Webinar: Rehabilitation bei Hereditärer spastischer...

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Klinik Hoher Meißner Bad Sooden-Allendorf Webinar: Rehabilitation bei Hereditärer spastischer Spinalparalyse 2017

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  • Klinik Hoher Meißner

    Bad Sooden-Allendorf

    Webinar: Rehabilitation bei

    Hereditärer spastischer Spinalparalyse

    2017

  • Bio-psycho-soziales Modell der ICF

    Körperfunktionen

    und -strukturenAktivitäten Partizipation

    Gesundheitsproblem(Gesundheitsstörung oder Krankheit, ICD)

    Umweltfaktoren Personenbezogene Faktoren

  • Bio-psycho-soziales Modell der ICF

    Schwächen der

    Fußheber, Spastik der

    Beine, Gangstörung

    Gehstrecke

    vermindert.

    Stolpert und stürzt

    öfter.

    Probleme am

    Arbeitsplatz

    Meidet Besuch von

    Veranstaltungen,

    sozialer Rückzug,

    Hereditäre spastische

    Spinalparalyse (HSP)

    Schlechte Verbindungen im

    öffentlichen Nahverkehr,

    lange Gehwege, gute

    Unterstützung von Familie

    Gut informiert über die Erkrankung,

    über Schwerbehindertenrecht

  • Was ist Spastik? (DGN Leitlinie 2012)

    Spastik wird definiert als…

    gesteigerter, geschwindigkeitsabhängiger

    Dehnungswiderstand der Skelettmuskulatur,

    der als Folge einer Schädigung absteigender motorischer

    Bahnen auftritt und

    in der Regel mit anderen Symptomen wie Muskelparese,

    Verlangsamung des Bewegungsablaufes, gesteigerten

    Muskeleigenreflexen und pathologisch enthemmten

    Synergismen einhergeht.

  • Symptomatik der spastischen Spinalparalyse

    Unkomplizierte Formen

    • Spastische Tonuserhöhung im Bereich der Beine

    • Leichte Gefühlsstörungen

    • Leichte Blasenstörungen

    • Fußdeformitäten

    Komplizierte Formen

    • Störung der peripheren Nerven

    • Epilepsie

    • Störungen der Hirnleistungsfunktionen

    • Ataxie (Störungen der Zielbewegungen)

    • Erkrankungen der Augen

  • Therapie der spastischen Spinalparalyse

    Keine kausale Therapie

    •Medikamentöse Therapie

    •Gentherapie

    Um so wichtiger: Symptomatische

    Behandlung!

  • Krankengymnastik

    • Dehnen

    • Funktionstraining

    • Bobath

    • Propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation

    • Voijta

    • Repetitives, aufgabenspezifisches Training

    Therapie der spastischen Spinalparalyse

  • Dehnen bei Spastik? – Sinnvoll?

  • Dehnen bei Spastik?

    Cochrane Database (Katalinic et al., 2010)

    35 Studien mit 1391 Teilnehmern mit neurologischen

    Erkrankungen

    max. 7 Monate

    Moderate bis hohe Evidenz, dass Dehnung nicht relevant

    hilft bzgl. Gelenkbeweglichkeit

    Wenig oder kein Effekt auf Schmerz, Spastik, Aktivität,

    soziale Integration und Lebensqualität

  • Dehnen bei Spastik? – Sinnvoll?

    Dehnen bei HSP ist trotz des Ergebnisse der

    Studienanalyse der Cochrane Collaboration (letzte Folie)

    sinnvoll, darf aber nicht die einzige physiotherapeutische

    Maßnahme sein.

    Besonders das aufgabenspezifische repetitive Training ist

    notwendig (s. spätere Folien)

  • „Konventionelle“ Physiotherapie

    Leitlinie Spastik der Deutschen Gesellschaft für

    Neurologie 2012

    Der grundsätzlich positive Effekt von Physiotherapie zur

    Anbahnung und Förderung motorischer Funktion und

    willkürlicher Bewegung auf den Muskeltonus ist in der

    Literatur beschrieben.

    Überlegenheit von Physiotherapie gegenüber

    medikamentöser Spastikbehandlung im Hinblick auf die

    Nebenwirkungen

  • Krafttraining

    Leitlinie Spastik der Deutschen Gesellschaft für

    Neurologie 2012

    Erhöhung des spastischen Muskeltonus durch

    Krafttraining ist eindeutig auszuschließen

    Diese Aussage kann jedoch nicht so weit verallgemeinert

    werden, dass jedwedes Krafttraining für den Betroffenen

    Spastik reduzierend wirkt.

    Wesentlich erscheinen die Auswahl der beübten

    Muskeln, die Ausgangsposition und die Einbettung in ein

    physiotherapeutisches Gesamtkonzept.

  • Krafttraining

    Krafttraining kommt bei HSP in Frage.

    Kraftminderung ist aber meist nicht das Hauptproblem bei

    HSP. Die Kraft ist meist recht gut. Die Funktion und die

    Bewegung gegen die Spastik sind die Spastik sind in der

    Regel die Hauptprobleme.

    Es ist individuell zu prüfen, welche Muskeln mit welcher

    Intensität mit einem Krafttraining behandelt werden sollen.

    Eine Zunahme der Spastik im Rahmen eines Krafttrainings

    ist kritisch zu prüfen.

  • Krankengymnastik

    • Dehnen

    • Funktionstraining

    • Bobath

    • Propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation

    • Voijta

    • Repetitives, aufgabenspezifisches Training (!)

    Therapie der spastischen Spinalparalyse

  • Repetitives Training

    Leitlinie Spastik der Deutschen Gesellschaft für

    Neurologie 2012

    Repetitives Training konnte allein und in Kombination mit

    Botulinum-Toxin den spastisch erhöhten Muskeltonus

    senken

    Gerätegestützte, robotergestützte Therapie und

    Laufbandtherapie zur Verbesserung motorischer

    Funktion bewirken Spastikreduktion und Verbesserung

    des passiven Bewegungsausmaßes

  • Aufgabenspezigische

    repetitives Training

    Laufband:

    Gangtrainer, Lokomat

    Beinbewegungstrainer

    Evtl. auch Ergometer

    Evtl. auch Fahrrad (E-Bike)

    Therapie der spastischen Spinalparalyse

  • Aufgabenspezigische

    repetitives Training:

    Laufband

    Gangtrainer, Lokomat

    Beinbewegungstrainer

    Evtl. auch Ergometer

    Evtl. auch Fahrrad (E-Bike)

    Therapie der spastischen Spinalparalyse

  • Therapie der spastischen Spinalparalyse

    Krankengymnastik

    • Spastikminderung

    • Funktionsverbesserung und –erhaltung

    • Optimierung der Koordination

    »Stand

    »Gang

    »Gleichgewicht

    • Gelenkmobilisation, Kontrakturaufdehnung

    • Erleichterung von Alltagsfunktionen

    • Schmerzbehandlung

    • Eigenübungsprogramm

  • Vibrationen

    Leitlinie Spastik der Deutschen Gesellschaft für

    Neurologie 2012

    Periphere Muskelvibration konnte eine teilweise anhaltende

    Spastikreduktion bei gleichzeitiger Funktionsverbesserung

    zeigen

    Vibrationsplattformen, z.B.:

    SRT

    Wellengang

    Galileo

    https://www.wellengang.com/die-modelle/trainingsgeraete/comfort.htmlhttps://www.wellengang.com/die-modelle/trainingsgeraete/comfort.html

  • Funktionelle Elektrostimulation

    Leitlinie Spastik der Deutschen Gesellschaft für

    Neurologie 2012

    Die Verbesserung von motorischer Funktion und

    Reduktion des spastischen Muskeltonus wurde berichtet

    Ein positiver Effekt konnte bei täglicher selbständiger

    Anwendung der FES im häuslichen Umfeld gezeigt

    werden

    Darüber hinaus gibt es Hinweise auf eine Reduktion von

    Schmerz.

  • • Stimulation eines Nerven mit resultierender

    Muskelaktivierung…

    • …im Verlauf einer Körperbewegung, hier im

    Gangablauf

    Funktionelle Elektrostimulation

  • Funktionelle Elektrotherapie soll durch Anheben des

    Fußes verhindern:

    • Hängenbleiben mit den Zehen

    • Stolpern

    • Stürzen

    Funktionelle Elektrostimulation

  • FES-Studie in Tübingen (Neurologie mit Schwerpunkt

    Neurodegenerative Erkrankungen, Leiter Prof. Schöls)

    • 50 Personen mit HSP; Gehstrecke über 100m, kein

    Botulinum-Toxin, kein Herzschrittmacher

    • 25 Personen mit FES, 25 ohne FES

    • Dauer der Studie 6 Monate

    • 13 von 25 Personen der Therapiestudie wünschten

    Fortsetzung der FES nach Studienende

    Funktionelle Elektrostimulation

  • FES-Studie in Tübingen (Neurologie mit Schwerpunkt

    Neurodegenerative Erkrankungen, Leiter Prof. Schöls)

    Funktionelle Elektrostimulation

    Kontrolle: - 9%

    FES: stabil

    Functional Electrical Stimulation Slows disease progression in Hereditary

    Spastic Paraplegia –a Randomized controlled trial (Schüle, Wiethoff, Schatton,

    Koch, Humphreys, Karle, Schöner, Swain, Schöls, Ilg, Tübingen)

  • FES-Studie in Tübingen – Ergebnisse:

    • Erhalt der Gehstrecke

    • Effektive Korrektur der Fußposition beim Gehen

    • Keine Veränderung der Gehgeschwindigkeit

    »Auf kurzer Strecke (10 m) oder

    »In Ausdauer (3 Minuten)

    • Verbesserte Lebensqualität

    • Vor Verordnung Testphase

    Functional Electrical Stimulation Slows disease progression in Hereditary Spastic

    Paraplegia –a Randomized controlled trial (Schüle, Wiethoff, Schatton, Koch,

    Humphreys, Karle, Schöner, Swain, Schöls, Ilg, Tübingen)

    Funktionelle Elektrostimulation

  • Ergotherapie

    • Ähnliche Ansätze wie KG, Schwerpunkt Arme und Rumpf

    • Versorgung mit Hilfsmitteln, z.B.

    »Greifzangen

    »Rollstuhl

    »Rollator

    »Gehstock

    »Nordic-Walking-Stöcke

    »Badewannenlifter

    • Beüben alltagsrelevanter Aufgaben (ADL)

    Therapie der spastischen Spinalparalyse

  • Physikalische Therapie

    • Massage

    • Wärme-/Kälte-Therapie (Thermotherapie)

    • Elektrotherapie

    Therapie der spastischen Spinalparalyse

  • Logopädie

    • Sprechstörungen

    • Schluckstörungen

    Therapie der spastischen Spinalparalyse

  • Sozialmedizinische Aspekte

    Beruf

    Leben zuhause

    Pflegegesetz

    Schwerbehindertengesetz

    Therapie der spastischen Spinalparalyse

  • Medikamente (Auswahl)

    • Baclofen (z.B. Lioresal®)

    »Tablette

    »Pumpe

    • Tizanidin (z.B. Sirdalud®)

    • Tolperison (z.B. Viveo®)

    • Dantrolen (Dantamacrin®)

    • Botulinum-Toxin (z.B. Botox®)

    • Cannabis-Präparate (off label)

    Therapie der spastischen Spinalparalyse

  • Orthesen

    • Fußheber-Schiene

    »Bandage

    »Valenser-Schiene

    »Carbon-Schiene

    »Peroneus-Schiene

    Therapie der spastischen Spinalparalyse

  • • im psychologischen und ggfs. ärztlichen Einzelgespräch und

    • Psychologische Gesprächsgruppe speziell für Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen

    • Informeller Austausch in der Gruppe Gleichbetroffener

    • Humangenetische Beratung

    • Selbsthilfegruppe

    Krankheitsverarbeitung bei HSP

  • Wie kommt der Patient zur Rehabilitation?

    Antrag (in der Regel) an

    • Gesetzliche

    Krankenkasse

    • Rentenversicherung

    • Private

    Krankenversicherung

    • Sozialhilfeträger

  • Was ist wichtig im ärztlichen Befundbericht?

    Diagnose

    Symptome

    Folgen der Symptome für Alltag und soziale Integration

    • Einschränkung der Gehstrecke

    • Gefährdung der Gehfähigkeit, erhöhte Sturzgefahr

    • Schmerzen, z.B. mit resultierender Einschränkung der Belastbarkeit

    • Verschlechterung von Funktionen im Verlauf

    • Integration in Familie und Beruf

    Ziele der Rehabilitation

    Rehabilitationsprognose

    Ambulante Behandlungen ausgenutzt?

  • Verbesserung von Funktionen und Fähigkeiten

    • zur Verbesserung der Alltagsbewältigung

    • und der sozialen Integration (Beruf, Familie, Freizeit)

    • sowie der Lebensqualität

    Schmerzlinderung

    Eigenübungsprogramm

    Klärung der Hilfsmittelversorgung

    Verbesserung des Umgangs mit der Erkrankung

    Klärung sozialmedizinischer Aspekte

    Information über die Erkrankung

    Was kann Rehabilitation bei HSP erreichen?