Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr....

88
Weiterbildung – für die Zukunft WBS Weiterbildungs-Stiftung Grundlagen zur Gestaltung betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner

Transcript of Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr....

Page 1: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Weiterbildung – für die Zukunft

WBSWeiterb i ldungs-St i f tung

Grundlagen zur Gestaltungbetrieblicher Bildungsprozesse

Dr. Rüdiger Rhein

Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 1

Page 2: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

ImpressumHerausgeber:Weiterbildungs-StiftungKreuzberger Ring 4265205 WiesbadenTelefon: 0611-97 00 98 - 0Telefax: 0611-97 00 98 - 16E-mail: [email protected]: www.wbs-wiesbaden.de

Redaktion: Heinz SchlieperGestaltung: www.grafikbuero.comDruck: Printec, Kaiserslautern Wiesbaden, Dezember 2005

Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 2

Page 3: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Weiterbildung – für die Zukunft

Grundlagen zur Gestaltungbetrieblicher Bildungsprozesse

Dr. Rüdiger Rhein

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 3

Page 4: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

4 Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

� Einleitung

Teil 1: Seminare planen und durchführen

� 1. Erwachsene als Lernende ................8

Was ist Lernen? ..........................................8

Behalten oder Vergessen? Hinweise zum Gedächtnis ........................10

Lernen als Erwachsener – anders als in der Schule ............................12

Lernen braucht Anlässe ......................13

Kein Lernen ohne Motivation ............15

Lernziele – Kompetenzen entwickeln ........17

Ausblick: Wie gut können Erwachsene lernen? ..................................18

� 2. Planung ..........................................19

Inhaltsanalyse – Was steckt im Stoff?........21

Adressatenanalyse – Was wollen dieTeilnehmer vermutlich lernen?..................22

Qualifikationsanforderungen – Was müssen die Teilnehmer lernen? ..........23

Lernziele – Was sollen die Teilnehmer lernen? ..................................23

Didaktische Reduktion – Stoff auswählen..25

Lerninhalte aufteilen – Sequenzieren ........27

Die Anfangsphase einerBildungsmaßnahme ..........................27

Lernsequenzen ..................................28

Der Abschluss einer Bildungsmaßnahme ..........................28

� 3. Unterricht gestalten ......................29

Sachverhalte darstellen..............................30

Lernprozesse begünstigen..........................31

Rahmenbedingungen verantworten ..........32

Partnerschaftlichkeit herstellen ................33

Rückmeldung geben ................................34

Erfolg kontrollieren ..................................35

Teilnehmer motivieren..............................35

Zielorientierung herstellen ................36

Auswahl und Präsentation derLerninhalte ........................................36

Teilnehmer aktivieren ........................37

Lernförderliches Kursklima und ange-nehme Arbeitsatmosphäre schaffen ....37

Abwechslung ermöglichen ................38

Kritische Situationen................................38

Umgang mit Fragen ..........................38

Umgang mit Teilnehmern .................39

Umgang mit Verlaufsstörungen .........40

� 4. Methoden – Medien – Sozialformen ...................................41

Das Seminar beginnt– die Gestaltung der Anfangsphase ...........42

Vorbereitung des Seminarraumes .......42

Den Einstieg in die gemeinsame Arbeit ermöglichen ...........................43

Gestaltung von Lernsequenzen..................44

Der Einstieg ins Thema .....................44

Das Thema präsentieren (Inputphase).45

Das Thema festigen(Verarbeitungsphase) .........................45

Das Thema anwenden(Vertiefung/Transfer) .........................46

Das Thema abschließen(Auswertungsphase) ...........................47

Das Lernen abschließen – die Gestaltung der Abschlussphase ........47Transfersicherung nach derBildungsmaßnahme ..................................48

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 4

Page 5: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

� 5. Methoden – Medien – Sozialformen: Einzeldarstellungen....49

Methoden.................................................49

Aktives Arbeiten mit dem Lernstoff...49

Bedarfsabfrage am Seminarbeginn......50

Diskussion.........................................50

Evaluation des Lernprozesses..............52

Expertenbefragung ............................53

Lehrgespräch .....................................53

Lernfortschritte kontrollieren.............54

Podiumsdiskussion ............................55

Seminarskript ....................................56

Textarbeit..........................................57

Vier-Stufen-Methode .........................58

Vorstellung der Teilnehmer ...............58

Vortrag .............................................59

Medien.....................................................61

Tafel..................................................61

Folien-/Beamer-Präsentation ..............61

Flipchart ...........................................62

Pinnwand..........................................63

Videos ...............................................63

Lernsoftware ......................................64

Sozialformen.............................................64

Plenum .............................................64

Gruppenarbeit ...................................65

Einzelarbeit .......................................67

Teil 2: Lernen jenseits von Seminaren

� 6. Moderationsmethode .....................69

Moderationszyklus....................................69

Der Problemlöseprozess ............................70

� 7. Arbeitsintegriertes Lernen ............73

Instruktion...............................................74

Arbeit mit Leittexten ...............................74

Cognitive Apprenticeship .........................76

Work-place-study .....................................77

Communities of Practice...........................78

Lernhaltiges Arbeiten ...............................79

� 8. Selbstgesteuertes Lernen ...............80

� Glossar................................................84

� Quellen ...............................................85

Inhaltsverzeichnis 5

Autor: Dr. phil. Rüdiger Rhein

Studium Germanistik/Politikwissenschaft (M.A.), Studium Erwachsenenbildung,Erziehungswissenschaft, Psychologie, Soziologie (Dipl.-Päd.); Lehrtätigkeiten in derErwachsenenbildung und betrieblichen Weiterbildung, Coaching von Führungskräften,Personalentwicklung; wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Erwachsenenbildung der Universität Hannover (Arbeitsschwerpunkte: betriebliche Personalentwicklung, betrieb-liches Gesundheitsmanagement, Organisationsforschung, empirische Lehr-Lern-Forschung).

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 5

Page 6: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Einleitung

Wer als Experte Fachwissen an Nicht-Fachleute vermitteln muss, wird damit keine inhaltlichenProbleme haben. Als schwieriger kann sich aber die erwachsenengerechte und lernförderlicheVermittlung dieser Inhalte in einem Seminar oder in einem Kurs darstellen.

In den vorliegenden Materialien finden Sie Hintergrundinformationen und Gestaltungsvor-schläge zu einer angemessenen didaktisch-methodischen Gestaltung von Seminaren und Kursenin der betrieblichen Weiterbildung:

� Wie verlaufen Lernprozesse, und wie lernen Erwachsene? � Wie plant man eine Bildungsveranstaltung?� Welche Methoden und welche Medien kann man als Dozent zur

Unterrichtsgestaltung einsetzen? Wie sollen die Teilnehmer arbeiten?� Was muss man als Dozent tun, während man unterrichtet?

Erwachsene lernen aber nicht nur in Seminaren oder Kursen, sie lernen auch am Arbeitsplatzoder selbständig, in nicht-formalen Lernsituationen. Aus diesem Grunde finden Sie hier auchInformationen zum arbeitsintegrierten und zum selbstgesteuerten Lernen.

Zusätzlich enthält diese Materialiensammlung Hinweise zur Moderation, insbesondere vonarbeitsbezogenen Problemlösungsprozessen.

6 Einleitung

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 6

Page 7: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Teil einsTeil 1:Seminare planen und durchführen

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 7

Page 8: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

1

8 Erwachsene als Lernende

Erwachsene als Lernende

Was ist Lernen?

Lernen ist ein Sammelbegriff für eine Vielzahl von Prozessen.

Lernen bedeutet den Erwerb bzw. die Veränderung von

� Wissen, Kenntnissen oder intellektuellen Fertigkeiten (z.B. Buchhaltung, Steuerrecht, Fremdsprachen, EDV-Programme)

� kognitiven Strategien (z.B. Techniken zur Problemlösung)� psychomotorischen Fertigkeiten (z.B. Fahrzeug- oder Maschinenbedienung), � Verhaltensdispositionen (z.B. Umgang mit anderen in Gesprächen, Verhalten

in Verhandlungssituationen),� Einstellungen und Werthaltungen (z.B. Kundenorientierung)

Lernen bezieht sich auf die unterschiedlichsten Inhalte. Ergebnisse von Lernen können sein

� Reaktionen auf äußere Reize oder Signale (z.B. Verkehrszeichen, Kontrolllampen)� komplexere Bewegungsmuster (z.B. handwerkliche Fertigkeiten)� komplexere Verhaltensmuster (z.B. Befolgung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes;

konstruktives Verhalten in Konfliktsituationen)� kognitive Einsichten in umfassendere Zusammenhänge

(z.B. Verstehen naturwisseschaftlicher oder technischer Zusammenhänge)� kognitive Strategien der Informationsverarbeitung (z.B. Lesetechniken; Recherchemethoden)� kognitive Strategien des Denkens und Schlussfolgerns sowie der Problemlösung

(z.B. Strategien zum Lösen mathematischer Aufgaben oder zur Lösung technischer Probleme) � komplexe Qualifikationen (z.B. Maschinen zusammenbauen; Brücken konstruieren)

Nachhaltiges Lernen entsteht, wenn das Interesse am Thema auf die eigene Person bzw. Situationbezogen werden kann und die Auseinandersetzung mit dem Thema als nutzbringend, bereicherndo.ä. erlebt wird.

� Lernarten und Lernorte

Lernen findet auf unterschiedliche Arten statt:

� Signallernen heißt, dass der Lernende künftig auf ein bestimmtes Signal in einer bestimm-ten Weise reagiert. Dieses Lernen trägt vor allem zur Bildung von Gewohnheiten bei.

� Verstärkungslernen heißt, dass der Lernende ein Verhalten beibehalten wird, wenn er fürdieses Verhalten belohnt wird bzw. wenn dieses Verhalten zu positiven Konsequenzen führt.Dagegen wird der Lernende ein Verhalten aufgeben, das negative Konsequenzen hat.

� Lernen durch Versuch und Irrtum heißt, eine Handlung so lange auszuprobieren, bis ein zufrieden stellendes Ergebnis erreicht worden ist.

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 8

Page 9: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

� Imitationslernen durch Beobachtung bedeutet, dass der Lernende ein bestimmtes Verhal-ten zunächst beobachtet und anschließend kopiert, beispielsweise bei der Vermittlung vonBewegungsabläufen.

� Lernen durch Einsicht bedeutet, komplexe Zusammenhänge zu erkennen. Dieses erfordertden Aufbau kognitiver Strukturen durch Informationsverarbeitung, die Überprüfung vonHypothesen und das Lösen von Problemen.

� Lernen durch Reflexion von Erfahrungen findet statt, wenn vorhandenes Wissen bzw.alte Erfahrungen neu geordnet oder in neue Zusammenhänge gestellt werden. Dabei kannsich auch die Bewertung von altem Wissen verändern. Zu diesem Lernen gehört es auch, sichneue Zugänge zur Wahrnehmung der Wirklichkeit zu verschaffen.

Lernen findet an unterschiedlichen Orten statt:

� in Kursen und Seminaren („off the job“), � am Arbeitsplatz („on the job“) � an sonstigen Orten (z.B. auf Messen oder Kongressen, autodidaktisch zu Hause, medial ver-

mittelt durch Fernsehsendungen oder im Internet; auch zufällig in Alltagssituationen oder imGespräch mit Kollegen)

� Lernstile

Lernen ist geprägt durch individuell unterschiedliche Lernstile. Lernstile sind relativ stabilekognitive Muster zum Erwerb und zur Verarbeitung von Wissen und zur Lösung von Problemen.Sie lassen sich in verschiedenen Perspektiven unterscheiden:

� bevorzugte Sinneswahrnehmung� auditiv – zuhörend � visuell – optisch � handelnd

� kognitiver Zugang� an Fallbeispielen orientiert � an allgemeinen Strukturen orientiert

� bevorzugte Lernart� theoretisch; begrifflich, deduktiv, abstrahierend� erfahrungsorientiert, praktische Interessen, konkret, empirisch, induktiv� beobachtend, distanziert Daten sammelnd� experimentierend, handelnd, ausprobierend

Erwachsene als Lernende 9

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 9

Page 10: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

� Lerngewohnheiten� allein nachdenkend� allein mit Büchern� zuhörend� im Gespräch mit anderen

� Einstellung zur Welt� in vorgegebenen Bahnen � kreativ, quer denkend� dualisierend, in Gegensätzen denkend� vernetzt, dialektisch, prozesshaft, kompromissorientiert

� Einstellung zu sich selbst� erfolgsorientiert, selbstsicher � misserfolgsvermeidend, vorsichtig, keine Fehler riskieren

(Quelle: Siebert 2000)

Behalten oder Vergessen? Hinweise zum Gedächtnis

Zum Gedächtnis gehören das Einprägen, die Speicherung und das Erinnern (Abrufen) von Wahr-nehmungen, Informationen, Wissen, Handlungsabläufen usw.

Die Aufnahme von Informationen erfolgt über die verschiedenen Sinneskanäle. Die meisten In-formationen werden über den optischen Kanal (das Auge) aufgenommen, weit weniger über denakustischen Kanal (das Ohr) und die anderen Sinneskanäle.

Mit unseren Sinnesorganen nehmen wir ungefähr 10 Millionen Informationseinheiten pro Se-kunde wahr. Da es nicht möglich ist, diese Informationsmenge zu verarbeiten, findet eine Filte-rung statt.

In den Wahrnehmungsspeicher (Ultrakurzzeitgedächtnis) gelangen etwa 16 Informationsein-heiten pro Sekunde. Die Repräsentation einer Sinneswahrnehmung kann hier nur für einen sehrkurzen Zeitraum (unter 1 Sekunde) aufbewahrt werden. Der größte Teil der Informationen gehtnach Sekundenbruchteilen wieder verloren.

Das Arbeitsgedächtnis (Kurzzeitgedächtnis) kann eine begrenzte Informationsmenge aufnehmenund eine gewisse Zeit verfügbar halten.

Das Langzeitgedächtnis gilt heute als dauerhafter Speicher von Informationen mit quasi unbe-grenzter Speicherkapazität. Allerdings stehen die Informationen, die sich im Langzeitgedächtnisbefinden, nicht immer zur Verfügung. Das aktive Wissen, das direkt abrufbar ist, stellt nur einenBruchteil des gesamten Wissens dar; die Zugänglichkeit und Abrufbarkeit der Inhalte des Lang-zeitgedächtnisses sind begrenzt.

10 Erwachsene als Lernende

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 10

Page 11: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

� Vergessen

Etwas zu vergessen bedeutet in der Regel nicht, dass das Wissen verschwunden ist. Es schlummert als passives Wissen im Langzeitgedächtnis und muss aktiviert werden, damit es wieder direkt abrufbar ist.

Andere Formen des Vergessens beruhen auf

� Verfall von Gedächtnisspuren (vor allem im Kurzzeitgedächtnis), � Inferenz, d.h. Beeinflussung von bestehenden Gedächtnisinhalten durch neue, ähnliche Inhalte,� motiviertem Vergessen („Verdrängung“).

� Was das Behalten fördert

Zum dauerhaften Behalten von Lerninhalten ist die Übertragung deraufgenommenen Informationen in das Langzeitgedächtnis notwendig.

Das Behalten wird gefördert durch

� die Art der Informationsaufnahme, � die Verarbeitungstiefe,� die Organisation der Abrufmöglichkeiten.

� Informationsaufnahme

Zur Optimierung des Lernprozesses müssen möglichst viele Eingangskanäle angesprochen werden. Als Faustregel für Behaltensquoten gilt:10 % beim Lesen20 % beim Hören30 % beim Sehen40 % beim Hören und Sehen60 % beim darüber Reden80 % beim eigenen Entdecken und Formulieren90 % beim eigenen Entdecken und Überwinden von Schwierigkeiten

Über das eigene Handeln gelangen die Informationen am besten ins Gedächtnis.

Für die Gestaltung von Lernprozessen bedeutet dies, dass die Lernenden

� die neuen Informationen für sich selbst visualisieren, z.B. durch Transformation in eine Grafik oder durch die Erstellung eines Mind-Maps,

� die neuen Informationen mit anschaulichen Beispielen und eigenen Erfahrungen verknüpfen,� sich selbst oder anderen das Gelesene/Gehörte noch einmal erklären,� innerlich mit den neuen Informationen handeln (zusammenfassen, vergleichen, in umfassen-

dere Zusammenhänge einordnen, Konsequenzen abschätzen, bewerten, kritisieren, …),� äußerlich mit den neuen Informationen handeln (Aufgaben lösen, Experten befragen,

diskutieren, schriftlich Stellung nehmen, …).

Erwachsene als Lernende 11

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 11

Page 12: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

� Verarbeitungstiefe

Je tiefer neue Informationen verarbeitet werden, desto besser sind sie im Langzeitgedächtnisverankert.

Der Lernende muss

� sich die logische Struktur des neuen Wissens bewusst machen (Ursache-Wirkungs-beziehungen, hierarchische Beziehungen, Zweck-Mittel-Relationen usw. herausarbeiten),

� aus verschiedenen Perspektiven auf den Stoff blicken,� das neue Wissen mit seinem Vorwissen in vielfältiger Weise verknüpfen (Unterordnen,

Überordnen, Beispiele finden, an konkrete Situationen anbinden usw.),� seinen Lernprozess reflektieren.

Zur Verarbeitungstiefe gehört auch die persönliche, emotionale Beteiligung des Lernenden. Lern-prozesse sind nachhaltig, wenn sie intrinsisch motiviert sind und von positiven Emotionen be-gleitet werden:

� Zu welchen persönlichen Vorerfahrungen passen die neuen Lerninhalte?� Welche künftige persönliche Bedeutung haben die neuen Lerninhalte?

� Organisation des Abrufs

Die Verfügbarkeit von Gedächtnisinformationen hängt auch von den Zugriffsmöglichkeiten aufdie Gedächtnisinhalte ab. Dabei müssen schon während der Speicherung vielfältige Zugriffsmög-lichkeiten angelegt werden.

Dies geschieht durch

� Wiederholungen in regelmäßigen, länger werdenden Abständen,� Wiederholen des Gelernten auf der Grundlage „freien Erinnerns“, ohne Zuhilfenahme

von Notizen – anschließend wird das Nicht-Gewusste nachgearbeitet,� Wiederholung des Stoffes in veränderter Reihenfolge,� Situierung der Lerninhalte in Verwendungskontexte,� Betrachtung des Lernmaterials in neuen Kontexten, unter neuen Perspektiven.

Lernen als Erwachsener – anders als in der Schule

Jeder Mensch hat sich ein Bild von seiner Umwelt geschaffen, eine Vorstellung, wie seine Um-welt aussieht, aber auch eine Vorstellung, wie er in bestimmten Situationen handelt. Lernenheißt, dieses Bild von der Umwelt und von sich selbst zu verändern.

Dies erfordert die Bereitschaft, sich mit Neuem auseinander zu setzen und gegebenenfalls Altes,Bewährtes in Frage zu stellen. Jede Lernaktivität Erwachsener ist ein Anschlusslernen, ein Um-lernen, ein Verlernen. Dies ist mit Energieaufwand verbunden, und innere Widerstände müssenüberwunden werden. Umlernaufforderungen können mit Kränkungen, Entmündigungen, Ent-fremdungen verbunden sein.

Die Frage des Lernenden ist: Bin ich bereit, mein Vorwissen zu korrigieren?

12 Erwachsene als Lernende

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 12

Page 13: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Damit es zum Lernen kommt, muss ein Lernanlass, ein Lernmotiv existieren (Lernbedürfnis –lernen wollen). Neugierde und Interesse am Lerngegenstand wirken lernförderlich.

Die Fragen des Lernenden sind: Was bringt mir das Neue? Was kann ich damit anfangen?Warum soll ich lernen?

Neue Lerninhalte müssen „anschlussfähig“ sein, sie müssen sich verknüpfen lassen mit vorhande-nen Erfahrungen und Wissensbeständen.

Lernende hören bzw. sehen das, was ihre Wahrnehmungsfilter passiert und was ihnen verständ-lich ist. Sie verarbeiten diejenigen Informationen, für die sie kognitiv und emotional aufge-schlossen sind, die ihnen sinnvoll und brauchbar erscheinen.

Die Fragen des Lernenden sind: Kann ich die neuen Informationen irgendwo einordnen, mitbekanntem oder ähnlichem Wissen verknüpfen? Habe ich eine Basis, auf der ich aufbauen kann?

Lernen ist nicht passives Aufnehmen von Wissen und Fertigkeiten. Lernen ist ein ganzheitlicher Vorgang, bei dem Kopf, Herz und Hand beteiligt sind.

Lernen bedeutet, auf verschiedene Weise aktiv zu sein:

� neues Wissen verarbeiten, Fragen stellen, Zusammenhänge rekonstruieren,� neues Wissen in das Vorwissen integrieren, Verknüpfungen herstellen,� über das Neue reden, diskutieren, schreiben oder zeichnen,� etwas ausprobieren, neues Wissen anwenden, Probleme lösen.

Der Umgang mit den neuen Informationen und die Anwendung des neuen Wissens müssen er-folgreich sein, damit sie langfristig bleiben. Stellen sich in der Anwendung des neuen WissensMisserfolge ein, führt dies zu einer Demotivation; der Anreiz, weiter mit dem Neuen umzuge-hen, wird geringer.

Das Lernen Erwachsener ist durch die persönliche Lernbiographie bestimmt. Ältere Erfahrungenmit dem Lernen fließen in neue Lernbemühungen ein. Ängste, Bedenken, negative Vorerfahrun-gen oder festgefügte Einstellungen wirken lernhemmend. Positive frühere Lernerfahrungen, dasInteresse am Gegenstand und das Gefühl der Sinnhaftigkeit des Lernens wirken sich lernförder-lich aus.

(Quellen: Döring 1995; Arnold/Krämer-Stürzel/Siebert 1999; Siebert 2000).

Lernen braucht AnlässeLernen ist für Erwachsene kein Selbstzweck – Erwachsene lernen, wenn es einen Lernanlass gibt.Im Lernanlass fließen äußere Rahmenbedingungen und innere Motive als Beweggründe desHandelns zusammen.

Lernanlässe sind� neuartige, schwierige oder problematische Situationen im (Arbeits-)Alltag, die handelnd

bewältigt werden müssen, z.B.:� für einen Auslandsaufenthalt muss eine Fremdsprache erlernt werden;� Mitarbeiter müssen für die Bedienung einer neuen Maschine qualifiziert werden; � ein neues Produkt wird eingeführt, so dass das Servicepersonal geschult werden muss

Das Lernen ist hier an eine konkrete Situation gebunden, es besteht ein objektiver Lernbedarf.

Erwachsene als Lernende 13

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 13

Page 14: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

� thematisches Interesse und Neugier, z.B.:� ein Pensionär studiert Literaturgeschichte; � ein Informatiker erlernt ohne direkte berufliche Notwendigkeit, aus Freude an der Sache

eine neue ProgrammierspracheDie Motivation zum Lernen leitet sich aus dem „zweckfreien“ Interesse am Thema her – gelerntwird aus thematischer Neugier und aus einem Bedürfnis der Horizonterweiterung (intrinsischeMotivation).

� die Absicht, durch Lernen externe Wirkungen zu erzielen (Lernen als Mittel zum Zweck), z.B.: � Sicherung des Arbeitsplatzes, � finanzielle Verbesserung, � beruflicher Aufstieg,� Anerkennung.

Die Lernmotivation ist hier relativ themenunabhängig und bezieht sich auf die erhofften Wirkungen (extrinsische Motivation).

Die Lernanlässe können sich in der konkreten Lernsituation vermischen, wobei einer der Anlässe in der Regel dominierend ist.

� Der Alltag und seine Lernanlässe

Im betrieblichen Kontext spielt die Bewältigung neuartiger, schwieriger oder problematischerSituationen als Lernanlass besondere Rolle. Die Bewältigung der Handlungsproblematik istdabei Ziel und Ergebnis des Lernens.

Die Feststellung, dass eine neuartige Situation lernend zu bewältigen ist (Lernen-müssen), kanndurch die betroffenen Mitarbeiter erfolgen (Lernen-wollen) oder durch verantwortliche Dritte,etwa Vorgesetzte oder Fachleute der Personalentwicklung (Lernen-sollen).

Wenn der Einzelne lernen will, ist der Lernprozess für den Lernenden subjektiv bedeutsam,sein Lernen ist dann motiviert.

Wenn der Einzelne dagegen lernen soll, ohne dass ihm der Sinn dieses Lernen-sollens einsichtigist, ist sein Lernen nicht motiviert – er wird entweder gar nicht oder nur gegen seinen Willenund dann auch nur mit mäßigem Erfolg lernen.

Lernmotivation entsteht, wenn sich der Einzelne die Handlungsproblematik (Lernen-müssen)„zu Eigen“ macht, wenn also eine subjektive Einsicht in die Notwendigkeit des Lernens aufge-baut wird.

Ob dies der Fall ist, hängt von den Antworten auf folgende Fragen ab:

� Warum muss ich jetzt lernen?� Was muss ich lernen?� Was nützt mir das Lernen?� Was fange ich mit dem Lernstoff an?

Allerdings gibt es neben diesen thematisch bedingten Lernmotiven noch weitere, die zwar wirk-sam sind, den Lernenden jedoch nicht immer bewusst sein müssen (latente Motive), etwa das Be-dürfnis, Abwechslung zu erleben, Selbstbewusstsein aufzubauen, Kontakte zu knüpfen, sich imSeminar als kompetent darzustellen, Anregungen oder Hilfe bei der Wahrnehmung von Rollen-anforderungen zu bekommen u.a.m.

14 Erwachsene als Lernende

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 14

Page 15: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Die Lernmotivation ist bedeutsam

� um mit dem Lernen überhaupt zu beginnen (Anfangsmotive),� um den Lernprozess – auch bei Schwierigkeiten – fortzusetzen (Durchhaltemotive),� um die Lernergebnisse langfristig anzuwenden (Nachhaltigkeit).

Im Idealfall deckt sich das subjektive Lernen-wollen auch mit einem Lernen-können, weil

� entsprechende Bildungsangebote zur Verfügung gestellt werden,� die Arbeitsbedingungen ein Lernen im Prozess der Arbeit zulassen

(durch lernhaltige Arbeitsaufgaben und lernförderliche Arbeitsbedingungen),� der Einzelne über geeignete Selbstlernkompetenzen verfügt.

Kein Lernen ohne Motivation

Viele Teilnehmer in einem Seminar sind zwar an sich motiviert, sehen aber viele Hindernisse, die der Motivation entgegenwirken.

Motivationshindernisse können in der eigenen Person liegen:

� die Teilnehmer haben Angst, sich zu blamieren (sprachliche Ausdrucksfähigkeit, Rechtschreibkenntnisse u.Ä.),

� die Teilnehmer haben Angst, nicht mitzukommen und den Lehrstoff nicht zu verstehen.

Der Dozent sollte um solche möglichen Ängste wissen, ohne tatsächlich vorhandeneSchwächen im Seminar aufzudecken. Erforderlich ist ein Dozentenverhalten, welches dieTeilnehmer als erwachsene Partner akzeptiert und ihre Vorerfahrungen einbezieht.

Motivationshindernisse können aber auch im Arbeitsumfeld liegen:

� ungünstige Rahmenbedingungen (fehlendes Geld, fehlende Zeit)� veraltete Technik� fehlende Unterstützung durch die Kollegen� fehlende Unterstützung durch die Vorgesetzten

Um solche Hindernisse zu vermeiden, ist es im Vorfeld der Bildungsmaßnahme nötig, Blockadenund Widerstände im Anwendungsfeld zu berücksichtigen und deshalb das Umfeld in den Wei-terbildungsprozess einzubeziehen:

� die Vorgesetzten werden an der Planung der Bildungsmaßnahme beteiligt,� die Vorgesetzten eines im Training befindlichen Mitarbeiters werden über Ziel und

Zweck der Maßnahme sowie über den Fortschritt des Teilnehmers informiert,� Kollegen oder Vorgesetzte übernehmen Lernpatenschaften,� es werden mehrere Mitarbeiter zusammen auf eine Bildungsmaßnahme geschickt;

nach dem Seminar bilden die Mitarbeiter Lerngruppen,� Mentoren (z.B. Fachleute verschiedener Abteilungen) suchen die Teilnehmer am Arbeitsplatz

auf und beraten sie bei Umsetzungsfragen.

Erwachsene als Lernende 15

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 15

Page 16: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

� Ist Nicht-lernen vernünftig?

Neuartige, problematische Situationen können u.U. als „Zumutung“ empfunden werden, auf die mit Nicht-Lernen reagiert wird.

Das Nicht-Lernen äußert sich in

� Verdrängung der Lernnotwendigkeit („das brauche ich nicht“, „das ist unwichtig“)� Regression („die anderen werden es schon richten“)� Ohnmachtserklärungen („es nützt ja doch nichts“)� Projektionen („Mathematik ist schwierig“)

Dabei ist Nicht-Lernen – zumindest subjektiv – „schlüssig“

� bei belastenden Themen (z.B. Umweltzerstörung)� bei Themen, die die eigene Identität bedrohen� bei Themen, die frühere negative Erfahrungen von gescheiterten Lernprozessen aktualisieren

(z.B. „Mathematik habe ich noch nie gekonnt“)� bei Themen, die eigene Wertvorstellungen oder Rollenmuster bedrohen

(z.B. der Ingenieur, der sich bisher als Fachmann und Problemlöser sieht und jetzt Aufträge am Markt akquirieren soll)

� bei Informationsüberflutung

Nicht-Lernen mag sich zwar als subjektiv sinnvoll darstellen, es kann aber objektiv nachteilig sein:

� Nicht-Lernen kann den Einzelnen von gesellschaftlichen oder technischen Veränderungen abkoppeln;

� Nicht-Lernen kann sich als vermeintlich einfacherer Weg herausstellen, der eine Reflexion vonLernerfahrungen, Lernstärken und -schwächen, Lerninteressen und -vermeidungen nicht not-wendig erscheinen lässt, damit aber auch persönliche Entwicklungsmöglichkeiten verhindert.

Es ist eine Aufgabe von Dozenten in Bildungsmaßnahmen, die Lernziele für den Einzelnen ein-sichtig zu machen.

16 Erwachsene als Lernende

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 16

Page 17: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Lernziele – Kompetenzen entwickeln

Die Bewältigung neuartiger, veränderter, schwieriger oder problematischer Situationen ist einwichtiges Ziel und ein Ergebnis des Lernens Erwachsener. Als Lernziel verweist dies auf die Fähig-keiten, Fertigkeiten oder Wissensbestände – allgemein: auf die Kompetenzen, die erworben bzw.(weiter-)entwickelt werden müssen.

Kompetenzen charakterisieren die Fähigkeiten von Menschen, sich in offenen und unüberschau-baren, komplexen und dynamischen Situationen selbstorganisiert zurechtzufinden (Erpenbeck/v. Rosenstiel 2003).

Erwachsene als Lernende 17

Lernziele

- mit sich selber besser umgehen- veränderte Einstellungen,

Werthaltungen oder Ideale entwickeln

- Handlungsfähigkeit in neuen oderproblematischen Arbeits- oder Alltags-situationen wieder herstellen, erhaltenbzw. erweitern

- etwas besser wissen- Zusammenhänge und Hintergründe erkennen- Problemlösestrategien beherrschen- instrumentelle Fähigkeiten aneignen

- sich mit anderen verständigen- mit anderen zusammenzuarbeiten- Konflikte produktiv lösen

Kompetenzfeld

� Personale Kompetenzdie Fähigkeit, sich selbst gegenüber klug undkritisch zu sein, produktive Einstellungen,Werthaltungen und Ideale zu entwickeln.

� Aktivitäts- und Handlungskompetenzdie Fähigkeit, Wissen und Können, dieErgebnisse sozialer Kommunikation sowiepersönliche Werte und Ideale aktiv umsetzenzu können und dabei die anderenKompetenzen zu integrieren

� Fach- und Methodenkompetenzdie Fähigkeit, mit fachlichem undmethodischem Wissen Probleme schöpferischzu bewältigen.

� Sozial-kommunikative Kompetenzdie Fähigkeit, sich aus eigenem Antrieb mitanderen zusammen- und auseinander zu setzen,kreativ zu kooperieren und zu kommunizieren.

(Quelle: Heyse/Erpenbeck 2004)

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 17

Page 18: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Ausblick: Wie gut können Erwachsene lernen?

Lernen Erwachsene schlechter als Kinder und Jugendliche? Die neurobiologische Entwicklungist im Jugendalter zwar abgeschlossen, und im weiteren Verlauf des Lebens finden keine struktu-rellen Veränderungen des Nervensystems mehr statt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Lern-fähigkeit ab dem Beginn des Erwachsenenalters aufgrund biologischer Alterungsprozesse konti-nuierlich abnehmen würde.

Für die Lernfähigkeit Erwachsener gilt:

Es ist nicht so sehr das biologische Alter, das sich auf das Lernverhalten auswirkt, maßgeblich sindvielmehr die Identität/das Selbstbild, das soziale Umfeld, der Beruf, kritische Lebensereignisseu.a.m., die sich lernförderlich oder lernhemmend auswirken. Das biologische Alter ist selten dieprimäre Ursache für Lerndefizite, vielmehr spielen andere Faktoren eine Rolle, die altersabhängigsind, z.B. Krankheit oder der Verlust beruflicher und familiärer Rollen.

Wichtige Faktoren für den Erhalt der Lernfähigkeit bei fortschreitendem Alter sind kontinuier-liche Übung und Motivation.

Relativ altersstabil sind die Wissensinhalte und Fertigkeiten, die zur Lösung gewohnter Aufga-ben erforderlich sind. Dagegen nimmt im Alter die Fähigkeit ab, neue Situationen und Aufgabenzu bewältigen, sich kognitiv und emotional umzustellen.

Die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses nimmt im Alter ab, die Lernprozesse sind störanfällig,kurzfristig Gelerntes kann schlechter erinnert werden. Im Gegensatz dazu sind früher gelernteInhalte gut abrufbar. Bei der Kodierung von Informationen sind größere Schwierigkeiten sicht-bar, die Informationsverarbeitung geht langsamer vor sich.

Ältere haben vielfältige Erfahrungen gemacht und ein Lebenswissen erworben, das es ihnen leich-ter macht, zwischen wichtigen und unwichtigen Informationen zu unterscheiden und neuesWissen in ihre Wissensnetze zu integrieren.

Generell verringert sich das Lerntempo im Alter. Unter Zeitdruck liefern Ältere meist schlech-tere Testergebnisse als Jüngere. Hierfür sind Sozialfaktoren verantwortlich (Ältere scheuen sich,Fehler zu machen), aber auch neurologische Einflüsse.

Physische Fähigkeiten und Anpassungsfähigkeit (neue Konzepte begreifen, schnelles Lernen,Veränderungen durchführen, neue Technologien akzeptieren, Interesse an Training) nehmen beiälteren Arbeitnehmern vielfach ab. Die allgemeine Arbeitseffektivität (Verlässlichkeit, Fleiß,Pflichtbewusstsein, Effektivität, Reflektiertheit, soziale Fähigkeiten, Teamfähigkeit u.a.) nehmenvielfach zu. Neuere Untersuchungen machen auf berufliche Stärken älterer Arbeitnehmer auf-merksam, z.B. planendes Denken, synthetisches Denken (also unterschiedliche Informationenintegrieren). Bei einigen Arbeitsaufgaben kommen diese Stärken mehr zur Geltung, bei anderenweniger.

(Quelle: Arnold/Krämer-Stürzel/Siebert 1999)

18 Erwachsene als Lernende

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 18

Page 19: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

2Planung

Guter Unterricht braucht eine durchdachte Planung. Allerdings muss im Unterricht auch flexi-bel auf die jeweilige Lernsituation reagiert werden. Bei der Planung von Seminaren/Weiterbil-dungsveranstaltungen lassen sich drei Dimensionen unterscheiden (Siebert 2000):

1. „Drehbuch“: eine curriculare, vorbereitende Planung als Auswahl von Lernzielen, Inhalten,Materialien, Methoden angesichts der (meist vorgegebenen) Lernzeiten, Lernorte, ggf. Prüfungs-richtlinien und Adressaten.

2. „Flexibilität“: die Überlegung möglicher Alternativen und Varianten im Blick auf die Vor-kenntnisse, Lernstile, Verwendungssituationen, Heterogenität und Größe der Teilnehmergruppe,die vor Seminarbeginn oft unbekannt ist.

3. „Haltung“: eine mentale Einstellung der Lehrenden auf Überraschungen, d.h. auf ungewöhn-liche Zwischenfragen, auf Teilnehmervorschläge, die dem eigenen Konzept widersprechen, aufTeilnehmer, die aus der Rolle fallen, auf Zwischenfälle und „Störungen“.

� Planungsschritte

Die vorbereitende Planung von Lernprozessen in einer Bildungsmaßnahme erfolgt in mehrerenSchritten.

Zunächst ist aus der Fülle möglicher Unterrichtsinhalte eine sinnvolle fachliche Auswahl zu treffen, ohne das Thema zu verkürzen oder zu verfälschen (didaktische Reduktion).

Die Auswahl der Lerninhalte erfolgt auf der Grundlage von Lernzielen, die

� von der sachlogischen Struktur des Themas (Inhaltsanalyse), � von der Relevanz der Lerninhalte für die Teilnehmer (subjektive Lernbedarfe),� von institutionellen Qualifikationsanforderungen (objektive Lernbedarfe)

bestimmt werden.

Dabei sind auch die Rahmenbedingungen (Zeit und Dauer der Veranstaltung, Teilnehmer-zahl, räumliche Bedingungen) der Weiterbildungsveranstaltung zu berücksichtigen.

Anschließend werden die Lerninhalte auf die Gesamtveranstaltung verteilt (Sequenzierung).

Für jede Sequenz sind dann die Lernaktivitäten festzulegen, mit denen sich die Teilnehmer dieLerninhalte aneignen können (Erstellung eines Lehrplanes). Bei dieser methodischen Planungist jeweils festzulegen,

� in welcher Sozialform die Aktivitäten durchgeführt werden (arbeiten die Teilnehmer alleine, mit einem Partner, in Kleingruppen oder in der gesamten Kursgruppe?),

� mit welchen Materialien gearbeitet wird und mithilfe welcher Medien die Materialiendargeboten werden,

� durch welche Dozentenaktivitäten die Lernaktivitäten der Teilnehmer begleitet werden,� welche Minimalziele auf jeden Fall erreicht werden müssen, und welche Maximalziele

gegebenenfalls erreicht werden können (rollende Planung).

Planung 19

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 19

Page 20: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Hierbei sind mögliche Varianten und Alternativen im Hinblick auf Vorkenntnisse, Interessen,Lernstile und Heterogenität der Teilnehmergruppe einzuplanen.

Zum Abschluss der Planung sind die benötigten Materialien zu erstellen bzw. bereitzustellen:

Teilnehmerunterlagen (Skripte, Arbeitsblätter usw.); Präsentationsfolien, Charts usw.;Modelle, Werkzeuge, ...

20 Planung

InhaltsanalyseSachlogik des Stoffs

Lernziele(Groblernziele)

Qualifikationsanforderungenobjektive Lernbedarfe

Adressatenanalysesubjektive Lernbedarfe

Sequenzieren: Verteilung der Lerninhalteauf die Gesamtveranstaltung

didaktische Reduktion:Lerninhalte auswählen

Lehrplan: Lernaktivitäten der Teilnehmerpro Sequenz

Lernziele (Feinlehrziele);rollende Planung

Rahmenbedingungen

Material: woranarbeiten die Teilnehmer?

Medien: wie wird dasMaterial dargeboten?

Sozialformen: wiearbeiten die Teilnehmer?

Aktivitäten derDozentenrolle festlegen

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 20

Page 21: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Inhaltsanalyse – Was steckt im Stoff?

Lernen bezieht sich auf einen Gegenstand, es hat einen Inhalt, der aus einem bestimmten Wissensbereich stammt:

� wissenschaftliches Wissen� berufliches Praxiswissen� Erfahrungswissen der Teilnehmer� philosophisches Reflexionswissen� kulturelle Praxis� (vernünftige) soziale Praxis

Die Inhaltsanalyse schlüsselt die sachlogische Struktur des Themas auf. Diese bildet dann die Grundlage für eine Auswahl der Seminarinhalte (didaktische Reduktion).

� Checkliste zur Inhaltsanalyse

Umfang/Gliederung/Zusammenfassung:

� Wie strukturiert sich das Thema? Was sind Oberthemen, was sind Unterthemen?� Was sind Hauptaspekte, und was sind Nebenaspekte?

Wo trennt sich Wichtiges von weniger Wichtigem?� Gibt es eine sinnvolle Reihenfolge der Teilthemen?� Was ist die „zentrale Botschaft“ des Themas?

Akzentuierung und fachliche Eingrenzung:

� Was ist fachlich unbedingt erforderlich, um das Thema, den Gegenstand, das Problem richtig, angemessen und fachlich vertretbar anzubieten?

� Welche Inhalte kann man quantitativ oder qualitativ vereinfachen, ohne sie zu verfälschen?� Welche Inhalte sind zwingend, welche sind sinnvoll, welche sind eher nebensächlich

(Muss, Soll, Kann)?� Auf welche Aspekte des Themas kann verzichtet werden („weniger ist mehr“)?

(Quellen: Döring 1995, Meyerhoff/Brühl 2004)

Planung 21

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 21

Page 22: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Adressatenanalyse – Was wollen die Teilnehmer vermutlich lernen?

Die Auswahl des Lehrstoffes erfolgt auf der Basis einer Adressatenanalyse nach dem Kriterium,welche Relevanz die verschiedenen Aspekte des Themas für die Teilnehmer besitzen (subjek-tive Lernbedarfe):

Es gibt nicht den „Stoff an sich“, sondern Lerninhalte im Hinblick auf konkrete Teilnehmer ineiner spezifischen beruflichen Situation mit spezifischen Qualifikationsanforderungen.

� Planungscheckliste� Wer sind die Teilnehmer (Alter, Beruf, Tätigkeit)?� Was sind die bisherigen beruflichen Entwicklungen der Teilnehmer?� Mit welchen bevorzugten Lernstilen ist zu rechnen?� Handelt es sich bei den Teilnehmern mehr um „Praktiker“ oder mehr um „Theoretiker“?

Geht es also eher um konkrete Verwendungssituationen oder um abstraktereKonzeptualisierungen?

� Welche Vorkenntnisse haben die Teilnehmer?

� Was ist an dem Thema für die Teilnehmer in allgemeiner Form bedeutsam?� Welche Bedeutung kann die an diesem Inhalt zu gewinnende Erfahrung/

Erkenntnis/Fähigkeit für die (berufliche) Zukunft der Teilnehmer haben?� Was ist von diesem Thema für die Teilnehmer an ihrem Arbeitsplatz wichtig?� Ist bei den Teilnehmern mit besonderen Interessen am Thema zu rechnen? � Welche Motivation bringen die Teilnehmer mit?

� Welchen Nutzen haben die Teilnehmer von der jeweiligen Lehreinheit?� Warum und für welchen beruflichen Zusammenhang ist es notwendig,

dass die Teilnehmer etwas über das Thema lernen?� Welchen neuen Qualifikationsanforderungen müssen die Mitarbeiter

in der Organisation gerecht werden?� Was erwartet der Auftraggeber von der Bildungsmaßnahme?

� Wenn der Inhalt keinen direkten Bezug hat: Warum wird er aufgegriffen? Oder kann darauf verzichtet werden?

(Quellen: Döring 1995, Meyerhoff/Brühl 2004)

22 Planung

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 22

Page 23: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Qualifikationsanforderungen – Was müssen die Teilnehmer lernen?

Im Rahmen von betrieblicher Weiterbildung wird Weiterbildung häufig aufgrund veränderterQualifikationsanforderungen veranlasst (objektive Lernbedarfe), wobei die Feststellung einesLernbedarfs vom Unternehmen ausgeht. Inwieweit die betroffenen Mitarbeiter hier schon einensubjektiven Lernbedarf empfinden, bleibt dabei vorerst offen.

Methoden der Bedarfserhebung sind

� schriftliche Befragungen bei Mitarbeitern oder bei Führungskräften� Bedarfserfassung bei Workshops� Potenzialbewertungsmaßnahmen, z.B. Assessment Center� Beobachtung am Arbeitsplatz� eigenverantwortliche „Anmeldung“ von Bildungsbedarf durch die Mitarbeiter� „Anmeldung“ von Bildungsbedarf durch die Führungskräfte� regelmäßige Beurteilungsgespräche mit Zielvereinbarungen� Erhebungen von Qualifikationsbedarf durch Auswertung von Sekundärinformationen

(z.B. Mitarbeiterbefragungen, Fehlzeitenanalyse, Kundenzufriedenheit)� systematische Ermittlung durch Vergleich der Anforderungen bei geplanten Veränderungen

Lernziele – Was sollen die Teilnehmer lernen?

Lernziele geben an, was die Teilnehmer durch die Lehreinheit erreichen sollen. Damit wird sicher-gestellt, dass die Veranstaltung nicht inhaltsorientiert, sondern teilnehmerorientiert durchge-führt wird.

Lernziele unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Reichweite:

� Richtziele beschreiben übergreifende Rahmenvorgaben („selbständiges Arbeiten“, „Teamfähigkeit“, „Kundenorientierung“)

� Groblernziele beziehen sich auf die spezielle Fortbildungsmaßnahme(„Problemlösungstechniken für den Arbeitsalltag kennen und anwenden können“, „Formen der Konfliktbewältigung kennen und beherrschen“)

� Feinlernziele beziehen sich auf einzelne Unterrichtssequenzen („psychologisch begründeteFormen des Umgangs mit kooperationsunwilligen Personen in Projektgruppen kennen undbeherrschen“)

Für die didaktische Reduktion sind Groblernziele festzulegen, zur Planung der Lernaktivitätenin den einzelnen Kurssequenzen müssen Feinlernziele formuliert werden.

Lernziele beschreiben, in welchem Bereich Lernleistungen erbracht werden sollen:

� kognitive Lernziele: welche Kenntnisse sollen die Teilnehmer erwerben, d.h. was sollen sie nach dem Unterricht wissen, was sie vorher noch nicht wussten?

Planung 23

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 23

Page 24: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

� psychomotorische Lernziele: welche Fertigkeiten sollen die Teilnehmer erwerben, d.h. was sollen sie nach dem Unterricht können, was sie vorher noch nicht konnten?

� affektive Lernziele: welche Haltungen sollen die Teilnehmer erwerben, d.h. was sollen sienach dem Unterricht fühlen, meinen oder wollen, was sie vorher noch nicht fühlten, mein-ten oder wollten?

In diesen Bereichen finden sich unterschiedliche Stufen von Lernleistungen, die ein Lernendererreichen soll.

Bei kognitiven Lernzielen lassen sich unterscheiden:

� Reproduktion: Kennen und Wiedergeben von Lerninhalten� Reorganisation: Verstehen und Zuordnen von Informationen � Transfer: Übertragen und Umsetzen von Wissen auf neue Fragestellungen� Problemlösung: Analysieren und Beurteilen spezifischer Fragestellungen

Bei psychomotorischen Lernzielen lassen sich unterscheiden:

� Imitation von Handlungen� abrufbares Ausführen von Handlungen� Steuerung von Handlungsabläufen� Gliederung komplexer Handlungsabläufe� Automatisierung

� Wozu dienen Lernziele?

Lernergebnisse sind nicht vorausplanbar, weil der Prozess des Aneignens und Verarbeitens einsubjektiver Vorgang ist. Dies bedeutet, dass der Unterricht auch andere Ergebnisse als die ge-planten haben kann; ebenso können die beabsichtigten Ergebnisse nicht eintreten.

Trotzdem ist die Formulierung von Lernzielen sinnvoll:

Lernziele helfen dem Dozenten bei der Vorbereitung der Bildungsmaßnahme,� aus der Stofffülle sinnvoll auszuwählen und die Lerninhalte für den Unterrichtsablauf

festzulegen,� die Lernaktivitäten der Teilnehmer zielbezogen und damit begründbar zu planen.

Lernziele helfen am Beginn der Bildungsmaßnahme, � zwischen Dozent und Teilnehmern eine Zielvereinbarung und einen „Seminarkontrakt“

abzuschließen, indem eine Verständigung über die Lernziele – die gegebenenfalls modifiziertwerden müssen – hergestellt wird,

� den Lernaktivitäten der Teilnehmer Sinn zu verleihen,� Klarheit bei allen Beteiligten (Dozenten, Teilnehmer, Auftraggeber) darüber herzustellen,

was am Ende erreicht sein soll.

24 Planung

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 24

Page 25: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Lernziele helfen im Verlauf des Kurses,� dem Unterrichtshandeln des Dozenten eine klare Richtung zu geben,� den Teilnehmenden Orientierung zu geben und für sie nachvollziehbar zu machen,

was mit den Lernaktivitäten erreicht werden soll,� zu überprüfen, ob die Unterrichtsaktivitäten des Dozenten in die richtige Richtung gehen.

Lernziele sind am Ende des Kurses� ein wichtiger Maßstab für Evaluationen.

� Wie formuliert man Lernziele?

Lernzielformulierungen sollen die SMART-Kriterien erfüllen (Meyerhoff/Brühl 2004):� Spezifisch: Die Zielformulierung beschreibt konkret, was die Teilnehmer am Ende besser

können/wissen. (Beispiel: „Die Teilnehmer nutzen die Funktionalität der Fußnotenverwaltungin der Software“).

� Messbar: Das Lernziel gibt Mess- oder Beobachtungskriterien an, die erkennen lassen, obdas Ziel erreicht wurde oder nicht. Die Mess- und Beobachtbarkeit wird mit „indem“ in dasLernziel formuliert. (Beispiel: „Die Teilnehmer nutzen die Funktionalität der Fußnotenver-waltung in der Software, indem sie in den Übungstext fünf Fußnoten einfügen und richtignummerieren“).

� Ausführbar: Lernziele sollen Herausforderungen darstellen, aber unter realistischen Bedin-gungen erreichbar sein. Zum Selbstverständnis der meisten Erwachsenen gehört, anspruchs-volle Aufgaben bewältigen zu können. Lernziele sind realistisch, wenn es für die Teilnehmereinen geeigneten Lernweg vom Ausgangszustand zum Ziel gibt.

� Relevant: Das Lernziel ist relevant und für die berufliche Praxis der Teilnehmer bedeutsam.Feinziele müssen zum Erreichen der Grobziele beitragen. Die Nutzenformulierung wird mit„damit“ oder „um zu“ in das Lernziel formuliert. (Beispiel: „Die Teilnehmer kennen dieGefahren beim Umgang mit Glasgeräten, damit sinkt das Verletzungsrisiko“).

� Terminiert: Für die Lernziele wird festgelegt, wann sie erreicht sein sollen.

Didaktische Reduktion – Stoff auswählen

Die didaktische Reduktion ist derjenige Planungsschritt, bei dem aus der Menge der möglichenSachverhalte diejenigen ausgewählt werden, die im Seminar/Kurs behandelt werden sollen.

Die Grundlage für diese Auswahl bilden die zuvor ermittelten subjektiven und objektivenLernbedarfe, die Eigenheiten des Themas und die Rahmenbedingungen unter Berücksichtigungder Lernziele.

Planung 25

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 25

Page 26: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

� 1. Teilnehmermerkmale

� Worin besteht die Relevanz des Themas für die Teilnehmer (s.o.)? Kennen die Teilnehmer vermutlich das Grundproblem und eventuell auch inhaltliche Teilbereiche?

� Welche Vorkenntnisse können vorausgesetzt werden? Was ist für die Teilnehmer neu? � Was also kann kürzer behandelt werden, und wo muss ausführlicher vorgegangen werden?� Was werden die Teilnehmer vermutlich schneller lernen? Und wo liegen wahrscheinlich eher

Schwierigkeiten?

� 2. Eigenheiten des Themas/Stoffes

� Wie stellt sich das Thema sachlogisch dar (s.o. Inhaltsanalyse)?� Wie hoch ist der Abstraktionsgrad des Themas?� In welcher Reihenfolge ist der Stoff darzubieten? Welche Schritte dürfen

nicht ausgelassen werden, weil sonst das Verständnis nicht mehr möglich wäre?� Welche Beispiele und Veranschaulichungen lassen sich finden?

Sind diese Beispiele für das Verstehen geeignet?� An welchen Inhalten lässt sich die Thematik exemplarisch darstellen?

� 3. Zeitvorgaben

� Wie viel Zeit steht insgesamt zur Verfügung? Wie verteilen sich die einzelnen Zeiteinheiten (Veranstaltungsform)?

� Ist meine Stoffauswahl zeitlich überhaupt realisierbar? Oder sind Abstriche zu machen?� Wie verteilt sich das Thema ungefähr auf die verfügbare Zeit?� Wofür brauche ich mehr, wofür weniger Zeit?

� 4. Rahmenbedingungen

� Was sind die Rahmenbedingungen hinsichtlich Teilnehmerzahl, Anzahl und Größe der Räume, Ausstattung?

� Welche Konsequenzen hat der Unterricht für die Teilnehmer (Zertifikate, Prüfungen,Bescheinigungen usw.)? Mit welche Motivation ist demnach zu rechnen?

� Inwieweit ist die Teilnahme an der Bildungsveranstaltung mit Karrierechancen verkoppelt? Was bedeutet dies für eine mögliche Funktionalisierung des Lernens?

(Quelle: Döring 1995)

26 Planung

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 26

Page 27: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Lerninhalte aufteilen – Sequenzierungen

Nach Festlegung der Lerninhalte im Rahmen der didaktischen Reduktion wird der Stoff – ent-sprechend der Veranstaltungsform (Tagesseminar, Mehrtagesseminar, Kurs mit wenigen Wochen-stunden, Wechsel von Selbstlern- und Präsenzphasen usw.) – auf die verschiedenen Veranstal-tungsteile verteilt.

Dabei wird die Gesamtmaßnahme durch eine Einstiegsphase und eine Abschlussphase gerahmt.

Jede einzelne Phase hat eine Funktion im Gesamtablauf der Bildungsmaßnahme.

Jede Phase hat ihre eigene innere Dynamik mit einem „idealen“ Ablauf.

Jede Phase ist methodisch zu gestalten: Was machen die Teilnehmer? Was macht der Dozent?Welche Materialien und welche Medien werden dabei eingesetzt?

Die Anfangsphase einer BildungsmaßnahmeZu Beginn einer Bildungsmaßnahme konstituieren sich Dozent und Teilnehmer alsSeminargruppe. Dies hat eine inhaltlich-formale und eine soziale Dimension:

Alle Beteiligten müssen sich auf den neuen Arbeitszusammenhang einstellen, sich auf die Inhalte und Ziele einigen und miteinander in Kontakt treten.

Zur Anfangsphase gehören:

� die Vorbereitung des Seminarraumes (Sitzordnung, Medienausstattung)� Begrüßung der Teilnehmer� Selbstvorstellung des Dozenten� Vorstellung der Teilnehmer� Aktivierung der Lernmotivation � Verständigung über Lernziele und Erwartungen� Vereinbarung von Spielregeln („Lehr-Lern-Vertrag“)

Planung 27

…Sequenz 1 AbschlussSequenz 2 Sequenz nAnfang

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 27

Page 28: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

LernsequenzenDie gesamte Bildungsmaßnahme wird in der Planungsphase in einzelne Lernsequenzen aufge-teilt. Jeder Lernsequenz sind Feinlernziele zugeordnet, welche die Teilnehmer durch geeigneteLernaktivitäten in der Lernsequenz erreichen sollen.

Ermöglicht wird das Erreichen der Feinlernziele durch einen phasenförmigen Lernverlauf: Aufeine Instruktion mit eher rezeptiven Tätigkeiten (Input) folgen Eigentätigkeiten der Teilnehmer,die ihnen helfen sollen, sich die Inhalte „zu Eigen“ zu machen.

Gerahmt wird die Lernsequenz durch eine Einstiegs- und eine Auswertungsphase.

Für jede dieser Phasen wählt der Dozent geeignete Sozialformen, Materialien und Medien aus,mit deren Hilfe die Teilnehmer ihre Lernaktivitäten gestalten.

Der Abschluss einer Bildungsmaßnahme Am Schluss der Bildungsmaßnahme steht

� die Auswertung des Lernprozesses: � Was wurde erreicht? � Worin besteht der Lernfortschritt? � War die methodische Gestaltung zielführend? � Wie war das Kursklima?

� eine Lernerfolgskontrolle: � Wie gut wird das Gelernte beherrscht?

� die Vorbereitung der Transfersicherung: � Was können die Teilnehmer tun, um das Gelernte

im Alltag anzuwenden bzw. umzusetzen?

28 Planung

Input:Thema

vermittelnAuswertung

Verarbeitung:Thema

festigen

Vertiefung/Transfer:Thema

anwenden

Einstieg

Sequenz m

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 28

Page 29: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

3Unterricht gestalten

Lernen ist ein individueller Prozess, der erst durch die Selbsttätigkeit des Lernenden entsteht:

� Lernen kann nicht erzwungen werden – der Lernende entscheidet selbst, ob, wann und was er lernt.

� Lernen kann niemandem abgenommen werden; lernen bleibt ein Prozess, der nur durch den Lernenden selbst realisiert werden kann.

In Seminaren, in Ausbildungen usw. wird versucht, Lernprozesse zu initiieren, um Wissenslückenzu schließen oder Qualifizierungsbedarfe zu decken. Dabei wird das individuelle Lernen zwardurch den Unterricht angeregt, nicht jedoch von diesem vollständig bestimmt.

Lehren bzw. unterrichten bedeutet, anregende Lernumgebungen zu gestalten, die in den einzel-nen Sequenzen einer Bildungsmaßnahme die Eigenaktivität und die Lernprozesse der Teilnehmerunterstützen. Diese Lernumgebungen sollen

� authentische, komplexe und realitätsnahe Lernprobleme stellen,� den Aufbau verschiedener Fachperspektiven und den flexiblen Umgang mit Wissen fördern,� die Verknüpfung von Wissen und Handeln unterstützen,� die Kooperation zwischen den Lernenden aktivieren,� den Transfer des Gelernten bahnen und� Medien so einsetzen, dass diese die Funktion von kognitiven Werkzeugen

für die Bearbeitung komplexer Probleme übernehmen.

(Quelle: Friedrich/Mandl 1997)

Der Unterricht ist ein sozialer Prozess. Im Unterricht müssen der Dozent und die Teilnehmer

� erwachsenengerecht handeln und� mit kritischen Situationen konstruktiv umgehen.

Der Dozent muss also folgende Lehrfunktionen ausgestalten:

� Sachverhalte darstellen� Lernprozesse begünstigen � Rahmenbedingungen verantworten � Partnerschaftlichkeit herstellen� Rückmeldung geben/Rückmeldung ermöglichen� Erfolg kontrollieren� Teilnehmer motivieren

Unterricht gestalten 29

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 29

Page 30: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Sachverhalte darstellen

In jeder Lehrveranstaltung soll die Sachinformation in einer Form bereitgestellt werden, die möglichst wirkungsvoll für den Lernprozess ist.

Das Thema wird auf das Wesentliche konzentriert, die Aufmerksamkeit der Adressaten ist aufdie wichtigen Aspekte gerichtet: Was sind Schlüsselbegriffe, Grundeinsichten, Fragestellungen,exemplarische Beispiele, Kontroversen?

Der Dozent schafft Sinnbezüge, Zusammenhänge, Einbettungen für die Einzelheiten. Es gehtnicht um mechanisches Einprägen von Begriffen oder Zusammenhängen, sondern um das Ver-stehen von Grundprinzipien. Weniger Themenbereiche und/oder Aspekte exemplarisch intensi-ver zu bearbeiten ist sinnvoller als möglichst viele Themen nur „anzureißen“.

Die Themenbearbeitung bewegt sich von vereinfachten Zusammenhängen zu kompliziertenZusammenhängen. Dabei sollte sowohl Unter- als auch Überforderung vermieden werden.

Gute Lehre fördert Perspektivenvielfalt. Dazu gehört,

� die Perspektiven der Lernenden zu respektieren, die sich je nach lebensgeschichtlichenErfahrungen, Interessen, sozialer Lage usw. unterschieden,

� unterschiedliche inhaltliche Beobachtungsperspektiven und Deutungen herauszuarbeiten,� interdisziplinäre Sichtweisen auf den Gegenstand statt Fachblindheit zu fördern.

Der Dozent geht praxisbezogen und fallorientiert vor. Guter Unterricht für Erwachsene zeigtpraktische Probleme auf und beantwortet die Fragen zu ihrer Lösung – durchaus mithilfe vonTheorie.

Eine Verknüpfung, die Erwachsene nahezu immer suchen, ist die Anwendbarkeit des Lernstoffesim (beruflichen) Alltag. Eine Weiterbildung muss deshalb Sinn stiften für die Zeit nach demLernen. Erwachsene erwarten, dass im Unterricht deutlich wird, wie und in welchen Situationendie Kenntnisse anwendbar sind und benötigt werden.

(Quellen: Arnold/Krämer-Stürzl/Siebert 1999, Döring 1995, Gugel 1993, Meyerhoff/Brühl 2004)

30 Unterricht gestalten

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 30

Page 31: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Lernprozesse begünstigen

Eine gute Lehre fördert Lernprozesse und aktiviert die Teilnehmer, sich den Lehrstoff durch eigenes Handeln anzueignen.

Durch das methodische Arrangement werden die Teilnehmer ermutigt,

� ihre Interessen und Vorkenntnisse zur Sprache zu bringen, � zu fragen, wenn etwas nicht verstanden wurde, � Lösungen selber zu entdecken, � Gedanken probeweise zu äußern, � „Fehler“ zu machen usw.

Zu vermeiden sind dagegen

� Dozentenmonologe,� Fachbuchwissen in Vortragsform,� Monotonie der Lehrform.

Jeder Mensch sucht und benötigt ein Mindestmaß an Sicherheit. In den Lehr-Lern-Prozessenmüssen daher bestehende Erfahrungen, Kenntnisse und Deutungen akzeptiert werden, um die nö-tige Sicherheit dafür zu erreichen, das zu lernende „Neue“ zu bewältigen. Lernen Erwachsenerbesteht häufig aus dem Um- und Neustrukturieren von Vorwissen – und dies benötigt Zeit.

Eine lernförderliche Haltung des Dozenten bedeutet:

� Geduld haben und warten, bis die Teilnehmer von sich aus etwas sagen (können),� Orientierung an dem, was die Teilnehmer einbringen (können), und Klärung,

was sich daraus im Hinblick auf den Lernprozess entwickeln lässt,� Gestaltung des Lernprozesses mit Blick auf die Motivation der Teilnehmer,� das Bemühen, die präsentierten Sachverhalte und das Verstehensvermögen der

Teilnehmer in Beziehung zueinander zu bringen� Herausarbeiten der Generalisierbarkeit von Falldarstellungen und Anwendbarkeit

allgemeiner Regeln

Beim Lernen sind meistens mehrere Anläufe nötig. Wichtige Themen sollten wiederholt werden.Die Teilnehmer benötigen Zeit, um die neuen Informationen sacken zu lassen, zu überdenkenund anzuwenden.

Die Themen sollten in verschiedenen Variationen und unterschiedlichen Situationszusammen-hängen dargestellt werden, dann lassen sich Erfahrungen auch auf andere Bereiche übertragen.Der Transfer des Lerninhalts ist zwar eine aktive Leistung eines jeden Einzelnen. Aber solcheÜbertragungen in die Praxis können im Seminar angeregt werden – durch Beispiele, praktischeÜbungen, Rollenspiele, Beobachtungsaufgaben usw.

(Quellen: Arnold/Krämer-Stürzl/Siebert 1999, Boeckmann/Heymen 1996, Meyerhoff/Brühl 2004)

Unterricht gestalten 31

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 31

Page 32: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Rahmenbedingungen verantworten

Der Dozent ist dafür verantwortlich, einen formalen Rahmen bereitzustellen, in dem die Teilnehmer eigenständig und selbstverantwortlich lernen können.

Die Verantwortung für die Ergebnisse des Lernprozesses wird auf diese Weise zwischen Dozent und Teilnehmern geteilt.

Der Dozent sorgt dafür, � den gesamten Prozess ruhig und beherzt zu leiten, ohne autoritär zu sein,� Wahl- und Entscheidungsmöglichkeiten zuzulassen, wo dies das Gesamtkonzept zulässt

(z.B. über Varianten zu einer Methode, Bearbeitungszeiten, Sozialformen, Zeiteinteilung),� seine Lehre abwechslungsreich zu gestalten (ein Seminar benötigt eine Dramaturgie,

also Höhepunkte, Verdichtungen, Spannungen, „entschleunigte“ Phasen),� Überraschungen, z.B. durch „Querdenker“, möglichst nicht als Störungen zu registrieren,

sondern in Anregungen umzuwandeln.

Der Dozent kann nicht alle Stimmungen, Antipathien und Sympathien in einer Gruppe didak-tisch-methodisch berücksichtigen. Ebenso wenig kann er versuchen, die Lerngruppe in eine be-stimmte Richtung zu steuern.

Die Verantwortung des Dozenten besteht darin, mit den Teilnehmern zu Beginn der Bil-dungsmaßnahme Spielregeln des Miteinanderumgehens zu vereinbaren und auf die Einhaltungdieser Spielregeln hinzuweisen. Die Spielregeln werden von den Teilnehmern gemeinsam mitdem Dozenten beschlossen, sie werden aber nicht vom Dozenten wie ein Gesetz erlassen.

Die Spielregeln können enthalten

� Eigenverantwortung: Jeder Teilnehmer ist für sich selbst verantwortlich, wie er vorankommt.Jeder holt sich aber, was er braucht, er stellt z.B. Fragen, wenn etwas unklar ist.

� Gruppenverantwortung: Zugleich müssen auch die Bedürfnisse der Gesamtgruppe berücksichtigt werden. Stark vertiefende oder abschweifende Debatten, die die Gruppenicht weiterbringen, können auch im Zweiergespräch in der Pause geklärt werden.

� Störungen haben Vorrang: Alles, was hier und jetzt den Lernprozess behindert, soll gleich auf den Tisch und bearbeitet werden.

� Pausenregelung: Wer bestimmt über Beginn und Ende einer Pause? Wie viel Pausenzeit steht zur Verfügung?

� Feedback-Regeln: Feedback geben heißt, Beobachtungen widerzuspiegeln und keinepauschalen Wertungen abzugeben. Feedback nehmen heißt Zuhören, wirken lassen und keine Rechtfertigungen abzugeben.

� Beim Thema bleiben. Wenn es Grund zu Abweichungen gibt, sollen alle einverstandensein. Offene Punkte kann man, damit sie nicht vergessen werden, für alle sichtbar auf einer Pinnwand im „Themenspeicher“ notieren.

� Lernkontrollen: Welche Lernkontrollen/Beurteilungen finden statt? Muss der Dozent an Vorgesetzte berichten?

(Quelle: Meyerhoff/Brühl 2004; Siebert 2000)

32 Unterricht gestalten

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 32

Page 33: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Partnerschaftlichkeit herstellen

Partnerschaftlichkeit bedeutet für den Umgang miteinander im Seminar,� die Teilnehmer als Personen mit Vorerfahrungen zu respektieren,� die Teilnehmer in ihren Interessen ebenso wie in ihren Leistungen anzuerkennen,� Kontakte unter den Teilnehmern zu fördern, so dass diese nicht isoliert und

stofforientiert agieren, sondern kommunikativ und kooperativ miteinander lernen,� Lernziele gemeinsam abzuklären,

� ein gutes Konfliktmanagement zu realisieren, integrierend und stabilisierend im Sinne der Gesamtgruppe zu wirken.

Der partnerschaftliche Umgang unter Erwachsenen erfordert vom Dozenten

� ein Interesse an den Teilnehmern als Menschen, � eine Einstellung der Ermutigung und Unterstützung,� Teilnehmer nicht bloßzustellen, zu bevormunden oder zu belehren,� eine Haltung der Gelassenheit, wobei Gelassenheit (auch) Zurückhaltung heißt,

die Bereitschaft und Fähigkeit zuzuhören, andere Deutungen zuzulassen, auf vorschnelleAntworten zu verzichten – Gelassenheit erfordert Verantwortung für die eigene Lehre,nicht aber eine Zuständigkeit für alle und alles.

� Offenheit für hilfreiche und anregende Kritik an dem eigenen Lehrverhalten –mit der Bereitschaft, das Risiko von Kränkungen einzugehen.

Zu einem teilnehmerorientierten Arbeitsstil des Dozenten gehört,

� zu sagen, was man vorhat,� zu begründen, warum man es gerade so vorhat,� gegebenenfalls das Vorhaben abzuändern, wenn sich dies nach einer ersten

Diskussion als angebracht erweist,� die einzelnen Lernschritte bewusst zu machen,� auf eine Ergebnissicherung hinzuwirken, die den Problemcharakter und

die Mehrdeutigkeit des Bearbeiteten erkennen lässt.

Zur erwachsenengerechten Gestaltung des Unterrichts gehört ferner, dass der Dozent gelegentlich das Unterrichtsgeschehen mit den Teilnehmern analysiert, um sicherzustellen,dass der Lernprozess konstruktiv verläuft.

Fragen an die Gruppe zur Reflexion des Lerngeschehens

� Was fördert Ihre aktive Beteiligung am Unterricht?� Was hindert Sie an einer aktiven Beteiligung am Unterricht?� Was brauchen Sie (von mir / von der Gruppe), um ergebnisorientiert zu lernen?� Was vermissen Sie?� Wie stellen Sie sicher, dass …?� Wie werden Sie nach dem Unterricht weiter vorgehen?

(Quellen: Arnold/Krämer-Stürzl/Siebert 1999, Meisel u.a. 1997)

Unterricht gestalten 33

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 33

Page 34: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Rückmeldung geben

Der Dozent sollte der Gruppe Rückmeldung über die Arbeit und die Arbeitsergebnisse geben.

Rückmeldung ist sowohl zur Verstärkung richtiger Verhaltensweisen als auch zur rechtzeitigenKorrektur von Fehlern erforderlich. Sie sollte systematisch in den Lernprozess eingearbeitetwerden. Positive Rückmeldungen erhöhen die Motivation des Lerners.

� Feedback geben

Feedback umfasst Aussagen zu folgenden Fragen:

� Was war gut? Warum ist das Vorgehen/das Ergebnis gut, effizient, …?� Was kann verbessert werden? Wodurch kann die Effizienz noch gesteigert werden?� Welche Alternativen gibt es? Was kann man stattdessen machen?

Was ist geeigneter und warum?

� Erkunden

Erkundendes Fragen im Anschluss an herausragende Leistungen kann helfen, die „Mechanismen des Gelingens“ transparent zu machen:

� Wie sind Sie vorgegangen, um diese Leistung zu erbringen?� Welche Tipps haben Sie für die anderen?� Welche Fragen haben die anderen an das Vorgehen des Teilnehmers?

� Beobachtung von Unterrichtsgeschehen

Der Dozent kann beobachten, wie sich die Teilnehmer im Seminar bei derAuseinandersetzung mit dem Lehrstoff verhalten. Er kann zurückmelden,

� ob dualisierend argumentiert wird (entweder – oder)� ob positivistisch gedacht wird (richtig oder falsch)� ob konkretistisch gedacht wird (Einzelfälle ohne Verallgemeinerung)� ob ein Transfer schwer fällt (Anwendung von Regeln auf Praxis)� ob mechanistisch gedacht wird (lineare Ursache-Wirkung-Ketten)� ob generalisiert wird (Pauschalurteile)� ob ein Perspektivenwechsel stattfindet (keine einseitige Positionsbehauptung)� ob zwischen Meinungen und empirischen Fakten unterschieden wird� ob aufmerksam/wohlwollend zugehört wird� ob Gegenargumente berücksichtigt werden� ob komplexe Theorien zu sehr vereinfacht werden� ob Teilnehmer vom Thema abweichen� ob Lernwiderstände und Lernverweigerungen vorliegen� ob theoretische Betriffe umgangssprachlich verwendet werden� ob emotional gewertet wird� ob über Nebensächlichkeiten gestritten wird� ob man (unter Umständen zu sehr) an Details interessiert ist� ob Verschiedenes vermischt wird und ob der „rote Faden“ verloren geht

(Quelle: Siebert 2001)

34 Unterricht gestalten

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 34

Page 35: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Erfolg kontrollieren

Erst durch eine systematische Erfolgskontrolle kann Sicherheit darüber erlangt werden, ob die Ziele erreicht wurden.

Ziele der Erfolgskontrolle sind

� (Selbst-)Kontrolle der Lernfortschritte� (Selbst-)Reflexion des Lehr-Lern-Prozesses durch alle Beteiligten� Erhalt bzw. Steigerung der Lernmotivation

Als Kriterium für den Erfolg von Erwachsenenunterricht kann gelten,

� ob und in welchem Ausmaß die zu Beginn der Veranstaltung festgelegten Lernziele erreicht worden sind,

� ob es gelungen ist, die Fähigkeit zum selbstgesteuerten Lernen zu verbessern.

Erwachsenenunterricht kann dann als erfolgreich angesehen werden, wenn er dazu beiträgt,die Teilnehmer zunehmend zu befähigen, Lernbemühungen selbständig und nach rationalenGesichtspunkten zu planen, durchzuführen und auszuwerten (Jagenlauf 1989).

� Erwachsenengerechte Lernkontrolle

� Durch die Art und Weise der Kontrolle soll der Gedanke der Selbstverantwortlichkeit der Teilnehmer für das eigene Lernen bewusst gemacht und hervorgehoben werden.

� Die Kontrolle soll Teil des Lernprozesses sein, sie ist eine Rückmeldeschleife zurInformation für die Teilnehmer, was beherrscht wird und was (noch) nicht.

� Zur erwachsenengerechten Lernkontrolle gehört ein „nüchterner“, wertfreier Umgang mit Fehlern:� Fehler sind im Laufe von Lernprozessen unvermeidlich; es gilt,

ihre Lernhaltigkeit zu erkennen� Fehler ist nicht gleich Fehler: Fehler beruhen auf Nicht-Wissen,

Interimswissen (die Grenzen der Regel sind noch nicht bewusst), Ermüdung, …

Teilnehmer motivieren

In jedem gesteuerten Lernprozess sollte sichergestellt werden, dass sich die Teilnehmer mit In-teresse und Aufmerksamkeit dem Lerngegenstand zuwenden, da nur dann erfolgreiches Lernenstattfinden wird. Um die intrinsische Motivation im Seminar zu erhalten und zu fördern, bedarfes in aller Regel gezielter Maßnahmen durch den Dozenten:

� Zielorientierung herstellen� Auswahl und Präsentation der Lerninhalte anregend gestalten� Teilnehmer aktivieren � lernförderliches Kursklima/angenehme Arbeitsatmosphäre schaffen� Abwechslung ermöglichen

Unterricht gestalten 35

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 35

Page 36: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Motivierend wirkt ferner ein lernförderliches Betriebsklima. Die Gestaltung des betrieblichenLernklimas übersteigt zwar die Möglichkeiten des Dozenten, bei der Einbeziehung von Bezugs-personen im beruflichen Umfeld besteht jedoch Gestaltungsspielraum:

Die anwendungsorientierte Ermittlung des Bildungsbedarfs (Ist-Analyse) erfolgt

� durch Einbeziehung der Mitarbeiter und Fachvorgesetzten in die Planung und Realisierungneuer Bildungsmaßnahmen (bezogen auf Inhalte und Methoden)

� durch Befragung der Mitarbeiter

(Quellen: Arnold/Krämer-Stürzl/Siebert 1999, Meyerhoff/Brühl 2004)

Zielorientierung herstellenAufgabe des Dozenten ist es, die Ziele des Lernens zu benennen und mit den Teilnehmern abzu-stimmen. Dabei werden die Gründe für diese Ziele vermittelt, und es wird den Teilnehmernbewusst gemacht, welche Vorteile es bringt, die Ziele zu erreichen.

Häufig ist die Teilnahme an der beruflichen Weiterbildung veranlasst und nicht freiwillig, so dasszunächst keine inneren Beweggründe vorhanden sind, sich mit dem Thema zu beschäftigen.Dies kann zu typischen Konstellationen im Seminar führen:

� Lustlosigkeit: „Ich lasse es über mich ergehen“� Misstrauen: „Ich bin wohl nicht gut genug und muss jetzt zur Schulung.“� Widerstand: „Ich werde das hier nicht mitmachen.“

Was kann der Dozent in diesem Fall tun, um im Seminar eine intrinsische Motivation aufzubauen?

� nicht die Rolle des Vorgesetzten mit übernehmen

� Verständigung mit der Seminargruppe, wie mit dieser Situation umgegangen werden soll:Welche Umstände lassen sich nicht ändern (z.B. Vorgaben des Managements, dass etwasgelernt werden soll)? Welche Faktoren lassen sich trotzdem beeinflussen (z.B. Unterrichts-atmosphäre)?

� Klärung der Frage: Was muss hier passieren/Was können wir tun, damit das Thema für Sieinteressant wird?“

(Quelle: Meyerhoff/Brühl 2004)

Auswahl und Präsentation der LerninhalteMotivierend wirken

� strukturiertes Wissen, dargeboten in Form von Übersichten, Gliederungen, Schemata, die dem menschlichen Bedürfnis nach Ordnung und Klarheit entsprechen,

� die Verdeutlichung, welchen Sinn jedes Unterthema für das Ganze hat,

� ermutigendes Wissen, das Energien aktiviert (im Gegensatz zu deprimierendem, resignativem, pessimistischem Wissen),

36 Unterricht gestalten

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 36

Page 37: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

� anschlussfähiges Wissen, das mit vorhandenen Kenntnissen und Erfahrungen verknüpft werden kann,

� anspruchsvolle, aber nicht überfordernde Inhalte ausgehend vom Bildungsstand der Teilnehmer,

� Praxisbezüge durch die Einbettung von Wissensinhalten in Kontexte und in Aufgaben,

� Verwendungssituationen – je mehr Transfer möglich ist, d.h. je mehr das Gelernte inder Praxis verwendet werden kann, desto größer wird das Interesse am Lernen.

(Quellen: Arnold/Krämer-Stürzl/Siebert 1999, Meyerhoff/Brühl 2004)

Teilnehmer aktivieren Die Teilnehmer werden aktiviert, wenn sie

� eigene Beiträge beisteuern können, bei denen sie die Gelegenheit haben, ihr Wissen und ihre Erfahrungen darzustellen.

� erfolgreiche Lernleistungen, erfolgreiche Aufgabenlösungen, auch intellektuelle Anstren-gungen erbringen können, die das Selbstvertrauen und die Lernfähigkeit stärken. Es ge-hört zum Selbstverständnis der meisten Erwachsenen, anspruchsvolle Aufgaben bewältigenzu können. Eine zu große Verflachung oder ein geringes Lerntempo sind erfahrungsgemäßproblematischer für die Lernmotivation als eine anspruchsvolle Gestaltung, die auch Gren-zen auslotet.

� Feedback über die Wirkung der Unterrichtsmethoden geben können.

(Quellen: Arnold/Krämer-Stürzl/Siebert 1999, Meyerhoff/Brühl 2004)

Lernförderliches Kursklima und angenehme Arbeitsatmosphäre schaffenFür ein gutes Kursklima sorgen

� authentisches Verhalten des Dozenten, engagierter Unterricht, motivierte Kursleiter – Leh-rende, denen das Thema wichtig ist und Spaß macht, „verkörpern“ den Lerninhalt, ihr Inte-resse überträgt sich auf die Teilnehmer;

� eine entspannte Gruppenatmosphäre; Rivalität, Neid, Besserwisserei, Positionskämpfe in einerLerngruppe blockieren Lernenergien und verunsichern insbesondere ängstliche Personen;

� eine freundliche Umgebung – Farben, Bilder, Licht, freundliche Gesichter,…;

� Humor (witzige Formulierungen, Pointen, Beispiele, Anekdoten, Metaphern, …);

� Metakommunikation – bei Lernschwierigkeiten und Lernstörungen ist es hilfreich, sich ge-meinsam über die Situation zu verständigen und nach Lösungen zu suchen; schon die Wahr-nehmung, dass auch andere Teilnehmer Schwierigkeiten mit einem Thema haben, kann eineDemotivierung verhindern.

(Quellen: Arnold/Krämer-Stürzl/Siebert 1999, Meyerhoff/Brühl 2004)

Unterricht gestalten 37

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 37

Page 38: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Abwechslung ermöglichen Abwechslung führt dazu, dass

� nicht so schnell Ermüdung auftritt,� möglichst viele verschiedene Lerntypen angesprochen werden,� beim einzelnen Teilnehmer eine gute Verankerung im Langzeitgedächtnis erreicht wird.

� Wie Abwechslung hergestellt wird

Der Lehrstoff wird in unterschiedlichen Kontexten dargeboten. Gewohntes, scheinbar Selbst-verständliches wird mit einer anderen Brille, aus einer anderen Perspektive betrachtet.

Der angebotene Unterrichtsstoff wird über mehrere, verschiedene Eingangskanäle präsentiert,indem zwischen visueller und auditiver Darbietung gewechselt und auch etwas zum Mitmachenund Anfassen geboten wird. Dies erfolgt durch den Einsatz

� visueller Lernhilfen (Lernen durch Sehen): Unterlagen, Bilder, Bücher, Diagramme, Skizzen,Poster, Videos, Mind Maps, Lernkarteien;

� auditiver Lernhilfen (Lernen durch Hören): Lernkassetten, Gespräche, Vorträge, Dialoge,Diskussionen, Geschichten erzählen, Vorlesungen, Musik;

� kinästhetischer Lernhilfen (Lernen durch Begreifen): Stehen und Umhergehen beim Lernen,Anfassen und Hantieren mit Dingen, Experimentieren, Spiele erstellen und durchführen,Modelle basteln, learning by doing, Notizen machen, Lernkarten sortieren, Lernen in derGruppe.

Im Unterricht wird zwischen rezeptiven und aktivierenden Methoden abgewechselt („Einatmenund Ausatmen“).

Die Sozialformen variieren (Plenum, Gruppen- und Einzelarbeit), um extrovertierten und intro-vertierten Lernern gleichermaßen Raum zu bieten.

(Quellen: Arnold/Krämer-Stürzl/Siebert 1999, Meyerhoff/Brühl 2004)

Kritische Situationen

Umgang mit Fragen

Während des Vortrages stellen Teilnehmer Fragen oder machen kritische Anmerkungen.Was kann man tun?

� Ruhe und Gelassenheit bewahren� mögliche Fragen, Kritik, Einwände vorab selbst ansprechen und im Referat behandeln� Fragen, die im Augenblick nicht ins Konzept passen, in einem „Themenspeicher“ sichtbar

notieren und zu einem späteren Zeitpunkt beantworten

38 Unterricht gestalten

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 38

Page 39: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Teilnehmer stellen Fragen, die nicht als „echte“ Frage, sondern als Provokation gemeint sind.Was kann man tun?

� die Frage an die Gruppe zurückgeben: „Was denken Sie …?“ „Was stört Sie …?“� bedingt zustimmen und dann die eigene Position darlegen: „Ich finde

Ihren Einwand berechtigt, allerdings …“� die Frage umformulieren und dabei entschärfen: „Wenn ich Sie richtig verstanden habe,

finden Sie …“� sich auf objektive Gutachten, Statistiken, Studien beziehen

Der Dozent hat auf eine Frage keine Antwort parat.Was kann man tun?

� das Nichtwissen zugeben, zwischenzeitlich Informationen einholen, die Antwort später nachreichen

� sofern keine Antwort recherchierbar ist, auch dies den Teilnehmern mitteilen� nie spontan antworten, wenn man sich seiner Sache nicht sicher ist� sich Bedenkzeit erbitten

Umgang mit TeilnehmernEin Teilnehmer hält lange Monologe.Was kann man tun?

� den Teilnehmer taktvoll unterbrechen� eine Begrenzung der Redezeit in die Spielregeln aufnehmen

Ein Teilnehmer gibt sich sehr uninteressiert.Was kann man tun?

� den Teilnehmer bitten, aus seinem Arbeitsumfeld zu erzählen� den Teilnehmer Beispiele aus seinem Interessengebiet bringen lassen

Ein „Alleswisser stört“ den Ablauf.Was kann man tun?

� die Gruppe zu seinen Ausführungen Stellung nehmen lassen

Ein Teilnehmer ist streitsüchtig.Was kann man tun?

� sich nicht auf den Streit einlassen� die Gruppe einbeziehen und ihn ggf. durch die Gruppe widerlegen

Ein Teilnehmer ist zu aktiv.Was kann man tun?

� dem Teilnehmer Arbeit übertragen, z.B. ein Referat zu halten, Ergebnisse zusammenzufassen

Unterricht gestalten 39

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 39

Page 40: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Ein Teilnehmer ist überdurchschnittlich kompetent und korrigiert gelegentlich den Dozenten.Was kann man tun?

� Gelassenheit bewahren� die Beiträge des Teilnehmers aktiv einbeziehen� den Teilnehmer gegebenenfalls bitten, ein Kurzreferat zu übernehmen� den Teilnehmer in der Pause ansprechen und die Situation besprechen

Umgang mit Verlaufsstörungen

Zwei Teilnehmer unterhalten sich.Was kann man tun?

� nach dem Grund fragen

Die Gruppe macht nicht mit.Was kann man tun?

� nach dem Grund fragen; dabei drei „Reparaturfragen“ (Weidenmann 1995) anwenden: Was fehlt Ihnen? – Wie hätten Sie es gerne? – Was lässt sich dazu tun?

� eine Pause einlegen und in der Pause nach dem Grund fragen

Der Dozent hat den Faden verloren.Was kann man tun?

� am Konzept orientieren� eine Pause einlegen� die Gruppe einbeziehen und um Rat fragen: Ist die Ausgangsfrage noch aktuell?

Sind die Ziele noch aktuell? Wo stehen wir gerade?

Zwei Teilnehmer streiten sich über eine Sachfrage.Was kann man tun?

� den sachlichen Gegensatz ansprechen und stichpunktartig schriftlich festhalten, ohne den Gegensatz auszudiskutieren

� die Teilnehmer bitten, in die Rolle eines „advocatus diaboli“ zu schlüpfen: welche Argumente würden gegen ihre Position sprechen?

Einzelne Teilnehmer greifen sich persönlich an.Was kann man tun?

� die persönlichen Angriffe unterbinden und um Wahrung der Form bitten� auf der Sachebene die Positionen zusammenfassen und zum nächsten Thema überleiten

40 Unterricht gestalten

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 40

Page 41: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

4Methoden – Medien – Sozialformen

Unter Methoden werden sämtliche Arrangements verstanden, die in der Unterrichtssituationgetroffen werden, um Lernprozesse anzuregen und zu unterstützen.

Durch die Medien werden die Informationen transportiert, mit denen sich die Teilnehmer ler-nend beschäftigen sollen.

Die Sozialformen sind die Arbeitskonstellationen, in denen im Seminar gearbeitet wird, alsoPlenum, Gruppenarbeit oder Einzelarbeit.

� Kriterien der Methodenwahl

� Zweckdienlichkeit: Die Methode muss dem Inhalt und dem Lernziel angemessen sein. DieWahl der Methoden orientiert sich auch an der Funktion der jeweiligen Lernsequenz, in dersie eingesetzt werden

� Teilnehmerbezug: Auf die methodischen Vorerfahrungen der Teilnehmer muss Rücksichtgenommen werden.

� Eigendynamik berücksichtigen: Die notwendigen Regeln bei der Anwendung von Methodenmüssen bekannt sein und eingehalten werden. Dies gilt insbesondere für solche, die diebeteiligten Personen in besonderer Form fordern (z.B. das Rollenspiel).

� Die Erfahrungen der Dozenten mit Methoden sind ein zusätzliches Auswahlkriterium. AlsFaustregel gilt: nur diejenigen Methoden einsetzen, mit denen man auch als Teilnehmer ar-beiten wollen würde.

� Technische Hilfsmittel (Flipcharts, Pinwände, Overhead-Folien, Video, Lernsoftware, Multi-mediaprogramme usw.) sollten eine Hilfsfunktion haben und nicht um ihrer selbst willeneingesetzt werden.

� Rahmenbedingungen: Der Zeitbedarf und die zeitliche Begrenzung sind zu berücksichtigen.

(Quelle: Meisel u.a. 1997)

� Leitfragen zur Medienauswahl

Der Medieneinsatz soll das Ansprechen mehrerer Sinneskanäle unterstützen und damit Behaltens-leistungen fördern.

Der Einsatz von Medien ist kein Selbstzweck. Zum Einsatz eines Mediums ist zu fragen:� Ist der Einsatz bestimmter Medien aufgrund der Ziele naheliegend? � Erfordert die Auswahl eines bestimmten Unterrichtsgegenstandes

(Inhaltes, Themas) die Verwendung bestimmter Medien?� Ergibt sich aus der Vorauswahl bestimmter Methoden ein Hinweis auf n

otwendig einzusetzende Medien?� Verlangen bestimmte individuelle oder organisatorische Voraussetzungen

die Verwendung bestimmter Medien?� Ergeben sich aus der Absicht, ein bestimmtes Medium, eine bestimmte Medienkombination

zu verwenden, Auswirkungen oder Rückwirkungen auf andere Unterrichtsfaktoren?

(Quelle: Arnold/Krämer-Stürzl/Siebert 1999)

Methoden – Medien – Sozialformen 41

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 41

Page 42: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Das Seminar beginnt – die Gestaltung der Anfangsphase

Vorbereitung des Seminarraums

Im Seminarraum sollte eine positive Atmosphäre herrschen:

� Lernmaterial, Papier und Stifte liegen bereit, � die Versorgung mit Getränken ist sichergestellt,� an den Wänden hängen geeignete Plakate, � ein „Willkommen“-Schild ist aufgestellt,� Material/Büchern o.ä. liegen auf einem Extra-Tisch zur Ansicht in der Pause bereit

Die Sitzordnung ist entsprechend des methodischen Arrangements festgelegt:

� U-Form/Hufeisen: Gut geeignet für Referate und rezeptive Phasen mit anschließender Dis-kussion wegen der guten Sichtverbindung des Referenten zu den Teilnehmern.Nachteilig für die Teilnehmer an den Flanken, die verdreht sitzen müssen, wenn sie das Ge-schehen vorne verfolgen wollen. Nicht alle Teilnehmer können sich sehen, zum Teil bestehengroße Distanzen zwischen den Teilnehmern.

� Parlamentarisch/klassische Schulsitzordnung (Reihenbestuhlung): Nur geeignet für Vor-träge; die Teilnehmer bleiben eher passiv oder fühlen sich an die Schule erinnert: Gesprächelaufen vor allem zwischen einzelnen Teilnehmern und dem Dozenten ab. Diese Sitzordnung ist wenig empfehlenswert, wenngleich sie für große Gruppen oft die ein-zige Option darstellt (in diesem Fall muss sich an die Vortragsphase eine Verarbeitungsphasein Kleingruppen oder in Nachbarschaftsgruppen anschließen).

� Gruppentische: Die Tische werden im Raum gruppiert, so dass jeweils 6 - 8 Teilnehmerdaran sitzen können. Gut geeignet für Unterricht mit vielen Gruppenarbeiten, bei denenaber auch Tische benötigt werden. Für dozentenorientierte Phasen nur bedingt geeignet(diese sollten jeweils kurz sein). Nachteilig ist, dass diese Sitzordnung viel Platz braucht, sodass bei vielen Teilnehmern schnell der Platz zu eng wird.

� Stuhlkreis: Gut geeignet für Diskussionen, körperlich aktivierende Methoden und sozial-kommunikative Inhalte, wenig geeignet für Fachtrainings, weil hier die Schreibunterlagefehlt. Diese Sitzordnung fördert die Gesprächsatmosphäre. Allerdings sind nicht alle Teilneh-mer gewohnt, so frei im Raum zu sitzen; Schutz bietende Tische fallen weg.

(Quelle: Bruehwiler 1989)

42 Methoden – Medien – Sozialformen

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 42

Page 43: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Den Einstieg in die gemeinsame Arbeit ermöglichen

In dieser Phase sorgt der Dozent dafür, dass sich die Teilnehmer miteinander vertraut machen können und einen Überblick über den Seminarablauf erhalten.

� Begrüßung der Teilnehmer und Vorstellung des Dozenten

Üblicherweise beginnt die Bildungsmaßnahme mit der Begrüßung der Teilnehmer und einer Selbstvorstellung des Dozenten.

Der Dozent sollte in dieser Phase selbstbewusst, entschlossen und den Teilnehmern zugewandtauftreten. Es ist seine Aufgabe, den gemeinsamen Lern- und Arbeitsprozess zu eröffnen.

Zu vermeiden sind

� Unentschiedenheit oder Schüchternheit� Deutungen und Zuschreibungen an die Teilnehmer

Die Selbstvorstellung des Dozenten sollte nicht ausufern, sich auf das Wesentliche konzentrieren,dabei aber durchaus offen sein. Dazu ist es nötig, sich auf die für alle wichtigen Informationenzur eigenen Person zu konzentrieren:

� Name� Berufsposition � persönlicher Bezug zum Thema� persönlicher Bezug zur Institution oder zur Lerngruppe� allgemein Persönliches, das im Verlauf des Kurses noch bedeutsam sein kann

� Vorstellung der Teilnehmer

Zu Beginn des Seminars stellen sich auch die Teilnehmer selbst vor (→Vorstellung). Dabei

� werden die Teilnehmer aktiviert und erfahren, dass sie mit Ihren Beiträgen zum Verlaufder Bildungsmaßnahme beitragen;

� erhalten die Teilnehmer Gelegenheit, miteinander Kontakt aufzunehmen;� gewinnt der Dozent einen ersten Eindruck der Teilnehmerpersönlichkeiten.

� Abstimmung der Unterrichtsplanung auf die Teilnehmerbedürfnisse

Zu Beginn der Bildungsmaßnahme muss die Unsicherheit in der Anfangssituation („was kommthier auf mich zu?“) schrittweise abgebaut werden, damit die Teilnehmer den Kopf frei habenfür die inhaltliche Arbeit.

Außerdem sollen die Teilnehmer die Gelegenheit bekommen, ihre Lernbereitschaft zu aktivierenund sich auf ihre Mitverantwortung für den Lernprozess einzustimmen.

Dazu müssen sie im Rahmen einer →Bedarfsabfrage� ihre Erwartungen, Wünsche, Interessen aussprechen können,� Gelegenheit haben, eventuelle Befürchtungen und Ängste zum Ausdruck zu bringen.

Methoden – Medien – Sozialformen 43

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 43

Page 44: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Mit der Bedarfsabfrage hat der Dozent Informationen über die konkreten Lernmotive erhoben,jetzt gilt es, diese Erwartungen der anwesenden Teilnehmer mit den vorbereiteten Optionen desDozenten abzustimmen:

� Welche Erwartungen werde ich erfüllen?� Welche Erwartungen werde ich nicht erfüllen können

(ggf. mit Hinweis auf die Vorgaben des Auftraggebers oder unverzichtbare Lernziele)?� Welche Inhalte sind verhandelbar? � Welche Inhalte sind nicht verhandelbar, weil unabdingbarer Lernstoff?

Je sicherer der Dozent im Thema ist und je mehr Optionen er für den Lernprozess eingeplanthat, umso flexibler kann er jetzt mit den Teilnehmern konkrete Vereinbarungen über das Un-terrichtsgeschehen treffen.

Das Ergebnis dieser Abstimmung ist eine Vereinbarung über den Lehr-Lern-Prozess, die zwischendem Dozenten und den Teilnehmern getroffen und sichtbar protokolliert wird:

� anzustrebende Lernziele� Verpflichtungen des Dozenten� Selbstverpflichtungen der Teilnehmer� Regeln des Miteinanderarbeitens

Am Ende der Anfangsphase

� verspüren die Teilnehmer idealerweise ein inneres Bedürfnis, sich mit dem Lerngegenstand zu beschäftigen,

� haben sie sich selbst klare Ziele gesetzt,� nehmen sie gegenüber dem Lerngegenstand idealerweise eine von

Interesse und Neugierde gespeiste Fragehaltung ein.

Gestaltung von Lernsequenzen

In einer Lernsequenz wird ein thematischer Abschnitt erarbeitet. Jede Lernsequenz kann nachdem Muster Einstieg – Input – Verarbeitung – Vertiefung/Transfer – Auswertung gestaltetwerden.

Der Einstieg ins Thema Am Beginn jeder Lernsequenz steht der Einstieg. Er dient der Orientierung über die folgende Lerneinheit:

� Was wird gleich behandelt?� Warum wird dieser Aspekt behandelt? � Auf welche Fragen gibt die Lerneinheit Antworten?� Was ist das Lernziel?� Wie gliedert sich die Lerneinheit inhaltlich?

44 Methoden – Medien – Sozialformen

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 44

Page 45: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Methoden – Medien – Sozialformen 45

Methodisch kann der Einstieg gestaltet werden als

� Aufhänger: ein punktueller Einstieg in Form einer Presse- oder Fernsehmeldung oder in Form einer provokanten These, eines Bildes, einer Anekdote, eines Zitats

� Wiederholung: die Anknüpfung an die vorangegangene Lerneinheit� Gliederung: das Vorgehen in dieser Lerneinheit; insbesondere bei abstrakt-

theoretischen Phasen: welche Rolle spielt diese Phase auf dem Weg zur Gesamtlösung?� Darstellung eines Fallbeispiels: Schilderung eines Problems, Praxisbeispiels o.Ä.;

daraus wird eine Leitfrage abgeleitet� Aufgreifen von Teilnehmererfahrungen in Form eines Gesprächs� Vorstellung eines Schemas oder Modells� systematische Einordnung: der Hinweis darauf, welche Rolle das Problem und

seine Lösung in der Geschichte der Wissenschaft gespielt hat(Quelle: Döring 1995)

Das Thema präsentieren (Inputphase)In dieser Phase werden die erforderlichen Informationen bereitgestellt bzw. beschafft.

Die Teilnehmer erfahren hier inhaltlich etwas Neues.

Methodisch kann diese Phase gestaltet werden als

� →Vortrag des Dozenten im PlenumDabei gilt als Faustregel die „20-Minuten-Regel“: Steht der Dozent im Mittelpunkt des Lerngeschehens, sollte die einzelne Phase nicht länger als 20 Minuten dauern (Döring 1995).

� →Expertenbefragung im Plenum� Bearbeitung von →Texten oder eines →Seminarskripts in Einzelarbeit� Arbeit mit →Lernsoftware in Einzelarbeit� Bearbeitung von Aufgaben und Leittexten in Gruppen- oder Partnerarbeit� Analyse von Realobjekten, Modellen, Filmen, Zeichnungen, Materiallisten, Katalogen

usw. in Gruppenarbeit, Partnerarbeit oder Einzelarbeit� Erkundung von Arbeitsplätzen in Partner- oder Einzelarbeit� Internetrecherche in Einzelarbeit

(Quelle: Arnold/Krämer-Stürzl/Siebert 1999)

Das Thema festigen (Verarbeitungsphase)Die Teilnehmer brauchen nach dem Input Gelegenheit, auf die neuen Informationen zu reagierenund sich damit auseinander zu setzen.

In der Verarbeitungsphase können die Teilnehmer die neuen Informationen und die neuen Er-fahrungen verarbeiten, Verständnislücken und -probleme identifizieren und den neuen Lernstoffdauerhaft in ihr Vorwissen integrieren.

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 45

Page 46: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Die Verarbeitung der Informationen aus der Input-Phase erfolgt methodisch

� durch →Diskussion in Partner- oder Gruppenarbeit oder im Plenum � durch Bearbeiten von Arbeitsblättern in Einzelarbeit� durch Bearbeiten weiterführender kürzerer →Texte in Einzelarbeit� sonstige Formen des →aktiven Arbeitens mit dem Stoff

Ziele der Verarbeitung sind

� Verständnis sichern� Verstehenslücken identifizieren� das Neue aus weiteren Perspektiven kennen lernen� das Neue mit dem Vorwissen verbinden� emotionale Aspekte in den Lernprozess einbinden

Das Thema anwenden (Vertiefung/Transfer)In dieser Phase werden die verarbeiteten Informationen auf praxisrelevante Frage- oder Problem-stellungen bezogen. Dabei steht die Anwendung bzw. das handelnde Umgehen mit dem Lehr-stoff im Mittelpunkt, und zwar als

� „inneres“ Handeln: nachdenken, Denkoperationen durchspielen, nach Lösungen suchen, bewerten, einordnen, vergleichen, kritisieren;

� „äußeres“ Handeln: experimentieren, Interviews durchführen, diskutieren, Plan- und Rollenspiele, zeichnen, Modelle (re-)konstruieren.

Methodisch kann diese Phase gestaltet werden als

� Bearbeitung von Fallbeispielen in Gruppenarbeit

� Bearbeitung einer komplexen Problemstellung in Gruppenarbeit

� Herstellung eines Objekts, Durchführung manueller Tätigkeiten in Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit

� Anfertigung von Berechnungen, Zeichnungen, Protokollen, Texten usw. in Parter- oder Gruppenarbeit; anschließende Dokumentation und Präsentation im Plenum

� Simulationen (Debatten, Interviews, Prüfungen, Rollenspiele, …)

Bei allen Formen der Anwendung/Übung/Vertiefung sollte anhand transparenter Kriterien dieQualität der Ergebnisse überprüft werden (Lernkontrolle/Rückmeldung).

46 Methoden – Medien – Sozialformen

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 46

Page 47: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Das Thema abschließen (Auswertungsphase) Am Abschluss einer Lernsequenz steht die Auswertung. In dieser Phase erfolgt eine Nachbetrachtung des erfolgten Lernprozesses.

Diese Phase beinhaltet:

� die erreichten Ergebnisse würdigen� entstandene Probleme besprechen� Angemessenheit der Vorgehensweise überprüfen� abzuleitende Erkenntnisse darlegen� Konsequenzen des Gelernten besprechen� das Erreichte mit der gestellten Zielsetzung vergleichen� Feedback zur Methodik einholen� persönlichen Anmerkungen der Teilnehmer Raum geben

Methodisch kann diese Phase gestaltet werden als

� Partner- oder Gruppenarbeit zu den Fragen und anschließende Diskussion im Plenum� Blitzlicht: jeder Teilnehmer gibt – bezogen auf eine konkrete Frage – ein kurzes

Statement im Plenum ab� Kartenabfrage zu konkreten Fragen (z.B. Beurteilung des Lernfortschritts;

gewonnene Erkenntnisse) und anschließendes Clustern der Karten an einer Pinnwand

Das Lernen abschließen – die Gestaltung der Abschlussphase

Am Schluss des Seminars erfolgt eine Auswertung der gemeinsamen Arbeit.

� Evaluation des Lernprozesses

Nach längeren Blöcken und/oder am Ende der Bildungsmaßnahme erfolgt eine Evaluation desLernprozesses. Die Evaluation dient dazu, den Lernprozess inhaltlich und emotional abzu-schließen. Die Evaluation umfasst außerdem eine mehr oder weniger stark formalisierte Lern-erfolgskontrolle.

Formen der → Evaluation sind

� „Tableau der Erinnerung“� Lernbericht

Formen der Lernerfolgskontrolle sind

� Fragerunde� Prüfungssimulation� Test

Methoden – Medien – Sozialformen 47

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 47

Page 48: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

� Vorbereitung des Transfers

Am Ende der Bildungsmaßnahme erfolgt auch die Vorbereitung des Transfers,also die Anwendung bzw. Nutzung des Gelernten im Arbeitsalltag.

Die Transfersicherung wird methodisch gestaltet durch

� die Bildung von Lernpartnerschaften:� zwei Teilnehmer berichten sich gegenseitig, wie sie den

Transfer nach dem Seminar gestalten wollen� sie überprüfen beim anderen die Realisierungschancen� sie legen Erfolgskriterien fest� sie vereinbaren einen Feedback-Termin nach dem Seminar (Telefonat, Besuch)� die Förderung der Vernetzung der Teilnehmer untereinander, um auch nach dem

Kursende in Kontakt bleiben und Umsetzungsprobleme kollegial besprechen zu können.

Transfersicherung nach der BildungsmaßnahmeDie Transfersicherung ist mit dem Ende der Bildungsmaßnahme noch nicht abgeschlossen. Überdas Seminarende hinaus sind weitere Dozentenaktivitäten sowie Aktivitäten des Unternehmensnotwendig, um den Transfer des Gelernten in die Praxis sicherzustellen.

� Dozentenaktivitäten zur Transfersicherung nach der Bildungsmaßnahme� Begleitvisiten/Feldcoaching bei den Teilnehmern durchführen

� Nachfassbriefe an die Teilnehmer schreiben mit Tipps und Kniffen zur Erinnerung

� für Rückfragen zur Verfügung stehen (per Mail oder Telefon)

� Mailingservice oder eine Website anbieten, wo später aktuelle Entwicklungen im Fach kommuniziert werden

� Follow-up-Termin mit Erfahrungsaustausch einige Zeit nach Kursende anbieten

� Lernen in aufeinander folgenden Blöcken – in der Zwischenzeit können die Lernergebnissein der Praxis ausprobiert werden (Intervalltraining)

(Quelle: Meyerhoff/Brühl 2004)

� Aktivitäten der Organisation zur Transfersicherung, die durch den Dozenten angeregt und begleitet werden (können)

� anwendungsorientierte Seminarnachbesprechung zwischen Mitarbeiter und Vorgesetztem; derVorgesetzte motiviert die Mitarbeiter, das Gelernte umzusetzen

� Erfolgsevaluation am Arbeitsplatz durch die Weiterbildungsverantwortlichen und Fachvor-gesetzten: Was ist vom Seminar übrig geblieben? Was kann umgesetzt werden? Wo gibt esUmsetzungsschwierigkeiten?

� Lernpatenschaft: ein erfahrener Kollege, der die entsprechende Maßnahme bereits absolvierthat oder über eine entsprechende Zusatzqualifikation verfügt, betreut den Teilnehmer, schütztihn vor Transferblockern und erfüllt die Funktion eines Lernpartners.

48 Methoden – Medien – Sozialformen

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 48

Page 49: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

5Methoden – Medien – Sozialformen:Einzeldarstellungen

Methoden

Aktives Arbeiten mit dem LehrstoffNach einer Input-Phase handeln die Teilnehmer aktiv mit dem neuen Lehrstoff, um ihr Ver-ständnis zu überprüfen und die neuen Informationen in ihr Vorwissen zu integrieren.

Das neue Wissen bleibt auf diese Weise nicht passiv und „träge“, und die Teilnehmer sind inner-lich aktiv am Lernprozess beteiligt.

� Gestaltungsvarianten

offene Impulse für eine Diskussion nach der Input-Phase in Partner- oder Gruppenarbeit:� Was erscheint Ihnen am eben Gehörten besonders beachtenswert?� Was war einleuchtend, was war unverständlich?� Wie denken Sie darüber?� Hat Sie das überzeugt?� Wie fassen Sie das eben Gehörte für sich zusammen?

Abgleich mit Vorerfahrungen – Gesprächsimpuls für Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit: � Was habe ich bisher erlebt?� Wie ordne ich die neuen Informationen in eigene Erfahrungen ein?

bei komplexeren Zusammenhängen einem Partner den neuen Lehrstoff erklären und dabeidas eigene Verständnis überprüfen

in Partnerarbeit oder Einzelarbeit die neuen Informationen zusammenfassen, vergleichen, in um-fassendere Zusammenhänge einordnen, Konsequenzen abschätzen, Vor- und Nachteile abwägen,bewerten, kritisieren

einen Artikel/einen Spickzettel schreiben; schriftlich Stellung nehmen

ein Mind-Map erstellen, ein Schema zeichnen

eine Fallstudie bearbeiten

ein Arbeitsblatt ausfüllen (Einzel- oder Partnerarbeit)Arbeitsblätter können enthalten

� Fragen (zum Vortrag, zum Video, zu einem Text)� Übungsaufgaben� Thesen und Behauptungen, zu denen Stellung genommen werden soll� Arbeitsanweisungen

Methoden – Medien – Sozialformen: Einzeldarstellungen 49

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 49

Page 50: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

� Lückentexte� zu vervollständigende Tabellen oder Grafiken� Multiple-Choice-Aufgaben� Schemazeichnungen� Spiele, Rätsel

(Quelle: Meyerhoff/Brühl 2004)

Bedarfsabfrage am SeminarbeginnAm Beginn des Seminars werden die Erwartungen, Wünsche und Interessen der Teilnehmer erhoben.

� Gestaltungshinweise

Die Teilnehmer sammeln Gedanken zu folgenden Fragen:

� Was möchte ich in diesem Seminar lernen?� Was interessiert mich an dem Thema?� Was möchte ich am Schluss dieses Seminars können?

� Wofür möchte ich das Wissen, das ich in diesem Seminar erwerben will, verwenden?� Welche potenziellen Verwendungssituationen wären für mich interessant?� Wieso ist das Thema der Veranstaltung für mich bedeutsam?� Was reizt mich an diesem Thema?

� Was kann ich tun, um meine Lernziele zu erreichen?� Was sollte der Dozent tun, um mir zu helfen, diese Lernziele zu erreichen?

� Was muss stattfinden, damit dieses Seminar ein gutes Seminar wird?� Was sollte in dieser Veranstaltung möglichst nicht passieren?

Die Beantwortung dieser Fragen kann in die verschiedenen Phasen der Selbstvorstellung derTeilnehmer integriert werden und/oder sich an die Vorstellungsrunde anschließen:

� die Erwartungen werden mündlich während der Vorstellungsrunde geäußert und ggf. vom Dozenten auf einem Flipchart oder auf Kärtchen protokolliert

oder� 2 - 3 Teilnehmer tauschen sich 5 -10 Minuten über ihre Erwartungen aus und

teilen sie danach gebündelt der Gesamtgruppe mitoder

� die Erwartungen werden in Einzelarbeit, in Partner- oder Kleingruppenarbeit auf Metaplankarten zusammengetragen und anschließend an einer Pinnwand sortiert.

DiskussionIm gemeinsamen Gespräch erschließen die Teilnehmer ein Thema. Sie erzielen durch wechsel-seitiges Reden und Zuhören entweder ein gemeinsames Ergebnis, oder verstehen und respektie-ren andere Meinungen.

50 Methoden – Medien – Sozialformen: Einzeldarstellungen

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 50

Page 51: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

� Gestaltungshinweise

� Die Diskussion wird vom Dozenten moderiert.� Der Diskussionsleiter führt in das Thema ein und formuliert noch einmal die Zielsetzung.� Zur Eröffnung der Diskussion stellt er eine Startfrage. � Das Gespräch wird zunächst frei geführt, so dass alle Teilnehmer die Möglichkeit haben,

sich zu äußern. Aufgabe des Leiters ist es, die Beiträge zu ordnen und auf die Einhaltungdes roten Fadens zu achten.

� Am Ende des Gesprächs fasst er die Ergebnisse, Gemeinsamkeiten oder unterschiedlichen Ansichten zusammen.

Voraussetzungen

gleicher Informationsstand aller Teilnehmer, Einbeziehung aller Teilnehmer, Beachtung des Zeitrahmens

Ergänzung:

Bei komplexen Themen werden alle Beiträge in der freien Diskussionsphase nacheinander unter folgende sechs Perspektiven gestellt:

Methoden – Medien – Sozialformen: Einzeldarstellungen 51

weiß neutral,objektiv

gefragt sind hier ausschließlichneutrale Daten und Fakten, keineInterpretationen und Vermutungen

- Welche Informationen haben wir?- Welche Informationen

brauchen wir noch?- Wie sicher sind diese Informationen?

rot Feuer,Emotionen

hier geht es um Gefühle, Intuitionund Ängste; keine Begründungen oderRechtfertigungen

- Bin ich begeistert, oder ist mirbei der Idee etwas mulmig?

- Vertraue ich den vorgebrachtenArgumenten?

schwarz Vorsicht,Gefahren

hier geht es um Risiken;gefragt sind kritische Urteile

- Wo muss man aufpassen?- Wo gibt es Widersprüche?- Warum kann es nicht funktionieren?

gelb Sonne,Optimismus

positives Denken ist angesagt;es geht um die Vorteile undChancen einer Idee

- Was nutzt uns die Sache?- Welche Argumente sprechen dafür?

grün Natur,Wachstum

alles dreht sich um zusätzlicheAlternativen; es geht darum,das Thema weiterzuentwickeln

- Wie können wir dieursprüngliche Idee weiterführen?

- Können wir das Ziel auchanders erreichen?

blau Himmel,Überblick

hier geht es nicht um die Sache selbst,sondern um den Umgang mit ihr,um Vorschläge zum Vorgehen und dieZusammenfassung der Ergebnisse

- Gehen wir in der Diskussionzielgerichtet vor?

- Haben wir alle Aspekte beleuchtet?

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 51

Page 52: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Evaluation des Lernprozesses

� Lernbericht

Jeder Teilnehmer formuliert auf einem Blatt Papier vier bis fünf Sätze zum Thema „Wie ichmeinen Lerngewinn in diesem Kurs einschätze“.

Dafür werden etwa 20 Minuten Zeit vorgesehen. Anschließend werden die Formulierungen vor-gelesen und ohne Kommentar angehört. Abschließend wird über das Ergebnis dieser Auswer-tungen reflektierend gesprochen.

� Tableau der Erinnerung

Das Tableau der Erinnerung ist eine Methode zur Evaluation des Lernprozesses zum Ende einerlängeren Bildungsmaßnahme.

Auf einer Pinnwand werden Karten mit Überschriften/Zusammenfassungen der vergangenenLernsequenzen/Unterrichtseinheiten präsentiert.

Die Teilnehmer rekonstruieren in Einzel- oder Partnerarbeit ihre Erinnerungen an die einzelnenSequenzen bzw. Einheiten, ggf. unter Hinzuziehung ihrer Mitschriften oder der Seminarunter-lagen und notieren dazu einige Stichpunkte auf Karten.

Anschließend stellen die Teilnehmer ihre Karten kurz vor (bzw. eine Auswahl ihrer Karten).

Hierauf folgt ein Blick auf die Vereinbarung der Lernziele und Erwartungen vom Seminar-beginn: Wie stellen sich die Erwartungen, die Leitfragen und die Lernziele im Rückblick dar?Was ist geklärt? Was bleibt offen? Was erscheint jetzt als wichtig und was erscheint jetzt alsweniger wichtig?

52 Methoden – Medien – Sozialformen: Einzeldarstellungen

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 52

Page 53: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

ExpertenbefragungEin Experte zum Thema wird in den Unterricht eingeladen und befragt. Zur Einführung kannder Experte ein Referat halten. Im Unterschied zum reinen Gastvortrag bereitet die Gruppegezielt Fragen und Themen vor, die sie mit dem Experten besprechen will. Der Experte wirdim Vorfeld auf diese Form der Veranstaltung vorbereitet. Eventuell bekommt er die Fragen undThemen schon vorab, so dass er sich vorbereiten kann.

� Checkliste

� Welches Thema könnte durch das Auftreten eines Experten besondere und neue Aspekte erhalten? Wer ist dafür geeignet?

� Welche Zeit steht zur Verfügung?� Was soll der Experte der Gruppe unbedingt präsentieren?� Zu welchen Themen soll die Gruppe im Vorfeld Fragen erarbeiten?� Was muss mit dem Experten besprochen werden?� Wie soll das Experteninterview konkret ablaufen? (Moderation)

VarianteKleingruppen suchen Experten an ihrem Arbeitsplatz auf und interviewen sie dort; anschließend Bericht im Plenum.

(Quelle: Meyerhoff/Brühl 2004)

LehrgesprächDas Lehrgespräch ist eine Präsentationsform, die zugleich Vortrag und Gespräch ist: DerVortrag wird mit den Beiträgen der Teilnehmer entwickelt.

Diese Methode hat eine Reihe von Nachteilen:

� Instrumentalisierung der Teilnehmer als „Quiz-Kandidaten“ und willige Stichwortgeber, � abweichende, nicht zum Vortragskonzept passende Teilnehmer-Beiträge müssen „diploma-

tisch“ übergangen werden,� negative Schulerinnerungen werden wach,� das Unbehagen der Teilnehmer kann sich in Schweigen (Widerstand), Ironie

(indirekter Aggression) oder offen in der Kritik an der Arbeitsform ausdrücken.

Aufgrund dieser Nachteile sollte das Lehrgespräch als Methode in der Erwachsenenbildungnicht verwendet werden.

Als „echtes“ Gespräch dagegen wird die →Diskussion eingesetzt.

Methoden – Medien – Sozialformen: Einzeldarstellungen 53

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 53

Page 54: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Lernfortschritte kontrollieren

� Fragerunde

Die Fragerunde ist eine minimal formalisierte Form der Lernerfolgskontrolle:

� In Kleingruppen werden Fragen aus dem behandelten Stoffgebiet formuliert und auf ein Blatt Papier aufgeschrieben.

� Die Blätter mit den Frage werden an die nächste Kleingruppe weitergegeben und dort beantwortet.

� Nach angemessener Zeit werden die Blätter wiederum eine Station weitergereicht und erneut beantwortet.

� Zuletzt erhält jede Kleingruppe ihr Blatt mit der von ihr gestellten Frage und den verschiedenen Antworten der anderen Gruppen zurück. Jede Kleingruppe liest die Antworten der anderen Gruppen und überlegt, ob sie mit ihnen zufrieden ist, wo sie noch Unklarheiten sieht usw.

� Im anschließenden Plenum kann dann von den einzelnen Gruppen kurz berichtet werden,verbliebene Unklarheiten können noch besprochen und ausgeräumt werden.

(Quelle: Gerl/Pehl 1983)

VarianteDie Teilnehmer bringen zu Beginn jeder Unterrichtseinheit „Quizfragen“ oder selbstgemachteeinfache Übungsaufgaben zum Lernstoff der vergangenen Einheit mit.

� Prüfungssimulation

Der Dozent simuliert mit einigen Teilnehmern ein Prüfungsgespräch. Dazu stellt er geeignete Fragen, die von den Teilnehmern der Reihe nach beantwortet werden.Im Anschluss an dieses Gespräch erhalten die Teilnehmer eine Rückmeldung vom Dozenten.

Varianten� Die übrigen Teilnehmer notieren als Beobachter Einfälle und Fragen, die anschließend

im Plenum besprochen werden.� Die Prüfungssimulation wird in Kleingruppen ohne Dozent von den Teilnehmern selbst

durchgeführt. Dabei rotieren die Rollen von Prüfer, Prüfling und Beobachtern.

� Test

Die Teilnehmer erhalten zur Lernerfolgskontrolle Aufgabenstellungen zur schriftlichen Beant-wortung. Der Dozent hat eine Musterlösung vorbereitet und vorher festgelegt, welche Aufgabenwie bewerten werden.

Als Testtypen sind möglich:

� Aufgaben mit Freitext in Form offener Fragen – die Teilnehmer müssen aktiv nach Antworten suchen

� Lückentexte, Einsetzaufgaben � Multiple-Choice-Aufgaben – aus mehreren Antwortmöglichkeiten

sind eine oder mehrere anzukreuzen

54 Methoden – Medien – Sozialformen: Einzeldarstellungen

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 54

Page 55: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Kriterien für den Test sind:

� Orientierung der Testfragen an den Lernzielen und am Kern des Lehrstoffes� die Testaufgaben verlangen Kenntnisse, die in gleicher oder ähnlicher Form im

Berufsalltag benötigt werden� die Aufgaben sind aufgrund des vorangegangenen Unterrichts lösbar

Der Test dient nicht dazu, eine Rangordnung der Teilnehmer bezüglich des gruppeninternenLeistungsstandes herzustellen, sondern zu überprüfen, ob die einzelnen Teilnehmer die Lernzieleerreicht haben oder (noch) nicht. Eine Differenzierung nach Leistungsstufen erfolgt nur hin-sichtlich der Differenzierung der Lernziele.

Varianten� Die Testaufgaben werden in Partner- oder Gruppenarbeit bearbeitet.� Die Korrektur der Tests erfolgt nicht durch den Dozenten, sondern durch die Teilnehmer

direkt nach dem Test, wobei die Tests zur Korrektur unter den Teilnehmern ausgetauschtwerden.

� Seminarunterlagen oder vorher vorbereitete „Spickzettel“ dürfen mitverwendet werden.� Die Teilnehmer erstellen den Test in Kleingruppen selbst. Anschließend werden die selbst

formulierten Testaufgaben zwischen den Gruppen ausgetauscht und dort gemeinsam gelöst.Im anschließenden Plenum werden die Lösungen überprüft und auch eventuelle Mängel inden Fragekonstruktionen zur Sprache gebracht.

(Quelle: Meyerhoff/Brühl 2004)

PodiumsdiskussionMehrere Personen (bis max. 5) diskutieren zu einem Thema und werden dabei moderiert (vom Dozenten oder von einem anderen Teilnehmer).

Das Podium besteht entweder aus geladenen Experten oder aus Teilnehmern, die Ergebnisse unterschiedlicher Arbeitsgruppen präsentieren.

Die Podiumsdiskussion wird eingesetzt zur Darstellung eines kontroversen Sachverhaltes oder zur Verdeutlichung unterschiedlicher Perspektiven.

� Gestaltungshinweise

� klare Fragestellungen durch den Moderator

� durch die Fragestellung müssen unterschiedliche Standpunkte sichtbar werden können(z.B. für oder gegen eine neue Methode, Konsequenzen neuer Rahmenbedingungen,Vergleich verschiedener Produkte, Bedeutung neuer Erkenntnisse)

� im Verlauf der Podiumsdiskussion sollen die Zuhörer Gelegenheit bekommen, Fragen zustellen oder selbst Stellung zu nehmen

Methoden – Medien – Sozialformen: Einzeldarstellungen 55

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 55

Page 56: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

SeminarskriptEin Seminarskript ist eine vom Dozenten erstellte schriftliche Teilnehmerunterlage zu zentralenInhalten der Bildungsmaßnahme. Es stellt die Unterrichtsinhalte im Zusammenhang dar undbesteht in der Regel aus gut gegliedertem „Prosatext“. Zusätzlich kann es Aufgaben undÜbungen zum Lehrstoff enthalten.

Seminarskripte werden eingesetzt zur Vor- und Nachbereitung der Seminarinhalte durch dieTeilnehmer oder als Material im Unterricht („Arbeit mit Texten“), wenn keine geeignetenLehrbücher existieren.

Kriterien zur Skripterstellung

Verständlichkeit durch gegliederte Darstellung� prägnante Überschriften� Inhaltsverzeichnis� Vorstrukturierungen und Zusammenfassungen� Angabe von Lernzielen

Verständlichkeit durch einfache Sprache� geläufiges Vokabular� übersichtlicher Satzbau� prägnante Formulierung

Stimulanz durch anschauliche Darstellung� bildhaftes Vokabular� rhetorische Bilder� praktische Beispiele� Text-Bild-Kombinationen

Stimulanz durch Anstöße zum Denken� Reflexionsfragen� Fragen zur Selbstkontrolle

Lesbarkeit durch� augenfreundliche Schrift� strukturiertes Layout� Merksätze, abgesetzt vom Text

(Quelle: Ballstaedt 1991)

56 Methoden – Medien – Sozialformen: Einzeldarstellungen

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 56

Page 57: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

TextarbeitDie Teilnehmer bearbeiten ausgewählte Texte unter einer bestimmten Fragestellung mit dem Ziel, neue Kenntnisse zu erarbeiten oder zu vertiefen.

Varianten� Statt ganzer Texte werden den Teilnehmern nur Textteile dargeboten.

� Es wird eine Zusammenstellung von Textausschnitten zu demselben Thema aus verschiede-nen Quellen präsentiert – die Ergebnisse des Vergleichs werden schriftlich ausgearbeitet(Tabelle, Zusammenfassung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden) und unter einerbestimmten Fragestellungen miteinander verglichen

� die Teilnehmer gehen arbeitsteilig vor: sie bearbeiten entweder unterschiedliche Fragen zueinem Text oder unterschiedliche Texte; anschließend werden die verschiedenen Ergebnissezusammengetragen

Checkliste zur Textauswahl

� Welchen Nutzen/Welche Erkenntnisse können die Teilnehmer grundsätzlichaus dem Text ziehen?

� Können die Teilnehmer zum Zeitpunkt der Bearbeitung den Text verstehen? Sind die Vorkenntnisse schon ausreichend?

� Wie wird die Arbeit mit dem Text in das sonstige Unterrichtsgeschehen eingebettet?

� Welcher Zeitaufwand muss für die Lektüre kalkuliert werden? Steht er im Verhältnis zum Erkenntnisgewinn? (Ggf. einen „Testleser“ um eine Rückmeldung bitten).

� Welche konkrete Aufgabe soll den Teilnehmern im Rahmen der Lektüre gestellt werden?

(Quelle: Meyerhoff/Brühl 2004)

� Textbearbeitung

Für die Bearbeitung des Textes wird eine klare Aufgabenstellung zugrunde gelegt.

Eine allgemeine Textbearbeitung kann nach einem Leseraster(„ÜFALAZ“; Meyerhoff/Brühl 2004) erfolgen:

� Überblick verschaffen: Inhaltsverzeichnis, Zwischenüberschriften, Einleitung, Zusammenfassung usw.: Worauf gibt der Text (vermutlich) Antworten? Was ist das Textthema? Was ist die zentrale Fragestellung?

� Fragestellung an den Text formulieren: Was will ich von dem Text lernen und erfahren?Was macht mich neugierig?

� Auswählen: Welche Teile des Textes werden mir die Antwort liefern? Muss ich alles lesen oder reicht eine Lektüre von ausgewählten Textstellen?

� Lesen und dabei Antworten anstreichen.

� Antwort formulieren: Wie lautet die Antwort auf meine Frage?

Methoden – Medien – Sozialformen: Einzeldarstellungen 57

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 57

Page 58: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

� Zusammenfassen: mündlich, ohne Hilfsmittel und idealerweise mit einem Partner die wichtigs-ten Aussagen des Textes wiederholen; bei Wissens- und Verständnislücken im Text nachlesen.Alternativ: Eine Zusammenfassung schreiben; eine Grafik/ein Schaubild entwerfen, welche(s)den Textinhalt prägnant und zusammenfassend wiedergibt. Eventuell Unverstandenes notieren.

� Weiterarbeit nach der Textbearbeitung

� Arbeitsblätter zu Fragen zum Textinhalt ausfüllen (offene Fragen, Tabellen/Grafiken ergänzen,Textaussagen erläutern, ...)

� Persönliche Reaktionen auf den Text austauschen: Was war neu, interessant, bemerkenswert?Was war ungewohnt, sperrig, irritierend? Was stößt auf Ablehnung?

� Arbeit an Fallbeispielen, in denen die Kenntnisse aus dem Text angewendet werden müssen.

Vier-Stufen-MethodeDie Teilnehmer lernen durch Beobachtung: Vormachen – Nachmachen – selbständig Üben –Bewerten/Besprechen. Die Vier-Stufen-Methode ist vor allem in der Berufsbildung beim Erwerbvon Fertigkeiten eine verbreitete Methode des Praxislernens.

� Gestaltungshinweise

� der Dozent erklärt, während er das Verfahren (z.B. Bearbeitung eines Werkstückes) vormacht� Fragen zulassen� die Lerner erläutern beim Nachmachen die einzelnen Handlungsschritte

Vorstellung der TeilnehmerDie Vorstellung der Teilnehmer zu Seminarbeginn kann methodisch auf unterschiedliche Weiseerfolgen.

� „klassische“ Form

Die Selbstvorstellung der Teilnehmer erfolgt in bis zu drei Phasen, wobei die erste und/oderdie zweite Phase ggf. fortgelassen werden können:

1. Die Teilnehmer stellen sich zunächst in einem Zweiergespräch gegenseitig vor (Name, Berufsposition, allgemeine Lerninteressen zum Thema).

2. Die Teilnehmerpaare formen sich zu Kleingruppen (4 - 5 Teilnehmer), die Teilnehmer stellen sich noch einmal vor und äußern sich zu bestimmten inhaltlichen Lerninteressen oder -motiven.

3. Die Teilnehmer stellen sich anschließend in der Gesamtgruppe vor und äußern sich zu Aspekten des persönlichen Bezugs zum Thema, zu Lerninteressen oder Vorerfahrungen.

Diese Phasen der Selbstvorstellung der Teilnehmer können mit der →Bedarfsabfrage am Seminarbeginn verknüpft werden.

58 Methoden – Medien – Sozialformen: Einzeldarstellungen

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 58

Page 59: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Variante

Beim Betreten des Seminarraumes tragen sich die Teilnehmer in eine vorbereitete Wandzeitungein (Name, Beruf/Funktion, Interessenschwerpunkte, Erwartungen o.Ä.). Die Vorstellungsrundeerfolgt in der Reihenfolge der Eintragungen, die Teilnehmer referieren und kommentieren kurzihren Eintrag.

� Soziogramm

Die Teilnehmer stellen sich entlang von Frageimpulsen im Raum auf, z.B.:

� in einer Reihe, geordnet nach Anfangsbuchstaben des Nachnamens, nach Alter oder nach beruflicher Relevanz der Seminarinhalte

� nach Himmelsrichtungen auf einer virtuellen Landkarte, entsprechend Wohnort,Arbeitsort, Studienort, Ort der letzten Dienstreise o.Ä.

� in zwei oder mehrere Gruppen, entsprechend Beruf, Abteilungszugehörigkeit, Vorkenntnissen u.a.m.

Diese Art der Vorstellung ist insbesondere in Bildungsmaßnahmen mit sozial-kommunikativem Inhalt geeignet (Kommunikationstraining, Verkaufsschulung, ...).

VortragDer Dozent oder ein Teilnehmer referieren zu einem Thema in einer zusammenhängenden Form.Dabei können in kurzer Zeit viele Informationen präsentiert werden.Vorträge werden eingesetzt zur Einführung in eine neue Thematik (Input-Phase) und zur zusammenfassenden Darstellung eines Zusammenhangs

Den Vorteilen des Vortrages stehen einige Gefahren gegenüber:

� Passivität der Adressaten; Gefahr von Ermüdung und „Abschalten“� keine Rückkopplung� geringe Lernwirksamkeit� niedrige Behaltensquote

� Gestaltungshinweise

Die Teilnehmer müssen die Gelegenheit bekommen, das Gehörte zu verarbeiten, Fragen zustellen und mit dem Vortragsinhalt zu arbeiten. Der Vortrag ist also mit anderen Methoden zukombinieren:

� Der Vortrag wird innerhalb der Lernsequenz auf die Input-Phase beschränkt. � Eine Vortragsphase sollte nicht länger als 20 Minuten dauern.� Ein längerer Vortrag wird an einigen Stellen durch Verarbeitungsimpulse unterbrochen.D i e

Teilnehmer haben in dieser Zeit die Gelegenheit, das Gehörte aktiv zu verarbeiten, z.B. ihreMitschrift mit einem Partner zu besprechen, zu ergänzen oder neu zu strukturieren, das Ge-hörte zu überdenken, Fragen zu formulieren, einen kurzen Begleittext zu lesen, einen kurzenArbeitsauftrag des Dozenten zu bearbeiten. Der Vortrag wird anschließend fortgesetzt.

� Nach der Präsentation werden die Teilnehmer gebeten, eine bestimmte Anzahl Fragen undAntworten aus dem Stoff zu entwickeln und sich gegenseitig abzufragen.

Methoden – Medien – Sozialformen: Einzeldarstellungen 59

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 59

Page 60: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

� Kompositionsprinzipien

Ein Vortrag stellt an die Konzentration der Zuhörer hohe Anforderungen. Daher muss derArbeitsspeicher der Teilnehmer geschont werden, der Vortrag soll „gehirnfreundlich“ erfolgen:

� Der Vortrag beginnt mit der Aufstellung eines „kognitiven Rahmens“ in Form eines kurzen„Szenariums“: „Stellen Sie sich vor, Sie würden ….“ Die Zuhörer können auf diese Weise den Vortragsinhalt situieren: Worum geht es?

� Im zweiten Schritt werden „Schubladen“ bereit gestellt, in die später die Details eingeordnetwerden: Worauf kommt es an? Wie sieht die Landkarte aus?

� Im dritten Schritt werden die Details erklärt. � An den Vortrag schließt sich eine Phase an, in der die Teilnehmer das Gehörte verarbeiten

und ihr Verständnis überprüfen können.

Zur Erhaltung der Aufmerksamkeit und zur Unterstützung der Zuhörer sind rhetorische Gestaltungsmittel einzusetzen:

� die Struktur/der rote Faden (Gliederung) sollte während des Vortrages für die Teilnehmer visualisiert sein (Hand-out, Flip-chart)

� der Vortrag gliedert sich in überschaubare Informationsportionen; zu jeder Einheit gehört ein Überblick am Anfang und eine Zusammenfassung zum Abschluss

� während des Vortrages werden Gliederungssignale verwendet („erstens“, „zweitens“, „drittens“, „zusammenfassend betrachtet ...“)

� der Vortrag baut sich aus einfachen, kurzen Sätze auf� Beispiele werden eingeflochten und sorgen für Anschaulichkeit � zentrale Aussagen werden visualisiert � komplexere Zusammenhänge werden zusätzlich visuell präsentiert

(Grafiken, Strukturierungen, Skizzen, Übersichten) – auf Flip-chart, Folie oder als Beamer-Präsentation

� Vortragstechnik

� laut sprechen� langsam sprechen, den Zuhörern das Mitdenken ermöglichen� sinnvoll betonen� frei sprechen, nicht ablesen!� Blickkontakt zu den Zuhörern herstellen

60 Methoden – Medien – Sozialformen: Einzeldarstellungen

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 60

Page 61: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Medien

Tafel

� Einsatzmöglichkeiten

� schrittweise Entwicklung des Lehrstoffs in der Input-Phase� kurze Notizen (Namen, Begriffe, Fremdwörter, Formeln, …)

während eines Vortrags oder einer Diskussion

Was ist zu beachten?

� vor dem Anschrieb ist der Platzbedarf und die Einteilung zu bedenken, um ein gut strukturiertes Tafelbild zu erzielen

� nicht auf die nasse Tafel schreiben, weil das Tafelbild sonst nicht zu erkennen ist� nicht gegen die Tafel sprechen, sondern mit Blick auf die Lerngruppe

(also: erst schreiben, dann umdrehen und sprechen)

Folien-/Beamer-Präsentation

� Einsatzmöglichkeiten

Folien dienen der visuellen Unterstützung eines Vortrages bzw. eines mündlichen Inputs.

� Setzen eines Anfangs- oder Denkimpulses (z.B. Fotografie),� Visualisierung von Strukturzusammenhängen (Grafiken u.Ä.),� Darstellung von Diagrammen und Zeichnungen.

Eher abzuraten ist von der Erarbeitung von Gedankengängen und Strukturen während desVortrages auf dem Projektor (Tafelbildfunktion). Hierzu sind Tafel oder Flipchart besser geeignet.

Folien werden nicht eingesetzt werden bei der Darstellung von Inhalten, die den Teilnehmernlänger vor Augen stehen sollten (z.B. Gliederung des Vortrages, grundlegende Aussagen/Defini-tionen u.Ä.). Hierfür werden Flipchart-Bögen eingesetzt.

Was ist zu beachten?

� ausreichende Schriftgröße wählen (10 - 15 mm)� Folie nicht überfrachten (maximal 6 - 9 Textzeilen)� Folien sind vor allem für Grafiken und Zeichnungen geeignet, weniger für Textinformation� keine Folie ohne Titel bzw. treffende Überschrift

� flüchtige Präsentation vermeiden � Koordination von Vortrag und Folien: zunächst kurze Vorbereitung auf den Inhalt der Folie

(„ich zeige jetzt ...“); dann Zeigen der Folie, dabei einige Sekunden Sprechpause; anschließendErklären der Folie („Sie sehen ...“); zum Schluss explizites Kommentieren der Folie

� Gesprochenes und Gezeigtes sollen synchron sein

Methoden – Medien – Sozialformen: Einzeldarstellungen 61

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 61

Page 62: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

� ggf. Folienkopien als Handout ausgeben

� Konzentration auf wenige, aussagestarke Folien – daher kritische Überprüfung: Ist die Folie wirklich notwendig, um die Darstellung zu unterstützen? Was macht die Folie unverzichtbar? Die Foliensammlung soll nicht das Manuskript des Dozenten abbilden, sondern den Vortrag visuell unterstützen.

� der Dozent sollte sich nicht ins Projektionslicht stellen oder die Sicht versperren� während der Folienpräsentation die Teilnehmer ansehen, nicht die Projektionswand� bei Hinweisen mit Stift auf die Folie weisen, nicht auf die Projektionswand

(Quellen: Meyerhoff/Brühl 2004; Will1994)

Flipchart

� Einsatzmöglichkeiten

als Tafelersatz� Unterstützung eines Vortrages durch Notizen� Dokumentation von Beiträgen und Fragen von Teilnehmern� Festhalten von Gedanken und Ideen während einer Diskussion� Präsentation der Flipcharts an der Seminarwand i.S. einer Wandzeitung,

um den Seminarablauf für alle sichtbar zu dokumentieren

Präsentation vorbereiteter Texte, die den Teilnehmern länger vor Augen stehen sollen � Tagesordnung, Seminarablauf, Vortragsgliederung� vorbereitete Texte (Definitionen, Zitate, Grafiken, ...)� vorbereitete Formulierung von Arbeitsaufträgen für die Gruppenarbeit

Dokumentation der Arbeitsergebnisse von Kleingruppen

Was ist zu beachten?

� auf lesbare Schrift achten (Druckschrift mit Groß- und Kleinbuchstaben)� immer einheitlich schreiben (persönliches Zeichenrepertoire für Überschriften,

Hervorhebungen usw.)� die Position des Stiftes beim Schreiben nicht verändern� Bogen sorgfältig abreißen, weil Flipcharts beim Abreißen zerstört werden können� umweltschonende Stifte verwenden� mit dem Flipchartpapier sparsam umgehen

62 Methoden – Medien – Sozialformen: Einzeldarstellungen

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 62

Page 63: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Pinnwand

� Einsatzmöglichkeiten

Moderation� Sammlung, Sichtung und Strukturierung von Teilnehmer-Beiträgen � Erhebung und Dokumentation von Vorerfahrungen� Ermittlung eines Stimmungsbildes

Präsentation strukturierter Informationen� Begleitung eines Vortrages (Anpinnen vorbereiteter Karten mit wichtigsten Gedanken)

„Anschrieb“� Themenspeicher/Problemspeicher und Wandzeitung

Was ist zu beachten?

� pro Karte ein Gedanke oder 2 Zeilen in leserlicher (Druckbuchstaben-)Schriftbei der Moderation:

� Vorlesen der Karten und gemeinsames Entscheiden, welchem Cluster sie zugeordnet werden� alle Karten werden berücksichtigt� am Ende Betiteln der Cluster

Videos

� Einsatzmöglichkeiten

visuelle Unterstützung des Inputs

� Verständlichmachung schwieriger Zusammenhänge (z.B. komplizierter technischer Zusammenhänge)

� Dokumentation von alltäglichen oder geschichtlichen Situationen� Darstellung von beobachtbarem Verhalten, von Arbeitsabläufen u.Ä.

Präsentation von Fallbeispielen zur vertiefenden Bearbeitung

Dokumentation von eigenem Verhalten oder von Seminarphasen (Kommunikationstraining, Gruppenarbeit)

Was ist zu beachten?

� nach Möglichkeit nur kurze Videosequenzen präsentieren� keine Zwischenstopps, sondern ungestörtes Ansehen des Videos� Vor der Vorführung besprechen:

� Worum wird es in dem Film gehen?� Worauf sollen Sie beim Betrachten des Films achten? � Welche Beobachtungsaufgaben sind, ggf. in Form eines Arbeitsblatts, zu bearbeiten?� Worüber wollen wir anschließend sprechen?

Methoden – Medien – Sozialformen: Einzeldarstellungen 63

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 63

Page 64: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Lernsoftware

� Einsatzmöglichkeiten

� selbständige Erarbeitung von Inhalten bei zeit- und raumunabhängigem Lernen� Unterstützung selbstgesteuerten Lernens durch Selbstkontrolle mit Hilfe eingebauter

Lernkontrollfragen� Simulation komplexer Zusammenhänge

Was ist zu beachten?

� die Lernsoftware vor dem Einsatz selbst gründlich kennen lernen� multimediale Lernangebote immer um face-to-face-Situationen ergänzen� nicht alle Themen können multimedial aufbereitet werden� hoher Entwicklungsaufwand

Sozialformen

Plenum

Unter Plenum wird die gesamte Lerngruppe verstanden. Üblicherweise beträgt die Kursgröße in der Erwachsenenbildung etwa 25 - 30 Teilnehmer.

� Einsatz

� Beginn und Ende der Bildungsmaßnahme� Unterrichtsteile, die standardisiert allen Teilnehmern in gleicher Form dargebracht werden

sollen (Dozentenvortrag, Demonstrationen, Expertenbefragung, Zusammenführung der Er-gebnisse aus Gruppenarbeiten)

� Gestaltungshinweise

� alle Teilnehmer sollten wenigstens eine minimale Option der Beteiligung erhalten� die Gesamtgruppe soll angesprochen werden und nicht nur die wenigen, die sich aktiv

beteiligen� Interaktion innerhalb der Großgruppe soll noch möglich sein

(z.B. Fragen ins Plenum zurückgeben)Dazu

� Kleinaufträge zur Einzel- oder Partnerarbeit einstreuen� Blitzlicht: alle Teilnehmer nehmen mit einem Satz zu einer Impulsfrage Stellung� Karten- oder Punkteabfrage

(Quelle: Meyerhoff/Brühl 2004)

64 Methoden – Medien – Sozialformen: Einzeldarstellungen

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 64

Page 65: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Gruppenarbeit

Bei der Arbeit in Kleingruppen beschäftigen sich drei bis maximal sieben Teilnehmer mit einerbestimmten Aufgabe. Die Arbeitsgruppenergebnisse fließen auf unterschiedliche Weise insPlenum ein.

� Einsatzmöglichkeiten

� Gedankenaustausch bei der Eröffnung von Arbeitsprozessen (Anfangsphase eines Seminars; Einstieg in Lernsequenzen)

� Aufgaben zur Vertiefung des Lernstoffs im Anschluss an Input-Phasen� Aufgaben, die eine Erarbeitung unterschiedlicher Sichtweisen zum Ziel haben� kreative Arbeitsphasen� Abschluss von Arbeitsphasen zur Lernstandsevaluation

� Vorteile

� jeder Teilnehmer hat die Möglichkeit, sich aktiv zu beteiligen � soziale Kontakte werden ermöglicht� Vertiefung und Einprägung durch Wiederholung in der Gruppe� Rückkopplung� Ergänzung und „Nachhilfe“� Entlastung des Dozenten

� Nachteile/Gefahren

� Konflikte unter den Adressaten können unbemerkt entstehen� unbemerkter Rückzug einiger Adressaten aus dem Lerngeschehen� fehllaufende gruppendynamische Prozesse in den Kleingruppen� die Gruppe muss zu viel Energie in ihre Selbstorganisation stecken,

bevor sie in die eigentliche fachliche Arbeit einsteigen kann

� Gestaltungshinweise

� die Inhalte müssen diskussions- und kooperationsfähig sein� die Aufgabenstellung darf nicht zu komplex sein� Aufgabenstellung in größter Klarheit und möglichst schriftlich formulieren;

die Gruppe muss wissen, was sie zu tun hat und in welcher Form sie das Ergebnis später präsentieren soll

� der Zeitrahmen für die Gruppenarbeit wird vorab bekannt gegeben und schriftlich festgehalten (Tafel, Flipchart)

� damit die Gruppe ihre Ergebnisse erarbeiten kann, benötigt sie Hilfsmittel (Stifte, Papier, Flipcharts, Pinnwände)

Methoden – Medien – Sozialformen: Einzeldarstellungen 65

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 65

Page 66: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

� Methoden der Gruppenbildung

Die Bildung der Kleingruppen erfolgt im Plenum nach der Ansage des Arbeitsauftrages als

� Nachbarschaftsgruppen: zusammen sitzende Teilnehmer bilden eine Gruppe� Zufallsgruppen: die Gruppenzusammensetzungen werden ausgelost� Wahlgruppen: die Teilnehmer finden sich nach eigener Wahl zu Kleingruppen zusammen� Kriteriengruppen: der Dozent gibt Kriterien vor, nach denen sich die Gruppen zusammen-

setzen (z.B. Tätigkeitsfelder, Ausmaß an Vorerfahrungen, Berufsrollen, …)

� Arbeitsauftrag

Bei arbeitsgleichen Gruppen arbeiten alle Gruppen am gleichen Thema. Aufgabe des Dozentenist es später, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Gruppenergebnissen herauszuar-beiten und zur Diskussion zu stellen.

Bei arbeitsteiligen Gruppen bearbeiten die Gruppen unterschiedliche Aspekte des Themas.

� Ergebnisse sichern

Die Sicherung der Arbeitsergebnisse erfolgt durch

� individuelle Notizen der Gruppenmitglieder� Verdichtung („Formulieren Sie drei goldene Regeln für ...“;

„Fassen Sie Ihr Arbeitsgruppenergebnis in höchstens fünf Thesen zusammen“)� Gestaltung eines Plakats (Stichworte, Schaubilder, Skizzen)� Notizen wichtigster Gedanken, Ideen, Ergebnisse auf Karten

� Arbeitsergebnisse präsentieren

� die Gruppenergebnisse werden reihum im Plenum vorgestellt (Thesen, Plakate, Karten, ...)� jede Gruppe schickt je einen Vertreter in „Verschnittgruppen“, in denen Vertreter aller

Gruppen sitzen und die Ergebnisse der Arbeitsgruppen austauschen� je ein Vertreter jeder Gruppe nimmt in einem Innenkreis Platz, die anderen Teilnehmer sitzen

im Außenkreis; unter Moderation des Dozenten werden die Ergebnisse im Innenkreis ausge-tauscht

� die Gruppenergebnisse werden nicht im Plenum präsentiert; dort wird der nächsteArbeitsschritt vollzogen, der sich jedoch inhaltlich eng an die Aufgaben der Arbeitsgruppenanschließt; die Arbeitsergebnisse der Gruppen bilden dabei „Hintergrundinformationen“ fürdie Teilnehmer

(Quellen: Meyerhoff/Brühl 2004; Knoll 1993)

66 Methoden – Medien – Sozialformen: Einzeldarstellungen

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 66

Page 67: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Einzelarbeit In dieser Sozialform arbeitet jeder Teilnehmer allein für sich.

� Einsatzmöglichkeiten

� Themen, die individuelles Arbeitstempo zulassen und erfordern� Bewältigung von Lesestoff� Ausarbeitung persönlicher Notizen und Arbeitsergebnisse � Einlegen ruhigerer Unterrichtsphasen, auch zur Verarbeitung von Stoff

� Gestaltungshinweise

� klare schriftliche Arbeitsanweisungen mit konkreter Zeitvorgabe� es sollte ein sichtbares Arbeitsergebnis entstehen� die Einzelarbeit sollte anschließend wieder in einen Gruppenzusammenhang

gestellt werden, z.B. durch Diskussion in einer Kleingruppe oder im Plenum

(Quelle: Meyerhoff/Brühl 2004)

Methoden – Medien – Sozialformen: Einzeldarstellungen 67

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 67

Page 68: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Teil zweiTeil 2:Lernen jenseits von Seminaren

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 68

Page 69: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

6Moderationsmethode

Die Moderation ist eine methodisch geleitete Durchführung von thematisch orientierten Gruppensitzungen.

Einsatzbereiche der Moderation sind

� Problemlösebesprechungen� Projektgruppenbesprechungen� Workshops

Moderationszyklus

Eine Moderation erfolgt in der Regel nach einem typischen Zyklus. Ein kompletter Modera-tionszyklus kann sich über Wochen erstrecken, er kann aber auch – je nach Thematik – innerhalbeiner Stunde abgeschlossen sein.

Aufgabe des Moderators ist es, den Ablauf des Prozesses zu steuern, nicht jedoch die Inhalte.Die eigentlichen Aktivitäten liegen immer bei der Gruppe.

Einstieg� positives Arbeitsklima schaffen – Spielregeln festlegen bzw. in Erinnerung rufen� Zeitumfang festlegen� Ziel der heutigen Sitzung mit der Gruppe abstimmen

Themen sammeln� die Teilnehmer notieren auf Karten Themen, die heute besprochen werden sollen � die Karten werden gesammelt und an einer Pinnwand strukturiert

Thema auswählen� aus den geordneten Karten werden Themen abgeleitet� die Teilnehmer punkten die Themen nach Wichtigkeit/Dringlichkeit� daraus ergibt sich eine Bearbeitungsreihenfolge

Thema bearbeiten� die Bearbeitung des Themas erfolgt mit visuellen Hilfsmitteln und mit Problemlösetechniken

Maßnahmen planen� festgelegen, welche Maßnahmen aufgrund der Ergebnisse der Themenbearbeitung

konkret durchgeführt werden: wer – macht was – bis wann?

Abschluss� die Ergebnisse der Sitzung zusammenfassen� die Zufriedenheit der Gruppe mit ihren Arbeitsergebnissen ermitteln

Moderationsmethode 69

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 69

Page 70: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

� Spielregeln

Vor Beginn der Moderation werden mit den Teilnehmern Spielregeln vereinbart und für allesichtbar ausgehängt. In kritischen Situationen erinnert der Moderator an die Einhaltung dieserRegeln, z.B.

� es spricht immer nur einer (immer dann, wenn mehrere Teilnehmer durcheinander reden)

� jeder fasst sich so kurz wie möglich (Hinweis an Langredner)

� keine Killerphrasen („geht nicht“, „keine Zeit“, „dafür ist kein Geld da“, „haben wir schonalles versucht“, „das ist alles graue Theorie“, „schon wieder Sie mit Ihrem …“, „das ist dochgegen die Vorschriften“)

� jeder darf ausreden (es soll verhindert werden, dass andere Teilnehmer dem Redner ins Wort fallen)

� Verständnisfragen zulassen (hat ein Teilnehmer den Sinn einer Äußerung nicht verstanden, muss eine Nachfrage zugelassen werden)

� Störungen haben Vorrang (wenn der Ablauf der Moderation gestört ist – etwa weil sichTeilnehmer unterhalten oder weil die Gruppe unruhig ist – muss der Moderator der Störungnachgehen und die Gründe klären)

� nicht über die Methode diskutieren (wenn Teilnehmer die Methode in Frage stellen, sollte sichdie Gruppe darauf einigen, die Methode heute anzuwenden, am Schluss aber darüber nachzu-denken, wie mit der Methode künftig verfahren wird)

� Kartenabfrage

Regeln für die Kartenabfrage: � maximal drei Zeilen pro Karte� in Druckschrift schreiben� kurz fassen � pro Karte nur eine Idee

Der Problemlöseprozess

Der Problemlöseprozess gliedert sich in mehrere Phasen:

� Problemsammlung

� der Moderator gibt die Fragestellung vor (Beispiel: „Welche Probleme haben Sie im Umgang mit der Maschine xy?“)

� entsprechend den Spielregeln formulieren die Teilnehmer ihre Probleme auf Karten� wenn der letzte Teilnehmer fertig ist, sammelt der Moderator die Karten ein,

mischt sie (Anonymität), liest sie vor und heftet sie an die Pinnwand

70 Moderationsmethode

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 70

Page 71: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

� dabei wird noch nicht über Inhalte und Lösungsmöglichkeiten diskutiert; es sind lediglich Verständnisfragen zugelassen

� anschließend werden die Karten auf einer zweiten Pinnwand nach Themengruppen sortiert („Cluster“)

� ist man sich nicht einig, wohin eine Karte einsortiert werden soll, entscheidet der Schreiber� anschließend werden die Cluster betitelt und nummeriert� diese Oberbegriffe/Titel werden in eine Tabelle übertragen

� Problemauswahl

� die Probleme stehen für alle sichtbar in einer Tabelle � um die Reihenfolge der Bearbeitung festzulegen, verteilen die Teilnehmer Punkte

(Anzahl der Punkte = Anzahl der Themen/2)� Kriterien der Gewichtung sind Wichtigkeit, Dringlichkeit, Lösbarkeit� aus der Anzahl der Punkte pro Problem ergibt sich die Bearbeitungsreihenfolge� werden zwei Kriterien abgefragt (z.B. Wichtigkeit und Lösbarkeit), werden die Punktzahlen

miteinander multipliziert; aus diesen Ergebnissen ergibt sich dann die Bearbeitungsreihen-folge

� Gestaltungshinweise

� bei Mehrpunktabfragen jeweils getrennt nach einem Kriterium punkten� die Fragestellung positiv formulieren (Beispiel: „Welches Problem ist für Sie

am dringlichsten?“; nicht: „Welches Problem interessiert Sie nicht?“)� Klebepunkte verteilen und Regeln erläutern� pro Feld maximal zwei Punkte pro Person zulassen� die Teilnehmer notieren ihre Punkteverteilung zunächst auf einem Zettel,

anschließend gehen alle Teilnehmer gemeinsam zur Pinnwand und kleben ihre Punkte

� Problemanalyse

Bevor über Problemlösungen gesprochen wird, sollte eine Problemanalyse durchgeführt werden,also nach möglichen oder wahrscheinlichen Problemursachen gesucht werden.

Die Problemanalyse erfolgt in mehreren Schritten:

� zuerst wird das Problem noch einmal genau beschrieben� dann werden mögliche Ursachen benannt, auf Karten notiert

und an der Pinnwand visualisiert� danach werden aus der Liste der möglichen Ursachen die wahrscheinlichen

Ursachen benannt� die wahrscheinlichen Ursachen werden strukturiert

Moderationsmethode 71

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 71

Page 72: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Als Strukturierungsmittel zur Problemanalyse eignet sich das Ishikawa-Diagramm:

� Benennung des Problems � Benennung der Hauptkategorien, mit denen das Problem beschrieben werden kann:

Mensch, Maschine, Material, Methode � danach erfolgt die Ermittlung möglicher Haupt-, Neben- und Unterursachen

durch die Gruppe� nachdem alle möglichen Ursachen ermittelt worden sind, werden wieder die

wahrscheinlichen Ursachen ermittelt� die Problemanalyse erfolgt also nach den drei Schritten Problem formulieren

– mögliche Ursachen suchen – wahrscheinliche/wesentliche Ursachen benennen

� Lösungsvorschläge

� bei der Lösungssuche wird zunächst nach möglichen, „denkbaren“ Lösungen gesucht, erst im zweiten Schritt werden diese auf Realisierbarkeit überprüft

� das Problem und mögliche Ursachen werden noch einmal tabellarisch erfasst, die Gruppe formuliert dann mögliche Lösungsansätze

� die Überprüfung der Realisierbarkeit erfolgt danach anhand der Frage „Was spricht eventuell dagegen?“

� möglich ist auch der Einsatz einer Vier-Felder-Tafel: Was spricht dafür? Was spricht dagegen? Was ist noch unklar? Was machen wir zunächst?

� Aktionsplan

� zur Umsetzung der Lösungsvorschläge wird ein Aktionsplan erstellt: welche Maßnahmen werden ergriffen? Wer – macht was – bis wann?

72 Moderationsmethode

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 72

Page 73: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

7Arbeitsintegriertes Lernen

Arbeitsintegriertes Lernen hat zwei Facetten:

1. Verlagerung von betrieblichen Weiterbildungsaktivitäten an den Arbeitsplatz; Arbeiten undLernen werden auf diese Weise miteinander verschränkt, der Lerncharakter ist weiterhin sichtbar.

2. Lernhaltiges Arbeiten, das sich als Nebeneffekt bei der Bewältigung der Arbeitsaufgabe odervon Problemlösungen ergibt; der Lerncharakter wird oftmals nicht bewusst wahrgenommen.

Wenn Lernaktivitäten bewusst an den Arbeitsplatz verlagert werden, findet dies in unter-schiedlichen Formen statt:

� Instruktion � workplace-practice� Lerninseln� Arbeit mit Leittexten� Cognitive Apprenticeship� Lernstatt� workplace-study� Qualitätszirkel � Communities of Practice

Vorteile von arbeitsintegriertem Lernen sind:

� Lösung des Transferproblems, weil in der Regel das gelernt wird, was auch praxisrelevant ist; das Gelernte wird unmittelbar im Arbeitsprozess umgesetzt

� relativ hohe Lernmotivation aufgrund der Praxisnähe und des unmittelbar einsehbaren Lernnutzens

� Freistellungsprobleme werden reduziert oder treten gar nicht auf� geringere Kosten im Vergleich zu Seminarangeboten� Aufbrechen von Teilnahmebarrieren� zwischen den Arbeitenden werden zusätzliche Kommunikationsprozesse angeregt

Grenzen arbeitsintegrierten Lernens sind:

� Gefahr, dass das Lernen unsystematisch und zufällig erfolgt� Gefahr von Lernumwegen oder Entwicklung suboptimaler Lösungen� Schwierigkeiten der Zertifizierung; damit sind die Qualifikationszuwächse für die

Lernenden nicht formal nachweisbar� erschwerte Kostenerfassung durch die enge Verschränkung von Arbeiten und Lernen� Schwierigkeiten beim Herstellen von Transparenz über die arbeitsintegrierten

Lernprozesse, weil dies meist ohne Einschaltung der Bildungs- oder Personalabteilunginitiiert wird

(Quelle: Gnahs 2004)

Arbeitsintegriertes Lernen 73

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 73

Page 74: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Instruktion

Die Instruktion ist angeleitetes Lernen am Arbeitsplatz während der Arbeitszeit. Die Kontrolleüber Lernziele, Lernprozesse und die Überprüfung der Lernergebnisse liegt beim Anleiter.

Der Lernprozess erfolgt nach dem Konzept des Modell-Lernens: Der Anleiter ist Experte für dieanzuweisende Arbeitstätigkeit; seine Fähigkeit, die zu erlernende Arbeitstätigkeit vollständigzu beherrschen, dient dem Lernenden als Vorbild, das es zu imitieren gilt. Der Instruktions-ansatz ist insbesondere geeignet zum Einüben beobachtbarer psycho-motorischer Fertigkeiten.

Ablauf

1. Durch das Vormachen erhält der Lernende ein Bild von der Arbeitstätigkeit, dem er durchNachmachen nahe zu kommen versucht.

2. Der Anleiter kontrolliert und korrigiert das Nachmachen so lange, bis der Lernende die Ar-beitstätigkeit selbst ausführen kann.

3. Verfügt der Lernende über alle Teilelemente der zu erlernenden Arbeitstätigkeit, überwachtder Anleiter den weiteren Übungsverlauf, bis der Lernende die Arbeitstätigkeit mit der erforder-lichen Sicherheit und Geläufigkeit ausführen kann.

(Quelle. Hurtz 1996)

� Workplace-practice

Eine erweiterte Form der Instruktion ist workplace-practice, was dem alten Konzept der Hand-werks-Lehre entspricht: Ein Anleiter/Supervisor stellt Aufgaben in steigender Komplexität zu-sammen und gibt Hilfestellungen, wenn er dies für erforderlich hält.

� Lerninseln

Lerninseln sind besondere Arbeitsplätze, an die ausgewählte Produktionsschritte aus der Ab-lauforganisation der Produktion ausgegliedert werden. Dort können Arbeitstätigkeiten unterAnleitung erlernt und ausgeführt bzw. selbständig geplant, ausgeführt und kontrolliert werden.

Arbeit mit Leittexten

Leittexte sind Ausbildungsunterlagen, mit denen Lernende sich relativ selbständig Kenntnisseaneignen und Probleme bearbeiten können.

Im Unterschied zu den traditionellen Ausbildungsmethoden zielt die Leittextmethode nicht nurauf die Entwicklung der Fachkompetenz der Lernenden, sondern fördert die Befähigung zuselbständigem Planen, zum Entscheiden zwischen Lösungsalternativen und zum Kontrollierenund Bewerten des Handlungsergebnisses. Aus diesem Grund orientiert sich die Stufenfolge amModell der zyklisch vollständigen Handlung.

74 Arbeitsintegriertes Lernen

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 74

Page 75: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Gelernt wird entlang einer Abfolge von 6 Stufen, denen jeweils spezifische Ausbildungselemen-te, Leitfragen, Arbeitspläne, Informationstexte und Kontrollbögen sowie Fachgespräche mit demAusbilder zugeordnet sind.

Arbeitsintegriertes Lernen 75

Sozialform

allein, Partner- oder Teamarbeit

allein, Partner- oder Teamarbeit

Fachgespräch mit dem Ausbilder

allein oder im Team

Fachgespräch mit dem Ausbilder

Fachgespräch mit dem Ausbilder

zyklisch voll-ständige Handlung

Informieren

Planen

Entscheiden

Ausführen

Kontrollieren

Bewerten

Arbeitsschritte

Was soll getan werden?Leitfragen bearbeiten

Wie geht man vor?Arbeitsplan erstellen

Arbeitsgänge undArbeitsmittel festlegen

Bearbeitung desArbeitsauftrages

Ist die Handlung bzw.der Auftrag fachgerechtausgeführt worden?Kontrollbogen

Was muss beim nächsten Malbesser werden?

Die Leittextmethode ist einsetzbar zum aktiven Erkunden und Erfassen fachlicher Hintergründeund Zusammenhänge, wie sie sich beispielsweise in veränderten Produktionsverfahren oderArbeitsstrukturen darstellen. Der Aufwand ist jedoch höher als beim herkömmlichen Anlernen.

Der Erfolg der Leittextmethode hängt wesentlich von der individuellen vor- und nachbereitendenBetreuung durch das Lehrpersonal ab.

(Quellen: Arnold/Krämer-Stürzl/Siebert 1999, Hurtz 1996)

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 75

Page 76: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Cognitive Apprenticeship

Das Grundprinzip des Cognitive-Apprenticeship-Ansatzes besteht darin, dass Lernende überauthentische Aktivitäten in eine Expertenkultur eingeführt werden:

� Ausgangspunkt ist die Bearbeitung realer Problemstellungen.

� Die Lernumgebung wird dann immer komplexer gestaltet.

� Immer wieder werden neue Kontexte in das Lerngeschehen einbezogen – die Lernenden erwerben die Fähigkeit, das erworbene Wissen flexibel anzuwenden

� Durch den sozial-kommunikativen Austausch zwischen Lernenden und Lehrenden sowie zwi-schen den Lernenden untereinander werden diese allmählich zu Mitgliedern der Experten-kultur.

Bestandteile des Unterrichts nach dem Cognitive-Apprenticeship-Ansatz sind

� Modelling (kognitives Modellieren): der Lehrende (der Experte) macht sein Vorgehen zu-nächst einmal vor und erläutert ausführlich, was er im Einzelnen macht und was er sich dabeidenkt. Auf diese Weise werden die innerlich ablaufenden kognitiven Prozesse für den Ler-nenden beobachtbar.

� Coaching: Nach der Modellierung befasst sich der Lernende selbst mit einem Problem undwird dabei vom Lehrenden betreut und bei Bedarf gezielt unterstützt.

� Scaffolding: Sofern der Lernende Aufgaben nicht allein bewältigen kann, hilft ihm derLehrende durch Tipps und Hinweise.

� Fading: Im Verlauf des Lernprozesses gewinnt der Lernende Selbstvertrauen und Kontrolleund kann zunehmend selbständiger arbeiten; der Lehrende blendet seine Hilfestellung allmäh-lich aus.

� Articulation: Immer wieder wird der Lernende im Verlauf des Lernens aufgefordert, Denk-prozesse und Problemlösestrategien zu artikulieren.

� Reflection: Eine weitere Aufforderung besteht darin, die ablaufenden Prozesse beim Lernenmit anderen zu diskutieren und zu reflektieren. Reflexion bedeutet, dass der Lernende eigeneStrategien damit vergleicht, wie andere Lernende oder auch der Experte vorgehen. DurchArtikulieren und Reflektieren erwirbt der Lernende generelle, abstrakte Konzepte, deren Ver-ständnis aber dennoch auf ihrer Anwendung beruht.

� Exploration: Das Ausblenden der Unterstützung durch den Lehrenden endet schließlich dar-in, dass der Lernende zu aktivem Explorieren und damit zu selbstständigen Problemlösungenangeregt wird.

(Quelle: Reinmann-Rothmeier/Mandl 2001)

76 Arbeitsintegriertes Lernen

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 76

Page 77: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

� Lernstatt

Die Lernstatt ist eine zeitlich befristete Kleingruppe mit einem gemeinsamen Bezugspunkt(Produkt, Material, Verfahren, Zusammenarbeit).

Die Teilnehmer treffen sich feiwillig regelmäßig während der Arbeitszeit in einem Raum in derNähe des Arbeitsplatzes mit dem Vorgesetzten und besprechen bzw. bearbeiten Probleme ihrerArbeit.

Work-place-study

Work-place-study ist ein Lernen im Kontext von Arbeitsproblemen und Erkundungen auf neuenGebieten. Die Gründe für das Lernen ergeben sich aus einer problematischen Arbeitssituation,für die noch keine routinemäßigen Handlungsmuster bzw. Fertigkeiten zur Verfügung stehen.

Das Lernziel ist der Erwerb derjenigen Fertigkeiten und Wissensbestände, die zur Problem-lösung bzw. zur Bewältigung neuartiger Aufgaben nötig sind. Dieses Lernziel ist eingebettetin das umfassendere Handlungsziel, die problematische bzw. neuartige Situation zu bewältigen.

Lernaktivitäten sind hier

� Gespräche mit Kollegen, Vorgesetzten und Experten� Studium von Fachliteratur� Internetrecherche� Erprobung der neuen Fertigkeiten bzw. der Problemlösung an Modellen

(Übungsphase vor der endgültigen Ausführung)

Im Anschluss an die Erprobung erfolgt die Kontrolle der Lernergebnisse. Maßstäbe für die Kontrolle sind

� Qualitätsstandards der eigenen Arbeit� Kollegenurteile� Vorgesetzten- und Expertenurteile

Nach dem Erlernen und Erproben erfolgt die Umsetzung, also die Ausführung der vormals pro-blematischen Handlung bzw. die Bewältigung der vormals problematischen Arbeitssituation.

� Qualitätszirkel

Qualitätszirkel sind auf Dauer angelegte Kleingruppen, in denen sich Mitarbeiter einerHierarchieebene regelmäßig für kurze Zeit (1 - 2 Stunden) treffen, um über ausgewählte oderaktuelle Themen, Probleme, Aufgaben des Arbeitsbereiches zu sprechen, eigenverantwortlichLösungen zu suchen und sich gegenseitig über Wissensinhalte zu informieren. In der Regel wirddiese Zusammenkunft von einem als Moderator ausgebildeten Kollegen begleitet, der nicht mitdem Abteilungsleiter oder Vorgesetzten identisch ist.

Arbeitsintegriertes Lernen 77

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 77

Page 78: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Communities of Practice (CoP)

Eine Community of Practice ist eine informelle Gruppe von Personen in einer Organisation, diedas Interesse für einen Wissensbereich teilen und sich aufeinander bezogen entwickeln, indemsie sich gemeinsam um die Bewirtschaftung dieses Wissens kümmern und es in ihrer täglichenArbeit nutzen. Die Teilnahme an der Community of Practice erfolgt freiwillig aufgrund von„Selbstidentifikation“.

Das Ergebnis einer Community of Practice ist spezifisches, kollektiv erarbeitetes Wissen darüber,wie eine bestimmte Aufgabe erfüllt werden kann.

Eine Community of Practice besteht aus drei Kernelementen, die sich wechselseitig bedingenund im Gleichgewicht gehalten werden sollten:

� der Wissensbereich: eine Sammlung von Themen, Schwerpunkten, Problemen und offenenPunkten, die für die CoP-Mitglieder von großer Bedeutung sind und die ihnen am Herzenliegen;

� die Gemeinschaft: sie besteht aus den persönlichen und institutionellen Beziehungen zwi-schen den Mitgliedern und umfasst die Mitglieder als Personen, ihre Bindungen, ihre Inter-aktionen (Regelmäßigkeit, Häufigkeit, Rhythmus), die Atmosphäre, die Entwicklung derindividuellen und kollektiven Identitäten und die Räume der gemeinsamen Begegnung;

� die Praxis: sie umfasst Ansätze, Bezugspunkte, Standards, Ideen, Instrumente, Geschichten,Erfahrungen, „lessons learned“ und Dokumente, welche die Mitglieder der Gemeinschaft teilen.

Gestaltungsprinzipien

� Evolution: Praxisgemeinschaften sind Strukturen, die sich selbstorganisiert entwickeln.

� Rhythmus: die Praxisgemeinschaft muss einen passenden Rhythmus der Ereignisse finden(Frequenz und Dauer der Treffen), der von den Teilnehmern als stimmig erlebt wird.

� Dialog: auf der Grundlage von Vertrautheit und gegenseitiger Akzeptanz werden offene undmöglicherweise kontroverse Diskussionen geführt.

� Entwicklung sowohl öffentlicher als auch privater Begegnungsräume: die Teilnahme erfolgtsowohl aufgrund von Selbstidentifikation als auch aufgrund der Akzeptanz durch die übrigenMitglieder.

� verschiedene Grade der Mitwirkung: von einer eher zurückhaltenden Position am Rande übereine aktive aber unregelmäßige Beteiligung bis zur regelmäßigen und intensiven Tätigkeitim Zentrum; über die Art der Mitwirkung muss gleichwohl Einigkeit herrschen.

(Quelle: Bettoni/Clases/Wehner 2004)

78 Arbeitsintegriertes Lernen

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 78

Page 79: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Lernhaltiges Arbeiten

Bei lernhaltigem Arbeiten stellen sich in der Bewältigung der Arbeitsaufgabe Lernprozesse alsNebeneffekt ein, wobei die Lernprozesse oftmals nicht bewusst wahrgenommen werden.

Berufliches Lernen findet in großem Umfang in der täglichen Auseinandersetzung mit denArbeitsaufgaben statt. Die Möglichkeiten und das Ausmaß für ein Lernen im unmittelbarenArbeitsprozess werden von den Eigenschaften der Arbeitsaufgabe mitbestimmt.

Lernrelevante Eigenschaften der Arbeitstätigkeit sind:

� Vielfalt der Arbeitsaufgaben.

� Anforderungsvielfalt der Arbeitsaufgaben hinsichtlich der Fähigkeiten und Fertigkeiten derMitarbeiter.

� hoher Anteil an Problemlöseprozessen, geringerer Anteil an Routinen; höherer Umfang desbenötigten Fachwissens, häufige Nutzung der erworbenen Qualifikationen bei der Aufgaben-durchführung.

� Ganzheitlichkeit der Arbeitsaufgaben - die Aufgaben lassen sich als vollständige Tätigkeitencharakterisieren, wenn in ihnen nicht nur die ausführenden Arbeitsschritte enthalten sind,sondern auch die Zielsetzung, das Planen von Arbeitsstrategien, Vorbereitung/Organisationund Nachbereitungstätigkeiten sowie das Kontrollieren der Tätigkeit.

� Autonomie/Ausmaß an Freiraum bei der Bewältigung der Arbeitsaufgaben – Selbstbestim-mung von Arbeitstempo und der Reihenfolge der Arbeitsschritte, die Möglichkeit, Arbeits-aufgaben selbst zu suchen; hohes Maß an Beeinflussungsmöglichkeiten der eigenen Arbeits-aufgabe.

� Rückmeldung aus der Tätigkeit - Inwiefern lässt die Arbeit selbst Rückschlüsse auf die Güteder eigenen Arbeitsausführung zu? Wie viele Informationen stehen über die Arbeitsorgani-sation zur Verfügung?

� Möglichkeiten zu einem dialogischen Lernen in der Arbeit; Grad der Zusammenarbeit mitanderen Kollegen.

Inwieweit eine Aufgabe, die den vorgenannten Aspekten entspricht, für einen Beschäftigten auchwirklich lernhaltig ist, hängt allerdings auch von Eigenschaften des Beschäftigten ab – lernunge-wohnte oder emotional labilere Mitarbeiter beispielsweise könnten sich bei sehr anforderungs-reichen Aufgaben auch überfordert fühlen.

Arbeitsintegriertes Lernen 79

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 79

Page 80: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

80 Selbstgesteuertes Lernen

8Selbstgesteuertes Lernen

Die Fähigkeit, selbständig zu lernen, ist das Ausmaß, in dem eine Person fähig ist, ihr eigenesLernen ohne Hilfe anderer Instanzen zu steuern und zu kontrollieren (Simons 1992).

Beim selbstgesteuerten Lernen kontrollieren die Lernenden alle Aspekte des Lernens (weitgehend) selbst:

� die Entscheidung für Lernprojekte (ob gelernt wird),� die Feststellung von Lernbedürfnissen, Interessen und Inhalten des Lernens

(was gelernt wird),� die Begründung und Festsetzung der Lernziele (woraufhin gelernt wird),� die Auswahl und Realisierung von Lernstrategien (wie gelernt wird),� die Festlegung von Lernaktivitäten (wann und wo gelernt wird),� die Nutzung von Lernmedien und Lernhilfen (womit gelernt wird),� die Überprüfung der Lernergebnisse.

(Gnahs 1998)

Im Gegensatz zum selbstgesteuerten Lernen stehen

� externale Kontrolle – eine pädagogisch geschulte Person oder ein Vorgesetzter hat die völlige Kontrolle über Lernziele, Lernaktivitäten und Überprüfung der Lernergebnisse,

� geteilte Kontrolle – die Lernenden haben die Kontrolle über einige Aspekte des Lernens,

� die Abwesenheit von Kontrolle – das Lernen ist hier ein Nebeneffekt von Arbeiten,Problemlösen oder angeleitetem Lernen, ohne dass es dabei bezüglich des Lernens irgend-welche Intentionen gibt.

(Quelle: Simons 1994).

Selbstgesteuertes Lernen ereignet sich typischerweise an informellen Lernorten im Kontext auto-didaktischer Lernprozesse. Im institutionellen Kontext (Seminare, Kurse) ist ein selbstgesteuer-tes Lernen nicht möglich – hier sollte sich jedoch eine geteilte Kontrolle finden. Beim Lernenam Arbeitsplatz kann selbstgesteuertes Lernen im Zusammenhang mit Arbeitsproblemen undder Suche nach Lösungen stattfinden („workplace-study“). Eine lernhaltige Arbeitsumgebungfördert dabei selbstgesteuertes Lernen.

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 80

Page 81: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

� Lernanforderungen

Selbstgesteuertes Lernen stellt spezifische Anforderungen an den Lernenden:

1. Der Lernende muss das Lernen vorbereiten können: � sich Ziele setzen und sich die Relevanz von Lernzielen klar machen,� sich selber motivieren,� seine Aufmerksamkeit aktivieren,� sein Vorwissen aktivieren,� wissen, wo welches Wissen zu finden ist,� wissen, welches Wissen er für welche Aufgaben braucht.

2. Der Lernende muss Lernhandlungen durchführen und die erforderlichen kognitiven Strategien und Prozesse aktivieren können:

� Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden,� verschiedene Wissensformen (empirisch, theoretisch, Erfahrung, Offenbarung usw.)

unterscheiden, � wissen, wie das Wissen jeweils zustande gekommen ist,� Grenzen des Wissbaren erkennen,� Verstehen und Behalten des Gelernten sicherstellen, � Integration des Gelernten in das Vorwissen bewerkstelligen,� Anwendung des Gelernten sicherstellen.

3. Der Lernende muss seine Lernhandlungen mit Hilfe von Kontroll- und Eingreifstrategien regulieren können:

� Das Lernen überwachen: Wie lerne ich? Ist die verwendete Lernstrategie die richtige?� Das Lernen überprüfen: Habe ich alles verstanden? Was habe ich behalten?� Bei Problemen alternative Lernstrategien auswählen� Sich auf den Verlauf des Lernens rückbesinnen können:

Was habe ich bis jetzt gemacht? Wohin hat mich dies bisher geführt?

4. Der Lernende muss die Lernleistung bewerten können:� Sich selbst Rückmeldung über den Lernprozess und die Lernergebnisse geben können:

Sind die gesetzten Lernziele erreicht?� Den Lernprozess und die Lernergebnisse realistisch bewerten können:

Wie gut beherrsche ich den Lernstoff?

5. Motivation und Konzentration aufrechterhalten:� die eigene Motivation auch über längere Zeit erhalten können� die Konzentration erhalten können und den Lernprozess gegen Störungen abschirmen

(Quellen: Friedrich/Mandl 1997, Siebert 2001, Simons 1992)

Selbstgesteuertes Lernen 81

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 81

Page 82: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

� Checkliste „Lernprojekt“� Wie ausgeprägt ist meine Neugier, mein Interesse an Neuem, Ungewohntem?� Setze ich mich gerne oder widerwillig an den Schreibtisch, um zu lernen?

Worauf ist gegebenenfalls mein Widerwille zurückzuführen? � Warum will/muss ich mich mit dem Thema beschäftigen?

Wie wichtig, wie relevant ist das (Teil-)Thema? � Wie viel Zeit und Energie bin ich bereit zu investieren?

� Gibt es Themen, die ich dauerhaft vermeide? Gibt es dafür biografische (z.B. schulische) Ursachen? Wie lassen sich diese Widerstände abbauen? Ist es sinnvoll, diese Widerstände abzubauen?

� Wie einfach oder wie kompliziert erscheint mir das Thema?

� Wie hoch ist mein Anspruchsniveau? Kann ich mich über kleine Lernfortschritte freuen?

� Wie gehe ich mit schwierigen Inhalten um, die ich noch nicht verstanden habe? � Wie gehe ich mit den eigenen Lernschwächen um?� Wie groß ist meine Fähigkeit, beim Lernen Misserfolge auszuhalten (Frustrationstoleranz)? � Wie groß ist meine Fähigkeit, vorübergehend Unsicherheit und Uneindeutigkeit

auszuhalten (Ambiguitätstoleranz)? Werde ich bei gegensätzlichen Positionen undDefinitionen schnell gereizt und ungeduldig? Erwarte ich klare, eindeutige Ergebnisse?

� Empfinde ich häufig Lernstress? Fühle ich mich überfordert? Wie lässt sich der Stress abbauen?

� Kann ich die Lernumgebung verändern?

� Wenn ich mich über einen Text/einen Autor ärgere – warum tue ich das? Liegt es an dem Autor, an seiner Sprache, am Thema, an seiner Einstellung? Wie reagieren andere auf diesen Text? Wenn die Abneigung anhält, gibt es Alternativen?

� Wie intensiv beschäftigt mich das Thema? Bleibt es „äußerlich“ oder erweitert es meinenHorizont? Erfahre ich das Thema als persönlicher Bereicherung, als Bildungserlebnis?

� Ist es sinnvoll, dieses Lernprojekt fortzusetzen?

(Quelle: Siebert 2001)

82 Selbstgesteuertes Lernen

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 82

Page 83: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

AmhangAnhang

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 83

Page 84: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Glossar

advocatus diaboliJemand, der um der Sache willen mit sei-nen Argumenten die Gegenseite vertritt, ohne selbst zur Gegenseite zu gehören.

affektivGefühlsbetont, auf ein Gefühl bezogen.

AmbiguitätstoleranzDie Bereitschaft, mehrdeutige und unkla-re Situationen und Informationen auszu-halten, ohne sofort nach vereinfachendenSchwarz-Weiß-Lösungen zu greifen(Siebert)

BadewanneneffektIn der Badewanne (= Seminar) wird man„erhitzt“, anschließend (= zu Hause, inder Arbeit) wieder „abgekühlt“:Einstellungs- und Verhaltensänderungenwerden nach Seminarende oft wieder aus-gelöscht (Siebert).

BlitzlichtMethode des Feed-back und der Meta-kommunikation; vor allem in kritischenSituationen oder in Leerlauf-Phasen wirddie thematische Arbeit unterbrochen undjeder Teilnehmer sagt einen Satz zur mo-mentanen Befindlichkeit. Denkbar auchals Evaluation am Ende einer Seminar-einheit: jeder benennt kurz das wichtig-ste Lernergebnis.

clusternim Rahmen der Moderation inhaltlichzusammenhängende Karten zu einem„Bündel“ zusammenfassen

deduktivDas Besondere, den Einzelfall aus demAllgemeinen ableitend (Gegensatz: induktiv).

dialektisch1. innerlich gegensätzlich2. in Gegensätzen entsprechend derMethode der Dialektik denkend;Dialektik = philosophische Arbeitsme-thode, die ihre Ausgangsposition durchgegensätzliche Behauptungen (These undAntithese) in Frage stellt und in derSynthese beider Positionen eine Erkennt-nis höherer Art zu gewinnen versucht.

DidaktikWissenschaft vom lernwirksamen Lehrenbzw. Unterrichten. Im engeren Sinne dieWissenschaft von der Auswahl der Lehr-inhalte – somit gibt die Didaktik Ant-worten auf die Frage des „was?“ (vgl. Methodik).

DispositionAnlage zu einer immer wieder durchbre-chenden Eigenschaft oder zu einem typi-schen Verhalten.

dualisierendes DenkenEin vereinfachendes Denken in Schwarz-Weiß-Kategorien, das Vorurteile begüns-tigt (Siebert).

EvaluationBewertung, Wirkungskontrolle, Über-prüfung des Lehr- und Lernerfolgs.

extrinsischVon außen her angeregt, nicht aus inne-ren Anlass erfolgend, sondern auf Grund äußerer Antriebe (Gegensatz: intrinsisch).

extrinsische MotivationDurch äußere Zwänge oder Veranlassun-gen verursachte Motivation (Gegensatz:intrinsische Motivation).

Flip-chartMethodisches Hilfsmittel: ein Ständermit Papier als Ersatz für eine Wandtafel.

84 Glossar

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 84

Page 85: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Quellen 85

induktivVom Einzelnen zum Allgemeinen hinführend (Gegensatz: deduktiv).

intrinsischVon innen her, aus eigenem Antriebdurch Interesse an der Sache erfolgend, durch in der Sache liegende Anreizebedingt (Gegensatz: extrinsich).

intrinsische Motivationdurch die von einer Aufgabe ausgehendenAnreize bedingte Motivation (Gegensatz: extrinsische Motivation).

KognitionPsychische Prozesse, die mit dem Aufbauund der Anwendung von Wissen zu tunhaben.

kognitivDie Kognition betreffend.

MetakognitionErkenntnisse über den eigenen Denk- und Lernstil, über Methoden, Stärkenund Schwächen des eigenen Lernens.Metakognition ist eine Voraussetzung zurVerbesserung der Lernfähigkeit. Fragender Metakognition sind: Was fällt mirleicht, was kann ich nicht so gut? Wann,wo und mit wem lerne ich am liebsten?Was sollte ich lernen, was muss ich mirnicht merken? Wie ist meine Leistung zubeurteilen? (Siebert).

MetakommunikationVerständigungen über Lernziele undLerninteressen, aber auch über den Semi-narverlauf, über gruppendynamischeStörungen und Lernschwierigkeiten.

MethodikBeschreibt den Weg zu den Lerninhalten– gibt Antworten auf die Frage des „wie?“(vgl. Didaktik).

MotivationSumme der Beweggründe, die jemandesEntscheidung oder Handlung beeinflussen.

psychomotorischDie Psychomotorik betreffend – sich nach psychischen Gesetzen voll-ziehende Bewegungen (Gehen, Sprechen,„Handfertigkeiten“).

rezeptiv (Nur) aufnehmend, empfangend.

sequenzieren In ein zeitliches Aufeinanderfolgenbringen.

TransferWörtlich: Übertragunga) Anwendung allgemeiner Regeln auf konkrete Fälleb) als Wissenschafts- und Technologie-transfer: Anwendung wissenschaftlicherErkenntnisse auf die Praxisc) beim Lernen: Übertragung einerErkenntnis auf ähnliche Fälle (Siebert).

QuellenArnold, R./Krämer-Stürzl, A./Siebert,

H.: Dozentenleitfaden. Berlin 1999.

Ballstaedt, S.-P.: Lerntexte undTeilnehmerunterlagen. Weinheim 1994.

Bettoni, M./Clases, C./Wehner, T.:Communities of Practice im Wissens-management: Charakteristika, Initiierungund Gestaltung. In: G. Reinmann/H.Mandl (Hg.): Psychologie des Wissens-managements. Göttingen 2004.

Boeckmann, K./Heymen, N.: Fachwissenvermitteln – aber ohne Schulmeisterei.Hohengehren 1996.

Bruehwiler, H.: Methoden der ganzheit-lichen Jugend- und Erwachsenenbildung. Opladen 1992.

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 85

Page 86: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Döring, K. W.: Lehren in derWeiterbildung. Weinheim 1995.

Erpenbeck, J./v. Rosenstiel, L.: HandbuchKompetenzmessung. Stuttgart 2003.

Friedrich, H. F./Mandl, H.: Analyse undFörderung selbstgesteuerten Lernens. In: F. E. Weinert/H. Mandl: Psychologieder Erwachsenenbildung. Göttingen 1997.

Gerl, H./Pehl, K.: Evaluation in der Er-wachsenenbildung. Bad Heilbrunn 1983.

Gnahs, D.: Selbstgesteuertes Lernen – vom Unterricht zur Lernberatung. In: forum – VNB Niedersachsen 2000.

Gnahs, D.: Lernen im Prozess der Arbeit –Möglichkeiten und Grenzen. Schriften derArbeitsstelle „Neue Lernkulturen“.Hannover. 2004.

Gugel, G.: Praxis politischer Bildungsarbeit.Methoden und Arbeitshilfen. Tübingen1993.

Heyse, V./Erpenbeck, J.:Kompetenztraining. Stuttgart 2004.

Hurtz, A.: Qualifizierung für Gruppen-arbeit. Theoretische Konzepte und ihreUmsetzung in der betrieblichen Praxis.In: C. H. Antoni (Hg.): Gruppenarbeit im Unternehmen. Weinheim 1996.

Jagenlauf, M.: Erfolgskontrolle und Eva-luation. In Grundlagen der Weiterbildung – Praxishilfe. 1989.

Knoll, J.: Kleingruppenmethoden.Weinheim 1993.

Meisel, K./Nuissl, E./von Rein, A./Tietgens, H.: Kursleitung an Volkshoch-schulen. Bonn 1997.

Mühlhausen, U.: Überraschungen imUnterricht. Weinheim 1994.

Reinmann-Rothmeier, G./Mandl, H.:Unterrichten und Lernumgebungen gestalten. In: Knapp/Weidenmann (Hg.):Pädagogische Psychologie. Weinheim2001.

Siebert, H.: Didaktisches Handeln in derErwachsenenbildung. Neuwied 2000.

Siebert, H.: Selbstgesteuertes Lernen undLernberatung. Neuwied 2001.

Simons, P. R.-J.: Lernen, selbständig zu lernen – ein Rahmenmodell. In: H. Mandl/H. F. Friedrich (Hg.): Lern- und Denk-strategien. Göttingen 1992.

Simons, P. R.-J.: Verschiedene Formen vonLernen und Lernfertigkeiten in Organisa-tionen. In: Unterrichtswissenschaft 22,1994.

Weidenmann, B.: Erfolgreiche Kurse undSeminare. Weinheim 1995.

Weinert, F. E.: Selbstgesteuertes Lernen alsVoraussetzung, Methode und Ziel des Un-terrichts. In: Unterrichtswissenschaft 10,1982.

Will, H.: Overheadprojektor und Folien.Weinheim 1994.

86 Quellen

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 86

Page 87: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

Chemiesozialpartner 87

BAVCBundesarbeitgeberverband Chemie e.V.Abraham-Lincoln-Straße 2465189 WiesbadenTelefon: 0611 – 7 78 81 – 0Telefax: 0611 – 7 78 81 – 23E-mail: [email protected]: www.bavc.de

IG BCEIndustriegewerkschaft Bergbau, Chemie, EnergieKönigsworther Platz 630167 HannoverTelefon: 0511 – 7631 – 633Telefax: 0511 – 7631 – 774E-mail: [email protected]: www.igbce.de

WBSWeiterbildungs-StiftungKreuzberger Ring 4265205 WiesbadenTelefon: 0611 – 97 00 98 – 0 Telefax: 0611 – 97 00 98 – 16E-mail: [email protected]: www.wbs-wiesbaden.de

Chemiesozialpartner

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 87

Page 88: Weiterbildung – für die Zukunft Grundlagen zur … · betrieblicher Bildungsprozesse Dr. Rüdiger Rhein Weiterbildungs-Stiftung – Eine Initiative der Chemiesozialpartner ...

www.wbs-wiesbaden.de

WBSWeiterb i ldungs-St i f tung

•Broschüre Bildungsprozesse 05 11.01.2006 8:45 Uhr Seite 88