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Der Panther Im Jardin des Plantes, Paris Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe so müd geworden, daß er nichts mehr hält. Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend Stäben keine Welt. Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte, der sich im allerkleinsten Kreise dreht, ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte, in der betäubt ein großer Wille steht. Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein, geht durch der Glieder angespannte Stille - und hört im Herzen auf zu sein. Aus: Neue Gedichte (1907) Das Karussell Jardin du Luxemburg Mit einem Dach und seinem Schatten dreht sich eine kleine Weile der Bestand von bunten Pferden, alle aus dem Land, das lange zögert, eh es untergeht. Zwar manche sind an Wagen angespannt, doch alle haben Mut in ihren Mienen; ein böser roter Löwe geht mit ihnen und dann und wann ein weißer Elefant. Sogar ein Hirsch ist da, ganz wie im Wald, nur daß er einen Sattel trägt und drüber ein kleines blaues Mädchen aufgeschnallt. Und auf dem Löwen reitet weiß ein Junge und hält sich mit der kleinen heißen Hand, dieweil der Löwe Zähne zeigt und Zunge. Und dann und wann ein weißer Elefant. Und auf den Pferden kommen sie vorüber, auch Mädchen, helle, diesem Pferdesprunge fast schon entwachsen; mitten in dem Schwunge schauen sie auf, irgendwohin, herüber - Und dann und wann ein weißer Elefant. Und das geht hin und eilt sich, daß es endet, und kreist und dreht sich nur und hat kein Ziel. Ein Rot, ein Grün, ein Grau vorbeigesendet, ein kleines kaum begonnenes Profil -. Und manchesmal ein Lächeln, hergewendet, 1

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Der Panther

Im Jardin des Plantes, Paris

Sein Blick ist vom Vorbergehn der Stbe so md geworden, da er nichts mehr hlt. Ihm ist, als ob es tausend Stbe gbe und hinter tausend Stben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte, der sich im allerkleinsten Kreise dreht, ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte, in der betubt ein groer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein, geht durch der Glieder angespannte Stille - und hrt im Herzen auf zu sein.

Aus: Neue Gedichte (1907)

Das Karussell

Jardin du Luxemburg

Mit einem Dach und seinem Schatten dreht sich eine kleine Weile der Bestand von bunten Pferden, alle aus dem Land, das lange zgert, eh es untergeht. Zwar manche sind an Wagen angespannt, doch alle haben Mut in ihren Mienen; ein bser roter Lwe geht mit ihnen und dann und wann ein weier Elefant.

Sogar ein Hirsch ist da, ganz wie im Wald, nur da er einen Sattel trgt und drber ein kleines blaues Mdchen aufgeschnallt.

Und auf dem Lwen reitet wei ein Junge und hlt sich mit der kleinen heien Hand, dieweil der Lwe Zhne zeigt und Zunge.

Und dann und wann ein weier Elefant.

Und auf den Pferden kommen sie vorber, auch Mdchen, helle, diesem Pferdesprunge fast schon entwachsen; mitten in dem Schwunge schauen sie auf, irgendwohin, herber -

Und dann und wann ein weier Elefant.

Und das geht hin und eilt sich, da es endet, und kreist und dreht sich nur und hat kein Ziel. Ein Rot, ein Grn, ein Grau vorbeigesendet, ein kleines kaum begonnenes Profil -. Und manchesmal ein Lcheln, hergewendet, ein seliges, das blendet und verschwendet an dieses atemlose blinde Spiel...

Aus: Neue Gedichte (1907)

Einsamkeit

Die Einsamkeit ist wie ein Regen. Sie steigt vom Meer den Abenden entgegen; von Ebenen, die fern sind und entlegen, geht sie zum Himmel, der sie immer hat. Und erst vom Himmel fllt sie auf die Stadt.

Regnet hernieder in den Zwitterstunden, wenn sich nach Morgen wenden alle Gassen und wenn die Leiber, welche nichts gefunden, enttuscht und traurig von einander lassen; und wenn die Menschen, die einander hassen, in einem Bett zusammen schlafen mssen:

dann geht die Einsamkeit mit den Flssen...

Aus: Das Buch der Bilder

Der lbaum-Garten

Er ging hinauf unter dem grauen Laub ganz grau und aufgelst im lgelnde und legte seine Stirne voller Staub tief in das Staubigsein der heien Hnde.

Nach allem dies. Und dieses war der Schlu. Jetzt soll ich gehen, whrend ich erblinde, und warum willst Du, da ich sagen mu Du seist, wenn ich Dich selber nicht mehr finde.

Ich finde Dich nicht mehr. Nicht in mir, nein. Nicht in den andern. Nicht in diesem Stein. Ich finde Dich nicht mehr. Ich bin allein.

Ich bin allein mit aller Menschen Gram, den ich durch Dich zu lindern unternahm, der Du nicht bist. O namenlose Scham...

Spter erzhlte man: ein Engel kam -.

Warum ein Engel? Ach es kam die Nacht und bltterte gleichgltig in den Bumen. Die Jnger rhrten sich in ihren Trumen. Warum ein Engel? Ach es kam die Nacht.

Die Nacht, die kam, war keine ungemeine; so gehen hunderte vorbei. Da schlafen Hunde und da liegen Steine. Ach eine traurige, ach irgendeine, die wartet, bis es wieder Morgen sei.

Denn Engel kommen nicht zu solchen Betern, und Nchte werden nicht um solche gro. Die Sich-Verlierenden lt alles los, und sie sind preisgegeben von den Vtern und ausgeschlossen aus der Mtter Schoo.

Aus: Neue Gedichte (1907)

Der Ball

Du Runder, der das Warme aus zwei Hnden im Fliegen, oben, fortgiebt, sorglos wie sein Eigenes; was in den Gegenstnden nicht bleiben kann, zu unbeschwert fr sie,

zu wenig Ding und doch noch Ding genug, um nicht aus allem drauen Aufgereihten unsichtbar pltzlich in uns einzugleiten: das glitt in dich, du zwischen Fall und Flug

noch Unentschlossener: der, wenn er steigt, als htte er ihn mit hinaufgehoben, den Wurf entfhrt und freilt -, und sich neigt und einhlt und den Spielenden von oben auf einmal eine neue Stelle zeigt, sie ordnend wie zu einer Tanzfigur,

um dann, erwartet und erwnscht von allen, rasch, einfach, kunstlos, ganz Natur, dem Becher hoher Hnde zuzufallen.

Aus: Der neuen Gedichte anderer Teil

Rmische Fontaine

Borghese

Zwei Becken, eins das andre bersteigend aus einem alten runden Marmorrand, und aus dem oberen Wasser leis sich neigend zum Wasser, welches unten wartend stand,

dem leise redenden entgegenschweigend und heimlich, gleichsam in der hohlen Hand, ihm Himmel hinter Grn und Dunkel zeigend wie einen unbekannten Gegenstand;

sich selber ruhig in der schnen Schale verbreitend ohne Heimweh, Kreis aus Kreis, nur manchmal trumerisch und tropfenweis

sich niederlassend an den Moosbehngen zum letzten Spiegel, der sein Becken leis von unten lcheln macht mit bergngen.

Aus: Neue Gedichte (1907)

Die Flamingos

Jardin des Plantes, Paris

In Spiegelbildern wie von Fragonard ist doch von ihrem Wei und ihrer Rte nicht mehr gegeben, als dir einer bte, wenn er von seiner Freundin sagt: sie war

noch sanft von Schlaf. Denn steigen sie ins Grne und stehn, auf rosa Stielen leicht gedreht, beisammen, blhend, wie in einem Beet, verfhren sie verfhrender als Phryne

sich selber; bis sie ihres Auges Bleiche hinhalsend bergen in der eignen Weiche, in welcher Schwarz und Fruchtrot sich versteckt.

Auf einmal kreischt ein Neid durch die Volire; sie aber haben sich erstaunt gestreckt und schreiten einzeln ins Imaginre.

Aus: Der neuen Gedichte anderer Teil

Blaue Hortensie

So wie das letzte Grn in Farbentiegeln sind diese Bltter, trocken, stumpf und rauh, hinter den Bltendolden, die ein Blau nicht auf sich tragen, nur von ferne spiegeln.

Sie spiegeln es verweint und ungenau, als wollten sie es wiederum verlieren, und wie in alten blauen Briefpapieren ist Gelb in ihnen, Violett und Grau;

Verwaschnes wie an einer Kinderschrze, Nichtmehrgetragnes, dem nichts mehr geschieht: wie fhlt man eines kleinen Lebens Krze.

Doch pltzlich scheint das Blau sich zu verneuen in einer von den Dolden, und man sieht ein rhrend Blaues sich vor Grnem freuen.

Aus: Neue Gedichte (1907)

Archascher Torso Apollos

Wir kannten nicht sein unerhrtes Haupt, darin die Augenpfel reiften. Aber sein Torso glht noch wie ein Kandelaber, in dem sein Schauen, nur zurckgeschraubt,

sich hlt und glnzt. Sonst knnte nicht der Bug der Brust dich blenden, und im leisen Drehen der Lenden knnte nicht ein Lcheln gehen zu jener Mitte, die die Zeugung trug.

Sonst stnde dieser Stein entstellt und kurz unter der Schultern durchsichtigem Sturz und flimmerte nicht so wie Raubtierfelle;

und brche nicht aus allen seinen Rndern aus wie ein Stern: denn da ist keine Stelle, die dich nicht sieht. Du mut dein Leben ndern.

Aus: Der neuen Gedichte anderer Teil (1908)

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= Werke : 5 / ; [ .]. - . : , 2007. - 20.. - ISBN: 978-99940-969-2-3[MFN: 20884]

. 2 : . [ ]. - 2007. - 328.. - : . 295-321. - ISBN: 978-99940-969-4-7 : [. .][MFN: 20889]

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= Werke : 5 / ; [ .]. - . : , 2007. - 20.. - ISBN: 978-99940-969-2-3[MFN: 20884]

. 1 : . [ ]. - 2007. - 296.. - : . 269-287. - ISBN: 978-99940-969-3-0 : [. .][MFN: 20885]

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