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Impressum: Studie des BMU im Rahmen des F & E Vorhabens 999 46 101 Herausgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz

und Reaktorsicherheit (BMU) Referat Öffentlichkeitsarbeit Postanschrift: 11055 Berlin

Auftragnehmer: Deutsches Windenergie-Institut GmbH, Wilhelmshaven Redaktion: Dr. Wolfhart Dürrschmidt, BMU

Der Text wurde im Auftrag des BMU erarbeitet von: Dr. Knud Rehfeldt, Deutsches Windenergie-Institut GmbH, Wilhelmshaven Dipl. Phys. Gerhard J. Gerdes, Deutsche WindGuard GmbH, Varel Dr. Matthias Schreiber, Schreiber Umweltplanung, Bramsche

Stand: 1. Auflage, April 2001

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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Inhalt

1 EINLEITUNG................................................................................................................ 3

2 ANALYSE DER BISHERIGEN WINDENERGIENUTZUNG IN DEUTSCHLAND 4 2.1 Gesetzliche Rahmenbedingungen der Windenergienutzung .................................. 4 2.2 Bilanz der bisherigen Windenergienutzung in Deutschland................................... 9

2.2.1 Entwicklung der bisherigen Windenergienutzung ........................................ 9 2.2.2 Potenzieller Jahresenergieertrag in Deutschland ........................................... 12 2.2.3 Regionale Verteilung der Windenergienutzung ............................................ 14 2.2.4 Entwicklungstendenzen der Anlagengröße ................................................... 19

2.3 Beitrag der Windenergienutzung in Deutschland zum Klimaschutz ...................... 20 2.4 Auswirkung der bisherigen Entwicklung der Windenergienutzung auf den

Arbeitsmarkt............................................................................................................ 21 2.5 Kostensituation der Windenergienutzung in Deutschland...................................... 24

2.5.1 Vorgehensweise bei der Ermittlung der Kostensituation .............................. 25 2.5.2 Umfrageergebnisse ........................................................................................ 26

2.5.2.1 Betreiberumfrage 26 2.5.2.2 Umfrageergebnisse bei technischen Sachverständigen

sowie Herstellern und Versicherungsgesellschaften 29 2.5.3 Stromerzeugungskosten der Windenergienutzung in Deutschland ............... 31

2.6 Technische Probleme der Windenergienutzung ..................................................... 33 2.6.1 Windverhältnisse in komplexen Gebieten..................................................... 34 2.6.2 Technik großer Windenergieanlagen............................................................. 35 2.6.3 Zusätzliche Erfordernisse der Offshore-Windenergienutzung ...................... 37

2.7 Identifizierung von Problem- und Konfliktfeldern an Land ................................... 38 2.7.1 Belastung der Bevölkerung ........................................................................... 38 2.7.2 Belastung des Naturhaushalts........................................................................ 39

2.8 Anforderungen an die künftige Standortwahl von Windenergieanlagen................ 41 2.8.1 Standortwahl an Land.................................................................................... 41 2.8.2 Standortwahl Offshore................................................................................... 44

2.9 Mögliche Konflikte der Offshore-Windenergienutzung......................................... 45

3 ANALYSE ÖKOLOGISCHER BEDENKEN GEGEN DIE WINDENERGIENUTZUNG ........................................................................................ 47 3.1 Auftakt-Workshop vom 4. und 5. April 2000 in Wilhelmshaven........................... 47 3.2 Zweiter Workshop “Offshore-Windenergienutzung – Technik, Naturschutz,

Planung” vom 27. Juni 2000 in Wilhelmshaven..................................................... 48 3.3 Dritter Workshop “Offshore-Windenergienutzung und Umweltschutz"................ 50

4 UNTERSUCHUNGEN ZUM ZUKÜNFTIGEN AUSBAU DER WINDENERGIENUTZUNG IN DEUTSCHLAND..................................................... 52 4.1 Untersuchungen zum zukünftigen Ausbau der Windenergienutzung an Land....... 52

4.1.1 Auswertung der Umfrage zu den räumlichen Möglichkeiten des zukünftigen Ausbaus der Windenergienutzung................................................................. 52

4.1.1.1 Stand der Flächenausweisung 53

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4.1.1.2 Ausnutzung der ausgewiesenen Flächen 55 4.1.1.3 Grundhaltung bei der Flächenausweisung 57 4.1.1.4 Windverhältnisse in den ausgewiesenen Flächen 57 4.1.1.5 Zukünftige Entwicklung 57

4.1.2 Möglicher Umbau der Windenergie-Landschaft an der Küste...................... 58 4.1.2.1 Naturschutzkundliche Bewertung des

Windenergieanlagenausbaus an der Küste 58 4.1.2.2 Rechtliche Rahmenbedingungen im Hinblick auf einen

möglichen Umbau 60 4.1.2.3 Modellgebiet Landkreis Aurich 60 4.1.2.4 Ausgestaltung eines Konzeptes für den Umbau 63 4.1.2.5 Interesse an der Umgestaltung 64 4.1.2.6 Bestehende Möglichkeiten für den Umbau 65

4.1.3 Auswirkungen der Windkraftnutzung an Land auf Natur und Landschaft ... 66 4.1.3.1 Landschaftsbild 66 4.1.3.2 Biotopschutz 66 4.1.3.3 Einfluss auf die Avifauna 67 4.1.3.4 Fledermäuse 69 4.1.3.5 Insekten 69 4.1.3.6 Zusammenfassende Bewertung und Darstellung

übergreifender Probleme 70 4.2 Untersuchungen zur Offshore-Windenergienutzung in Deutschland ..................... 72

4.2.1 Szenario zur Darstellung des Potenzials der Offshore-Windenergienutzung 72 4.2.2 Planung der Offshore-Windenergienutzung in Europa ................................. 76

4.2.2.1 Dänemarks „Action Plan“ 77 4.2.2.2 Der Niederländische Plan zur Umsetzung der Offshore-

Windenergienutzung 78 4.2.2.3 Das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz 78 4.2.2.4 Förderung Erneuerbarer Energien in Großbritannien 79 4.2.2.5 Das belgische Erneuerbare Energie Gesetz 79 4.2.2.6 Offshore-Windenergienutzung in Schweden 79

4.2.3 Untersuchung zur Kostensituation von Offshore-Windenergieparks in Deutschland und ihr Einfluss auf die Standortwahl ...................................... 81

4.2.3.1 Randbedingungen zur Kostenanalyse 81 4.2.3.2 Prognose der Stromerzeugungskosten 83 4.2.3.3 Analyse der Ergebnisse 85

4.2.4 Mögliche ökologische Auswirkungen von Offshore-Windparks .................. 87 4.2.4.1 Mögliche Störungen am Meeresboden 88 4.2.4.2 Mögliche Störungen im Wasser 88 4.2.4.3 Mögliche Störungen des Benthos 88 4.2.4.4 Mögliche Störungen der Fische 89 4.2.4.5 Mögliche Störungen von Meeressäugern 90 4.2.4.6 Mögliche Störungen der Seevögel 90 4.2.4.7 Resümee 92

4.3 Prognose der Windenergienutzung ......................................................................... 93 4.3.1 Prognose der Windenergienutzung in Deutschland bis 2005........................ 93 4.3.2 Entwicklung der Windenergienutzung in Europa und weltweit bis 2004 ..... 97 4.3.3 Prognose der Windenergienutzung in Deutschland bis 2030......................101

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1 EINLEITUNG

Wesentliches Ziel des Forschungsvorhabens „Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz“ ist die Analyse der bisherigen Entwicklung der Windenergie, die Bestandsaufnahme der derzeitigen Situation und eine Beurteilung einer zukünftigen Ent-wicklung der Offshore-Windenergienutzung in Deutschland. Wichtiger Gegenstand von Ana-lyse und Bestandsaufnahme sind Konflikte mit dem Naturschutz, insbesondere Avifauna, und eine mögliche Belastung der Bevölkerung.

Um diese Problematiken zu beleuchten, wurde die Veranstaltung zweier Workshops vorgese-hen. Im ersten Workshop stand die Analyse der bisherigen Windenergienutzung in Deutsch-land und die Bewertung des zukünftigen Ausbaus On- und Offshore zusammen mit den be-troffenen Behörden und Ministerien und den unterschiedlichen Interessengruppen aus Wind-energie, Natur- und Umweltschutz im Vordergrund. Wichtiges Ziel war es, Handlungshinwei-se insbesondere auch im Bereich des Natur- und Umweltschutzes für einen zukünftigen Aus-bau der Windenergienutzung zu erarbeiten.

Um in Deutschland auch in Zukunft Flächen für die Windenergienutzung bereitstellen zu können, gewinnt die Offshore-Windenergienutzung auch in Deutschland immer größere Aufmerksamkeit. Ergebnisse einer Analyse des Festlandbereiches aus der Sicht des Natur- und Umweltschutzes sind daher beim zukünftigen Ausbau des Offshore-Bereiches zu berück-sichtigen. Aufgabe des Forschungsvorhabens ist es, Vorschläge zu erarbeiten, die ökologi-schen Bedenken gegen die Windenergienutzung Rechnung tragen und darstellen, wie auftre-tende Hemmnisse für eine umwelt-, natur- und landschaftsverträgliche Nutzung der Wind-energie abgebaut werden können.

Um eine Bewertung der zukünftig zu erwartenden Entwicklung der Windenergienutzung Offshore zu ermöglichen und Planungserfordernisse und Zielsetzung der Genehmigungen zu erarbeiten, wurden im Rahmen eines zweiten Workshops Informationen der derzeitigen Offshore-Windenergieplanungen gesammelt und gleichzeitig einem Fachpublikum zugäng-lich gemacht werden.

Neben der Analyse der bisherigen Entwicklung der Windenergienutzung sowie der Erarbei-tung von Vorschlägen, die Bedenken gegen die Windenergienutzung Rechnung tragen, sind in dieser Untersuchung Abschätzungen über die zukünftige Entwicklung der Windenergienut-zung sowohl an Land als auch für den Offshore-Bereich erarbeitet worden.

Das Forschungsvorhaben ist zum Jahresende 2000 durch den Auftraggeber verlängert wor-den, mit dem Ziel, Vorschläge für eine Gesamtstrategie zur Offshore-Windenergienutzung basierend auf den bisher durchgeführten Analysen zu erarbeiten. Hierbei ist die Vorbereitung, Durchführung und Auswertung eines Kongresses zur Windenergienutzung im Offshore-Bereich vorgesehen, der für den 14./15. Juni 2001 in Berlin vorgesehen ist.

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2 ANALYSE DER BISHERIGEN WINDENERGIENUTZUNG IN DEUTSCHLAND

2.1 Gesetzliche Rahmenbedingungen der Windenergienutzung

Während die Genehmigung von Windparks bis zum 1.1.1997 nach den allgemeinen Bestim-mungen des Baugesetzbuches (BauGB) geregelt war und die Bedingungen für das Bauen im Außenbereich galten, wurden Windkraftanlagen mit der Novellierung des BauGB [1] den sogenannten privilegierten Anlagen zugeordnet. Bis dahin waren Windkraftanlagen nur privi-legiert, wenn sie in Anlehnung an § 35 Abs. 1 Nrn. 1 BauGB zur überwiegenden Eigenver-sorgung eines landwirtschaftlichen Betriebes dienten oder nach § 35 Abs. 1 Nrn. 4 BauGB als ortsgebundener gewerblicher Betrieb eingestuft wurden. Mit der zunehmenden Größe der Anlagen wurde die Einstufung nach § 35 Abs. 1 Nrn. 1 jedoch mehr und mehr unzutreffend. Die Ortsgebundenheit von Windenergieanlagen wurde in einem Urteil des Bundesverwal-tungsgerichts aufgrund der nicht an einen Standort gebunden Windhöffigkeit in Frage gestellt und als nicht zutreffend eingeordnet. Das Bundesverwaltungsgericht hatte deshalb in seiner Entscheidung vom 16. Juni 1994 [3] festgestellt, dass eine Windenergieanlage, deren Strom überwiegend in das öffentliche Netz eingespeist wird, nicht nach § 35 Abs. 1 Nrn. 1, 4 oder 5 BauGB privilegiert zulässig ist, sondern dass nur eine Zulassung als „sonstiges Vorhaben“ im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB in Frage kommt.

Um jedoch einer ungeordneten Verbauung der Landschaft mit Windkraftanlagen vorzubeu-gen, hat der Gesetzgeber den Gemeinden sowie den zuständigen Stellen des Landes eine Steuerungsmöglichkeit über einen Planungsvorbehalt im BauGB eingeräumt. Werden im Zu-ge der Flächennutzungsplanänderung Vorrangflächen für die Windkraftnutzung ausgewiesen, kann das übrige Gemeindegebiet von der Errichtung von Windkraftanlagen ausgeschlossen werden. Interessenten müssen sich dann auf die ausgewiesenen Gebiete beschränken oder eine Genehmigung nach den Bestimmungen für nicht privilegierte Bauwerke im Außenbe-reich beantragen. Diese kann dann jedoch schon mit dem Verweis auf die ausgewiesene Vor-rangfläche abgelehnt werden. Es war ausdrückliche Zielrichtung des Gesetzgebers, eine „Be-seitigung der eingetretenen baurechtlichen Hemmnisse zu erreichen und den Anteil erneuer-barer Energien an der Energieversorgung zu steigern.“ Auf Antrag konnten Vorhaben bis zum 31.12.1998 zurückgestellt werden, um den Gemeinden die Möglichkeit einzuräumen, im Zuge einer Flächennutzungsplanänderung den Ausbau der Windkraftnutzung im Gemeindegebiet zu steuern und mögliche Nutzungskonflikte aus dem Wege zu räumen.

Für Gemeinden, die keine Flächennutzungsplanänderung bis zum 31.12.1998 durchgeführt haben, gilt seit diesem Datum die allgemeine Privilegierung.

Die generelle Privilegierung der Windkraftnutzung erleichtert die Genehmigung erheblich, da öffentliche Belange – zusätzlich zu den immissionschutzrechtlichen – entgegenstehen und nicht einfach beeinträchtigt sein müssen, wenn die Errichtung untersagt werden soll.

In der Praxis hat diese Änderung des Baurechts zu erheblichen Planungsaktivitäten auf ver-schiedenen Verwaltungsebenen geführt. Planungsansätze und Planungsqualitäten waren je-

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doch sehr unterschiedlich, sodass es in manchen Bereichen keineswegs zu der gewünschten Ordnung der Windparklandschaft gekommen ist. Insbesondere die Planung auf kommunaler Ebene kann bei der großen Reichweite der Anlagen, insbesondere für das Landschaftsbild, aber auch für großräumige Vogelrastgebiete, in der Regel keine befriedigenden Lösungen für diese beiden Aspekte des Naturschutzes liefern. Das Niedersächsische Umweltministerium hat die Planung durch eine großräumige Potenzialstudie unterstützt, die aufgrund ihrer Detail-liertheit bei der Planung auf kommunaler Ebene und auf der Ebene der Landkreise herange-zogen wurde. Unter anderem wurden in dieser Studie avifaunistische wertvolle Bereiche dar-gestellt [27,28]. Aufgrund des Planungsrechts des Landes Niedersachsen ist es eher selten zu einer Planung auf Ebene eines Landkreises oder höher gekommen, die eher die Gewähr dafür geboten hätten, dass großräumig wirksame Effekte von Windparks berücksichtigt werden.

Bei der Festlegung von Vorrangflächen für die Windkraftnutzung sind die verschiedenen Vorgaben der übergeordneten Festlegungen aus dem regionalen bzw. Landesraumordnungs-programm zu berücksichtigen.

Für die Errichtung der Windkraftanlagen im Einzelnen sind weitere Bestimmungen zu beach-ten, die vor allen Dingen durch Abstandsregelungen Beeinträchtigungen von Siedlungen ver-meiden sollen. Vor allen Dingen sind emissionschutzrechtliche Vorgaben (Lärm, Licht-Schattenwurf) zu berücksichtigen. Eine Übersicht über Festlegungen bzw. Empfehlungen finden sich in [4]. Mit der rasanten technischen Entwicklung der Anlagengröße und Anlagen-technik sowie der laufenden Rechtsprechung finden hier jedoch ständige Aktualisierungen statt, so dass von einer Zusammenstellung von Werten an dieser Stelle abgesehen wird.

Verschiedene Faktoren sind mit Blick auf das Naturschutzrecht zu beachten. § 8 Bundesna-turschutzgesetz legt fest, dass Eingriffe in den Naturhaushalt, wo immer möglich, vermieden werden. Dort, wo sie nicht zu vermeiden sind, sind sie zu vermindern, also so gering wie möglich zu halten. Nicht vermeidbare Eingriffe sollen ausgeglichen und dort, wo ein Aus-gleich nicht möglich ist, ersetzt werden.

Die Errichtung von Windkraftanlagen muss immer als Eingriff in den Naturhaushalt gesehen werden, da es zur Überbauung von Grund und Boden kommt, das Landschaftsbild verändert wird [7] und z.B. eine Beeinträchtigung der Vogelwelt stattfindet (siehe z.B. [5], [6]). Emp-fehlungen zur Behandlung der Eingriffsregelung finden sich z.B. in [8] und [9]. Ausführliche Gesamtübersichten und weitere Informationen zu erforderlichen Planungsschritten finden sich in [2] und [25].

Besondere Bedingungen gelten für Windkraftplanungen in faktischen oder tatsächlichen Ge-bieten nach der FFH- und Vogelschutzrichtlinie ([10], [11]), die das europäische Schutzge-bietsnetz Natura 2000 bilden sollen. Sobald die Errichtung einer Windkraftanlage ein Gebiet nach der FFH-Richtlinie beeinträchtigen könnte, wird eine Verträglichkeitsprüfung nach Arti-kel 6 der FFH-Richtlinie erforderlich (siehe z.B. [12], [13] und [14]). Danach ist zuerst zu prüfen, ob Alternativen zu dem ausgewählten Standort außerhalb des FFH-Gebietes existie-ren. Trifft dies zu, dann ist das Vorhaben innerhalb des FFH-Gebietes unzulässig. Existieren keine Alternativen, so müssen zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses

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vorliegen und es müssen Maßnahmen ergriffen werden, um die Kohärenz des Schutzgebiets-netzes sicherzustellen, um ein solches Vorhaben innerhalb eines FFH-Gebietes zuzulassen.

Abweichend zu beurteilen ist offensichtlich die Situation derzeit noch für Gebiete nach der EU-Vogelschutzrichtlinie. Zu unterscheiden ist zwischen bereits gemeldeten und faktischen Vogelschutzgebieten. Während bei gemeldeten Gebieten die Rechtsauffassung vorherrscht, Eingriffe in diese seien nach Artikel 6 der FFH-Richtlinie zu beurteilen (z.B. [15]), bestehen bei faktischen Vogelschutzgebieten Zweifel daran, ob hier nicht das strengere Schutzregime des Artikel 4 der Vogelschutzrichtlinie anzuwenden sei [15]. Für die Frage der Windkraftnut-zung ist diese Frage allerdings unwesentlich, da die Auswirkungen insbesondere in Rastgebie-ten (siehe [5], [6]) so erheblich sind, dass sie auch nach Maßgabe des Artikels 6 FFH-Richtlinie ausgeschlossen bleiben. Für die Beurteilung der Windkraftnutzung in gemeldeten oder faktischen Natura 2000-Gebieten ist ebenfalls unerheblich, ob § 19 c Bundesnatur-schutzgesetz, der die Umsetzung des Artikels 6 der FFH-Richtlinie in nationales Recht regeln soll, tatsächlich richtlinienkonform umgesetzt worden ist (Bedenken dagegen in [15]). Auch hier gilt, dass die Auswirkungen von Windkraftanlagen auch die im Bundesnaturschutzgesetz herabgesetzte Erheblichkeitsschwelle bei weitem überschreiten dürften [16], [17].

Bei der Errichtung von Windkraftanlagen dürfte künftig darüber hinaus auch eine Umweltver-träglichkeitsprüfung zu beachten sein, was sich ebenfalls aus den einschlägigen europäischen Richtlinien ergibt [19], [20]. Über die Beziehung zwischen UVP und Verträglichkeitsprüfung nach der FFH-Richtlinie siehe [18]. Ab welcher Windparkgröße die UVP künftig durchzufüh-ren ist, wird im UVP-IVU-Artikelgesetz, das derzeit in der parlamentarischen Beratung ist, festgelegt [21].

Die rechtlichen Grundlagen für die Genehmigung von Windkraftanlagen im Offshore-Bereich sind teilweise abweichend. Hier wird auf verschiedene Beiträge der Fachliteratur verwiesen [22], [23], [24]. Insgesamt ergibt sich für diesen Planungsraum jedoch eine besonders kom-plexe Situation. Während die Anlagen selbst z.B. in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) nach den Bestimmungen des Seerechts zu genehmigen sind (einschließlich einer UVP nach der europäischen Umweltverträglichkeitsrichtlinie und ggf. einer Verträglichkeitsprü-fung nach Artikel 6 FFH-Richtlinie), werden für die unumgänglichen, sonstigen Komponen-ten des Windparks wie der Netzanbindung Genehmigungen und Verfahren weiterer Art erfor-derlich, bei denen dann die weiter oben beschriebenen Regelungen des Bundesnaturschutzge-setzes zu beachten sind.

Auch für Offshore-Windparks sind die weiter oben dargelegten Restriktionen zu beachten, die für faktische und gemeldete Natura 2000-Gebiete gelten.

Hinsichtlich der Abnahme und Vergütung für Strom aus WEA trat am 1.4.2000 das Erneuer-bare-Energien-Gesetz (EEG) in Kraft [29] und löste das bis dahin geltende Stromeinspei-sungsgesetz (StrEG) ab. Ziel dieses Gesetzes ist es, im Interesse des Klima- und Umwelt-schutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen und den Bei-trag Erneuerbarer Energien an der Stromversorgung deutlich zu erhöhen, um entsprechend den Zielen der Europäischen Union und der Bundesrepublik Deutschland den Anteil Erneuer-

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barer Energien am gesamten Energieverbrauch bis zum Jahr 2010 mindestens zu verdoppeln. Netzbetreiber sind nach diesem Gesetz verpflichtet, Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Windkraft sowie aus anderen Erneuerbaren Energien an ihr Netz anzuschließen, den gesamten angebotenen Strom aus diesen Anlagen vorrangig abzunehmen und zu vergüten. Bei der Ver-gütung für Strom aus WEA handelt es sich um eine Mindestvergütung, die standortdifferen-ziert erfolgt und zwar nach der Windhöffigkeit des Standortes. WEA an sehr windhöffigen Standorten bekommen demnach durchschnittlich eine geringere Vergütung je eingespeister kWh als WEA an weniger windhöffigen Standorten. Die Mindestvergütung ist für einen Zeit-raum von 20 Jahren zu zahlen. Im Rahmen dieses Gesetzes erfolgt auch eine Regelung der Netzanschlusskosten sowie der Kosten für den Netzausbau. Demnach sind die Netzanschlusskosten durch den Anlagenbetreiber und die Kosten für den Ausbau des Netzes vom Netzbetreiber zu zahlen. Über eine bundesweite Ausgleichsregelung erfolgt eine Entlas-tung der lokalen Netzbetreiber, in deren Netze üblicherweise Strom aus WEA eingespeist wird. Im Rahmen eines Erfahrungsberichtes wird dem Deutschen Bundestag alle zwei Jahre über den Stand der Markteinführung und der Kostenentwicklung der Stromerzeugungsanlagen im Sinne dieses Gesetzes berichtet. Weiterhin sind in diesem Gesetz auch WEA berücksichtigt, mit den eine Stromerzeugung auf dem Meer vorgesehen ist.

Literatur

[1] Änderungsgesetz vom 30.07.1996, BGBl. I S. 1189 [2] Barth, S., H. Baumeister & M. Schreiber (1997): Windkraft – Leitfaden für die kommu-

nale Planung unter besonderen Berücksichtigung von Naturschutzbelangen. Rhombos-Verlag, Berlin

[3] DVBl. 1994, S. 1141 ff. [4] Niedersächsischer Städte- und Gemeindebund, Hrsg. (1996): Abstandserlasse in Nieder-

sachsen und Rheinland-Pfalz. Schriftenreihe des Niedersächsischen Städte- und Ge-meindebundes, Heft 52

[5] Schreiber, M. (1993): Windkraftanlagen und Watvogel-Rastplätze. Naturschutz und Landschaftsplanung 25 (4): 133-139

[6] Handke, K. (2000): Vögel und Windkraft im Nordwesten Deutschlands. LÖBF-Mitt. 2/00: 47-55

[7] Breuer, W. (1996): Naturschutz und Windkraftnutzung – Planungsgrundsätze für die Integration der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege beim Ausbau derWindenergienutzung. Schriftenreihe der Niedersächsischen Städte- und Gemeinde-bundes Heft 52: 26-35

[8] Leitlinie zur Anwendung der Eingriffsregelung des Niedersächsischen Naturschutzge-setzes bei der Errichtung von Windenergieanlagen des Niedersächsischen Umweltminis-teriums vom 21.06.1993. Mbl. 29, S. 923 ff.

[9] Arbeitsgruppe Eingriffsregelung (1996): Empfehlungen zur Berücksichtigung der Be-lange des Naturschutzes und der Landschaftspflege beim Ausbau der Windkraftnutzung. Natur und Landschaft 71 (9): 381-385

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[10] Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Le-bensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen. Abl. Nr. L 206/7 der Europäi-schen Gemeinschaften vom 22.7.1992

[11] Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildleben-den Vogelarten (Vogelschutzrichtlinie). Abl. Nr. L 103 vom 25.04.1979 sowie verschie-denen Änderungen

[12] Arbeitsgemeinschaft FFH-Verträglichkeitsprüfung (1999): Handlungsrahmen für die FFH-Verträglichkeitsprüfung in der Praxis. Natur und Landschaft 74 (2): 65-73

[13] Stollmann, F. (1999): Rechtsfragen der FFH-Verträglichkeitsprüfung. Natur und land-schaft 74 (11): 473-477

[14] Jessel, B. (1999): Die FFH-Verträglichkeitsprüfung. Naturschutz und Landschaftspla-nung 31 (3): 69-72

[15] Gellermann, M. (1998): Natura 2000 – Europäisches Habitatschutzrecht und seine Durchführung in der Bundesrepublik Deutschland. Schriftenreihe Natur und Recht, Band 4

[16] Europäische Kommission (2000): Natura 2000 – Gebietsmanagement, die Vorgaben des Artikels 6 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG. Brüssel, 53. S.

[17] Marr-Klipfel, K. (1999): Die Prüfung von Projekten und Plänen nach § 19c BnatSchG. Prüfungsarbeit, Hannover

[18] Marr-Klipfel, K. (1999): Umweltverträglichkeitsprüfung und Prüfung nach § 19 c BnatSchG. UVP-report 5/99: 251-254

[19] Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeits-prüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten. Amtsblatt Nr. L 175 vom 05.07.1985: 0040-0048

[20] Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 3. März 1997 zur Änderung der Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten. Amtsblatt Nr. L073 vom 14.03.1997: 0005-0015

[21] Hinsch, C. (2000): Genehmigungsaufwand wird steigen. Neue Energie 9/2000: 14-15 [22] Jenisch, U. 1997): Offshore-Windenergieanlagen im Seerecht. Natur und Recht 8

(1997): 373-381 [23] Erbguth, W. (1999): Raumplanung im Meer – unter besonderer Berücksichtigung des

Natur- und Umweltschutzrechtes. Natur und Recht 9/1999: 491-497 [24] Czybulka, D. (1999): Naturschutzrecht im Küstenmeer und in der Ausschließlichen

Wirtschaftszone. Natur und Recht 10/1999: 562-570 [25] Allnoch, N., R. Schlusemann & G. Vornholt (1998): NRW-Basisinformationen „Wind“

für die Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen. Münster [26] Hinsch, C. (2000): Klare Sicht auf hoher See. Neue Energie 9/2000: 16-18 [27] Niedersächsisches Umweltministerium: Festlegung geeigneter Flächen als Grundlage

für die Standortsicherung von Windparks im nördlichen Niedersachsen – 1000-MW-Programm -. Wilhelmshaven 1993

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[28] Niedersächsisches Umweltministerium: Festlegung geeigneter Flächen als Grundlage für die Standortsicherung von Windparks im nördlichen Niedersachsen und im Harz – 1000-MW-Programm -. Wilhelmshaven 1995

[29] Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbares-Energien-Gesetz-EEG). BGBl. Nr. 13 zu Bonn am 31.3.2000.

2.2 Bilanz der bisherigen Windenergienutzung in Deutschland

Ende 2000 waren in Deutschland 9.359 WEA mit einer installierten Leistung von 6.094,8 MW errichtet. Allein im letzten Jahr wurden 1.495 WEA mit einer installierten Leis-tung von 1.665,26 MW aufge-stellt, womit eine Steigerung bezogen auf die installierte Leistung gegenüber dem Ver-gleichszeitraum des Vorjahres [1] von 5,9 % erzielt werden konnte.

2.2.1 Entwicklung der bisherigen Windenergienutzung Ausschlaggebend für den rasanten Verlauf der Windenergienutzung in Deutschland war das seit 1. Januar 1991 in Kraft getretene Stromeinspeisungsgesetz (StrEG), durch das die Ab-nahme und Vergütung von Strom aus WEA geregelt wurde. In Abb. 2.1 ist der Einfluss des StrEG auf die Entwicklung der jährlich neu installierten Leistung aus WEA in Deutschland mit einer zeitlichen Verzögerung von ca. 2 Jahren deutlich abzulesen. Diese zeitliche Verzö-gerung entsprach der Entwicklungszeit von Windenergieprojekten, so dass der Einfluss des StrEG erst 1993 in den Installationszahlen deutlich erkennbar wurde. Danach gab es einen deutlichen Anstieg bis 1995, wo bereits WEA mit einer neu installierten Leistung von mehr als 500 MW in Deutschland errichtet wurden.

1996 verzeichnet die Entwicklung einen leichten Einbruch, der mit der damaligen Diskussion um die Änderung des § 35 BauGB zu erklären ist. Durch die Gesetzesänderung wurden WEA zu privilegierten Bauvorhaben im Außenbereich erklärt, wenn diesem Privilegierungsvorbe-halt nicht öffentliche Belange entgegen stehen. Intention des Gesetzgebers war es nicht etwa überall im Land WEA aufzustellen, sondern die Gemeinden aufzufordern, Vorrangflächen für die Windenergienutzung in ihren Flächennutzungsplänen auszuweisen, um eine geordnetere Aufstellung von WEA in Deutschland und insbesondere in den Küstenregionen zu erreichen. Diese Diskussion hat 1996 zu Verzögerungen bei den Genehmigungsverfahren geführt, wo-durch der leichte Einbruch in diesem Jahr erklärt werden kann. Für die Privilegierung von WEA im Außenbereich hatte der Gesetzgeber den Gemeinden und Kreisen eine Übergangs-frist von zwei Jahren eingeräumt, die bis Ende 1998 dauerte. Die Gemeinden erhielten damit die Möglichkeit, die Privilegierung von WEA im Außenbereich in ihrem Gebiet abzuwenden, wenn sie bis zum 31.12.1998 Vorrangflächen für die Windenergienutzung in ihren Flächen-nutzungsplänen ausgewiesen hatten. Auch diese gesetzlichen Rahmenbedingungen kann man

Stand 31.12.2000

nur im Jahr 2000

Anzahl WEA 9.359 1.495installierte Leistung, MW 6.094,8 1.665,26durchschnittl. installierte Leistung, kW/WEA

651,2 1.113,9

Tab. 2.1: Stand der Windenergienutzung in Deutschland

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in der Entwicklung der Installationszahlen erkennen. So wurden 1997 und insbesondere 1998, wo allein WEA mit einer installierten Leistung von ca. 800 MW errichtet wurden, wieder deutliche Zuwachsraten erzielt. Die größte Steigerung gab es allerdings 1999 wo sich die In-stallationszahlen gegenüber dem Vorjahr fast verdoppelten. Dieser sehr starke Zuwachs lässt sich zum einen mit den aufgrund der Änderung des § 35 BauGB nun zur Verfügung stehen-den Flächen für die Windenergienutzung erklären. Zum anderen liegt die Begründung aber auch in der Diskussion um das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und der damit verbunde-nen Diskussion über die Altanlagenregelung. Vorgesehen war das Inkrafttreten des EEG zum 1.1.2000, und WEA, die bis zu diesem Zeitpunkt errichtet waren, sollten in der neuen Vergü-tungsregelung gesondert behandelt werden. Dieser Sachverhalt führte neben der Ausweisung von Vorrangflächen zu einer regen Bautätigkeit im Jahr 1999. Entsprechende Steigerungsra-ten wurden im Jahr 2000 nicht mehr erreicht. Mit einer installierten Leistung von 1665,26 MW konnte der Wert des Vorjahres aber noch um 5,9 % erhöht werden.

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kumulierte installierte Leistung

Abb. 2.1: Entwicklung der neu installierten Leistung und der kumulierten Leistung aus WEA

in Deutschland Entsprechend der Entwicklung der installierten Leistung aus WEA in Deutschland hat auch die Anzahl der jährlich neu errichteten WEA einen deutlichen Zuwachs in den vergangenen Jahren erlebt (Abb. 2.2). Allerdings ist der Verlauf deutlich geringer ansteigend als der in Abb. 2.1, da die durchschnittliche installierte Leistung je WEA in den letzten Jahren stark angestiegen ist (Abb. 2.3).

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kumulierte Anzahl der Anlagen

Abb. 2.2: Entwicklung der jährlich neu errichteten und der kumulierten Anzahl von WEA in

Deutschland Wurden 1995 noch ca. 1000 WEA errichtet um 500 MW zu installieren, so konnten im Jahr 2000 bereits 1.665 MW mit nur noch 1.495 WEA realisiert werden. Dieses Beispiel zeigt die rasante Entwicklung in der Anlagengröße, die ebenfalls in Abb. 2.3 deutlich wird.

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Abb. 2.3: Entwicklung der durchschnittlichen installierten Leistung aus WEA in Deutsch-

land

Die Zuwachsraten der durchschnittlich installierten Leistung je WEA betrug im Durchschnitt der letzten fünf Jahre über 20 % pro Jahr. Allein im Jahr 2000 ist die durchschnittliche instal-

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lierte Leistung je WEA um 19,1 % angestiegen und liegt bereits bei einem Wert von 1.113,9 kW je WEA. Aufgrund der derzeitigen Entwicklung von neuen Prototypen wird die Entwicklung steigender Anlagengrößen auch in Zukunft weiter anhalten.

2.2.2 Potenzieller Jahresenergieertrag in Deutschland Der potenzielle Jahresenergieertrag beschreibt den Jahresenergieertrag, den der Kraftwerks-park von WEA in Deutschland bei einem 100 % Windjahr erreicht, d.h., bei einem Windjahr, welches bezogen auf ein langjähriges Mittel ein durchschnittliches Windjahr darstellt. Die Berechnung des potenziellen Jahresenergieertrags basiert auf der Verwendung mittlerer Aus-nutzungsgrade von WEA in den unterschiedlichen Regionen Deutschlands, die der Betreiber-datenbasis [2] entnommen wurden. Durch neue Errichtung von WEA erfolgt eine ständige Aktualisierung bei der Berechnung der mittleren Ausnutzungsgrade. Mit dem Kraftwerkspark von WEA in Deutschland zum 31.12.2000 wird ein potenzieller Jahresenergieertrag von 11.492 GWh erreicht, was einem Anteil an dem Nettostromverbrauch von Deutschland von 2,4 % entspricht (Abb. 2.4).

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Abb. 2.4: Entwicklung des potenziellen Jahresenergieertrags aus WEA und deren Anteil am

Nettostromverbrauch der Bundesrepublik Deutschland Der starke Ausbau der Windenergienutzung in Deutschland in den letzten Jahren hat zu einer Verdoppelung des potenziellen Jahresenergieertrags innerhalb der letzten zwei Jahren geführt. Unterscheidet man den potenziellen Jahresenergieertrag nach Bundesländern (Tab. 2.2) so ist Niedersachsen das Bundesland mit dem größten Energieertrag aus WEA. Bei einem 100 % Windjahr können mit dem Kraftwerkspark zum Jahresende 2000 3.405 GWh Strom produ-ziert werden, was einem Anteil am Nettostromverbrauch von 7,3 % entspricht. Hinsichtlich des potenziellen Jahresenergieertrags liegt das Bundesland Schleswig-Holstein an zweiter Position. Der Anteil des potenziellpotenziellen Jahresenergieertrags am Nettostromverbrauch

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des Landes liegt mit 21,2 % allerdings an der Spitze der Bundesländer gefolgt von Mecklen-burg-Vorpommern mit einem Anteil von 13,9 %.

Bundesland

Nettostromver-brauch 1998[3] GWh

potenzieller Jah-resenergieertrag, GWh für 2000

Anteil am Netto-stromverbrauch, %

Schleswig-Holstein 13.131 2.788 21,2Mecklenburg-Vorpommern

6.175 856 13,9

Sachsen-Anhalt 12.868 1.001 7,8Niedersachsen 46.192 3.405 7,3Brandenburg 13.730 768 5,6Thüringen 9.902 267 2,7Sachsen 18.473 426 2,3Rheinland-Pfalz 25.647 399 1,6Hessen 32.957 285 0,9Nordrhein-Westfalen 133.553 1.067 0,8Bremen 5.167 20 0,4Hamburg 12.701 38 0,3Saarland 7.336 21 0,3Bayern 66.063 80 0,1Baden-Württemberg 59.312 71 0,1Berlin 13.845 0 0,0gesamte Bundesrepublik 477.052 11.492 2,4

Tab. 2.2: Anteil des potenziellen Jahresenergieertrags aus WEA für das Jahr 2000 am Net-tostromverbrauch (1998) der Bundesländer und der gesamten Bundesrepublik Deutschland.

Erfolgt eine Unterteilung des potenziellen Jahresenergieertrags nach der Anlagengröße (Tab. 2.3) so wird deutlich, dass der Anteil der großen WEA am potenziellen Jahresenergieer-trag ständig zunimmt.

Anlagengröße WEA % MW % GWh % 5-80 kW 746 8,0 43,07 0,7 57 0,5 80,1 - 200 kW 620 6,6 94,20 1,6 170 1,5 200,1 - 400 kW 859 9,2 227,76 3,7 428 3,7 400,1 - 750kW 4.913 52,5 2.771,69 45,5 5.146 44,8 über 750 kW 2.221 23,7 2.958,05 48,5 5.690 49,5

Tab. 2.3: Anteil von WEA unterschiedlicher Leistungsklassen am potenziellen Jahresener-gieertrag in Deutschland, Stand Ende 2000

In Deutschland sind z.Z. 2.225 WEA errichtet, die eine installierte Leistung je Anlage von weniger als 400 kW besitzen. Dieser Anlagenbestand entspricht 23,8 % aller in Deutschland errichteten WEA. Ihr Anteil am potenziellen Jahresenergieertrag liegt aber nur bei 5,7 %. Demgegenüber liegt der Anteil der 2.221 großen WEA mit einer installierten Leistung je An-lage von mehr als 750 kW bei 49,5 %. Der Anlagenbestand der 2.221 großen WEA entspricht 23,7 % des gesamten Windenergieanlagenbestands in Deutschland. Bei etwa gleicher Anla-genanzahl liefern die großen WEA somit das 8,7-fache der Jahresenergieproduktion aller WEA bis 400 kW.

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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2.2.3 Regionale Verteilung der Windenergienutzung An der regionalen Verteilung der installierten Leistung aus WEA (Abb. 2.5) wird deutlich, dass der größte Teil der WEA in der norddeutschen Tiefebene errichtet worden ist. Von der mit Stand 31.12.2000 insgesamt in Deutschland installierten Leistung von 6.094,8 MW entfallen 3.429,6 MW auf die fünf norddeutschen Bundesländer. Dies entspricht einem Anteil von 56,3 %. Der Anteil der in den fünf norddeutschen Bundesländern errichteten WEA bezo-gen auf den gesamten Anlagenbestand in Deutschland liegt mit 57,7 % noch etwas höher. Dies weist auf die Bedeutung der Windenergienutzung in den strukturschwachen Regionen Norddeutschlands. Aber auch in den fünf neuen Bundesländern hat die Windenergienutzung in den letzten Jahren einen deutlichen Zuwachs erzielt. In den neuen Bundesländern sind mit Stand 31.12.2000 WEA mit einer installierten Leistung von insgesamt 1.873,6 MW errichtet worden. Dies entspricht einem Anteil an der gesamten WEA-Kapazität in Deutschland von 30,7 %. Auch hier stellt die Windenergienutzung mittlerweile einen nicht zu vernachlässigen-den Wirtschaftsfaktor dar. Als bevölkerungsreichstes Bundesland und als eine Region im Binnenland verzeichnet Nordrhein-Westfalen einen erstaunlichen Wert von insgesamt 443,9 MW installierter Leistung aus WEA. Windhöffige Regionen im Mittelgebirgsraum so-wie günstige politische Rahmenbedingungen haben zu dieser Entwicklung in Nordrhein-Westfalen geführt. Die geographische Lage mit wenig windhöffigen Standorten zeichnen hin-gegen die süddeutsche Region aus, so dass nur an vereinzelten Standorten eine Windenergie-nutzung unter wirtschaftlichen Bedingungen in dieser Region möglich ist.

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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Bremen27 WEA13,1 MW485,2 kW/WEA

Saarland21 WEA12,5 MW595,2 kW/WEA

Berlin0 WEA0 MW0 kW/WEA

Hamburg44 WEA23,8 MW541,3 kW/WEA

Schleswig-Holstein2056 WEA1177,6 MW572,7 kW/WEA

Mecklenburg-Vorpommern703 WEA456,4 MW649,2 kW/WEA

Niedersachsen2572 WEA1758,7 MW683,8 kW/WEA

Sachsen-Anhalt551 WEA493,7 MW896,1 kW/WEA

Brandenburg 617 WEA442,0 MW716,4 kW/WEA

Nordrhein-Westfalen1192 WEA643,9 MW540,2 kW/WEA

Hessen356 WEA211,8 MW595,0 kW/WEA

Thüringen222 WEA181,3 MW816,6 kW/WEA

Sachsen413 WEA300,3 MW727,1 kW/WEA

Rheinland-Pfalz374 WEA250,9 MW670,8 kW/WEA

Bayern113 WEA67,5 MW573,5 kW/WEA

Baden-Württemberg98 WEA61,3 MW625,9 kW/WEA

Abb. 2.5: Regionale Verteilung der Windenergienutzung in Deutschland mit Stand

31.12.2000 Die Entwicklung der Windenergienutzung in den verschiedenen Bundesländern seit 1992 ist in den Abb. 2.6, 2.7 und 2.8 dargestellt. Seit 1998 hat das Bundesland Schleswig-Holstein seine Führungsposition bezogen auf die kumulierte installierte Leistung aus WEA an Nieder-sachsen abgegeben. Die Ausweisung von Vorrangflächen für die Windenergienutzung hat besonders in Niedersachsen seit 1998 zu verstärkten Bauaktivitäten geführt. Allein im Jahr 2000 wurden in Niedersachsen WEA mit einer installierten Leistung von ca. 550 MW errich-tet. Aber auch in Schleswig-Holstein ist am Verlauf der Kurve der kumulierten installierten

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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Leistung die Auswirkung der Änderung des § 35 BauGB zu erkennen. Hier gab es im Jahr 1999 einen überproportionalen Anstieg der neu installierten Leistung, der im Jahr 2000 etwas einbrach (Abb. 2.6).

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Schleswig-HolsteinNiedersachsenNordrhein-Westfalen

Abb. 2.6: Entwicklung der kumulierten installierten Leistung aus WEA in Schleswig-Holstein,

Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen Während in den in Abb 2.6 dargestellten alten Bundesländern die Windenergienutzung bereits ab 1994 deutliche Zuwächse verzeichnete, ist eine starke Entwicklung der Windenergienut-zung in den neuen Bundesländern (Abb. 2.7) erst einige Jahre später erfolgt.

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Mecklenburg-VorpommernBrandenburgSachsen-AnhaltSachsenThüringen

Abb. 2.7: Entwicklung der kumulierten installierten Leistung aus WEA in den neuen Bundes-

ländern

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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Die Änderung des § 35 BauGB zeigt in den neuen Bundesländern wesentlich stärkere Aus-wirkungen. Ziemlich zeitgleich erfolgte in allen ostdeutschen Bundesländern 1998 ein deutli-cher Anstieg der neu installierten Leistung aus WEA, der 1999 noch wesentlich stärker zu erkennen ist. Besonders die Bundesländer Sachsen-Anhalt und Brandenburg haben allein 1999 ihre kumulierte installierte Leistung verdreifacht bzw. mehr als verdoppelt. Lag wäh-rend des gesamten dargestellten Zeitraumes Mecklenburg-Vorpommern bezogen auf die ku-mulierte installierte Leistung an der Spitze der ostdeutschen Bundesländer, so liegt seit 1999 Brandenburg auf etwa gleichem Niveau.

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HessenRheinland-PfalzBaden-WürttembergBayern

Abb. 2.8: Entwicklung der kumulierten installierten Leistung aus WEA in Hessen, Rheinland-

Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern In Hessen und Rheinland-Pfalz (Abb. 2.8) beginnt die Windenergienutzung, wie auch in den nördlichen, westdeutschen Bundesländern bereits 1994 und verzeichnet seitdem eine kontinu-ierliche Entwicklung, wobei in Rheinland- Pfalz sowohl 1999 als auch im Jahr 2000 ein deut-licher Anstieg zu erkennen ist. Die süddeutschen Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern lassen hingegen nur geringe Reaktionen auf die Baugesetzgebungsänderung erkennen. Die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen sowie das Saarland wurden nicht näher be-trachtet, da ihr Anteil an der Windenergienutzung in Deutschland aufgrund des geringen Flä-chenangebots nur sehr eingeschränkt ist.

Unterteilt man die Regionen der Bundesrepublik Deutschland in die Bundesländer, die über einen Küstenbereich verfügen und jene, die ausschließlich im Binnenland liegen, so kann eine grobe Unterteilung zwischen den Küstenregionen Deutschlands mit relativ starken mittleren Jahreswindgeschwindigkeiten und dem Binnenland mit eher geringeren mittleren Jahreswind-geschwindigkeiten entstehen. Eine derartige Analyse verdeutlicht, wie die Entwicklung der Windenergienutzung in Deutschland auch im Binnenland erfolgte (Abb. 2.9).

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Anteil an den in Deutschland aufgestellten WEA

Anteil an der in Deutschland installierten Leistung

Abb. 2.9: Anteil der 11 Bundesländer im Binnenland an der Windenergienutzung in

Deutschland Der Anteil der Windenergienutzung in den 11 Bundesländern im Binnenland, also ohne einen Küstenstreifen, lag 1993 bezogen auf die installierte Leistung bei 13,7 % und hat sich in den Folgejahren kontinuierlich gesteigert. Im Jahr 2000 lag der Anteil der 11 Bundesländer im Binnenland bezogen auf die Windenergienutzung im gesamten Bundesgebiet bei 51,8 %, d.h., bereits mehr als die Hälfte der in Deutschland im Jahr 2000 installierten Leistung aus WEA wurde in diesen 11 Bundesländern installiert. Diese Entwicklung verdeutlicht die heutige Be-deutung des Binnenlandes für die Windenergienutzung, vor allem wenn man berücksichtigt, dass auch die fünf Küstenländer über weite Gebiete verfügen, die dem Binnenland zuzurech-nen sind.

Aber noch eine weitere Entwicklung ist aus der Abb. 2.9 abzuleiten. Der Anteil der 1993 er-richteten Anlagen in den 11 Bundesländern im Binnenland lag mit 27,3 % deutlich über dem Anteil der installierten Leistung in diesen Bundesländern. Auch dieses Verhältnis hat sich grundlegend geändert. 1999 war der Anteil der in den 11 Bundesländern im Binnenland er-richteten Anlagen mit 51,8 % bereits genau so groß wie der Anteil an der installierten Leis-tung. Im Jahr 2000 gab es einen kleinen Rückgang dieses Anteils auf 48,2 %. Hieraus lässt sich ableiten, dass die 1993 im Binnenland errichteten WEA deutlich kleiner waren als die, die zu dieser Zeit an den Küsten errichtet wurden. Heute hat sich dieses Verhältnis vollständig ausgeglichen, so dass die im Binnenland errichteten WEA in etwa die gleiche Größe aufwei-sen als jene an der Küste. Hersteller von WEA haben in den letzten Jahren WEA entwickelt, die speziell für den Betrieb in windschwächeren Regionen vorgesehen sind.

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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2.2.4 Entwicklungstendenzen der Anlagengröße Die Entwicklung der Anlagengröße wurde bereits in Abb. 2.3 dargestellt mit durchschnittli-chen Zuwachsraten von 20 % in den letzten fünf Jahren. Dies bedeutet für die Hersteller von WEA eine ständige Entwicklung neuer größerer Anlagengenerationen. In Abb. 2.10 lässt sich nun erkennen, wie der Markt auf die immer größeren Anlagen reagiert. Eine Unterteilung in nur drei Anlagengrößenklassen verdeutlicht, dass der Markt ständig die größten auf dem Markt angebotenen WEA nachfragt.

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Kleine Anlagen (0-16 m)Mittelgroße Anlagen (16,1-48 m)Große Anlagen (48,1-128 m)

Abb. 2.10: Anteile unterschiedlicher Anlagengrößenklassen an der jährlich neu installierten

Leistung aus WEA in Deutschland. Kleine WEA mit bis 16 m, mittelgroße WEA mit 16,1-48 m und große WEA mit mehr als 48,1 m Rotordurchmesser.

Nachdem die kleinen WEA von der Entwicklung der mittelgroßen WEA mit Rotordurchmes-sern zwischen 16,1 und 48 m abgelöst wurde, ging die Nachfrage nach den kleinen WEA sehr schnell zurück. Bereits 1990 lag der Anteil der kleinen WEA an der jährlich neu installierten Leistung bei nur noch 5,6 %. Die mittelgroßen WEA hatten 1990 bereist einen Marktanteil von über 90 %. Durch die Entwicklung der 500-600 kW Anlagenklasse mit Rotordurchmes-sern bis 48 m haben die mittelgroßen WEA den Markt bezogen auf die jährlich neu installier-te Leistung in den Jahren 1993 und 1994 fast vollständig beherrscht. Erst die Entwicklung noch größerer WEA mit Rotordurchmessern von über 48 m, also WEA mit einer installierten Leistung von 1000 bis 1500 kW, hat die Marktposition der 500 bis 600 kW-WEA sinken las-sen. Im Jahr 2000 hat die Anlagengrößenklasse mit Rotordurchmessern über 48 m bereits einen Marktanteil von 81,0 % mit weiter steigender Tendenz. Der Marktanteil der mittelgro-ßen WEA ist hingegen bereits auf 19,0 % gesunken. Kleine WEA werden auf dem Deutschen Markt gar nicht mehr nachgefragt.

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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Literatur

[1] Rehfeldt, Knud: Windenergienutzung in der Bundesrepublik Deutschland – Stand 30.12.1999. DEWI-Magazin (2000) Nr. 16, S. 19-36

[2] Ingenieurwerkstatt Energietechnik (Rade) (Hrsg.): Monatsinfo: Betriebsvergleich um-weltbewusster Energienutzer 1999.

[3] Statistische Bundesamt: Stromverbrauch aus dem Netz der Energieversorger. Vorläufige Zahlen v. 30.8.1999.

2.3 Beitrag der Windenergienutzung in Deutschland zum Klimaschutz

Die Klimaschutzziele der Bundesrepublik Deutschland sehen auf der Grundlage der CO2-Emissionen von 1990 eine Selbstverpflichtung zur CO2-Minderung von 25 % bis 2005 vor. Weiterhin ist gemäß Kyoto-Protokoll eine Reduzierung der Emissionen der dort genannten Treibhausgase (in CO2-Äquivalenten) von 21 % bis zum Ziel-Zeitraum 2008 bis 2012 vorge-sehen. Eine Reduzierung von 80 % bis 2050 wurde im Rahmen einer Empfehlung der Enque-te-Kommission “Schutz der Erdatmosphäre” des Deutschen Bundestages empfohlen.

spez. CO2-Vermeidung

pot. Jahresenergieer-trag – Stand 31.12.2000 -

Prognose bis 2005

Brennstofferspar-nis entsprechend dem Strommix (1995) ohne Kern-energie [1]

0,93 kg/kWh 10,69 Mio. t CO2 21,15 Mio. t CO2

Brennstofferspar-nis entsprechend dem aktuellen Strommix (1995) [1]

0,60 kg/kWh 6,90 Mio. t CO2 13,64 Mio. t CO2

Brennstofferspar-nis aus Kohle, Öl und Gas [2]

0,89 kg/kWh 10,23 Mio. t CO2 20,24 Mio. t CO2

Brennstofferspar-nis aus Kohle, Öl, Gas und Kern-energie [2]

0,58 kg/kWh 6,67 Mio. t CO2 13,19 Mio. t CO2

Tab. 2.4: Spezifische CO2-Minderungen bei der Stromerzeugung in Deutschland aufgrund der Windenergienutzung

Die folgenden Untersuchungen zum Beitrag der Windenergienutzung zum Klimaschutz be-ziehen sich auf das erst genannte Klimaschutzziel, der Reduktion von 25 % der CO2-Emissionen auf Basis der Werte von 1990. Die spezifische CO2-Vermeidung durch die Wind-

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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energienutzung ist abhängig von der Art der Substitution konventioneller Energieträger. In Tab. 2.4 sind sowohl die spezifischen CO2-Minderungen als auch die absoluten CO2-Einsparungen heute und im Jahr 2005 unter unterschiedlichen Substitutionsannahmen sowie aus unterschiedlichen Literaturen dargestellt.

Je nach Substitutionsvariante ergeben sich unterschiedliche Anteile am Reduktionsziel, der 25 %-igen CO2-Reduzierung bis 2005. Als Basisjahr gelten die Emissionen von 1990 mit 1014 Millionen Tonnen CO2. Der heutige Anteil der Windenergienutzung (Stand 31.12.2000) am CO2-Reduktionsziel beträgt demnach zwischen 2,6 % und 4,2 %, je nach Art der Berech-nung. Entsprechend der Prognose der Windenergienutzung in Deutschland wird dieser Anteil sich bis 2005 auf Werte zwischen 5,3 % und 8,3% erhöhen.

Potenzieller Jahresenergie-ertrag

Anteil am Reduktionsziel 25 % der CO2-Emissionen

der Energieversorgung

Anteil am Reduktionsziel 25 % der CO2-Emissionen

der Stromversorgung

11.492 GWh (31.12.2000) 2,6 % - 4,2 % 7,8 % - 12,6 %

22.740 GWh (Prognose 2005) 5,2 % - 8,3 % 15,6 % - 24,9 %

Tab. 2.5: Beitrag der Windenergienutzung am Reduktionsziel der Bundesrepublik Deutsch-land bis 2005

Da die Windenergienutzung in der heutigen Anwendung jedoch lediglich einen Beitrag im Bereich der Stromversorgung leisten kann, wird in Tab. 4 die CO2-Reduktionen durch die Windenergienutzung in einer gesonderten Spalte nur auf die Emissionen der Stromversorgung bezogen. Das Reduktionsziel wird dabei gleichmäßig auf alle Bereiche verteilt, so dass auch für den Bereich der Stromversorgung eine 25 %-ige Reduzierung der Emissionen angenommen wird. An diesem Reduktionsziel trägt die Windenergienutzung in Deutschland schon heute einen Beitrag zwischen 7,8 % und 12,6%. Entsprechend der Prognose aus Kap. 4 bis 2005 kann sich dieser Anteil auf Werte zwischen 15,6 % und 24,9 % erhöhen.

Literatur

[1] Hinsch, Ch; Rehfeldt, K.: Die Windenergienutzung in verschiedenen Energiemärkten. DEWI-Magazin Nr. 11 (August 1997) S. 30-38.

[2] Nitsch, Fischedick, et. al.: Klimaschutz durch Nutzung erneuerbarer Energien. Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und des Umweltbundesamtes. Berlin 1999.

2.4 Auswirkung der bisherigen Entwicklung der Windenergienutzung auf den Ar-beitsmarkt

Die Ermittlung der Beschäftigtenzahl einer Branche kann üblicherweise mittels der Bestim-mung der Umsatzzahlen erfolgen. Aus der Entwicklung der Installationszahlen von WEA in Deutschland ist eine Berechnung der Umsatzzahlen durch die Windenergienutzung in

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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Deutschland möglich. Die jährlich getätigten Investitionen in die Windenergienutzung in Deutschland zeigen in den vergangenen Jahren einen stark steigenden Verlauf (Abb. 2.11). Die Berechnung der Gesamtinvestitionen erfolgt unter Berücksichtigung der spezifischen In-vestitionskosten pro installierter Leistung. Der Verlauf der spezifischen Investitionskosten pro installierter Leistung ist seit 1990 fallend, wie Abb. 2.12 zeigt, obwohl keine Inflationsberei-nigung in dieser Darstellung vorgenommen wurde. 1999 lagen die mittleren spezifischen In-vestitionskosten je installiertem kW bei 2.200,- DM und damit ohne Berücksichtigung der Inflation um mehr als 20 % niedriger als 1990. Die gesamten Investitionen in die Windener-gienutzung in Deutschland betrugen 1990 danach 100,6 Mio. DM. Bis 1998 steigerte sich dieser Wert auf 1.745 Mio. DM. Im Jahr 1999 verdoppelten sich die gesamten Investitionen in die Windenergienutzung in Deutschland auf 3.450 Mio. DM und steigerte sich im Jahr 2000 noch leicht auf 3.660 Mio DM (Abb. 2.11).

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Abb. 2.11: Entwicklung der jährlichen gesamten Investitionen in die Windenergienutzung in

Deutschland

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mittlere spezifische Investitionmittlere spezifische Investition in DM-Werten von 1991

Abb. 2.12: Entwicklung der spezifischen mittleren Investitionskosten für Windenergieprojekte Unter Berücksichtigung der Inflation verläuft die Kurve der spezifischen Investitionskosten wesentlich steiler und erreichte 1999 67,2% des DM-Wertes von 1991. Die spezifischen WEA-Preise weisen sogar eine Kostenreduktion innerhalb dieses Zeitraumes von ca. 50 % auf [1].

Die Produktivität bei der Produktion und bei der Installation von WEA ist in den vergangenen 10 Jahren stark gestiegen. Allein zwischen 1990 und 1995 sank die spezifische Anzahl der Beschäftigten pro MW bei den Windenergieanlagenherstellern von 12 auf 4 Personen [2]. Trotzdem verzeichnet die Branche einen starken Zuwachs an Beschäftigten in den letzten 10 Jahren. Üblicherweise erfolgt bei der Art der Beschäftigten eine Unterscheidung in direkt und indirekt Beschäftigten, wobei die Mitarbeiter bei den Herstellern von WEA, den Komponen-tenherstellern, den Projektplanungsgesellschaften sowie den Mitarbeitern von Serviceunter-nehmen usw. zu den direkt beschäftigten Mitarbeitern zählen. Alle Mitarbeiter in Unterneh-men, die wiederum von dieser Branche abhängen, werden als indirekte Beschäftigte definiert. Erfahrungen aus anderen industriellen Sektoren des Maschinenbaus weisen auf ein Verhältnis zwischen der direkt Beschäftigtenzahl und der indirekt Beschäftigtenzahl von 1 zu 2, d.h., zwei indirekte Arbeitsplätze werden durch einen direkt Beschäftigten im Bereich des Maschi-nenbaus geschaffen.

Die Berechnung der Anzahl der Beschäftigten einer Branche erfolgt auf Basis des Umsatzes pro direkt Beschäftigten. Im Bereich des Maschinenbaus werden Umsatzzahlen von 300.000,- bis 350.000,- DM pro direkt Beschäftigtem benötigt. Diese spezifischen Umsatzzahlen wur-den in der Vergangenheit in der Windenergieindustrie nicht erzielt. Durch die starke Steige-rung der Produktivität in den letzten Jahren kann man heute jedoch davon ausgehen, dass ent-

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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sprechende spezifische Umsatzzahlen auch in dieser Branche nötig sind, um einen direkten Arbeitsplatz zu schaffen. Die in Abb. 2.13 dargestellten Ergebnisse basieren auf spezifische Umsatzzahlen von 330.000,- DM pro direkt Beschäftigtem im Jahr 1999 und im Jahr 2000. Die Anzahl der Arbeitsplätze, die durch die Windenergienutzung in Deutschland entstanden sind, betrug demnach 1999 31.350 und 33.300 im Jahr 2000. Der überwiegende Teil dieser Arbeitsplätze ist in Deutschland entstanden, da auch die dänischen Hersteller von WEA einen Großteil ihrer Komponenten, wie Getriebe, Generatoren und Türme von WEA, aus Deutsch-land beziehen.

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indirekt Beschäftigtedirekt Beschäftigte

Abb. 2.13: Entwicklung der Beschäftigtenzahlen aufgrund der Windenergienutzung in

Deutschland

Literatur

[1] Schwenk, B.; Rehfeldt, K.: Studie zur Kostensituation der Windenergienutzung in Deutschland. Herausg. Bundesverband Windenergie e.V., Osnabrück 1999.

[2] Keuper, A.: Umsatz und Beschäftigung durch den deutschen Windenergiemarkt. DEWI-Magazin Nr. 6 (Februar 1995) S.28-30.

2.5 Kostensituation der Windenergienutzung in Deutschland

Vor dem Hintergrund der Diskussion um das Stromeinspeisegesetz (StrEG) bzw. des Neu-entwurfs zum Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wurde vom Deutschen Windenergie-Institut (DEWI) eine Studie über die aktuelle Kostensituation in Deutschland erarbeitet. Erst-mals wurden hierbei Stromerzeugungskosten aus Windenergieanlagen (WEA) über einen

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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Zeitraum von 20 Jahren ermittelt. Hierbei wurden Umfrageergebnisse von Betreibern von WEA, technischen Sachverständigen sowie von Herstellern von WEA und Versicherungsge-sellschaften verwendet, um belastbare Aussagen über Betriebskosten und notwendige Ersatz-investitionen zu erhalten. Insbesondere die Aussagen über notwendige Ersatzinvestitionen durch die technischen Sachverständigen waren höher als erwartet, so dass es in Zukunft Ziel sein muss, insbesondere bei der Weiterentwicklung von WEA auf wesentlich längere Lebens-dauern der Bauteilkomponenten von WEA zu drängen. Nach Aussage der technischen Sach-verständigen liegen bisher die Lebensdauern wesentlicher Bauteile der WEA, wie Rotor, Bremssystem, Pitchregelung usw., weit unter der kalkulierten Lebensdauer von 20 Jahren.

2.5.1 Vorgehensweise bei der Ermittlung der Kostensituation Die Kosten für Windenergieanlagen haben sich in den vergangenen 10 Jahren sehr positiv entwickelt. Bei inflationsbereinigter Betrachtung haben sich die auf den Jahreenergieertrag eines Referenzstandortes bezogenen mittleren Preise für WEA in den Jahren 1990 bis 1998 von 0,95 DM/kWh/a auf 0,48 DM/kWh/a gesenkt. Dies entspricht einer Kostenreduktion von 49,5 % in nur 9 Jahren [1]. Diese sehr positive Entwicklung der Kosten für WEA hat ein deut-liches Absinken der Vergütung für Strom aus Windenergie bewirkt. Bei ebenfalls inflations-bereinigter Betrachtung (DM-Werte von 1991) und unter Berücksichtigung von Länder- und Bundesförderung hat sich die Vergütung für Strom aus WEA von 1991 bis 1999 von 27,61 Pf/kWh auf 13,87 Pf/kWh, also um 49,95 %, gesenkt (Abb. 2.14).

Bei weiterer Anwendung des alten StrEG wäre die Vergütung im Jahr 2000 auf 16,1 Pf/kWh gesenkt worden, was einem inflationsbereinigten DM-Wert von 1991 von 13,27 Pf/kWh ent-sprochen hätte.

Da aufgrund der Liberalisierung des Elektrizitätsmarktes in Deutschland Preissenkungen für Elektrizität zu erwarten sind bzw. 1999 bereits stattgefunden hatten, und der Strompreis für den Letztverbraucher als Basis für die Berechnung der Vergütung von Strom aus Windener-gieanlagen herangezogen wurde (vergl. StrEG), war es für den weiteren Ausbau der Wind-energienutzung in Deutschland sowie für den weiteren Betrieb bereits existierender WEA notwendig, einen neuen Berechnungsmodus für die Einspeisevergütung zu entwickeln.

Als Basis für die politische Diskussion wurde vom Deutschen Windenergie-Institut (DEWI) im Auftrag des Bundesverbands Windenergie e.V. (BWE) eine Studie zur aktuellen Kostensi-tuation der Windenergienutzung erarbeitet. Hierbei stützt sich die Studie auf Umfrageergeb-nisse von Betreibern von WEA bzw. Windparks, von technischen Sachverständigen sowie von Herstellern von WEA als auch auf Umfrageergebnisse von Versicherungsgesellschaften.

Mittels der Betreiberumfrage wurden die Investitionskosten und die bisher angefallenen Be-triebskosten für bereits realisierte Windenergieprojekte erfasst. Außerdem wurden im Rahmen der Betreiberumfrage reale Energieerträge für die bisherige Betriebszeit der WEA ermittelt, wobei zwischen Einzelanlagen und Windparks unterschieden wurde.

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1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000Jahr

DM

/kW

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optimal erzielbare Vergütung

optimal erzielbare Vergütung, DM-Werte von 1991

Abb. 2.14: Durchschnittliche Entwicklung der optimal erzielbaren Vergütung für Strom aus

WEA in den Küstenländern Schleswig-Holstein und Niedersachsen in realen DM-Werten und inflationsbereinigten DM-Werten von 1991

Die Umfrage bei technischen Sachverständigen von WEA wurde mit dem Ziel durchgeführt, Aussagen zu Ersatzinvestitionen wesentlicher Bauteile von WEA über die Lebensdauer von 20 Jahren zu erhalten. Es handelt sich bei dieser Umfrage also um eine Prognose der Repara-turkosten während der gesamten kalkulierten Lebensdauer der Anlagen.

Um eine Aussage über reale Kosten der Ersatzinvestitionen zu erhalten, schloss sich den bei-den vorangegangenen Umfragen eine weitere bei Versicherungen und Herstellern von WEA an. Ziel dieser Umfrage war die Ermittlung von Kosten für den Austausch wesentlicher Bau-teile der WEA.

Derartig zahlreiche Umfragen waren notwendig, da im Rahmen dieser Studie erstmals eine Ermittlung der Stromerzeugungskosten von WEA und Windparks über die gesamte kalkulier-te Lebensdauer von 20 Jahren erfolgen sollte.

2.5.2 Umfrageergebnisse 2.5.2.1 Betreiberumfrage Von ca. 1000 Betreibern von WEA bzw. Windparks, denen Fragebögen zur Kostensituation zugesandt wurden, ergab sich ein Rücklauf von ca. 40 %. Insgesamt 393 Fragebögen mit 747 WEA konnten bei der Auswertung der Betreiberumfrage berücksichtigt werden. Hierbei han-delte es sich um 262 Einzelanlagen und 485 WEA in 131 Windparks. Als Windparks wurden Gruppen ab einer Anzahl von 2 WEA definiert.

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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Die durchschnittlichen Investitionskosten von Windenergieprojekten haben sich in den Jahren 1991 bis 1998 von 2.666,- DM/kW bei Einzel-WEA auf 2.215,- DM/kW gesenkt, wobei die in der in Abb. 2.15 gewählten Darstellung DM-Werte der einzelnen Jahre zu Grunde gelegt werden, also eine Inflationsbereinigung nicht vorgenommen worden ist.

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´91 ´92 ´93 ´94 ´95 ´96 ´97 ´98Aufstellungsjahr

DM

/kW

EinzelanlagenWindparks

Abb. 2.15: Entwicklung der durchschnittlichen Projektinvestitionskosten für Windparks und

Einzel-WEA in Abhängigkeit des Aufstellungsjahres

Der Anteil der durchschnittlichen Preise für die WEA lag bei Windparks 1992 noch bei etwas über 2000,- DM/kW und verringerte sich 1998 auf einen Wert von 1.693,- DM/kW. Bei den folgenden Betrachtungen wurde deshalb der Anteil der Nebenkosten und der Betriebskosten auch auf den durchschnittlichen WEA-Preis von 1.700,- DM/kW bezogen.

Der größte Einfluss auf die Investitionsnebenkosten in Deutschland erfolgt durch die Netzan-bindung (Abb. 2.16). Hierzu zählen die sogenannten externen Netzanbindungskosten an den Netzbetreiber als auch die Kosten für die interne Verkabelung von Windparks. Mit einem durchschnittlichen Anteil der Netzanbindungskosten von 13,8 % am WEA-Preis (1.700,- DM/kW) liegt dieser Wert um etwas höher als bei Einzel-WEA. Ebenfalls einen bedeutenden Einfluss auf die Investitionsnebenkosten haben die Kosten für Fundamente, Planung und Er-schließung von Windenergieprojekten. Zu den sonstigen Kosten zählen im wesentlichen Rücklagen für den Abriss der Anlagen, für Ausgleichsmaßnahmen, für die Projektvermark-tung sowie Notar- und Anwaltskosten.

Zu den Betriebskosten bei Windenergieprojekten zählen Kosten für Wartung und Instandhal-tung, für Flächenpacht, Versicherung, wiederkehrende Prüfung von WEA, Geschäftsführung, Personal, Steuerberatung, Beiträge zu Verbänden und Kammern, Rechtsberatung, Bürokosten usw.. Zu den Kosten für die Instandhaltung von Windparks kann über die Betreiberumfrage nur eine Aussage über die bisher getätigten Aufwendungen gewonnen werden, wobei eine realistische Aussage erst nach der Garantiezeit erhalten wurde. Während der Garantiezeit

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werden üblicherweise Kosten für Wartung und Instandhaltung, die einen wesentlichen Teil der Betriebskosten ausmachen vom Hersteller übernommen.

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2,8%3,3%

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Netz Fundamente Erschließung Planung Sonstiges

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EinzelanlagenWindparks

Abb. 2.16: Anteile der verschiedenen Investitionsnebenkosten für WEA in Windparks und für

Einzel-WEA für das Jahr 1998

In Abb. 2.17 sind die durchschnittlichen Betriebskosten für Einzel-WEA und Windparks über der Betriebsdauer aufgetragen. Deutlich erkennbar ist ein leichter Anstieg der durchschnittli-chen Betriebskosten über der Betriebsdauer, der bei Windparks größer ausfällt als bei Einzel-WEA.

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1 Jahr 2 Jahre 3 Jahre 4 Jahre 5 JahreBetriebsdauer

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WindparksEinzelanlagen

Ende der Garantiezeit

Abb. 2.17: Entwicklung der durchschnittlichen Betriebskosten für WEA in Windparks und für

Einzel-WEA in Abhängigkeit der Betriebsjahre

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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Während die gesamten durchschnittlichen Betriebskosten für Windparks 5. Betriebsjahr etwas über 6,1 % des WEA-Preises einnehmen, liegt der Anteil der Reparatur- und Wartungskosten bei ca. 2 %.

2.5.2.2 Umfrageergebnisse bei technischen Sachverständigen sowie Herstellern und Versicherungsgesellschaften

Wie bei der Darstellung der durchschnittlichen Betriebskosten ersichtlich ist (Abb. 2.17), rei-chen die Betriebserfahrungen von WEA der heute bedeutenden Leistungsklassen lediglich fünf bis sechs Jahre zurück. Erfahrungen bezüglich der Reparatur- und Instandhaltungskosten über die kalkulierte Lebensdauer von WEA (20 Jahre) sind der Betreiberumfrage nicht zu entnehmen. Daher wurde im Rahmen der Studie eine Umfrage bei technischen Sachverstän-digen, Herstellern von WEA und Versicherungsgesellschaften durchgeführt, um eine Progno-se der zu erwartenden Reparatur- und Instandhaltungskosten über die kalkulierte Lebensdauer von 20 Jahren zu erhalten.

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< 300 kW301 - 600 kW> 600 kW

Abb. 2.18: Erhaltungsaufwand der WEA-Komponenten bezogen auf die Kosten bei einem

Vollaustausch der entsprechenden Komponente während der kalkulierten Lebens-dauer von 20 Jahren

Im Rahmen der Befragung der technischen Sachverständigen wurde der Zeitpunkt und die Höhe von Reparaturen von WEA-Komponenten bezogen auf die Kosten des Vollaustausches prognostiziert (Abb. 2.18). Diese Prognosen erfolgten für unterschiedliche Leistungsklassen. Beispielsweise ergab die Umfrage, dass für die Leistungsklasse 301-600 kW während der kalkulierten Lebensdauer der WEA (20 Jahre) 103 % der Kosten für einen Vollaustausch des Bremssystem aufgebracht werden müssen, um das Bremssystem über 20 Jahre betriebsbereit zu halten. Die Unterschiede der prozentualen Kosten unterschiedlicher Leistungsklassen sind

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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beim Bremssystem relativ gering. Betrachtet man hingegen die prozentualen Kosten, die für den Betrieb der Rotorblätter notwendig sind, so steigen diese mit zunehmender Leistung stark an.

In der Leistungsklasse 301-600 kW prognostizieren die technischen Sachverständigen Kosten bezogen auf den Vollaustausch dieser WEA-Komponente von 99 %. Bei der Leistungsklasse größer als 600 kW werden bereits 119 % für den Erhaltungsaufwand bezogen auf die Kosten für einen Vollaustausch dieser WEA-Komponente prognostiziert.

WEA-Komponente

Ersatzteilkosten mit Montage, 301-600 kW, stallgeregeltDM/kW

Prozentuale Kosten während der kalkulier-ten Lebensdauer (20 Jahre) gemäß der Sachverständigen, %

Kosten während der kalkulierten Lebens-dauer (20 Jahre) für Reparatur, DM/kW

Rotorblätter 333 DM/kW 99 % 330 DM/kWGetriebe 133 DM/kW 94 % 125 DM/kWGenerator 117 DM/kW 83 % 97 DM/kWTip 100 DM/kW 88 % 88 DM/kWWindnachführung 83 DM/kW 98 % 82 DM/kWTurm 167 DM/kW 43 % 72 DM/kWBremsen 67 DM/kW 103 % 69 DM/kWSteuerung u. allg. Elektrik

117 DM/kW 59 % 69 DM/kW

Hauptwelle 83 DM/kW 62 % 52 DM/kWHauptlager 42 DM/kW 102 % 43 DM/kWTrafo 100 DM/kW 24 % 24 DM/kWFundament 83 DM/kW 27 % 23 DM/kWHydraulik 17 DM/kW 58 % 10 DM/kWBlattverstellung 100 %

Summe 1.084 DM/kWTab. 2.6: Prognostizierte Kosten während der kalkulierten Lebensdauer von WEA (20 Jah-

re) für Reparaturen von stallgeregelten Anlagen der Leistungsklasse zwischen 301 und 600 kW

Um nicht nur prognostizierte prozentuale Kosten für die Reparaturen an WEA während der Lebensdauer von 20 Jahren zu ermitteln, wurden die prozentualen Werte mit den realen Kos-tensätzen für den Vollaustausch der unterschiedlichen WEA-Komponenten, die im Rahmen der Umfrage bei Herstellern und Versicherungsgesellschaften ermittelt wurden, korreliert. In Tab. 2.6 sind die Kostenberechnungen für die Leistungsklasse 301-600 kW dargestellt. Dem-nach sind für stallgeregelte WEA dieser Leistungsklasse durchschnittliche Reparaturkosten von 1.084 DM/kW notwendig, um die WEA über 20 Jahre betriebsbereit zu halten. Für eine 500 kW WEA bedeutet dies Investitionen für die Reparatur während der 20-jährigen Be-triebszeit von 542.000 DM oder auch 63,8 % des WEA-Preise bei einer Preisbasis von 1.700 DM/kW.

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Die hierdurch prognostizierten Kosten für den Erhaltungsaufwand einzelner WEA-Komponenten liegen deutlich über bisher angenommenen Werten. Für die weitere Entwick-lung der Anlagentechnologie bedeuten diese Ergebnisse, dass in Zukunft die Optimierung der Anlagenkomponenten viel mehr in das Blickfeld der Anlagenentwickler und –produzenten gelangen muss. Ziel muss es sein, die Lebensdauer einzelner WEA-Komponenten zu erhöhen, um diese der kalkulierten Lebensdauer der WEA anzupassen. Erfahrungen an Forschungs-windenergieanlagen beweisen die Möglichkeit der Entwicklung langlebiger WEA-Komponenten.

2.5.3 Stromerzeugungskosten der Windenergienutzung in Deutschland Im Rahmen der Studie zur aktuellen Kostensituation [1] wurden Berechnungen der Energie-erzeugungskosten aus WEA über einen Zeitraum von 20 Jahren vorgenommen. Die Grundla-gen dieser Berechnung sind für Windparks in Tab. 2.7 zusammengefasst.

Windpark Investitionsnebenkosten 33 % vom WEA-Preis

(1.700 DM/kW) Betriebskosten (BK) für 1.-10. Jahr 5,2 % vom WEA-Preis (1.700 DM/kW) Preissteig. der BK 3 % pro Jahr Kalkulatorischer Zins 7,5 % Technische Verfügbarkeit 98 % Parkwirkungsgrad 92 % Rauhigkeitslänge 0,1 m Einspeisevergütung 16,52 Pf/kWh konstant Ersatzinvestition über 20 Jahre davon: 1.-10. Jahr 11-20. Jahr

64 % vom WEA-Preis (1.700 DM/kW)

2 % in BK enthalten 44 % vom WEA-Preis

verteilt auf 10 Jahre und Betriebskosten von 3,2 %

Tab. 2.7: Definition der Randbedingungen für die Berechnung der Energieerzeugungskos-ten

Auf Basis dieser Randbedingungen ergeben sich die in Abb. 2.19 dargestellten Energieerzeu-gungskosten für Windparks bei einer Betriebszeit von 20 Jahren. Die Kostendeckung mit der Vergütung des ehemaligen Stromeinspeisungsgesetzes liegt damit an Standorten mit einer mittleren Jahreswindgeschwindigkeit von 5,7 m/s in 30 m Höhe.

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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Abb. 2.19: Energieerzeuggungskosten für WEA in Windparks der 500-600 kW-Klasse bei einer Nutzungsdauer von 20 Jahren unter Berücksichtigung von Ersatzinvestiti-onen in der zweiten Dekade von 44 % bezogen auf den WEA-Preis (1700 DM/kW)

0,07

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1000 1250 1500 1750 2000 2250 2500 2750 3000 3250 3500Standortqualität (h/a)

Ener

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Energieerzeugungskosten

Vergütung EEG (17,8 u. 12,1 Pf/kWh)

- 7.8 % kalkulatorischer Zins- 33 % Investitionsnebenkosten- Rauhigkeitslänge 0,1 m- Nabenhöhe der WEA 65 m- techn. Verfügbarkeit 98%- Parkwirkungsgrad 92%- 5.2% Betriebskosten f. erste Dekade- 3.2% Betriebskosten f. zweite Dekade - 3% Preissteigerungsrate - 35% Ersatzinvestition verteilt auf Jahre 11 - 20- 20 Jahre Nutzungsdauer

Abb. 2.20: Energieerzeugungskosten von Windparks der 500-600 kW-Klasse an Land bei

einer Nutzungsdauer von 20 Jahren unter Berücksichtigung von Ersatzinvesti-tionen in der zweiten Dekade von 35 % und Darstellung der standortdifferen-zierten Vergütungskurve nach dem EEG.

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4 4.5 5 5.5 6 6.5 7Windgeschwindigkeit (30 m Höhe), m/s

Ener

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Kostenverlauf für eineNutzungsdauer von 20Jahren Einspeisevergütung ´99

- 7,5 % kalkulatorischer Zins- 33 % Investitionsnebenkosten- Rauhigkeitslänge 0,1 m- Rayleigh-Verteilung- Nabenhöhe der WEA 65 m- techn. Verfügbarkeit 98%- Parkwirkungsgrad 92%- 3,2% Betriebskosten + 2% Reparatur- und Instandhaltungskosten für 1.-10. Jahr- 3% Preissteigerungsrate - Ersatzinvestition i.H.v. 44% verteilt auf die Jahre 11 bis 20

5.7

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

33 / 106

Im Rahmen der Diskussion des EEG wurde davon ausgegangen, dass die prognostizierten Kosten für den Erhaltungsaufwand nicht zu tolerieren seien und das ein Anreiz bestehen muss, diese Kosten zu senken und damit die Qualität der Anlagentechnik zu erhöhen. Daher wird in der Abb. 2.20 mit Ersatzinvestitionen in der zweiten Dekade von lediglich 35 % ge-rechnet und der Verlauf dieser Kalkulation der standortdifferenzierten Vergütung nach dem EEG gegenübergestellt.

Deutlich wird an dieser Darstellung, dass der Gewinn bei Betrieb von WEA an sehr guten Windstandorten gegenüber der alten Regelung des StrEG deutlich reduziert wurde. Allerdings besteht weiterhin der Anreiz, an den möglichst besten Standorten WEA aufzustellen. Im Ver-gleich zu der alten Regelung wird aber auch deutlich, dass an windschwächeren Standorten die Einspeisevergütung angestiegen ist, so dass der Ausbau der Windenergienutzung in Zu-kunft weiter ins Inland hineinreichen wird.

Literatur [1] Schwenk, B.; Rehfeldt, K.: Studie zur aktuellen Kostensituation der Windenergienut-

zung in Deutschland. Herausg. BWE e.V. 1999. [2] Molly Jens Peter: Windenergienutzung in Deutschland. DEWI-Magazin (1994) Nr. 5, S.

5 – 14 [3] Bundesumweltministerium/Umweltbundesamt: Möglichkeiten der wettbewerbskonfor-

men Ausgestaltung des Stromeinspeisungsgesetzes. Aktualisierter Zwischenbericht, 31.3.1999.

[4] Statistisches Bundesamt: Pressemitteilung 20.07.1999

2.6 Technische Probleme der Windenergienutzung

Auch die Entwicklung der Größe von Windenergieanlagen ist in den vergangenen 10 Jahren rasant fortgeschritten. Bezogen auf die im Jahr 1993 gebauten 500 kW-Anlagen hat sich die Rotorkreisfläche bis heute vervierfacht; die derzeit geplanten Windenergieanlagen mit 110 m Rotordurchmesser würden sogar etwa eine Verachtfachung der Fläche bedeuten. Dementspre-chend musste auch eine gravierende Entwicklung der Technik und Materialien erfolgen. Das Resultat sind moderne Großanlagen mit Nennleistungen von 1,5 bis derzeit 2 MW mit techni-schen Konzepten, die sich teilweise erheblich vom technischen Stand zu Beginn der 90er-Jahre unterscheiden.

Aber trotz der enormen Entwicklungsleistung der Anlagenhersteller bringt die gestiegene Größe der Anlagen neue Probleme mit sich, die zunehmende Anwendung in Gebieten mit schwieriger Topographie und schwierigeren Windverhältnissen kommt zusätzlich hinzu.

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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Abb. 2.20: Entwicklung der Rotorkreisflächen der in den jeweiligen Jahren auf dem Markt neu erschienen Windenergieanlagen

2.6.1 Windverhältnisse in komplexen Gebieten Der Beginn der Windenergieentwicklung in Deutschland und Dänemark war geprägt durch Installationen in relativ einfachen, ergiebigen Standorten. Diese Standorte befanden sich zu-meist in flachem Gelände, die Windverhältnisse waren aufgrund der relativen Nähe zur See gut, wenig turbulent und vor allem nicht durch orographische Effekte beeinflusst. Diese Situa-tion hat sich mit dem fortschreitenden Zubau im Binnenland geändert, hier werden Wind-energieanlagen oftmals in mäßig bis stark gegliedertem Gelände aufgebaut. Die Windbedin-gungen sind denn auch geprägt durch Winde, die von der Höhenstruktur und eventuell lokalen thermischen Effekten beeinflusst sind. Diese Problematik stellt sich für Hersteller und Pro-jektentwickler um so mehr in den neuen Anwendungsländer der Windenergie, wie Spanien, Griechenland und der Türkei, da hier oftmals die Komplexität des Geländes steigt bei gleich-zeitig erhöhter thermischer Beeinflussung des Windes.

Diese Problematik bringt einerseits eine schlechte Prognostizierbarkeit von Energieerträgen und der räumlichen Windverteilung mit sich sowie anderseits eine erhöhte Belastung von Windenergieanlagen durch höhere Turbulenz, Windscherung und räumlichen Inhomogenitä-ten.

Ersteres hat einen gravierenden Einfluss auf die Planung und ökonomische Bewertung von Windparks. Ertragsprognosen beruhen in Deutschland oftmals auf der Verwendung der Daten

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meteorologischer Stationen der Wetterdienste sowie der Anwendung meteorologischer Re-chenverfahren. Mit der fortschreitenden Anwendung in komplexern Gebieten gehört unzwei-felhaft zu einer gewissenhaften Ertragsprognose eine Windmessung im geplanten Windpark-gelände. Dennoch, auch bei Vorhandensein einer mindestens einjährigen Messung und meteo-rologischer Langzeitdaten, ist die Prognose des zu erwartenden langjährigen Energieertrags schwierig. Dies liegt vor allem daran, dass für die Ermittlung der räumlichen Windverteilung, die für die Planung der Windparkaufstellung äußerst wichtig ist, und für die Langzeitvorher-sage der Erträge zusätzlich ein geeignetes meteorologisches Berechnungsverfahren vonnöten ist. Die bislang für die Berechnungen verwendeten meteorologischen Modelle eignen sich aber nur mäßig bis schlecht für die Aufgaben in den beschriebenen komplexen Gebieten. Bes-ser geeignet könnten aufwendigere Strömungsmodelle sein, ihre Eignung wurde bisher aber kaum geprüft, da sie in der Anwendung wesentlich komplexer sind. Um in der Praxis einge-setzt werden zu können, müssen diese Modelle auf ihre Eignung hin an konkreten Projekten überprüft werden, die Anpassung und Einstellung der Modelle auf bestimmte Klimate müsste analysiert und als Vorgabe für die praktische Umsetzung definiert werden. Bislang konnte aber der Forschungsbedarf der Forschungsförderung auf europäischer oder Bundesebene nicht plausibel gemacht werden. Mit der fortschreitenden Installation von Windparks in komplexen Gebieten und der durch ungenaue Prognosen wachsenden wirtschaftlichen Probleme wird aber das Thema der Ertragsprognose sicherlich in das Zentrum des Interesses von Projektent-wicklern, Betreibern und Finanzierern rücken.

Der zweite Punkt der Problematik in komplexen Gebieten ist die erhöhte Belastung von Windenergieanlagen durch höhere Turbulenz, Windscherung und räumliche Inhomogenitäten. Gerade Windenergieanlagen mit großen Rotordurchmessern können durch räumlich und zeit-lich stark über der Rotorfläche fluktuierende Windverteilungen mechanisch stark belastet werden. Welche Auswirkungen der Betrieb von Windparks in orographisch und klimatisch komplexen Gelände auf die Lebensdauer der einzelnen Windenergieanlagen hat, kann derzeit noch in keiner Weise beurteilt werden. Auch dieser Punkt wird zukünftig in das Zentrum des Interesses bei Herstellern und Betreibern geraten und sollte Gegenstand der Forschung wer-den.

2.6.2 Technik großer Windenergieanlagen Die Entwicklung der immer größeren Windenergieanlagen hat einen unschätzbaren Vorteil für die Windenergienutzung. Die Windenergienutzung an Land profitiert vom steigenden Nutzungsgrad der Windenergieanlagen, der es ermöglicht ein Höchstmaß an elektrischer E-nergie auf den begrenzten, zur Verfügung stehenden Flächen zu gewinnen. Dies ist nicht nur in energetischer Hinsicht vorteilhaft, sondern es hilft der Eingliederung der Windenergienut-zung in die Landschaft und somit auch der Akzeptanz.

Technisch gesehen bringt diese Entwicklung aber auch Probleme mit sich. Die modernen Großanlagen profitieren sichtlich von der Erfahrung der Hersteller mit den älteren, kleineren Windenergieanlagen. Gleichwohl sind aber die Anforderungen an Material und Struktur aller

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Anlagenkomponenten deutlich gestiegen, da mit den großen Rotordurchmesser höhere me-chanische Lasten einhergehen bei gleichzeitiger konstruktivbedingter erhöhter Ausnutzung der Materialien. Deutlich wird dies auch daran, dass die Fachinstitutionen im Bereich der Struktur von Windenergieanlage wesentlich vorsichtiger mit der Beurteilung von Aufstel-lungsabständen in Windparks umgehen als dies noch bei der vorherigen Anlagengeneration der Fall war. Die Erhöhung der Rotorlasten durch turbulente Windverhältnisse im Windpark aufgrund gegenseitiger Abschattung von Windenergieanlagen, kann bei zu geringen Abstän-den zu einer empfindlichen Verringerung der Lebensdauer der Windenergieanlagen führen.

Für die Ermittlung der zu erwartenden Energieerträge von Windenergieanlagen und Wind-parks sind die Leistungscharakteristiken, sprich die Leistungskennlinien, der zu beurteilenden Anlagen von entscheidender Bedeutung. Die Vermessung dieser Kennlinien erfolgt entspre-chend der internationalen Richtlinien mit einem einzelnen Anemometer in Nabenhöhe der Windenergieanlage, in einem Abstand von etwa vier Rotordurchmessern vor der Anlage. Bei den bisherigen Anlagengrößen war diese Methode problemlos anwendbar. Bei der Größe der heutigen Anlagen stellt sich die Frage, ob eine Punktmessung mit einem vergleichsweise win-zigen Anemometer ein repräsentatives Bild der Windverhältnisse für eine 1,5 MW-Anlage mit einer Rotorfläche von etwa 3400 m² noch liefern kann. Es stellt sich zudem die Frage, ob standortunabhängige Leistungskennlinien für diese großen Anlagen überhaupt noch definiert werden können; allein die Windscherung über der Höhe des Rotors kann bei unterschiedli-chen Standorten so stark differieren, dass sich ein Unterschied von sicherlich einigen Prozen-ten (bezogen auf den Energieertrag basierend auf einer standardisierten Windverteilung) in der Leistungskennlinie einer Windenergieanlage ergeben können.

Eine weitere Problematik ergibt sich aus der Überprüfung der Planungsparameter eines Windenergievorhabens. Generell ist die Analyse der „Performance“, also Leistungsfähigkeit eines Windparks schwierig. Bei Nichteintreffen der prognostizierten Energieerträge kann die Ursache im Bereich der Ertragsprognose, der Windparkaufstellung oder der technischen Per-formance (Leistungskurve, Verfügbarkeit) der Windenergieanlagen liegen. Die Analyse der Ursachen ist jedoch sehr schwierig, die Schwankungen der Windgeschwindigkeit erschweren die Überprüfung von Ertragsprognosen und Windparkwirkungsgrad-Berechung erheblich, die Vermessung von Leistungskennlinien im turbulenten Windfeld eines Windpark sind sehr an-spruchsvoll. Insbesondere in komplexen Gebieten kann die Abweichung zwischen projektier-ten und tatsächlich erreichten Werten gravierend sein, die Analyse der Ursachen gestaltet sich hier noch erheblich schwieriger als im einfachen Gelände. Im Hinblick auf die mit der Er-schließung des Binnenlandes verbundenen engeren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der größeren Unsicherheit in den Ertragsprognosen ist mit der Zunahme der Komplexität der Standorte das Risiko von Windparkprojekten gestiegen. In der näheren Zukunft wird daher für Prüfung von Technik und Planung von Windparkprojekten eine steigende Nachfrage ent-stehen. Generell stehen jedoch die Methoden zur Analyse der Qualitäten von Planung, Betrieb und Technik noch am Anfang ihrer Entwicklung.

Ein weiterer Schwachpunkt der derzeitigen Situation von Windparkprojekten liegt in dem teilweise noch wenig professionell betrieben technischen Management von Windparks. In

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weiten Bereichen unterscheidet sich die technische Betriebsführung von Windparks noch weitgehend von der industrieller Anlagen. Die technischen Instrumente der Überwachung, wie Überwachungssoftware, digitale Erfassung der technischen Wartung und Reparatur etc., hat noch erheblichen Entwicklungsbedarf. Desweiteren wird der periodischen Überwachung des Zustands der Windenergieanlagen und ihrer Komponenten noch wenig Beachtung ge-schenkt. Generell ist im gesamtem Spektrum des technischen Betriebs noch erheblicher Ent-wicklungsbedarf vorhanden.

2.6.3 Zusätzliche Erfordernisse der Offshore-Windenergienutzung Im Bereich der Offshore-Windenergienutzung betritt die gesamte Windenergieindustrie ein sehr neues und unbekanntes Feld. Die bislang errichteten Windparks in der See befinden sich alle in relativer Nähe zur Küste und können noch nicht als Offshore-Windparks der zukünfti-gen Nutzung angesehen werden. Die Anforderungen die an Aufstellung, Betrieb, Wartung und Reparatur der Offshore-Windenergieanlagen gestellt werden müssen, gehen weit über die bisherigen Erfahrungen der Windenergienutzung hinaus. Hier werden die Kenntnisse und Teilnahme der tätigen Offshore-Industrie und –Dienstleister einbezogen werden müssen, um in absehbarer Zeit die Installation und den Betrieb von Offshore-Windparks zu ermöglichen.

Neben den technischen Aspekten der Offshore-Windenergienutzung fehlt derzeit auch weit-gehend die Kenntnis über die Windressourcen auf See, in einer für die Windenergie erforder-lichen Qualität. Weder im Bereich der deutschen Nord- noch Ostsee gibt es verlässliche Windmessungen von ausreichender Genauigkeit und in erforderlicher Höhe, nicht im langjäh-rigen und nicht im kurzfristigen Bereich. Die derzeit beantragten Offshore-Windenergie-projekte haben somit als Basis für ihre wirtschaftliche Analyse eine Ertragsprognose mit gro-ßer Unsicherheit. Im Hinblick auf die enormen Kosten und das enorme wirtschaftliche Risiko der Offshore-Windenergieentwicklung ist daher dringend die Einrichtung von langjährig be-triebenen Messstationen in den projektierten Seegebieten erforderlich. Zusätzlich sollten lang-jährige, in Küstennähe an Land betriebene Messstationen in die Analyse der Windressourcen auf See einbezogen werden, vor allem jene Stationen mit hoher Genauigkeit und großer Messhöhe, da sie wichtige Daten zur langjährigen Windsituation auf See beitragen können.

Die Frage der Netzanbindung ist ein zentraler Punkt in der wirtschaftlichen Analyse von Offshore-Windenergieprojekten, sind doch die Kosten hierfür stark abhängig von der Entfer-nung zum Land, von der gewählten Trassenführung und der gewählten Technik. In die Ab-wägungsprozesse werden neben technischen Aspekten wie Übertragungswirkungsgrad, Span-nungsniveau etc., auch ökologische Gesichtspunkte, wie elektromagnetische Abstrahlung und Kabelerwärmung eingehen. Jedoch kann hier auf eine Basis vielfältiger Erfahrung mit See-kabelverbindungen, auch mit relativ großer Leistung, zurückgegriffen werden.

Literatur

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[1] Gerdes, G:J; Schwenk, B.; Pahlke, T.: Ergebnisse mit WASP in mäßig strukturiertem Gelände. DEWI-Magazin, Nr.11, August 1997.

[2] Gerdes, G. J.; Strack, M.: Long-term correlation of wind measurement data. DEWI-Magazin (1999) 15, S. 18-24.

[3] Gerdes, G.J.; Strack, M.; Pahlke, T.; Westerhellweg, A.: Verifizierung von Energieer-tragsprognosen. DEWEK 2000 : 5. Deutsche Windenergie-Konferenz, 7.-8.6.2000 in Wilhelmshaven. - Wilhelmshaven : DEWI, 2000. - S. 41-44

[4] Gerdes, G. J.: Leistungsfähigkeit von Windparks : Überprüfung von Windpotenzial, Micrositing und technischer Performance von WEA. Erneuerbare Energien 9(1999) 4, S. 34-35.

2.7 Identifizierung von Problem- und Konfliktfeldern an Land

Mit dem oben beschriebenen, rasanten Ausbau der Windenergie sind in den vergangenen zehn Jahren auch eine Reihe von Problemen sichtbar geworden, die Belastungen der Bevölke-rung, Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes und Störungen für den Naturhaushalt, vor allen Dingen Störungen der Vogelwelt, betreffen. Eine Folge davon sind in einigen Regionen Akzeptanzprobleme beim weiteren Ausbau der Windenergie, die sich jedoch auch auf küsten-ferne Regionen übertragen und ebenfalls zu (an vielen Stellen unbegründeten) Vorbehalten gegen die Errichtung von Windenergieanlagen geführt haben.

2.7.1 Belastung der Bevölkerung Insbesondere aus der Anfangszeit des Windenergieausbaus stammten Anlagen, die zu Schlag-schattenwurf und Lärmbelastung von Anwohnern geführt haben, weil solche Windenergiean-lagen zu dicht an besiedelte Gebiete herangebaut wurden. Durch mangelnde Kenntnis bzw. Nicht-Beachtung dieser Emissionen von Windenergieanlagen kam es dann auch objektiv und messbar zu problematischen Belastungen. In einzelnen Fällen mussten die betreffenden Anla-gen per Gerichtsbeschluss auch wieder abgebaut werden. Durch die in Bezug auf Emissions-bestimmungen konsequente Planung und verschiedene einschlägige Gerichtsurteile kann mitt-lerweile davon ausgegangen werden, dass solche Probleme nicht mehr auftreten.

Infraschall scheint nur dann zu gesundheitlichen Problemen zu führen, wenn er mit einer ho-hen Schallleistung auftritt, wie sie von den Anlagen offensichtlich nicht ausgeht.

Nach wie vor sorgen jedoch subjektive Belastungen für regelmäßige Kritik an der Nutzung der Windenergie. Als subjektive Belastungen sollen hier Lärm- und Lichteffekte verstanden werden, die zwar den rechtlichen Grenzwerten entsprechen, von Anwohnern jedoch trotzdem als mehr oder weniger stark störend empfunden werden. Eine Argumentation ist sehr schwie-rig, die Einwände werden zudem vielfach noch von Nachbarschaftskonflikten oder Einwän-den gegen auswärtige Investoren überlagert. Der Kreis der potenziell Betroffenen ist sehr

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groß, so dass hier insgesamt ein erhebliches Gesamtrisiko für das Image der Windenergienut-zung liegt.

Verbessert hat sich die Situation der Akzeptanz in der Bevölkerung durch die Änderungen im §35 des BauGB. Viele Gemeinden haben das mit dieser Änderung angebotene Instrument zur Steuerung des Aufbaus der Windenergie ergriffen und durch die Ausweisung von Flächen für Windparks aktiv die Planung der Windenergie von kommunaler Seite aus vorgenommen. So-wohl für die Gemeinden und ihre Mitglieder als auch für die Windenergieplaner ist dadurch eine wesentlich höhere Planungssicherheit entstanden.

2.7.2 Belastung des Naturhaushalts Ähnlich gelagert wie die subjektive Belastung von Anwohnern ist die Frage der Landschafts-bild-Beeinträchtigung. Windenergieanlagen verändern das Landschaftsbild, weil sie insbe-sondere in Offenlandschaften räumlich eine neue Dimension einfügen und gerade die aktuel-len Anlagen in Regel alle anderen vertikalen Strukturen weit überragen. Die Bewegung der Rotoren und die weite Sichtbarkeit der Windenergieanlagen stellen eine weitere neue Qualität im Landschaftsbild dar (z.B. [1]).

Unzweifelhaft existieren Landschaftskulissen, die von vielen als besonders empfindlich und erhaltenswert eingestuft werden und wo ein Windpark einhellig als Störung empfunden würde (z.B. vor einer mittelalterlichen Burg auf einer Anhöhe). Demgegenüber würden Windener-gieanlagen vor einer Industriegebietskulisse von kaum jemandem als Beeinträchtigung einge-stuft (siehe z.B. [7]). Diese beiden relativ eindeutigen Grenzfälle sind jedoch sehr selten, wo-hingegen sich die Situation für die Masse der Standorte wesentlich weniger eindeutig gestaltet und die daraus resultierenden individuellen Bewertungen ebenfalls. Im Gegensatz zu Emissi-onen lassen sich für die Bewertung der Landschaftsbildveränderung nur bedingt messbaren Kriterien festlegen, womit ein deutliches individuelles Bewertungspotenzial verbleibt. Im konkreten Einzelfall werden sie zusätzlich von der Erwartung persönlicher Vorteilen oder Nachbarschaftskonflikten überlagert. Aus unbefriedigenden Landschaftsbildlösungen erwach-sen jedoch ebenfalls Akzeptanzprobleme, die auch auf die Attraktivität von Fremdenver-kehrsorten durchschlagen können.

Wegen der vergleichsweise geringen Größe der unmittelbar überbauten Fläche sind bisher so gut wie keine Probleme durch Überbauung wertvoller Lebensräume bekannt geworden. Sie können durch eine entsprechende Standortwahl und Detailplanungen problemlos vermieden werden.

Regelmäßiges Diskussionsthema und unter bestimmten Bedingungen auch gewichtiges Prob-lem sind Beeinträchtigungen der Vogelwelt durch Windenergieanlagen. Drei Bereiche sind hier zu unterscheiden:

• Vogelschlag, also das Anfliegen von Vögeln gegen die Anlage. Die Tiere können da-durch zu Tode kommen oder unterschiedlich schwer verletzt werden.

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• Beeinträchtigung des Vogelzuges durch Anlagen, die in der Flugroute stehen. Ver-schiedene Beobachtungen belegen, dass Vögel durch Windenergieanlagen in ihrer Wanderrichtung abgelenkt werden.

• Verdrängung von angestammten Brut-, Rast- und Nahrungsflächen. Nach bisherigen Erfahrungen aus Begleituntersuchungen an Windenergieanlagen kommt die-sen möglichen Konfliktfeldern unterschiedliches Gewicht zu. Verschiedene Untersuchungen machen deutlich, dass insbesondere die Frage des Vogelschlages als eher nachrangig zu be-werten ist [2], [3], [4], [5]. Sie wiesen jeweils nur wenige Todfunde je Anlage und Jahr nach, die sich bei größeren Windparks allerdings summieren [8]. Größeres Gewicht dürfte dieser Frage hingegen dort zukommen, wo sich der Vogelzug konzentriert (Meeresengpässe, Ta-leinschnitte u.ä.) und/oder wenn ungünstige Wetterverhältnisse vorherrschen.

Zu Beeinträchtigungen ziehender Vögel liegen vor allem Einzelbeobachtungen vor (siehe z.B. [6]), vor allem systematische Vorher-Nachher-Untersuchungen an verschiedenen Parks fehlen bisher jedoch, so dass eine abschließende Beurteilung dieses Problemfeldes bisher nicht mög-lich ist. Für die Vögel problematisch dürfte an diesem Konfliktfeld der erhöhte Energieauf-wand beim Umfliegen der Anlagen und eine Desorientierung sein. Auf den gesamten Zugweg oder auch nur auf die Strecke eines Zugtages gerechnet, erscheint der Mehraufwand, der mit dem Ausweichen an einem Park entsteht, aber vernachlässigbar zu sein. Eine Desorientierung dürfte außerdem nur dann eine Rolle spielen, wenn die Vögel unverhofft auf das Hindernis treffen und schreckhaft die Richtung wechseln. Aber selbst bei mittelhoch ziehenden Vögeln und normalen Sichtverhältnissen können Windenergieanlagen bereits in einer Entfernung von vielleicht 20 km erkannt und so eine notwendige Richtungskorrektur frühzeitig vorgenommen werden. Darüber hinaus erscheinen auch erforderliche Grundlagen über den Vogelzug noch nicht ausreichend. Insbesondere in der Frage der vertikalen Verteilung des Vogelzuges beste-hen noch deutliche Kenntnislücken.

Als das schwerwiegendste Problem hat sich eindeutig die Scheuchwirkung auf rastende oder Nahrung suchende Vögel herausgestellt [9], [10]. Verschiedenste Untersuchungen belegen eine Ausschlusswirkung um Anlagen herum, die allerdings von Art zu Art unterschiedlich ist und auch für unterschiedliche Verhaltensweisen verschieden ist. Insbesondere in den küsten-nahen Bereichen mit großen Vogelkonzentrationen, aber auch attraktiven Windpotenzialen ist es aufgrund mangelnder Berücksichtigung dieses Belanges zu erheblichen Beeinträchtigungen gekommen.

Inwieweit sich auch Probleme für Brutvögel aus der Errichtung von Windparks ergeben, lässt sich bisher noch nicht eindeutig abschätzen. Dies liegt vor allen Dingen daran, dass es bisher nur wenige Vorher-Nachher-Untersuchungen gibt, die keine klaren Ergebnisse liefern. Als sicher kann angenommen werden, dass es artspezifisches Verhalten gibt und etliche Arten zumindest den Nahbereich meiden.

Literatur

[1] Breuer, W. (1993): Windkraftanlagen und Eingriffsregelung oder: Kann denn Wind-kraft Sünde sein? Inform.d.Naturschutz Niedersachs. 13(5): 152 ff.

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[2] Clausager, I. & H. Nøhr (1995): Vindmøllers indvirkning på fugle. Status over viden. Danmarks Miljøundersøgelser. 51 S. - Faglig rapport Frau DMU, nr. 147. Deutsche Übersetzung

[3] Winkelman, J.E. (1992): De invloed van de Sepprefwindcentrale to Oosterbierum (Fr.) o vogels. 1. Aanvaringsschlachtoffers. RIN-rapport 2. DLÖ-Instituut voor bos- en na-tuuronderzoek: 71 S.

[4] Winkelman, J.E. (1992): De invloed van de Sepprefwindcentrale to Oosterbierum (Fr.) op vogels 2. Nachtelijke aanvaringskansen. RIN-rapport 3. DLÖ-Instituut voor Bos- en Natuuronderzoek: 120 S.

[5] Winkelman, J.E. (1992): De invloed van de Sepprefwindcentrale to Oosterbierum (Fr.) op vogels 3. Aanvlieggedrag overdag. RIN-rapport 4. DLÖ-Instituut voor Bos- en Na-tuuronderzoek: 69 S.

[6] Koop, B. (1997): Vogelzug und Windenergieplanung. Naturschutz und landschafts-planung 29(7): 202-207

[7] König, S. & A. Ritschel (1996): Windkraftnutzung auf Gewerbe-und Industriestandor-ten. Neue Wege zur Verminderung des Flächenverbrauchs in Bremen. DEWEK '96, Tagungsband: 211-214

[8] Ministerie van Economische Zaken & Ministerie von Volkshuisvesting, Ruimtelijke Ordening en Milieubeheer (2000): Near Shore Windpark. Den Haag

[9] Schreiber, M. (1993): Windkraftanlagen und Watvogel-Rastplätze. Naturschutz und Landschaftsplanung 25: 133-139

[10] Schreiber, M. (2000): Windkraftanlagen als Störungsquelle für Gastvögel. Schriften-reihe des Bundesamtes für Naturschutz, im Druck

2.8 Anforderungen an die künftige Standortwahl von Windenergieanlagen

2.8.1 Standortwahl an Land Aufgrund der 1997 in Kraft getretenen Änderung des BauGB ist die Auswahl der Standorte für die Windenergienutzung, in Folge der seither stattfindenden Flächenausweisungen, fast gänzlich an die Gemeinden übergegangen. Wie an anderer Stelle dargestellt, findet die Ge-nehmigung von Einzelanlagen kaum noch statt; in den Fällen, in denen eine Gemeinde noch keine Flächenausweisung durchgeführt hat, wird die Beantragung einer Einzelbaugenehmi-gung oftmals zum Anlass genommen, eine derartige Ausweisung durchzuführen.

Die Standortwahl ist daher in den meisten Fällen Angelegenheit der Gemeinde oder wird von ihr stark beeinflusst. Dass es trotz dieser kommunalen Zuständigkeit zu Unzulänglichkeiten in der Planung kommt, war eine der Hauptkritikpunkte an der Windenergieentwicklung, die auf dem im Rahmen diese Projektes durchgeführten ersten Workshops zur Sprache kam (siehe Kap. 3.1).

Festgestellt wurde auf dem ersten Workshop, dass gerade die Umsetzung der Belange von Natur- und Landschaftsschutz bei der Planung oftmals nicht oder nicht ausreichend berück-

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sichtigt wird. Dies wird am Beispiel Niedersachsen deutlich. Hier hatte das Landesamt für Ökologie bereits Mitte der 90er Jahre für die gesamte Landesfläche Karten mit der Darstel-lung der avifaunistisch wertvollen Bereiche erstellt. Diese Karten waren für die kommunalen Planer zugänglich und wurden gleichfalls in die Potenzialstudie "Feststellung geeigneter Flä-chen als Grundlage für die Standortsicherung von Windparks im nördlichen Niedersachsen und im Harz: 1000-MW-Programm" [1], die das Deutsche Windenergie-Institut im Auftrag des niedersächsischen Umweltministeriums 1995 durchführte und die den Kommunen als Planungshilfe dienen sollte, eingearbeitet. In der kommunalen Planung fanden diese avifau-nistisch wertvollen Bereiche jedoch wenig Berücksichtigung. Es ist daher nicht verwunder-lich, dass die Diskussionen des ersten Workshops nicht die Kriterien der zu berücksichtigen-den Naturschutzbelange (hauptsächlich Vogelschutz) zum Thema hatten, sondern die Umset-zung der Ergebnisse der Landesplanung und der von Fachinstitutionen und -behörden erarbei-teten Informationen in der Planungs- und Genehmigungspraxis von Landkreisen und Ge-meinden.

Bezüglich der landschaftlichen Einbindung der Windenergie zeigt sich im Vergleich der kommunalen Flächenausweisungen eine sehr unterschiedliche und in weiten Bereichen nicht plausible Handhabung. Während in einigen Gemeinden oder Landkreisen beispielsweise die Anbindung der geplanten Windparks an bestehende Vorbelastungen (Beispiel Gewerbean-siedlungen oder Betriebseinrichtungen und Hochspannungs-Leitungstrassen der Energiever-sorgung) befürwortet wird, gilt in anderen Verwaltungen dies als Grund der Ablehnung. Die Frage der Windhöffigkeit spielt oftmals keine Rolle, wird sie berücksichtigt, kann sie sowohl als positiver wie auch als negativer Grund für die Ausweisung dienen; letzteres bei negativer Einstellung der Gemeinde zur Windenergienutzung.

Eine weitere Unzulänglichkeit der kommunalen Ausweisungspraxis liegt in der zumeist aus-schließlich auf das Gemeindegebiet begrenzten Planung. Dies zeigen Windparkflächen, die ohne Abstand an die Grenze zum Gebiet der Nachbargemeinde gelegt werden, oftmals ohne Absprache mit der Planung der Nachbargemeinde. Eine großräumige Planung, zumindest auf Kreisebene, die nicht an Gemeindegrenzen halt macht, wäre hier vonnöten.

Weiterhin hat der bisherige Umgang mit der Auswahl und Genehmigung von Standorten für Windparks und Einzelanlagen in den Ländern zu einer Fülle von Abstandsregelungen gegen-über schutzwürdigen Flächen und Strukturen sowie Ausschluss- bzw. Restriktionsbestim-mungen für verschiedene Schutzgüter geführt. Eine Zusammenstellung findet sich in [2]. Die-se Regelungen variieren von Bundesland zu Bundesland. Für eine nachvollziehbare und plau-sible Planung der Windenergie ist daher eine Vereinheitlichung der Kriterien geboten.

Die wesentlichen Veränderungen müssen jedoch bei der Anwendung dieser Bestimmungen erfolgen. Die Berücksichtigung der naturschutzfachlichen Abstandsregelungen ist am besten gewährleistet, wenn es unter Anwendung eines fundierten Kriterienkataloges auf der regio-nalplanerischen Ebene und unabhängig von konkreten Bauvorhaben zur Festlegung von Vor-rang- und Ausschlussflächen kommt.

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Weitere wichtige Voraussetzung für eine angemessene Berücksichtigung der Naturschutzbe-lange besteht darin, EU-rechtliche Bestimmungen wie die FFH- und Vogelschutzrichtlinie vollständig umzusetzen und die Datenlage für die festgesetzte Schutzgüter so weit zu verbes-sern, dass für ausgewählte Standorte mit hoher Wahrscheinlichkeit das Entgegenstehen von Naturschutzbelangen ausgeschlossen werden kann. Fehlende raumordnerische Festsetzungen und unvollständige Kenntnisse über die Schutzgüter führen dann zu Konflikten, wenn konkre-te Projektplanungen unerwartet auf hohe ökologische Wertigkeiten treffen. In der Praxis füh-ren bereits getätigte Investitionen dann vielfach zu nicht mehr kompensierbaren Ausnahmelö-sungen, die in Niedersachsen beispielsweise bis hin zur Genehmigung großer Windparks in Rastgebieten internationaler Bedeutung und faktischen Vogelschutzgebieten geführt haben. Die neugeschaffene Umweltverträglichkeitsprüfungs-(UVP)-Änderungsrichtlinie der EU ist in der Regionalplanung konsequent anzuwenden und wird dann hinsichtlich genannter Kon-fliktbereiche Abhilfe schaffen.

Die wesentliche Forderung an die Standortwahl ist daher die Berücksichtigung der Belange von Natur- und Landschaftsschutz und die Orientierung an den Leitlinien der europäischen Gemeinschaft und der Institutionen von Bund und Ländern. Eine konsequente Umsetzung würde Konflikte zwischen Windenergienutzung und Natur- und Landschaftsschutz vermeiden oder verringern helfen.

Eine weitere, im Rahmen der Diskussion des ersten Workshops aufgetretener Vorschlag bein-haltet die Schaffung eines Gütesiegels. Dieser soll zur Kennzeichnung der Energieproduktion aus Windparks dienen, bei deren Planung die Belange von Natur- und Landschaftsschutz ent-sprechend der gültigen Richtlinien eingehalten worden sind. Dieser Vorschlag ist jedoch um-stritten, da die Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen, in diesem Fall der Durchfüh-rung der UVP nach EU-Standard, nicht Gegenstand eines Bonussystems sein soll oder darf, sondern im Rahmen einer rechtlich einwandfreien Planung ohne Frage gegeben sein muss.

Die Anforderungen an die künftige Standortwahl von Windenergieanlagen könne daher zu-sammengefasst folgende Schwerpunkte beinhalten:

• konsequente Anwendung der europäischen UVP-Richtlinie in den Fällen, wo sie erfor-derlich ist; Berücksichtigung der Belange von Natur- und Landschaftsschutz,

• raumordnerische Festsetzungen von Flächen zur Windenergienutzung die eine groß-räumige Planung ermöglicht, die nicht an Gemeindegrenzen halt macht,

• Vereinheitlichung von Abstandsregelungen,

• Erstellung von Konzepten zur Einbindung in die Landschaft unter Berücksichtigung von Vorbelastungen,

• Bewertung und Berücksichtigung der Windhöffigkeit im Hinblick auf eine möglichst effektive Nutzung der für die Windenergie bereitgestellten Flächen,

• gegebenenfalls Einführung eines Gütesiegel für planerisch sinnvoll errichtete Wind-parks

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2.8.2 Standortwahl Offshore Für den Bereich der Offhore-Windenergienutzung stellen sich zwar prinzipiell ähnliche An-forderungen, jedoch aufgrund der sehr verschiedenen Situation veränderte Schwerpunkte an die Anforderungen der Standortwahl. Zunächst ist davon auszugehen, dass Windparks in grö-ßerem Umfang nicht innerhalb der 12-Seemeilen-Zone gebaut werden können. Fast alle aktu-ellen Planungen haben Standorte in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) zum Ziel. Aufgrund der Lage außerhalb der 12-Seemeilen-Zone ergeben sich zur Zeit Zuständigkeiten durch Bundesbehörden; Genehmigungen im Rahmen der Seeanlagenverordnung erteilt das Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie.

Raumordnung ist in Deutschland Angelegenheit der Bundesländer; auf Bundesebene ist sie nicht definiert, da typischerweise die gesamte Fläche der Bundesrepublik durch Landeszu-ständigkeiten abgedeckt sind. Für die AWZ, die ja außerhalb dieser Zuständigkeiten liegt, ist daher Raumordnung und somit die gesetzlich geregelte Anwendung raumordnerischer Ver-fahren nicht möglich. Dies bedeutet, dass die Genehmigung von Offshore-Windparks in der AWZ für jeden Antrag separat erfolgt, ohne Zusammenhang mit den Genehmigungen anderer Vorhaben. Eine raumordnerische Betrachtung der verschiedenen Projekte läge sicherlich im allgemeinen Interesse, insbesondere aber im Interesse der Natur- und Umweltschutzverbände sowie der Projektentwickler und Betreiber. Auch im Hinblick auf eine Beeinträchtigung von Fischerei, Sportschiffahrt und militärischer Nutzung wäre eine zusammenhängende, großräu-mige Betrachtung von Vorteil. Die Standortwahl bezüglich der Einwirkung auf das Land-schaftsbild ist für die Offshore-Windenergienutzung in der AWZ nicht von Bedeutung. Die Entfernung zur Küste wird selbst im Fall der küstennäheren Projekte nicht unter 30 km liegen; eine störende Wahrnehmung der Anlagen von Land aus ist nicht zu befürchten.

Die Frage der Einwirkung von Offshore-Projekten auf den Naturhaushalt sind ebenso viel-schichtig wie an Land, sie werden dadurch verschärft, dass die Kenntnisse über die an den projektierten Standorten vorhandenen Lebenswelten weitaus geringer sind als an Land. Die bereits bekannten Flora-Fauna-Habitate und Vogelschutzgebiete sind zu berücksichtigen. Er-kenntnisse über die vorkommenden Fischarten und marinen Säuger und vor allem die mögli-chen Einwirkungen und ihre Folgen sind zu untersuchen. Die auch für Offshore-Vorhaben erforderlichen UVPen, nach europäischer Richtlinie, sind deshalb und wegen des größeren Aufwands in der Durchführung, weitaus schwieriger.

Weitere Kriterien der Standortwahl sind die Beeinflussung von Seeschiffahrt, Fischerei, Sportschiffahrt und militärischer Nutzung. Diese Nutzungen sowie die Eigenschaften des Na-turhaushalts qualitativ und quantitativ zu erfassen und abzuwägen ist eine Aufgabe die dring-lich ansteht, ebenso wie eine Vorklärung in Form der Erfassung und Analyse der Flächen der betroffenen Seegebiete. Hier sind Verwaltung und Politik auf Bundesebene gefordert, zu-nächst eine klare Zielsetzung der Offshore-Windenergienutzung zu definieren sowie die er-forderlichen Untersuchungen durchzuführen.

Zusammenfassend lässt sich für den Offshore-Bereich sagen, dass die Kriterien der Standort-wahl, die Beeinflussung von Seeschiffahrt, Fischerei, Sportschiffahrt und militärischer Nut-

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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zung klar sind, ihre Behandlung jedoch in Form von UVPen und Forschungsvorhaben sowie gegebenenfalls raumordnerischer Planung erfolgen muss.

Literatur

[1] Niedersächsisches Umweltministerium: Feststellung geeigneter Flächen als Grundlage für die Standortsicherung von Windparks im nördlichen Niedersachsen und im Harz : 1000-MW-Programm; Bearbeitung: Gerdes, G. J.; Pahlke, Th.; Penner, K.; Deutsches Windenergie-Institut. - Wilhelmshaven: DEWI, 1995. - 207 S. ; zahlr. Kt.

[2] Projektgruppe „Windenergienutzung“. Empfehlungen des Bundesamtes für Naturschutz zu naturverträglichen Windkraftanlagen. Schriftenreihe des Bundesamtes für Natur-schutz, Bonn, ca. 220 S.

2.9 Mögliche Konflikte der Offshore-Windenergienutzung

Neben den im vorhergehenden Kapitel bereits erwähnten Problem- und Konfliktfeldern, wie Nutzungskonflikte mit dem Militär, der Fischerei und dem Tourismus sind Konflikte mit dem Naturschutz gesondert zu untersuchen. Gerade im Bereich des Naturschutzes fehlen noch Er-fahrungen des Einflusses von Offshore-Windenergieparks auf die Tierwelt. Zu unterscheiden ist hier allerdings die Nutzung der Windenergie im Ostsee- und im Nordseebereich, da insbe-sondere Zugvögel ganz unterschiedliche Gewohnheiten in diesen beiden Gewässern zeigen. Hinsichtlich der Kollisionsgefahren von Zugvögeln mit Offshore-Windenergieparks kann z.Z. nur ein Vergleich mit den Kollisionsgefahren von Ölplattformen herangezogen werden. Al-lerdings handelt es sich bei Ölplattformen um beleuchtete technische Einrichtungen. Erfah-rungen an Land haben gezeigt, dass die Beleuchtung von Sendemasten z.B. das Kollisionsri-siko stark erhöhen, die Kollisionsgefahr mit WEA aufgrund heutiger Erfahrungen jedoch als vernachlässigbar gilt. Genaue Erkenntnisse hierzu gibt es z.Z. für den Offshore-Bereich noch nicht.

Aus der unvollständigen Meldung von Vogelschutzgebieten und Schutzgebieten nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (EWG) ergeben sich Konflikte fachlicher wie formaler Art mit dem geplanten Ausbau der Windenergie im Offshore-Bereich. Derzeit existieren im Bereich der deutschen Hoheitszonen (12 sm-Zone und AWZ) außer im Zuständigkeitsbereich Schles-wig-Holsteins keine offiziellen Gebietsvorschläge nach diesen Richtlinien, obgleich dort Le-bensräume vorkommen, die die Voraussetzungen für eine Meldung nach der FFH-Richtlinie erfüllen. Entsprechendes gilt für Vogelschutzgebiete, für die im Bereich der deutschen Nord-see-Küste mehrere Abgrenzungen in IBA-Verzeichnissen (Important Bird Area) [1], [2], [3] vorliegen. Solange keine solchen Vorschläge vorgelegt werden, bleibt für Offshore-Planungen rechtliche Unsicherheit bzgl. der Bestimmungen aus den europäischen Natur-schutzrichtlinien im Umfeld solcher Gebiete. Deshalb wäre es wichtig, dass die Bundesrepu-blik Deutschland auch für den Offshore-Bereich die notwendigen EU-Schutzgebiete ausweist,

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um den Offshore-Ausbau zu steuern und wenigstens die formalen Konflikte mit dem Natur-schutz zu vermeiden helfen.

Als weiteres grundsätzliches Problem ist die Netzanbindung von Offshore-Anlagen anzuse-hen. Soweit es um Planungen im Bereich der deutschen Nordseeküste geht, muss die Netzan-bindung durch einen der Wattenmeer-Nationalparks erfolgen, die flächendeckend als Schutz-gebiete nach der FFH-Richtlinie vorgesehen sind. Die oberirdische Verlegung der Verbin-dungskabel dürfte, ohne einer Verträglichkeitsprüfung nach Artikel 6 der FFH-Richtlinie vor-zugreifen, als erheblicher Eingriff zu bewerten sein, der in solchen Gebieten grundsätzlich unzulässig ist. Sollte er über die Ausnahmeregelungen des Artikels 6 dennoch als zulässig erachtet werden, so gilt auf jeden Fall das Minimierungsgebot, welches im Zusammenhang mit der Netzanbindung bedeuten könnte, dass nicht jeder einzelne Park seine eigene Durch-querung des Nationalparks erhält, sondern dass eine Bündelung erfolgt. Die dafür erforderli-che Gesamtplanung, die u.U. auch grenzübergreifend mit den Niederlanden und Dänemark erfolgen müsste, ist allerdings nicht in Sicht. Auch die wesentlich weniger beeinträchtigende Verlegungsart der Horizontalbohrung sollte im Rahmen einer solchen Gesamtplanung erfol-gen.

Neben der Anbindung von Windparks an das Festland könnte auch die weitere Anbindung an das Stromnetz Probleme für den Naturhaushalt und das Landschaftsbild aufwerfen, wenn zu-sätzliche Stromtrassen erforderlich würden.

Literatur

[1] Skov, H., J. Durinck, M.F. Leopold & M.L. Tasker (1995): Important Bird Areas for Seabirds in the North Sea. BirdLife International, Cambridge

[2] Heath, M.F. & M.I. Evans, eds. (2000): Important Bird Areas in Europe: Priority sites for conservation. 2 vols. Cambridge, UK: BirdLife International (BirdLife Interational Series No. 8)

[3] Melter, J. & M. Schreiber (2000): Wichtige Brut- und Rastvogelgebiete in Niedersach-sen. Vogelkundl. Ber. Niedersachs. 32, Sonderheft

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3 ANALYSE ÖKOLOGISCHER BEDENKEN GEGEN DIE WINDENERGIENUTZUNG

3.1 Auftakt-Workshop vom 4. und 5. April 2000 in Wilhelmshaven

Der Auftakt-Workshop im Rahmen des F&E Vorhabens “Weiterer Ausbau der Windenergie-nutzung im Hinblick auf den Klimaschutz” fand am 04. und 05. April 2000 in den Räumen des Deutschen Windenergie-Instituts in Wilhelmshaven statt. Es nahmen Vertreter verschie-dener Bundesministerien sowie einiger untergeordneter Bundesämter, Vertreter der Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachen und Schleswig-Holstein sowie Ver-treter von Umwelt-, Naturschutz- und Windenergieverbänden teil.

Die Tagung wurde über zwei Tage veranstaltet,mit einer Exkursion auf das Testfeld des Deut-schen Windenergie-Instituts und mit der Besichtigung eines kommerziellen Windparks in der Gemeinde Bassens.

Das Tagungsprogramm verlief nach folgenden Tagesordnungspunkten:

• Vorstellung der Inhalte und Vorgehensweise im F & E-Vorhaben 9946101 „Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz“

• Diskussion des F & E-Schwerpunktes „Analyse der Entwicklung der Windenergienut-zung an Land“

• Bilanz der bisherigen Entwicklung an Land

• Identifizierung von Problem- und Konfliktfeldern an LandAnsätze zur Integration der verschiedenen Anliegen beim weiteren Ausbau der Windenergienutzung an Land. (Ei-nigung auf geeignete Flächen)

• Vorstellung und Diskussion des F & E-Schwerpunktes „Nutzung der Windenergie im Offshore-Bereich“

• Präsentation potenzieller verfügbarer Offshore-Räume in Deutschland und deren Po-tenziale

• Potenzieller Beitrag der Offshore-Windenergienutzung zum Klimaschutz

• Abläufe der Planung und Genehmigung im Offshore-Bereich

• Identifizierung von Problem- und Konfliktfeldern der Offshore-Windenergienutzung

• Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Problem- und Konfliktfeldern bei der Pla-nung von Offshore-Windparks

Der Workshop war geprägt von einer sehr lebendigen und zugleich sachlichen Diskussion, die es allen Beteiligten ermöglichte, die durchaus kontroversen Themen der Tagesordnung zu erörtern. Die Teilnehmer lobten einheitlich den informativen und sachlichen Charakter der Veranstaltung und die Möglichkeit der Behörden und Verbände übergreifenden Kontaktauf-nahme. Als einer der Angelpunkte beim Ausbau der Windenergie sei in den Diskussionen klar geworden, dass noch viele Fragen im Genehmigungsverfahren geklärt werden müssten. Au-

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ßerdem konnten viele Aspekte des Naturschutzes mit aufgenommen und der Forschungsbe-darf in diesem Bereich definiert werden.

Von den Teilnehmern wurde es als sehr sinnvoll angesehen, solche Veranstaltungen in so einem Kreis öfter durchzuführen, da es durch die Zuständigkeitsaufspaltung erschwert sei, auf vorhandenen Sachverstand zuzugreifen.

3.2 Zweiter Workshop “Offshore-Windenergienutzung – Technik, Naturschutz, Pla-nung” vom 27. Juni 2000 in Wilhelmshaven

Am 27. Juni 2000 wurde im Gorch-Fock-Haus in Wilhelmshaven der zweite Workshop im Rahmen des Vorhabens durchgeführt. Entsprechend der Gespräche zwischen BMU und DEWI sollte Gegenstand dieser Veranstaltung allein die Offshore-Windenergienutzung sein; die Beschaffung und Verbreitung von bereits verfügbaren Informationen zur Technik, Pla-nung und zu möglichen Konflikten mit dem Naturschutz sollte hierbei im Vordergrund ste-hen. Das Thema lautete daher "Offshore-Windenergienutzung, Technik, Naturschutz, Pla-nung".

Entsprechend der Zielsetzung der Veranstaltung wurden die Bereiche Technik, Naturschutz sowie Planung und Genehmigung von Offshore-Windenergieanlagen in Form von Referaten vorgestellt. Um den in den europäischen Nachbarländern Dänemark und Niederlande bereits bestehenden Kenntnisstand darzustellen, wurden neben Vorträgen aus dem Inland für jeden der genannten Bereiche auch Experten aus den europäischen Nachbarländern geladen.

Die einzelnen Vorträge und Referenten sind in Tabelle 3.1 aufgeführt. Entsprechend den drei Themenbereichen wurde der Workshop in drei Blöcke zusätzlich zweier Einführungs-themen gegliedert:

Allgemeine Information 2 Vorträge

Block Technik 2 Vorträge

Block Naturschutz 4 Vorträge

Block Planung 4 Vorträge

Das Thema Technik sollte den derzeitigen Stand bei Windenergieanlagen und Windparks beleuchten. Es wurden daher zwei Vorträge gehalten: über den Stand der Technik der geplan-ten Offshore-Windenergieanlagen und über den Stand der technischen Planungen von Offsho-re-Windparkprojekten.

Im Themenbereich Naturschutz sollten mögliche Konflikte zwischen der Offshore-Windenergienutzung und dem Naturschutz in der gesamten Breite dargestellt werden, zusätz-lich speziell die Themen Avifauna und marine Lebenswelt sowie der Umgang mit Natur-schutz-Konflikten in der Planung.

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Thema Vortragender

Eröffnung des Workshops G.Gerdes; DEWI

Motivation und Ziele des F+E-Vorhabens

K. Löwe; Bundesministerium für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit

Planning of the First Danish Offshore Wind Park in the North Sea

H. Grastrup; ELSAM Projekt A/S, Dänemark

State of the Art – Offshore Wind Technology

P. Grud; Vestas Wind Systems A/S, Dänemark

Considerations on Environmental Issues in the Planning of Offshore Wind Farms in The Netherlands

S. Dirksen; Bureau Wardenburg, Niederlande

Mögliche Konflikte zwischen der Offsho-rewindenergienutzung und dem Natur-schutz

Th. Merck; Bundesamt für Naturschutz

Möglicher Einfluss der Offshorewinde-nergienutzung auf marine Lebewesen

K. Lucke; Forschungs- und Technologiezentrum Westküste

Möglicher Einfluss der Offshorewinde-nergienutzung auf die Avifauna

Dr. St. Garthe; Institut für Meereskunde an der Universität Kiel

Potenziale der Offshore-Windenergie-nutzung und ihr Beitrag zum Klima-schutz

Dr. K. Rehfeldt; DEWI

The Danish offshore wind energy pro-gramme - planning and implementation

St. Rasmussen; Danisch Energy Agency

Offshoreplanung des Landes Niedersach-sens

H. Schörshusen; Niedersächsische Staatskanzlei

Sachstand der Offshorewindenergiepla-nung in Schleswig-Holstein

Dr. N. Boesten,; Ministerium für ländliche Räume, Landes-planung, Landwirtschaft und Tourismus, Kiel

Vorgehensweise bei der Planung eines Offshore-Windparks in der AWZ

I. de Buhr; Prokon-Nord

Abschlussdiskussion

Tabelle 3.1: Programm des zweiten Workshops.

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Im Themenbereich Planung sollten der Stand der Planungen in Dänemark, das derzeit eine führende Rolle bei der Realisierung von Offshore-Windparkplanungen hat, dargestellt wer-den, sowie am Beispiel zweier Bundesländer der Stand der Planungen in Deutschland. Ein Beitrag über den Stand der Planungen in der AWZ konnte wegen nicht disponibler Termine seitens des BSH leider nicht aufgenommen werden. Der Darstellung der Herangehensweise und Breite der Untersuchungen von Seiten eines Projektentwicklers wurde mit dem letzten Beitrag Rechnung getragen.

Der Workshop war mit mehr als 120 Teilnehmern überaus gut besucht. Die Vermittlung und der Austausch der Informationen zu den genannten Themen wurde von allen Seiten, Teilneh-mern, Referenten und Veranstaltern als sehr positiv eingestuft. Bemängelt wurde ein zu schmaler zeitlicher Raum für Diskussionen; dies war jedoch vom Konzept des Workshops, der an nur einem Tag stattfinden, aber gleichzeitig die genannten Themen in ihrer Gesamtheit vermitteln sollte, nicht anders vorgesehen.

Der Tagungsband der Veranstaltung ist unter http://www.dewi.de/downloads.html als Datei herunterladbar.

3.3 Dritter Workshop “Offshore-Windenergienutzung und Umweltschutz"

Das bisherige Vorhaben umfasst die Durchführung von zwei Workshops. Zielsetzung war beim ersten Workshop die Analyse der Problematiken der Windenergienutzung Offshore und an Land, wie sie von beteiligten Behörden und Ministerien sowie von Umwelt-, Naturschutz- und Windenergieverbänden gesehen wird. Der zweite Workshop hatte die Zielsetzung, diese Problematik im Rahmen einer größeren Veranstaltung mit Fachleuten aus den Bereichen Na-turschutz, Windenergie und Planung und Genehmigung zu erörtern. Beide Workshops waren erfolgreich und haben ihre Zielsetzungen erreicht.

Zielsetzung eines dritten Workshops soll es nun sein, die bisher erörterten Problematiken der Planung, Genehmigung und Folgeabschätzung der Offshore-Windenergienutzung Entschei-dungsträgern aus Bundes- und Länderpolitik und -verwaltung nahezubringen unter gleichzei-tiger Beteiligung einer breiten Öffentlichkeit. Deshalb ist vorgesehen, diesen 3. Workshop in Form einer größeren, zweitägigen Veranstaltung durchzuführen, unter Beteiligung möglichst aller Betroffenen. Das Ergebnis des Workshop sollen Empfehlungen an die Politik bezüglich der Formulierung von Ausbauzielen und Durchführung einer geordneten Planung der Offsho-re-Windenergienutzung sein, ebenso wie politische Signale und Empfehlungen zum weiteren Vorgehen bei der Standortfindung und -genehmigung.

Obwohl die Windenergienutzung an Land und Offshore Gegenstand des BMU-Vorhabens sind, wurde für den dritten Workshop allein das Thema Offshore gewählt. Beide Themen im dritten Workshop zu bearbeiten würde aufgrund der Breite der Themen die Erreichung der Ziele des Workshops gefährden. Zudem befindet sich die Entwicklung an Land aufgrund der aktuellen Baugesetzgebung in einem weitgehend geregelten Zustand, so dass hier keine eili-gen oder drastischen Entscheidungen verlangt sind. Daher wurde als Gegenstand des

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Workshops alleine die Entwicklung der Offshore-Windenergienutzung gewählt. Wegen des großen Interesses ist dazu für den 14./15.6.2001 ein Kongress in Berlin geplant.

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4 UNTERSUCHUNGEN ZUM ZUKÜNFTIGEN AUSBAU DER WINDENERGIENUTZUNG IN DEUTSCHLAND

4.1 Untersuchungen zum zukünftigen Ausbau der Windenergienutzung an Land

Vor dem Hintergrund des bisherigen Ausbaus der Windenergie in Deutschland stellt sich die Frage, welcher Raum und welche Möglichkeiten für eine zukünftige Entwicklung an Land noch vorhanden sind.

Die Effektivität der Windenergienutzung ist aufgrund der Entwicklung der modernen Großan-lagen in den letzten Jahren erheblich gestiegen, die Raumnutzung ist dadurch wesentlich er-höht worden. Dies ist für die Akzeptanz der Windenergie ein entscheidender Gesichtspunkt. Das die Landschaft beeinflussende Objekt Windpark ist durch die Reduzierung der Anlagen-zahl bei gleichzeitiger Erhöhung von installierter Leistung und Energieertrag wesentlich ak-zeptabler geworden.

Eine weitere positive Entwicklung in der Akzeptanz ist durch die Änderung des BauGB 1997 eingetreten. Durch die seitdem stattgefundene Ausweisung von Flächen zur Windenergienut-zung sind die Konflikte mit den betroffenen Bürgern und innerhalb der Gemeinden deutlich geringer geworden.

Heute stellt sich vor dem enormen Ausbau gerade der letzten zwei Jahre die Frage, welche Möglichkeiten die weitere Entwicklung noch hat. Um auf diese Frage eine zumindest qualita-tive Antwort zu erhalten, wurde eine Umfrage bei allen Regionalverbänden des Bundesver-bands Windenergie durchgeführt. Diese Befragung schien die effizienteste Methode zur Be-antwortung der Frage nach den noch zur Verfügung stehenden Flächen zu sein. Die Gemein-den im Bundesgebiet, vermutlich auch die Landkreise, verfügen natürlich über sämtliche In-formationen zu den ausgewiesenen Windnutzungsflächen. Die Befragung aller, mehrerer tau-send Gemeinden wäre aber undurchführbar gewesen; der Erfolg der Befragung gerade bei den Gemeinden, die der Windenergie eher negativ gegenüberstehen, wäre zudem sehr fraglich gewesen, ein schiefes Bild der aktuellen Lage wäre zu befürchten gewesen.

4.1.1 Auswertung der Umfrage zu den räumlichen Möglichkeiten des zukünftigen Ausbaus der Windenergienutzung

Angeschrieben wurden 34 Regionalverbände des Bundesverbands Windenergie (BWE), ge-fragt wurde nach

• der Anzahl der Gemeinden im Gebiet des Regionalverbands,

• der Anzahl der Gemeinden, in denen eine Flächenausweisung nach §35 BauGB erfolg-te,

• der Grundhaltung (positiv/neutral/negativ) mit der die Flächenausweisung erfolgte,

• Informationen zur Windhöffigkeit in den ausgewiesenen Gebieten,

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• dem Anteil der bereits bebauten bzw. beplanten Flächen im Gemeindegebiet,

• dem voraussichtlichen zeitlichen Ende des Zubaus auf ausgewiesenen Flächen im Ge-biet des Regionalverbands,

• der Möglichkeit nachträglicher, späterer Flächenausweisungen.

Weiterhin gab es die Möglichkeit, über diese Fragen hinausgehend detaillierte Angaben zur Flächenausweisung in den anliegenden Tabellen des Fragebogens zu machen.

Von den 34 angeschriebenen Regionalverbänden wurde der Fragebogen von 10 Verbänden ausgefüllt und zurückgesandt. Weitere 3 Regionalverbände gaben telefonisch Auskunft. Für Mecklenburg-Vorpommern gab es Informationen aus einer landesweit durchgeführten Studie, die den „Stand der Windenergienutzung in den Eignungsräumen in Mecklenburg-Vorpommern“ wiederspiegelt und somit thematisch sehr gut zur durchgeführten Befragung passt.

Die Antworten bzw. Auskünfte, die von den einzelnen Regionalverbänden geliefert wurden, sind sehr unterschiedlich. Während einige Regionalverbände nur ein Minimum an Informati-onen beibringen konnten, gaben andere wiederum sehr detailliert Auskunft.

Auch die zukünftigen Möglichkeiten der Windenergienutzung stellen sich in den einzelnen Regionalverbänden sehr unterschiedlich dar und sind sehr stark von der Grundhaltung der jeweiligen Landesregierungen zur Windenergienutzung abhängig. Diese reicht von einer kon-sequenten Ablehnung einerseits, bis hin zur aktiv durchgeführten detaillierten Planung seitens der Landesregierung.

Rückläufe gab es vor allem aus den Regionalverbänden Rheinland, Ostfriesland, Bergisches Land, Paderborn-Höxter-Lippe, Thüringen, Oberpfalz, Nordhessen, Münsterland, Südwest Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern.

4.1.1.1 Stand der Flächenausweisung Die Ausweisung der Flächen, wie sie sich aus den eingegangenen Rückläufen darstellt, ist in Tabelle 4.1 und Tabelle 4.2 aufgezeigt. Zur Überblicks- und zusammenfassenden Darstellung wurden vier Kategorien der bisherigen Entwicklung der Windenergie definiert. Diese Katego-rien gliedern sich entsprechend dem Ausbauzustand, der sowohl windenergiespezifische als auch politische Gründe beinhaltet. Kategorie A sind die Gebiete, in denen die Entwicklung der Windenergie aufgrund der für Deutschland sehr guten Windbedingungen ihren Anfang nahm. Kategorie B sind die Regionen, die entweder durch eine engagierte Förderung, z.B. Nordrhein-Westfalen, oder aber bei gutem Windpotenzial aufgrund einer verzögerten Pla-nung, z.B. Mecklenburg-Vorpommern, die zweite Stufe der Windenergieentwicklung gebil-det haben. Die dritte Kategorie sind die Regionen im Binnenland, in denen die aktuelle Ent-wicklung stattfindet. Die letzte, die vierte Kategorie, bilden die Regionen im Binnenland, in denen entweder aufgrund fehlenden Potenzials oder aber aufgrund einer restriktiven Geneh-

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migungspraxis, z.B. Sachsen und Bayern, bislang keine nennenswerte Entwicklung stattfin-det.

Kategorie der Windenergie-entwicklung

Erläuterung Beispiel-Gebiet

A Gebiete mit sehr gutem Windpotenzial Küste Nds/SH

B Gebiete mit entweder gutem Windpotenzial oder engagierter Landesförderung NRW/MV

C Gebiete der aktuellen Binnenlandentwicklung Hessen

D Gebiete mit gerigem Ausbau der Windenergie Bayern/Thüringen

Tab. 4.1: Einteilung der Regionen in verschiedene Entwicklungsstufen der Windenergie. Mit der Änderung des BauGB im Januar 1997 wurde den Gemeinden eine Karenzzeit von 2 Jahren für die Ausweisung der Flächen zur Windenergienutzung gegeben. Durch die Flächen-ausweisung konnten die Gemeinden der Privilegierung der Windenergieanlagen im restlichen Gemeindegebiet vorgreifen. Daher war es für die Gemeinden an der Küste eine Selbstver-ständlichkeit, diese Ausweisung durchzuführen, um den sicherlich ansonsten eingetretenen ungeordneten Zubau von Einzelanlagen zu verhindern. Dies belegt auch die Zahl der Ge-meinden mit Flächenausweisung in Kategorie A, die mit 95 % ungemein hoch ist. Die Aus-weisung von Windnutzungsflächen ist wahrscheinlich 2001 beendet.

In den Regionen der Kategorie B, die im chronologischen Ablauf der Entwicklung in Nieder-sachsen und Schleswig-Holstein folgten, ist die Zahl der Gemeinden, in denen eine Flächen-ausweisung durchgeführt wurde, mit 80 % ebenfalls sehr hoch. Dies liegt sicherlich daran, dass auch hier bereits langjährige Erfahrung mit der Nutzung der Windenergie vorliegen. Eine Ausweisung in 100 % der Gemeinden ist in dieser Kategorie nicht zu erwarten, so gibt es bei-spielsweise in Nordrhein-Westfalen etliche Gemeinden bzw. Städte, in deren Gebiet aufgrund der Bebauung und restlichen Nutzung keine Flächen für die Windenergienutzung mehr zur Verfügung stehen. Die Ausweisung der Windnutzungsflächen in Kategorie B wird wahr-scheinlich 2002 bis 2004 beendet sein, d.h. der schon beträchtliche Ausweisungsanteil wird sich noch erhöhen.

Aus den eingegangen Antworten der Fragebogenaktion ist zu schließen, dass in den Regionen im Binnenland, in denen die Windenergienutzung erst seit kürzerer Zeit stattfindet (Kategorie C), die Ausweisung von Flächen nur in etwa 30 % der Gemeinden bislang stattgefunden hat. Die Frage, ob in Zukunft etliche Gemeinden sich mit der Genehmigung von Einzelanlagen auseinander zu setzen haben, ist schwer zu beantworten, da das in den verbleibenden 70 % der Gemeinden vorhandene Windpotenzial nicht bekannt ist. Die Ausweisung von Windnut-zungsflächen wird wahrscheinlich bereits 2002 beendet sein, so dass die Zahl der Gemeinden mit Ausweisung sich nur mittelmäßig erhöhen dürfte.

In Kategorie D, zu der zum Großteil die Regionen gehören, in denen die Windenergienutzung bisher sehr gering ausgebaut wird, ist die Ausweisung am wenigsten weit fortgeschritten. Eine

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Ausweisung in lediglich 10 % der Gemeinden legt die Vermutung nahe, dass nicht alle Kom-munen, in denen eine Windenergienutzung möglich ist, eine Flächenausweisung vorgenom-men haben. Ob es hier zukünftig noch zur nachträglichen Erstellung von Flächennutzungsplä-nen für die Windenergie kommt, hängt sicherlich einerseits vom Genehmigungsdruck ab, der durch Bauanträge für Einzelanlagen entstehen könnte, und/oder einer weniger restriktiven Haltung von Land und Behörden. Die bislang erkennbaren Absichten für Flächenausweisun-gen reichen nur in das Jahr 2002.

Kategorie der Windenergieentwicklung

Gemeinden mit Flächenausweisung

A > 95 %

B > 80 %

C < 30 %

D < 10 %

Tab. 4.2: Stand der Ausweisung von Flächen. Zusätzliche Erläuterungen zu den Ergebnissen der Befragung ergeben sich wie folgt.

In den Regionen , wie die südlichen Länder Sachsen, Thürungen, Bayern und Baden-Württemberg findet Windenergienutzung nur in geringem Maße statt und ist nicht Gegens-tand der Planung. Dies wird auch deutlich, wenn man sich in den einzelnen Regionen die Flä-chenausweisung betrachtet. So haben in der Oberpfalz bisher 15 von 226 Gemeinden Flächen ausgewiesen. Im Gebiet der Regionalverbände in Thüringen haben von 1025 Gemeinden le-diglich 62 Flächen ausgewiesen.

In den Regionalverbänden in Niedersachsen und Schleswig-Holstein ist der Anteil der Ge-meinden mit Flächenausweisung wesentlich größer, wobei es hier auch regionale Unterschie-de gibt. So ist der Anteil der Gemeinden mit Flächenausweisung im südwestlichem Schles-wig-Holstein als sehr niedrig einzustufen. Einen sehr großen Anteil haben die Regionen in Nordrhein-Westfalen, wie das Münsterland und Paderborn/Lippe/Höxter (> 80 %). Nordhes-sen hat mit lediglich 28 % einen geringen Anteil ausgewiesener Flächen.

In Mecklenburg-Vorpommern, wo die Landesverwaltung die Landesraumordnungsplanung bis auf Landkreisebene durchführt, gibt es hingegen eine Landesplanung, die 100 Eignungs-räumen (10159,8ha) für Windenergienutzung ausweist. Diese Flächen sind bislang zu 59 % bebaut bzw. in der Planung (Stand Mitte 2000).

4.1.1.2 Ausnutzung der ausgewiesenen Flächen Anhand der definierten Kategorien A bis D ist die Ausnutzung der ausgewiesenen Flächen analysiert worden; das Ergebnis ist in Tabelle 4.3 dargelegt. Aufgrund der nur sporadischen Rückläufe des Fragebogens (~30 %) sind die dargestellten Werte tendenziell eher als Ergeb-

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nisse von Stichprobenanalysen zu sehen denn als Ergebnis einer flächendeckenden Analyse. Alle dargestellten Werte sind Anhaltswerte.

In den Küstenregionen der Kategorie A sind die ausgewiesenen Flächen fast vollständig be-baut bzw. beplant. Die für zukünftige Windparkinstallationen noch zur Verfügung stehenden ausgewiesenen Flächen betragen weniger als 5 % der gesamten ausgewiesenen Flächen. Da laut Tab in 95 % der Gemeinden eine Flächenausweisung erfolgte, ist der Zubau der Wind-energie in diesen Regionen nahezu beendet. Eine Erhöhung von installierter Leistung und Energieertrag ließe sich hier nur durch ein sogenanntes „Repowering“-Programm erzielen, bei dem die Vielzahl der Kleinanlagen bis hin zu 600 kW-Anlagen an der Küste durch moderne, große Windenergieanlagen in Windparks ersetzt werden.

Die Gebiete der Kategorie B sind laut Ergebnis der Umfrage erst zu etwa einem Viertel be-baut. Dies gilt speziell in Nordrhein-Westfalen und auch in Mecklenburg-Vorpommern (Stand Mitte 2000). In der Planung vergeben ist aber bereits ein Flächenanteil von mehr als 60 %, so dass etwa 40 % der ausgewiesenen Flächen noch zur Verfügung stehen. In Mecklen-burg-Vorpommern sind diese Flächen sicherlich zum größten Teil nutzbar, ob dies aber bei-spielsweise auch in Nordrhein-Westfalen der Fall ist, muss sich noch zeigen. Theoeretisch könnte ein Teil der ausgewiesenen Flächen aufgrund zu geringen Windpotenzials nicht wirt-schaftlich nutzbar sein. Obwohl auch in der Kategorie B die überwiegende Mehrzahl der Ge-meinden eine Ausweisung vorgenommen hat, ist hier noch mit einer Zunahme der ausgewie-senen Flächen zu rechnen. Das Entwicklungspotenzial liegt hier in der Nutzung der restlichen ausgewiesenen und der noch auszuweisenden Gebiete sowie später gegebenenfalls auch in einem Repowering-Programm.

Kategorie der Windenergie-entwicklung

Ausgewiesene Flächen bebaut

Ausgewiesene Flächen beplant

Ausgewiesene Flächen

noch verfügbar

A > 90 % > 95 % < 5 %

B > 25 % > 60 % < 40 %

C > 95 % ~100 % ~0 %

D > 50 % > 60 % < 40 %

Tab. 4.3: Nutzung der ausgewiesenen Flächen in den definierten Kategorien. Die Windnutzungsgebiete der Regionen der Kategorie C sind laut Umfrage nahezu gänzlich belegt oder in Planung. Vor dem Hintergrund, dass nur etwa 30 % der Gemeinden eine Aus-weisung durchgeführt haben, ist die Frage zu stellen ob es hier weitere Flächenausweisungen geben wird; die Ausweisungsabsichten scheinen zunächst nicht sehr weitreichend zu sein. Das Potenzial der nutzbaren Windenergie im Binnenland außerhalb der derzeit ausgewiesenen Flächen ist derzeit nicht abschätzbar.

In der Kategorie D stehen noch etwa 40 % der ausgewiesenen Flächen für Bauvorhaben zur Verfügung. Dies ist vor dem Hintergrund der nur in sehr geringem Maße durchgeführten Flä-

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chenausweisung in nur etwa 10 % der Gemeinden kein sehr hoher Wert, handelt es sich hier-bei doch um Regionen, in denen die Entwicklung der Windenergie am wenigsten stattgefun-den hat. Wie bereits erwähnt, kann es aufgrund von Bauantragsstellungen in Gemeinden ohne Flächenausweisungen jedoch durchaus zu einer Ausweitung der Ausweisung oder zur ver-mehrten Aufstellung von Einzelanlagen kommen.

Im allgemeinen ist davon auszugehen, dass die Ausweisung in den meisten Gebieten gegen 2002 abgeschlossen sein wird.

Eine weiter führende Ausweisung nach Abschluss der Bebauung in den ausgewiesenen Flä-chen wird es nach dieser Untersuchung in weniger als der Hälfte der Regionalverbände geben.

4.1.1.3 Grundhaltung bei der Flächenausweisung Die im Fragebogen erhobene Frage nach der Grundhaltung der Gemeinden bei der Auswei-sung der Flächen zur Windenergienutzung wird von den Regionalverbänden des Bundesver-bands Windenergie e.V. im Mittel überwiegend als gleichförmig bewertet. Die Einstufungen positiv, neutral und negativ treten im Mittel gleichmäßig verteilt auf. Ein leichter, geogra-phisch bedingter Trend ist jedoch zu erkennen, der eine überwiegend positive Einstellung der Gemeinden in den Küstenregionen zeigt. Ansonsten zeigt sich eine sehr gemischte Bewer-tung; eine Ausnahmen bildet z.B. das Münsterland, wo trotz der hohen Anzahl an Auswei-sungen die Grundhaltung als negativ eingestuft wurde, während in Nordhessen eine überwie-gend neutrale Grundhaltung von den befragten Regionalverbänden diagnostiziert wurde.

4.1.1.4 Windverhältnisse in den ausgewiesenen Flächen Die Windverhältnisse in den ausgewiesenen Gebieten werden überwiegend als für ihre Regi-on positiv beurteilt. Eine Ausweisung von Flächen an bewusst schlechten Standorten im Ge-meindegebiet kann selbst bei überwiegend negativer Einstellung der ausweisenden Gemeinde im Allgemeinen nicht festgestellt werden.

4.1.1.5 Zukünftige Entwicklung Für die zukünftige Nutzung der Windenergie ist abschließend zu sagen, dass mit einem ge-wissen Optimismus durchaus noch ein beträchtliches Potenzial in ausgewiesenen und noch auszuweisenden Flächen angenommen werden kann. In den Küstenregionen ist die Wind-energienutzung an ihre Grenzen gekommen, lediglich Mecklenburg-Vorpommern bildet hier die Ausnahme, das hier noch vorhandene Zubaupotenzial wird auf über 450 MW geschätzt.

Für die Gebiete im Binnenland ist zu sagen, dass einige Regionen in ihrer Planung und Flä-chenausweisung weit fortgeschritten sind. Problematisch sieht es in den südlichen und süd-östlichen Bundesländern aus, wo die Windenergie nach den Rückmeldungen der Umfrage häufig negativ angesehen oder ihr nur wenig Beachtung geschenkt wird und es somit bisher kaum Ausweisungen von geeigneten Flächen gibt.

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Da in den meisten Gebieten der Regionalverbände die Ausweisung erst gegen 2002 abge-schlossen sein wird, ist mit einer Zunahme an Flächenausweisungen noch zu rechnen. Nach Ausnutzung aller ausgewiesener Flächen dürfte es allerdings nur vereinzelt eine weitere Be-bauung geben, hier ist ein Zuwachs an Ertrag und installierter Leistung vor allem über Um-bau-Programme (sogenanntes Repowering) zu erwarten.

4.1.2 Möglicher Umbau der Windenergie-Landschaft an der Küste Die Regionen entlang der deutschen Nordseeküste sind diejenige Gebiete in Deutschland mit den für die Windenergienutzung günstigsten meteorologischen Bedingungen und den höchs-ten zu erzielenden Energieerträgen. Daher waren es diese Regionen, in denen die erste Ent-wicklung der Windenergie stattfand, eine Entwicklung, die mit aus heutiger Sicht kleinen Windenergieanlagen mit niedriger Nennleistung stattfand. Diese Anlagen wurden zum großen Teil separat an Einzelstandorten aufgestellt, in der Mehrzahl der Fälle Bauernhöfen räumlich zugeordnet. Die Anlagenleistungen bewegten sich in Größenordnungen von zunächst 50 bis 300 kW und später maximal bis 600 kW.

In späteren Jahren kamen zu diesen kleinen Einzelanlagen dann Windparks dazu, zumeist mit Anlagenleistungen von 500 bis 600 kW. In einem schmalen Streifen entlang der Küste ist dies das Bild, Einzelanlagen und kleinere Windparks, das auch heute die Landschaft prägt. Die mittlere Leistung der hier installierten Windenergieanlagen dürfte um 200 kW Leistung lie-gen; Windparks mit heutzutage gängigen Anlagengrößen um 1,5 MW sind die Ausnahme.

In dieser Situation stellt sich die Frage ob die Landschaft sich durch einen Umbau nicht rela-tiv einfach verändern ließe, indem die Vielzahl der derzeit existierenden Windenergieanlagen geringer Leistung durch wenige Anlagen der MW-Klasse zu ersetzen wären. An dem weiter unten aufgeführten Beispiel der Stadt Norden zeigt sich, dass 44 Anlagen mit Leistungen zwi-schen 50 und 500 kW durch sechs Anlagen der 1,5 MW-Klasse zu ersetzen wären. Diese sechs Anlagen als Windpark aufgestellt, würden eine gänzliche andere, in der Flächenausdehnung drastisch reduzierte Wirkung in der Landschaft erzielen. Ein Ersatz der 44 Anlagen durch z.B. 12 oder auch 18 große WEA würde zu einem deutlichen Anstieg des Ertrages führen.

4.1.2.1 Naturschutzkundliche Bewertung des Windenergieanlagenausbaus an der Küs-te

Der Ausbau der Windenergie hat in einigen Bereichen Norddeutschlands relativ früh begon-nen, dies gilt insbesondere für die küstennahen, windreichen Standorte. Daraus resultierten verschiedene Unzulänglichkeiten bei der Planung von Windparks und damit verbundenen Akzeptanzproblemen (Störung des Landschaftsbildes mit vermuteten bzw. tatsächlichen Problemen für den Fremdenverkehr; Beeinträchtigung von Rastvogel-Gebieten). Folge ist jedoch auch, dass energetisch hoch attraktive Standorte mit Anlagen geringer Leistungsfähig-keit (vielfach weniger als 300 kW Nennleistung) belegt sind.

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Von daher bestehen fachliche Gründe, einen Umbau der Windenergie-Landschaft in Schwer-punkt-Räumen der Windenergie-Nutzung zu prüfen. Hinzu kommen in einigen Regionen je-doch auch formal-juristische Gründe, derartiges voranzutreiben:

Insbesondere für den niedersächsischen Küstenstreifen im Grenzbereich zum Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“ wird seit längerem angenommen [1,2,3], dass es sich um sehr wichtige Vogellebensräume handelt, die nach EU-Vogelschutzrichtlinie zu schützen und von Windkraftanlagen frei zu halten wären. Diese Annahmen haben sich mittlerweile bestä-tigt [4,6]. Das Land Niedersachsen hat diese Sachlage durch die Vorlage neuer Gebietsvor-schläge für die Ausweisung als Besondere Schutzgebiete nach der EU-Vogelschutzrichtlinie mittlerweile bestätigt [8].

Die Verpflichtung zur Ausweisung Besonderer Schutzgebiete nach der Vogelschutzrichtlinie besteht jedoch bereits seit Sommer 1981, und es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass die außerordentliche ornithologische Wertigkeit nicht schon seinerzeit bestanden hätte. Von daher hätten die strengen Bestimmungen des Artikels 4, Abs. 4 der Vogelschutzrichtlinie für all die Anlagen und Windparks innerhalb dieses Bereiches nach der Rechtssprechung des Europäi-schen Gerichtshofes beachtet werden müssen, unabhängig von der Meldung und Ausweisung der Gebiete.

Die Berücksichtigung der Vogelschutzaspekte fand für weite Bereiche nicht statt. Deshalb haben der NABU Niedersachsen sowie verschiedene Einzelpersonen Beschwerde bei der EU-Kommission eingelegt, die unter der Nummer 97/4360 als Vertragsverletzungsverfahren ge-führt wird. Nach einer Mitteilung an die Beschwerdeführer ist mittlerweile vorgesehen, diesen Fall in die Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland (Verfahren 92/4575) wegen Nicht-Umsetzung der Vogelschutzrichtlinie zu integrieren.

Es muss damit gerechnet werden, dass eine Verurteilung der Bundesrepublik Deutschland erfolgt. Von daher dürfte sich auf mittlere Sicht aus rechtlichen Gründen eine zwingende Notwendigkeit für Konsequenzen ergeben, da bei Nicht-Beachtung und einer zweiten Verur-teilung durch den EuGH erhebliche Bußgelder drohen würden, die den wirtschaftlichen Vor-teil der Windenergie-Nutzung in diesem Bereich bei weitem überstiege.

Dieser Umbau erfordert neben den üblichen planerischen Arbeitsschritten vermutlich einen erheblichen kommunikativen Aufwand, da den jeweiligen Betreibern gültige Baugenehmi-gungen vorliegen und Verlegungen von Windparkstandorten nur im Einvernehmen mit den derzeitigen Betreibern möglich sein wird, wenn Entschädigungsleistungen in noch nicht kal-kulierter Höhe vermieden werden sollen. Je nach Eingriffsschwere sollte ein stufenweises Vorgehen gewählt werden (siehe auch Schreiber 1999). Eine erste Umfrage in einer mögli-chen Testregion sowie eine Ablaufskizze zur Durchführung eines Umbau-Programms werden derzeit erarbeitet.

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4.1.2.2 Rechtliche Rahmenbedingungen im Hinblick auf einen möglichen Umbau Baugenehmigungen für WEA sind generell zeitlich nicht eingegrenzt bzw. eingrenzbar. Die Baugenehmigung kann jedoch erlöschen, wenn die Anlagen entfernt oder in gravierender Weise umgebaut werden.

Auf Flächen, die im Flächennutzungsplan oder Bebauungsplan ausgewiesen sind, erlischt die Baugenehmigung für den Standort auch mit einem gänzlichen Umbau oder der Entfernung der Anlagen nicht, solange die Ausweisung nicht zurückgenommen wird; die Standorte der WEA verfügen über einen Bestandsschutz. Dies gilt ebenso für Anlagen, die sich zwar außer-halb ausgewiesener Flächen befinden, für die aber eine Privilegierung nach BauGB besteht.

Für WEA die sich außerhalb ausgewiesener Flächen und nach heutigen Maßstäben auf nicht-privilegierten Standorten befinden, gilt dies nicht. Die Baugenehmigung hat solange Bestand, wie die Anlage nicht abgebaut wird bzw. keine umfangreichen, nicht genehmigte Umbauten erfolgen. Hierbei gilt nach Auffassung einiger Landkreise der zeitweise Abbau der WEA-Gondel mit Abtransport, z.B. zum Zweck der Überholung im Werk, oder aber das Ersetzen des WEA-Turms als Abbau der Anlage, die die Genehmigung erlöschen lässt. Weiterhin gilt das Ersetzen von größeren Komponenten durch anders dimensionierte Ersatzkomponenten – wie z.B. Austausch eines Rotors durch einen solchen mit größerem Durchmesser – als Umbau der ebenfalls die Genehmigung erlöschen lässt. Wird eine Anlage jedoch nicht gravierend verändert, so bleibt die Baugenehmigung unverändert bestehen.

Daher kann die Instandhaltung von WEA an Standorten, die nach heutigen Maßstäben keine Privilegierung mehr besitzen, eine durchaus kritische Angelegenheit sein. Allerdings wird die Anwendbarkeit der von den Genehmigungsbehörden ggf. angewandten Regelungen sicherlich noch hinterfragt werden und im Konfliktfall richterlich geprüft werden müssen.

4.1.2.3 Modellgebiet Landkreis Aurich Der Landkreis Aurich hat in der Vergangenheit eine Vorreiterrolle in der Entwicklung der Windenergie eingenommen. Dies war sicherlich begründet in den guten Windbedingungen aber auch in einer überwiegend positiven Einstellung von Verwaltung und Politik. Die Stand-orte im Landkreis Aurich gehören bezüglich der Windbedingungen zu den günstigsten in Deutschland, eine Förderung von Betreibern und dem Hersteller Enercon war sicherlich ge-wollt, um die wirtschaftliche Lage im Landkreis zu verbessern.

Der Aufbau der Windenergie begann im Landkreis Aurich bereits Mitte der achtziger Jahre. Die Entwicklung war in Deutschland bis Anfang der neunziger Jahre noch geprägt von Ein-zelanlagen, überwiegend Windparks wurden erst etwa ab Mitte der neunziger Jahre errichtet. Im Landkreis Aurich ist daher das Landschaftsbild in den drei Gemeinden an der Küste, Stadt Norden, Gemeinde Krummhörn und Gemeinde Dornum, geprägt von vielen verstreut an Ge-höften aufgestellten kleineren Einzelanlagen.

Der Landkreis Aurich hat in der Entwicklung der Windenergie sicherlich eine bedeutende Rolle gespielt, ohne die Möglichkeit der Aufstellung der aus heutiger Sicht kleinen Wind-

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energieanlagen in relativ guten Windgebieten hätte die Windenergie in Deutschland keine Entwicklungsmöglichkeiten gehabt. Gleichwohl ist es für den Landkreis Aurich und die Küs-tengemeinden von großem Interesse, die gegenwärtige Situation zu Gunsten einer Bebauung mit wenigen großen Windenergieanlagen der neuen Generation zu verändern. Auch hinsicht-lich der Akzeptanz dürfte der Rückbau der kleinen Windenergieanlagen und Aufbau größerer Anlagen willkommen sein. Es wäre sicherlich ein positives Signal wenn gerade die Regionen, die die Anfänge der Windenergie unterstützt haben, nicht den Nachteil einer unzeitgemäßen Bebauung mit Kleinanlagen haben.

Stadt Norden

Die Stadt Norden hat auf Ihrem Gebiet Windparks und Einzelanlagen. Die Genehmigungen stammen weitgehend aus der Zeit vor der Änderung des BauGB. Im Osten der Stadt, im Ge-biet "Wischer", hat die Stadt eine Fläche ausgewiesen, auf der die vom Landes-Raumordnungsprogramm vorgegebene Leistung von 25 MW zu realisieren ist. Die Auswei-sung fand innerhalb der nach Änderung des BauGB zweijährigen Ausweisungsphase, in der die neu geschaffenen Privilegierung ausgesetzt war, statt. Damit hat die Stadt den Erforder-nissen des BauGB und des Landes-Raumordnungsprogramms Rechnung getragen.

Die Situation im Stadtgebiet Norden wäre somit geprägt von einem Großwindpark, der zu dem zwei ältere Windparks in sich aufnimmt und durch "Repowering" in moderne Großwind-anlagen umwandelt, einigen kleineren Windparks sowie einer Vielzahl kleiner Einzelanlagen. Diese Situation würde zunächst unbegrenzt Fortbestand haben, solange nicht die WEA außer-halb des im Flächennutzungsplan ausgewiesenen Gebietes abgebaut werden oder die Bauge-nehmigungen dieser Anlagen durch nicht genehmigte Umbauten erlöschen. Nach Ausweisung der Fläche wären im Stadtgebiet keine weiteren WEA installierbar, die Stadt Norden hätte de fakto zukünftig keine aktiven Steuerungsmöglichkeiten der Windenergieanlagenbebauung mehr.

Im Stadtgebiet befinden sich etwa 64 Windenergieanlagen, davon 39 kleinere Windenergiean-lagen an einzelnen Standorten. Die Gesamtleistung der Einzelanlagen zuzüglich eines Wind-parks mit fünf kleinen WEA mit einer Leistung von jeweils 55 kW beträgt 8,408 MW; dieser bereits 1987 gebaute, äußerst kleine Windpark (275kW Gesamtleistung) befindet sich im westlichen Teil des Stadtgebietes (Westermarsch) in unmittelbarer Nähe zur Bebauung und ist wegen seiner Schallemission äußerst störend. Die mittlere Leistung dieser 44 WEA beträgt 191 kW, das Alter der Anlagen beträgt zwischen vier und 15 Jahren, das mittlere Alter beträgt etwa 8 Jahre. Um diese 44 WEA zu ersetzen, wären – bezogen auf den Energieertrag – 6 An-lagen der 1.5 MW-Klasse erforderlich.

Die Stadt Norden sähe einen Abbau dieser Einzelanlagen gern. Da diese Anlagen vermutlich alle mindestens bis zur Auslege-Lebensdauer von 20 bis 25 Jahren oder darüber hinaus be-trieben werden, ist mit dem Abbau der ersten WEA nicht vor etwa 12 Jahren zu rechnen.

Ein freiwilliger Abbau wäre jedoch für Betreiber denkbar, wenn unter Vermeidung von wirt-schaftlichen Verlusten im Gegenzug Anteile in einem Windpark im Stadtgebiet erworben

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werden könnten. Die Bereitstellung dieser Windparkanteile könnte die Stadt jedoch im Zuge der Erstellung des Bebauungsplanes der im Wischer ausgewiesenen Windparkfläche regeln.

Der zwischen der Verwaltung der Stadt Norden und dem zukünftigen Betreiber des Wind-parks abzuschließende städtebauliche Vertrag könnte eine entsprechende Regelung beinhal-ten. Neben der von der Stadt bereits vorgesehenen Regelung zur Beteiligung der im Stadtge-biet wohnenden Bürger (Bürgerwindpark) wäre eine Klausel denkbar, die dem zukünftigen Windparkbetreiber vorschreibt, bevorzugt als Beteiligungswillige diejenigen Betreiber von Einzelanlagen aus dem Stadtgebiet aufzunehmen, die auf den Fortbestand ihrer Einzelanlage verzichten. Denkbar wäre vor Beginn der allgemeinen Einwerbung von Beteiligungen bei-spielsweise die Offenhaltung des Beteiligungsangebotes für ein halbes Jahr ausschließlich für diese bevorzugt zu Beteiligenden sowie im Anschluss daran der Abbau der entsprechenden WEA binnen Jahresfrist.

Gemeinde Krummhörn

Die Situation in der Gemeinde Krummhörn ist sicherlich ähnlich derjenigen im Gebiet der Stadt Norden. Unterschiede liegen jedoch in der unterschiedlichen politischen Umsetzung der Windenergieplanung in der Vergangenheit. Während im Gebiet Norden Anlagen mit Leistun-gen kleiner 300 kW vorherrschen, sind es in der Krummhörn Anlagen mit Leistungen um 500 kW. Installiert sind etwa 127 Anlagen dieser Größe, davon 59 Einzelanlagen sowie 68 Windenergieanlagen in Windparks. Die Gemeinde hat eindeutig Interesse an einem Abbau der Einzelanlagen. Noch lieber sähe man jedoch ein Konzept, das auch den Rückbau der 500 kW-Anlagen der Windparks und die Überführung der dort installierten Leistungen zu-sammen mit den Ersatzinstallationen für die Einzelanlagen in zwei bis drei großen Windparks vorsehen würde.

Einzig problematisch wird das erneute Aufflackern der politischen Diskussionen innerhalb der Gemeinde gesehen, wenn es zu einer Neuordnung der Windenergie käme. Im Zuge der neu zu erstellenden Flächennutzungspläne könnte es zu Begehrlichkeiten von Landbesitzern kommen oder zu Ansprüchen von potenziellen Betreibern, deren Baugenehmigungen für Windparkplanungen negativ beschieden wurden.

Ebenfalls schwierig ist die Wahl der Flächen der zukünftigen Windparks. Die Gemeindever-waltung sähe vor dem Hintergrund der Akzeptanz in der Bevölkerung und der Tourismus-branche die Flächen am liebsten in Deichnähe gerückt. Die Standorte Hamswehrum und Pil-sum, an denen der Energieversorger EWE derzeit noch zwei Windparks mit Altanlagen der Leistung 300 kW betreibt, wären aus Sicht der Gemeinde die idealen Standorte der zukünfti-gen Großanlagen, vor der Horizontlinie würden laut Bauverwaltung die Anlagen am wenigs-ten dominieren. Bei einer Installation im Binnenbereich wäre jedoch mit höheren Akzeptanz-problemen in der Bevölkerung zu rechnen. Diese Installation an der Küste kollidiert jedoch massiv mit dem an der Küste geplanten und derzeit in der Ausweisung befindlichen Vogel-schutzgebiet. Eine Installation von Windenergieanlagen ist in dieser Zone, die etwa eine Brei-te von 5 km einnimmt nicht möglich.

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Eine weitere Alternative wäre nach Auffassung der Gemeindeverwaltung die Umsetzung der an Land installierten Leistungen in einen Windpark auf See. Dies könnte auch für den Vogel-schutz eine vernünftige Lösung sein, es muss jedoch genau geprüft werden, ob am Rande des Nationalparks eine solche Lösung möglich wäre.

4.1.2.4 Ausgestaltung eines Konzeptes für den Umbau Die Ausgestaltung eines Konzeptes muss neben den planerischen auch die juristischen und wirtschaftlichen Aspekte der Umschichtung des Betriebs von Einzelanlagen auf eine Beteili-gung in einem Windpark klären. Ein möglicher Anreiz für die Beteiligung am Umbau könnte in verschiedenen Punkten geschaffen werden: in einer mehr als gleichwertigen wirtschaftli-chen Situation, in der baurechtlich verbesserten Situation, der Entlastung im Bereich des technischen und betriebswirtschaftlichen Betriebs der Windenergieanlagen und der Minde-rung des Einzelrisikos. Ziel eines Umbau-Programmes ist daher nicht nur der Ersatz der in-stallierten Leistung durch WEA der neuen Anlagengeneration sondern auch eine deutliche Erhöhung der installierten Leistung bei gleichzeitig geringerem Einfluß auf Natur und Land-schaftsbild.

Die Erstellung eines wirtschaftlichen Konzeptes für die Umrechnung der Werte von Alt-Anlagenbesitzern in einen Anteil im Windpark gehört sicherlich zu den schwierigen Aufga-ben im Rahmen des Gesamtkonzeptes. Eine detaillierte Analyse der Situation von Alt-Anlagenbesitzern muss die folgenden Komponenten der wirtschaftlichen Situation ermitteln:

• den aktuellen Wert der noch veräußerbaren Teile der Investition, sprich den Wieder-verkaufswert der Windenergieanlage und elektrischen Schaltanlagen;

• entstehende Verluste für den aktuellen Wert der nicht veräußerbaren Teile der Investi-tion, wie Fundament, verlegte Kabel, Zuwegung;

• Kosten für den Abbau von Windenergieanlage und elektrischen Schaltanlagen sowie für den Rückbau von Fundament, Anschlusskabel und Zuwegung;

• der Wert des Standortes, der relativ einfach an der Höhe der jährlichen Energieerträge zu bemessen ist sowie

• die noch bestehende Darlehensschuld und die Höhe anderweitiger Verpflichtungen des Projektes.

Aus diesen Komponenten der wirtschaftlichen Analyse muss der aktuelle Wert der bestehen-den Windenergieanlage abgeleitet werden, um als Basis für die zu ermittelnde Kompensati-onsleistung für den Abbau zu dienen.

Nach Klärung der wirtschaftlichen Fragen ist die juristische Festlegung der Verträge z.B. im Städtebaulichen Vertrag) zwischen der Stadt bzw. der Gemeinde auf der einen und dem Windparkentwickler bzw. Betreiber des zukünftigen Windparks auf der anderen Seite vorzu-nehmen. Die Kompetenz in der juristischen Ausgestaltung sollte gegebenenfalls durch Hinzu-ziehung eines versierten Rechtanwaltes erweitert werden.

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Die Frage der planerischen Umsetzung dürfte den beteiligten kommunalen Behörden und den Windparkplanern in der Regel kaum mehr Schwierigkeiten bereiten, als dies bei herkömmli-chen Windparkplanungen der Fall ist. Allerdings sind an der Küste die Planungsverfahren zum großen Teil abgeschlossen und eine Neuaufnahme dieser Verfahren mit dem Ziel des Umbaus könnte mit einem erneuten Aufflackern der Diskussionen über das wo und wieviel einhergehen.

4.1.2.5 Interesse an der Umgestaltung Das Interesse an der Umgestaltung der Küstenlandschaft ist bei den befragten Kommunen, Landkreis und Gemeinden, beträchtlich. Die Bereitschaft zunächst zur Diskussion aber auch zur Umsetzung ist massiv vorhanden. Diese Bereitschaft ist nicht mit einer Abneigung gegen die Windenergie zu erklären sondern kommt letztlich aus dem Bestreben, die Unzulänglich-keiten der Planungen der frühen Windenergievorhaben zu korrigieren.

Von Seiten der Betreiber ist das Interesse an einem Umbau ebenfalls vorhanden, dies ergaben Gespräche mit einzelnen Betreibern. Diese können sicherlich nicht als repräsentativ angese-hen werden, sie geben jedoch Einblick in die Motive der Betreiber sich an diesem Umbau möglicherweise zu beteiligen und zeigen, dass der Umbau ebenfalls für die Betreiberseite vorteilhaft sein kann.

Der mögliche Anreiz für die Beteiligung am Umbau besteht für den Alt-Anlagenbetreiber in verschiedenen Aspekten:

• Erhöhung der wirtschaftlichen Beteiligung durch Umrechnung des bisherigen erzielten Jahresenergieerträge auf einen erhöhten Anteil im Windpark ;

• dauerhafter Bestandsschutz der Anlagen im Windpark im Gegensatz zur unsicheren Si-tuation baurechtlich nicht mehr privilegierter Einzelanlagen;

• Entlastung von der technischen und betriebswirtschaftlichen Betreuung der Windener-gieanlage, stattdessen zentral organisiertes technisches und betriebswirtschaftliches Management durch professionelle Unternehmen sowie

• statistisch verringertes Risiko bei Schäden durch Beteiligung am Gesamtwindpark, im Gegensatz zum Einfluss eines größeren Schadens auf die wirtschaftliche Situation einer Einzelanlage.

Die Vorteile der Betreiber vor allem im Hinblick auf das steigende betriebswirtschaftliche Risiko durch Abnutzung und Verschleiß der Windenergieanlagen und damit steigenden finan-ziellen Aufwendungen für den Betrieb können für die Besitzer von Altanlagen so erheblich sein, dass nach objektiver Beurteilung dem Abbau der eigenen Altanlage und der Umwand-lung in eine Beteiligung an einem modernen Windpark dem Vorrang gegenüber dem Weiter-betreiben der Altanlage zu geben ist.

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4.1.2.6 Bestehende Möglichkeiten für den Umbau Die Hauptschwierigkeiten für den Umbau werden in der Verfügbarkeit von Flächen gesehen sowie in dem Wiederaufleben von politischen Diskussionen über die Windparkplanung in den Gemeinden. Noch bestehende Ausweisungsmöglichkeiten gibt es kaum, im Hinblick auf die durch das Umbauvorhaben freiwerdenden Großräume lassen sich in den Gemeindegebieten jedoch Flächen finden, die beim Stand des derzeitigen Ausbaus politisch nicht denkbar wären. Im Beispiel der oben aufgeführten Gemeinden hat der Landkreis ebenfalls ein starkes Interes-se an der Umstrukturierung, so dass sich hier über die begrenzte gemeindliche Planung eine großräumigere Überplanung der Gesamtfläche des Landkreises hinzu einer modernen Erfor-dernissen entsprechenden Landschaft anbieten würde.

Zudem besteht keine Möglichkeit der Rücknahme von erteilten Baugenehmigungen und somit kein Zwang für die derzeitigen Betreiber an einem Umbauvorhaben teilzunehmen. Das Pro-jekt kann daher nur auf freiwilliger Basis betrieben werden. Dies bedeutet, dass die Betreiber der Altanlagen durch ein tragfähiges, ökonomisch überzeugendes Konzept für die Teilnahme gewonnen werden müssen.

Literatur

[1] Böttger, M. T. Clemens, G. Grote, G. Hartmann, E. Hartwig, C. Lammen & E. Vauk-Hentzelt (1990): Biologisch ökologische Begleituntersuchungen zum Bau und Betrieb von Windkraftanlagen – Endbericht. NNA-Berichte 3, Sonderheft: 1-124

[2] Heckenroth, H. (1994): Avifaunistisch wertvolle Bereich in Niedersachsen – Gastvögel 1986-1992. Inform.d. Naturschutz Nieders. 14: 189-192

[3] Schreiber, M. (1993). Windkraftanlagen und Watvogel-Rastplätze. Naturschutz und Landschaftsplanung 25: 133-139

[4] Schreiber, M. (1998): Vogelrastgebiete im Grenzbereich zum Nationalpark „Nieder-sächsisches Wattenmeer“, an der Unterems und der Unterweser. Bramsche, 320 S.

[5] Schreiber, M. (1999): Zur Notwendigkeit einer großräumigen Steuerung der Windkraft im Nordseeküstenbereich. DEWEK 98, Tagungsband: 96-99

[6] Schreiber, M. (2000): Windkraftanlagen als Störungsquellen für Gastvögel. 55 S. In: Empfehlungen des Bundesamtes für Naturschutz zu naturschutzverträglichen Wind-kraftanlagen.

[7] Staatliche Vogelschutzwarte (1998): Besondere Schutzgebiete (BSG) – Special Protec-tion Areas (SPA) – in Niedersachsen. Vogelkundl. Ber. Niedersachs. 30: 62-63

[8] MU Niedersachsen (2000): Aktualisierung der Gebietsvorschläge gemäß der EU-Vogelschutzrichtlinie (79/409/EWG) in Niedersachsen. Unterlagen zum Beteiligungs-verfahren, vervielf.

[9] Greenpeace: North Sea Offshore Wind – a Powerhouse for Europe. Prepared by Deut-sches Windenergie-Institut. Hamburg Oktober 2000.

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4.1.3 Auswirkungen der Windkraftnutzung an Land auf Natur und Landschaft Es kann mittlerweile als unstrittig angesehen werden, dass von Windkraftanlagen negative Auswirkungen auf den Naturhaushalt ausgehen können, denen sowohl aus formal-rechtlichen als auch aus naturschutzfachlichen Gründen zu begegnen ist. Nachfolgend sollen die wich-tigsten Konfliktfelder kurz skizziert und bewertet werden. Dabei ist allerdings auch zu beach-ten, dass von Windkraftanlagen auch positive Auswirkungen auf den Naturhaushalt ausgehen, z.B. über ihren Beitrag zum Klimaschutz.

4.1.3.1 Landschaftsbild In einer Vielzahl von Beiträgen sind die Veränderungen des Landschaftsbildes durch Wind-kraftanlagen beschrieben worden (siehe z.B. [1,2,3]). Die neuartige Struktur und die zuneh-mende Größe der Anlagen wird als störend, teilweise als „nahezu jeden Maßstab in der Verti-kale sprengend“ [3] gegenüber landschaftlichen Merkmalen hoher Eigenart und Schönheit empfunden (z.B. offene Marschlandschaften; markante Erhebungen, charakteristische Dorf-silhouetten oder Einzelgehöfte). Damit wird ein nach dem Bundesnaturschutzgesetz zu schüt-zendes Gut beeinträchtigt. Eine genaue Differenzierung der landschaftsästhetisch relevanten Auswirkungen findet sich z.B. bei [3].

Mit der Frage der Landschaftsbildbeeinträchtigung beschäftigten sich im Rahmen der Planun-gen von Anfang an gutachterliche Ausarbeitungen zu den Windparks sowie verschiedene grundsätzliche Ausarbeitungen (z.B. [1,4,5,6]). Grundproblem bei der Bewertung der Aus-wirkungen auf das Landschaftsbild bleibt, dass diese im Vergleich zu anderen Aspekten (Schallemissionen, Lichteffekte, Flächenversiegelung, Störung von Arten – s.u.) in weit höhe-rem Maße durch subjektive Kriterien und Wertschätzungen beeinflusst wird.

Der allgemeinen Forderung nach der ausschließlichen oder auch nur vorrangigen Wahl vorbe-lasteter Standorte für die Errichtung von Windparks stehen die hohen Zielgrößen beim Aus-bau der Windenergie entgegen. Problematisch ist ferner, dass Beeinträchtigungen des Land-schaftsbildes durch Windkraftanlagen wegen der Dimension der Anlagen und der Andersar-tigkeit ihrer Strukturen (Dreigliedrigkeit der Rotoren, Drehbewegung etc.) de facto nicht zu kompensieren, sondern höchstens zu mildern sind. Einer qualifizierten landschaftspflegeri-schen Begleitplanung kommt zur Reduzierung dieser Beeinträchtigungen eine erhebliche Be-deutung zu [3].

Einer solchen Detailplanung vorangegangen sein muss jedoch eine großräumige Vorrangpla-nung, um der besonders weitreichenden Raumwirkung von Windkraftanlagen Rechnung zu tragen.

4.1.3.2 Biotopschutz Die direkte Inanspruchnahme von Flächen durch Windkraftanlagen (z.B. Fundamente, Zuwe-gungen) ist insgesamt gering. Bei deren Errichtung kann es aber grundsätzlich dennoch zur Überbauung von schutzwürdigen Biotopen oder deren Zerschneidung kommen. Insbesondere

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bei natürlicherweise kleinflächigen Lebensräumen sind dadurch empfindliche Verluste denk-bar. Allerdings lassen sich gerade diese Eingriffe bei Planungen durch eine angepasste Stand-ortwahl leicht vermeiden, kleinflächige Inanspruchnahmen können außerdem in vielen Fällen durch Begleitmaßnahmen kompensiert werden. Die Überbauung schutzwürdiger Biotope stellt üblicherweise also kein schwerwiegendes Problem dar.

4.1.3.3 Einfluss auf die Avifauna Als besonders gewichtiges und auffälliges Problem hat sich in der Vergangenheit regelmäßig die Beeinträchtigung der Vogelwelt dargestellt. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen bietet es sich an, diese Frage deutlich zu differenzieren und verschiedene Teilaspekte zu unterschei-den:

• Vogelschlag an den Anlagen

• Beeinträchtigung des Vogelzuges

• Beeinträchtigung von Vogel-Brutgebieten

• Beeinträchtigung von Rastgebieten für Vögel

Vogelschlag an den Anlagen Schon in der Anfangsphase der Windenergienutzung Ende der achtziger Jahre wurden Be-fürchtungen laut, Windkraftanlagen könnten zu erheblichen Vogelschlagverlusten (Kollisio-nen fliegender Vögel mit den sich drehenden Rotoren oder dem Bauwerk selbst) führen. Dem Vogelschlag zugeordnet werden müssen auch solche Unfälle, die durch Turbulenzen im Ein-zugsbereich der Rotoren zustande kommen und einen Absturz von fliegenden Vögeln verur-sachen können (siehe z.B. [10]). Verschiedene Begleituntersuchungen haben die Annahme von hohen Vogelschlagverlusten jedoch in der Regel nicht bestätigen können (siehe z.B. [7,8,9,10]). Nichtsdestotrotz kann Vogelschlag unter ungünstigen Sichtbedingungen wie Ne-bel oder Dunkelheit bzw. unter besonderen Bedingungen wie in Verdichtungsräumen des Vo-gelzuges oder für frisch ausgeflogene Jungvögel von Großvögeln wie Störchen eine wichtige Rolle spielen.

Beeinträchtigung des Vogelzuges Inwieweit Beeinträchtigungen des Vogelzuges von Bedeutung sind, ist nach wie vor strittig. Einzelbeobachtungen belegen, dass Windkraftanlagen wandernde Vögel tatsächlich beein-trächtigen können. „Das Flug- und Zugverhalten bei bestimmten Arten (z.B. Graugans, Stockente, Kiebitz, Goldregenpfeifer u.a. weist deutliche Reaktionen (z.B. Irritation, Auswei-chen) auf ([7,8])“ (in [6]). Verschiedene Einzelbeobachtungen sind auch dokumentiert in [10] und [21].

Als Störungen des Vogelzuges sind neben dem Vogelschlag sowohl großräumige Ablenkun-gen als auch kleinräumige Zugwegverlagerungen anzusehen. Darüber hinaus muss zusätzlich

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differenziert werden zwischen großräumigen Wanderungsbewegungen zwischen Brut- und Überwinterungsgebieten (und ggf. Zwischenstopps in Rast- oder Mausergebieten) und sol-chen, die sich eher kleinräumig zwischen Brut- und Nahrungsgebieten oder Nahrungsgebieten und Schlafplätzen abspielen (oft aber trotzdem Entfernungen von einigen zehn Kilometern bedeuten). Hier können sich Traditionen ausbilden, und Tiere weichen aufgrund ihrer Orts-kenntnis den Anlagen aus. Geeignete Vorher-Nachher-Untersuchungen über den Verlauf des Vogelzuges und dessen Beeinflussung durch einen Windpark fehlen aber bisher weitgehend. Insgesamt wird die Bewertung des Einflusses auf den Vogelzug dadurch erschwert, dass Vo-gelzug nicht als homogener Prozess einzustufen ist, der räumlich und zeitlich klar einzugren-zen wäre. Vielmehr unterscheidet er sich von Region zu Region, von Jahr zu Jahr, von Art zu Art und wird darüber hinaus von der Witterung beeinflusst (Übersicht siehe z.B. [11] sowie Quellen in [12]). Diese Heterogenität dürfte auch eine Untersuchung der Einflüsse von Wind-kraftanlagen sehr erschweren bis unmöglich machen.

Um die ständige, in der Regel auf Vermutungen basierende Diskussion um die Beeinflussung des Vogelzuges zu versachlichen und zu qualifizieren, sollte folgenden Fragen nachgegangen werden:

• Welcher Anteil des Vogelzuges findet innerhalb der Reichweite von Windkraftanlagen statt?

• Lassen sich Änderungen des Vogelzugablaufs nach der Errichtung von Windkraftanlagen erkennen?

• Welche Folgen sind aus den beobachteten Änderungen des Verhaltens für den Vogelzug bzw. für die betroffenen Individuen zu erwarten?

Beeinträchtigungen von Vogelbrutgebieten Windkraftanlagen werden aufgrund günstiger Windsituationen bevorzugt in weiträumig offe-nem Gelände angelegt. Damit kann es zu Konflikten mit der Verbreitung von Arten kommen, die ebensolche Flächen wegen der vorhandenen Strukturarmut als Bruträume nutzen. Insge-samt ergibt sich ein uneinheitliches und teilweise auch widersprüchliches Bild. Für die Feld-lerche beispielsweise zeigt [10], dass aus der Errichtung von Windkraftanlagen keine Ände-rung in der Verteilung von Feldlerchen-Registrierungen resultierte, allerdings halten die Au-toren eine verminderte Besiedlung der Fläche nach Errichtung der Windkraftanlagen für mög-lich. Für andere Arten liegen gegensätzliche Beobachtungen zum Siedlungsverhalten im Um-feld von Windkraftanlagen vor (z.B. [16,22]). Gleichzeitig gibt es immer wieder auch Beo-bachtungen für einzelne Brutvögel, die am Turm, in der Gondel oder in unmittelbarer Nähe zum Turm gebrütet haben (gilt insbesondere für Arten, die sonst auch in Gebäuden brüten; z.B. [23]).

Um wenigstens für einen Teil des Vogelarten-Spektrums ein klares Bild über den Einfluss von Windkraftanlagen auf Brutvögel und deren Verteilung zu erlangen, sollten an einer Aus-wahl geeigneter Windparks (Bedingung: Es wurden detaillierte und gut dokumentierte Vor-

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her-Untersuchungen zum Brutvogelbestand durchgeführt.) ebensolche Erhebungen nach Inbe-triebnahme erfolgen und die Ergebnisse verglichen werden.

Beeinträchtigungen von Rastvögeln Verhältnismäßig umfangreiches Material liegt über das Verhalten von Rastvögeln im Küsten-bereich vor (siehe z.B. [13,14;15]). Auch hier zeigt sich sehr unterschiedliches Verhalten ge-genüber Windkraftanlagen zwischen den Arten und innerhalb der Arten Unterschiede je nach Aktivität (siehe z.B. [13;15;16]).

Insbesondere für Arten des Offenlandes wie Watvögel, Gänse und Kraniche sind deutliche Meidereaktionen bis zu Abständen von 500 m dokumentiert worden, so durch [15] für Bless-gänse, durch [14] für Saatgänse, Kampfläufer und weitere Arten, erhebliches Meideverhalten für Goldregenpfeifer und Großen Brachvogel durch [13] und [7]. Dabei wird von rastenden Vögeln ein größerer Abstand gegenüber Windkraftanlagen eingehalten als von solchen, die Nahrung suchen. Sosehr das Phänomen des Meidens für eine Reihe von Arten gut dokumen-tiert ist, sowenig liegen bisher Studien zu den Ursachen dafür vor. Zwar lässt sich annehmen, dass auf Vögel genau die Effekte der Anlagen störend wirken (Schallemissionen; Schatten-wurf, Reflexe), die auch den Menschen beeinträchtigen können, detaillierte Untersuchungen dazu stehen jedoch aus.

Die Störauswirkungen haben sich mittlerweile in verschiedenen Abstandsempfehlungen und obergerichtlichen Entscheidungen niedergeschlagen (siehe z.B. [19]; Gutachten des NLÖ vom 15.9.98 an das Niedersächsische Umweltministerium; Urteil des OVG Lüneburg vom 14.9.2000; Az: 1 L 2153/99; 2 A 772/97).

4.1.3.4 Fledermäuse Konkrete Erfahrungen zur Störwirkung von Windkraftanlagen auf Fledermäuse scheinen bis-her so gut wie keine vorzuliegen (siehe z.B. [17] bzw. [18]). Da sich aber Jagdhabitate und der Drehbereich der Rotoren bei einigen Arten überschneiden können, sind Auswirkungen nicht auszuschließen. Dabei ist zu beachten, dass die Geschwindigkeit der Rotoren im Spit-zenbereich so hoch sein dürfte, dass sie von den Tieren nicht zuverlässig geortet werden kön-nen. Hinzu kommen mögliche Schallemissionen, die das Ortungsvermögen der Tiere allge-mein behindern könnten. Insgesamt sollte den mit diesem Problembereich zusammenhängen-den Fragen an solchen Einzelanlagen oder Windparks nachgegangen werden, in deren Umfeld Fledermäuse auftreten.

4.1.3.5 Insekten [12] führt hierzu aus, dass nur wenige Vorkenntnisse existieren und Auswirkungen nicht aus-zuschließen sind. [8] macht auf die Notwendigkeit aufmerksam, bei der Standortwahl auch Massenbewegungen von Insekten an künftigen Standorten mitzuberücksichtigen. Ob für diese Organismengruppe aus der Nutzung der Windkraft Naturschutzprobleme erwachsen können,

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ist unklar. Ein wenig aufwändiger Einstieg in diese Frage könnte dadurch erfolgen, dass z.B. im Zuge von Reinigungs- und Wartungsarbeiten die Blätter der Rotoren auf anhaftende Insek-ten hin untersucht werden (z.B. im Rahmen von Diplom-Arbeiten).

4.1.3.6 Zusammenfassende Bewertung und Darstellung übergreifender Probleme Fehlende Standards und eine unübersichtliche Datenlage insbesondere bei der Beurteilung von Auswirkungen auf die Vogelwelt führen zu einer sehr unterschiedlichen Genehmigungs-praxis, die von der Genehmigung großer Windparks in international bedeutsamen Vogelrast-gebieten bis hin zur Verweigerung von Einzelanlagen mit der Begründung reichen, in 7 bis 10 km Entfernung würden zwei Rotmilanpaare brüten, deren großer Aktionsradius durch die Windkraftanlagen gestört werde. Hinzu kommen neue Anlagentypen und -größen, die eine vorausschauende Standardisierung für die Planung von Windkraftanlagen erforderlich ma-chen.

Den Konfliktfeldern „Brutvögel“, „Rastvögel“ und möglicherweise „Fledermausschutz“ ist gemeinsam, dass für den Fall, dass eine Einzelanlage oder ein Windpark zu einer erheblichen Beeinträchtigung mit massiven Flächenverlusten an Brut-, Rast- oder Nahrungsraum führen, ein solcher Eingriff in seinen Auswirkungen de facto nicht kompensiert werden kann. Gehen tatsächlich Flächen in einem Umkreis von einigen hundert Metern um Anlagen oder Parks als Brut- oder Nahrungsraum verloren, so wäre dieser Verlust nur durch die Neuschaffung einer vergleichbar großen, vergleichbar strukturierten und in der Nähe liegenden Fläche auszuglei-chen. Abgesehen von der Tatsache, dass geeignete Flächen oft nicht zur Verfügung stehen (bei großen Windparks können davon mehrere hundert Hektar betroffen sein), stehen Auf-wand für die Naturschutzmaßnahmen und wirtschaftlicher Ertrag aus den Anlagen in keinem realistischen Verhältnis zueinander. Mit der politischen Zielsetzung, den Ausbau der Wind-energie zu fördern, ist daher ein an vielen Standorten schwieriges naturschutzrechtliches Problem bei der Umsetzung der Eingriffsregelung des Bundesnaturschutzgesetzes entstanden. Dabei ist auch zu beachten, dass WEA positiv zum Klimaschutz und zur nachhaltigen Ener-gieversorgung beitragen, wodurch die positiven Effekte auch für den Schutz des Naturhaus-haltes nicht räumlich eingegrenzt sind. Empfehlungen zum Umgang mit der Eingriffsregelung des Bundesnaturschutzgesetzes finden sich in [19].

Viele der hier kurz skizzierten Auswirkungen von Windkraftanlagen auf den Naturhaushalt sind erst im Laufe der letzten 10 Jahre sichtbar geworden. Ansätze dafür, wie solche Eingriffe zu vermeiden wären, haben sich deshalb auch erst in dieser Phase entwickelt. Von daher stellt sich für einige Regionen die planerische Aufgabe einer Neuordnung im Hinblick auf die Windkraft [20]. Die Notwendigkeit dafür ergibt sich aufgrund fachlicher, rechtlicher, mittler-weile aber auch energiewirtschaftlicher Gründe. Grundsätzlich sollte auch für andere Regio-nen eine Überprüfung bzw. Überarbeitung der Standortplanungen im Zuge von Aktualisie-rungen regionaler Planungen erfolgen, um die zunehmend ins Bewusstsein gerückten raum-bedeutsamen Aspekte berücksichtigen zu können (siehe auch [6]).

Über die hier formulierten Vorschläge hinaus ist weiterer Forschungsbedarf in [6] dargelegt.

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Literatur

[1] Nohl, W. (1992): Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes durch mastenartige Eingriffe. Gutachten im Auftrag des Ministers für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen. Kirchheim bei München

[2] Krause, D.G. (2000): Naturschutzfachlich begründete Abstandsempfehlungen zu Bereichen mit schutzwürdigem Landschaftsbild. 55 S. In: Projektgruppe „Windenergienutzung“ im Bundesamt für Naturschutz (2000): Empfehlungen des Bundesamtes für Naturschutz zu naturschutzverträglichen Windkraftanlagen. Bonn

3] Schwahn, C. (2000): Zur landschaftspflegerischen Begleitplanung für Windenergieprojekte im Mittelgebirgsraum. Natur und Landschaft 75: 59-63

[4] Ackermann, A.J. & H.H. Wöbse (1995): Der Einfluss von Windkraftanlagen auf das Landschaftsbild im Landkreis Aurich. Gutachten für den Landkreis Aurich

[5] Landkreis Wesermarsch (1993): Standortplanung für Windkraftanlagen. Unveröff. Gutachten, Brake

[6] Projektgruppe „Windenergienutzung“ im Bundesamt für Naturschutz (2000): Empfehlungen des Bundesamtes für Naturschutz zu naturschutzverträglichen Windkraftanlagen. Bonn, ca. 220 S.

[7] Winkelman, J.E. (1990): Verstoring van vogels door de Sep-proefwindcentrale te Oesterbierum (Fr.) tijdens bouwfase en half-operationele situaties (1984-1989). RIN-rapport 90/9, Rijksinstituut voor Natuurbeheer, Arnhem

[8] Böttger, M., T. Clemens, G. Grote, G. Hartmann, E. Hartwig, C. Lammen & E. Vauk-Hentzelt (1990): Biologisch-ökologische Begleituntersuchungen zum Bau und Betrieb von Windkraftanlagen. NNA-Berichte 3: 1-124

[9] Musters, C.J.M, M.A.W. Noordervliet, W.J. Ter Keurs (1995): Bird casualities and wind turbines near the Kreekrak sluices of Zeeland. Rapport 95-01

[10] Korn, M. & E.R. Scherner (2000): Raumnutzung von Feldlerchen (Alauda arvensis) in einem Windpark. Natur und Landschaft 75: 74-75

[11] Schüz, E. (1971): Grundriß der Vogelzugskunde. Berlin – Hamburg

[12] Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern (1993): Gutachten zur Ausweisung potenzieller Standorte für Windkraftanlagen an der Küste Mecklenburg-Vorpommerns unter Wahrung der Erfordernisse von Naturschutz und Landschaftspflege. Greifswald 1993

[13] Schreiber, M. (1993): Windkraftanlagen und Watvogel-Rastplätze. Naturschutz und Landschaftsplanung 25 (4): 133-139

[14] Schreiber, M. (2000): Windkraftanlagen als Störquellen für Gastvögel. 55. S. In: Projektgruppe „Windenergienutzung“ im Bundesamt für Naturschutz (2000): Empfehlungen des Bundesamtes für Naturschutz zu naturschutzverträglichen

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Windkraftanlagen. Bonn

[15] Kruckenberg, H. & J. Jaene (1999): Zum Einfluss eines Windparks auf die Verbreitung weidender Bläßgänse im Rheiderland (Landkreis Leer, Niedersachsen). Natur und Landschaft 74 (10): 420-427

[16] Pedersen, M.B. & E. Poulsen (1991): Impact of a 90 m/2 MW wind turbine on birds. Avian responses of the implementation of Tjaereborg Wind Turbine at the Danish Wadden Sea. Danske Vildundersogelser 47, Kalo

[17] Rahmel, U., L. Bach, R. Brinkmann, C. Dense, H. Limpens, G. Mäscher, M. Reichenbach & A. Roschen (1999): Windkraftplanung und Fledermäuse – Konfliktfelder und Hinweise zur Erfassungsmethodik. Bremer Beitr. Naturkde und Naturschutz 4: 155-162

[18] Bach, L., R. Brinkmann, H. Limpens, U. Rahmel, M. Reichenbach & A. Roschen (1999): Bewertung und planerische Umsetzung von Fledermausdaten im Rahmen der Windkraftplanung. Bremer Beitr. Naturkunde und Naturschutz 4: 163-170

[19] AG „Eingriffsregelung“ der Landesanstalten/ -ämter und des Bundesamtes für Naturschutz (1996): Empfehlungen zur Berücksichtigung der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege beim Ausbau der Windkraftnutzung. Natur und Landschaft 71: 381-385

[20] Schreiber, M. (1998): Zur Notwendigkeit der großräumigen Steuerung der Windkraftnutzung im Nordseeküstenbereich. Tagungsband DEWEK '98, Wilhelmshaven

[21] Koop, B. (1999): Windkraftanlagen und Vogelzug im Kreis Plön. Bremer Beitr. Naturkunde und Naturschutz 4: 25-32

[22] Walter, G. & H. Brux (1999): Erste Ergebnisse eines dreijährigen Brut- und Gastvogelmonitorings (1994 – 1997) im Einzugsbereich von zwei Windparks im Landkreis Cuxhaven. Bremer Beitr. Naturkunde und Naturschutz 4: 81-106

[23] Vauk-Hentzelt, E. & S. Ihde (1999): Wissenswertes zur Bedeutung der Windenergie. In: Vogelschutz und Windenergie. Osnabrück, 155 S., Hrsg.: Ihde und Vauk-Hentzelt

4.2 Untersuchungen zur Offshore-Windenergienutzung in Deutschland

4.2.1 Szenario zur Darstellung des Potenzials der Offshore-Windenergienutzung Die Nutzung der Windenergie im Offshore-Bereich steckt derzeit noch in den Anfängen. Hierbei bedeutet Offshore die Anwendung in küstenfernen Gebieten – die Anwendung in Küstennähe wird als Inshore bezeichnet. In Deutschland liegen noch keine Erfahrungen der Windenergienutzung im Offshore-Bereich vor; in Dänemark wurden bereits in zwei Projekten Erfahrungen mit Inshore-Windparks im küstennahen Bereich gesammelt, desweiteren in Schweden in einem Inshore-Projekt.

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Die Windenergieanlagen, die bislang ins Wasser gebaut wurden, stehen alle in Küstennähe. Aufgrund der Anpassung des Designs an die gemäßigten Bedingungen in Küstennähe können diese Anlagen noch nicht als Offshore-Anlagen bezeichnet werden. Im Offshore-Bereich wird man mit wesentlich härteren Bedingungen als bei den Inshore-Anlagen rechnen müssen; es herrschen rauhere Wetterbedingungen, generell sind die Wellen beträchtlich höher. Die Aus-legung der Offshore-Windenergieanlagen wird sich daher bis zur Realisierung der ersten Offshore-Windparks noch ändern und auch der Betrieb der ersten Anlagen wird einen erheb-lichen Einfluss auf das endgültige Design der Offshore-Anlagen haben.

Zusätzliche Unwägbarkeiten entstehen beim Betrieb der Offshore-Windenergieanlagen. Bei-spielsweise muss bei Ausfall einer Windenergieanlage mit einer mittleren Stillstandszeit von 2 Wochen gerechnet werden bevor die Wartung erfolgen kann, wenn der Zugang mittels Ar-beitsschiffen erfolgt. Eine derartig lange Ausfallzeit auch bei kleineren Fehlern, die nicht über die Fernüberwachung zu beheben sind, haben einen gravierenden Einfluss auf die Wirtschaft-lichkeit der Windparks. Daher kann die Erreichbarkeit der WEA mittels Helikopter und Ab-seilen des Wartungspersonals ökonomisch sinnvoll sein.

Die Fragen bezüglich des endgültigen Designs der Offshore-Windenergieanlagen und des Aufwands für ihre Wartung führen dazu, dass die Wirtschaftlichkeit von Windanlagen auf See noch mit vielen Unwägbarkeiten verknüpft ist. Die Wirtschaftlichkeit ist es jedoch, die bei der Beurteilung des zur Verfügung stehenden Potenzials der Offshore-Windenergienutzung eine große Rolle spielt; technisch ist die Offshore-Windtechnik mach-bar.

Weitere Unwägbarkeiten in der Beurteilung des Offshore-Potenzials liegen darin, dass exakte Angaben über das Windpotenzial in der deutschen Bucht derzeit nicht existieren sowie darin, dass die Frage der Netzanbindung, die einen erheblichen Einfluss auf die Kosten hat, mit der momentanen Entwicklung moderner Umrichtertechnologien starken Änderungen unterliegt.

Generell sind die Potenziale der Windenergienutzung in der deutschen Bucht aufgrund ihrer großen Ausdehnung bei gleichzeitig moderaten Wassertiefen enorm. Wenn eine Wassertiefe von 20 bis 40 m bei einer Entfernung bis zu 100 km als wirtschaftlich machbar gewertet wer-den kann, steht eine enorm große Fläche zur Verfügung. Aus 4.1, in der die Abhängigkeit der Wassertiefe in Entfernung zur ost- bzw. nordfriesischen Küste dargestellt ist, ist zu ersehen, dass die Wassertiefe in der deutschen Bucht im wesentlichen nicht mehr als 40m beträgt. Wenn aufgrund der Vermeidung von Konflikten mit vorhandenen Nutzungen und der Ver-meidung von visueller Beeinträchtigung von einem Mindestabstand zur Küste von 30 km aus-gegangen wird, beträgt die Wassertiefe bereits zwischen 15 und 30 m; diese Tiefe wächst aber bei einer Verdoppelung des Abstandes zur Küste nur auf etwa 25 bis 35 m an. D.h., wenn die Offshore-Windenergienutzung in dieser Wassertiefe und Entfernung zum Land wirtschaftlich machbar ist, ist das in diesem Gebiet, innerhalb der AWZ und einer Entfernung von mehr als 30 km, zur Verfügung stehende mögliche Potenzial enorm.

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0

5

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0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70Entfernung zur Küste [km]

mitt

lere

Was

sert

iefe

[m]

Nordfriesische Küste Ostfriesische Küste

Abb. 4.1: Wassertiefenprofil in der Nordsee (Deutsche Bucht). Angegeben sind die Tiefen in Entfernung zur ost- bzw. nordfriesischen Küste [1].

Die Angaben über die zu erwartenden Windpotenziale über der Nordsee schwanken sehr, eine verlässliche Prognose fehlt bisher. In [2] wurde eine Abschätzung der möglichen Potenziale bis zu einer Entfernung von 30 km zur Küste vorgenommen. Diese Abschätzung ist zwar auf-grund der aktuellen Diskussion über den Abstand der Windparks zur Küste nicht mehr aktu-ell, gleichzeitig zeigt es aber die enormen Potenziale der Offshore-Windenergienutzung.

40m 30m 20m 10m

10km

20km

30km

0

50

100

150

200

250

Ener

giee

rtra

g, T

Wh/

a

Wassertiefe

Entfernung zum Land

jährlicher Stromverbrauch: 431,5 TWh/a

Abb. 4.2: Offshore-Potenziale in Abhängigkeit von Wassertiefe und Entfernung zum Land [2].

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Eine Betrachtung der Potenziale und benötigten Flächen ist in Tab. 4.4 dargestellt.

Leistung pro WEA 5.0 MWFläche pro WEA 0.42 km²Ertrag pro WEA 17.5 GWhErtrag pro km² 41 GWh

elektrischer Verbrauch in

Deutschland (1998)

benötigte Offshore-

Windpark-Leistung

benötigte Fläche

Seitenlänge der quadrati-schen Fläche

Deutschland 477´000 GWh 136 GW 11543 km² 107 km 15% davon 71´550 GWh 20 GW 1732 km² 42 km

Tab. 4.4: Energieertrag und benötigte Fläche einer 5 MW Anlage auf See. Vorausgesetzt wurde eine Aufstellungsgeometrie von 5 X 7 Rotordurchmesser und ein Kapazi-tätsfaktor von 0,4. Weiterhin ist der theoretische Flächenbedarf für eine 100 bzw. 15 %-tige Deckung des bundesdeutschen, elektrischen Energiebedarfs aufgeführt.

Zukünftig für Offshore-Windparks verwendete WEA dürften in der Größenordnung von 5 MW je WEA liegen. Flächenbedarf und zu erwartender Energieertrag einer solchen Anlage sind in der Tabelle 4.4. aufgeführt. Um den elektrischen Energiebedarf der Bundesrepublik Deutschland theoretisch aus Windenergie zu decken, ist es erforderlich eine Fläche von 107 x 107 km² mit 27257 MW-Anlagen zu bebauen. Dies ist eine theoretische Größe die aus Naturschutz- und technischen Gründen nicht zu realisieren wäre, die aber dennoch das enor-me Potenzial allein des Teils der Nordsee zeigen, die der Bundesrepublik zur Nutzung zur Verfügung steht (AWZ). Im Vergleich zu der den anderen Nationen (z.B. Dänemark, Nieder-lande, Großbritannien) zur Verfügung stehenden Flächen in der Nordsee ist dieser Anteil dennoch relativ gering. D.h. gerade die deutschen Nachbarstaaten können aufgrund der größe-ren Potenziale bei gleichzeitig geringeren Energieverbräuchen einen sehr großen Anteil ihrer Energieversorgung aus Offshore-Windenergie decken.

Eine realistischere Größe für den Beitrag der Offshore WEA zur elektrischen Energieversor-gung wäre eine Deckung von beispielsweise 15 %. Der erforderliche Flächenbedarf würde etwa einem Quadrat mit einer Seitenlänge von 42 km entsprechen; eine entsprechende Fläche ist zur Darstellung der Größenordnung in die Karte in Abb. 4.3 eingezeichnet, Lage und Form wurden willkürlich gewählt. Für die Energieerzeugung wären etwa 4089 5 MW-WEA erfor-derlich.

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Abb. 4.3: Eine quadratische Fläche (blaues, schraffiertes Quadrat) mit einer Seitenlänge von etwa 42 km wäre erforderlich um theoretisch 15 % der elektrischen Energie-versorgung aus Offshore-Windenergie zu erzeugen. Lage und Form der Fläche wurde willkürlich gewählt. Quelle der zugrundeliegenden Karte ist das BfN; die markierten grünen, orangenen und grauen Flächen stellen wertvolle avifaunisti-sche Bereiche mit unterschiedlicher Bedeutung dar.

4.2.2 Planung der Offshore-Windenergienutzung in Europa Vor dem Hintergrund der im Kyoto-Protokoll vereinbarten Reduktionen der CO2-Emissionen haben verschiedene Staaten Europas basierend auf ihren Erfahrungen mit der Windenergie-nutzung an Land Pläne zur Offshore-Windenergienutzung aufgestellt. Hiervon sind insbeson-dere die Nord- und Ostsee betroffen.

Ein weiterer Grund für die Offshore-Windenergienutzung liegt in den wesentlich höheren mittleren Jahreswindgeschwindigkeiten über dem Meer und dem damit verbundenen höheren Eneergieertrag. Mit mittleren Jahreswindgeschwindigkeiten von über 8 m/s in 60 m über der Wasseroberfläche werden an den meisten nordeuropäischen Offshore-Standorten ca. 40 % höhere Energieerträge erwartet als an guten Küstenstandorten in Belgien, Dänemark, den Niederlanden und Deutschland. Allerdings sind die Investitionskosten für Offshore-Windenergieparks auch wesentlich höher als für entsprechende Anlagen an Land, wobei in [13] z. Z. von ca. 60 % höheren Kosten ausgegangen wird. Daher kommt der Verfügbarkeit der Offshore-Windenergieanlagen eine sehr hohe Bedeutung zu, was bei der Anlagenkon-

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struktion als auch bei dem Betriebsführungskonzept der Windparks berücksichtigt werden muss. Außerdem kann bei einer entsprechend großen Produktion von Komponenten für die Offshore-Windenergienutzung in Zukunft eine erhebliche Kostenreduktion erwartet werden, ähnlich der Entwicklung an Land [5], so dass die Investitionskosten für Offshore-Windenergieparks mittelfristig sinken werden. Allerdings ist nicht in allen Ländern Europas ein entsprechender Anstieg des Energieertrages bei der Offshore-Windenergienutzung zu er-warten. Großbritannien z. B. verfügt im Norden über sehr gute mittlere Jahreswindgeschwin-digkeiten auch an Land, so dass hier der Mehrertrag im Offshore-Bereich wesentlich kleiner ausfallen wird.

Ein dritter Grund für die Offshore-Windenergienutzung sind die zunehmenden Konflikte bei der Entwicklung von Windenergieparks an Land. Die Offshore-Windenergienutzung wird den Einfluss von Emissionen auf den Menschen und auf die Umwelt stark reduzieren. Eben-falls wird der Einfluss auf das Landschaftsbild reduziert, da mit zunehmender Entfernung von Offshore-Windenergieparks von der Küste die Sichtbarkeit der Anlagen von Land stark ab-nehmen wird.

Ein vierter Grund für die Offshore-Windenergienutzung liegt in der Suche der Windenergie-industrie nach neuen Märkten. Offshore-Windenergieparks in Nordeuropa werden, ebenso wie dies bei Windenergieparks an Land heute bereits der Fall ist, ein Schaufenster für viele Länder der Erde sein, so dass diese Technologie sobald ihre Entwicklung und Erprobung ab-geschlossen ist, als Exportprodukt zur Verfügung stehen wird.

4.2.2.1 Dänemarks „Action Plan“ Im Rahmen des „Energy 21 Action Plan“ der dänischen Regierung [7] wurden die Ziele, 20 % CO2-Reduktion bis 2005 auf der Basis der Emissionen von 1988 sowie eine Halbierung der CO2-Emissionen bis 2030, formuliert. Um diese Ziele zu erreichen, ist eine Deckung des dä-nischen Energiebedarfs durch erneuerbare Energiequellen von 12-14 % bis 2005 und 35 % bis 2030 vorgesehen. Aufgrund der verfügbaren Resourcen wird der größte Anteil diese Energie-bedarfs durch Biomasse- und Windenergienutzung kompensiert. Der Anteil der Windenergie-nutzung soll 2030 5500 MW betragen, von denen 4000 MW im Offshore-Bereich vorgesehen sind.

Die Entwicklung der Offshore-Windenergienutzung ist in Dänemark bereits in der Umset-zungsphase. Nach ersten Erfahrungen zweier Offshore-Pilotprojekten mit jeweils ca. 5 MW installierter Leistung und der Anlagentechnik der 500 kW-Klasse, ist zwischen 2001 und 2008 die Installation von ca. 750 MW in 5 Offshore-Windenergieparks, Horns Rev (Nordsee), Laeso (Kattegat), Omo Stalgrunde, Gedser und Rodsand (Ostsee), vorgesehen. Die durch-schnittliche Windparkgröße wird zwischen 130 und 160 MW liegen. Betrieben werden diese Offshore-Windenergieparks von den dänischen Energieversorgern ELSAM und ELKRAFT. Nach Beendigung der Demonstrationsphase, die aus der Errichtung und dem Betrieb der Windparks Horns Rev und Rodsand über einen Zeitraum von 2 bis 3 Jahre besteht, werden weitere Entscheidungen für zukünftige Entwicklungen getroffen werden [6]. Diese ersten

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zwei Offshore-Windenergieparks in Dänemark werden durch ein auf 10 Jahre festgeschriebe-nen Vergütungssatz finanziert.

4.2.2.2 Der Niederländische Plan zur Umsetzung der Offshore-Windenergienutzung In der niederländischen Agenda, Duurzame Energie in Opmars, von 1997 des niederländi-schen Ministeriums für ökonomische Angelegenheiten wurde das Ziel definiert, bis 2020 10 % des Energieverbrauchs der Niederlanden durch erneuerbare Energien bereitzustellen [8]. Bezogen auf die Windenergienutzung bedeutet dieses Ziel die Installation von WEA mit einer installierten Leistung von 2.750 MW. Aufgrund des begrenzten Flächenpotenzials an Land wird eine Installation von ca. 1.250 MW Offshore erwartet. Um dieses politische Ziel zu er-reichen wurden vom niederländischen Ministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten zu-sätzliche Maßnahmen proklamiert, wie zusätzliche finanzielle Unterstützung für die Entwick-lung und Errichtung von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien, spezielle Regelungen im niederländischen Elektrizitätsgesetz für erneuerbare Energien, die Befreiung des „Grünen Stroms“ von den Öko-Steuern sowie eine Beschleunigung der Liberalisierung des Elektrizi-tätsmarktes [9].

In den Niederlanden ist z. Z. ein Offshore-Demonstrationsvorhaben geplant mit einer instal-lierten Leistung von 100 MW und einer Entfernung zur Küste von 8 bis 10 km (Nearshore) [10]. Folgende sechs weitere Standorte werden bereits untersucht: Egmond, Ijmuiden Oost, Ijmuiden West, Zandvoort Oost, Zandvoort West und Katwijk. Alle Standorte wurden im Rahmen von Umweltverträglichkeitsstudien miteinander verglichen. 1999 wählte die nieder-ländische Regierung den Standort Egmond einen weiteren Nearshore-Windenergiepark aus.

4.2.2.3 Das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz In Deutschland existieren bisher keine politische Ziele für die Entwicklung der Offshore-Windenergienutzung. Allerdings gibt es das im EEG verankerte Ziel der Verdopplung des Anteils erneuerbarer Energien bis 2010 sowie ihren langfristen Ausbau danach. Dabei ist an-zustreben, 5 bis 6 % des nationalen Stromverbrauch bis 2010 durch Windenergie zu decken und die Hälfte des Strombedarfs 2050 durch erneuerbare Energien sicherzustellen [11]. Im Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG), welches im April 2000 in Kraft getreten ist, wurde der Offshore-Windenergienutzung allerdings eine Sonderstellung eingeräumt. Offshore-Windenergieanlagen, die vor 2006 errichtet werden, erhalten demnach eine erhöhte Einspei-severgütung über einen Zeitraum von neun Jahren.

Ebenfalls für die Windenergienutzung an Land wurden im Rahmen dieses Gesetzes feste Ein-speisetarife definiert, deren Laufzeit in Abhängigkeit der Windhöffigkeit des Standortes vari-ieren.

Mehrere Offshore-Windenergieprojekte befinden sich in Deutschland z.Z. in der Planungs- und Genehmigungsphase. Die Errichtung des ersten Offshore-Windenergieparks wird nicht vor 2003 erwartet.

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4.2.2.4 Förderung Erneuerbarer Energien in Großbritannien Entsprechend dem Kyoto Protokoll von 1997 soll Großbritannien den Ausstoß von Treib-hausgasen bis 2010 um 12,5 % reduzieren, wobei die Emissionen von 1990 zu Grunde gelegt wurden [12]. Weiterhin existiert eine noch strengere Selbstverpflichtung Großbritanniens, die CO2-Emissionen, basierend auf den Zahlen von 1990, bis 2010 um 20 % zu verringern. Im Rahmen dieser Ziele ist vorgesehen bis 2003 5 % und bis 2010 10 % des nationalen Strombe-darfs durch erneuerbare Energien zu decken [13], wobei die Windenergienutzung mit 3.450 MW bis 2010 einen bedeutenden Anteil einnehmen soll. 2.400 MW werden hierbei an Land vorgesehen und 1.050 MW sind im Offshore-Bereich geplant. Ein englisches Konsorti-um angeführt von der Amec Border Wind Ltd. errichtet z. Z. die ersten beiden englischen Offshore-Windenergieanlagen vor der Küste von Blythe im Nordosten von England [14].

4.2.2.5 Das belgische Erneuerbare Energie Gesetz Entsprechend [15] hat die belgische Regierung entschieden, den Anteil der erneuerbaren E-nergien am nationalen Stromverbrauch bis zum Jahr 2004 auf 3 % zu steigern. Die Offshore-Windenergienutzung wird hierbei im Rahmen des „Grünen Zertifikat Systems“, vorerst über-gangsweise, durch ein Festpreis-System für erneuerbare Energien finanziert.

Die aktuellen Planungen sehen zwei Offshore-Windenergieparks mit jeweils 100 MW in einer Entfernung von 7 bis 12 km zur Küste vor. Bei den z. Z. untersuchten Standorten handelt es sich um die Sandbänke Knokke und Wenduine. Die Errichtung der Windparks wird nicht vor 2002 erwartet.

4.2.2.6 Offshore-Windenergienutzung in Schweden Die schwedische Regierung hat sich bereits 1997 auf eine Steigerung der jährlichen Strom-produktion durch die Windenergienutzung von 0,5 TWh bis Juni 2002 verständigt [16]. Die aktuellen Planungen sehen eine Steigerung auf 5 bis 10 TWh vor, wobei die diesem Ziel zu Grunde liegende Jahresfrist noch nicht festgeschrieben ist [17] (z. Vergl.: in Deutschland lag der potenzielle Jahresenergieertrag aller WEA zur Jahreshälfte 2000 bei 9,2 TWh, was einer installierten Leistung von 4.958 MW entsprach [3]). Eine Unterteilung dieser politischen Zielvorstellung hinsichtlich der Installation von WEA an Land und im Offshore-Bereich ist bisher nicht vorgenommen worden. Allerdings vertreten schwedische Experten die Ansicht, dass obwohl die Kosten der Offshore-Windenergienutzung höher sind, das Offshore-Potenzial um ein vielfaches größer ist [17].

Nach ersten Erfahrungen im Rahmen eines F&E-Vorhabens mit dem Betrieb einer 220 kW Offshore-WEA in Nogersund (seit 1991) wurde der erste größere Offshore-Windenergiepark in Bockstigen (fünf Wea à 500 kW) seit 1998 in Betrieb genommen. Weitere Windparks sind in Utgrunden (10 MW) zwischen der Stadt Kalmar und der Insel Öland geplant sowie im Lillgrund zwischen Schweden und Dänemark (72 MW). Das schwedische Elektrizitätsunter-

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nehmen Vattenfall hat im Südosten Schwedens in der Nähe der Stadt Karlskrona eine Feasibi-lity Studie für ein 3 MW Offshore-Projekt durchgeführt. Die Stadt sieht für diesen Standort einen Offshore-Windenergiepark mit hundert großen WEA der MW-Klasse vor [16].

Literatur

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[3] Rehfeldt, Knud: Windenergienutzung in der Bundesrepublik Deutschland - Stand 30.06.2000. DEWI-Magazin Nr. 17 (August 2000) S. 30-42.

[4] Godall, N.: Prospects for Offshore Wind Energy. In: Ente per le Nueve Tecnologie, l’Energia al’Ambiente ENEA (Rome) (Editor): OWEMES 2000 Proceedings. Rome: ENEA, 2000, p. 321-353.

[5] Schwenk, B.; Rehfeldt, K.: Studie zur aktuellen Kostensituation der Windenergienut-zung in Deutschland. Herausg. Bundesverband Windenergie, Osnabrück 1999.

[6] Rasmussen, S. L.; Bjelskou, J.; Lemming, J.: Experiences and Results From the Im-plementation of the Danish Offshore Wind Energy Programme. Paper presented at OWEMES 2000, Siracusa, Sicily, Italy. April 13-15, 2000.

[7] The Offshore Wind Farm Working Group of the Electricity Companies and the Danish Energy Agency, Elkraft, Wind Power Department, SEAS (Editor): Action Plan of Off-shore Wind Farms in Danish Waters, 1. English edition. Haslev Denmark, 1997.

[8] Bakker, C.; Coelingh, J.P.; Arkesteijn, L.A.G.: Winds of Change – A feasibility Study of 10.000 MW Offshore Wind Energy in the North Sea. Adviesbureau E-Connection BV, Delft, May 1997.

[9] `t Hooft, J.L. (NOVEM): National Activities – The Netherlands. In: IEA R&D Wind Annual Report 1999. International Agency, http://www.iea.org/techno/…

[10] Haskoning: Milieu effectrapportage Licatiekreuze Demonstratie Near Shore Windpark. In opdracht van het Ministerie van Economische Zaken en het Ministerie von Volkshu-isvesting, Ruimtelijke Ordening en Milieubeheer, 2000.

[11] Dürrschmidt, W.; Stellungnahme im ersten Workshop des F&E-Vorhabens „Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz“. Organisert und Durchgeführt vom Deutschen Windenergie-Institut, Wilhelmshaven, 4-5. Mai 2000.

[12] UK Department of Environment, Transport and the Regions: Climate Change – Draft UK Programme, March 1999.

[13] Fletcher, Ian (ETSU): National Activities – United Kingdom. In: IEA R&D annual Re-port 1999. International Energy Agency, http://www.iea.org/techno/…

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

81 / 106

[14] Still, D.; Grainger, W.: The Offshore Wind Farms of Blyth. In: Ente per le Nuevo Tecnologie, l’Energia el ‘Ambiente ENEA (Rome) (Editor): OWEMES 2000 Proceedings. Rome: ENEA, 2000, p. 299-307.

[15] Informationen von Greenpeace Belgien [16] Persson S.; Averstad, K.: National Activities – Sweden. In: IEA R&D annual Report

1999. International Energy Agency, http://www.iea.org/techno/… [17] Informationen von Greenpeace Schweden

4.2.3 Untersuchung zur Kostensituation von Offshore-Windenergieparks in Deutsch-land und ihr Einfluss auf die Standortwahl

Da bisher in Deutschland keinerlei Erfahrungen mit der Offshore-Windenergienutzung vor-liegen und somit zu tatsächlich entstandenen Kosten keine Angaben existieren, bezieht sich diese Untersuchung auf Literatur, die zu diesem Thema vor allem in den Niederlanden [1] und in Dänemark [2] aber auch in Deutschland [3] erschienen ist, sowie auf Aussagen von privaten Gesellschaften, die in Deutschland an der Entwicklung von Offshore-Windenergieprojekten arbeiten. Die bei diesen Quellen gesammelten Aussagen weisen deutli-che Unterschiede hinsichtlich einer Prognose der Stromerzeugungskosten bzw. der verwende-ten Randbedingungen auf, so dass der Verlauf der Stromerzeugungskosten in Abhängigkeit der Standortqualität nicht als Linie dargestellt wird, sondern als ein Bereich, in dem sich die Stromerzeugungskosten der Offshore-Windenergienutzung voraussichtlich bewegen werden.

Bei der Betrachtung der Kosten der Offshore-Windenergienutzung wurde besonderes Ge-wicht auf den Nordseebereich gelegt, da hier langfristig von einem weit größeren Potenzial ausgegangen werden kann als im Ostseebereich und somit die Nordsee für die Zukünftige Offshore-Windenergienutzung in Deutschland eine wesentlich bedeutendere Rolle einnehmen wird.

4.2.3.1 Randbedingungen zur Kostenanalyse Einflussfaktoren, die eine besonders starke Auswirkung auf die Kosten von Offshore-Windenergieprojekten haben, sind die Entfernung des Standortes zur Küste sowie die Wasser-tiefe am Standort des geplanten Windenergieprojektes. Diese beiden Faktoren beeinflussen wesentlich die Kosten der Netzanbindung und die Kosten für die Fundamente der WEA. Um eine Vorstellung zu gewinnen, um welche Wassertiefen bzw. welche Entfernungen zur Küste es sich handelt, ist noch einmal Abb. 4.1 zu betrachten, mit der Darstellung der mittleren Wassertiefen in Abhängigkeit der Entfernung zur Küste in der Deutschen Bucht.

Da dem Küstenstreifen in der Deutschen Bucht der Nationalpark Wattenmeer vorgelagert ist, in dem eine Offshore-Windenergienutzung zur Zeit ausgeschlossen werden kann, und an-schließend ein ausreichend großer Abstand zu den friesischen Inseln einzuhalten ist, sind Ent-fernungen von mehr als 30 km zur Küste für die Offshore-Windenergienutzung in der Nord-see relevant. Hieraus folgen Wassertiefen, die zwischen 15 und 25 m liegen.

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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Der Einfluss der Wassertiefen auf die Kosten der Fundamente ist in Abb. 4.11 dargestellt. Für größere als die in Abb. 4.4 dargestellten Wassertiefen wurde der Verlauf der Kurve bei den folgenden Berechnungen extrapoliert.

600

610

620

630

640

650

660

670

680

690

6 8 10 12 14 16Wassertiefe, m

Fund

amen

tkos

ten,

TD

M

Abb. 4.4: Fundamentkosten in Abhängigkeit zur Wassertiefe (Anlagentyp 1 MW bis 1,5

MW) [5] Die Definition der Randbedingungen für die Kostenrechnung erfolgt in Anlehnung an die bisherigen Diskussionen zu Kosten der Windenergienutzung an Land im Rahmen des Erneu-erbaren-Energien-Gesetzes (EEG). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Offshore-WEA spezifisch teurer sind als WEA an Land. Da aber mit der Realisierung der ersten Offshorepro-jekte in Deutschland nicht in vor 2003 bis 2004 zu rechnen ist, wurde, eine Kostendegression für WEA vorausgesetzt, mit den gleichen spezifischen Anlagenkosten gerechnet, wie es in [6] erfolgt ist. Gleiches gilt für die Finanzierungskonditionen. Zur Berechnung der Energieerträge an Offshorestandorten wird eine Rauhigkeitslänge von 0,003 m angenommen. Da die techni-sche Verfügbarkeit nicht nur von der Reparaturanfälligkeit der WEA abhängt sondern eben-falls von der Qualität des Services, insbesondere hinsichtlich der Zeit, in der Störungen beho-ben werden können, wird im Offshore-Bereich von einer niedrigeren technischen Verfügbar-keit ausgegangen als dies an Land der Fall ist. Hinsichtlich des Parkwirkungsgrades können aufgrund der höheren mittleren Jahreswindgeschwindigkeiten höhere Werte erreicht werden. Die Betriebskosten von Offshorewindenergieanlagen werden allgemein um ca. 1/3 höher ver-anschlagt als dies an Land erfolgt. Die Berücksichtigung von Ersatzinvestitionen lehnt sich an die Ergebnisse der Untersuchungen an Land [4] an. Auch wenn für den Offshore-Bereich oftmals höhere Nutzungsdauern diskutiert werden, wird in der folgenden Kostenrechnung mit Nutzungsdauern entsprechend [6] für den Bereich an Land von 20 Jahren ausgegangen. Die Randbedingungen zur Kostenrechnung sind in Tab. 4.5 zusammengestellt.

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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WEA-Preis 1.700,- DM/kW

Kalkulatorischer Zins 7,8 % (30% Eigen- und 70% Fremdfinanzierung)

Rauhigkeitslänge 0,003 m

Technische Verfügbarkeit 95 %

Parkwirkungsgrad 95 %

Betriebskosten 7,5 %

Preisteigerung 2 % pro Jahr

Ersatzinvestition 35 % des WEA-Preises in 2. Dekade

Nutzungsdauer 20 Jahre

Tab. 4.5: Randbedingungen für die Kostenberechnung Die Kalkulation der Investitionsnebenkosten hängt, wie oben erläutert, wesentlich von der Entfernung des Offshorestandortes zur Küste bzw. von der Wassertiefe ab. Im folgenden sind die Nebenkosten für unterschiedliche Entfernungen zur Küste kalkuliert. Grundlage dieser Kalkulationen sind sowohl die bekannten Offshorestudien [1] und [3] als auch konkrete Kal-kulationen privater Gesellschaften im Rahmen der Planung von Offshore-Windenergieprojekten. Da die Annahmen der unterschiedlichen Investitionsnebenkosten weit streuen, ist in Tab. 4.6 für die wesentlichen Investitionsnebenkosten eine Bandbreite angege-ben, in der sich die Kosten voraussichtlich bewegen werden. Sehr deutlich wird bei diesen Untersuchungen die große Abhängigkeit der Investitionsnebenkosten von den Netzanbin-dungskosten, die wiederum sehr stark von der Entfernung der Offshorestandorte zur Küste beeinflusst werden.

Entfernung zur Küste 30 km 50 km 70 km

Fundamente 35,3 % - 38,2 % 43,5 % - 51,2 % 38,8 % - 47,5 %

Installation 8,8 % - 13,3 % 10,9 % - 18,5 % 9,7 % - 23,3 %

Netzanbindung 31,2 % - 67,2 % 44,3 % - 82,8 % 57,2 % - 113,5 %

Sonstige Nebenkosten 7,4 % - 23,9 % 7,4 % - 23,9 % 7,4 % - 23,9 %

Summe der Nebenkos-ten

82,7 % - 142,6 % 106,1 % - 176,4 % 113,1 % - 208,2 %

Tab. 4.6: Investitionsnebenkosten als Prozentsatz vom WEA-Preis (1.700,- DM/kW) in Ab-

hängigkeit der Entfernung zur Küste.

4.2.3.2 Prognose der Stromerzeugungskosten Die Berechnung der Stromerzeugungskosten im Offshorebereich ist in den folgenden drei Abbildungen in Abhängigkeit der Offshorestandorte zur Küste dargestellt, wobei zwischen 30 km, 50 km und 70 km Entfernung zur Küste unterschieden wird. Da zur Zeit eine annä-hernd genaue Berechnung der Stromerzeugungskosten aufgrund der starken Streuung der

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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Randbedingungen nicht möglich ist, wird in den nachfolgenden Abbildungen ein Bereich dar-gestellt, in dem sich die Stromerzeugungskosten in Abhängigkeit der Standortqualität voraus-sichtlich bewegen werden. Weiterhin wird an dieser Stelle keine Aussage über die Art der Netzanbindung vorgenommen, da z.Z. unterschiedliche Systeme zur Diskussion stehen, die sich zum Teil noch im Entwicklungsstadium befinden. Aus diesem Grunde bleiben ebenfalls die Netzanbindungsverluste nachfolgend unberücksichtigt.

0,070,090,110,130,150,170,190,210,230,250,270,290,310,330,350,370,39

1000 1250 1500 1750 2000 2250 2500 2750 3000 3250 3500 3750 4000

Standortqualität (h/a)

Ener

giee

rzeu

gung

skos

ten,

DM

/kW

h

83% Inv.NK bezogen auf WEA-Preis

143% Inv.NK bezogen auf WEA-Preis

mittlere Vergütung nach dem EEG (17,8 u. 12,1 Pf/kWh)

Annahmen:- 30 km Küstenentfernung (Nordsee)- 7.8 % kalkulatorischer Zins- Rauhigkeitslänge 0,003 m- Nabenhöhe der WEA 60 m- techn. Verfügbarkeit 95%- Parkwirkungsgrad 95%- 7.5% Betriebskosten f. erste Dekade- 7.5% Betriebskosten f. zweite Dekade- 2% Preissteigerungsrate - 35% Ersatzinvestition verteilt auf Jahre 11 - 20- 20 Jahre Nutzungsdauer

Abb. 4.5: Energieerzeugungskosten für WEA im Offshorebereich (Nordsee) bei einer Ent-

fernung zur Küste von 30 km.

0,070,090,110,130,150,170,190,210,230,250,270,290,310,330,350,370,39

1000 1250 1500 1750 2000 2250 2500 2750 3000 3250 3500 3750 4000Standortqualität (h/a)

Ener

giee

rzeu

gung

skos

ten,

DM

/kW

h

106% Inv.NK bezogen auf den WEA-Preis

176% Inv.NK bezogen auf den WEA-Preis

mittlere Vergütung nach dem EEG (17,8 u. 12,1 Pf/kWh)

Annahmen:- 50 km Küstenentfernung (Nordsee)- 7.8 % kalkulatorischer Zins- Rauhigkeitslänge 0,003 m- Nabenhöhe der WEA 60 m- techn. Verfügbarkeit 95%- Parkwirkungsgrad 95%- 7.5% Betriebskosten f. erste Dekade- 7.5% Betriebskosten f. zweite Dekade- 2% Preissteigerungsrate - 35% Ersatzinvestition verteilt auf Jahre 11 - 20- 20 Jahre Nutzungsdauer

Abb. 4.6: Energieerzeugungskosten für WEA im Offshorebereich (Nordsee) bei einer Ent-

fernung zur Küste von 50 km. Den Berechnungen der Stromerzeugungskosten liegen heutige im Prototypenbetrieb befindli-che Anlagentechniken zu Grunde, die nach einer ausreichenden Erprobung an Land in den

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nächsten zwei Jahren für den Offshorebereich zur Verfügung stehen werden. Es handelt sich hierbei um Anlagengrößen zwischen 2 bis 2,5 MW.

0,070,090,110,130,150,170,190,210,230,250,270,290,310,330,350,370,39

1000 1250 1500 1750 2000 2250 2500 2750 3000 3250 3500 3750 4000Standortqualität (h/a)

Ener

giee

rzeu

gung

skos

ten,

DM

/kW

h

113% Inv.NK bezogen auf WEA-Preis

208% Inv.NK bezogen auf WEA-Preis

mittlere Vergütung nach dem EEG (17,8 u. 12,1 Pf/kWh)

Annahmen:- 70 km Küstenentfernung (Nordsee)- 7.8 % kalkulatorischer Zins- Rauhigkeitslänge 0,003 m- Nabenhöhe der WEA 60 m- techn. Verfügbarkeit 95%- Parkwirkungsgrad 95%- 7.5% Betriebskosten f. erste Dekade- 7.5% Betriebskosten f. zweite Dekade- 2% Preissteigerungsrate - 35% Ersatzinvestition verteilt auf Jahre 11 - 20- 20 Jahre Nutzungsdauer

Abb. 4.7: Energieerzeugungskosten für WEA im Offshorebereich (Nordsee) bei einer Ent-

fernung zur Küste von 70 km. 4.2.3.3 Analyse der Ergebnisse Die mittleren Jahreswindgeschwindigkeiten im Offshorebereich der Nordsee liegen in einer Höhe von 60 m über dem Meeresspiegel zwischen 7 und 10 m/s (Abb 4.8).

Abb. 4.8: Mittlere Jahreswindgeschwindigkeiten im Küstengebiet Deutschlands und Däne-marks [8].

Genauere Windpotenzialuntersuchungen für die Deutsche Bucht sind zur Zeit nicht verfügbar.

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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Um eine Analyse der Ergebnisse vornehmen zu können, ist die Betrachtung der erzielbaren Benutzungsstunden im Offshorebereich notwendig. Hierbei wird von der der Berechnung der Stromerzeugungskosten zu Grunde gelegten Anlagentechnik ausgegangen.

Mittl. Jahres-windgeschw. in 60 m Höhe

7,2 m/s

7,7 m/s

8,0 m/s

8,3 m/s

8,8 m/s

9,0 m/s

9,5 m/s

Benutzungs-stunden

2484 h 2800 h 3020 h 3175 h 3460 h 3580 h 3830 h

Tab. 4.7: Benutzungsstunden in Abhängigkeit der mittleren Jahreswindgeschwindigkeit in 60 m Höhe unter Berücksichtigung eines Parkwirkungsgrades von 95 % und einer technischen Verfügbarkeit von 95 %. Die Angabe von Benutzungsstunden ist grundsätzlich stark von der verwendeten Anlagentechnik abhängig.

Vergleicht man die erzielbaren Benutzungsstunden mit den kalkulierten Stromerzeugungskos-ten aus Abb. 4.5, so wird deutlich, dass bei optimistischer Kostenkalkulation für Offshore-Standorte mit einer Entfernung zur Küste von 30 km eine Kostendeckung mit der durch-schnittlichen Vergütung auf Basis des EEG (9 Jahre 17,8 Pf/kWh, danach 12,1 Pf/kWh) er-reicht werden kann. Die mittlere Vergütung über 20 Jahre für Offshore-Standorte liegt dem-nach bei 14,8 Pf/kWh. Eine Differenzierung der mittleren Vergütung für Offshore-Standorte mit unterschiedlichem Windpotenzial, wie es an Land durch das Gesetz vorgeschrieben wird, ist im Offshore-Bereich nicht vorgesehen. Die Kostendeckung in Abb. 4.5 wird unter güns-tigsten Randbedingungen an Standorten erreicht, an denen Off-shore-Windenergieparks 3240 Benutzungsstunden erzielen, was einer mittleren Jahreswindgeschwindigkeit unter Berück-sichtigung der hier betrachteten Anlagentechnik von 8,4 m/s in 60 m Höhe entspricht.

Offshore-Windparks mit einer größeren Entfernung zur Küste (50 km), wie in Abb. 4.6 darge-stellt, erreichen eine Kostendeckung ebenfalls unter Betrachtung der günstigsten Randbedin-gungen an Standorten, an denen 3490 Benutzungsstunden erzielt werden. Dies entspricht un-ter der hier betrachteten Anlagentechnik einer mittleren Jahreswindgeschwindigkeit von 8,85 m/s in 60 m Höhe.

Offshore-Windparks mit einer Entfernung zur Küste von 70 km (Abb. 4.7) erreichen eine Kostendeckung unter günstigsten Randbedingungen an Standorten, an denen 3630 Benutzungsstunden erzielt werden. Dies entspricht unter der hier betrachteten Anlagentechnik einer mittleren Jahreswindgeschwindigkeit von 9,1 m/s in 60 m Höhe.

Ein Vergleich der Ergebnisse mit dem verfügbaren Windpotenzial weist eine Kostendeckung durch das Vergütungsmodell des EEG lediglich unter günstigsten Kostenannahmen auf. Da bisher in Deutschland keine Erfahrungen im Bereich der Offshore-Windenergienutzung vor-liegen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die hier angesetzten günstigsten Kosten-annahmen bei den ersten in Deutschland zu realisierenden Offshore-Windenergieprojekten auch wirklich eintreten werden.

Sollte eine breite Einführung der Offshore-Windenergienutzung, wie sie beispielsweise in Dänemark geplant ist [2], auch in Deutschland eintreten, so ist entsprechend der Entwicklung

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an Land von großen Kostenreduktionspotenzialen auszugehen. Insbesondere kann in den Be-reichen Netzanbindung, Fundamentierung und auch bei der technischen Betriebsführung von großen Kostenreduktionspotenzialen ausgegangen werden. Des Weiteren werden für die Offshore-Windenergienutzung in Zukunft Anlagentechniken entwickelt, die eine installierte Leistung je WEA von bis zu 5 MW aufweisen. Dies führt zu geringeren spezifischen Investi-tionsnebenkosten als diese hier angenommen wurden, so dass langfristig auch deutlich niedri-gere Stromerzeugungskosten im Offshorebereich zu erwarten sind.

Literatur

[1] OPTI-OWECS. M. Kühn, et al.: Institute for Wind Energy Delft University of Tech-

nology, August 1998. [2] Lemming, Drang Trong: Danisch Investitgations and Plan of Action for Offshore

Wind Power. European Seminar – Offshore Wind Energy in Mediterranean and other European Seas, OWEMES`97. La Maddalena, Italien 10.-11.04.1997

[3] Offshore Windenergiesysteme. Fördervorhaben des BMBF Nr. 0329645, Förderträger KFA Jülich, 1995.

[4] Schwenk, B.; Rehfeldt, K.: Untersuchungen zur Wirtschaftlichkeit von Windenergie-anlagen im Offshorebereich der norddeutschen Küstenlinie. 4. Deutsche Windenergie-konferenz, Wilhelmshaven 1998.

[5] Verband der deutschen Windkraftindustrie, Website: www.windpower.dk [6] Schwenk, B.; Rehfeldt, K.: Studie zur aktuellen Kostensituation der Windenergienut-

zung in Deutschland. Herausg. Bundesverband Windenergie, Osnabrück 1999. [7] Madsen, Peter Stenvald: Tunø Knob Offshore wind farm, European Union Wind En-

ergy Conference, Göteborg, Schweden 1996. [8] Mathies, H.G., et. al.: Study of Offshore Wind Energy in the EC. Herausg. Germani-

scher Lloyd, Garrad Hassan and Partners, Windtest KWK. Verlag Natürliche Ener-gien, Brekendorf 1995.

4.2.4 Mögliche ökologische Auswirkungen von Offshore-Windparks Bei der Errichtung von Offshore-Windenergieanlagen wird sowohl planerisch als auch ökolo-gisch Neuland betreten. Für derart großflächige Anlagenkonfigurationen mit möglichen neu-artigen Emissionen liegen bisher keine wirklich belastbaren Erkenntnisse über ökologische Auswirkungen vor. Viele Beschreibungen sind daher als Annahmen oder Möglichkeiten ein-zustufen, die aber aus Gründen der Vorsorge in die Betrachtungen mit einzubeziehen sind. Gleichwohl lässt sich aufgrund der Erfahrungen mit Anlagen an Land und dem bereits be-kannten Verhalten von Arten und Lebensgemeinschaften auf eine Reihe von Umweltfolgen schließen [2].

Die nachfolgende Beschreibung der möglichen Probleme bei der Offshore-Windenergienutzung gliedert sich anhand verschiedener Schutzgüter.

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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4.2.4.1 Mögliche Störungen am Meeresboden Störungen bzw. Beeinträchtigungen des Meeresbodens treten während der Bauphase beim Setzen der Pfahlgründungen und beim Verlegen der Kabel zwischen den Windenergieanlagen und bei der Netzanbindung auf. Auswirkungen wie Aufwirbelung des Untergrundes mit Trü-bung des Wassers und Umschichtungen am Boden sind vermutlich nur kurzfristig wirksam, während die Überbauung von Boden durch die Windturbinenfundamente und eventuelle an-zubringende Befestigungen am Fuß der Pfahlgründungen eine dauerhafte Versiegelung be-deuten. Obgleich die Flächenverluste an standorttypischen Habitatstrukturen äußerst gering sind, so werden durch die Einbringung neuer Hartsubstrate gleichzeitig auch neue Habitat-strukturen geschaffen, die die Besiedlung durch standortuntypische Arten und Lebensgemein-schaften ermöglichen. Ob dies Folgen für die standorttypischen Lebensgemeinschaften haben kann, ist derzeit noch nicht zu beurteilen. Der Boden dürfte in durchströmten Bereichen auch dadurch beeinträchtigt werden, dass es im Strömungsschatten der Anlagen zu Auskolkungen und bzw. Aufspülungen von Boden kommt, was ebenfalls eine standortuntypische Verände-rung des Bodens bedeutet. [Prof. Zielke, Universität Hannover, beim Workshop „Technische Eingriffe in marine Lebensräume“ vom 27.-29.10.99 in Vilm]

Diese Störungen betreffen die Flächen des Windenergieanlagen-Fundaments und kurzzeitig die der Netzanbindungseinrichtungen. Dem stehen allerdings alle übrigen Flächen innerhalb und in einem Sicherheitspuffer um den Windpark gegenüber, die künftig eine deutliche Ver-minderung der Beeinträchtigung erfahren werden. Denn es gilt als ausgemacht, dass innerhalb des Windparks und in einem Sicherheitspuffer um den Park herum jegliche Fischerei und da-mit auch die die Bodenstrukturen nachhaltig beeinträchtigende Schleppnetzfischerei untersagt würde.

4.2.4.2 Mögliche Störungen im Wasser Störungen des Wassers treten wiederum vor allem während der Bauphase auf, wenn Boden-substrat aufgewirbelt und Wasser in einem gewissen Umfeld um die Anlagen getrübt wird. Zusätzliche Turbulenzen und Stoffeinträge finden durch den Schiffsverkehr und den Einsatz von Betriebsstoffen statt, wenn diese im Rahmen von Störfällen ins Wasser gelangen. Weitere Auswirkungen dürften in durchströmten Bereichen die Ausbildung von standortuntypischen Turbulenzen im Nahfeld (wenige Meter) der Anlagen sein. [Meinung Prof. aus Hannover]

4.2.4.3 Mögliche Störungen des Benthos Mit den oben beschriebenen zeitweiligen oder dauerhaften Veränderungen am Boden und im Wasser können Störungen und Veränderungen der Benthosgemeinschaften einhergehen. Auch die für den Boden nur kurzfristigen Störungen durch Aufwirbelungen und Sedimentver-lagerungen können längerfristige Störungen bei bodenbewohnenden, wenig mobilen Arten nach sich ziehen, wenn z.B. Kolonien oder gehäuft auftretende Entwicklungsstadien über-

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schüttet werden und absterben. Das Ausmaß dieser Störung ist aufgrund des Anteils der ver-siegelten Fläche an der gesamten Windparkfläche von 0,01 bis 0,02 % jedoch als gering zu bezeichnen. Von der eingesetzten Technik wird es abhängen, ob weitere Flächen für eine Be-siedlung durch Benthos unbrauchbar werden, weil z.B. durch die Netzverbindungen elektro-magnetische Felder entstehen.

Welche Auswirkungen letztendlich durch die Besiedlung der neuen Hartstrukturen mit stan-dortuntypischen Arten und ganzen Lebensgemeinschaften ausgehen, ist völlig unklar und be-darf der genauen Beobachtung. Darüber hinaus sollten von den Anlagen im laufenden Betrieb keine größeren Beeinträchtigungen für das Benthos ausgehen, da die räumliche Ausdehnung der Anlagen gering bleibt.

Ganz neue Fragen stellen sich schließlich in dem Fall, wenn die Anlagen nach Ablauf des Gesamtbetriebes wieder entfernt werden. Sollte sich nämlich zwischenzeitlich herausgestellt haben, dass sich eine stabile und auch aus Naturschutzsicht erhaltenswerte Lebensgemein-schaft eingestellt hat, so würde die Entfernung der an sich standortuntypischen Strukturen erneut einen Eingriff in das Ökosystem darstellen.

Den möglichen negativen Effekten stehen die für den Bereich „Boden“ beschriebenen positi-ven Effekte gegenüber, die sich aus dem Verbot der Fischerei ergeben.

4.2.4.4 Mögliche Störungen der Fische Denkbar sind verschiedene Störungen auf Fische. Sie könnten ebenfalls durch die Verände-rungen am Boden und im Wasser beeinträchtigt werden, wobei die Arten in der Regel diesen Beeinträchtigungen, die überwiegend nur kurzzeitig wirksam sind (s.o.), ausweichen können. Ausnahmen gelten, wenn z.B. Laichplätze oder Aufenthaltsräume noch wenig mobiler Lar-venstadien durch die Eingriffe betroffen sind. Wie beim Benthos beschrieben, können weitere dauerhafte Beeinträchtigungen insbesondere von elektromagnetischen Strahlungen der Netz-verbindungen ausgehen. Dies kann für solche Arten von besonderem Belang sein, die sich anhand des erdmagnetischen Feldes orientieren.

Derzeit muss noch offen bleiben, ob vom Betrieb der Windenergieanlagen selbst Beeinträch-tigungen von Fischen ausgehen. Denkbar sind Störungen durch Schallabstrahlungen der me-chanischen Komponenten, die sich über den Turm ins Wasser übertragen, und z.B. Schatten-wurf der Rotoren, die zu einem Meideverhalten der Fische in einem mehr oder weniger aus-gedehnten Nahbereich der Anlagen führen könnten. Erst nach Messungen und Beobachtungen ist die Relevanz dieser Frage wirklich zu beurteilen. Gegenüber Schiffen sind Fluchtreflexe aufgrund der Motorengeräusche dokumentiert [3]. Dies könnte insbesondere zum Meiden durch große Fischansammlungen führen, da die Bereiche zwischen den Anlagen, für die diese Effekte nicht wirksam sind, zu kleinräumig sind.

Umgekehrt werden Offshore-Windparks fischereifreie Zonen werden und könnten sich aus diesem Grunde zu ungestörten Refugien für Fischarten werden, insbesondere auch deshalb, weil sie hier ein Gebiet mit vergleichsweise ungestörten Bodenstrukturen vorfinden würden,

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während die Bodenstrukturen im befischten Bereich vor allem durch Schleppnetzfischerei einer ständigen und erheblichen Beeinträchtigung unterliegt.

Sollte sich jedoch herausstellen, dass von den Windparks trotz des Fischereiverbotes in der Summe eine negative Wirkung ausgeht, sollte geprüft werden, ob auch für die AWZ analog zu der Eingriffsregelung des Bundesnaturschutzgesetzes Kompensationsmaßnahmen, z.B. durch Einrichtung weiterer fischereifreier Zonen, durchzuführen sind.

4.2.4.5 Mögliche Störungen von Meeressäugern Die für Fische beschriebenen möglichen Auswirkungen müssen vorsorglich auch für Meeres-säuger (Seehunde, Robben, Kleinwale) angenommen werden. Während die Störungen in der Bauphase (Schiffsbetrieb, Errichtung von Montageplattformen, Rammen der Pfeiler) zeitlich und räumlich sehr begrenzt bleiben und wohl eher zu vernachlässigen sein dürften, ist derzeit noch nicht abzuschätzen, ob Schallemissionen und Schattenwurf zu nachhaltigen Störungen der sich teilweise durch Schallwellen orientierenden Arten führen wird. Auch für die ange-sprochenen Arten gilt, dass sie, falls sie in ihrem Orientierungsverhalten nicht beeinträchtigt werden, von der Einrichtung eines Offshore-Windparks sogar profitieren könnten, weil sich durch das Fehlen der Fischerei ungestörte Umweltbedingungen einstellen.

Sollte sich hingegen eine Meidung der Windparks herausstellen, so müsste hier, ebenso wie für die Fischarten, über die Einrichtung von Kompensationsflächen nachgedacht werden, in denen die Fischerei ganz oder teilweise untersagt wird, um den Verlust an Lebensraum durch den Windpark auszugleichen.

4.2.4.6 Mögliche Störungen der Seevögel Wie für den Betrieb von Windenergieanlagen an Land sind drei Kategorien von Beeinträchti-gungen denkbar:

• Vogelschlag

• Ablenkung des großräumigen Vogelzuges

• Meideverhalten rastender und Nahrung suchender Vögel

Vogelschlag wird an Land mittlerweile als ein eher nachrangiges Problemfeld angesehen [9]. Wegen einer möglicherweise anderen vertikalen Verteilung der Zugvögel über dem offenen Meer und der ganz anderen Größenordnung der Windparks im Offshore-Bereich muss diese Frage hier möglicherweise aber anders bewertet werden. So gibt es Anhaltspunkte dafür, dass es zumindest unter ungünstigen Witterungsbedingungen zu erheblichen Anflugopfern an Hin-dernissen auf dem offenen Meer kommen kann [7], [10], [12]. Dies mag u.a. daran liegen, dass Vögel, die über die offene See ziehen, auf Hindernisse ganz einfach nicht eingestellt sind, im Gegensatz zu dem Zug über Land. Unklar ist ferner, wie sich Beleuchtungseinrich-tungen auf den Windenergieanlagen auf den Vogelzug auswirken, ob sie also auch auf Vögel

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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als Warnung vor einem Hindernis wirken oder die Vögel geradezu anziehen und dadurch das normale Vogelschlagrisiko an unbeleuchteten Anlagen zusätzlich erhöhen.

Vogelkollisionen an Offshore-Windparks sollten für ziehende Vögel unter günstigen Sichtbe-dingungen (am Tage, keine sonstigen Sichtbehinderungen) jedoch kein Problem darstellen, da sie auch für Vögel bereits einige zehn Kilometer im Voraus zu erkennen sein dürften. Unter solchen Umständen könnten sie sich im Laufe der Zeit sogar als zusätzliche Orientierungs-punkte erweisen.

Als Vorteil für den Vogelzug könnte sich erweisen, dass zu den Windenergieanlagen auch verschiedene Arbeitsplattformen gehören dürften, die für die ziehende Vögel als Ruheplätze nutzbar sind.

Grundsätzlich sind auch Vogelkollisionen an Einrichtungen, die infolge des Offshore-Windparks erforderlich werden könnten wie z.B. zusätzliche Überlandleitungen, der Vogel-schlag-Bilanz des Windparks zuzurechnen [11].

Ablenkung des großräumigen Vogelzuges ist insbesondere angesichts der Größe der Wind-parks eine realistische Möglichkeit. Während unter günstigen Sichtbedingungen die Gefahr der Kollision relativ gering ist, weil frühzeitig großräumige Ausweichbewegungen stattfinden können, erfordert dies, je nachdem, in welcher Entfernung das Ausweichen einsetzt, mehr oder weniger drastische Abweichungen von der üblichen Zugrichtung, die dann entsprechend wieder korrigiert werden muss, wenn die Ausweichbewegung in der Horizontalen stattfindet. Daraus resultiert eine Zugwegverlängerung und u.U. eine Verdriftung. Vermutlich zu ver-nachlässigen dürfte es hingegen sein, wenn die Ausweichbewegungen in der Vertikalen voll-zogen würden, weil dann lediglich der mit dem Steigflug verbundene Mehraufwand anfiele.

Beobachtungen an den ersten dänischen Offshore-Windparks zeigen zudem, dass verhältnis-mäßig großräumig Meideverhalten auch beim Wechsel zwischen verschiedenen Nahrungs-räumen stattfindet [8]. Insbesondere bei großen Windparks kann der damit verbundene Auf-wand so groß werden, dass Nahrungsräume ganz aufgegeben werden, weil ein davor liegen-der Windpark nicht durchflogen wird und der Aufwand für eine Umfliegung überproportional wäre.

Aufgrund der Erfahrungen an den dänischen Offshore-Windparks lässt sich bereits jetzt sa-gen, dass wie an Land Meideverhalten von Rastvögeln (Meeresenten) gegenüber Windparks auftritt [13]. Aber auch im Offshore-Bereich sind Bereiche abgegrenzt, die nach der europäi-schen Vogelschutzrichtlinie zwingend zu schützen sind [4], [5], [6], sodass hier nicht nur na-turschutzfachlich, sondern auch formal erhebliche Probleme auftreten können (siehe dazu an anderer Stelle). Über das tatsächliche Ausmaß der Beeinträchtigungen lassen sich jedoch noch keine Aussagen treffen, da sowohl die bisherigen Anlagen als auch die Parks um Größenord-nungen kleiner sind als das, was derzeit für den Bereich der deutschen Meeresgebiete geplant wird. Eine einfache Übertragung der Erfahrungen an Land sind aus diesen Gründen schwer möglich, möglicherweise aber auch deshalb nicht, weil an die Offshore-Anlagen (wegen des Fehlens emissionsschutzrechtlicher Schutzgüter und deshalb aus Kostengründen) geringere Anforderungen bzgl. der Emissionen gestellt werden könnten. Darüber hinaus liegen aussage-

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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kräftige Ergebnisse lediglich für zwei Arten (Eider- und Trauerente) vor. An anderen Standor-ten haben andere Arten mit möglicherweise ganz anderem Verhalten ihre Verbreitungs-schwerpunkte. Offen ist auch für rastende und (von ihren Brutplätzen aus) nahrungsuchende Vögel, ob sich die Einstellung der Fischerei so attraktiv darstellt, dass ein eigentlich zu erwar-tendes Meideverhalten angesichts der Nahrungsressourcen überwunden wird und deshalb kei-ne messbaren Beeinträchtigungen entstehen.

4.2.4.7 Resümee Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass die Errichtung von Offshore-Windparks neben den positiven Auswirkungen auf den Klimaschutz und Naturhaushalt auch eine Reihe von ökologischen Beeinträchtigungen nach sich ziehen könnte, über die derzeit aber mangels An-schauungsobjekten keine klaren Aussagen möglich sind. Der Forschungsbedarf im Einzelnen ist in [1] ausführlich beschrieben.

Aktuell besteht das Problem, dass die Planungen von Offshore-Windparks begonnen werden, ohne dass eine Reihe sehr weitreichender wissenschaftlicher Grundlagen vorliegen und not-wendige naturschutzrechtliche Festlegungen geklärt wären. Dazu gehören Grundlagenfor-schungen (Empfindlichkeit von Kleinwalen gegenüber Schallemissionen von Windenergiean-lagen, Schwerpunktbereiche des Vogelzuges über der Nordsee usw.), die nicht im Rahmen der für die Einzelprojekte erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfungen zu leisten sind. Dazu gehört aber auch die Ausweisung von Schutzgebieten nach europäischem Naturschutz-recht.

Daraus resultieren für die aktuellen Planungen eine Reihe von möglichen Risiken, die nur durch Klärung der oben angesprochenen offenen Fragen abgemildert werden kann.

Literatur

[1] Kube, J. (2000): Programm für naturschutzrelevante Begleituntersuchungen an Offsho-re-Windenergieanlagen. Unveröff. Gutachten im Auftrage des Bundesamtes für Natur-schutz und des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Vilm und Bonn

[2] Merck, T. & H. von Nordheim (in print): Nature conservation problems arising from the use of off-shore windenergy. German Journal of Hydrography Supl. 10: 79-88 (in German with engl. Summary)

[3] Mitson, R.B. (1995, ed.): Underwater Noise of Research Vessels. ICES Cooperative Research Report No. 209, Copenhagen

[4] Skov, H., J. Durinck, M. F. Leopold & M. Tasker (1995): Important Bird Areas for Seabirds in the North Sea. BirdLife International, Cambridge

[5] Heath, M.F. & M.L. Evans eds. (2000): Important Bird Areas in Europe: priority sites for conservation. 2 vols. Cambridge, UK: BirdLife International (Bird Life Conservation Series No. 8).

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

93 / 106

[6] Melter, J. & M. Schreiber (2000): Wichtige Brut- und Rastvogelgebiete in Niedersachsen. Vogelkdl. Ber. Niedersachs. 32, Sonderheft

[7] Ministerie van Economische Zaken & Ministerie van Volkshuisvesting, Ruimtelijke Ordening en Milieubeheer (2000): Milieu-Effectrapport - Locatiekeuze Demonstra-tieproject Near Shore Windpark. Den Haag

[8] ELSAMPROJEKT A/S (2000): Havmøller Horns Rev – Vurdering af Virkninger på Miljøet VVM-redegørelse. Notat EP00/001/JKG/HG, Fredericia

[9] Clausager, I. & Nøohr, H. (1995): Vindmøllers indvirkning på fugle. Status over viden. Danmakrs Miljøundersøgelser. 51 S. - Faglig rapport Frau DMU, nr. 147. Deutsche Übersetzung

[10] Schonart, E. (1978): Ornithologische Beobachtungen während des Herbstzuges 1976 auf der Forschungsplattform "Nordsee". Orn. Mitt. 30: 29-33

[11] Trapp, J. (1998): Bird kills at towers and other man-made structures: an annotated partial bibliography (1960-1998). Report, U.S. Fish and Wildlife Service, Virginia

[12] Buurma, L.S. & H. Van Gasteren (1989): Trekvogels en obstacels langs de Zuidholland-se Kust. Koniuklyke Luchtmacht's Gravenhage

[13] Guillemette, M., J.K. Larsen & I. Clausager (1998): Impact assessment of an offshore wind park on sea ducks. NERI Technical Report 227. National Environmental Research Institute, Kalø

4.3 Prognose der Windenergienutzung

4.3.1 Prognose der Windenergienutzung in Deutschland bis 2005 Eine ähnliche Entwicklung der Windenergienutzung mit Zuwachsraten, wie sie in den letzten Jahren verzeichnet wurden, ist in den nächsten fünf Jahren in Deutschland nicht zu erwarten. Obwohl die wirtschaftlichen Randbedingungen für die Windenergienutzung in Deutschland aufgrund des am 01.04.2000 in kraftgetretenen Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) auf eine solide Basis gestellt worden sind, ist zu erwarten, dass bei den Aufstellungszahlen in Deutschland eher eine Sättigung eintreten wird. Die Ergebnisse des Jahres 2000 weisen be-reits auf diese Situation hin. Mit einer installierten Leistung aus WEA von 1.665,26 MW er-gibt sich zwar noch eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr von 5,9 %, Zuwachsraten, wie sie beispielsweise 1999 erreicht wurden, sind aber in Zukunft nicht mehr zu erwarten. Die derzeitige Situation der Windenergienutzung in Deutschland ist gekennzeichnet durch ausge-wiesene Vorrangflächen für die Windenergienutzung. Die meisten Gemeinden im Bundesge-biet mit windhöffigen Standorten haben die Möglichkeit genutzt, die Ihnen durch die Ände-rung des §35 BauGB gegeben wurde und haben durch die Ausweisung von Vorrangflächen zur Windenergienutzung die Privilegierung von WEA im Außenbereich ihres Gemeindege-bietes umgangen. Diese Vorrangflächen befinden sich derzeit in der Bebauung oder werden in den nächsten zwei bis drei Jahren bebaut werden. Neue Flächen für die Windenergienutzung stehen danach nicht mehr bzw. nur noch in geringem Maße zur Verfügung.

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kumulierte installierte Leistung

Abb. 4.9: Entwicklung der Windenergienutzung in Deutschland bezogen auf die jährlich

neu installierte und kumulierte Leistung sowie eine Prognose bis 2005 Diese Situation führt zu der in Abb. 4.9 dargestellten Prognose. Im Jahr 2001 ist nach neues-ten Umfragen noch mit einer Steigerung der neu installierten Leistung zu rechnen. Es kann davon ausgegangen werden, dass ca. 1.700 MW im Jahr 2001 neu errichtet werden. Danach wird ein Absinken der Aufstellungszahlen prognostiziert bis 1000 MW in den Jahren 2003 und 2004. Erst im Jahr 2005 ist wieder mit einer Erholung der Installationszahlen zu rechnen. Diese Annahme basiert auf Erwartungen an die Offshore-Windenergienutzung, die bereits im EEG eine besondere Berücksichtigung gefunden hat. Demnach erhalten Offshore-Windenergieanlagen, die bis zum 31.12 2006 errichtet werden, eine erhöhte Vergütung von 17,8 Pf/kWh über eine Laufzeit von neun Jahren. Da die Errichtung der z.Z. in der Planung befindlichen Offshore-Windenergieprojekten im größerem Stil aufgrund genehmigungsrecht-licher Probleme nicht vor 2004 bzw. 2005 zu erwarten ist, kann mit einer Kompensation der sinkenden Aufstellungszahlen an Land durch Errichtung von Offshore-Windparks erst ab dem Jahr 2005 gerechnet werden. Dies führt zu der in Abb. 4.9 dargestellten Prognose, bei der die kumulierte installierte Leistung in Deutschland bis zum Jahr 2005 auf insgesamt 12.350 MW geschätzt wird.

An der Entwicklung immer größerer WEA arbeiten z. Z. alle Hersteller von WEA insbeson-dere vor dem Hintergrund der Pläne der Offshore-Windenergienutzung der dänischen, schwe-dischen und der niederländischen Regierung. Die ersten Prototypen von WEA mit einer in-stallierten Leistung von 2000-2500 MW und einem Rotordurchmesser von bis zu 80 m sind bereits errichtet. Weitere Prototypen von 3 bis 5 MW installierter Leistung befinden sich in der Entwicklung.

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Abb.4.10: Entwicklung der durchschnittlichen installierten Leistung pro Windenergieanlage

sowie eine Prognose bis 2005 Vor dem Hintergrund dieser technischen Entwicklung ist auch in Zukunft mit einer Steige-rung der durchschnittlichen installierten Leistung je WEA, wie sie in den vergangenen Jahren verzeichnet wurde, zu rechnen. Daher werden auch in den nächsten zwei Jahren Steigerungs-raten der installierten Leistung je WEA von 20 % pro Jahr prognostiziert (Abb. 4.10). Erst danach wird mit kleineren Steigerungsraten von nur 10 % pro Jahr ausgegangen, da insbeson-dere an Land die Aufstellung immer größerer WEA zunehmend Probleme bereitet. Im Jahr 2000 lag die durchschnittliche installierte Leistung je WEA bei 1.113,9 kW pro Anlage. Die durchschnittliche installierte Leistung je WEA wird demnach im Jahr 2005 bereits bei über 2,1 MW pro WEA liegen.

Basierend auf den Prognosen der jährlich neu installierten Leistung aus WEA in Deutschland und der durchschnittlichen installierten Leistung pro WEA ist der Verlauf der Anlagenzahlen, die bis 2005 in Deutschland errichtet werden abzuleiten (Abb 4.11). Die Anlagenzahlen wird aufgrund der immer größer werdenden Einheiten und des Sättigungseffektes bei der neu in-stallierten Leistung aus WEA in Zukunft stark abnehmen. Bereits im Jahr 2000 wurden 180 WEA weniger errichtet werden als noch 1999. Diese Tendenz wird sich in den Folgejahren fortsetzen und sich erst mit dem Eintritt in die Offshorewindenergienutzung in Deutschland wieder umkehren. Die Anzahl von 9.359 WEA in Deutschland zum Jahresende 2000 wird sich daher bis 2005 lediglich auf 13.100 WEA erhöhen.

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kumulierte Anzahl der Anlagen

Abb. 4.11: Entwicklung der jährlich errichteten Anzahl und der kumulierten Anzahl von

Windenergieanlagen sowie einer Prognose bis 2005. Ein wesentlicher Wert bei einer Prognose der Windenergienutzung ist der potenzielle Jahres-energieertrag, den der Kraftwerkspark liefert. Der potenzielle Jahresenergieertrag basierend auf dem Anlagenbestand, der zum Jahresende 2000 errichtet war, liegt bei 11.492 GWh [1] was einem Anteil am Nettostromverbrauch der Bundesrepublik Deutschland von 2,41 % ent-spricht. Ausgehend von der dargestellten Prognose der Windenergienutzung bis 2005 ist mit einem Anstieg des potenziellen Jahresenergieertrags bis 22.700 GWh im Jahr 2005 zu rech-nen. Dies entspricht einem Anteil am Nettostromverbrauch der Bundesrepublik Deutschland vom Jahr 1998 von 4,8 %.

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Abb. 4.12: Entwicklung und Prognose des potenziellen Jahresenergieertrags von Windener-

gieanlagen und ihr Beitrag zum Netto-Stromverbrauch in Deutschland

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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Die dargestellte Prognose basiert auf den Beginn der Offshore-Windenergienutzung in Deutschland in den nächsten Jahren. Der Anteil der Offshore-Windenergienutzung an den gesamten Installationszahlen in Deutschland wird in den Jahren 2004 und 2005 bereits relativ groß eingeschätzt. Diese Entwicklung basiert jedoch auf gute politische Bedingungen für eine Offshore-Windenergienutzung in Deutschland, die insbesondere derzeitige Probleme der Ge-nehmigung und der Möglichkeit der Netzanbindung großer Offshore-Windenergieparks lösen muss. Sollten derartige Randbedingungen nicht eintreten ist ein Aufschwung der Windener-gienutzung in Deutschland ab 2004 nicht zu erwarten.

4.3.2 Entwicklung der Windenergienutzung in Europa und weltweit bis 2004 Nicht nur die Entwicklung der Windenergienutzung in Deutschland sondern ebenfalls in Eu-ropa und auch weltweit weist in den vergangenen Jahren erhebliche Zuwachsraten auf, die bezogen auf Europa im Mittel über die letzten fünf Jahre 53 % betragen haben und bezogen auf die weltweite Entwicklung 42 %. Die Zuwachsrate der Windenergienutzung in Europa betrug 1999 mit 3.193 MW neu installierter Leistung aus WEA sogar mehr als 80 %. Damit waren Ende 1999 weltweit WEA mit einer installierten Leistung von 13.934 MW errichtet, wovon 9.739 MW in Europa installiert sind [1]. Hieraus wird deutlich, dass Europa z.Z. eine sehr bedeutende Vorreiterposition im Rahmen der weltweiten Entwicklung der Windenergie-nutzung einnimmt. Besonders starke Steigerungsraten bei der weltweiten Entwicklung der Windenergienutzung sind seit 1998 zu erkennen (Abb. 4.13). Hier sind es die europäischen Länder, wie Deutschland, Spanien und Dänemark aber auch die Vereinigten Staaten Amerikas sowie die V. R. China und Indien, die besonders zu dieser Entwicklung beigetragen haben.

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Abb. 4.13: Entwicklung der Windenergienutzung in Europa und weltweit

Der Ausbau der Windenergienutzung auf dem amerikanischen Kontinent ist gegenüber 1998 mit 548 MW leicht zurückgegangen (1998 wurden in Amerika insgesamt 658 MW installiert).

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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Auch der Wert für Asien liegt mit 115 MW in 1999 leicht unter dem Vorjahreswert von 147 MW. Allerdings konnte die neu installierte Leistung aus WEA in den anderen Kontinen-ten einen Zuwachs verzeichnen, der auf die Errichtung erster Windparks im Norden Afrikas (Marokko) zurückzuführen ist (Tab. 4.8).

Der Markt in Europa wird durch die Länder Deutschland, Spanien und Dänemark angeführt (vergl. Tab. 4.5). Von den insgesamt 3.193 MW installierter Leistung im Jahr 1999 entfallen 2.826 MW auf diese drei Länder. Deutliche Zuwächse wurden in Griechenland erzielt, wo 103 MW im Jahr 1999 installiert wurden. Der Vorjahreswert lag hier nur bei 28 MW. In den anderen europäischen Ländern scheint der Ausbau der Windenergienutzung eher zu stagnie-ren. Allerdings werden in einigen Länder, wie Norwegen und der Türkei in Zukunft mehr Aktivitäten beim Ausbau der Windenergienutzung erwartet.

Betrachtet man die Prognosen bis zum Jahr 2004, so wird deutlich, dass innerhalb der nächs-ten fünf Jahre Europa der Kontinent mit den höchsten Ausbauraten sein wird. Um die Progno-se Europas von 33.397 MW bis zum Jahr 2004 zu erfüllen, müssen in Europa in den nächsten fünf Jahren jährlich WEA mit einer installierten Leistung von 4.852 MW errichtet werden. 1999 lag dieser Wert zum Vergleich bei 3193 MW, so dass die Installationszahlen der nächs-ten Jahre weiterhin deutlich ansteigen müssen. Neben den hohen Prognosen für Deutschland, die gegenüber 1998 [2] deutlich nach oben korrigiert wurden, wird vor allem in Spanien ein großer Ausbau der Windenergienutzung erwartet. Um die prognostizierten 9.912 MW im Jahr 2004 zu erreichen, müssen in Spanien in den nächsten fünf Jahren jährlich 1.620 MW neu installiert werden.

Die Prognosen für Länder außerhalb Europas weisen vor allem auf einen Ausbau der Wind-energienutzung in den USA hin. Sollte die Prognose von 4.845 MW bis zum Jahr 2004 zutref-fen, so bedeutet dies jährliche Neuinstallationen von 480 MW, einer Größenordnung die be-reits 1999 erreicht wurde. Neben Kanada werden auf dem amerikanischen Kontinent Steige-rung auch in den Ländern Süd- und Mittelamerikas erwartet. Als Zukunftsmärkte Asiens wer-den weiterhin die Volksrepublik China und Indien betrachtet, wo trotz schlechten Ergebnissen im Jahr 1999 die Aussichten bis 2004 sehr positiv eingeschätzt werden. Als weiterer für die Windenergieindustrie interessanter Markt in Asien gilt Japan, deren Prognose bis 2004 bei 518 MW liegt und wo bisher nur 68 MW installiert sind. Als eine weitere in der Zukunft inte-ressante Region gelten die Staaten Nordafrikas. Hier werden Installationen von 889 MW bis 2004 erwartet, was fast einer vierzehnfachen Erhöhung des heutigen Wertes entspricht. Aber allein in Marokko werden z.Z. Windenergieprojekte mit einer Leistung von 200 MW ausge-schrieben.

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installierte Leistung Ende 1999, MW

Installierte Leistung im Jahr 1999, MW

prognostizierte Leis-tung bis 2004, MW

USA 2.445 477 4.845 Kanada 126 43 626 Süd- und Mittelamerika 97 28 697 Summe Amerika 2.668 548 6.168 Österreich 34 9 214 Dänemark 1.738 326 3.338 Finnland 39 21 244 Frankreich 25 4 725 Deutschland 4.442 1.568 10.540 Griechenland 158 103 808 Irland (Rep.) 74 10 329 Italien 277 80 1.477 Die Niederlanden 433 54 1.208 Norwegen 13 4 963 Portugal 61 10 261 Spanien 1.812 932 9.912 Schweden 220 44 1.145 Schweiz 3 0 123 Türkei 9 0 579 Großbritannien 362 24 1.312 Andere europ. Länder 39 4 219 Summe Europa 9.739 3.193 33.397 V. R. China 262 25 1.362 Indien 1.035 43 2.185 Japan 68 38 518 Andere asiatische Länder 11 9 161 Summe Asien 1.376 115 4.226 Australien + Neu Seeland 45 11 355 Nordafrika 64 55 889 Mittlerer Osten 18 0 273 GUS 19 0 419 Andere Staaten 5 2 185 Summe anderer Konti-nente

151 68 2.121

Summe weltweit 13.934 3.924 45.912

Tab. 4.8: Windenergienutzung weltweit (Stand 31.12.1999) und Prognosen bis 2004 [3]

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InlandsmarktExportmarktgesamt

Dänemark Deutschland

Abb. 4.14: Vergleich des Inlandsmarktes in Dänemark und Deutschland und des Export-

marktes von WEA aus dänischer und deutscher Produktion An diesen Zahlen ist deutlich zu erkennen wie wichtig der europäische aber auch der interna-tionale Markt in Zukunft für die Windenergieindustrie sein wird. Bisher haben jedoch deut-sche Hersteller von WEA nur einen geringen Anteil am internationalen Geschäft gehabt [2]. Diese Situation hat sich auch im Jahr 1999 nicht grundlegend geändert, wobei allerdings deut-liche Anstrengungen deutscher Anbieter von WEA zu erkennen sind, auch auf dem internati-onalen Markt präsent zu werden. Der Exportmarkt deutscher Hersteller lag 1999 bei 179 MW, was 11,4 % des Inlandsmarktes entsprach (Abb. 4.14). Hiermit wurde eine deutliche Steige-rung bezogen auf die absoluten Zahlen gegenüber dem Vorjahr erreicht (Zuwachs von 42,3 % gegenüber 1998). Allerdings fiel der Zuwachs im Inlandsmarkt deutlich höher aus (Zuwachs von 97,6 % gegenüber 1998). Ein Vergleich mit der dänischen Windenergieindustrie wird in Abb. 4.6 dargestellt. Im Gegensatz zu Deutschland wurde von dänischen Herstellern 1999 wie auch in den Jahren zuvor wesentlich mehr exportiert als im eigenen Land errichtet. Von ins-gesamt 2056 MW, die 1999 aus dänischer Produktion kamen, wurden 1673 MW für den Ex-port produziert. Der dänische Inlandsmarkt lag bei nur 383 MW. Die Steigerung des däni-schen Exportmarktes, der mehr als neunmal größer ist als der deutsche, lag 1999 gegenüber dem Vorjahr immer noch bei 37,6 %. Die Einteilung in deutschen und dänischen Export wird in Zukunft aufgrund der Internationalisierung der Windenergieindustrie zunehmend schwieri-ger werden. Betrachtet man Unternehmen wie Nordex oder auch Enron, zu denen die Marken Tacke und Zond gehören, wird deutlich, dass eine Zuordnung dieser Unternehmen zu einem Land nicht mehr möglich ist. Trotzdem wird aus der Abb. 4.14 deutlich, wie groß immer noch die Abhängigkeit deutscher Hersteller vom deutschen Inlandsmarkt ist.

Die Darstellung der weltweiten Marktanteile (Abb. 4.15) macht deutlich, welche Länder bei der Produktion von WEA eine wichtige Rolle spielen. Die 10 weltweit führenden Anbieter von WEA kommen lediglich aus vier Ländern, aus Dänemark, Spanien, Deutschland und den

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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USA, wobei das US-amerikanische Unternehmen Enron durch den Kauf des deutschen Her-stellers Tacke Windtechnik im Jahr 1997 erst diese Position einnehmen konnte. Weltweiter Marktführer ist das dänische Unternehmen NEG Micon, dicht gefolgt von dem zweiten gro-ßen dänischen Hersteller Vestas. Beide Unternehmen können auf sehr gute weltweite Aktivi-täten verweisen. An weltweit dritter Stelle steht der größte spanische Windenergieanlagenher-steller Gamesa, der allerdings bisher fast ausschließlich auf dem stark expandierenden spani-schen Markt präsent ist. An vierter Stelle steht der deutsche Hersteller Enercon, der in den vergangenen Jahren deutliche Aktivitäten auf den internationalen Märkten verzeichnen konn-te. Insgesamt sind unter den 10 weltweit führenden Anbietern von WEA drei deutsche Unter-nehmen zu finden, wobei Nordex auch als ein deutsch-dänisches Produkt angesehen werden kann.

NEG Micon (DK) 18,9%

Vestas (DK) 16,2 %

Gamesa (SP) 12,3%

Enercon (DE) 12,1 %

Enron (USA) 8,9 %Bonus (DK) 8,4 % Nordex (DE) 7,6 %

Made (SP) 5,4 %Ecotecnia (SP) 1,5 %

DeWind (DE) 1,4%

Sonstige 7,3%

Abb. 4.15: Anteile der Anbieter von WEA auf dem Weltmarkt bezogen auf die installierte Leistung der 1999 weltweit verkauften WEA

4.3.3 Prognose der Windenergienutzung in Deutschland bis 2030 Bei einer Prognose der Windenergienutzung in Deutschland bis zum Jahr 2030 muss zwi-schen der Nutzung an Land und im Offshore-Bereich unterschieden werden. Während am Land aufgrund des begrenzten Flächenangebots eine Sättigung der Aufstellungszahlen eintre-ten wird, kann im Offshore-Bereich bei entsprechenden günstigen politischen Randbedingun-gen eine sehr positive Entwicklung eintreten.

Eine Einschätzung der möglichen Windenergienutzung am Land ist in Abb. 4.16 dargestellt.

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Abb. 4.16: Prognose der Windenergienutzung in Deutschland am Land bis 2030

Die Prognose der Windenergienutzung an Land entspricht bis zum Jahr 2005 der in Kapitel 4.3.1 dargestellten Prognose, wobei die ersten Offshore-Projekte, die in den Jahren 2004 bzw. 2005 erwartet werden, hier unberücksichtigt bleiben. Es wird daher davon ausgegangen, dass 2005 WEA an Land mit einer installierten Leistung von insgesamt 11.600 MW errichtet sein werden. Dies entspricht einem Anteil an dem Stromverbrauch des Jahres 1998 von ca. 6,7 %. Nach 2005 wird eine deutliche Reduktion der neuen Aufstellungszahlen an Land erwartet. Die dargestellte weitere Zunahme basiert im wesentlichen durch das Ersetzen von alten WEA durch leistungsstärkere, neue WEA (Repowering). Hierbei kann nicht davon ausgegangen werden, dass an jedem Standort einer alten WEA eine neu, leistungsstärkere WEA errichtet wird. Vielmehr sollte und dies liegt auch im Interesse der Gemeinden vorort die Situation genutzt werden, um einen Umbau der Windparklandschaft vor allem in den Küstenbereichen zu erreichen. Alte, kleine Einzelanlagen könnten dann durch die Errichtung größerer Wind-parks ersetzt werden und damit der visuelle Eindruck der Landschaft lediglich durch einige größere Windparks geprägt werden.

Anlagengröße WEA % MW % GWh % 5-80 kW 746 8,0 43,07 0,7 57 0,5 80,1 - 200 kW 620 6,6 94,20 1,6 170 1,5 200,1 - 400 kW 859 9,2 227,76 3,7 428 3,7 400,1 - 750kW 4.913 52,5 2.771,69 45,5 5.146 44,8 über 750 kW 2.221 23,7 2.958,05 48,5 5.690 49,5

Tab. 4.9: Anteil von WEA unterschiedlicher Leistungsklassen am potenziellen Jahresener-gieertrag in Deutschland, Stand 31.12.2000

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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Um das Potenzial eines entsprechenden Repowering-Programms abzuschätzen, sind in der folgenden Tabelle die z.Z. in Deutschland errichteten WEA nach Leitungsklassen geordnet und ihr Beitrag zur Stromproduktion dargestellt.

Zur Zeit sind in Deutschland 1366 WEA mit einer installierten Leistung von 137,27 MW er-richtet, deren installierte Leistung je WEA weniger als 200 kW beträgt (Tab. 4.9). Der Anteil der Stromproduktion dieser Anlagen an der Stromproduktion aller in Deutschland errichteten WEA beträgt lediglich 2 %. Bei einem Repowering dürfte diese WEA-Generation zu den ers-ten Anlagen gehören, die durch neue, leistungsstärkere WEA ersetzt werden. Weiterhin exis-tieren 859 WEA in Deutschland mit einer installierten Leistung zwischen 200,1 und 400 kW je Anlage. Die gesamte installierte Leistung dieser 859 WEA beträgt 227,76 MW und deren Anteil an der Stromproduktion aller in Deutschland errichteten WEA lediglich 3,7 %. Auch diese Anlagengeneration könnte bei einem entsprechenden Programm in Zukunft durch WEA neuer Generation ersetzt werden. Als Repowering-Programm wird eine Unterstützung der Gemeinden und Landkreise auf politischer und juristischer Ebene vorgesehen, nicht eine fi-nanzielle Unterstützung als Ausgleich für den Ersatz alter WEA.

Geht man davon aus, dass durch den Ersatz dieser 2.225 WEA, die eine installierte Leistung kleiner als 400 kW je Anlage aufweisen, eine Verfünffachung der installierten Leistung er-reicht werden kann, so würden statt den heutigen 365,03 MW nach dem Repowering 1.825 MW installiert sein. Der Leistungssteigerung durch ein Repowering-Programm dieser Leistungsklassen würde demnach ca. 1.500 MW betragen.

Betrachtet man einen Zeitraum bis 2030, werden auch die 4.913 WEA der Leistungsklasse zwischen 400,1 und 750 kW ersetzt werden müssen. Im wesentlichen handelt es sich hierbei um die 500-600 kW Anlagen, die bisher lediglich maximal 6 bis 7 Jahre betrieben werden. Die gesamte installierte Leistung dieser 4.913 WEA beträgt 2.771,69 MW. Im Rahmen eines Repowering-Programms ist mit einer Erhöhung der installierten Leistung um den Faktor 2 zu rechnen, so dass ca. 3.000 MW zusätzliche Leistung nach dem Ersatz der alten Anlagen durch neue, leistungsstärkere Anlagen erwartet werden kann.

Bis 2030 werden aber auch WEA der heutigen Generation durch zukünftige WEA ersetzt werden, so dass zwischen 2005 und 2030 eine Leistungssteigerung von 5.500 MW prognosti-ziert wird. Im wesentlichen basiert diese Leistungssteigerung auf dem Effekt des Repowering. Etwaige Änderungen in den politischen Rahmenbedingungen, wie eine weitere Ausweisung von Vorrangflächen für die Windenergienutzung sind nicht Grundlage dieser Prognose.

Entsprechend den Ergebnissen aus Abb. 4.16 ergibt sich hieraus eine Leistungssteigerung an Land bis zum Jahr 2030 auf ca 17.000 MW, was einen Anteil am Stromverbrauch des Jahres 1998 von 6,7 % darstellt.

Die zukünftige Entwicklung der Offshore-Windenergienutzung in Deutschland wird stark durch politische Randbedingungen geprägt sein.

Bei einer Prognose dieser Entwicklung bis ins Jahr 2030 sind daher bestimmte Annahmen zu treffen, unter denen der Ausbau der Offshore-Windenergienutzung stattfinden kann.

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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Die folgenden Prognosen stützen sich auf eine positive Haltung der Politik gegenüber dem weiteren Ausbau der Offshore-Windenergienutzung in Deutschland und basiert auf folgenden Randbedingungen:

• Der Offshore-Bereich wird bis 2005 hinsichtlich der neu installierten Leistung aus WEA keinen wesentlichen Beitrag leisten (Vergleich Kap. 4.1.1). Erst nach 2005 werden bei der Offshore-Windenergienutzung die ersten größeren Projekte realisiert werden.

• Seitens der Bundesregierung werden hinsichtlich der Offshore-Windenergienutzung poli-tische Zielvorstellungen formuliert.

• Es erfolgt die Entwicklung der Offshore-WEA sowie der Fundamente für große Wasser-tiefen (bis 40 m)

• Die Offshore-Windenergienutzung findet in großer Entfernung zur Küste statt, so dass ein entsprechendes Konzept für den Abtransport der durch Offshore-Windenergieparks um-gewandelten Energie erarbeitet wird.

Basierend auf diesen Annahmen sind in Abb. 4.17 zwei Prognosen für die Offshore-Windenergienutzung bis 2030 dargestellt.

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1998

optimistisch verhaltene Prognose Offshoresehr optimistische Prognose Offshore

Abb. 4.17: Prognosen der Offshore-Windenergienutzung in Deutschland bis 2030

Im Gegensatz zu der Entwicklung der Offshore-Windenergienutzung in anderen europäischen Ländern (z.B. Dänemark, Schweden) können in Deutschland aufgrund der gesellschaftspoliti-schen und genehmigungsrechlichen Randbedingungen nur sehr wenig Erfahrungen in gerin-gen Wassertiefen und kurzen Entfernungen zur Küste gemacht werden. Hierin unterscheidet sich die Situation der Offshore-Windenergienutzung in Deutschland deutlich von denen in den europäischen Nachbarländer. So werden Offshore-Windparks in deutschen Gewässern

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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mit deutlich größerer Kapazität und wesentlich schwierigeren Randbedingungen geplant als dies in den Nachbarländern der Fall ist. Sollten hierbei erste positive Erfahrungen gemacht werden, ist davon auszugehen, dass weitere große Offshore-Windenergieparks in großen Wassertiefen und größer Küstenentfernung realisiert werden.

Basierend auf diesen Überlegungen wurden die in Abb. 4.17 dargestellten zwei Prognosen für die Offshore-Windenergienutzung in Deutschland erarbeitet. Es handelt sich um eine optimis-tisch, verhaltene Prognose, deren Grundlage die oben angegebenen Randbedingungen sind und eine sehr optimistische Prognose, bei der neben positiven Erfahrungen mit der Technik zusätzlich ein sehr positives politisches Klima für den Ausbau der Offshore-Windenergienutzung vorausgesetzt wird. Beide Prognosen unterscheiden sich kaum hinsicht-lich der Entwicklung bis 2005. Erst danach gibt es eine Spreizung zwischen den beiden Kur-ven. Bei der optimistisch, verhaltenen Prognose wird davon ausgegangen, dass bis 2030 Offs-hore-WEA mit einer installierten Leistung von 20 GW errichtet werden. Dies entspricht ei-nem Anteil an dem Stromverbrauch von 1998 von 14,7 %. Bei der sehr optimistischen Prog-nose wird dieser Wert bereits 2023 erreicht.

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sehr optimistisch Prognose derWindenergienutzung in Deutschlandoptimistisch, verhaltene Prognose derWindenergienutzung in Deutschland

Abb. 4.18: Prognose der Windenergienutzung in Deutschland bis 2030 bezogen auf die

kumulierte installierte Leistung

In den Abb. 4.18 und 4.19 sind die Prognosen der Windenergienutzung an Land und im Offs-horebereich zusammengefügt worden und über die bis 2030 kumulierte installierte Leistung bzw. den Anteil des Stromverbrauchs von 1998 aufgetragen. Entsprechend der optimistisch, verhaltenen Prognose werden bis 2030 WEA mit einer installierten Leistung von 36.500 MW in Deutschland errichtet sein. Dies entspricht einem Anteil am Stromverbrauch des Jahres 1998 von 21 %. Die sehr optimistische Prognose sieht die Errichtung von WEA mit einer in-

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Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hinblick auf den Klimaschutz

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stallierten Leistung von 42.000 MW vor, was einem Anteil am Stromverbrauch des Jahres 1998 von 25 % entspricht.

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sehr optimistisch Prognose derWindenergienutzung in Deutschlandoptimistisch, verhaltene Prognose derWindenergienutzung in Deutschland

Abb. 4.19: Prognose der Windenergienutzung in Deutschland bis 2030 bezogen auf den An-

teil am Stromverbrauch (Stromverbrauch des Jahres 1998 zu Grunde gelegt)

Literatur

[1] Rehfeldt, Knud: Windenergienutzung in der Bundesrepublik Deutschland - Stand 31.12.2000. DEWI-Magazin Nr. 18 (Februar 2001).

[2] Rehfeldt, Knud: Internationale Entwicklung der Windenergienutzung. DEWI-Magazin Nr. 17 (August 2000) Seite 43-48.

[3] BTM Consult: International Wind Energy Development. Ringkøbing, Dänemark März 2000.