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3 Sandra Fuchs Kapitel 7 & Anhang, 3401 SS 2014 Milgram „Obedience to Authority“ Die Experimente (Versuchsreihe), die Stanley Milgram in den 60er Jahren durchgeführt hat, gehören zu den bekanntesten Experimenten der Psychologie (Sozialpsychologie v.a.). In Anknüpfung an Solomon Aschs Experimente zu Konformitätseffekten (Längenschätzung von Linien) untersuchte Milgram die Gehorsamkeitsbereitschaf gegenüber Autoritäten. Milgram wollte der Frage nachgehen, warum Menschen den Anweisungen einer Autorität auch dann Folge leisten, wenn diese im Widerspruch zu eigenen ethischen Prinzipien stehen (vergl. 3400, S. 138). Laborexperiment, keine Kontroll- oder Vergleichsgruppe; VP, VL und „Schüler“ (Stooge), dem vermeintlich Stromschläge erteilt wurden bei falsch-beantworteten Fragen, die die VP dem Schüler stellte, bei jeweiliger Erhöhung um 15 Volt des Stromschocks. Bei den sog. Standardexperimenten bestanden folgende, systematisch variierte räumlich Konstellationen zwischen den 3 beteiligten Personen (VL, VP und Schüler), so dass 4 verschiedene Versuchsbedingungen generiert wurden, wobei UV 1 = räumliche Nähe zum Schüler ja/nein UV 2 = verbales Feedback des Schülers ja/nein UV 3 = Hand auf Metallplatte legen ja/nein AV 1 = durchschnittlich gegebener maximaler Stromschock AV 2 = völliger Gehorsam in % 1 2 3 4 UV Getrennte Räume, kein verbales Feedback ∼ KG Getrennte Räume, mit verbalem Feedback ∼ EG Gemeinsam im Raum, ohne Hand auf Metallplat te Gemeinsam im Raum, mit Hand auf Metallplat te

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Sandra Fuchs Kapitel 7 & Anhang, 3401 SS 2014

Milgram „Obedience to Authority“

Die Experimente (Versuchsreihe), die Stanley Milgram in den 60er Jahren durchgeführt hat, gehören zu den bekanntesten Experimenten der Psychologie (Sozialpsychologie v.a.).

In Anknüpfung an Solomon Aschs Experimente zu Konformitätseffekten (Längenschätzung von Linien) untersuchte Milgram die Gehorsamkeitsbereitschaf gegenüber Autoritäten. Milgram wollte der Frage nachgehen, warum Menschen den Anweisungen einer Autorität auch dann Folge leisten, wenn diese im Widerspruch zu eigenen ethischen Prinzipien stehen (vergl. 3400, S. 138).

Laborexperiment, keine Kontroll- oder Vergleichsgruppe;VP, VL und „Schüler“ (Stooge), dem vermeintlich Stromschläge erteilt wurden bei falsch-beantworteten Fragen, die die VP dem Schüler stellte, bei jeweiliger Erhöhung um 15 Volt des Stromschocks.

Bei den sog. Standardexperimenten bestanden folgende, systematisch variierte räumlich Konstellationen zwischen den 3 beteiligten Personen (VL, VP und Schüler), so dass 4 verschiedene Versuchsbedingungen generiert wurden, wobei

UV1 = räumliche Nähe zum Schüler ja/neinUV2 = verbales Feedback des Schülers ja/neinUV3 = Hand auf Metallplatte legen ja/neinAV1 = durchschnittlich gegebener maximaler StromschockAV2 = völliger Gehorsam in %

1 2 3 4UV

Getrennte Räume, kein verbales Feedback∼ KG

Getrennte Räume, mit verbalem Feedback∼ EG

Gemeinsam im Raum, ohne Hand auf Metallplatte∼ KG

Gemeinsam im Raum, mit Hand auf Metallplatte∼ EG

AV ∅ Max. Volt% Gehorsam

Die schrittweise Erhöhung der Stromstärke um 15 Volt führte die VP zunehmend in einem Konflikt: entweder den Anweisungen des VL Folge leisten (Gehorsam zeigen) oder den Versuch abzubrechen aufgrund der zunehmend heftigeren Reaktionen des Schülers.

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In späteren Untersuchungen variierte Milgram systematisch weitere situative Bedingungen, um deren Relevenaz empirisch zu überprüfen.

Zentrale Charakteristika der Untersuchungsreihe von insg. 18 Experimenten:

AV = max. Stromstärke als qualitatives Kriterium

UV = Autorität des VL mit/ohne Assistent, mit/ohne institutioneller Autorität, Nähe der VP zum Schüler

Variationen der situativen Bedingungen sowie der zentralen UV:- räumliche Distanz zum Schüler- Schock per Schalter oder per Hand auf Metallplatte- Feedback Schüler - VL verlässt Raum- Rollentausch zwischen VL und Schüler- zwei VL mit widersprüchlichen Befehlen- zwei weitere protestierende VP (Stooges) im Raum

Täuschungen der VP:- Zweck des Experiments- Rolle Schüler sei Zufallsauswahl- Elektroschock nicht real- Schmerzen des Schülers nicht real- weitere VP als Stooges

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Anhang:

Insgesamt ging Milgram eher a-theoretisch vor, trotz situativem Ansatz beschreibt er immer wieder Einzelpersonen, so dass durch Kasuistik doch ein Bild einer (nicht)gehorsamen Person entsteht.

Den Zustand des nicht mehr autonom handelnden Befehlsausführenden nennt Milgram Agens-Zustand.Im Agens-Zustand handelt die Person eingegliedert in ein hierarchisches System.Durch verschiedene Bedingungen wird der Agens-Zustand aufrechterhalten.Sobald sich eine Person im Agens-Zustand befindet, wird sie zu „einem anderen von ihrem früheren Selbst verschiedenen Wesen mit neuen Eigenschaften“.

Replikationen & Modifikationen der Milgram-Experimente (18 Stück) kamen zu folgenden Ergebnissen:

- keine nennenswerten Altersunterschiede- kaum interkulturelle Unterschiede- Milgrams Befunde waren nicht atypisch- bei Frauen leichte Tendenz zu erhöhter Gehorsamkeit

2 abschließende Erkenntnisse der gesamten Milgram-Befunde nach Lüttke:

1. Eine grundlegende und weit verbreitet Eigenschaft des Menschen ist der „reine“ Gehorsam und es bedarf weder Sinn noch Gewalt, um uns zu unmoralischen Handlungen zu bewegen.

2. Allgemeingültigkeit des reinen Gehorsams: Gehorsam ist auch bei destruktiven Befehlen nicht die Ausnahme, sondern die Norm („Kaum jemand würde anders handeln!“)

Methodologisch und forschungsethisch bleibt festzuhalten, dass - Nachwirkungen durch Stress- Autoritätsmissbrauch- dauerhafte Schädigungen der VP möglich- Verlust des Glaubens an erwachsene Autoritäten möglich- wenig externe/ökologische Validität

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