Weitere experimentelle Untersuchungen über die Quelle und den Verlauf der intraokularen...

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(Aus der Universit~ts-Augenklinik zu Heidelberg [Direktor: Geh. Hofrat Prof. Dr. Wagenmann].) Weitere experimentelle Untersuehungen fiber die Quelle und den Yerlauf der intraokularen SaftstrSmung. XII. Mitteilu~ g. tiber den manometrisehen Naehweis des physiologi~,ehen Druckge[iilles zwischen Yerderkammer und Scblemmschem Ksnal. Von Professor Dr. Erich 8eidel, Oberarz~; der Klinlk. Mit 1 Textabbildung. Wie ich friiher 1) mitteilte, konnte ich am Auge de s le~cenden Kanin- cherts t o no met ri s c h den Nachweis fiihren veto Vorhandensein eines physiologischen Druekgef~lles zwisehen Vorderkammer und Sehlemm- sehem Kanal. Dieselbe Tatsache vermochte ieh aueh auf einem anderen Wege, n~mlieh mano metriseh nachzuweisen dureh eine sehr einfache Ver- suehsanordnung, die im folgenden beschrieben werden sell. Das zur Anstellung des Versuches n6tige Instrumentarium ist aus Abb. 1 ersiehtlieh. Das Verwendung findende Manometer bcsteht aus einer Bfirette yon 12 mm Durchmes~er, fiber deren unteres offenes Ende ein 3 cm langer Gummischlauch yon 1,5 mm Wanddicke und 4 mm Durchmesser gczogen ist. Das andere Ende des Gummischlauehes ist fiber ein konisches, in der Mitte durchbohrtes Metall- stfick geschoben, das genau auf den Spritzenansatz einer dfinnen Hohlnadel past. Vor Anstellung des Versuches wird der Gummi¢chlaueh mit einer Klemm- sehraube komprimieit und die Glasbfirette b's zu einer HShe yon 27--34 cm von ihrem unteren Ende an gerechnct mit einer filtrieIten w~sserigen, angewKrmten FarbstofflSsung, z. B. IndigcarminlSsung 1--2e/o, oder aueh mit verdfinnter, filtrierter, chinesischer Tusche geftillt2). ~" Um die Luft aus dem Sehlauch zu veitreiben, wird die Klemmschraube auf kurze Zeit geloekel-t, so dab einige Tropfen FarbstofflSsung aus dem Metallkonus am unteren Sehlauehende austreten. Hierauf bringt man die auf ein Sta~iv montielte Bfirette dieht neben dan Kopf eines aufgespannteI~, in ,,Oh~lage" befindlichel~_, Iebende~, ~lbinot. Kani~chel~s, 1) v. Graefes Arch. f. Ophthalmol. 104, 366--368. 2) ]ch verwandte wie frfiher Gfinther Wagners Pelikan-Perltusehe, die mit Aqua destillata verdfinnt wtnde. Die Indigea~mir:16sungen sind ebenfalIs mit Aqua dcstinata herzustellen und dfirfen k e i n e n K o e h s a I z z u s a t z erhalten, worauf ich schon fiiiher hinwies (v. Graefes Arehiv 104, S. 370). Vor Gebraueh wu: den die Farbstoffl~sungen, ~-ie bei meinen frfiheren Versuehen, im Wasselbad er- warmt bis auf KS~pe~temper~tur und dann filtriert.

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Page 1: Weitere experimentelle Untersuchungen über die Quelle und den Verlauf der intraokularen Saftströmung

(Aus der Universit~ts-Augenklinik zu Heidelberg [Direktor: Geh. Hofrat Prof. Dr. W a g e n m a n n ] . )

Weitere experimentelle Untersuehungen fiber die Quelle und den Yerlauf der intraokularen SaftstrSmung.

X I I . Mi t t e i lu~ g.

t i b e r den manometrisehen Naehweis des physiologi~,ehen Druckge[ i i l les zwischen Yerderkammer und S c b l e m m s c h e m K s n a l .

Von

P r o f e s s o r Dr . E r i c h 8eidel, Oberarz~; der Klinlk.

M i t 1 T e x t a b b i l d u n g .

W i e ich f r i iher 1) m i t t e i l t e , k o n n t e ich a m A u g e de s le~cenden K a n i n -

cherts t o n o m e t r i s c h d e n N a c h w e i s f i ih ren v e t o V o r h a n d e n s e i n eines

phys io log i schen Druekgef~ l l e s zwisehen V o r d e r k a m m e r u n d S e h l e m m -

s e h e m K a n a l .

Diese lbe T a t s a c h e v e r m o c h t e ieh a u e h auf e i n e m a n d e r e n Wege ,

n ~ m l i e h m a n o m e t r i s e h n a c h z u w e i s e n d u r e h e ine sehr e in fache Ver-

s u e h s a n o r d n u n g , die i m f o l g e n d e n besch r i eben w e r d e n sell.

Das zur Anstellung des Versuches n6tige Instrumentarium ist aus Abb. 1 ersiehtlieh.

Das Verwendung findende Manometer bcsteht aus einer Bfirette yon 12 mm Durchmes~er, fiber deren unteres offenes Ende ein 3 cm langer Gummischlauch yon 1,5 mm Wanddicke und 4 mm Durchmesser gczogen ist. Das andere Ende des Gummischlauehes ist fiber ein konisches, in der Mitte durchbohrtes Metall- stfick geschoben, das genau auf den Spritzenansatz einer dfinnen Hohlnadel past.

Vor Anstellung des Versuches wird der Gummi¢chlaueh mit einer Klemm- sehraube komprimieit und die Glasbfirette b's zu einer HShe yon 27--34 cm von ihrem unteren Ende an gerechnct mit einer filtrieIten w~sserigen, angewKrmten FarbstofflSsung, z. B. IndigcarminlSsung 1--2e/o, oder aueh mit verdfinnter, filtrierter, chinesischer Tusche geftillt2). ~"

Um die Luft aus dem Sehlauch zu veitreiben, wird die Klemmschraube auf kurze Zeit geloekel-t, so dab einige Tropfen FarbstofflSsung aus dem Metallkonus am unteren Sehlauehende austreten.

Hierauf bringt man die auf ein Sta~iv montielte Bfirette dieht neben dan Kopf eines aufgespannteI~, in ,,Oh~lage" befindlichel~_, Iebende~, ~lbinot. Kani~chel~s,

1) v. Graefes Arch. f. Ophthalmol. 104, 366--368. 2) ]ch verwandte wie frfiher G f i n t h e r W a g n e r s Pelikan-Perltusehe, die mit

Aqua destillata verdfinnt wtnde. Die Indigea~mir:16sungen sind ebenfalIs mit Aqua dcstinata herzustellen und dfirfen k e i n e n K o e h s a I z z u s a t z erhalten, worauf ich schon fiiiher hinwies (v. Graefes Arehiv 104, S. 370). Vor Gebraueh wu: den die Farbstoffl~sungen, ~-ie bei meinen frfiheren Versuehen, im Wasselbad e r - w a r m t bis auf KS~pe~temper~tur und dann f i l t r i e r t .

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102 E. Neidel: Weitere experimentellc Uatcrsuchungen

das genau in der frtther t) beschriebenen Weise vorbereitet ist. (Einm~Iiges Ein- tropfen z-on Cochin 5% ins Versuchsauge, Anlage yon 3 starken Seidensnturm~ zum Offenhalten der Lider.) Man verschiebt nun die Bttrette im Stativ so, daft ihr unteres Ende sich genau in Hshe der horizontal liegenden Irisebene des Ver-

suchsauges befindet. I Nachdem man die vertikale Entfernung

vom Versuchsauge bis zum Stand des Fliissig- keitsspiegels in der Bt~rette dutch Anlage eines Magstabes noehmals genau festgestellt hat, wird die Vorderkammer des Versuehsguges mit HiIfe einer 0,7 mm dieken und 20 mm langen, auf einer Pravazsehen Spritze aufgesetzten Hohlnadel dutch Einstich am Limbus punktiert und das Kammerwasser (0,2 cem) sanft aspiriert. HierauI nimmt man die Spritze vonder (mit der Spitze in der Vor- derkammer verbleibenden) I-[ohlnadel ab und setzt dafttr den 5fetallkonus des Bttretten- schlauches auf das auBerhalb des Auges be- findliche Ende der Hohlnadel auf. Alsdarm wird die Klemmschraube des Biirettenschlauches vorsichtig geSffnet, worauf ein EinstrSmender die Bttrette anfiillenden Farbstoffl6sung in die Vorderkamraer erfolgt unter einem Drucke, der von tier GrSBe des ver~,ikaten Abstandes zwischen Versuchsauge und Stand des Fltissig- keitsspiegels in der Btirette abhfi.ngt:

Bei Anwendung yon Wassermanometern wie hier hat mgn bekanntlich die HShe des Wasserstandes dutch 13,6 zu dividieren, um die einem Quecksilbermanometer entsprechen-

~,t den Werte zu erhalten (spezifisches Gewicht yon Quecksilber = 13,6).

Die Dauer des Versuches yon der Punktion der Vorderkammer an bis zu deren l~'iillung mit Farbstoffl6sung betrggt, kaum eine Minute.

I n zahlreichen Versuehen konn te ieh fests~ellen, dab bei einem ver t ika len Ab- s tand zwischenVersuehsauge und Fliissig- keitsspiegel in der Biiret te yon 340 m m ( = 25 m m I-Ig), ja selbst bei einem SO1-

Abb. 1. ehen yon 270 m m ( = 20 m m }Ig) ein

deutl ieher AbfluB der in die Vorderkammer eiriflieBenden Farbstoff- 16sung dureh d i e episcleralen Venen erfolgte.

Genau wie bei meinen friiheren Versuchen t ra t ganz a l l m g h l i c h zun~chst eine Xnderung im F a r b e n t o n der episeIeralen Gef~Be ein. Bei Verwendung yon Ind igcarminl6sungen warden sic naeh kurzer Zeit violett , u m nach Verlaufvon 1 - -2 Minuten in eine ausgesprochene Blau-

~) v. Graefes Arch. f. OphthalmoL 104, 366--368.

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tiber die Quelle und den \rorlauf der intraokularen SaftstrOmung. XII. t03

fi~rbung iiberzugehen bzw. in eine Sehwarzf~rbung bei Anwendung yon verdiinnter ehinesiseher Tusehe.

I)er Farbenumsehlag war stets an den diinnsten GefiBen z u e r s t deutlieh wahrnehmbar.

Bemerkt ski noeh, daG ieh hiufig die m a n o m e t r i s e h e n Versuehe to n o m e t r i s e h kontrollierte, indem ieh mit ttilfe des Seh i6 tz sehen Tonometers den Augendruek bestimmte am intakten Auge v o r Be- g i n n des V e r s u e h e s , sowie im Augenbliek, als naeh tIerstellung der Verbindung zwisehen Auge und Manometer eine deutliehe F~rbung der episeleralen Gefgfte auftrat.

Es ergab sich aueh tonometrisch wieder, daft bei normalem, ja sub- normalem I)rueke ein deutlicher Abflug des gefirbten Vorderkammer- inhalts dutch die episkleralen Gefil3e erfolgtel). --

Wenn die im vorstehenden besehriebenen Versuehe aueh keine neuen Tatsaehen zu Tage f6rderten, da ieh ja sehon friiher, wie erwihnt, mit Hilfe des Seh i6 t z sehen Tonometers den Beweis vom Vorhandensein eines physiologisehen I)ruekgefilles zwisehen Vorderkammer und SehlemmschenVenengef i ihr t butte, so schien mir doeh die Mitteilung der geschilderten Versuehsanordnung erforderlieh, um zu zeigen, daft die fiir die Lehre yore Fliissigkeitswechsel im Auge so f u n d a m e n t M wiehtige Tatsaehe vom Vorhandensein eines physiologisehen I)ruek- gef~illes zwisehen Vorderkammer und S e h 1 e m m sehem Kanal sieh noeh auf einem a n d e r e n experimentellen Wege, nimlich m a n o m e t r i s e h mit vollkommener Sieherheit naehweisen l~13t.

Dies sehien um so mehr.geboten, als yon anderer Seite auf Grund fehlerhaft angestellter manometriseher Versuehe das Vorhandensein eines physiologischen I)ruekgefiilles zwisehen Vorderkammer und S c hle m msehem Kanal bekanntlieh geleugnet wurde.

Mit Itilfe der vorstehend gesehilderten Versuehsanordnnng, die mit sehr einfaehen, leieht zu besehaffenden Mitteln, in kiirzester Zeit, ohne jede teehnisehe Sehwierigkeit und ohne gesehulte Assistenz ausgefiihrt

i) Wie aus physikalisehen Griinden zu e~wuIten war, mugte bei den be- schriebenen Velsuehen der int:aokula~e D~uek etwas nieddger sein Ms des im Manometer eingestellte, besonders in den ersten Minu~en naeh Herstellung der Veibindung zwischen Manometer und Auge, da ein Teil des Munometerdruckes zur Erzeugung der S g r 6 m u n g s g e s c h w i n d i g k e i t der in die Vorder- kammer einflieBenden ~'liissigkei~, zur ~berwindung der dubei anftretenden l~e ibnng , sowie auch zur allm~hliehen D e h n u n g der naeh der Kammer- punktion infolge der Elas~izit~t des Bulbuswand e~was zusammengezogenen Angenkapsel aufgebruueh~ werden mugte.

Ich konnte diesen erw~teten Druekuntersehied zwischen Auge und Mano- meter t~tsiehlich feststellen gelegenttich der oben erw~ihnten tonometrischen Kontrollmessung des Vetsuehsaugen, wobei ieh fund, dug der tonometriseh be- stimmte in~raokulare Druek etwas nieddger wa'~" als der im Munome~er einge- stellte.

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104 E. Seidel: Weitere experimentelle Untersuchungen usw. XIL

werden kann, ist nunmehr jeder in der Lage, zu einer der wichtigsten Fragen der Lehre yore Fliissigkeitswechsel im Auge auf Grund e i g e n e r Beobach~ungen Stellung zu nehmen und sich durch e ige n e Anschau- ung davon zu iiberzeugen, daft die yon den Gegnera L e b e r s seit Jahren wiederholt, aufgestellte Behauptung, dab ein Abfiul3 von Flfissigkeit aus der Vorderkammer nach den episcleralen Venen bei n o r m a 1 e m Augen- druck nicht stattfinden k6nne, sondern daf3 dazu ein physiologischer- weise nicht vorkommender l~berdruck bis auf 40--50 mm Hg in der Vorderkammer nSt~g sei~ d urc h a u s u nz u t r e f f e nd ist.