Weitere experimentelle Untersuchungen über die Quelle und den Verlauf der intraokularen...

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(Aus der UniversitSts-Augenklinik zu Heidelberg [Direktor: Geh. Hofrat Prof. Dr. Wagenmann].) Weitere experimentelle Untersuchungen fiber die Quelle mid den Yerlauf der intraoku]aren Saftstriimung. XXII. Mitteilung. t~ber die Messung des Blutdruckes in den vorderen ()iliararterien des menschliehen Auges. Von Prof. Dr. Erich Seidel, Oberarzt tier Klinik. Mit den yon mir in Mitteilung XX 1) zur Blutdruekmessung in den vorderen Ciliar- und Vortexvenen besehriebenen Hilfsmitteln, dem kleinen zytindrisehen ,,Druekgef~B" aus Glas, dessen Unterflitehe dureh eine dfinne durehsiehtige Membran gebitdet wird, und das seitlich mit dem Biirettenmanometer mit t~eservefiasehe kommuniziert, kann man mittels der eber~alls friiher besehriebenen Kompressionsmethode auf einfaehe und sehonende Weise den Blutdruek inden perforierende~l J~sten der vorderen Ciliaxarterien des mensehliehen-Anges messen. Man setzt am vSllig intakten, nicht an~sthesierten Auge das in Verbindung mit dem Biirettenmanometer befindliehe, mit erwi~rmter RingerlSsung gefiillte ,,Druekgef~l~" mit der durchsiehtigen Membran in friiher beschriebener Weise sanft auf die Selera dieht fiber einem der genannten, dieht unter der Bindehaut gesehl~ingelt verlaufenden Arterien~.ste auf, unmittelbar bevor sieh diese nahe dem ttornhaut- rande in die Selera einsenken, um naeh dem Cili~rk6rper und der Iris zu verlaufen. Darauf li~Bt man dutch Erheben der gefiillten geserveflasehe den ])ruek im Biirettenmanometer stetig ansteigen, wodureh die Ciliar- arterie gegen die Selera komprimiert wird, und beobaehtet die ein- gestellte Arterie dureh das DruekgefSB und die durehsiehtige Merabran hindureh. Man beobaehtet, dab dann, wenn im Biirettenmanometer ein Druek yon 40--60 em Wasser (30~5 mm Hg) erreieht ist, die dtinne Arterie zu pulsieren beginnt, wobei sie an umsehriebener Stelle w~hrend der Diastole des I-Ierzens auf kurze Zeit blutleer wird. 1) v. Graefes Arch. f. Ophth. 112. 252.

Transcript of Weitere experimentelle Untersuchungen über die Quelle und den Verlauf der intraokularen...

(Aus der UniversitSts-Augenklinik zu Heidelberg [Direktor: Geh. Hofrat Prof. Dr. Wagenmann].)

Weitere experimentelle U n t e r s u c h u n g e n f iber die Quel le mid den Yerlauf der i n t r a o k u ] a r e n S a f t s t r i i m u n g .

XXII. Mitteilung.

t~ber die Messung des Blutdruckes in den vorderen ()iliararterien des menschliehen Auges.

Von

Prof. Dr. Erich Seidel, Oberarzt tier Klinik.

Mit den yon mir in Mitteilung XX 1) zur Blutdruekmessung in den vorderen Ciliar- und Vortexvenen besehriebenen Hilfsmitteln, dem kleinen zytindrisehen ,,Druekgef~B" aus Glas, dessen Unterflitehe dureh eine dfinne durehsiehtige Membran gebitdet wird, und das seitlich mit dem Biirettenmanometer mit t~eservefiasehe kommuniziert, kann man mittels der eber~alls friiher besehriebenen Kompressionsmethode auf einfaehe und sehonende Weise den Blutdruek i n d e n perforierende~l J~sten der vorderen Ciliaxarterien des mensehliehen-Anges messen.

Man setzt am vSllig intakten, nicht an~sthesierten Auge das in Verbindung mit dem Biirettenmanometer befindliehe, mit erwi~rmter RingerlSsung gefiillte ,,Druekgef~l~" mit der durchsiehtigen Membran in friiher beschriebener Weise sanft auf die Selera dieht fiber einem der genannten, dieht unter der Bindehaut gesehl~ingelt verlaufenden Arterien~.ste auf, unmittelbar bevor sieh diese nahe dem t tornhaut- rande in die Selera einsenken, um naeh dem Cili~rk6rper und der Iris zu verlaufen.

Darauf li~Bt man dutch Erheben der gefiillten geserveflasehe den ])ruek im Biirettenmanometer stetig ansteigen, wodureh die Ciliar- arterie gegen die Selera komprimiert wird, und beobaehtet die ein- gestellte Arterie dureh das DruekgefSB und die durehsiehtige Merabran hindureh.

Man beobaehtet, dab dann, wenn im Biirettenmanometer ein Druek yon 40--60 em Wasser ( 3 0 ~ 5 mm Hg) erreieht ist, die dtinne Arterie zu pulsieren beginnt, wobei sie an umsehriebener Stelle w~hrend der Diastole des I-Ierzens auf kurze Zeit blutleer wird.

1) v. Graefes Arch. f. Ophth. 112. 252.

~58 1!I. Smdei: Weflvre cxperimentej/e Unter~uchuugell

S te iger t man den I ~ u c k im Bf i re t tenmanome~er welter', d~nn wird die Pu l sa t ion der Ar te r ie immer deut l icher , die Dauer der b lu t leeren Phase n i m m t mi t s~eigendem Manomete rd ruok i m m e r mehr zu, und sehlieBlich wird bei wei te rer S te igerung des M~nomete rd ruckes de r B lu t s t rom in der Ar te r ie dauernd unte rbrochen . Senk t m~n d~r~uf den :~[anometerdruck ganz langsam, so beobach te t man bei e inem nu t wenige Zen t ime te r n iedr igeren Wassers t~nd ira Manomete r yon e twa 75- -100 cm Wasser ( 5 5 ~ 7 5 m m Hg), wie die Pulswel le durch den | ee rgedr i ick ten Ar t e r i enabschn i t t wieder h indurchsehtggt .

Der be im ers ten temporgren Zus~mmenkl~ppen der Ar te r ie im Ma.no- mete r ~bgelesene Druok g ib t die H6he des diastolische~ Blu td ruekes a.n (30 - -45 m m IIg) ; der be im daue rnden Z u s a m m e n k l a p p e n der Ar te r i en bzw. be im ers ten Durchsehlagen der Pulswe]le durch die leergedrf iekte Ar te r ie im M~nometer ~bgelesene Druek s te l l t den Be t r ag des systolischen Blu tdruekes innerha lb der vorde ren Cil i~rar ter ie da r ( 5 5 ~ 7 5 m m t lg ) .

Die angegebenen tarerte sind ~{it tetwerte, d ie ich bei gesunden Personen mi t norm~lem B l u t d r u e k yon 100--120 m m H g in der Arm- a r t e r i e fa, nd °

Bei P a t i e n t e n mi t Mlgerneiner B lu td rueks te ige rung (Arter iosklerose und Gr~nulara t rophie) s te l l te ieh en t spreehend der H6he des a,llgemeinen Blutdruekes viel hShere W e r t e in den vorde ren Cil i~r~rterien fest bei norm~len Tonomet, e rwer ten ffir den Augendruek .

In Mien :FNien wurde der systolische Blutdruck in din' ~4_rmarterie mit dem q}uccksilbermanometer yon Riva..Rocci und der 11 em breiten Armmansehette yon v. l~ecktingha~sert palpatoriseb gemessel~,

Bei Vorhandenseia s~arker a/ggemeine:t" BlutdruckerhShung habe ich reich darauf besehrgnkt, nut den d'ias~olischen Blut,druck in den Yordererr Ciliararterien ztt bestimmen, um das Auge nieht dem zur Messung des systolJsehen Blutdruckes n6tigen sehr hohm~ Manometerdruek (fiber 160--200 em Wasser) omssetzen zu mtissen. Auel~ ist zu bedenken, dag bei Anwendung sehr hoher Drueke aufs Auge eine reflektorisehe Beeflfflussung der Herzukt,ion und somit unter Umstgnden aueh des Blutdruekes bewirkt wercten kann dutch AustSsung des Asehnersehml Augen-Herzreflexesl). ---

Als Folge der Kompression des Bulbus mittels der Membran des DruckgefiiBes tritt nut dann e#, inh~ao}cularer Druckanetieg auf, wean dureh den ausgeiibten 5ugeren Druek ein Eindruck oder eine Abplattung der l~ulbuswand erzeugt wird. Letztere kann aber nut dann bewirkt werden, wenn der ausgefibte gngere Druek grSfier ist Ms die HShe des iatraokularen Druekes, vermehrt um den Betrag der Wandspannung der Augenkapsel.

Do. man bei Messung des Btutdruekes in den vorderen Ciliararterien znr Xom- pression I)i-aekwer~e mawenden mug, die den Betrag des normalen Augendruekes erheblieh fibers~eigen, s o wird die BuIbuswand dureh da,s stra,ffgespannte weiehe H&utehen des Drnekgefgl]es an t~mschriebener St, elle leichg eingedriickt oder ab- g@a,t~,et werder~, was eine Steiget~ang des in~raoknl~ren Dmckes zur Fotge hat.

Da man jedoeh bei 3/Iessung des B]u~druekes in den vorderen Cfliar~'enen nm'

~) ~¥ien. klin. Woehensehr, ~tl. 1908; ~@. aueb Plo q. 1(lin, Mm~a.gsbL f. Angen- heifk ~1, ,I19. 192~; fi,rner Magitul et .Baiffiarl, Ann. d'om~list, 151, 40i--t.12. 1920.

i~ber die QueIlc trod deu Verlauf der intraokulareJi SaftstrSmung. XXII. 159

Druckwerte ~nzuwenden brancht, die erbeblich nie&'iger sind Ms der Betrag des intraokularen Druckes (etwa 11 mm Hg), so wird die Bulbuswand dutch das sie nut ,,punktfOrmig" beriihrende, wenig gespannte weiche Hgmtchen des Druckgefi~Bes nicht eingedrttckt oder nicht abgeplsttet werden und somi~ /ceine Steigerung des Augendruckes eintreten.

Durch tonostetri,sche Messungen menschlicher Augen vorund wdhrend Aus- abung eines Druckes yon verschiedener GrSBe mit Hilfe des Druckgefages sowie durch entsprechende gleichzeitige s~anometrische Messungen yon Augen lebender Xaninchen sowie yon herausgeschnit.tenen Schweinsaugen kann man sich yon diesen Tatsachen leicht iiberzeugen.

Die Messungen wurden me]st an den unte,ren Ciliararterien aus- gefiihrt, und zwar am sitzenden Patienten unter Verwendung einer Kopfstatze be] nach oben gerichtet.em Blicke ohne Anasthesierung des Auges.

Be] Benutzung isotonischer RingerlSsung yon Kgrperwa'rme zur Anfiitlung des Druekgefi~Ges ]st jeder P~eizzustand des Auges me]st. vollkommen zu refine]den, so dal~ aueh kranke Augen zur Unter- suehung mit der Methode sich eignen. Die Verwendung stets tsgrper- warmer isotonischer Ringerl6sung ist yon Wiehtigkeit, da sonst dutch lokale Reizung eine Kontr~ktion der GefiiGmuskeln hervorgerufen werden k~nn, wodurch der Wandwiderstand der Arterien in hohem Grade erh6ht wirdl), was in einer bedeutenden (scheinbaren) Zunahme des beim Kompressionsverfahren gemessenen Druekes sich i~uBert.

Zur Vornahme der Messungen setzt man sieh dem Pat ienten gegen- fiber und beobaehtet am besten be] guter Tagesbeleuehtung mit un- bewaffnetem Auge odev mit Lnpenbri]le die eingestel]t.e vordere Ciliar- frier]e, die in der Rege] kurz vor ihrem Eintr i t t in die Sklera nur einen Durehmesser yon i/10 mm besitzt, dutch das Druckgef ig hindurch. Auch kann man die Beobaehtung am Hornhautmikroskop und be] kfinstlieher Beleuehtung mit Nernst]icht vornehmen.

Als Druekgefi~g benutzt~e ich ausschlieBlich das seinerzeit be- sehrieb.ene 2) zy]indrische Glasgefi~g mit Dec~gEischenbedeekung. Die rechte Hand hi,it das Druekgefgd~ am ,,Glasstiel °', der Zeigefinger der linken Hand stfitzt es am gegeniiberliegenden Rand, wie das aus meiner frfiheren Beschreibung hervorgeht, ~uf die ich beztiglich weiterer Einzelheiten der Teehnik verweise.

])as Biiret tenmanometer steht links vom P~tienten auf einem kleinen Tischehen. Vor Beginn jeder Messung wird die Bfirette im Stat iv so verschoben, dab ihr unteres Ende sieh genau in Augenh6he befindet. Das Heben der Reserveflusche wird dureh eine Hilfsperson besorgt, die, um die nStige DruekhShe im Manometer herste]len zu k6nnen, sieh auf einem erhShten Standoff befindet..

1) Vgl. Tigerstedt, Die Physiologie des Xreisl~ufes. 2. Aufl. 1922. Bd. III. S. 162 u. 163.

~) v. Graefes Arch, f. Ophth. 112, 25g--259.

160 E. Seidel: Weitere experimentcltc Untersuchungeu

Die Werte, die man bei den ersten Messungen erh~lt, sind racist, zu hoeh infolge psychischer Erregung ~) und hierdurch ~usgelSster kardiMer und vasomotorischer Einfliisse, wobei besonders zentr~l be- dingte Kontr~ktionszust~nde der Muskulatur der GefhBw~nde einen zu hohen Druek vort~uschen kSnnen.

Bei hngstlichen Menschen erhMt man erst a,m 2. oder 3. Messungs- rage die richtigen Werte. Durch regelm~Nge, in geeigneten Zwischen- r~uraen vorgenommene Druckmessungen a.n den vorderen Ciligrsa'terien an denselben gesunden Personen mit normalem Mlgemeinen Blutdruck, gesunden Arterien nnd gesundem Nervensystem erhielt ich bei den einzelnen Personen in der gleichen Messungsperiode konslante Werte fiir den Cihararteriendruck, an verschiedenen Messungstagen jedoch gelegentlich di]/srente Wert, e innerh~lb der angegebenen Grenzen. K5rperliche Arbeit, Ermiidung, psychische Erregung, ungeniigende Nuchtruhe steigert, en den Blutdruck in den Ciligrgrterien. Die Arzt, e der Keidelberger Augenkl~nik stellten sich mir Ms Versuchspersonen ffir diese sich fiber mehrere Mongte erstrcckenden, oft t:~glichen Mes- sungen bereitwflligst zur Verfiigung.

Zur Desinfektion des Druekgef~13es t~uchte ich dieses auf einige Minuten in eine Seh~le mit (ungef~i~rbt.er) Sublim~tl5sung (I :5000), die kurz vor der Verwendung mit erw~rmt, er RingerlSsung sorgfMtig abgespiilt wurde.

Der yon mir in den vorderen Cili~rarterien des men,~chliehen Auges kurz vor ihrem Eintritt in den Butbus festgestellte Blutdruck gleicht, dera yon Bailliart ~) mit einer ~nderen Methode in der Zentral~rterie der menschtichen Net zhaut kurz hash ihrem Eintri~t in den Bulbus ermittelten.

Nach Bailliart ist der d,iastollsche Druck in den Netzhaut.~rterien ~uf der Papille um 5--10 mm Itg und der syetotische um 30--35 mm Hg hSh.er als der nor.male Augendr~dc, d. h. be~ einem Augendruck yon 25 mm Hg wiirde der dia~sto- lische Druck in den Netzhautarterien 30--35 mm Hg und der systolische 55 his (;0 mm I-Ig betr~gen.

Velle~ ~) und Arun~s fande~t rail derselben Met~hode fgst diesetben Wertc, ersterer 35 nnd 65, le*z~erer 30 und 62 mm Hg.

D~gcgen erhietten Duverger und Barrg~) mit Bailliarls Met hode erheblich hShere Werte (diastoliseher Druek 50--60, syst.olischer Druck 8(1--100 mm Hg), was wohl mi~ d~rauf beruhL dag sic als Versuchspersonen nicht wie Ba.ilIiart ge~ sunde iunge Leute (Soldaten), sondern die Ins~ssen einer Nervenklinik benutzten.

Priestte~J Smith/') sch/~bzte kiirzlich den diast~lischen Druek in den Netzha,ut- ~r~erien ~uf 40--50 mm tIg und den systolischen guf 70--90 mm Ho.

---1) Vgl.~omberg, Lehrbuch der Ka'~nkheigen des Eerzens und der Bh,tgef/~ge. 3. Aufl. 1921. S. 49.

"~) Ann. d'oculis~. 154, 648. 1917; 15IL 672. 1919; |,~, 308. 1920. a) Arch. d'ophg. 3~, 88. 1920. 4) Arch. d'opht. 37, 71. 1920. ~) Brit.. journ, of ophth, t, 449. 1923; vgl. auch 1, .t u. 657. 1917; ~, 257 u, t87. I918.

tiber die Quells und den Vsrlauf der intraokularen Saftstr~mung. XXII. 16i

O. Weiss 1) berichtete kiirzlich (1923), dab er im Tierexperiment bereits 1911 den systolischen Druck in den intraokularen Augenarterien, mi t der oszillatorisehen manometrischen Methode gemessen, g]eich 50 bis 70 m m Hg gefunden habe.

Meine Messungsergebnisse am mensehliehen Auge s t immen mit diesen neuen yon Weiss jetzt ffir den systolischen Blutdruek in den Augenarterien angegebenen Werten fiberein.

]?~fiher (1911) hat te Weiss jedoeh angegeben~), dab er den diasto. lischen Blutdruok, mit derselben oseillatorisehen Methods gemessen, bei 50--70 m m Hg gefunden habe.

Es erscheint mir wichtig, hier ausdrfieklich darauf aufmerksam zu machen, dab O. Weiss die Zahlen 50--70 m m Hg ]etzt nicht mehr wie frfiher als Betrag ffir den diastblischen, sondern als Wert ffir den sy- stolischen Blutdruck in den Augenarterien bezeiehnet, was ein Re- duzieren seiner frfiheren Wefts um etwa 25 m m t tg, d. h. a m etwa 40 °/o bedeutet. Es ist d~s deshalb beaehtenswert, well Weiss auf diese friiheren, erheblich hSheren Werte, die er je tzt selbst reduziert hat, seine bekannten Deduktionen fiber die t tShe des Blutdruckes in den intraokularen Capillaren und Venen und im Seh]emmsehen Kanal grtindete, Deduktionen, die natiirlich jetzt bei au]gegebenem oder wesentlich veriindertem , ,Vordersatz" nieht aufrecht erhMten werden kSnnen, was Weiss iibersieht, "wenn er seine Deduktionen yon 1911 in allen Einzelheiten neuerdings (1923) wiederholtS). - -

Bei meinen sehr zahlreichen Messungen des Blutdruckes in den vorderen Ciliararterien habe ich dan Blutdruck in den vorderen Ciliar- venen an den betreffenden Augen mitgemessen.

Ich l~nd wieder dieselben friiher 4) erhaltenen Werte ~fir die t tShe des Blutdruekes in diesen Venen des mensehliehen Auges (12--18 em Wasser = 10--14 mm Hg). Der Druek in den im Vergleieh z u den vorderen Cil~aracterien sehr diinnen und gestreekt verlaufenden Ciliar- venen liegt racist mi t groger Regelm~Ngkeit bei etwa 15 em Wasser (11 m m Hg). Selbst bei betr~ehtlieher Steigerung des Blutdruekes in detl Ciliararterien, die ieh bei Granularatrophie und Arteriosklerose

1) Vgl. O. Weiss (1923), Pfltigers Arch. f. d. ges. Physiol. 199, 467. ,,Ich babe 1911 den systolischen Druck in den axterielten Gef~Ben des Augcs bestimm~, in- dem ieh diejenige H6he des Augendruekes maB, bei wclcher die puIsatorischen Druckschwankungen des intraokularen Druckes verschwinden. Den Arterien- druck babe ich mit dieser Methodik gleich 50--70 mm Quecksilber gefunden."

e) Vgl. O. Weiss (1911), Zeitsehr. f. Augenheilk. 25, 10. ,,Nach meinen YIessun- gen ist der Druek in den intraokutaren Augena#cerien w~hrend der Diastole 50 his 70 mm Quecksilber, derm bei ktinstllehen Steigerungen des Augendruckes beginnen die Pulsschwankungen des Augendruckcs abzunehmen, wenn der Augendruek diese H6he iiberschreitet."

3) Ptltigcrs Arch. f. d. ges. Physiol. 199, 467. 1923. 4) v. Graefes Arch. f. Ophth. 112, 252.

v. Graefes Archiv flit Ophtha lmoIogie . Bd. 114. 11

162 E. Seidel" Weitere experimentelle Untersuchungen usw.

festste]tte, wobei der diastolische Blutdruek in den Ciliararterien auf 75--100 mm Hg steigen ka.nn, ~and ich den Venendruck korLstant bei 15 cm ~Vasser (11 mm Hg).

Die yon mir Ms obese Grenze angegebenen Werte des Blutdruckes in den Ciliarvenen yon 18 cm Wasser (14 mm Hg) fand ich an normalen Augen racist in den nicht lconstant, aber doch hgu]ig vorkommenden esheblich dic~eren vorderen Ciliarvenen, deren Durchmesser dem der vor- deren Ciliararterien gleicht oder sogar iibertrifft. Diese Venen, die in ihrem Verlauf den Ciliararterien entspreehen und die Sclera perforieren, wurden yon Itees]osdt I) als Ci]iarvenen ,,astesiellen Typs" bezeiehnet~}. Sie sollen d~s Btut aus dem Verbreitungsgebiet der vorderen Cilia~- arterien, d. h. aus dem vorderen Tell des Urea abffihren, also gleichsam akzessorische Vortexvenen darste]lem "Der in diesen grot~en Venen yon mir Iestgeste]Ite Druck, der racist bei 18 cm, in seltenen ]~lten auch be£ 20 em Wasser, d .h . bei ]4---15 mm Hg, gelegen ist, wfirde Riick- sehliisse auf den Blutdruck in den Vortexvenen des menschlichen Auges erlauben, der nur wenig hSher seln k a n n . -

Dus vorstehend beschriebene Verfghren gest~ttet, den diastolischen trod systolischen :Blutdruck in den den Cili~rkSrper und die Iris ver- sorgenden vorderen Ciliarai~erien des mensehliehen Auges kurz vor ihrem Eintr i t t in den Bulbus zu messen, was bisher nieht mSglieh war. Die erhMtenen Ergebnisse sind ftir einige wichtige Fragen des Flfissig- keitswechsels im Auge und des Glaukoms yon-Bedeutung~ wie in den ni~ehsten Mitteilungen noeh ausgeffihrt werden sell.

Aber auch zur Kl~rung einer Reihe allgemeinerer Fragen, die die Physiologie und Pathologie der peripheren Blutzirkulation betreffen, diirfte sieh die besehriebene Untersuehungsmethode viellMeht eignen. Denn wir besitzen in ihr ein teehalsch sehr tin]aches und schonendes, kllnisch veswe~dtbares ~ t t e l , den ~rteridlen Btutdruek in peripheren, sehr dfinnen Arterien yon I/i 0 mm Durehmesser zu bestimmen an einer Stelle, we die Verh~Itnisse fiir die Kompression und die Beobachtung der ganz oberflhehlich auf der Selera verlaufenden, nur dutch die diinne Bindehau~ bedeekten Arterien besonders giinstig liegen.

Das Ergebnis meiner Messungen, da~t in physiologisehen Zeiten von dem Betrag des systolisohen Aortendruekes bis zu den vorderen Ciliar- ~rterien etw~ 40--50% Ms Triebkraft verbraueht wird~ scheint mir yon Mlgemeinerem Interesse zu sein~ d~ die ~rage fiber die quanti tat ive Abnahme des Aortendruekes bis zu den peripheren Arterien seit den Untersuchungen yon Poiseuitle in des Physiologic noeh immer lebhaft~ diskutiert wird 3).

1) v. Graefes Arch. f. Opht.h. 8~', 514. ~) Vgl. auch Koeppe, v. Graefes Arch. f. Ophth. 94, 128 u. 129. *) VgL Tigersied$, Die Physiologic des I~'eislaufcs. 2. Aufl. 1922. Bd. III. S. 143.