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Wenn das Altwerden zur Last wird Suizidprävention im Alter Herausgegeben von der Arbeitsgruppe Alte Menschen im Nationalen Suizidpräventionsprogramm für Deutschland

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Wenn das Altwerdenzur Last wird

Suizidprävention im Alter

Herausgegeben von der Arbeitsgruppe Alte Menschen im Nationalen Suizidpräventionsprogramm für Deutschland

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Einleitung 3

Die Lebenssituation des Menschen im hohen Alter

und am Lebensende 5Vorboten und Signale einer Suizidgefährdung 7

Entstehung von Suizidalität im Alter 8

Kränkungen und Krisen 8

Psychische Krankheiten im Alter 11

Körperliche Erkrankungen und ihre Folgen

12

Verlust des Partners 13

14

„Hat das Leben im Alter noch Sinn?“ 15

Religion und Glaube 16

Suizidprävention, Krisenhilfe

und längerfristige therapeutische Angebote 17

Vorbereitung auf das Alter 17

Annahme von Hilfen bei Krankheit und Behinderung 19

Gespräche mit suizidalen alten Menschen 20

Hilfsmöglichkeiten in der Krise 20

Hilfen am Lebensende 21

Hilfen für Angehörige 22

Juristische Hilfen und Regeln 23

Betreuung, Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung 23

Juristische Regeln zur Suizidprävention und Sterbehilfe 24

Kontaktadressen, Ansprechpartner 25

Informationsquellen, Literaturhinweise, Impressum 27

Inhaltsverzeichnis

für Selbstständigkeit und Erleben

Verlust von Selbstständigkeit

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Niemand redet gerne darüber. DasProblem bleibt trotzdem bestehen: AlleTatsachen sprechen für ein verstärktesSuizidrisiko im hohen Alter. Von denmehr als 10.000 Menschen, die sich jähr -lich in Deutschland das Leben nehmen,sind über 40 Prozent 60 Jahre und älter.Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerungbe trägt dagegen nur knapp 28 Prozent.Fast alle zwei Stunden stirbt ein Menschüber 60 Jahre in Deutschland durcheigene Hand. Häufig ist es ein stiller Tod,der von anderen kaum wahrgenommenwird. Hinter der Absicht sich zu töten und

dem Entschluss zu einer Suizidhandlungver birgt sich oft eine verengte, ausweg-los erscheinende Lebenssituation. Pro -bleme werden als nicht mehr lösbarerlebt. Sie verdichten sich zu einerschwe ren Krise, die sich entweder schonlänger ange bahnt hat oder durch aktu -elle kritische Lebensereignisse ausgelöstwurde. Hoffnung auf Veränderungbesteht sub jektiv nicht mehr. Ein Weiter -leben unter solchen Umständen scheintnicht mehr sinnvoll. Schwere Einbußenan Lebens qualität, zum Beispiel durchphysische oder psychische Krankheiten,Verlust erfahrungen und soziale Isolie -rung, können zu einer unerträglichenSituation anwachsen. Suizidhandlungenim Alter sind oft weniger als Hilfeappellan andere zu verstehen, sondern häu fi -ger als letzter Akt in einer hoffnungsloserscheinenden Lebenslage.

Bei alten Menschen wird als Folgeeines oft negativen Altersbildes eineSuizidhandlung eher gebilligt als beijungen Menschen. „Freitod“ und „Bilanz -suizid“ suggerieren eine frei gewählteEntscheidung zur Selbsttötung. Sie wer -den besonders bei alten Menschenangewendet, weil sich viele das hoheAlter als persönliche und gesellschaft -liche Last vorstellen. Die Selbsttötung am

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Ende eines „verbrauchten“ Lebensscheint vielen plausibler und akzepta -bler zu sein als die Selbsttötung vonjüngeren Menschen, deren Leben sichscheinbar eher zum Positiven ändern kann.

Es ist deshalb nicht erstaunlich, dasstrotz des erhöhten Suizidrisikos im Alternur wenige Anstrengungen unter nom -men wurden, den Ursachen für suizidaleKrisen und Handlungen im Alter vor -zubeugen. Hinzu kommt, dass Investiti -onen in die Suizidverhütung – wennüberhaupt – eher bei jüngerenMenschen lohnend erscheinen als beialten Menschen. Es gibt zu wenig Hilfs -angebote für alte Menschen in Krisen,und die vorhandenen werden zu seltenangenommen.

Diese Informationsschrift will mit denEntstehungsbedingungen für Suizidalitätbei alten Menschen vertraut machenund Möglichkeiten der Suizidpräventionund Krisenhilfe aufzeigen. Das Nach -denken über sinnvolle Lebensgestaltungund die Auseinandersetzung mit exi s -tenziellen Fragen am Lebensende sollangeregt werden. Suizidprävention imund für das Alter beginnt bereits sehrfrüh; im Kern setzt sie eine bewusste Vor -bereitung auf das Alter voraus.

Diese Informationsschrift wendet sich an� Personen, die das Thema des Suizids

und der Suizidprävention nichtunbeteiligt lässt und die sich infor -mieren wollenMenschen, die sich mit demGedanken an Selbsttötung tragenoder die sich in einer LebenskrisebefindenAngehörige und andere

Vertrauenspersonen, die suizidge -fährdete alte Menschen in ihrerNähe wissenPersonen, die hauptberuflich oderehrenamtlich mit alten Menschenarbeiten

Drei wichtige Fragen stehen hierbei im Vordergrund:1. Wie lässt sich Suizidgefährdung

bei alten Menschen erkennen? 2. Wie kann man ihr vorbeugen?3. Welche Hilfsmöglichkeiten gibt

es?

Suizidprävention ist möglich. Was siebewirken kann, hat Reiner Kunze ineinem Gedicht sehr einfühlend zumAusdruck gebracht.

Die Verfasserinnen und Verfasser

SELBSTMORD

Die letzte aller türen

Doch nie hat manan alle schon geklopft

Reiner Kunze (1984)

dieser Informationsschrift sind Mitgliedereiner Arbeitsgruppe, die sich im Rah -men des Nationalen Suizidpräventions -programms für Deutschland mit Suizi -dalität und Suizidprävention bei altenMenschen befasst und an der Verbes -serung der Versorgungssituation mitwirkt.

Gefördert wurde diese Informations -schrift durch das Bundesministerium fürFamilie, Senioren, Frauen und Jugend.

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Die Lebenssituation des Menschen im hohen Alter und am Lebensende

Alte Menschen hat es schon immergegeben. Eine völlig neue Entwicklungder letzten Jahrzehnte aber ist, dassgroße Teile der Bevölkerung ein hohesAlter erreichen können. Heute nimmt dieGruppe der Hochaltrigen in der Bevöl -kerung am stärksten zu. Die Menschenin den Industrieländern kommen damitder Erfüllung des uralten Wunschesnach einem langen Leben immernäher. Auf der anderen Seite gibt esviele ungelöste Fragen und Ängste,denn die Menschheit hat noch keineErfahrung mit dieser neuen Situation.Wird das Alter eher gute oder schlechteJahre bringen? Wie wird die gesund -heitliche Situation sein? Welche sozialenVerän der ungen werden auf die Älterenund auf die Gesellschaft insgesamtzukom men?

Bis in die Gegenwart sind die Vorstel -lungen vom Altern oft noch negativ ge -prägt, obwohl die Annahme eines all ge -mein en „Alters ab baus“ widerlegt wurde.Das Bild vom Alter ist farbiger geworden.Man sieht die Mög lichkeiten dieserLebens phase deut licher und nutzt sie. Es ist aber auch richtig, dass besondersim sehr hohen Alter die Wahrschein -lichkeit, zu erkran ken oder Pflege inAnspruch nehmen zu müssen, steigt.

Verbunden damit stellt sich dieschwieri ge Aufgabe, zunehmendEinschnitte in die selbstständige Lebens -führung zu akzeptieren, die das Selbst -wertgefühl gefährden und kränkenkönnen.

Dennoch ist festzuhalten, dass gutdie Hälfte der über 90jährigen ihr Lebenselbstständig führt und 70 Prozent vonkeinerlei gravierenden Einschränkungender geistigen Leistungsfähigkeit betrof -fen sind. Viele alte Menschen leben imeigenen Haushalt, können auf eigeneRessourcen zurückgreifen oder sind inder Lage, bei Bedarf Fremdhilfe zuorganisieren. Andere, unter ihnen vielePflege bedürftige in Heimen, können ihrLeben nicht mehr so selbstständiggestal ten, wie sie es gerne täten.

Die Menschen setzen im Alter teil -weise Gewohntes aus früheren Jahrenfort. Daneben erhalten sie neue Mög -lich keiten und Aufgaben. Haben Kinderund/oder Beruf bisher viel Zeit undEnergie beansprucht, gilt es nun, diegewonnene Freiheit zu gestalten. DerTag will neu strukturiert werden, für dieverbleibende Lebenszeit muss einePerspektive entwickelt werden. Ziele undPläne tragen zum Wohlbefinden desMenschen bei. In der Auseinander -

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setzung mit den veränderten Bedingun -gen gilt es, die persönlichen Fähigkeitenund Möglichkeiten auszuschöpfen, die in früheren Aufgaben und Krisengewon nene Lebenserfahrung zu nutzen.Die Annahme des Alterns und derEndlich keit des Lebens sind Aufgaben,die den Menschen bis ins höchste Alterfordern. Entwicklung im Alter bedeutetanzuerkennen, dass sich die eigeneLebenssituation auch weiterhin verändert.

Jeder Mensch hat seine ganz per -sön liche Lebensgeschichte. Es gibt keineNormen für zufriedenes Altern. Geradeim hohen Alter stellt die indivi duelleSituation das Maß der Dinge dar. Über -forderung, aber auch Unterforderung

können Gesundheit und Wohlbefindenbeeinträchtigen.

Mit den Gedanken an das Lebens -ende sind oft existenzielle Fragen nachdem Sinn des bisherigen Lebens undder immer begrenzter werdendenZukunftsperspektive verbunden. VieleMenschen finden darauf ihre eigenenAntworten und Lebenshilfen. Es gibtjedoch auch Menschen, die ihreLebenssituation und Zukunft als sobelastend erleben, dass sie für ihreProbleme keine Lösung sehen und aufexistenzielle Fragen ihres Lebens keinesinnstiftende Antwort mehr finden. Dieseexistenzielle Not kann zusammen mitweiteren Belastungen zu Erwägungenführen, dem Leben ein Ende zu setzen.

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Vorboten und Signale einer Suizidgefährdung

Eine beginnende suizidale Ver stim -mung kündigt sich häufig durch einGefühl der „Einengung“ an: Betroffeneberichten, dass sie kein Interesse mehrhaben, auch nicht an ihren Hobbys,ihrem Lieblingssport oder an kulturellenVeranstaltungen. Sie ziehen sich auszwischenmenschlichen Bezie hungenzurück. Sie fühlen sich in ihrem Denkeneingeengt „wie in einem Schrau bstock“und neigen zum Grübeln. Auch äußernBetroffene im Frühstadium der suizidalenKrise häufig indirekte Suizidgedankenwie: „Es hat alles keinen Sinn mehr ...“;„das Beste wäre, wenn ich nicht mehrleben würde ...“.

Überaus ernst zu nehmen sinddirekte Suizidankündigungen („Ich willaus dem Leben scheiden“) oder dassich aufdrängende Gefühl, sich töten zumüssen: „Morgen früh machst du es ...“.

Aber auch die „Ruhe vor dem Sturm“kann ein gefährliches Warnsignal füreine Suizidgefährdung sein. Wennnämlic h ein Mensch, der zuvor Suizid -gedanken oder konkrete Suizidab -sichten geäußert hatte, plötzlich ent -spannter wirkt und nicht mehr von Suizidspricht, dann kann dies bedeuten, dassder Betroffene sich zu diesem Zeitpunktbereits zum Suizid entschlossen hat. Biszu diesem Zeitpunkt hatte er sich ineinem quälenden Zustand befunden, indem er zwischen „ich will mich töten“und „vielleicht wird mir ja doch gehol -fen“ hin und her schwankte. Die Ent -scheidung zum Suizid lässt solcheMenschen plötzlich wie entspanntwirken. Umso mehr erschüttert dann,wenn sie sich wenig später das Lebennehmen.

Vorboten und Signale einer Suizidgefährdung:� Gefühl der Einengung� Grübeln, Suizidgedanken� Aufgeben gewohnter Interessen und Aktivitäten� Rückzug aus zwischenmenschlichen Beziehungen� Ankündigung des Suizids (direkt oder indirekt)� Unerwartet auftretende Ruhe nach Suizidäußerungen

(„Ruhe vor dem Sturm“)

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Entstehung von Suizidalität im Alter

Kränkungen und KrisenMit dem Älterwerden gehen soziale

und körperliche Veränderungen einher,von denen viele als Einschränkungen,

Verluste oder Kränkungen erlebt werdenkönnen. Eigene Möglichkeiten werdenin vielen Lebensbereichen zunehmendbegrenzt. In der Regel können die Anfor -

Beispiel:Gedanken, sich das Leben zu neh -

men, sind dem 70jährigen Angestelltenbis zur Erkrankung seiner Ehefrau nie inden Sinn gekommen. Vor etwa 1 1/2Jahren wurde bei ihr Brustkrebs fest -gestellt. Damals erfolgte eine Opera -tion mit anschließender Bestrahlung.Die Vorstellung, seine Frau würdesterben und er würde alleine zurück -bleiben, erschien ihm damals unerträg -lich.

Nach der Operation und derBestrah lung sah es zunächst so aus, alssei seine Frau geheilt. Gemeinsammachten sie neue Pläne, denn siehatten noch so viel vor. Zwar war aucher gesundheitlich durch eine Nieren -operation ziemlich angeschlagen.Aber gemeinsam würden sie es wiefrüher schon schaffen, ihre mehr- oderminder schweren Krankheiten zubewältigen. Als bei einer Nachsorge -untersuchung erneut ein krebsver- dächtiger Lungenbefund bei seiner

Frau erhoben wurde, der einen sofor- tigen Krankenhausaufenthalt erforder -lich machte, dachte er erneut daran,sich das Leben zu nehmen. Seitdem,so sagt er seinem Hausarzt, gehe ihmdieser Gedanke nicht mehr aus demKopf. Er könne einfach nicht alleinbleiben. Der Gedanke, seinem Lebenein Ende zu setzen, wenn seine Frausterben würde, ist seither immer stärkergeworden, ja zur Gewissheit gewach -sen. Er habe sich bereits überlegt, wieund wo er es machen würde. Er habeniemanden, sagt er weinend. Alleinkönne er das nicht durchstehen. Bisherhabe er sich nur deshalb nicht umge -bracht, weil er es seiner Frau nichtzumuten wollte. Er müsse eben warten,bis sie selbst tot sei, dann würde er„todsicher“ handeln. Warum solle erdenn weiterleben, für wen und fürwas? „Wir haben doch alles zusam -men gemacht. Ohne meine Frau hatdas Leben keinen Sinn mehr für mich“.

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derungen, die sich daraus ergeben, mitHilfe der Lebenserfahrung gut bewältigtwerden. Selbstvertrauen und innereSicherheit können zunehmende äußereEinschränkungen und Abhängigkeit aus -gleichen.

Die Lebenssituation kann aber uner- träglich werden, wenn nicht ausrei -chend gute und verlässliche Ausgleichs -möglichkeiten und Erinnerungen verfüg -bar sind. Wenn Gleichaltrige sterbenoder sich das Leben in der Partner -schaft belastend verändert, kann einGefühl des Allein-Übrig-Bleibens oderder inneren Entfremdung entstehen.Wenn Aufgaben wegfallen oder nichtmehr in der gewohnten Weise erfülltwerden können, wächst bisweilen einGefühl, nicht mehr gebraucht zu wer -

den. Gesundheitsprobleme können dieLebensqualität in zentralen Bereichenbeeinträchtigen. Es besteht die Sorge, inZukunft auf die Hilfe der Familie und pro -fessioneller Helfer angewiesen zu sein.Ängste, das Gefühl, nicht mehr ernstgenommen zu werden, und Ohn -machts gefühle können als unerträglicherlebt werden. In der Verzweiflung ent -steht dann der Wunsch, eine letzteEntscheidung selbst in die Hand zunehmen und seinem Leben ein Ende zusetzen. Oft ist damit die Vorstellung ver -bunden, endlich Ruhe und Frieden zufinden. Der eigene Tod erscheint dannals einzige Lösung, sich aus dieserquälenden Situation zu befreien. Maß -geblich ist dabei weniger die Schweredes äußeren Ereignisses als der Gedan -

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ke, eine solche Konfliktsituation nichtmehr bewältigen zu können. Mancheältere Menschen empfinden einensolchen Konflikt als nicht überwindbar.Gleichwohl äußern sie Hoffnung aufeine Änderung ihrer Situation, auchwenn damit keine konkreten Vorstel lun -gen verbunden sind.

So kommt es für Außenstehendemanchmal zu der widersprüchlichanmu tenden Situation, dass verzweifelteMenschen einerseits Hilfe erhoffen,andererseits aber auch vermitteln, dasssie nur in Ruhe gelassen werden wollen.

Kann dieses zwiespältige Erlebenund Verhalten besser verstanden wer -den, ist vielfach Hilfe möglich. Ein Ver -ständnis, warum ein Mensch in einerbelastenden Lebenssituation daran

denkt, sich das Leben zu nehmen, ergibtsich letztlich nur aus der persönlichenSituation. Angefangen in der Kindheitkommt es oftmals zu einer Wiederkehrbelastender Erlebnisse (z. B. Trennungen,Verluste, Kränkungen, Abwertungen,Abhängigkeit und Hilflosigkeit), mitdenen je nach Vorerfahrungen undMöglichkeiten unterschiedlich umge -gangen wird. Insbesondere im Alter,wenn man sich um den Erhalt dereigenen Unabhängigkeit sorgt, kann derErlebens- und Handlungsspielraumbedrohlich eng erscheinen. Aus diesemBlickwinkel fällt es älteren Menschennicht leicht, Unterstützung und Hilfen inAnspruch zu nehmen, die dazu beitra -gen könnten, ihre aktuelle Lebenssitu a -tion erträglicher zu machen.

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Psychische Krankheiten im Alter Etwa jeder vierte Mensch über 65

Jahre leidet an einer psychischenErkrankung. Am häufigsten handelt essich dabei um Depressionen. An wei -teren psychischen Erkrankungen findensich Hirnleistungsstörungen (Demenzen),

Angststörungen, Wahnerkrankungenund Süchte bei Älteren. Dabei treten dieDemenzen mit dem Alter eindeutighäufiger auf.

Alle psychischen Erkrankungengehen mit erhöhter Suizidgefahr einher.Dies trifft insbesondere auf Depressio -nen zu. Hierfür verantwortlich scheint zusein, dass Depressionen typischerweisemit dem Gefühl einhergehen, nichtswert zu sein, nichts Produktives mehr zuschaffen, lebensbedrohlich an einer kör -perlichen Krankheit zu leiden, sichschuldig gemacht zu haben. SolcheGedanken können in die Enge führen.Eine Hoffnung auf Hilfe durch Behand -lung wird nicht gesehen. Die Selbst -tötung scheint die einzige Konsequenzzu sein, diesen quälenden Gedankenund Gefühlen zu entkommen.

In gleicher Weise wird beobachtet,dass Menschen, die am Beginn einerDemenzerkrankung stehen und denVerlust des Gedächtnisses und derSelbstständigkeit ohnmächtig an sichbeobachten, in suizidale Krisen geraten.Dagegen kommen nur selten Suizid -handlungen bei Menschen vor, diebereits an einer fortgeschrittenenDemenz leiden. Dies liegt hauptsächlichdaran, dass Menschen mit einer fort-geschrittenen Demenz weniger in derLage sind, sich ihres Krankheitszu standesbewusst zu sein. Sie können daraus oftkeine suizidale Hand lung mehr ableitenoder sie umsetzen.

Daher ist es wichtig, psychischeErkrankungen im Alter und insbesondereDepressionen zu erkennen und denBetroffenen zu vermitteln, dass es sichum eine Erkrankung handelt und dasseine Therapie helfen kann. Die sach -

Zeichen der Depression bei alten Menschen:

� Gedrückte Stimmung, besonders morgens

� Freudlosigkeit, Gefühllosigkeit� Verminderung von Antrieb

und Interessen (Typisch ist, dasgeliebte Dinge und Aktivitätengleichgültig werden)

� Rückzug aus sozialenBeziehungen

� VerminderteKonzentrationsfähigkeit

� Ermüdbarkeit und schnelleErschöpfung

� Vermindertes Selbstwertgefühlund Selbstvertrauen

� Gefühl der Wertlosigkeit und irrationale Schuldgefühle

� Negative Zukunftserwartungen� Ungewohnte Ängstlichkeit

� Schlafstörungen� Appetitlosigkeit� Gewichtsabnahme� Verdauungsstörungen� Ängstliche

Körperwahrnehmung� Schmerzen ohne organische

Ursache� Suizidgedanken

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gerechte Behandlung einer psychi -schen Erkrankung kann die Suizidge -fährdung zum Abklingen bringen.

Körperliche Erkrankungen im Alter und ihre Folgen für Selbstständigkeit und Erleben

Wohlbefinden und Selbstständigkeitsind in hohem Maße abhängig vomErhalt körperlicher und geistiger Funk -tionen. Einschränkungen oder Verlustewerden meist als schwerer Einschnitterlebt. Körperlichen Erkrankungenkommt eine besondere Bedeutung zu.

Im Alter nehmen insbesondere diechronischen körperlichen Erkrankungendeutlich zu. Diese bestimmen schließlichdurch ihre Folgen in großem Ausmaßdie Lebensqualität und Selbstständigkeitder betroffenen Menschen.

Folgende Beschwerden beein -trächtigen nach Erfahrung der Alters -mediziner das Leben des älteren Men -schen besonders nachhaltig:

chronischer Schmerz AtemnotBewegungseinschränkungen,LähmungenVerlust der Ausscheidungskontrolle(Inkontinenz)Minderung oder Verlust derSehschärfeMinderung oder Verlust des GehörsSturz und Sturzangst

Durch diese werden in besonderemMaß zunächst die Mobilität des betrof- fenen Menschen, später auch ein -

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fachere Alltagsfunktionen wie Ankleidenund Körperpflege betroffen sein. Ein sichdaraus ergebender Verlust der sozialenKontakte kann zu Vereinsamung undDepression führen.

Blindheit trennt von den Dingen,Taubheit von den Mitmenschen

Oft ist das vorweggenommeneErkennen einer drohenden aber nochnicht erfolgten Einschränkung in derAktivität bereits eine Quelle für Angst,vermindertes Selbstwertgefühl undHilflosigkeit. Dieser Verarbeitungsprozesserfordert besondere Anstrengungen, umdie neue Situation wenn nicht aus -zugleichen, so doch akzeptieren zulernen.

Verlust des Partners Der Verlust des Partners durch

Trennung oder Tod ist ein Ereignis, dasLebensführung und Wohlbefinden tieferschüttern kann. Das gilt besonders,wenn die Aussicht auf Neubeginn oderVeränderung immer geringer wird.Folgen des Partnerverlusts im Alter sindoft das Alleinsein mit der Gefahr derVereinsamung und die Aufgabe, dasLeben unter den Bedingungen des fort -geschrittenen Alters neu ordnen undorganisieren zu müssen. Dabei stehen inder praktischen Lebensführung Männeroft vor größeren Problemen als Frauen.

Die Neuorganisation ist dann beson -ders schwierig, wenn der Partner dieeinzige emotionale Stütze war. Dieselebenswichtige Abhängigkeit macht esdann sehr schwer, im Verlauf der Zeit

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Abstand zu gewinnen, sich zu stabili -sieren und neu zu organisieren. Deshalist es so wichtig, auch andere sozialeKontakte bis ins hohe Alter zu pflegen.

Ein vorrangiges Motiv für die Entste -hung von Suizid- und Sterbewünschenim Alter ist der befürchtete oder tatsächliche Verlust von Selbstständigkeit (Auto-nomie).

In der Regel ist damit gemeint: Der Verlust der Möglichkeit, denAlltag und menschliche Beziehun -gen selbstständig zu gestaltenDer Verlust der Fähigkeit,Körperfunktionen zu kontrollierenDas Gefühl, abhängig und anderen ausgeliefert zu sein

Bei der Furcht vor Autonomieverlustin unserer heutigen Gesellschaft wird

b

-

meist nicht berücksichtigt, dass esniemals im Leben absolute Selbstän -digkeit gibt: Wünsche nach Autonomieund solche nach Geborgenheit sindsich ergänzende Pole in einem alleLebensphasen überdauerndenSpannungsfeld. Jeder einzelne Menschmuss darin seine Position finden, zudemnotwendigerweise angepasst an diesich wandelnden Lebensphasen.Niemand kann andauernd in völligerAutonomie oder in absoluter Abhän -gigkeit leben. Stets ist als Gegengewichtein gewisses Maß an gemeinschaft- licher Zugehörigkeit bzw. an selbst -ständigem Entscheidungsspielraumerforderlich, selbst wenn – im äußerstenFall – das eine oder das andere nurnoch in der Phantasie gelebt werdenkann. Autonomie bedeutet – gerade imAlter – oft auch ein Auf-sich-selbst-zurückgeworfen-Sein, Geborgenheit

Sehnsucht nach

erzeugt Wut

erfordert Abhängigkeit

Geborgenheit

Sehnsucht nach

Autonomie

erfordert Ablösung

macht Angst

Verlust von Selbstständigkeit

Abbildung 1: Spannungsfeld zwischen Autonomie- und Abhängigkeitsbedürfnis (Wedler, H. (2001), Umgang mit Suizidalität und Sterbewünschen im Alter. Suizidprophylaxe 28 (4), S. 169)

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bedeutet fast immer auch uner- wünschte Abhängigkeit. Das Bemühenum Ausgeglichenheit und Balance vonAutonomie- und Abhängigkeitsbe dürf -nissen ist hilfreich, um den Anforderun -gen des Alterns zu begegnen.

„Hat das Leben im Alter noch Sinn?“Je weiter das Leben auf sein Ende

zusteuert, umso mehr wird jedem Einzel -nen deutlich, dass sich Lebenssinn nichtaus dem Erwerb oder der Bewah rungvon „Gütern“ ergibt, denn diese sind imTode sämtlich hinfällig. Den Lebenssinnauf ein „Vermächtnis“ zu gründen, kannzu herben Enttäuschun gen führen.

Zur Erfahrung von Lebenssinn gehören

Nachdenken über sich und sein Leben

Aktivität (und eigener Wille)

Anpassungsbereitschaft(an eigene Einschränkungen,Behinderung, Krankheit, an soziale Gegebenheiten, an Lebensbedingungen, an die Mitmenschen)

Lebenssinn ergibt sich stattdessen injeder Lebensphase, so auch im Alter,

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aus der selbstständigen Gestaltung deseigenen Lebens innerhalb einer sozialenGemeinschaft, d.h. im Kontakt und imAustausch mit dieser Gemeinschaft.

Lebenssinn verliert, wer sich selbstaufgibt, wer nur auf andere wartet, werim Fühlen und Denken die Gegenwartverlässt. Die Frage des Lebenssinns istalso unabhängig vom Alter. Das fort -geschrittene Alter kann aber dazubeitragen, trügerische Lebensziele ohneBestand aufzugeben und damit Kräftefür selbstständige Lebensgestaltung frei -zumachen.

Religion und GlaubeReligiosität und Spiritualität können

im Zusammenhang mit der Suizid prä -vention sowohl eine Erschwernis alsauch eine Hilfe bedeuten. Insbesonderedann, wenn durch religiöse oder spiritu -elle Erlebnisse eine Verengung der per -sönlichen Anschauung unterstütztwurde, gilt es, diese wieder zu öffnen.Andererseits können gerade die mitdem Glauben gegebenen Möglich -keiten dazu beitragen, die Enge dergegenwärtigen Situation aufzubrechen.

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Suizidprävention, Krisenhilfe und längerfristige therapeutische Angebote

Vorbereitung auf das Alter Stets ist es besser, einer Lebenskrise

vorzubeugen als sie – einmal hinein -geraten – bewältigen zu müssen. ImSinne einer primären Suizidprävention istes entscheidend, sich vom Altern undseinen Folgen nicht überraschen zulassen. Auch wenn niemand weiß, wiees einmal kommt, ist es gut, auf das, waskommen könnte, vorbereitet zu sein.Dazu bedarf es einiger Anstrengungen.

1. Frühzeitige Auseinandersetzung mit der zweiten Lebenshälfte

Jeder Mensch sollte sich spätestensin seinen mittleren Lebensjahrenbewusst werden, dass auch er einmalalt werden wird. Noch bevor die Beren -tung eintritt und damit der Verlust derberuflichen Alltagstätigkeiten ist eswichtig, sich hinreichend erfüllende Auf -gaben für die Zeit nach der Berentungzu stellen. Es hat sich als vorteilhafterwiesen, schon während des Berufsle -bens nicht nur auf „einem Bein“ (Beruf)zu stehen, sondern ein „zweites Bein“ zuentwickeln: eine Aufgabe, die ausfüllt.

Im Rentenalter ist es wichtig, für eineanhaltende geistige Beschäftigung undkörperliche Aktivität zu sorgen, solangees irgend geht.

Auch die Paarbeziehung bedarf imhöheren Lebensalter, wenn die Kinderaus dem Haus sind, einer Neudefinition.Rollen und Aufgaben in der Familieunterliegen einem Wandel.

Kommunikation und Unterstützungsuchen die meisten Menschen vor allemin der Gruppe der Gleichaltrigen. Dasgilt auch im Alter. Es ist jedoch zu emp -fehlen, auch den Kontakt zu anderenAltersgruppen zu pflegen. Erwartungenausschließlich an die Unterstützungdurch Kinder und deren Familien erwei -sen sich nicht selten als Quelle anhal -ten der Konflikte und Enttäuschun gen.

2. Akzeptanz von Altern und SterblichkeitDie Gesundheit von Körper und Geist

bedarf der Pflege und Vorsorge. Diesesollte jedoch auf die jeweils altersspezi -fischen Bedürfnisse gerichtet sein undnicht dem Wahn folgen, ewig jung zubleiben.

Die meisten alten Menschen könneneher als jüngere gelassen und neutralanerkennen, dass sie sterben müssen.Andere akzeptieren diese Tatsache, ver -meiden aber die Auseinandersetzungdamit, insbesondere wenn die eigenenLebensumstände schwer erträglicherscheinen. Wieder andere können die

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Tatsache sterben zu müssen relativ gutannehmen. Sie glauben an ein glück -liches Jenseits.

Die meisten alten Menschen habenallerdings große Angst vor einem lang -wierigen und leidvollen Sterbeprozessmit Schmerzen und der Abhängigkeitvon Apparaten.

Damit die Zukunft mit wachsenderEinschränkung der körperlichen, gei -stigen und sozialen Lebensbe din gun -gen den älter werdenden Menschennicht plötzlich überrumpelt, sind vor -bereitende Planungen erforderlich.Dazu gehört die Vorbereitung einesaltersgerechten Wohnens unter Berück- sichtigung denkbarer Zeiten des Krank- seins und der Behinderung. Auch dermögliche Verlust des Partners durch Todmit nachfolgendem Alleinleben musshier bedacht werden.

Für den akuten Krankheitsfall, der imAlter stets auch der Vorbote desSterbens sein kann, ist die Verfügbarkeiteines vertrauten, verlässlichen Haus -arztes von unschätzbarem Wert. Mit ihmgemeinsam soll rechtzeitig der Umfang

medizinischer Maßnahmen am Lebens -ende in einer Patientenverfügungbesprochen werden.

Schließlich sind Regelungen für deneigenen Todesfall (Begräbnis, Versiche -rungsangelegenheiten, Verfügbarkeitüber Bankkonten, Erbschaft) erforder -lich. Sie sind ein Teil der sozialen Vor -sorge, die ohnehin frühzeitig für die Zeitdes Alters zu treffen ist.

3. Erhaltung von Kommunikation undsozialer Teilnahme

Der Mensch braucht Ansprache undden Austausch mit anderen. Das giltauch für den alternden Menschen, dernicht nur – wie der Volksmund sagt – derRuhe, sondern auch der Kommunikationbedarf. Diese sollte gepflegt und nachMöglichkeit bis zum Lebensende auf -rechterhalten werden. Dazu gehöreninsbesondere die Kontakte innerhalbder Nachbarschaft und zu Freundenwie auch die Teilnahme an Gemeinde -aktivitäten. Die Kommunikation mitKindern und anderen Verwandten solltenicht so ablaufen, dass daraus ein

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Anspruch auf Unterstützung abgeleitetwird. Nur dann kann sie, wenn sie statt -findet, das wunderbare und beglü -ckende Geschenk sein, das jederMensch im Stillen von ihr erwartet.

Annahme von Hilfen bei Krankheit und Behinderung

Krankheitsvorboten sollten wederignoriert noch immerfort ängstlicherwartet werden. Keine Lebenssituationdes alten Menschen sollte Anlass zubleibendem Rückzug und Selbstbetäu -bung sein. Wichtig sind deshalb einsorgsamer Umgang mit Medikamentenund Alkohol, die Einhaltung eines Tages -rhythmus, ausgewogene Ernährung unddie Sorge um guten, natürlichen Schlaf.

Zum Ausgleich von Behinderungenstehen vielfältige Hilfen zur Verfügung,die von der Wohnungseinrichtung überdie Mobilität des Bettes bis zu Hörhilfenreichen. Wer behindert ist, sollte sich inbesonderem Maße um kompetenteInformationen kümmern. Schon bevoreine Behinderung eintritt, sollte dieBedeutung ideeller und materiellerBesitzstände und der mögliche Verzichtauf sie gründlich überdacht werden. DieHilfe durch soziale Einrichtungen (z. B.ambulante Dienste oder Heime) sollteim Bedarfsfall in angemessener Formzugelassen werden.

Sind Krankheit oder Behinderung ein -mal eingetreten, empfiehlt es sich, Hilfs -angebote und Ressourcen zur Entla -

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stung zu nutzen. Überforderungen, diezu einer weiteren Gesundheitsver -schlechterung führen könnten, solltendabei vermieden werden. Es gilt, sich andas Mögliche anzupassen und nichtden Helden spielen zu wollen. VielenMenschen fällt es schwer, Hilfebedürftig -keit zu akzeptieren und Hilfen anzuneh -men. Im Verlauf des Lebens gibt es aberimmer wieder Situationen, diese Fähig -keit zu erlernen.

Gespräche mit suizidalen altenMenschen

Es ist nicht leicht, mit einem altenMenschen, der die Absicht hat, sich dasLeben zu nehmen, Kontakt aufzuneh -men und ein Gespräch zu führen. DerSuizid ist immer noch ein Tabuthema,über das nicht gesprochen wird. Eserweckt Ängste und Unsicherheiten,etwas falsch zu machen und etwa dieSuizidgefährdung des Anderen noch zu verstärken. Außerdem kann das

Gespräch an krisenhafte Ereignisse imeigenen Leben des Helfers rühren, diebis heute nicht ganz verarbeitet wurden.

Hilfsmöglichkeiten in KrisenEntsteht eine Krisensituation, bei -

spiels weise durch Verlust, Trauer, sozialeEinschränkung, ist der Kontakt mit Fami -lienangehörigen, Freun den und wei-teren Vertrauenspersonen, insbeson dereauch mit dem vertrauten Hausarzt zusuchen. In manchen Fällen ist psycho-therapeutische Hilfe angebracht. Trittder Krisenfall sehr akut ein, stehen alserste Anlaufstellen die Telefonseelsorgeund örtliche spezialisierte Krisendienstezur Verfügung.

Überregionale und regionale/lokaleKontaktadressen und Ansprechpartnerfinden Sie am Ende dieser Informations -schrift.

Ist bereits eine Suizidhandlung erf olgt,muss der Notarzt gerufen und eine Kran -kenhauseinweisung eingeleitet werden.

Was im Gespräch mit suizidalen alten Menschen zu beachten ist:

Nicht wertendes Gesprächsverhalten, bei dem Offenheit und Vertrauenvorherrschen und sich der suizidale alte Mensch in seiner Not angenommenfühlt

Todeswünsche, suizidale Gedanken und Absichten offen ansprechen

Suizidalität ernst nehmen, nicht verharmlosen, aber auch nicht dramatisieren

Gründe, Begleitumstände und akute Auslöser besprechen

Lebensgeschichtliche Zusammenhänge verstehen und einbeziehen

Möglichkeiten der Unterstützung im sozialen Umfeld erkunden (z. B. Bezugspersonen, soziale Dienste, medizinische Hilfen)

Angebot zur Fortsetzung des Gesprächskontakts machen (Ängste ansprechen; weitere Beratungs- und Hilfsmöglichkeiten aufzeigen)

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Nach überstandener Akutphase imAnschluss an eine Suizidhandlungumfasst die Krisenintervention

eine Klärung der aktuellen (psychosozialen) Situation, eine Weichenstellung: wie geht esjetzt weiter? die Motivation zur Annahme weiterführender Hilfenund die Unterstützung bei derNeuorientierung in der nach derKrise veränderten Situation. Psychische Störungen erfordern eine

sachgerechte Behandlung (mit Psycho -therapie und gegebenenfalls Psycho -pharmaka). Anschließend bietet daspsychosoziale Versorgungsnetz vieleHilfs möglichkeiten.

In der Krisensituation bedürfen auchAngehörige und Betreuungspersonenoft der Aussprache und Unterstützung(z.B. zur Entlastung von Schuldgefühlen).

Hilfen am LebensendeViele Menschen fürchten sich vor

einem langwierigen und leidvollenSterbeprozess, besonders dann, wenn ermit Schmerzen und Hilflosigkeit ver -bunden ist. Vielfach ist nicht bekannt,dass es Hilfen bei auswegloser Krankheitund in der Sterbephase gibt.

Die Begleitung von Menschen amEnde des Lebens betrifft nicht nur einekurze Spanne von wenigen Stunden biszu einem Tag vor Eintritt des Todes, son -dern kann sich auf einen vergleichs -weise langen Zeitraum von Monatenoder gar Jahren erstrecken. Im Rahmenvon Hospizarbeit und Leid lindernder(palliativmedizinischer) Betreuung wirdauf die körperlichen, psychischen/see -lischen, sozialen, spirituellen und säch -

Fachbegriffe:

Palliativmedizin: Die palliativeMedizin unterscheidet sich von derheilenden (kurativen) Medizin durchihre Zielsetzung. Nicht Heilung undLebensverlängerung sind länger dasZiel, sondern die Linderung vonBeschwerden und der Erhalt vonLebensqualität. Palliative Medizinkann im häuslichen Bereich wie imKrankenhaus und in speziellenEinrichtungen realisiert werden.

Hospizarbeit: Betreuung amunmittelbaren Lebensende findetentweder im häuslichen Rahmen(Begleitung durch vorwiegendehrenamtliche, geschulte Fach -kräfte) oder in spezialisierten statio -nären Einrichtungen (Hospiz) statt.

Sterbebegleitung: Sie umfassteinerseits medizinische Hilfe zurLeidensminderung, Schmerztherapieund Pflege, andererseits psycho -soziale Hilfe zur Sicherstellung derVersorgung, zur Mobilisation vor- handener Ressourcen und zurGesprächsbegleitung.

Sterbehilfe: Unterlassen bzw.Beendigung lebenserhaltenderMaßnahmen, soweit diese pallia -tivmedizinischen Zielen wider -sprechen (passive Sterbehilfe).Medizinische und pflegerischeBeschwerdelinderung auch unterInkaufnahme einer dadurchbedingten Lebensverkürzung(indirekte Sterbehilfe).

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lichen Bedürfnisse und Wünsche derunheilbar Kranken eingegangen. DasZiel dieser Betreuung besteht darin, demSterbenden durch die Linderung körper- lich-seelischen Leidens ein Leben zuermöglichen, das seinen ganz persön -lichen Bedürfnissen und seiner beson -deren Art der Auseinandersetzung mitder Aussicht des bevorstehenden eige -nen Todes entspricht. In der ambulantenArbeit wird versucht, dem Wunsch vonmehr als zwei Drittel der Bevölkerung, zuHause sterben zu können, Rechnung zutragen. Sterbebegleitung schließt auchdie Betreuung von Angehörigen bzw.Hinterbliebenen ein.

Die Bundesärztekammer hat (zuletztam 18.02.2011) Grundsätze zur ärzt-lichen S terbebegleitung verfasst, indenen die Handlungsmöglichkeiten desArztes eingehend beschrieben werden.Danach ist der Patientenwille – nachMöglichkeit vorher festgelegt in einerPatientenverfügung – stets für alle medi -zinischen Maßnahmen entscheidendund maßgebend. Angehörige könnenhilfreich sein, um bei nicht mehr ent -

scheidungsfähigen Patienten den Arztbei der Ermittlung des mutmaßlichenPatientenwillens zu unterstützen.

Hilfen für AngehörigeDer Verlust eines Menschen, ins -

besondere durch Suizid, ist ein körperlichund seelisch sehr belastendes Ereignisfür Angehörige. Als Folge des Todes -falles können Hinterbliebene seelischund in ihren sozialen Bezügen aus demGleichgewicht geraten. Es besteht ofteine erhöhte Krankheitsanfälligkeit und –insbesondere in den ersten Monaten –eine erhöhte Suizidgefahr. Hinterblie -bene benötigen deshalb eine eigeneUnterstützung und Begleitung, die ihnenüber diese schwierige Zeit hinweg hilft.

Am Ende dieser Informationsschriftfinden Sie Kontaktadressen undAnsprechpartner, die sich besondersder Probleme von Hinterbliebenenannehmen. Hilfreich ist es, sich einerGruppe anzuschließen, deren Teilneh -mer einen ähnlichen Verlust zu bekla -gen haben.

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Juristische Hilfen und Regeln

Aus juristischer Sicht gibt es mehrereMöglichkeiten, Vorsorge für das Lebens- ende zu treffen, besonders für den Fall,dass man in der Bekundung des eige -nen Willens eingeschränkt ist.

Betreuung, Vorsorgevollmacht,Patientenverfügung

In einer Patientenverfügung kannjeder Bürger zu jeder Zeit schriftlichseinen Willen festlegen, welche ärzt li -chen Maßnahmen er wünscht bzw. nichtwünscht für den Fall, dass seine Selbst -bestimmungsfähigkeit vermindert ist.Patien ten verfügungen sind unab hängigvon ihrem Aus stellungs datum inDeutschland verbindlich, es sei denn, esgibt kon krete Hinweise, dass derBetreffende seine Meinung geänderthat. Patientenver fügungen müssen sichauf konkrete Krank heits- und Behand -lungs situationen be ziehen. Sie müssendem behan deln den Arzt vorgelegtwerden.

Um diesen Kriterien zu entsprechen,empfiehlt es sich, sich zur Abfassungeiner Patientenverfügung eingehendvom Arzt des Vertrauens oder von spezia -lisier ten Beratungsstellen bera ten zulassen. Ethische, juristische und me dizi- nische Fragen, die die Abfassung ei ner

Patienten verfügung betreffen, wer dengründlich und praxis nah in einer Bro schürebehandelt, die vom Bundes mi nis terium deJustiz und für Verbraucherschutz heraus-gegeben wurde (www.bmjv.de).

Angehörige oder andere Vertrauenspersonen brauchen eine Vorsorgevoll -macht, um im Namen des Betroffenentätig zu werden, wenn dieser nicht mehrin der Lage ist, eigenverantwortlicheEntscheidungen zu treffen und seineAngelegenheiten selbst zu regeln. DieVollmacht kann sich vor allem auf dieWohnsituation, die ärztliche Versorgungund auch Vermögensangelegenheitenbeziehen. Behörden und Bankenerkennen in der Regel Vorsorgevoll -machten nur dann an, wenn sie nota rielbeglaubigt wurden.

Falls ein Mensch nicht mehr in derLage ist, eigenverantwortlich zu handelnbzw. seine Angelegenheiten zu regeln,kann auf Antrag des Betroffenen odernach Anregung durch andere Personenein Betreuer vom Amtsgericht (Betreu -ungs gericht) eingesetzt werden, der die Regelung der Angelegenheiten fürden Betroffenen übernimmt. In einerBetreuungsverfügung kann jeder Bürgerim Vorgriff bestimmen, wer gegebenen -falls seine Betreuung übernehmen soll.

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Das Gericht ist verpflichtet, denWunsch des Betreuten zu beachten.

Juristische Regeln zur Suizidpräventionund Sterbehilfe

Als hochrangige ethische, im Grund -gesetz verankerte Grundprinzipien unser -er Gesellschaft gelten einerseits derLebensschutz, andererseits die freieSelbst bestimmung. Mit zunehmendemLebens alter und vor allem nahe amLebens ende können diese beiden Prin -zipien dann in Kollision geraten, wennsich für den alten Menschen mit zuneh -mender, unumkehrbarer Einschränkungder Freiheitsgrade im wachsenden Maßedie Sinnfrage des Weiterlebens stellt. Fürdie rechtliche Wertung dieser Situationgibt es in unserer Gesell schaft keine ein-heitliche ethische Position. Es besteheneinige rechtsfreie bzw. juristisch nicht ein-deutig geregelte Räume und eine nichtganz einheitliche Recht sprechung. Inden europäischen Ländern existierenunterschiedliche juristische Regelungen.So ist z. B. in den Niederlanden, Belgien,

Luxem burg und der Schweiz ärztlicheSuizidbeihilfe unter definierten Umstän -den bei Beachtung entspre chen derBestim mungen erlaubt.

Der derzeit in Deutschland gültigejuristische Rahmen ist der folgende:

� Suizid und Suizidversuch sind nichtstrafbar.

� Die geschäftsmäßige Förderung derSelbsttötung ist gemäß § 217 StGBstrafbar. Dieses Gesetz liegt demBundesverfassungsgericht zur Prüfungvor (Stand 12.2018).

� Beihilfe zum Suizid ist ansonsten nichtstrafbar, soweit der Helfer nicht einebesondere Fürsorgepflicht für denPatienten hat („Garantenstellung“).Garanten sind z. B. Angehörige, Ärzte,Pflegepersonal und Sozialarbeiter.

� Aktive Sterbehilfe (d. h. mit dem Zieloder der Absicht der Tötung) ist ver-boten und strafbar.

� Unterlassen bzw. Beendigung lebens-erhaltender Therapiemaßnahmen istunter gegebenen Umständenzulässig. Ziel ist die Leidensminderung.

� Die Gabe leidensmindernderMedikamente ist in der Endphase desLebens gerechtfertigt, auch wenndadurch eine mögliche Lebensver-kürzung in Kauf genommen wird. Zielist auch in diesem Fall ausschließlichdie Leidensminderung.

� Eine Suizidhandlung wird in derdeutschen Rechtsprechung als„Unglücksfall“ interpretiert. JederBürger ist im Falle eines Unglücks verpflichtet, Hilfe zu leisten. Das gilt in besonderem Maße für „Garanten“.

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Im Falle akuter Lebenskrisen, zudenen in Zuspitzung auch Suizidneigun- gen gehö ren können, gibt es ein breitesSpek trum überregionaler, regionaler wielokaler Ansprechpartner und Kontakt- adressen, an die Sie sich wendenkönnen. Es hängt vom jeweiligen Krisen -an lass, seiner Dringlichkeit sowie derVersor gungsstruktur und Verfüg barkeitvon Hilfeeinrichtungen vor Ort ab,welche Einrichtungen und Berufsgrup- pen (z. B. Ärzte, psychologischePsychothera peuten, Seel sorger)angesprochen werden können.

Überregional � Deutsche Gesellschaft für Suizid -

prävention – Hilfe in Lebenskrisen e. V.DGS-Geschäftsstelle, StrombergerStraße 2, 55545 Bad Kreuznach Tel. 0671/20278566E-Mail: [email protected] „Hilfsangebote“ finden Sie die Kontaktadressen der Krisenhilfe -einrichtungen in Ihrer Nähe. DieLeistungen der Krisendienste sindkostenfrei.

� Nationales Suizidpräventionspro -gramm für Deutschland (NaSPro)www.naspro.de

Informationen über Ziele, BasisdatenStruktur, Organisation, Arbeitsgruppeund Kontaktmöglichkeiten.

� Telefonseelsorge www.telefonseelsorge.deTelefon bundesweit (gebührenfrei)0800-1110111 und 0800-1110222

� Arbeitskreis Leben e. V. (AKL) – Hilfein Lebenskrisen und bei Selbsttötungsgefahr (In Baden-Württemberg)www.ak-leben.deHier finden Sie die Kontaktadressender AKL in Baden-Württemberg. DieLeistungen des AKL sind kostenfrei.

� Deutscher Hospiz- und Palliativ-Verband e. V.www.dhpv.deUnter „Service/Hospizadressen“ finden Sie die Kontakt adressen der Palliativangebote.

� Deutsche Stiftung Patientenschutz für Schwerstkranke, Pflegebedürftigeund Sterbende www.stiftung-patientenschutz.de Beratung, Prüfung und Registrierungvon Vorsorgedokumenten/Patientenverfügungen. Telefonische Beratungunter: Dortmund: 0231/7380730Berlin: 030/28444840München: 089/2020810

Kontaktadressen/Ansprechpartner

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Regional und lokal

Erste Ansprechpartner vor Ort:Telefonseelsorge (s. oben) Krisenhilfeeinrichtungen (s. oben)Arbeitskreis Leben – Hilfe bei Selbst -tötungsgefahr und Lebenskrisen(AKL) (Baden Württemberg)(s. oben)

Über das örtliche Telefonbuch,Broschüren, Internetadressen (z. B.„Wegweiser für ältere Menschen undihre Angehörigen“ der Kommunen undKreise)Psychosoziale Einrichtungen

GerontopsychiatrischeBeratungsstellenAmbulante Hospizdienste (s. oben)Altenberatungsstellen/Senioren -bürosBeratungsstellen (Ehe, Familie,Lebensfragen, Sucht)Sozialpsychiatrische Dienste

Ärztliche, therapeutische und seelsorg -liche Hilfen●

HausärzteFachärzte für Psychiatrie undPsychotherapieFachärzte für PsychosomatischeMedizin und PsychotherapiePsychologische PsychotherapeutenSeelsorger (unter „Kirchen“ imörtlichen Telefonbuch)

Im NotfallNotarzt/Rettungsdienst (Tel. 112)Feuerwehr (Tel. 112)Polizei (Tel. 110)Ambulanzen an Kliniken (örtliches Telefonbuch)

Hilfen für AngehörigeAGUS e.V. – Angehörige um SuizidTel. 0921/1500380www.agus-selbsthilfe.deAnlaufstelle für Hinterbliebene nach Suizidwww.suizidprophylaxe.deUnter „Hilfsangebote” finden Sienach Bundesländern geordnetsolche Anlaufstellen.

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Informationsquellen, Literaturhinweise

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Bayerisches Staatsministerium der Justiz und fürVerbraucherschutz (Hrsg.). (18. Aufl., 2017). Vorsorgefür Unfall, Krankheit und Alter durch Vollmacht,Betreuungsverfügung, Patientenverfügung.München: Beck. https://patientenverfuegung.beck.de/ Kostenloser Download über https://www.justiz.bayern.de/

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Hirsch, R. D., Bruder, J. & Radebold, H. (Hrsg.). (2002).Suizidalität im Alter. Schriftenreihe der DeutschenGesellschaft für Gerontopsychiatrie und -psycho-therapie, Bd. 4. Stuttgart: Kohlhammer.

Lindner, R., Hery, D., Schaller, S., Schneider, B.,Sperling, U. (Hrsg.). (2014). Suizidgefährdung undSuizidprävention bei älteren Menschen. EinePublikation der Arbeitsgruppe „Alte Menschen“ imNationalen Suizidpräventionsprogramm fürDeutschland (NaSPro). Berlin: Springer.

Lindner, R., Sperling, U. (2016). AG „Alte Menschen“:Wenn das Altwerden zur Last wird. Suizidpräventionim Alter. In: Glasow, N., Hery, D. (Hrsg.) Das Nationale

Suizidpräventionsprogramm für Deutschland.Regensburg: Roderer Verlag, 25-28.

May, A., Kreß. H., Verrel, T. & Wagner, T. (Hrsg.). (2014).Patientenverfügungen. Handbuch für Berater, Ärzte undBetreuer. Berlin – Heidelberg – New York: Springer.

Schneider, B., Sperling, U. & Wedler, H. (2011). Suizid-prävention im Alter. Folien und Erläuterungen zur Aus-,Fort- und Weiterbildung. Frankfurt am Main: Mabuse.

Teismann, T. & Dorrmann, W. (2015). Suizidgefahr? EinRatgeber für Betroffene und Angehörige (Ratgeber zurReihe: Fortschritte der Psychotherapie, Bd. 32).Göttingen: Hogrefe.

Teising, M. (1992). Alt und lebensmüde. München: Reinhardt.

Wolfersdorf, M., Bronisch, T. & Wedler, H. (Hrsg.). (2008).Suizidalität: Verstehen – Vorbeugen – Behandeln.Regensburg: Roderer.

Faltblatt: Nationales Suizidpräventionsprogramm„Wenn das Altwerden zur Last wird – Hilfen beiLebenskrisen und Selbsttötungsgefahr ältererMenschen. Download über www.naspro.de

Zeitschrift „Suizidprophylaxe“. Download überwww.suizidprophylaxe-online.de

Weitere Informationen über Suizid und Suizidprävention:Nationales Suizidpräventionsprogramm fürDeutschland (NaSPro) www.naspro.de Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention (DGS) www.suizidprophylaxe.de

Impressum

Herausgeber:Arbeitsgruppe Alte Menschen im NationalenSuizidpräventionsprogramm für Deutschland(www.naspro.de)

Alle Rechte vorbehalten

Prof. Dr. phil. Arno Drinkmann, Daniela Hery, LL.M.(MedR), Prof. Dr. med. Dr. phil. Rolf D. Hirsch, Prof. Dr.med. Reinhard Lindner, Dipl. Psych. Silvia Renken, Prof. Dr. med. Barbara Schneider, Prof. Dr. med.Tillmann Supprian, Dr. theol. Uwe Sperling,Prof. Dr. phil. Martin Teising

Frühere Mitarbeiter:Monika Bauer, Dr. med. Heinrich Burkhardt, KristjanDiehl, Prof. Dr. phil. Norbert Erlemeier, Dr. soz. wiss.Peter Klostermann, Dr. phil. Sylvia Schaller, Dr. med.Claus Wächtler, Prof. Dr. med. Hans Wedler, Prof. Dr.phil. Joachim Wittkowski

Journalistische Beratung:Manfred Otzelberger, BayreuthGestaltung: Günther Schöbel, Hamburg

Druck: inpuncto:asmuth druck + medien gmbh, Köln

Fotos: S. 3 Presse- und Informationsamt derBundesregierung/Julia Faßbender. Umschlagfotos, S. 6, 9, 10, 12, 13, 15, 16, 18, 19, 22, 24und 26 Werner Krüper.

Gedicht S. 4 Kunze, R. (1984). SELBSTMORD. In R. Kunze. gespräch mit der amsel. Frankfurt a. M.: S. Fischer Verlag (Abdruck mitGenehmigung des S. Fischer Verlags).

6. aktualisierte Auflage/Januar 2019

gefördert vom:

Bestelladresse:Publikationsversand der BundesregierungPostfach 48 10 0918132 RostockTelefon 030/18 272 272 1Fax 030/18 10 272 272 1E-Mail [email protected] www.bmfsfj.de

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Herausgegeben von der Arbeitsgruppe Alte Menschen im Nationalen Suizidpräventionsprogramm für Deutschland

Wenn das Altwerden zur Last wirdSuizidprävention im Alter

Eine Initiative der

Selbsttötungen (Suizide) stellen ein großesgesundheitspolitisches und individuelles Problemdar. Die Deutsche Gesellschaft für Suizid prä -vention – Hilfe in Lebenskrisen (DGS) ergriff 2002die Initiative für ein Nationales Suizidpräventions -programm für Deutschland. Beteiligt sind dasEuropäische Netzwerk für Suizidforschung undPrävention der Weltgesundheitsorganisation(WHO) und das Bundesministerium für Gesundheitund Soziale Sicherung. Dieser Initiative haben sichbisher mehr als 90 Organisationen, Verbände undInstitutionen in Deutschland angeschlossen.

Alte Menschen sind besonders suizid -gefährdet. Ihre Lebenssituation kann sich durchkörperliche und seelische Belastungen so ver -schlechtern, dass sie nicht mehr weiterlebenwollen. Die Öffentlichkeit nimmt wenig Notizdavon. Es wird leicht übersehen, dass auch imAlter Prävention, Krisenhilfe, Therapie und Leidens -minderung möglich sind. Die Arbeitsgruppe AlteMenschen setzt sich zum Ziel, mit dieser Informa -tions schrift über Gründe und Anzeichen derSuizidgefährdung im Alter aufzuklären. Sie zeigtWege auf, die helfen suizidalen Entwicklungenvorzubeugen.