken. Der 8. Tag ist normalerweise der typische Tag für die Beschneidung. Die Heiden werden aber erst im Nachhinein beschnitten. Paulus selbst ist am 8. Tag beschnitten. Die Beschneidungsforderungen kommen aber von Männern die als Erwachsene beschnitten wurden. Seine Gegner sind also als Erwachsene beschnitten worden, er selbst aber ist schon als Kind typisch jüdisch am 8. Tag beschnitten worden.

V5: Es ergeben sich konzentrische Kreise, die immer enger werden. Paulus ist dem Volk Israel (Ehrenbezeichnung) zugehörig. Die Erwählung des Volkes Israel ist für Paulus ein sehr wichtiger Zusammenhang. Nach dieser Grundlegenden Annahme der Erwählung Israels geht Paulus noch einmal ins Detail. Er kommt darauf, dass seine Familie aus dem Stamm Benjamin stammt. Dieser Stamm hat im Volk großes Ansehen. Danach folg die Bezeichnung Hebräer von Hebräern. In der Diaspora gibt es Inschriften die Synagogen als Synagogen der Hebräer bezeichnen. Diese Bezeichnung bezeichnet Diasporajuden die sich besonders mit Palästina verbunden fühlen. Das bedeutet für Paulus, dass auch er nicht in Palästina geboren sein muss. Aber es ist klar, dass er in einer hellenistischen Umwelt an den Traditionen des jüdischen Volkes festgehalten hat. Es gibt eigenständige Synagogen der Hebräer, die sich anscheinend von anderen Synagogen unterschieden. Zu dieser besonderen Tradition gehört die Beherrschung der hebräischen Sprache z.B. Eckhart stellt fest, dass die traditionelle Verwurzelung von Paulus schon im Elternhaus festgemacht ist. Das wird auch durch die Formel „Hebräer von Hebräern“ ausgedrückt. Er fühlt sich der Gemeinschaft der Pharisäer zugehörig. Damit kann man den Standpunkt des Paulus innerhalb des Judentums bestimmen. Zur Zeit des Paulus herrscht ein vielfältiges Judentum. Wir nehmen heute das Judentum dieser Zeit sehr generalisierend wahr. Es ist aber auch wichtig die

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Fassetten zu bedenken. Paulus fühlt sich auch der schriftlichen und der mündlichen Tora verpflichtet. Das gibt es auch nicht in allen Schichten des Judentums. Die Pharisäer sind gegenüber den Sadduzäern die Progressiven. Dadurch ist es möglich, dass die Pharisäer an die Auferstehung glauben während die Sadduzäer die Auferstehung ablehnen. Das ist heute für den Dialog mit dem Christentum eine wichtige Unterscheidung. Im NT hat man ein stark verzeichnetes Bild der Pharisäer. Das NT ist erst nach 70 entstanden. Da gibt es die Sadduzäer nicht mehr, da der Tempel untergegangen ist. Die Pharisäer sind eigentlich die einzigen Gesprächspartner der frühen Christen. Zur Zeit Jesu waren noch andere Gesprächspartner vorhanden, während das NT von Pharisäern und Schriftgelehrten spricht. Pharisäer waren meist Laien. Aber auch Schriftgelehrte können die pharisäische Tradition leben. Schriftgelehrter ist eine Bezeichnung die den Bildungsstand anweist.

Eine weitere Näherbstimmung findet sich in V6. Mit EIFER verfolgt Paulus die Kirche. Die jüdischen Vorzüge von Paulus seine jüdische Haltung und Handlungen werden betont. Das Handeln des Paulus wird als paradoxe Konsequenz dargestellt. Einerseits strebt er nach einer mustergültigen jüdischen Karriere. Was er in Damaskus erlebt bringt einen Umschwung/eine Wende. Ein Eiferer bleibt er aber ein Leben lang. Für seine Identität steht eine vorbildhafte jüdische Karriere und der Eifer den er ständig verfolgt.

Wir haben diese Stelle für die Biografie Paulus verwendet. Paulus versucht in seinem Leben einer Herausforderung zu antworten. Er wird in Philippi von Gegenmissionaren in seiner Ehre gekränkt. Wenn man diese Stelle im kulturanthropologischen Kontext betrachtet geht es um Ehre und Ehrverlust und darum wie Paulus aus diesem Schlamassel herauskommt. Ehre /Schande sind begrenzt verfügbare Güter. Ehre kann begrenzt oder vermindert werden. Ehre kann man aufsteigend erlagen. Wenn man von einer höheren Funktion zurückgereiht wird, ist das schwierig. Wenn man in der kirchlichen Hierarchie Leute von einem bestimmten Platz entfernen möchte, bekommen sie oft eine höhere Position, hauptsächlich sie sind nicht mehr in dem andern Bereich. Wie stellt man jetzt verletzte Ehre wieder her? Paulus tritt den Gegnern entgegen. Er möchte ihnen zeigen, dass er ihnen überlegen ist. Das sagt Paulus in diesem Text aber eigentlich nicht. Er spricht zwar seine Vorzüge an, verzichtet aber eigentlich durch seine Vorzüge eine Überlegenheit auszudrücken. Es ändert sich sein Wertesystem (V8). Die Ehrbeleidigung ist für Paulus an dieser Stelle nicht mehr relevant. Er befindet sich in einer Situation in der er sich verteidigen müsste. Er deutet das auch an. Aber er sagt, das ist nicht notwendig, denn eigentlich sieht er sich fähig aus der Situation auszusteigen.

Philipper 3,2 ist eine Stelle die die Uneinheitlichkeit des Philipperbriefes ausdrückt. 3,2 ist ein abrupter Einschnitt. Das Denken in Karriereschablonen ist für Paulus nicht wichtig. Anhaltspunkt in Christus hat es nämlich keinen. Paulus hat die (rhetorische) Kraft aus dieser Situation auszusteigen. Der Hymnus färbt auf Philipper 3,2 ab. Man kann in diesem Fall an Briefteilungshypotesen festhalten. Die Komposition ist absichtlich so geschehen.

Wichtige Punkte aus den 4 Texten zur Biografie von Paulus:1. Paulus kommt aus dem Stamm Benjamin: Philipper 3,5/ Römer 11,1/ 1 Kor 15,8

(Benjamin=jüngster der Söhne- jüngster Apostel)2. Metapher der Fehlgeburt bzw. Nachgeburt: 1. Kor 15,8 3. Wohnsitzangabe von Paulus und Bürgerrecht in Kilikien: Apg 22,3/ Apg 21,394. Wo gibt Paulus sein römisches Bürgerrecht an: Apg 22,28 (nicht in originalen Paulusbriefen)

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5. Paulus ist Hebräer: 2. Kor 11,226. Er ist Pharisäer Apg 237. Paulus ist ein Eiferer für Gott und sein Gesetz: Phil 3,6/ Gal 1,13/ 1.Kor 15,9 auch Apg 9.23.8. Erziehung des Paulus9. Gamaliel und seine Funktion für Paulus: Apg 22,3

6. Einheit 15.11.2012

Vergleich von dem was Paulus selbst über seine Lebenswende sagt mit dem was Lukas darüber sagt.

Meist verwechselt man das was Lukas sagt mit dem was wirklich bei Paulus gesagt wird. Man versucht Texte zu harmonisieren. So eine Evangelien Harmonisierung hat schon stattgefunden. Daraus resultiert aber, dass man die Eigenarten der Schriften nicht anerkennt. Man kann den jeweiligen Denkansatz nicht durchziehen. Es ist wichtig die Positionen auch zu differenzieren. Man hat zwei Texte die völlig unterschiedliches möchten.

Welche Sprachformen verwendet Paulus für die Beschreibung seiner Lebenswende.

1 Kor 9,1 „Ich habe den Herrn gesehen“ Sehen des Herrn. Wenn im Perfekt formuliert wird, heißt das im Griechischen, dass ein geschichtliches Ereignis formuliert wird, das noch immer andauert.

1 Kor 15,1-9 Zeugenliste jener die zu Ostern Jesus begegnet sind. In dieser Reihe kommt Paulus als letzter vor. Auch durch das sehen, aber eine passive Aorist Formulierung. Er wurde sichtbar gemacht. Dahinter steht Gott selbst. Wenn man es mit erscheinen übersetzt, kann man sagen er ließ sich sehen. Das würde eine Aktivität Jesu ausdrücken. Eigentlich wirkt aber Gott.

Phillipper 3,7-10 spricht von einer Erkenntnis Jesu Christi. 2. Kor 4,6 spricht von einer inneren Erleuchtung des Paulus.

Die Sprachformen in der Apostelgeschichte- Lukas (Apg 9, Apg 22, Apg 26).

Man möchte in einem literarischen Schema eine Gottesbegegnung aussagen. Das macht man durch Audition und Vision. Lukas spielt anscheinend bewusst mit diesen Aussagen. Es spielt keine große Rolle ob man sieht oder hört, wichtig ist, dass die Begegnung mit Gott stattfindet. Dieses literarische Darstellungsmittel kennt man auch aus den Evangelien (z.B. bei der Taufe).

Es passiert am Weg nach Damaskus. Darin besteht ein Konsens zwischen den Stellen. Die Legitimation, der Hohepriester, kommt auch immer vor.

Das Motiv des Blindseins kommt auch in allen drei Stellen vor. Blindheit ist auch bei den Wunderheilungen Jesu schwierig. Auch Wunderheilungen werden in metaphorischer Sprache erzählt. An Paulus kann man metaphorische Sprache gut studieren.

Mission und Auftrag Paulus: In 22 sagt Hananias (ein Mensch) ihm was seine Mission ist, in 9 erkennt er es im Moment der Handauflegung selbst, in 26 wird seine Mission Paulus schon vor Damaskus von Gott erklärt und von Gott.-> Hananias der zu Paulus geht, wieder Vision&Audition.

Wenn man diese Kapitel damit vergleicht, was Paulus über sich selbst sagt: wo findet man dann wesentliche Aufträge und wie drückt es die Apostelgeschichte aus?

Paulus ist etwas zurückhaltender er sagt, dass er von innen mit dem Licht erfüllt ist. Audition ist auch nur bei Lukas vorhanden. Lukas ist der Spektakulärere. Deshalb hat man auch immer Lukas vor Augen wenn man diese Stelle betrachtet. Man muss etwas nach außen verlagern, damit Leute in diese

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Erzählung mit hinein genommen sind. Da Lukas so gut erzählt folgen wir ihm gern. Über die Lebenswende von Paulus legen wir immer schon die lukanische Darstellung darüber. Auch die Vision als literarische Gestalt, weil Paulus sonst nicht sagen könnte, dass er eine innere Erleuchtung hatte.

Die Darstellungsweise von Paulus beschreibt etwas anderes als die von Lukas. In Kor 9,1 wird Paulus als Apostel dargestellt. In Apg 22 wird seine Aufgabe menschlich vermittelt. Paulus wird in der Apg jüdischer dargestellt, als der originale Paulus sich manchmal darstellt. Lukas geht es um eine klassische Bekehrungsgeschichte die als Beispiel für eine Bekehrung steht. Paulus dafür ist es wichtig sich als Apostel darzustellen. Das Motiv des Eifers spielt weiterhin eine wichtige Rolle. Lukas braucht diese klassische Bekehrungsgeschichte um darzustellen, dass auch die Bösen sich bekehren können. Auch die Bösewichte können in die christliche Gemeinde aufgenommen werden.

Der Text funktioniert einfach in zwei verschiedene Richtungen. Einmal als radikale Wende im eigenen Leben und einmal als Bekehrungsbeispiel. Das Moment der Taufe wird auch nur bei Lukas erwähnt. In der Apostelgeschichte funktioniert es durch religiöse Sozialisation. Deshalb wird Hananias so wichtig, als Repräsentant in einer religiösen Gemeinschaft. Historisch könnte man solche Unterschiede nicht so gut herausarbeiten. Die literarischen Darstellungsmittel sind umso bedeutender. Die Texte, die geschichtlich näher am Ereignis sind, sind meist unspektakulär. Spektakulär wird es erst, wenn andere darüber sprechen.

Das Element, dass Gott selbst seine Gemeinde auch schützt kommt in der Apg auch auf. Jener, der zuerst die Gemeinde verfolgt, wird dann zu einem dieser Gemeinde. Es gibt ein vorgegebenes Schema. Die Lebenswende des Paulus wird gekennzeichnet. In der Apg 9;22;26 gibt es viele Parallelen zur Legende aus 2.Makkabäer 3. Jemand versucht den Jerusalemer Tempel zu plündern. Davon wird er durch Gott gehindert. Er stürzt und wird blind. Erst als ein Sühneopfer dargebracht wird, wird Heliodor von seinem elenden Dasein gerettet. Er soll dankbar sein und allen die große Macht Gottes verkündigen. Er verkündet dann, dass der Tempel in Jerusalem unangreifbar ist. „Der im Himmel wohnt ist der Wächter dieses Ortes.“ Er drückt aus, dass es gefährlich ist gegen den Jerusalemer Tempel vorzugehen. In der Apostelgeschichte geht es um eine Bekehrungsgeschichte und die Teilwerdung einer Gemeinde. Apg 9; 22; 26 haben viele Parallelen zu einem jüdischen Roman der Joseph und Aseneth heißt. Es ist ein Bekehrungsroman in dem es darum geht, dass man durch Buße und Bekehrung zum wahren Glauben findet. Aseneth schaut ein unaussprechlich großes Licht. In der Erzählung tritt der Gottesbote Michael hervor. Sie wird von Engel mit Namen angeredet und fragt daraufhin „Wer bist du, tu es kund?“. Sie verzichtet während der Buße wie Paulus in Apg 9 auf Speise und Trank und am Ende stehen die Aufnahme von Nahrung und der Empfang des Geistes. Die Apg denkt bei Taufe und Geistempfang nicht in diesen Stereotypenkategorien wie wir heute. Der Geist ist in der Apg schon vor der Taufe da (Hl. Geist hält sich nicht an kirchliche Riten ). Das nicht-essen und -trinken steht meist für die Buße oder für ein wichtiges Erlebnis, das auf diese Wiese verarbeitet wird. (Man erkennt die literarische Tradition wie man solche Inhalte darstellt.)

Paulus erfährt eine radikale Lebenswende. Das Ereignis wird für Paulus zu einem Paradigma das sein Leben verändert hat. In Apg 9 V15 und V16 wird der zukünftige Weg von Paulus dargestellt. Auch das Leiden wird er erfahren. Auch Jesus geht in der Evangelientradition lange in sein Leiden (auf seinem Weg in diese Richtung).

Die Verfolgungstätigkeit des Paulus: Wen kann er verfolgen und wie schaut es historisch mit der Verfolgung von Judenchristen aus? Paulus arbeitet auf eigene Rechnung, bekommt aber

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Empfehlungsschreiben. Diesen Empfehlungsschreiben muss lokal erst entsprochen werden. Verfolgt werden nur jene die tempelkritisch eingestellt sind. Nicht jene, die sich an die Tempeltradition halten. Apg 7- Die Rede des Stephanus ist eindeutig tempelkritisch. Das zu Boden stürzen: Eigentlich hat man immer die Vorstellung, dass Paulus vom Pferd stürzt. Viele Künstler haben das Pferd, statt Paulus in den Mittelpunkt gestellt. Es war ein umwerfendes Erlebnis von Paulus, aber es bedarf nicht wirklich eines Pferdes. Es gibt eine Variation von Audition und Vision. Dadurch kann man auch Dialoge inszenieren. Das Motiv der Dialoge dient immer der dramatischen Darstellung einer Perikope. Die Blindheit des Paulus signalisiert eigentlich, dass er einer anderen Meinung zugehört. Blindheit heißt keine Durchsicht und keine Einsicht in etwas zu haben. Man kann auch an den blinden Bartimäus denken. Jesus ist auf seinem Weg und der Blinde erkennt in Jesus den Sohn Davids und folgt ihm dann nach. Das ist eine Karikatur darin, was vorher im Jüngerkreis passiert ist. Bei Markus im Kontext davor- Söhne des Zebedäus- möchten im Himmel links und rechts von Jesus sitzen. Dieser Wunsch ist ein Zeichen von Unverständnis. Mit Sehen und nichtsehen wird gehandelt. In Johannes 9,1-11: Der Blindgeborene muss sich im Fluss waschen. Die Erleuchtung ist im späteren dann auch ein Terminus für Taufe. Die Texte des NT spielen mit der Metaphorik.

7. Einheit 22.11.2012

Apostelgeschichte 9Audition und Vision V6 und V7. Es handelt sich um ein literarisches Schema/Darstellungsmittel. Bei Lukas merkt man das deutlich. Audition und Vision kann man historisch nicht rückführen. Lukas erzählt einmal das Gegenteil von dem was er davor erzählt. Damit wird klar, dass er die Göttlichkeit herausarbeiten möchte! So wie Lukas darstellt könnte man glauben er weiß nicht mehr, was er einige Kapitel vorher geschrieben hat. Er kann jedoch sehr gut erzählen und hat hohe literarische Qualität und wendet seine Erzählart als literarisches Stilmittel an. Paulus kommt bei Lukas in die Machtsphäre Jesu (V6). Das kann man mit Galater 16(?) vergleichen. Das meint es drückt etwas über den weiteren Dienst Paulus an Jesus aus. Er wird aber literarisch hingehalten. Die nächste Szene, wird durch die nächste Doppelvision vorbereitet. Er bekommt nur den kurzen Auftrag in die Stadt zu gehen und dort bekommt er die nächsten Anweisungen. Wo soll er denn sonst hin?- Er war ja schon am Weg nach Damaskus. Diese Lebenswende und Bekehrungserzählung von Lukas wird weiter aufgebaut.

V7: Die Reaktion der Begleiter des Paulus wird erzählt. Durch die Begleiter hätte man ja eigentlich Zeugen für das Geschehen. Wenn wir nur Apg. 9 hätten, würden wir etwas anders über dieses Ereignis sprechen als wir es im Wissen um die anderen beiden Texte (22 und 26) tun können. Man würde nicht erkennen können, dass Audition und Vision stilistische Mittel sind.

Wie funktioniert Geschichtsschreibung? Geschichte möchte vielleicht objektive Fakten weitergeben. Im Geschichtestudium lernt man bestimmt viele Jahreszahlen. Historische Fakten können auch unterschiedlich erzählt werden. Jede Geschichtsschreibung beinhaltet aber eine Tendenz. Lukas erzählt auch nicht historisch objektiv. Er hat als Geschichtsschreiber auch eine gewisse Tendenz im Hintergrund. Flavius Josephus z.B. erzählt vom Brand vom Tempel Jerusalems. Man ist fast zu Tränen gerührt wenn man diese Geschichte liest. Man hat den Eindruck der Brand passiert völlig unabsichtlich. Wenn man die politische Hintergrundinformation der damaligen Zeit hat, dass kurz

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davor das römisch Kapitol gebrannt hat und dass zwei Götter-Anschauungen gegenüberstehen, dass es um die Macht geht, ist die Sicht schon eine ganz andere.

Wie die Reisebegleitung von Paulus ausschaut wissen wir nicht genau. Es wirkt so, als ob Paulus einen Trupp anführt die Christen verfolgen. Wenn er aber einfach mit einer Gruppe mitreist, wie es damals üblich war, sind unsere Vorstellungen schon wieder ganz andere.

In V 8 erhebt sich Saulus vom Boden und sieht nichts mehr. Die Hilflosigkeit wird durch die Blindheit ausgedrückt. In V 9 kommt nach drei Tagen, wie biblisch üblich, der Wendepunkt. Paulus isst und trinkt nicht und tut dadurch Buße.

V10: Mit Hananias ändert sich die Szene grundsätzlich. Der Name weist auf einen hellenistischen Juden hin. Hellenistisch heißt, dass er einer ist der mit Jerusalem eher auf Distanz geht und der eher tempelkritisch eingestellt ist. Stephanus war auch ein hellenistischer Judenchrist. Wenn man als Jude in der Diaspora lebt, kommt die Frage auf, warum jüdisches Leben nur beim Tempel in Jerusalem möglich sein soll. Die Synagogen in der Diaspora erfahren so eine Aufwertung gegenüber dem Tempel. Die Eigenständigkeit wird deutlich betont. Man akzeptiert trotzdem das Zentrum.

Hananias ist wahrscheinlich der Repräsentant der Gemeinde. Durch diese weite Person die eingeführt wird, sollen LeserInnen teil an der Situation haben. Die Vision von Hananias spielt sich privat ab und ist eine eher subjektive Erfahrung. Das Visionsgespräch beginnt mit dem Umstand, dass Hananias vom Herrn mit seinem Namen angerufen wird und er antwortet.

V 11-12: Hananias soll einen Saulus von Tarsus erkunden und aufsuchen. Damit haben wir einen Hinweis auf die Herkunft von Paulus. Tarsus liegt an der kilikischen Pforte. Wenn man diese Pforte überwindet, gibt es nach Osten keine geografische Barriere mehr. (Die Keilerei von Issos 333 hat auch bei dieser Pforte stattgefunden.) Eventuell begannen damals schon die Hellenisierung des Christentums und die hellenistische Weitergabe christlicher Inhalte.

Hananias wird aktiv und sucht Paulus auf. Als er ihn findet, hat Paulus auch gerade eine Vision. Wahrscheinlich haben sie beide die gleiche Vision. Das literarische Schema ist fast überladen. Eine Doppelvision findet man auch in der Apostelgeschichte 10 bei der Taufe des Kornelius. Petrus muss zu Kornelius gehen der gleichzeitig eine Vision hat um Petrus zu holen.

Hananias antwortet Gott, dass Paulus ja ein böser Mann ist. Gott bezeichnet Paulus als auserwähltes Werkzeug (diese Vorstellungen gibt es auch schon im AT- biblische Sprache). Die göttliche Gnadenwahl wird betont. Den Namen Jesu Christi zu tragen, ist eine Umschreibung für die Tätigkeit Paulus und dass er jetzt Christ werden soll. Das Bekenntnis das Paulus öffentlich ablegt ist für Heiden, Könige und Söhne Israels. -> Das Motiv der Steigerung kann nicht direkt angewandt werden. Die Söhne Israels bringen das Spannungsgefälle um. Es ist wahrscheinlich eine spätere Einfügung von Lukas. Die Kontinuität des Wachstums der Kirche wird bei ihm besonders betont. Wenn die Kirche von Anfang an nur heidnisch wäre, wäre kein kontinuierliches Wachsen gegeben, deshalb trägt er die Söhne Israels nach.

Hananias spricht Paulus mit Bruder Saul an, was eine theologische Pointe birgt: Saulus wird jedoch bei der Lebenswende zu Paulus. Das ist aber eigentlich falsch. Saulus hat wahrscheinlich eigentlich drei Namen. Saul erinnert an einen König Israels Paulus ist ein griechischer Name (Griechische Namen bestehen meist aus zwei Namen, das könnte der dritte Name sein) Aber sicher kennen wir den dritten Namen nicht. Katechetisch hat sich dieser Wandel hervorragend vermarktet.

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Hananias legt Paulus die Hände auf. Paulus wird vom Hl. Geist erfüllt. Es gibt Anklänge einer Heilung und einer Geistmitteilung. Das wichtigste bei Lukas ist natürlich der Hl. Geist der die Kirche vorantreibt. Bei Lukas ist der Hl. Geist manchmal sogar schneller als die Kirche. Die Kirche erkennt sein Wirken an Orten, wo man es zunächst gar nicht vermutet.

V18: Die Metaphorik des Wunders wird erzählt, die Lebenswende von Paulus findet statt und das ganze wird zu einer Werbung für die Taufe. Die LeserInnen sollen sich von Paulus inspirieren lassen.

V19: Paulus kommt wieder zu Kräften.

Verhältnis der Schriften von Lukas und PaulusDiese Konzeption von Lukas kann man im Verhältnis zu den paulinischen Dimensionen festhalten.Wir haben 4 Sprachformen festgemacht.

Sehen des Herrn in 1 Kor 9,1. Die Erscheinung des Auferstandenen in 1 Kor 15,9 kann zweifach akzentuiert gesehen werden. Gott selbst lässt den Auferstandenen sichtbar werden. Man kann das Wirken des Herrn aber auch aus der Sicht der Betroffenen beschreiben. Da heißt es dann, „ich habe den Herrn gesehen“. Es war zwar ein Sehen des Herrn, aber trotzdem keine Ostererzählung. Bei Paulus wird in Kor 15 auch keine ekstatische Position angedeutet. In der Apostelgeschichte ist das 22,17. Das ganze kann auch zu einer außergewöhnlichen Lichterscheinung stilisier werden. Noch zurückhaltender ist die Erkenntnis Christi in Philliper 3,7-10. Bei Paulus hat es keinen Attraktionscharakter. 2 Kor 4,6 spricht von einer inneren Erleuchtung. Das ist das unspektakulärste. Diese innere Erleuchtung wird in der Apostelgeschichte zu einem groß angelegten Lichtereignis. Wenn man diese innere Erleuchtung anschaut, haben wir hier Anspielungen auf die Schöpfungserzählungen. Die innere Erleuchtung birgt einen Bezug auf den Schöpfergott. Im Galaterbrief sagt Paulus über diese innere Erkenntnis, dass er dadurch den Sohn Gottes erkannt hat.

Lukas verwendet die Paulusgeschichte als Moment der Identifikation. Als Geschichte an der Lebensorientierung für Gläubige stattfinden kann. Anfänge der Berufung sind auch beim lukanischen Paulus vorhanden. In erster Linie geht es ihm aber um die groß angelegte Bekehrung.

Lukanische Nachträge in der Apostelgeschichte:

Bürgerrecht von Paulus (Apg 22,28)In der Biografie von Paulus kommt sein römisches Bürgerrecht vor. Hatte der originale Paulus wirklich das römische Bürgerrecht?Der Spannungspol liegt darin, dass für das römische Bürgerreicht ein gewisser Wohlstand vorhanden sein musste. Es wurden nur Leute in das römische Bürgerreicht aufgenommen, die zum Zeitpunkt der Aufnahme über einen gewissen Wohlstand verfügten. Der junge Paulus erhielt eine Ausbildung in Jerusalem. Das würde (nach der Beschreibung der Apg.) aussagen, dass das Elternhaus von Paulus sehr wohl über finanzielle Ressourcen verfügte. Die handwerkliche Tätigkeit von Paulus kann nicht gegen das römische Bürgerreicht vorgebracht werden. Es könnte auch sein, dass die Familie inzwischen verarmt ist. Man muss auch das römische Bürgerrecht und das Bürgerrecht von Tarsus differenzieren. In Apg. 21,39 wird ausgesagt, dass er ein Bürger einer kleinen aber nicht unbedeutenden Stadt, Tarsus, ist. Ein Bürgerrecht bringt immer auch Verpflichtungen mit sich. Tarsus war nicht besonders groß, es kann aber leicht sein, dass die Stadt ein jüdisches Viertel hatte. Dann könnte das griechische Wort (Bürgerrecht) aussagen, dass er einfach Bewohner dieses Viertels ist.

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Die Darstellung der Apostelgeschichte sagt aber, dass er das Poleteuma/ πολίτευμα (?) von Tarsus hat. Das drückt mehr aus, als dass er nur im jüdischen Viertel lebte. Wahrscheinlich eben sogar das Bürgerrecht. Das Bürgerrecht drückt aus, dass er an den Opfern und Spielen teilnehmen müsste. Er müsste diesen sozialen Verpflichtungen nachkommen. Er hätte die Möglichkeit fern zu bleiben, oder den eigenen Glauben preiszugeben. Wenn Paulus das Bürgerrecht nicht von seinen eigenen Eltern geerbt hat, könnte er eine Ausbildung durchlaufen haben, die auch mit kultischen Zeremonien verbunden ist. Hat er durch diese Ausbildung sein Bürgerrecht gesichert? Dann müsste er an zwei Gesellschaften teilgehabt haben. Der Tod des Paulus durch das Schwert könnte jedoch wiederum auf das Bürgerrecht hinweisen. Dieser Tod ist jedoch auch nicht eindeutig so nachweisbar. Um das Christentum höher zu situieren, stellt Lukas Paulus besser situiert dar, als er vielleicht eigentlich war. Mit der römischen Bürgerschaft des Paulus ergeben sich mehr Probleme, als sie lösen.

Gamaliël und seine Funktion (Apg 22,3)Welche theologische Ausbildung hat Paulus? Hat er ein rabbinisches Studium durchlaufen? Eine rabbinische Ausbildung nehmen von den Exegeten z.B. Hengel, Stuhlmacheroder und Pesch an. In erster Linie also evangelische Vertreter. Jüdische Eltern haben den Auftrag den Kindern lesen und schreiben beizubringen und sie mit den Gesetzen der Vorfahren vertraut zu machen. So dass sie diese Gesetzte weder übertreten, noch sich durch Unwissenheit verteidigen können.

In Apg 22,3 wird Gamaliel als ein Lehrer des Paulus ausgewiesen. Die pharisäische Tradition stellt einen wichtigen Faktor dar. Diese pharisäische Tradition macht sich auch im Eifer für das jüdische Gesetz bemerkbar. Gamaliel ist wahrscheinlich nicht so sehr für eine rabbinische Ausbildung, sondern eher für eine Erziehung des Paulus zuständig. Paulus kommt bald von seinem Elternhaus in Tarsus weg und durchläuft dann eine religiöse Ausbildung im Zentrum des Judentums- in Jerusalem. Tarsus wird als Nährboden für die paulinische Theologie ganz in den Hintergrund gerückt. Das hat mehrere Gründe: Christlich sozialisiert wird Paulus in Antiochia. Stephanus-Kreis in Jerusalem gilt als besonders innovative Bewegung innerhalb der christlichen

Urgemeinde (kurz nach dem Tod Jesu). Als Verfolger der Christen hat Paulus diese Gruppe schon vor seiner Bekehrung kennen gelernt.

Der Aufenthalt des jungen Paulus in Tarsus wird relativ knapp bemessen. Wenn er in Jerusalem bei Gamaliel erzogen wird, kann er nicht lange in Tarsus gelebt haben. Der Einfluss des Diasporamilieus prägt Paulus dann auch nicht so stark.

Der Bildungsstand von Paulus wird immer wieder betont. Seit Herodes dem Großen ist Ausbildung in den Städten Gang und Gebe. Grammatik- und Rhetorikunterricht war weit verbreitet und hoch angesehen. Diese Ausbildung wird Paulus immer wieder zugeschreiben, da er so gute Briefe und Reden hielt und schrieb. Diesen Unterricht genoss er aber überall und nicht nur in Tarsus.

Der lukanische Paulus möchte manches etwas mehr demonstrieren als Paulus. Der Bildungsstand von Paulus steigt. Lk 1,1-4 ist eine der kunstvollsten Satzperiode des NT. Die Einheitsübersetzung hat daraus unterschiedliche Sätze gemacht. Sprachlich hätte man es nicht besser hinbekommen. Dies kann man mit Hebräer 1,1-4 vergleichen. Das sind zwei Sätze die sprachlich auch einiges abverlangen. Lukas 1,1-4 Hebräer 1,1-41 Schon viele haben es unternommen, einen Bericht über all das abzufassen, was sich

1 Viele Male und auf vielerlei Weise hat Gott einst zu den Vätern gesprochen durch die Propheten;

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unter uns ereignet und erfüllt hat. 2 Dabei hielten sie sich an die Überlieferung derer, die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes waren. 3 Nun habe auch ich mich entschlossen, allem von Grund auf sorgfältig nachzugehen, um es für dich, hochverehrter Theophilus, der Reihe nach aufzuschreiben.1 4 So kannst du dich von der Zuverlässigkeit der Lehre überzeugen, in der du unterwiesen wurdest.

2 in dieser Endzeit aber hat er zu uns gesprochen durch den Sohn, den er zum Erben des Alls eingesetzt und durch den er auch die Welt erschaffen hat; 3 er ist der Abglanz seiner Herrlichkeit und das Abbild seines Wesens; er trägt das All durch sein machtvolles Wort, hat die Reinigung von den Sünden bewirkt und sich dann zur Rechten der Majestät in der Höhe gesetzt; 4 er ist um so viel erhabener geworden als die Engel, wie der Name, den er geerbt hat, ihren Namen überragt.

Wie geht’s weiter :Wir gehen über den Korintherbrief zum Römerbrief. Drei Positionen die die Grundpositionen des Paulus ausdrücken werden vorgestellt. Diese Grundpositionen gehen von einer schönen theologischen Vorstellung des Paulus aus. Diese Vorstellung kann Paulus leider nicht lange durchhalten. Paulinische Theologie ist positiv zusagend und gleichzeitig autoritär, erzieherisch. Dieser Spannungsbogen zwischen Zusage und Korrektur macht die paulinischen Texte gerade so interessant. Oft wird Paulus von seinen Mitarbeitern gerettet. Sie sichern den Erfolg der paulinischen Mission, da Paulus oft sehr scharf spricht und sie die Situation ausgleichen.

8. Einheit 29.11.2012

Paulusbriefe

1.ThessalonicherbriefThessalonicher 1,1: Es wird klar, dass es mehrere Leute sind, die schreiben. Timotheus und Paulus grüßen die Gemeine der Thessalonicher. Es gibt immer gewisse Anfragen der Gemeinden. Paulus beginnt oft mit diesen Anfragen. Die Bezeichnung der Anfragen ist oft die Überschrift mit welcher die Briefe überschrieben werden. In 1.Thessalonicher 5 kann man das erkennen. Man nennt diese Überschriften Pyrite.

1. Thes 4,9 „Bruderliebe“ und 1.Thes 4,13 „Verstorbene“ oder auch 1.Thes 5,1 „Zeit und Stunde“

Mit diesen Überschriften konzipiert Paulus die Teile der Briefe. Paulus versucht in Briefform Gemeindeprobleme zu lösen, da er nicht persönlich anwesend sein kann. Die Briefe sind so etwas wie ein Ersatz für seine Anwesenheit. Der Spielraum den Paulus überlasst ist meist nicht sehr groß. Er schreibt mit großer Autorität. Die Briefe beginnen immer mit einer Eröffnung und Anrede der Gemeinde. Danach kommen es die Anfragen der Gemeinde und die Antworten darauf.

Der Brief ist von einer großen Vorstellung durchzogen. Im Gesamten Brief findet sich ein semantisches Inventar, das sich durchzieht. Das wird in der Erwählungstheologie deutlich. Man kann die These aufstellen, dass Paulus mit der Erwählungstheologie missioniert hat. Die Leute waren anscheinend von dieser Erwählungstheologie angetan. Wo findet sich dieses semantische Inventar und wie äußert es sich.

Die erste Stelle 1. Thes 1, 4-10: Heiligtum ist ein zentraler Begriff in 1.Thes. Die Erwählung wird direkt angesprochen. Das wird nicht direkt begründet, sondern als Faktum vorausgesetzt. Paulus setzt die Erwählung voraus. Er begründet nicht weiter. Es steht nicht zur Diskussion. Wie ergeht der Ruf der

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Erwählung? Die Thessalonicher haben einen vorbildlichen Glauben. Ihr Glaube ist für die ganze Gegend rundherum ein Vorbild. Wer das Wort des Evangeliums aufnimmt, macht sich somit auch angreifbar. Das ist Paulus klar und das ist auch die Situation in welcher die Thessalonicher sich befinden. Das ist eigentlich eine schöne Parallele in unsere Zeit, in der man für den eigenen Glauben auch argumentieren muss.

In 1.Thes 1,10 wird eine Christologie angesprochen. Zeitvorstellungen sind sehr individuell und hängen von der Situation ab in der man sich befindet. Je nachdem in welcher Situation die Gemeinde steht wird auch Zeit gesehen. Wenn sie gerade in einer schweren Situation ist, hoffen sie, dass die Zeit bald zu Ende ist. Wenn es ihnen gut geht, macht es ihnen nichts aus, wenn die Zeit noch etwas andauert. Jesus wird als Retter dargestellt, der vor dem Gericht Gottes rettet. An anderer Stelle kommt im 1.Thes der Zorn Gottes vor. Die Christologie ist wichtig für den Rettungsgedanken. Wenn man sich diese Christologische Konzeption anschaut stellt sich die Frage welche Qualität die Christologie hat? Christus ist der Sohn und der Retter, der uns vor dem Zorn Gottes rettet. Es fehlt, dass er Mensch war. Außerdem bleibt die Einheit von Vater und Sohn auf der Strecke. Die Präexistenz Christi wird auch nicht vorausgesetzt oder angesprochen.

Die Gestalt der Verkündigung: Es wird nicht nur mit dem Wort, sondern auch mit Dynamik, Gewissheit, Geist, Bewegung und Macht verkündet. Die Missionare treten mit Gewissheit und Sicherheit auf. Außerdem findet die Verkündigung im Geist statt. Wenn man den Geist als Hl. Geist bezeichnet, kann man ein theologisches Moment einfügen.

Evangeliums-Verkündigung kann man laut diesem Text folgendermaßen beschreiben: Sie geschieht nicht nur mit Worten, sondern auch im Beistand des Hl. Geistes. Es wird mit voller Gewissheit verkündet und auch bei den Gläubigen löst die Verkündigung Gewissheit aus. Es ist eine kraftvolle Verkündigung. Die Menschen sind von Gott erwählt worden und die Verkündigung dient auch dazu, den Menschen mitzuteilen, dass sie von Gott erwählt wurden. Erwählung ist eine positive und exklusive Sache, nach der es den Menschen verlangt. Daher freuen sie sich wahnsinnig über diese Erwählung. Paulus ist derjenige der kommt und ihnen diese Erwählung zusagt. Gefährlich ist, dass man hier auf eine Elitäre Schiene geraten könnte. Man braucht in der Verkündigung auch immer positive Zusagen. „Wisst ihr nicht, dass ihr Tempel Gottes seid“- Gott wohnt in uns. Unsere Bibel hat viele solche großen positiven Zusagen. Die muss man nur beachten.

Mit der Zusage der Erwählung ist auch das Gericht Gottes konnotiert. Der Gerichtsgedanke wird formuliert. Am Ende wird uns jedoch Jesus retten. Die Zusage des Evangeliums entreißt uns dem kommenden Gericht wie auch die Annahme des Evangeliums uns retten wird. Es ist eine positive jedoch keine exklusive Zusage.

1. Thes 2,11.12Gott geht aus dieser Stelle als Rufender hervor. Dass uns Gott so explizit ruft, ist uns meist nicht so präsent. Das hinter dieser Stelle eine Gottesbezeichnung steht, ist nicht so eindeutig erkennbar. Gott als Rufender steht da. Dadurch bekommt man noch einmal eine wesentliche Dimension mit, wie sich diese Gottesbezeichnung mit der Evangeliumsverkündigung erhält. Die Berufung zu Gott vollzieht sich über Paulus. Der Zusammenhang zwischen Erwählung und Berufung: Berufung vollzieht sich durch das Evangelium. Das Evangelium ist die Zusage der Berufung. Die Grundfrage die Paulus hat, ist wie ein Mensch angesichts der verlorenen Menschheit aus dem Endgericht gerettet werden kann. Im Wort der Verkündigung wirkt der Hl. Geist. Die Zusage der Erwählung bewirkt die Neukonstitution

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des Menschen. Jürgen Becker drückt aus, dass von Antiochia noch der Gedanke der Taufe hinzukommt. Neukonstitution ist nicht nur an die Verkündigung des Evangeliums, sondern auch an die Taufe gebunden. Die Verkündigung bekommt eine neue Stufe, wenn es so wichtige Dinge gibt, die artikuliert werden müssten. In Thes 2,11-12 kann man auch die intensive Zuwendung Gottes an seine Kinder erfahren. Sie werden zu einem Leben berufen, wie es Gottes würdig ist. Der Ruf Gottes und die gnadenhafte Zuwendung gehen voraus, erst dann kann man das gnadenhafte Leben erlangen.

1. Thes 4,7 Die Heiligkeit des Lebens durchzieht den ganzen Thessalonicherbrief. Diese Heiligkeit wurde den frühen Christen zugesagt. Auch in solchen Situationen, in welchen sie alles andere als heilig lebten. In Korinth geht es drunter und drüber, trotzdem wird der Gemeinde zugesagt, dass sie Heilige Gottes sind. Es heißt Gott hat uns nicht zu Unreinheit (Schmutz), sondern zur Heiligung gerufen. Die Berufung erfolgt zur Heiligkeit. Damit ist hier auch die sittliche Dimension angesprochen.

1. Thes 5,9Wir sind nicht für das Gericht bestimmt, sondern dafür, dass wir durch Jesus Christus das Heil erlangen. Gott hat uns also nicht zum Zorn, sondern zum Erwerb der Erlösung bestimmt. Die deutsche Einheitsübersetzung unterschlägt den griechischen Begriff der den Erwerb der Erlösung ausdrückt. Es findet hier eine Zuspitzung auf Christologie und Soteriologie statt. Christus ist mit dem Heil identifiziert. Diese Christologie begegnet uns vor allem als Erwartung des kommenden Herrn. Tod und Auferstehung Jesu sind darauf hingerichtet. Der Begriff der Erwählung verbindet uns zentral mit dem Judentum. In Jes 54,3 gibt es eine ähnliche Vorstellung. Die Mitglieder der Gemeinde sind von Gott erwählt und geliebt. Deshalb gibt es in der Gemeinde keine Hierarchie-> Geschwisterlichkeit wird angestrebt. Sakramental wird das mit der gemeinsamen Taufe aller. Die antiochenische Theologie im Taufansatz tritt im Galaterbrief auch noch einmal auf. Dort wird von der Auflösung aller Hierarchien gesprochen.

1.Thes 5,23.24Die Erwählungstheologie zieht sich durch den gesamten Brief hindurch. Gott der euch beruft ist treu! 1. Thes2,12 ist vergleichbar mit 1. Thes 5,24. Die Gottesbezeichnung ist nach wie vor präsent. Der Gott des Friedens wird vorgestellt. Tadellosigkeit und der rechte Lebenswandel werden eingemahnt. Wichtig ist das dann, wenn das Gericht kommt. Das Gericht ist der Gnade Gottes anempfohlen. Paulus ist klar, dass Rettung im Gericht nicht durch eigene Werke „geschafft“ werden kann. Für Paulus ist jeder Mensch ein Mensch der sündigt, deshalb werden wir aus Gnade Gottes gerettet. Ein Lebenswandel erfolgt, weil der Ruf Gottes ergeht. Es ist so eine hohe und positive Zusage Gottes. Wenn Gott in dir wohnt, dann ist doch klar, dass der Lebenswandel eintritt. Man erweist sich als würdig. Der Indikativ (Heilszusage) geht dem Imperativ (Lebenswandel) voraus. Alles ist aber noch einmal umfangen von der Gnade Gottes. Woher bekommt Paulus sein Menschenbild? Wie kommt er zur Annahme, dass alle Sünder sind? Ist die Annahme der Sündenverfallenheit die Grundlage der paulinischen Theologie? Geht er vom Sündenfall, oder von der Erlösung aus? Warum musste die Erlösung erfolgen? Wie kommt man darauf, dass der Mensch sündig sein muss? In dieser Spannung steht die paulinische Theologie, die den Menschen als Sünder sieht.

Wortverkündigung ist etwas, das für Paulus ganz oben steht. Es ist etwas das in Dynamik, im Hl. Geist erfolgt. Das Bild des Vaters der für seine Kinder sorgt, ist sehr wichtig. Diese Zusage von Erwählung

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steht hinter der Heiligung. Die Zusage von Glaube, Hoffnung und Liebe steht hier auch schon dahinter. In der weiteren Folge spielen diese in der Moraltheologie eine wichtige Rolle.

9. Einheit 6.12.2012

Welche Assoziationen sind mit dem Thema von Erwählung verbunden?Erwählung findet von Gott her statt. Hängt auch eng mit paulinischer Theologie zusammen. Berufungserfahrung von Paulus. Erwählung kann auch oft eine Bürde sein. Mit der Erwählung bekommt man einen Auftrag, den man umsetzen sollte. Das ist oft anstrengend. Erwählung ist ein Geschenk das man sich nicht verdient hat. Erwählung birgt auch die Gefahr des elitären Denkens. Das Versprechen des Himmels wird gegeben. Hierarchien entstehen. Hochnäsigkeit oder Neid könnte entstehen. Rigorismus von Elitären oder laxistische Haltung; beides spätere Positionen der Gnosis. Unsere Ämter sind weit weg von spiritueller Führung. Eignungskompetenz und Charismen. Manches ist erworben worden und andere bekommen es einfach zugesprochen. 1.Kor ?-14. Das Amt spielt bei Paulus noch keine so große Roll. Man hat eher charismatische Ämter inne. Gemeinden sind bei Paulus ca.20- 50 Personen (sogenannte Hausgemeinden).

Legitimation von Erwählung: Man muss zurückfragen können mit welchem Recht jemand erwählt ist. Erwähltes Volk Israel- jetzt ist plötzlich noch wer erwählt. „Alte“ Erwählte müssen Angst vor „neuen“ Erwählten haben. Einzelne Menschen treten aus den Gemeinden heraus und sagen, dass sie höchst charismatisch begabt sind. In dem Moment in dem es die Ämterstruktur gibt, werden die frei schwebenden Charismen kanalisiert. Die Kanalisierung der Charismen gibt es in paulinischen Zeiten noch nicht. Jeder ist damals noch von sich selbst überzeugt, dass er/sie von Gott erwählt ist. Es kommt zu Gruppenbildungen, da viele andere für sich gewinnen möchten. Machtfragen spielen eine Rolle. Menschen streben nach Machteinfluss. Es entsteht eine sehr dynamische Situation. Manche sind besonders vom Geist erfüllt-z.B. Zungenrede. Da man diese Personen aber nicht versteht, steht man dem skeptisch gegenüber.

1. Korinther 1,10-17Paulus missioniert auch in Korinth mit der Erwählungstheologie. Man fühlt sich dadurch aber nicht in den Dienst genommen, sondern Erwählung ist eine eigene Auferbauung. Die Korinther kündigen ihr Verhältnis zur Welt. Diese Vorstellung jetzt schon erwählt zu sein, überfordert die Korinther. Es ergibt sich ein Konkurrenzkampf von Charismen. Die Gemeinde ist ungeordnet. Die Korinther haben ein falsches Sakramentsverständnis. Sie glauben die Gnadengaben werden nicht von Jesus Christus selbst übermittelt, sondern von jenen, die die Sakramente spenden.

Es funktioniert, dass Paulus in Korinth mit der Erwählungstheologie missioniert. Es ergibt sich Streit. Verschiedene Gruppen differenzieren sich. Es gibt 3-4 Gruppierungen die wir aus dem Text erfahren. Es könnte noch viel mehrere geben. Sakramente werden ganz falsch aufgefasst. Die Gnadengaben haben diejenigen die taufen. Paulus verfolgt eine rhetorische Strategie. Es wird deutlich, dass Paulus egal ist, dass er derjenige war, der getauft hat. Durch das Thema der Kreuzigung wird eine neue Argumentationsschiene offen. Man tauft auf den Namen Jesu Christi. Es gibt keine trinitarische Taufformel. Wen er getauft hat, steht nicht im Vordergrund. Er steigt nicht in die religiöse Konkurrenzsituation ein. Er nimmt sich aus dem Spiel heraus. Die rhetorische Strategie ist, dass er einmal die Position untergräbt. Er hält der Gemeinde einen Spiegel vor in dem sie sehen sollen, dass das worüber sie sich Gedanken machen unwesentlich ist. Danach spricht er davon, dass die Menschen auf Christus getauft sind.

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Wie steht Erwählung und das Thema des Kreuzes Christi im Zusammenhang. V17: Es geht um das Kreuz Christi. Ab 1.Kor 1,18 beginnt die Kreuzestheologie des Korintherbriefes.

1.Kor 1,18-31Das Törichte und Dumme wird der Weisheit gegenübergestellt. Aber selbst wenn man das Dümmste im Menschen annimmt, ist es noch immer klüger als die Weisheit der Menschen. Er bringt bewusst die Argumentation der Torheit. Diese Oppositionen prägen das ganze Textgefüge sehr massiv. Mit dieser Opposition bringt Paulus einen Aspekt ein, der die charismatische Gemeinde in Korinth verändert. In Korinth glaubt jeder er/sie wäre der/die König/Königin der Charismen. Reicher als alle anderen und allen anderen überlegen. In diese Situation ordnen sich die Worte des Paulus ein, dass Gott das Schwache und Dumme erwählt.

Welche Bedeutung hat das Kreuz in der Antike? Es gibt eine archäologischen Fund eines Gekreuzigten der ca.0-65 gestorben ist. Man weiß, dass er gekreuzigt ist, da man einen Nagel gefunden hat, er durch seine Knöchel getrieben wurde. Außerdem wurden seine Beine zerschlagen, damit er schneller stirbt. Am Kreuz sackt der Körper immer mehr ab, dadurch bekommt man keine Luft mehr. Deshalb werden auch die Beine zerschlagen, damit man sich nicht mehr aufrichten kann. Die Menschen wurden früher ein halbes bis ganzes Jahr im Grab gelassen. Wenn dann noch etwas übrig war, kocht man diese Überreste aus und bestattet es dann in einem Ossoar. Die Römer lernen die Kreuzigung erst durch die Punischen Kriege kennen. Sie verwenden das Kreuz als Darstellung von Macht und Herrschaft. Wenn der Gekreuzigte aus Willkür des Stadthalters hängen bleibt, dann bleibt er eben hängen. Für Juden ist das Kreuz auch ein religiöses Problem, besonders wenn der Gekreuzigte über Nacht hängen bleibt. Deshalb finden Kreuzigungen auch außerhalb der Stadt statt, damit die Macht klar demonstriert wird. In der Mitte unserer Religion haben wir so einen Gekreuzigten stehen. (Buchtipp: Festschrift Dinkler(?))

Wenn Paulus über den gekreuzigten Jesus Christus spricht, hat er diesen Problemhorizont zu begegnen. Wie soll Paulus der Gesellschaft vermitteln, dass von so einem Gekreuzigten das Heil kommt. Jedes religiöse Sprechen muss durch das Kreuz noch einmal gemessen werden. Was bleibt dann noch übrig? Wenn wir das einhalten würden, dürften wir viele Dinge gar nicht sagen. Dann wird unsere religiöse Verkündigung etwas weniger wortreich. Das religiöse Sprechen bekommt aber eine Tiefendimension, in der man immer hinterfragt, was diese Worte mit der Religion zu tun haben. In Korinth wirkt die Verkündigung des Kreuzes gegen eine vorzeitige Aufkündigung des Weltverhältnisses. Sie sind in der reinen Gnade Christ und haben sozusagen schon den Himmel auf Erden. Deshalb wollen sie leben wie die Engel. Sie scheiden z.B. ihre Ehen. Es ergibt sich eine völlig neue Situation. Das religiös enthusiastische Verhalten der Korinther wird relativiert. Wenn Erwählungstheologie einseitig gedacht wird, nimmt sie eine katastrophale Schieflage ein.

10.Einheit 13.12.2012

Kreuzestheologie des ersten KorintherbriefsWichtige Stellen die auch in der Pflichtlektüre erwähnt werden:1.Kor 1,18-25! (Es geht um die Spaltung zwischen Judenchristen und Heidenchristen; Angst vor Unreinheit durch Essen; -> Gefährdung innergemeindlicher Einheit; Gegenüber von Weisheit und Torheit wird stark betont)

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Gal 6,12-16 (Es wird klar, dass die Diskussion über Beschneidung nicht mehr so wichtig ist. Durch den Bruch und das Kreuz befinden wir uns in einer neuen Schöpfung, diese muss man anerkennen und nach dem Evangelium handeln.)

Gesichtspunkte die man im Licht der Kreuzestheologie im 1.Korintherbrief betrachten sollte:

1. Anthropologie 6,13ff.2. Enderwartung 13,133. Weltverhältnis 7,12ff.4. Sakramentenverständnis 15,54-585. Freiheitsverständnis 10,236. Gottesfrage/Gottesverständnis 4,8ff.

Diese sechs Themen kann man kreuzestheologisch durchdenken. Es sind sechs ausgewählte Themen die beliebig erweiterbar sind. Kreuzestheologie ist etwas das das theologische Sprechen mit bedenkt. Es wäre angeraten theologisches Sprechen durch die Kreuzestheologie zu filtern.

1. Anthropologie 1.Kor6,13ff.Zentrale Anthropologieaussage ist, dass der Mensch nicht sich selbst gehört. Der Mensch kann über sich selbst nicht verfügen. Durch den Tod Christi am Kreuz ist uns eine Verantwortung auferlegt. Wenn Paulus vom Menschen spricht meint er ihn immer als Geschöpf Gottes. Unzucht ist etwas das dazu führt, dass man ein Fleisch mit der Dirne wird. Dem stellt Paulus die geistige Vereinigung mit Gott gegenüber. Entweder ein Leib oder ein Geist sein. V13: „Gott wird die Speisen und den Bauch vernichten“ Der Leib ist etwas Vergängliches. Der Hl. Geist lebt aber in ihm und wir haben Verantwortung für ihn. Unzucht ist an dieser Stelle mit bezahltem Geschlechtsverkehr gleichzusetzen.

2. Enderwartung 1.Kor 13,13In der Enderwartung sind Glaube, Hoffnung und Liebe sehr wichtig. Paulus hebt die Liebe als größte heraus. Sie ist auch unvergänglich. Die Liebe ist im Moment und auch später wichtig. Er schreibt nicht über gute Taten die man tun soll, sondern nur über die Liebe. Christus hat sich aus Liebe zu uns gekreuzigt. Das frühe Christentum nimmt den Terminus Agape. Agape ist die umfangreichste Liebe. Dieser Begriff ist noch am wenigsten vorbelastet. Es ist die selbstloseste Liebe, die man auch in Christus erleben kann. Kapitel 12 und 14 umschließen das Kapitel 13. In 12 und 14 wird eine Beschreibung von Charismen dargestellt. Die Liebe wird bei all dem als allentscheidendes Prinzip in den Mittelpunkt gerückt. Man kann jedes Charisma daraufhin überprüfen, ob man es in Liebe ausführt. Der Weltbezug wird über die Liebe noch einmal eingemahnt.

3. Weltverhältnis 1.Korinther 7,12 ff.Die Heiligkeit ist nicht mehr lokal beschränkt. Durch Christus wurde ein neuer Bund geschlossen, in den alle Menschen eintreten können. Es ist sehr wichtig, dass das weltliche nicht vorzeitig aufgekündigt wird. Das weltliche soll aber nur soweit als wichtig gesehen werden soweit es unbedingt notwendig ist. Man löst sich innerlich und äußerlich von der Welt. Als heilig werden die an Gott und Christus glaubenden bezeichnet. Wer heilig ist, hilft auch dem Unheiligen. Das Positive, also Heilige, setzt sich gegenüber dem Unheiligen durch. Wie sich Christus für uns hingegeben hat, können auch wir uns füreinander hingeben und uns gegenseitig heiligen. Beschneidung ist auch nicht mehr so wichtig. Sie war für den alten Bund sehr wichtig. Durch Christus haben wir aber einen neuen

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Bund und eine neue Ebene, auf dieser ist z.B. Beschneidung nicht mehr so wichtig. Ausschlaggebend ist, dass man die Gebote Gottes hält. Der Ruf Gottes ist entscheidend. Der Weltbezug wird durch die Liebe noch einmal eingemahnt.Wie die Kirche die Welt versteht ist auch heute eine aktuelle Frage.

4. Sakramententheologie 1.Kor 15,54-58Die Sünde ist der Grund aus dem wir sterben. Jesus hat jetzt den Sieg über Tod und Sünde herbeigeführt. Wer Gemeinschaft mit Christus hat, für den gibt es manche Dinge, die eigentlich ausgeschlossen sind (1.Kor 6,13). Man stirbt mit Christus mit. Die Parallelität ist aber noch nicht gezogen, dass man auch mit ihm aufersteht. Das ist hier der Querverweis zur Endzeiterwartung. In Korinth lassen sich viele wegen des Glaubens scheiden. Das sollte aber eigentlich nicht sein. Eigentlich sollte Scheidung nicht an der Tagesordnung stehen. Wenn aber z.B. ein Partner gläubig wurde und der andere nicht gläubig sein möchte, kann man sich scheiden lassen (, was laut Paulus auch besser ist).

5. Freiheitsverständnis 1.Kor 10,23In Korinth ist alles erlaubt- das ist ein Spruch der Gemeinde. Paulus greift diesen Spruch auf. Er stellt die Freiheit in den Aufbau des Leibes Christi. Freiheit indem sich der Mensch auch in die Gemeinde einfügt. Wen man von christl. Freiheit spricht, muss diese Freiheit auch auf die Gemeinschaft der Christgläubigen ausgerichtet sein.

6. Gottesverständnis und Mitherrschaft mit Christus 1. Kor 4,8ff.Paulus schreibt sehr ausführlich, dass die Apostel im Vergleich zu Herrschern weltlich gesehen eigentlich eher weiter hinten stehen. Trotzdem soll man sich an das Vorbild des Paulus halten. Die Gemeinde soll sich auf Gott einlassen. Auch wenn man dann das Risiko eingeht, weltlich verachtet zu werden. Die Gemeinde muss sich auf Gott einlassen. Die wahre Herrschaft ist eine Mitherrschaft in Christus und diese kann man nur erreichen wenn man auch bereit ist in der Welt ganz hinten zu stehen. Mitherrschaft durch Erwählung. Paulus erhebt Einspruch. Gott erwählt immer nur das Schwache. Kreuzestheologie beinhaltet eine Platzanweisung für ein theologisches Programm. Wenn man das ernst nimmt, darf man keine Maßstäbe der Welt in die Kirche einführen.

11. Einheit 10.1.2013Die korinthische Gemeinde lebt von hoher charismatischer Beteiligung und von Charismen von 1 Kor 12-14. Diese Charismen sind zum Aufbau der Gemeinde genützt. Wenn sie für etwas anderes verwendet werden, vergehen die Charismen. Die Kreuzestheologie im 1. Korintherbrief dient wirklich als hermeneutischer Schlüssel. Alles wird noch einmal im Licht des Kreuzes Christi gesehen. Der Erlösungsaspekt des Kreuzes wird nicht näher ausgeführt. Thematisiert wird stattdessen, dass einiges über die Existenz des Kreuzes Christi noch einmal eine neue Bedeutung bekommt.

Die Sakramentsauffassung erfährt eine grundlegende Kritik. Bedeutende Sakramente waren damals die Taufe und die Eucharistie. Die Kritik kommt daher, dass der Taufspender für Parteiungen sorgt. Das Herrenmahl in Zusammenhang mit Lieblosigkeit in der Gemeinde wird auch kritisiert. An diesem Punkt mangelnder Solidarität macht Paulus auch den Mangel eines unwürdigen Eucharistieempfangs fest.

Das Freiheitsbewusstsein in der Gemeinde ist ein weiterer Aspekt. In der Gemeinde in Korinth ist fast alles erlaubt und man muss sich die Frage nach einer Freiheitseinschränkung stellen- (vgl 1.

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Tess.). Nächstenliebe spielt auch im 1. Thessalonicherbrief eine Rolle. Das Freiheitsbewusstsein wird durch das Soziale, die Bruderliebe, eingegrenzt. Wenn man einen Bruder, eine Schwester verletzt, hat die eigene Freiheit ein Ende. Das Gebot der Liebe steht über allem. Die Heiligung des Lebens spielt auch eine so große Rolle, dass das eigene Freiheitsbewusstsein eine weitere Grenze erfährt. Ansonsten ist für Paulus auch klar, dass Gemeinde eigentlich der Raum für Freiheit ist.

Paulus hat eine sehr umfassende Anthropologie. Nach seiner Anthropologie ist der Mensch Leib. Leib ist eindeutig mehr als Körper. Das Bekenntnis zur Auferstehung des Leibes macht es auch deutlich, dass der Leib über den Körper hinausgeht. Im Leib ist auch die persönliche Geschichte eingebunden. Die Korinther sehen den Körper als Leib und Seele und sprechen eigentlich nur der Seele die Erlösung zu. Paulus wendet sich in Korinth gegen eine solche Aufspaltung des Körpers. Der Schöpfungsgedanke wird in Korinth dualistisch durchgespielt. Paulus korrigiert dieses Verhältnis. Der Leib ist nicht nur ein Teil des Menschen, sondern der Mensch ist immer schon Leib. Der Mensch ist immer schon ein Ganzheitlicher, der auch ganzheitlich vor Gott steht. Handlungen betreffen somit nicht nur gewisse Teile, sondern den ganzen Menschen!

Die Aufkündigung des Weltverhältnissens lässt Paulus nicht zu! Taufe heißt mitsterben mit Christus, es heißt aber noch nicht gleichzeitig auch mit ihm auferstanden zu sein. In Korinth gibt es die Einstellung, dass man schon gerettet ist, wenn man sich zum Christentum bekehrt. Manchmal wirft man Paulus vor, dass er nicht für das Weltverhältnis steht, wenn man aber dies anschaut, sieht man wie sehr er sich bemüht, dass Christen ein Weltverhältnis leben. (Schlüsseltext für Taufe: Röm 6) Die Treue und die Geduld sind sowie das Bestehen in dieser Welt angesagt.

Die Auseinandersetzung mit der Enderwartung (1. Kor 15). Die Geistbegabten (oder die die glauben sie wären es) haben nach ihrer eigenen Aussage jetzt schon an der Herrschaft Christi teil. Das wird wieder mit einer bestimmten Anthropologie kombiniert. Diese schreiben dem Leib Vergänglichkeit zu, nur die Seele wird erlöst. Der Mensch steht in der Welt aus der er sich nicht herauslösen kann. Glaube darf nicht voreilig mit Ansprüchen von Erlösung kombiniert werden. Das Liebesgebot spielt hier in den Weltbezügen eine ganz entscheidende Rolle. Im Verbissen sein auf das Liebesgebot wird deutlich, dass umfassende Erlösung noch aussteht, da wir ja noch keine grenzenlose Liebe leben. Paulus lässt also Enthusiasmus im Bezug auf vorzeitige Erlösung aus der Welt nicht wirklich gelten.

Dazu kommt noch Pflichtlektüre, welche die Wichtigkeit bestimmter Positionen verdeutlicht

Rechtfertigungslehre bei PaulusWird am deutlichsten im Galater- (Gal5,6 bzw.Gal6) und Römerbrief (Röm3,21-31) entfaltet. Der Vorläufer ist der Galaterbrief, der Römerbrief entfaltet dann die Sache genauer. Statt Lob gibt es im Galaterbrief für die Gemeinde eine Rüge. Außerdem ist ein wichtiger Text 1.Kor 7,19.

Es gibt drei große Themen die angesprochen werden:

Dikaiosyne -Gerecht. Gerichtsaussagen. Taufe und theologische Sprache der Taufe Septuaginta

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Gerichtsszenarien: Auch Feldherren können solche richterliche Verfügungen ausüben. Die angeklagte Person ist von der Akzeptanz des Richters ausgeliefert. Dieser Gedanke wird auf theologische Gerichtsszenarien übertragen. 1. Thess.- das Evangelium errettet vorm Zorn Gottes. Auch hier wird der Zorn Gottes angesprochen. Jene Gemeinde, die sich als Endzeitgemeinde sieht, wird gerettet werden. Die Dringlichkeit der Verkündigung des Evangeliums schwingt hier auch mit. Die Gemeinde, so die Überzeugung, wird von Christus selbst gerettet werden. Dieses Endzeitszenario inszeniert ein Verhältnis zwischen Gott, Christus und den Menschen. Die gesamte Menschheit wird dabei nicht in den Blick genommen. Wer den Namen des Herrn anruft wird gerettet werden. Es gibt verschiedenen Szenarien zur Verdeutlichung dieses Gerichts:Röm. 14,10 Wir müssen alle vor dem Richterthron Gottes erscheinen. 2. Kor 5,10 Richterstuhl Gottes ist wichtig. Wenn man vor dem Richterstuhl steht muss man Rechenschaft ablegen. Röm. 14,12 Jeder von uns legt Rechenschaft ab. 1.Kor. 4,5 Im Gericht werden Taten von jedem freigelegt.: Das Gericht hat Aufdeckende Funktion. auch wenn wir uns keiner Schuld bewusst sind, gibt es die Sicht Gottes, die tiefer geht als unsere persönliche Darlegung. Im Letzten geht es darum vor Gott bestehen zu können. In einem etwas geschlosseneren Szenario kann man diese Darstellungen auch in Römer 2 finden. Man stellte sich das Gericht immer sehr bildlich vor. Audienz und Gerichtsszenen haben auch andere Texte der Bibel beeinflusst. Es gibt z.B. Wundererzählungen welchen eigentlich antike Audienzszenen grundgelegt sind. Es gibt auch Heilungserzählungen in welchen solche Audienzszenen verbildlicht sind. Eine solche Perikope kann die Heilung (und Berufung) des Bartimäus sein. Solche Audienzszenen findet man auch in den Passionserzählungen z.B. bei der Verspottung. Der Tag des Zornes Gottes ist ein Tag des Gerichts. Je nach Schuldigkeit wird da auch Lohn zugesprochen. Die positive Reaktion Gottes im Endgericht lässt sich auf Anrechnen der Gerechtigkeit sehen. In einem solchen Szenario dominieren die Bilder des Lohnes, des Säens und Erntens. Damit stehen wir jedoch noch nicht ganz bei der paulinischen Rechtfertigungsbotschaft.

Der grundlegende Sakramentale Aspekt der Taufsprache bei Paulus: Die Taufauffassung und die Taufsprache sind bei Paulus auch für die Rechtfertigungsbotschaft konstruiert. Antiochien ist für Paulus sehr wichtig, da ihn diese Gemeinde christlich sozialisiert. Er übernimmt von dieser Gemeinde auch die Taufauffassung. In dieser Taufauffassung geht es nicht um ein Urteil, das im Gericht gesprochen wird. Es geht um eine Geistgewirkte Existenz und was diese geistgewirkte Existenz nach sich zieht 1.Kor 6,9-11: Darin geht es darum, dass eine neue Gemeinde konstituiert wird. Früher waren die Christen von Korinth ungerecht, damit haben sie aber gebrochen. Die Gemeinde ist gerecht geworden. Die Gemeinde wird durch ein neues Sein konstituiert. Begründet aus der Taufe und dem Erlangen der Gerechtigkeit Gottes findet diese Änderung statt. In 1.Kor1,30 heißt es, dass Christus für uns geworden ist, als Gerechtigkeit und Abwaschung, Heiligung und Erlösung. Angesprochen wird eigentlich das Taufgeschehen. Diese neue Konstitution des Menschen ist durch Christus hergestellt und hat dadurch eine starke christologische Dimension. Christus selbst bewirkt geistgestärkte Verhaltensänderung. Röm 6 ist eine sehr, sehr wichtige Stelle im Bezug auf Taufe und Sakramente. 2. Kor 5, 21 umschreibt diesen Austausch. Der, der keine Sünde kannte, wurde für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm Gerechtigkeit Gottes werden. Diese Taufe vermittelt natürlich auch ein neues Sein, das besonders im Galaterbrief (3,26-28 =Spitzentext dazu) deutlich wird. Jene die am Geheimnis Gottes beteiligt sind, drücken dies in der Kleidung aus. Alle sind eins in Christus. Alle

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weltlichen Unterschiede sind in Christus aufgehoben. An diesen Spitzentext hält sich die Gemeinde von Korinth nicht immer und heute ist es genauso schwer sich daran zu halten.

Septuaginta: Es ist klar, dass Paulus seine Rechtfertigungstheologie nicht ohne die Hl. Schrift darstellen kann. Im Galaterbrief ist es ganz klar, dass der Schriftbeweis oft vorkommt, genauso im Römerbrief. Die Rechtfertigungslehre kommt aber auch im Philipperbrief vor. Wenn man an Briefteilungshypothesen des Philipperbriefes festhält, wird der Brief im zweiten Teil getrennt Philipper 3,1 zu 3,2 ist auch der Übergang von Philipper A zu Philipper B. Manche teilen auch noch einen Teil C ab. Für eine Chronologie von Paulus müsste man die Briefe auch noch einmal in ihren Teilungen anschauen. Wie viele Schriftzitate finden sich im Philipperbrief? Eigentlich wird gesagt, der Philipperbrief kommt ohne Schriftzitat aus. Die Schriftzitate kommen in den anderen Paulusbriefen sehr wohl vor, aber nicht im Philipperbreif. Warum genau wissen wir nicht. Im Kontext der Rechtfertigungslehre kommen Schriftzitate eigentlich sehr häufig vor. Auch Personen der Hl. Schrift kommen im Kontext der Rechtfertigungstheologie vor. Auf all das verzichtet aber der Philipperbrief.Sehr wichtige Schriftzitate für die Rechtfertigungstheologie:

Röm1,17/ Gal 3,11 Schriftzitat aus Habakuk 2,4 „Der aus Glauben Gerechte wird leben“Röm 1,20/ Gal2,16 Schriftzitat aus den Psalmen 143, 2 „Kein Lebender ist Gerecht“!! Röm 4,3 /Röm 4,9 /Röm 4,22/ Gal 3,6 Schriftzitat aus Genesis 15,6 „ und es wurde ihm zur Gerechtigkeit angerechnet“ sehr wichtige Stelle für ein Verständnis von Rechtfertigung überhaupt!! Überall kommt auch die Gestalt Abrahams vor. Das besondere an Abraham ist, dass er das Gesetz nicht kannte und trotzdem gerecht war. Abraham wird vor seiner Beschneidung von Gott gerecht gesprochen. Deshalb weist auch Paulus auf Abraham. Abraham wird als jene Gestalt herangezogen, welche von Grund auf erklärt, dass Gott unabhängig von Werken des Gesetzes Recht vergibt. Paulus erklärt mit der Rechtfertigungslehre die Frage: Wie wird der Zugang zur Gemeinde konstituiert? (Es gibt hier zwei Forschungslinien die aufeinanderprallen. Die Frage, die auch an Luther festgemacht werden kann ist, wie man zu einem Gerechten Gott kommen kann.) Zuerst Glaube und dann Taufe; in Röm 6 fallen Taufe und Gerechtigkeit zusammen. Rechtfertigungslehre schafft auch für Heiden einen Zugang zur Gemeinde, unabhängig von der Frage zur Gemeinde. Deshalb wird auch Abraham als so großes Vorbild gesehen. Rechtfertigung Gottes setzt vor der Beschneidung, vor den Werken des Gesetzes an. Damit wird auch eine soziologische Dimension sichtbar.

Jeremia 9,22 schafft eine Verbindung zwischen Kreuzestheologie und Rechtfertigungslehre. Das ist eine Kernstelle der paulinischen Kreuzestheologie (1.Kor 1,31). Sinngemäß ist hier die Rechtfertigungstheologie schon mit hineingenommen.

Wie kommt es überhaupt zu Ausformungen der Rechtfertigungstheologie von Paulus? Warum kommt sie vor allem in den späteren Briefen auf? Die Rechtfertigungsterminologie hängt in dem Zusammenhang auf, wo Paulus sie im Rahmen der Galatischen Situation klar machen möchte, was es mit Erwählung und Kreuzestheologie auf sich hat. Aufgrund der Besonderheit der Situation muss er zu einer neuen Sprachform finden. Die korinthische Kreuzestheologie ist Voraussetzung, um überhaupt zur Rechtfertigungsterminologie zu kommen. Die Kreuzestheologie die in die Rechtfertigungstheologie übergeht setzt dabei Signale wie der Galaterbrief gelesen werden möchte. Diese Kreuzestheologie kommt auch im Galaterbrief (3,1) noch deutlich vor. Dort setzt der Bogen der Rechtfertigungstheologie von Paulus an.

12. Einheit 24.1.2013

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Rechtfertigungslehre des Paulus: Positiv formuliert kann man sagen, dass Gott aus Gnade rechtfertigt – vgl. Abraham. Diese Geschichte wird in paulinischen Briefen aber meist sehr zugespitzt. Paulus hat seine Rechtfertigungslehre in einer Frontstellung formuliert (Gal). Das bedeutet eine polemische Formulierung und eine Formulierung die oft in Oppositionen ausdrückt. Dieses Muster lautet variiert „Rechtfertigung ohne Werke des Gesetzes“. Hier hat man immer eine Gegenüberstellung Rechtfertigung aus Gnade und Rechtfertigung aufgrund von Werken. Rechtfertigung ist Handeln Gottes am Menschen und hat mit unserem Terminus „sich rechtfertigen“, nichts zu tun. Wenn Gott rechtfertigt, braucht man sich selbst nicht mehr rechtfertigen. Das kann spirituell ergiebig sein. Der Mensch darf, kann, muss vor Gott stehen (nicht unbedingt positiv besetzt, da man damit den Gerichtsgedanke verknüpft. Dabei wird oft ausgeklammert, dass das Gericht durch uns selbst hindurchgeht – klassisches Beispiel: Mt 25 – Gal 2,14-21 oder Röm 3,21-31 -> Spitzentexte für Rechtfertigung. Doch es gibt auch Randtexte.

Klassische Lehrsätze: (Stelle?)Hier hat man eine Einleitungsformel oder Zitationsformel und dann wird ein Grundsatz formuliert. Den merkt man daran, dass z.B. etwas in zeitlos gültigem Präsens gesagt wird. Dieser Grundsatz steht immer so im Kontext, dass er kontextuell angepasst werden kann. Auch so, dass die Argumentation greift.Antiochien am Orontes ist für Paulus wahrscheinlich ein wichtiges Zentrum, bei dem er in theologische Denktradition eingewiesen worden ist

1 Kor 7,19: Es kommt nicht darauf an, beschnitten oder unbeschnitten zu sein, sondern darauf, die Gebote Gottes zu halten. Beschneidung ist kein Wert. Der Wert ist ein Leben nach dem Gebot. Wenn man genauer auf den Text schaut, müsste man allerdings ein bisschen anders übersetzen „Beschneidung ist nichts, und Nichtbeschneidung ist nichts, sondern die Bewahrung der Gebote Gottes“ -> statt Adjektiva Substantiva. Dadurch wird die Aussage verstärkt.

Nachhall in Röm 2,25 gefunden. Grundposition dahinter, die nun angewendet wird: Beschneidung nützt nur, wenn man Gebote hält und nach dem Gesetz lebt. Rau spricht von einer breiten Entfaltung der Parole aus 1 Kor 7,19 in Röm 2,25.

zweite Stelle: Gal 5,6: in Christus Jesus kommt es nicht darauf an, beschnitten oder unbeschnitten zu sein, sondern darauf, den Glauben zu haben, der in der Liebe wirksam ist. Wenn wir den griech. Text anschauen, müssen wir wieder etwas anders übersetzen. Adjektive werden hier wieder substantiviert: Weder Beschneidung vermag etwas, noch Nichtbeschneidung. Das ist eine hoch interessante Stelle, da, wenn man über Rechtfertigung spricht. Die meisten sind schockiert – warum? Weil wir gut katholisch erzogen wurden und Paulus da nicht im Mittelpunkt steht. Wenn Werke nichts nützen, wie kann man dann gerettet werden? Die Ethik wäre eigentlich völlig nebensächlich. Doch wenn man diese Stelle ansieht, ist sie nur auf Beschneidung konzentriert. Man muss auch erwähnen, dass Glaube in Liebe wirksam wird -> damit hätte man wieder eine gut-katholische Position gerettet. Paulus formuliert zugespitzt in einem polemischen Kontext – variiert, dass Glaube im Mittelpunkt steht. Doch die Frage ist die: wer oder was rettet? Man wird darauf wohl nicht „Gutsein des Menschen“ antworten, sondern man wird Rettung wohl hoffentlich Gott selbst vollziehen lassen, denn ansonsten wäre er nur ein kleinlicher Gott, der nur Leistungen zählt. Über Leistungen feilschen ist eigentlich menschenunwürdig. Das Gericht ist Sache Gottes, nicht Sache unseres kleinlichen Rechenspiels. Das macht auch das Drama unseres Gerichts aus. Würde man ausweisen können, was Gericht ist, wäre man schon an Stelle Gottes. Wenn man Gal 5,6 anschaut, ist das eigentlich eine Tradition, die wahrscheinlich auf die Gemeinde von Antiochien zurückgeht. Hier

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kann man sehr deutlich Aufhebung des Heilswertes der Beschneidung erleben. Man hat nur dann Heilswert, wenn der Glaube dahinter steht. Das ist der Grund, warum man ein anderes Paulusbild braucht. Paulus ist und bleibt ein Leben lang Jude, nur schaut er ein bisschen anders auf Beschneidung.

(Pauluslektüre: fragt auch nach Leuten, die neues Paulusbild vertreten und nach Vorzügen einer solchen Auslegung)

Aufhebung des Heilswertes der Beschneidung auch in Gal 3,26-3,28 Dort ganz zugespitzt und polemisch. Kontext: Christen verlassen die Synagoge und gründen eine neue Gemeinschaft mit Christus. Es wird eine Formel formuliert, die Einheit anzeigt und „in Jesus Christus“ formuliert. Glaube an Jesus Christus tritt nun an die Stelle der Frage Beschnittenheit/Unbeschnittenheit. Stichwort Glaube erinnert jetzt an urchristliche Missionspredigt (schon aus 1 Thess 1,8.9 bekannt). Theologisches System: Glaube bewirkt durch Evangelium und Geist und führt zu gottgefälligem Lebenswandel. Bereits im 1 Thess vorformuliert. Der Glaube wird in der Liebe wirksam und hat jetzt den Wert, den vorher die Beschneidung hatte. Der Glaube steht als gemeinsame Basis über Opposition von Beschneidung und Nichtbeschneidung.Paulus setzt allerdings Rechtfertigung ins Präsens („Jetzt schon gerecht“) – Röm 5 z.B. eine schöne Explikation. Ein/e alternative/r Glaube/Beschneidung weist in antiochenischer Tradition den Weg, wie man Gemeinschaft gründen kann und ein Glaubenssatz zeigt den Galatern schon die Richtung, die sie einschlagen sollen: Weg des Glaubens, der in Liebe wirksam wird. Die Galater werden an ihre ursprüngliche Erstbegegnung mit dem Evangelium erinnert: Gal erinnert in Gal 5,6 an Ursprünge der missionarischen Glaubensverkündigung.

In Gal 6,15 nochmals variiert:in Einheitsübersetzung katastrophal falsch übersetzt. Man würde daraus niemals erahnen können, was eigentlich Wichtiges drinnen steht. Es ist aber deshalb bedeutend, da wir Rechtfertigungslehre zu Maßstab unseres Lebens machen müssen. Paulus sagt dort: Denn es kommt nicht darauf an, ob einer beschnitten oder unbeschnitten ist, sondern dass er neue Schöpfung ist –> 6,16 dazu wichtig: Es werden so viele nach dieser Regel wandern (Regel = Maßstab). Im Griech. steht das Wort für Kanon. Der Kanon ist ein verbindliches Maß, das man aber in der Einheitsübersetzung nicht hat, es wird nur empfohlen, sich daran zu halten. Unter diesem Niveau sollte keine Theologie betrieben werden. Es werden so viele nach dieser Regel wandeln, Friede über sie und Barmherzigkeit Gottes. Glaube und Israel werden nicht gegeneinander ausgespielt, sondern über beide Teile mit Friede und Barmherzigkeit erbeten. Weder Beschneidung noch Nichtbeschneidung ist etwas, sondern die neue Schöpfung ist ausschlaggebend. Überraschend ist an dieser Stelle der Begriff „Neue Schöpfung“. Dieser Begriff kommt in diesem Kontext bisher nicht vor. Dieses unvermittelte Auftauchen macht nur Sinn, da die Galater bereits wissen, was damit gemeint ist. Die Galater haben bereits einen gewissen Erkenntnisstand aus Gal 5,6: Unterscheidung Beschneidung/Nichtbeschneidung spielt hinsichtlich der Heilsrelevanz keine Rolle. Sie wissen auch, dass sich Paulus auf Jerusalemer Apostelkonvent bezieht. Das Stichwort verwendete Paulus schon früher, für den Galaterbrief ist dieser Aspekt allerdings neu.

Stelle? Das Alte ist vergangen – Siehe, Neues ist geworden -> kosmische Wende. Die alte Schöpfung ist abgelöst, eine neue wurde geschaffen. Das erinnert an frühjüdische Endzeiterwartungen, da diese mit alter und neuer Schöpfung spielen. Interessant: Paulus macht keine futurische, sondern eine präsentische Aussage. Deshalb kann er auch Gal 2,19f in einem existentiellen Präsens formulieren. Rechtfertigung hat eine präsentische, keine futurische Bedeutung für die neue Schöpfung.Man kann Gal 6,15f mit Gal 3,26-28 zusammenzählen. Auch Gal 3,26-28 ist ein wesentlicher Text für

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den Galaterbrief. Man könnte auch fragen, ob im Hintergrund vielleicht Mysterienvorstellungen da sind. Was heißt dieser Text eigentlich hinsichtlich Rechtfertigungstheologie und Neuer Schöpfung? Er bringt zusammen, was in Gal 2,4 schon ausformuliert wird: Freiheit in Christus korrespondiert mit diesem neuen Sein. Mit dem Geschick Christi ist die neue Schöpfung am Plan. Das Alte (z.B. Beschnittenheit/Unbeschnittenheit) ist vergangen. Die alte Differenzierung, hat keine Geltung mehr. Der Christ ist mit Christus (Gal 3,26-28 Spitzentext) gestorben, und zwar für die Welt, weil er lebt ja. Christus ist für die Welt gestorben. Das Gesetz kann keine Bedeutung für die Kirchengründung haben. Damit hat Paulus eine Brücke zu Gal 5,2 (?) geschlagen. Es gibt das Neue, das schon am Anfang von Gal beschrieben wird. Christus reißt aus der schlechten Welt heraus. man hat in Gal ein Koordinationssystem, für das man Gal 6,16 als Basis nehmen kann. Gal 6,15 wird in 6,16 ausgebaut. Was in Gal 6,16 ausformuliert wird, steht schon in Gal 1,14 (?). Man merkt, dass man ein verbindliches Maß braucht, doch davon steht in Einheitsübersetzung in Gal 6,16 nichts. Interessant: Kanon nimmt genau dieselbe Stellung ein, wie in Gal 1,6-9. Ein anderes Wort hat so große Bedeutung wie Kanon, Nämlich Evangelium. Statt Maßstab kann man auch Evangelium schreiben. Das Evangelium ist der wirkliche MaßstabPaulinische Texte sind immer kontextuell, wir müssen immer mühsam ergänzen, um ein Gesamtbild zu bekommen.

Es geht im Letzten um Gottesbegegnung und wenn durch die Bibel ermöglicht sind, dann ist das schön. Man kann sich aber auch am Bibeltext so aufhalten, dass es nicht zur Gottesbegegnung kommt.

Was bedeutet es, wenn in Gal 6,16 über das Vehikel neue Schöpfung Segen und Erbarmen Gottes den Menschen zugesprochen wird? (Bedeutet, dass das Rechtfertigungsgeschehen den Menschen zugesprochen wird?) Kann man hier die Traditionsgeschichte (Traditionskritik: sucht nach mündlicher Vorlage, spielt z.B. bei Frage nach Glaubensbekenntnis eine Rolle; Literarkritik fragt nach schriftlicher Vorlage) ansetzen, gibt es etwas, das uns in die antiochenische Gemeinde zurückführen kann?

Gal 5,16 sind kontextuelle Anpassungen. 1 Kor 7,19 ist wahrscheinlich die ursprüngliche Version. Dort tritt ein schlagwortartiger Charakter in den Vordergrund. In Gal 5,6 wird eine stärker soteriologische Dimension greifbar. Gal 6,15 – Röm 3,28 & Gal 2,16: Der Satz der Rechtfertigungstheologie ist im Römerbrief viel stärker eingebunden. Auch in 1 Kor 7,19 viel stärker eingebunden als in Gal 2,16.

Interessant dabei, dass sich in Gal eine Unterscheidung von Werten festmacht. Ein neues Urteil wird beeinfluss: Beschneidung ist für heidnische Konvertiten für Eintritt nicht mehr wichtig.

Wird nochmals in Röm 14,7 einer Revision unterworfen (Nicht nämlich ist das Reich Gottes Speise und Trank, sondern Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist). Gemeinschaft wird durch neues Sein in Christus konstituiert. Neuer Glaube führt zu Sein in Christus, das als neue Schöpfung beschrieben wird. Diese geht auf das Evangelium zurück und ist identisch damit und dieses hat klare Handlungsoption: 1) Aufnahme ohne Beschneidung; 2) zeigt sich auch in Speisevorschriften → Es zählen Gerechtigkeit, Friede und Freude im Hl. Geist.

Wenn wir auf Gal 3,28 zurückkommen, begründet in Gal 3,26-28 neues Sein in Christus Existenz der Gemeinde, doch weit formuliert. Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht mehr Sklaven und Freie, nicht mehr Mann und Frau, denn ihr alle seid eins. Auch Röm 10,12. Interessant ist dabei die Zusammensetzung der Gemeinde, die mit einer bestimmten Taufauffassung begründet wird. Diese hatten die Galater schon einmal als ihre eigene aufgenommen und an diese werden sie nun erinnert. Taufe und Taufempfang korrespondieren bei Paulus. Eine Gemeinde, die vom Geist Gottes lebt, würde sich in solchen Spitzenaussagen wiederfinden müssen. Wenn wir Vorlage rekonstruieren, die

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hinter dieser Taufformel steht, würde vielleicht vorkommen. Grundkonzept: alle seid ihr Söhne, Töchter (Geschwister) in Jesus Christus, denn alle, die ihr auf ihn getauft wurdet, habt ihr ihn angezogen.

Kirche und Gemeinde sind von Christus & Geist Gottes geprägt- alle sind gleichgestellt. Erinnerung an andere Tradition: Pfingstereignis in Apostelgeschichte . Theol. Begründung dort: Apg 2: Pfingstrede des Petrus – Joelzitat (Joel 3,5) → alle werden prophetisch reden, alle sind gleichermaßen prophetisch begabt.Antiochenische Dimension formuliert etwas, das allen gilt, auch wenn jüdische Situation der Erwählung aller nicht mehr aufrechterhalten wird.

Taufe in Christus gliedert in neue Gemeinschaft ein und so kommt Erlösungsgeschehen Gottes zum Ziel. Es geht eigentlich auch um Begründung von Kirche, die zu einem Raum endzeitlichen Heiles wird. Man kann „in Jesus Christus“ als Gemeinschaft in Christus haben, man kann es aber auch mehr äußerlich formuliert haben: Christus als Gewand anziehen. In Christus sein bedeutet, dass man weder Jude noch Christ, sondern dass man höchstes Ziel des Menschsein leben kann.

Hält sich Paulus an seine Ideale?z.B. 1 Kor 11: Feier des Herrenmahles, es wird aber nicht richtig geteilt. Einige leben anders (auch im Gottesdienst) als Mehrheit der Gemeinde. Welchen Rat gibt Paulus? Warten aufeinander, zuerst zu Hause essen-> wie gerecht ist das? Zu Hause essen können nur, die die was haben. Zu spät kommen nur jene, die noch arbeiten müssen (Sklaven). Wenn es Sklaven in Korinth gibt, ist die Gleichheit nicht vorhanden. Reiche dürfen zu Hause essen und können satt kommen, die anderen können weder vorher noch nach dem Gottesdienst essen. Die Verhältnisse in paulinischen Gemeinden sind nicht immer so toll, wie wir es wünschen. Das betrifft auch das Verhältnis Mann & Frau

13. Einheit 31.1.2013In den Gemeinden passiert viel Arbeit die verdeckt wird. Gegenwärtige Zustände in der Gemeinde prägen immer das eigene Verständnis. Man hat von einer Gemeinde gewisse Vorstellungen, es könnte aber auch ganz anders laufen. Deshalb ist es wichtig die Texte als „fremde Texte“ zu lesen. Heute gibt es z.B. keine charismatische Gemeindeleitung (Gemeinde macht vor Ort aus, wer welche Arbeiten übernimmt) mehr. Heute kommen Entscheidungsprozesse ganz anders zustande. Oft muss man sprechen, obwohl man es nicht möchte. Bei einer charismatischen Leitung hat man wenig kontrollierende Instanzen. Eine charismatische Leitung und ein Pastoralamt, wie wir es heute haben, würden nebeneinander nicht so gut funktionieren. Wenn etwas nicht so ist, wie es unseren Vorstellungskategorien entspricht, können wir es nicht sehr gut verstehen. Bei den Texten stolpern wir immer wieder über die Unterschiede in der Gemeindeverfassung heute und damals.

Beispiele anhand deren man sieht, dass Frauenarbeit in Paulinischen Gemeinden systematisch verdeckt wird:

Römer 12,6-8: Unterschiedliche Gaben. Je nach den uns verliehenen Gaben, sollen wir uns engagieren. Grundsätzlich ist der Text für Männer und Frauen gleich offen. Geschlechtergrenzen werden eigentlich nicht vollzogen.

Philipper 1,1: Die Ämter unterschieden sich deutlich von den Ämtern in den Pastoralbriefen.

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1 Kor 3,5-9: Es geht um Männerarbeit verdeutlicht durch Apoll und Paulus. Aber auch wenn das Männerarbeit ist, wird alles auf das Wirken Gottes zurückgeführt. Ihr seid Gottes Mitarbeiter auf Gottes Ackerfelder. Innerhalb der Paulinischen Briefe findet man immer wieder Frauen die auch auf „Gottes Ackerfelder“ arbeiten. Auch wenn man heute z.B. einen Abt oder eine Äbtissin anschaut. Allein beim Auftreten wird schon deutlich, dass sie gesellschaftlich keine Gleichwertigkeit zugeschrieben bekommen. Die Männerorden verfügen auch über eine sehr ausgeprägte wirtschaftliche Potenz. Hochgebildete Äbtissinnen fühlen sich auch heute oft von männlichen Priestern übergangen.

Röm 16,1-2: Phöbe wird zunächst als Diakonin beschrieben. In der Einheitsübersetzung hilft man sich mit dem Begriff Dienerin. (gr. Begriff kann als Dienerin oder Diakonin übersetzt werden.) Allgemein kann man sehen, dass die Übersetzung meist so läuft, dass Frauen dienen. In der deutschen Übersetzung kommt man nicht auf die Idee, dass hinter diesem weiblichen Dienerinnen und den männlichen Diakonen eigentlich der gleiche Begriff steht. Männer werden öfter mit der Amtsbezeichnung und Frauen eher über das Dienen beschrieben. Markus 1,31 könnte auch als Berufungsgeschichte zu einem kirchlichen Dienst gesehen werden.

In Röm 16,2 wird es so ausgedrückt, dass Phöbe vielen geholfen hat. Im griechischen steht ein Terminus Technicus. Bei Männern heißt dieser Terminus προστατης /prostatis =Beschützer, Leiter, Patron. Wenn man das auf Phöbe übersetzt, ist sie Patronin und Beschützerin gewesen. Nicht nur für die Gemeinde, sondern auch für Paulus ist sie eine Patronin gewesen. In der Übersetzung wird aus dieser Beschützerin eine Dienerin. Die Autorität der Phöbe wird dadurch untergraben.

Die Bibel in Gerechter Sprache übersetzt: Sie ist Diakonin. Man soll ihr beistehen und sie in allen Angelegenheiten unterstützen. Sie ist eine (gr. Prostatis/ προστατης) Beschützerin und hat Autorität. Sie hat vielen Schutz geboten, auch mir selbst (Paulus).

Elberfelder Bibel: 1 Ich empfehle euch aber unsere Schwester Phöbe, die eine Dienerin der Gemeinde in Kenchreä ist, 2 damit ihr sie im Herrn aufnehmt, der Heiligen würdig, und ihr beisteht, worin immer sie euch braucht; denn auch sie ist vielen ein Beistand gewesen, auch mir selbst. Empfehle eine Dienerin, auch sie ist vielen ein Beistand, Beschützerin, Helferin geworden.

Einheitsübersetzung: 1 Ich empfehle euch unsere Schwester Phöbe, die Dienerin der Gemeinde von Kenchreä: 2 Nehmt sie im Namen des Herrn auf, wie es Heilige tun sollen, und steht ihr in jeder Sache bei, in der sie euch braucht; sie selbst hat vielen, darunter auch mir, geholfen.

Amt der Diakone damals: Sie werden der Wortverkündigung zugeordnet (Stephanus hält in der Apg. die längste Rede- er war der erste Diakon), außerdem sind sie für die Diakonie- die Nächstenliebe verantwortlich.

Röm 16,7: Junia könnte eigentlich auch ein Mann sein. es gibt aber keine epigraphischen Befunde, dass es Junia als Männername gegeben hätte, es gab ihn nur als Frauenname. Deshalb müsste Junia im Römerbrief doch eine Frau sein. In neueren, guten Bibelübersetzungen ist an dieser Stelle normalerweise ein Verweis, dass dieser Name auf eine Frau hinweist. In der Elberfelder-Bibel ist ein Verweis, dass es ein Mann oder eine Frau ist. Nur in der Bibel in gerechter Sprache ist Junia eindeutig als Frau gekennzeichnet.

Der Terminus Technicus für Missionsarbeit ist „sich abmühen“. Es ist also eine harte schweißtreibende Arbeit gemeint. Die Evangelisierung wird mit dieser harten Arbeit gleichgestellt.

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Man kommt vor lauter harter Arbeit auch mal ins Schwitzen. Diesen Vorstellungshorizont haben wir heute nicht mehr. Besonders oft kommt dieses sich abmühen auch in Verbindung mit Sklavenarbeit vor. Paulus bringt den Begriff in 1 Kor 15, 10 und Galater 4, 11 auch in Verbindung mit seiner Evangeliumsverkündigung. Diese harte Arbeit wird auch in der Beschreibung der Gemeindearbeit als Terminus verwendet. -> 1. Thess 5,12 („Wir bitten euch aber, Brüder, dass ihr die anerkennt, die unter euch arbeiten und euch vorstehen im Herrn und euch zurechtweisen“ ) und 1.Kor 16,16 („dass auch ihr euch solchen unterordnet und jedem, der mitwirkt und sich abmüht“). In den folgenden Stellen werden auch Frauen mit diesem Terminus der harten Arbeit in Verbindung gebracht: Röm16,6 („Grüßt Maria, die für euch viel Mühe auf sich genommen hat.“)Röm 16,12 („Grüßt Tryphäna und Tryphosa, die für den Herrn viel Mühe auf sich nehmen. Grüßt die liebe Persis; sie hat für den Herrn große Mühe auf sich genommen.“) und Röm. 16,13 („Grüßt Rufus, den Auserwählten in dem Herrn, und seine Mutter, die auch mir eine Mutter geworden ist“).

1 Kor 14, 23-25 („Wenn nun die ganze Gemeinde zusammenkommt und alle in Sprachen reden, und es kommen Unkundige oder Ungläubige herein, werden sie nicht sagen, dass ihr von Sinnen seid? Wenn aber alle weissagen und irgendein Ungläubiger oder Unkundiger kommt herein, so wird er von allen überführt, von allen beurteilt; das Verborgene seines Herzens wird offenbar, und so wird er auf sein Angesicht fallen und wird Gott anbeten und verkündigen, dass Gott wirklich unter euch ist.“)

Zungenrede: Phänomen von Glossolalie: Menschen sprechen, weil sie vom Geist Gottes ergriffen sind, unerkennbare Dinge. Diese Erfahrungen gibt es heute meist in charismatischen Gruppen. Geisterfahrung steht heute ganz hoch, weil es etwas Unmittelbares ist den Geist Gottes so direkt zu erleben. Die Gruppe die sich versammelt und gemeinsam in Glossolalie spricht, ist das für jemand der das nicht kennt nicht nachvollziehbar. Der Geist Gottes müsste alle gleichzeitig erfassen und das auch zu Zeiten die die Gruppe strukturiert hat. Das macht die Glossolalie etwas unbegreiflich bzw. hinterfragungswürdig.

Wenn Gott in unserer Mitte ist, ist das eigentlich etwas Schönes. Wenn jemand der die Gemeinde nicht kennt, in die Gemeinde kommt und plötzlich sagt: „Wahrhaftig Gott ist in eurer Mitte!“. Der Text macht zunächst keinen Unterschied zwischen Ungläubig (apistatos) und Unkundig (idiotes). Jene, die in die Gemeinde in Korinth kommen, tun das aufgrund einer Einladung. Solche Sympathisanten kommen in die Gemeindeversammlung hinein und sie werden in der Versammlung geprüft. Paulus ist es ein Anliegen, dass sich die Gemeinde nicht der Zungenrede, sondern der Prophetie verpflichtet fühlt. Die Prophetie ist für Paulus eindeutig der Glossolalie zu bevorzugen. Die Glossolalie bedarf auch immer eines Akts der Interpretation. Die Prophetie ist jedoch für alle verständlich. Für jene die in die Versammlung kommen, hat das einen Mehrzweck. Das verborgene in ihren Herzen wird aufgedeckt, ihnen wird durch die Interaktion mit den Gemeindemitgliedern also etwas bewusst. Wenn jemand sagt, wahrhaftig Gott ist in eurer Mitte, dann wird die Gemeinde doch als etwas Sinnvolles erlebt werden, dem man sich anschließen kann. Aus den Sympathisanten wird also plötzlich jemand der Bruder oder Schwester in Gott ist. Den Menschen wird in der Gemeindeversammlung etwas über sich ausgesagt, dass sie so nicht über sich wussten. Das was hier passiert wird unter dem Stichwort prophetische Rede angegeben. Prophetische Rede hat also den Sinn Menschen etwas über ihr Leben aufzuschließen, das sie vorher so noch nicht über sich wussten.Frauen leisten einen sehr wichtigen Dienst, da sie in der Gemeinde eine prophetische Funktion haben. Das kommt auch in folgenden Stellen vor:

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1. Kor 11,5 („Eine Frau aber entehrt ihr Haupt, wenn sie betet oder prophetisch redet und dabei ihr Haupt nicht verhüllt. Sie unterscheidet sich dann in keiner Weise von einer Geschorenen.“) Es findet prophetische Rede von Frauen statt. Frauen sagen etwas über Menschen die in die Gemeinde gekommen sind, was sie sich immer schon gedacht haben. Sie bringen etwas ans Licht.

1.Kor 14,34-35 („34Wie es in allen Gemeinden der Heiligen üblich ist, sollen die Frauen in der Versammlung schweigen; es ist ihnen nicht gestattet zu reden. Sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz es fordert. 35 Wenn sie etwas wissen wollen, dann sollen sie zu Hause ihre Männer fragen; denn es gehört sich nicht für eine Frau, vor der Gemeinde zu reden. 36 Ist etwa das Gotteswort von euch ausgegangen? Ist es etwa nur zu euch gekommen?“) Wahrscheinlich ist V34 gemeinsam mit V35 durch die Pastoralbriefe in die Paulusbriefe gekommen. Die Pastoralbriefe und die Paulusbriefe wurden gleichzeitig herausgegeben. Dass 1.Kor 14,34-36 ein späterer Nachtrag sind, daran zweifelt heute niemand mehr.

Die Briefe von Paulus sind nicht gerade darauf angelegt die Sicht der Frau gerade transparent zu machen. Die Gemeinden bei Paulus waren sehr klein. Es waren Gemeinden zwischen 20 und 50 Personen. Das ist mit dem heutigen Gemeindemodell nicht mehr vergleichbar. Soziologisch sagt man, dass man mit ca. 200 Leuten in Interaktion stehen kann. wenn das so ist, und plötzlich eine Gemeinde mehr als 1000 Mitglieder hat, ist die Interaktion sehr viel schwerer. Außerdem war damals das Leitungssystem der Gemeinden noch ein ganz anderes.

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