Werner Ingendahl: Produktive Methoden zum Erschließen poetischer Literatur Referat von Georgios...
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Werner Ingendahl: Produktive Methoden zum Erschließen poetischer Literatur
Referat von Georgios Kiosses & Philipp Acker
Inhalt
I. Phase der ersten Textbegegnung
II. Phase der Objektivierung
III. Phase der Aneignung
IV. Phase der Anwendung
I. Die Phase der ersten Textbegegnung
• Eine wahrnehmende Lektüre
• Lernziele:– Einen Text angemessen aufnehmen, lesen,
vorlesen– Einen Text gliedern, Abschnitte zusammenfassen– Den Textinhalt, den Handlungsverlauf
wiedergeben– Text auswendig sprechen
I. Die Phase der ersten Textbegegnung
• Subjektiver Zugang zum Text: Der SuS muss sich selbst in seiner Subjektivität der Andersartigkeit des Textes gegenübersehen.
• Die erste Textbegegnung ist unvollkommen, da sie vom jetzigen Bewusstseinsstand des SuS her stattfindet.
I. Die Phase der ersten Textbegegnung1. Erstes Wahrnehmen des Textes
• Eigenartige Sprachform des poetischen Textes in ihrer Körperlichkeit erfahrbar machen. (Klang, Schritt, Rhythmus, Spannungsbogen…)
• Erprobung von Intonationen, Pausen, Sprechmelodien, Stimmlagen. > Ziel: Ein Gefühl bekommen, dass der Text verstehbar ist.
I. Die Phase der ersten Textbegegnung
• Methodenbeispiele:– Poetischen Text vorlesen: Unterschied zur
Alltagskommunikation wird deutlich– Klangprobe: Schrifttext in verschiedenen
Lautformen wahrnehmen– Text wird aus verschiedenen Situationen/Rollen
gesprochen– Gestische Experimente– Zerschnittenen Text wieder richtig
zusammensetzen
I. Die Phase der ersten Textbegegnung
2. Erstes Textverstehen
• Kern der Phase: Der erste sprachliche Ausdruck dessen, was der Leser verstanden hat.
• Vorwissen und Erwartungen der Leser sind konstitutive Elemente im Verstehensprozess.
I. Die Phase der ersten Textbegegnung
• Methodenbeispiele:– Die SuS schreiben selbst einen Text.– Handlungsverlauf wird nacherzählt: • Abschnitte der Handlung werden erzählt• Überschriften für Abschnitte• Paraphrasieren
– Handlungsverlauf wird nachgespielt, Redesätze originalgetreu oder sinngemäß.
I. Die Phase der ersten Textbegegnung
• 3. Konkretisation
• „Hier geht es auch um mich, ich habe mit dem Text persönlich etwas zu tun.“
• Textaussage wird im Einzelfall anschaulich– Konkretisierung, dadurch aber auch Reduzierung– Subjektivität der SuS auch hier im Vordergrung
II. Die Phase der Objektivierung• Eine erarbeitende Lektüre
• Lernziele:– Besondere Textmerkmale auffinden und auswerten– Lyrische, epische, dramatische Makrostrukturen erkennen– Besondere Darstellungsweisen (Symbole, Stilmittel…),
Textformen, Perspektiven in ihrer Funktion erkennen– Interpretationen, auch unter Einbezug von
Sekundärliteratur, von verschiedenen Ansätzen her erarbeiten
– Historische, soziokulturelle Determinanten erkennen
II. Die Phase der Objektivierung
• Auslegung des gerade kennengelernten Textes.• Annäherung an den Text:– Poetisch: Im Spiel, mit Phantasie & Gefühl– Theoretisch: Analyse und argumentierendes
Interpretieren, logisch genau und stringent.• Überwindung der Subjektivität. • Eine neue Wahrheit erarbeiten, die das Subjekt über
sich und seine Verhältnisse zur Welt aufzuklären vermag.
II. Die Phase der Objektivierung
4. Poetische Tätigkeiten am Text
• Spielerische Erprobung der phantasierten Welt auf Lebenspraxis + Kommunikation der autonomen Subjekten OHNE Zwang…
• …Ästhetische Erfahrung kann in ihrer praktischen Bedeutung angemessen eingeschätzt werden.
II. Die Phase der Objektivierung
• Methodenbeispiele:– Automatisches Schreiben– Alle Aussagen eines Textes werden negiert bzw. in ihr
Gegenteil transponiert.– Ein Text wird (ent)metaphorisiert– Genera, Modi, Tempora werden verändert.– Interpunktionen werden neu/erstmalig/gar nicht gesetzt.– SuS bekommen lyrischen Text in Prosaform, erproben so
lyrische Schreibweisen.– Personen aus einer Geschichte herausnehmen, in neue
Gegebenheiten führen– Leerstellen ausfüllen
II. Die Phase der Objektivierung
5. Theoretische Tätigkeiten am Text
• SuS erfährt die Konstitutionsweise von Poesie, indem er ihre Machart rekonstruiert.
• Theoretische Tätigkeiten dürfen sich nicht verselbstständigen, denn sie beziehen sich auf die vorangegangenen Phasen und entwickeln Material für die folgenden.
II. Die Phase der Objektivierung
• Methodenbeispiele:– Konfrontierede Tätigkeiten: Ein Text wird anderen
gegenüber gestellt.– Beschäftigung mit Briefen, Tagebuchnotizen oder
autobiographischen Schriften des Autors.– Konfrontation mit Sachtexten zum selben Thema
II. Die Phase der Objektivierung
• 6. Sichten der Ergebnisse
• Die vorangegangen Schritte haben Eigenes und Fremdes Bewusstsein hervorgebracht.
• Rück- und vorausblickendes Sichten des erarbeiteten Materials durch:– Technik des Zusammenstellens von Texten aus
hermeneutischen Prozess > Interpretation erstellen– Spiel mit den Materialien– Wiss. Methode zum Veranschaulichen der Abhängigkeiten
des Verstehens von Kontexten.
II. Die Phase der Objektivierung
• Methodenbeispiele:– Leseprozess überblicken– Gliederung der Erkenntnisse – Notierte Einsichten zum Text, Vergleich mit den
Ergebnissen der Mitschüler. – In einer Montage auf großen Plakaten werden die
Lernprozesse dokumentiert.
III. Phase der Aneignung
• aneignende Lektüre
• Lernziele:– Spielerisch, phantasierend mit Texten umzugehen– Mit Textelementen zu experimentieren– Textelemente zu verändern, auszutauschen– Aussagemittel in verschiedenen Medien zu erproben
• Leitfragen: „Was sagt mir der Text?“ & „Was habe ich dem Text zu sagen?“
III. Phase der Aneignung• Erfahrungen emotional besetzt → neue Sicht wirkt sich nur handlungsrelevant aus, wenn diese
ebenfalls emotional besetzt werden kann
• wichtig daher: authentisch erlebte Aneignungstätigkeiten (Aneignung = Tätigkeit!)
• Kommunikation entweder als privater Leser oder als öffentlich lernender Leser
III. Phase der Aneignung
7. Explikative Äußerungen zur Aneignung
• Einsichten und Überzeugungen, die Leser bereitwillig in öffentliche Auseinandersetzung einbringen
• Wichtige Rückmeldung für Lehrer
• Schüler brauchen öffentliche Diskussion über ihre Thesen
III. Phase der Aneignung
• Methodenbeispiele– Notieren allgemeiner Einsichten zu Thema/Form des
Textes, die vor anderen vertreten werden– Öffentliche Diskussion über verschiedene Einsichten;
vorbereitend Pos/Contras notieren– Stellungnahme im Anschluss an Diskussion– Besinnungsaufsatz– Rückblickende Darstellung des
eigenen/gemeinschaftlichen Lernprozesses– […]
III. Phase der Aneignung
8. Kontemplative Äußerung zur Aneignung
• Persönliche Reflektion über die Veränderung des eigenen Bewusstseins
• Gefühle und Erinnerungen
III. Phase der Aneignung
• Methodenbeispiele– Tagebucheintrag („Lesetagebuch“)– Brief (Adressat: man selbst, Autor, Figur aus dem
Text, andere lebende/fiktive Figuren)– Gedankenspiel (Weiterspinnen von Gedanken aus
dem Text)– Essay– Tagtraumspiel (selbst in den Text hineindenken)
III. Phase der Aneignung
9. Literarische Formen der Aneignung
• Leser des Textes äußern sich selbst in poetischer Weise
• ggf. individuellste und intensivste Form der Aneignung
III. Phase der Aneignung
• Methodenbeispiele– Leser schreiben in der Form des Ausgangstextes
über sich/Gedanken & Gefühle zum Thema– Verwendung eines besonderen rhetorischen
Verfahrens aus dem Text zum eigenen Thema verwenden
– Poetische Form als Weg, etwas peinliches/unangenehmes Auszudrücken
– selbst in die Geschichte einschreiben
IV. Phase der Anwendung
• Einsichten, die aus dem Text erarbeitet wurden bestimmen die Tätigkeit
• Verstehen durch Anwendung
• Anwendungssituationen müssen vom Leser erprobt & geschaffen werden
IV. Phase der Anwendung
• anwendende Lektüre
• Lernziele:– eigene Stellungnahmen zu Texten zu erarbeiten, auch durch
Vermittlung mit eigenen Erfahrungen– Interpretationsprozesse zu reflektieren– Angeratene Handlungsorientierungen in Texten aufzudecken
und sich mit deren Problemstellungen auseinanderzusetzen– Erkenntnisse aus Interpretationen auf neue
Problemstellungen anzuwenden
IV. Phase der Anwendung
In dieser Phase können dieselben Methoden wie in der Aneignungsphase durchgeführt werden
Ingendahl gibt allerdings drei Fragerichtungen vor:
10. Anwendung auf gesellschaftliche Probleme
11. Anwendung auf konkrete Ereignisse der eigenen Biografie
12. Transfer und neue Ansätze
Quellen
Ingendahl, Werner: Umgangsformen: produktive Methoden zum Erschließen poetischer Literatur, Frankfurt a.M. 1991.
Danke für eure Aufmerksamkeit!