Wertigkeit der aktuellen Klassifikation des kutanen Plattenepithelkarzinoms; Validity of the current...

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Hautarzt 2013 · 64:384–386 DOI 10.1007/s00105-013-2564-7 Online publiziert: 18. April 2013 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 K. Meier · A.S. Yazdi Universitäts-Hautklinik Tübingen Wertigkeit der aktuellen  Klassifikation des kutanen  Plattenepithelkarzinoms Nichtmelanozytärer Hautkrebs ist die häufigste Karzinomgruppe weltweit mit starker Zunahme der Inzidenz. Zur Grup- pe der nichtmelanozytären Hauttumore (NMSC) zählen ca. 80 Entitäten, die sich bezüglich ihrer Prognose sehr heterogen verhalten. So hat das Merkel-Zell-Karzi- nom eine schlechte Prognose mit frühzei- tiger Fernmetastasierung, während beim Basalzellkarzinom als häufigster Typ der NMSC-Gruppe nur äußerst sporadisch eine Metastasierung beobachtet wurde. Beim Plattenepithelkarzinom (PEK) tritt eine Lymphknoten- oder Fernmetasta- sierung selten auf, diese ist aber schwie- rig therapeutisch zu kontrollieren, sodass ca. 20% der Todesfälle aller Hautkrebsar- ten beim PEK auftreten [1]. Um das Ri- siko einer Lymphknoten- oder Fernme- tastasierung einschätzen zu können, wur- den klinisch-histologische Stadieneintei- lungen etabliert. Diese sind nicht nur im Rahmen der Tumortherapie, sondern vor allem auch im Rahmen der Tumornach- sorge von großer Relevanz, um Patienten anhand des prognostizierten Metastasie- rungsrisikos stadiengerecht klinisch und apparativ nachzubeobachten. Die Stadieneinteilungen für das PEK der Haut orientierten sich traditionell an der TNM-Klassifikation, also der Bewer- tung des Primärtumors (T), der regiona- len Lymphknoten (N) und der Fernme- tastasierung (M). Die aktuelle Klassifikation des Ame- rican Joint Commitee on Cancer (AJCC, 2010, 7. Auflage) verfügt über 5 T-Ka- tegorien, 4 N- und 2 M-Kategorien [3]. Im Gegensatz zum malignen Melanom, bei dem die T-Einteilung sich vorwie- gend nach der vertikalen Tumordicke nach Breslow richtet, spielt die messba- re vertikale Eindringtiefe in der T-Klassi- fikation des PEKs eine geringe Rolle. T1- und T2-Tumor werden stattdessen nach der horizontalen Tumorausdehnung von kleiner bzw. größer 2 cm und möglichen Risikofaktoren unterschieden. Die Ri- sikofaktoren, die durch die systemati- sche Auswertung klinischer Studien be- stimmt wurden, beinhalten sowohl his- topathologische (perineurales Wachs- tum, histologischer Differenzierungs- grad, „Clark level“ >IV, Breslow-Tumor- dicke >2 mm) als auch anatomische (Lo- kalisation Lippe oder Ohr) Kriterien. Während T1 und T2 sich durch die Risi- kofaktoren und/oder die horizontale Tu- morausdehnung unterscheiden, sind T3- oder T4-Tumore durch eine Knochenin- filtration der Kalotte, Orbita oder Kiefer- knochen definiert, sodass der Anteil der T3- und T4-Tumore unter allen Platten- epithelkarzinomen sehr gering ist. Im Gegensatz zu älteren Klassifikatio- nen, die sich überwiegend an der horizon- talen Ausdehnung des Tumors orientier- ten und lediglich die „extradermale Inva- sion“ als T4 einteilten, berücksichtigte die 7. Auflage der AJCC-Klassifikation somit erstmals die Tumordicke, die Infiltration des subkutanen Fettgewebes und auch be- stimmte Lokalisationen. Die Unterschei- dung nach bestimmten Lokalisationen wurde unternommen, da der Großteil der PEKs im Kopf-Hals-Bereich auftre- ten. Das Tumorgrading als Grad der Dif- ferenzierung, das in der 6. Auflage nicht berücksichtigt wurde, dient in der aktu- ellen Klassifikation nun als Risikofaktor. Bereits sehr früh nach Veröffentli- chung der 7. Auflage der AJCC-Klassi- fikation [3] wurde diese kritisch bewer- tet: Breuninger et al. [2] klassifizierten ein Tumorkollektiv von 615 Patienten analog der 7. Auflage der AJCC-Klassifikation und konnten keine Korrelation zwischen Tumorstadium und Prognose feststellen. Daher postulierten die Autoren, die ver- tikale Eindringtiefe, Immunsuppression, Entdifferenzierung der Tumorzellen und die Lokalisation Ohr als relevante Risiko- faktoren einer Metastasierung stärker zu berücksichtigen. Die hier diskutierte Arbeit [4] schlägt daher ähnlich wie Breuninger et al. [2] ein alternatives Stagingsystem vor: Die Autoren untersuchten 256 PEKs im Rah- men einer retrospektiven Kohortenstu- die. Nur primäre PEKs, die einen oder mehr Risikofaktoren aufwiesen, wurden eingeschlossen. Die Risikofaktoren ent- sprachen überwiegend den Risikofakto- ren der AJCC-Klassifikation (perineurale oder lymphovaskuläre Invasion, horizon- taler Durchmesser größer 2 cm, schlech- ter Differenzierungsgrad, mindestens subkutane Infiltration, Lokalisation Lippe oder Ohr). Als Zielpunktkriterien wurden das Auftreten eines Lokalrezidivs, Lymph- knotenmetastasen, Tod durch PEK oder Tod ohne Zusammenhang zum Tumorlei- den festgelegt. In der untersuchten Kohorte zeigten 24% der Tumore perineurales Wachs- tum, 15% eine Infiltration der Subkutis, und 18% der Tumore waren größer als 2 cm im Horizontaldurchmesser; 58% der PEKs traten an Ohr oder Lippe auf. Als nicht ausgewertete Risikofaktoren wa- Redaktion J. Krutmann, Düsseldorf Redaktionelle Mitarbeit C. Hafner, Regensburg, B. Homey, Düsseldorf, R. Gläser, Kiel A. S. Yazdi, Tübingen 384 | Der Hautarzt 5 · 2013 Journal Club

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Hautarzt 2013 · 64:384–386DOI 10.1007/s00105-013-2564-7Online publiziert: 18. April 2013© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

K. Meier · A.S. YazdiUniversitäts-Hautklinik Tübingen

Wertigkeit der aktuellen Klassifikation des kutanen Plattenepithelkarzinoms

Nichtmelanozytärer Hautkrebs ist die häufigste Karzinomgruppe weltweit mit starker Zunahme der Inzidenz. Zur Grup-pe der nichtmelanozytären Hauttumore (NMSC) zählen ca. 80 Entitäten, die sich bezüglich ihrer Prognose sehr heterogen verhalten. So hat das Merkel-Zell-Karzi-nom eine schlechte Prognose mit frühzei-tiger Fernmetastasierung, während beim Basalzellkarzinom als häufigster Typ der NMSC-Gruppe nur äußerst sporadisch eine Metastasierung beobachtet wurde. Beim Plattenepithelkarzinom (PEK) tritt eine Lymphknoten- oder Fernmetasta-sierung selten auf, diese ist aber schwie-rig therapeutisch zu kontrollieren, sodass ca. 20% der Todesfälle aller Hautkrebsar-ten beim PEK auftreten [1]. Um das Ri-siko einer Lymphknoten- oder Fernme-tastasierung einschätzen zu können, wur-den klinisch-histologische Stadieneintei-lungen etabliert. Diese sind nicht nur im Rahmen der Tumortherapie, sondern vor allem auch im Rahmen der Tumornach-sorge von großer Relevanz, um Patienten anhand des prognostizierten Metastasie-rungsrisikos stadiengerecht klinisch und apparativ nachzubeobachten.

Die Stadieneinteilungen für das PEK der Haut orientierten sich traditionell an der TNM-Klassifikation, also der Bewer-tung des Primärtumors (T), der regiona-len Lymphknoten (N) und der Fernme-tastasierung (M).

Die aktuelle Klassifikation des Ame-rican Joint Commitee on Cancer (AJCC, 2010, 7. Auflage) verfügt über 5 T-Ka-tegorien, 4 N- und 2 M-Kategorien [3]. Im Gegensatz zum malignen Melanom, bei dem die T-Einteilung sich vorwie-

gend nach der vertikalen Tumordicke nach Breslow richtet, spielt die messba-re vertikale Eindringtiefe in der T-Klassi-fikation des PEKs eine geringe Rolle. T1- und T2-Tumor werden stattdessen nach der horizontalen Tumorausdehnung von kleiner bzw. größer 2 cm und möglichen Risikofaktoren unterschieden. Die Ri-sikofaktoren, die durch die systemati-sche Auswertung klinischer Studien be-stimmt wurden, beinhalten sowohl his-topathologische (perineurales Wachs-tum, histologischer Differenzierungs-grad, „Clark level“ >IV, Breslow-Tumor-dicke >2 mm) als auch anatomische (Lo-kalisation Lippe oder Ohr) Kriterien. Während T1 und T2 sich durch die Risi-kofaktoren und/oder die horizontale Tu-morausdehnung unterscheiden, sind T3- oder T4-Tumore durch eine Knochenin-filtration der Kalotte, Orbita oder Kiefer-knochen definiert, sodass der Anteil der T3- und T4-Tumore unter allen Platten- epithelkarzinomen sehr gering ist.

Im Gegensatz zu älteren Klassifikatio-nen, die sich überwiegend an der horizon-talen Ausdehnung des Tumors orientier-ten und lediglich die „extradermale Inva-sion“ als T4 einteilten, berücksichtigte die 7. Auflage der AJCC-Klassifikation somit erstmals die Tumordicke, die Infiltration des subkutanen Fettgewebes und auch be-stimmte Lokalisationen. Die Unterschei-dung nach bestimmten Lokalisationen wurde unternommen, da der Großteil der PEKs im Kopf-Hals-Bereich auftre-ten. Das Tumorgrading als Grad der Dif-ferenzierung, das in der 6. Auflage nicht berücksichtigt wurde, dient in der aktu-ellen Klassifikation nun als Risikofaktor.

Bereits sehr früh nach Veröffentli-chung der 7. Auflage der AJCC-Klassi-fikation [3] wurde diese kritisch bewer-tet: Breuninger et al. [2] klassifizierten ein Tumorkollektiv von 615 Patienten analog der 7. Auflage der AJCC-Klassifikation und konnten keine Korrelation zwischen Tumorstadium und Prognose feststellen. Daher postulierten die Autoren, die ver-tikale Eindringtiefe, Immunsuppression, Entdifferenzierung der Tumorzellen und die Lokalisation Ohr als relevante Risiko-faktoren einer Metastasierung stärker zu berücksichtigen.

Die hier diskutierte Arbeit [4] schlägt daher ähnlich wie Breuninger et al. [2] ein alternatives Stagingsystem vor: Die Autoren untersuchten 256 PEKs im Rah-men einer retrospektiven Kohortenstu-die. Nur primäre PEKs, die einen oder mehr Risikofaktoren aufwiesen, wurden eingeschlossen. Die Risikofaktoren ent-sprachen überwiegend den Risikofakto-ren der AJCC-Klassifikation (perineurale oder lymphovaskuläre Invasion, horizon-taler Durchmesser größer 2 cm, schlech-ter Differenzierungsgrad, mindestens subkutane Infiltration, Lokalisation Lippe oder Ohr). Als Zielpunktkriterien wurden das Auftreten eines Lokalrezidivs, Lymph-knotenmetastasen, Tod durch PEK oder Tod ohne Zusammenhang zum Tumorlei-den festgelegt.

In der untersuchten Kohorte zeigten 24% der Tumore perineurales Wachs-tum, 15% eine Infiltration der Subkutis, und 18% der Tumore waren größer als 2 cm im Horizontaldurchmesser; 58% der PEKs traten an Ohr oder Lippe auf. Als nicht ausgewertete Risikofaktoren wa-

RedaktionJ. Krutmann, Düsseldorf

Redaktionelle MitarbeitC. Hafner, Regensburg,B. Homey, Düsseldorf,R. Gläser, KielA. S. Yazdi, Tübingen

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Journal Club

ren 15% der Patienten z. B. aufgrund einer chronisch lymphatischen Leukämie oder nach Organtransplantation immunsup-primiert. Therapeutisch wurde am häu-figsten eine schnittrandkontrollierte Ope-ration oder eine Operation mit erweiter-tem Sicherheitsabstand eingesetzt.

Nach einer medianen Nachbeobach-tungszeit von 44 Monaten traten in 8% der Tumore Lokalrezidive, in 10% Lymph-knotenmetastasen und in 5% Todesfäl-le durch das PEK auf. Um zu entschlüs-seln, ob das T-Stadium der AJCC-Klassi-fikation die Wahrscheinlichkeit einer Me-tastasierung oder eines Lokalrezidivs vor-hersagen könnte, wurde das Outcome mit dem AJCC (T)-Stadium korreliert: Inte-ressanterweise befanden sich im Kollektiv der untersuchten Primärtumore 90% der PEKs in Stadium T1 oder T2, da eine Kno-cheninfiltration nur selten vorkommt. In der T1-Gruppe, der Gruppe, die als pro-gnostisch günstig angesehen wird, kam es bei 112 PEKs zu 3 Lokalrezidiven und 2 Lymphknotenmetastasen, sodass hier die Prognose mit dem niedrigen T-Sta-dium für die meisten PEKs korrelierte. Die T2-Gruppe hingegen präsentierte die meisten Lokalrezidive (11/91, 69% aller Lo-kalrezidive), die meisten Lymphknoten-metastasen (20/91, 83% aller Lymphkno-tenmetastasen) und 11 der 12 (92%) krank-heitsbedingten Todesfälle (11/91). Zwei der 4 Tumore, die als T3 oder T4 einge-stuft wurden, rezidivierten und metasta-sierten lymphogen im Beobachtungszeit-raum, sodass die T3- und T4-Tumore sta-tistisch ein erhöhtes Metastasierungsrisi-

ko aufweisen, deren Häufigkeit am Ge-samtkollektiv aber sehr gering ist.

Zur Evaluation der relevanten Risi-kofaktoren wurden verschiedene statis-tische Modelle angewandt. In einer uni-variaten Analyse, bei der jeder Risiko-faktor einzeln unabhängig von Kofakto-ren analysiert wurde, zeigten die größer 2 cm messenden Tumore, die an Lippe oder Ohr lokalisiert waren, eine schlech-tere Prognose als Tumore der identischen Größe an anderen Körperstellen. Beim perineuralen Wachstum war interessan-terweise nur eine Infiltration von Ner-ven mit einer Kaliberstärke von >0,1 mm mit vermehrter Lymphknotenmetastasie-rung oder krankheitsbedingtem Tod as-soziiert, die Infiltration kleinerer Nerven war nicht signifikant. Ob das Kaliber der Nerven routinemäßig im histopathologi-schen Befund angegeben wurde, ist nicht ersichtlich. Immunsuppression, ein Risi-kofaktor, der nicht histologisch oder ana-tomisch ermittelt werden konnte, war in der univariaten Analyse ein signifikanter Risikofaktor für krankheitsspezifischen Tod. In der multivariaten Analyse zeigte er jedoch vermutlich aufgrund der gerin-gen Anzahl von immunsupprimierten Pa-tienten keine Signifikanz. Bei der multiva-riaten Analyse werden nämlich mehrere statistische Variablen zugleich untersucht, um so Zusammenhänge oder Abhängig-keiten zwischen den Risikofaktoren zu er-mitteln. In der multivariaten Analyse as-soziierten die histologisch nachweisbare Entdifferenzierung, ein Tumordurchmes-ser größer 2 cm, eine Infiltration bis in das subkutane Fettgewebe und perineu-

rales Wachstum mit einem statistisch hö-heren Risiko für krankheitsspezifische To-desfälle. Alle oben angeführten Faktoren mit Ausnahme des horizontalen Tumor-durchmessers waren prognostisch signi-fikant für Lymphknotenmetastasierung. Da der Großteil der relevanten Zielgrö-ßen (Lokalrezidiv, Lymphknotenmetas-tasierung, Tod durch PEK) in AJCC-Sta-dium T2 auftraten, konnte anhand des T-Stadiums keine Vorhersage zur Prognose abgeleitet werden. Um die Aussagekraft des T-Stadiums zu erhöhen und die He-terogenität im Stadium T2 zu reduzieren, schlagen die Autoren ähnlich Breuninger et al. ein alternatives Tumorstagingsystem für Plattenepithelkarzinome der Haut vor. Dieses alternative T-Staging-System wer-tet im Gegensatz zur 7. Auflage der AJCC nur diejenigen Risikofaktoren, die sich in der eigenen Auswertung als signifikant erwiesen. Der Tumordurchmesser, der in der AJCC T1 von T2 abgrenzte, wird den anderen Risikofaktoren (histologische Entdifferenzierung, perineurales Wachs-tum, mindestens subkutane Invasion) in der Wertigkeit gleichgesetzt. T1-Tumore verfügen somit über keinen der oben ge-nannten Risikofaktoren, T2a über einen, T2b über 2 bis 3 Risikofaktoren. T3-Tu-more infiltrieren entweder den Knochen oder haben alle 4 Risikofaktoren. Da T3- und T4-Tumore in der Gesamtzahl selten sind, werden beide Gruppen, die in der AJCC getrennt betrachtet werden, zusam-mengefasst.

Obwohl die hier diskutierte Studie [4] und Breuninger et al. [2] beide die Aussa-gekraft der AJCC 2010-Klassifikation kri-

Tab. 1  Vergleich der AJCC-Klassifikation mit vorgeschlagenen Alternativklassifikationen von Jambusaria-Pahlajani et al. [4] und Breuninger et al. [2]

  AJCC (7. Auflage, 2010; [3]) Jambusaria-Pahlajani et al. [4] Breuninger et al. [2]

T1 Tumordurchmesser ≤2 cm mit <2 Risikofaktoren 0 Risikofaktoren cT („low risk“): Tumordurchmesser ≤2 cmpT („no risk“): Tumordicke (Breslow) ≤2 mm

T2 Tumordurchmesser >2 cm mit 0 oder 1 Risikofaktoroder:>2 Risikofaktoren ohne Berücksichtigung des  Tumordurchmessers

T2a: 1 RisikofaktorT2b: 2 bis 3 Risikofaktoren

pT („low risk“): Tumordicke (Breslow) 2–6 mm

T3 Knocheninfiltration der Kieferknochen, der Orbita oder des Temporalbeins

4 Risikofaktoren oder  Knocheninfiltration

cT („high risk“): Tumordurchmesser >2 cmpT („high risk“): Tumordicke (Breslow) >6 mm

T4 Knocheninfiltration des Schädelknochens, auch durch perineurales Wachstum

Fehlt  

Risiko-fakto-ren

Tumordicke (Breslow) >2 mm; „Clark level“ >IV;  perineurales Wachstum; Lokalisation Ohr oder  Lippe; histologisch Entdifferenzierung

Tumordurchmesser größer 2 cm; histo-logisch Entdifferenzierung; perineurales Wachstum; Invasion Subkutis oder tiefer

Immunsupression; histologisch Entdifferenzie-rung/Desmoplasie; Lokalisation Ohr

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tisch evaluieren und alternative Staging-systeme vorschlagen, besteht auch zwi-schen den beiden alternativen Einteilun-gen keine Übereinstimmung (. Tab. 1). Die Auswertung des Tübinger Kollektivs konnte Immunsuppression, eine vertika-le Tumordicke (Breslow) >2 bzw. >6 mm und die Lokalisation Ohr als Risikofak-tor erarbeiten. Eine Übereinstimmung zu dem US-amerikanischen Kollektiv zeigte sich lediglich beim histologischen Grad der Differenzierung, der in beiden Kol-lektiven als relevant erachtet wurde.

Diese Divergenz ist vermutlich durch die unterschiedlichen Kollektive bedingt. Der Anteil der Immunsupprimierten war in der hier diskutierten Arbeit zu gering, um eine statistische Signifikanz in einer multivariaten Analyse zu erbringen. Die vertikale Tumordicke nach Breslow konn-te von Jambusaria-Pahlajani et al. nicht als Risikofaktor ermittelt werden, da diese in den histologischen Berichten nicht ge-nannt wurde. Die Mehrzahl der Tumo-re wurde hier durch Shavebiopsien his-tologisch gesichert, sodass keine Tumor-dickenangabe möglich war, während die gemessene Tumordicke für alle Patienten des Tübinger Kollektivs vorlag.

Zusammenfassend fehlen aktuell va-lide Klassifikationen und Stagingeintei-lungen beim Plattenepithelkarzinom der Haut. Diese Tatsache erschwert die Be-wertung von Therapieschemata gera-de bei fortgeschrittenen Tumoren, da eine Vergleichbarkeit der Tumorsituation nicht möglich ist. Dieser Zustand erin-nert sehr an die unterschiedlichen Eintei-lungen der kutanen Lymphome, die eben-falls zu Verwirrung führte. Seit die WHO und EORTC sich für kutane Lymphome auf eine Konsensusklassifikation einigen konnten, wurden die Therapiestudien und auch die Nachsorgeschemata inter-national vergleichbar und die Therapie der kutanen Lymphome standardisiert. Um die optimale Therapie und Nachsorge gerade der High-risk-Tumore zu sichern, sollte eine prognostisch valide Klassifika-tion erarbeitet werden.

Fazit für die Praxis

F  Das Fehlen von validen Klassifikatio-nen und Stagingeinteilungen beim Plattenepithelkarzinom der Haut er-schwert die Bewertung von Therapie-schemata gerade bei fortgeschritte-nen Tumoren, da eine Vergleichbar-keit der Tumorsituation nicht möglich ist. 

F  Um die optimale Therapie und Nach-sorge insbesondere der High-risk-Tu-more zu sichern, sollte eine prognos-tisch valide Klassifikation erarbeitet werden.

Korrespondenzadresse

PD Dr. A.S. YazdiUniversitäts-Hautklinik TübingenLiebermeisterstr. 25, 72076 Tü[email protected]

Interessenkonflikt.  Der korrespondierende Autor gibt für sich und seine Koautoren an, dass kein Interes-senkonflikt besteht.

Literatur

  1.  Alam M, Ratner D (2001) Cutaneous squamous-cell carcinoma. N Engl J Med 344:975–983

  2.  Breuninger H, Brantsch K, Eigentler T et al (2012) Comparison and evaluation of the current staging of cutaneous carcinomas. J Dtsch Dermatol Ges 10:579–586

  3.  Farasat S, Yu SS, Neel VA et al (2011) A new Ameri-can Joint Committee on Cancer staging system for cutaneous squamous cell carcinoma: creation and rationale for inclusion of tumor (T) characteristics. J Am Acad Dermatol 64:1051–1059

  4.  Jambusaria-Pahlajani A, Kanetsky PA, Karia PS et al (2013) Evaluation of AJCC tumor staging for cutan-eous squamous cell carcinoma and a proposed al-ternative tumor staging system. JAMA Dermatol 16:1–9

Infrarotstrahlung fördert Therapieerfolge

Wassergefilterte Infrarot-A-Strahlung  

(wIRA) findet zunehmend Verwendung in 

der Gesundheitsförderung sowie in der me-

dizinischen Prävention und Therapie. Diese 

spezielle Form der Infrarotstrahlung be-

wegt sich im Bereich von 780 bis 1400 nm 

und macht einen Großteil der Infrarotstrah-

lung der Sonne aus, die in den gemäßigten 

Klimazonen der Erde wassergefiltert auf 

den Boden trifft. Daraus resultiert eine Ver-

ringerung des Risikos der unerwünschten 

thermischen Belastung der obersten Haut-

schicht. Mit 0,5 % liegt die Strahlung von 

wIRA im unerwünschten Infrarot-B- und 

Infrarot-C-Bereich deutlich unter der der 

konventionellen Infrarotstrahlung (Rotlicht-

lampen). Bei dieser beträgt der prozentuale 

Anteil der Strahlung im unerwünschten 

Bereich 50-80 %. 

wIRA kann vielfältig eingesetzt werden: bei 

akuten und chronischen Wunden, Haut-

erkrankungen, zur Schmerzverringerung, 

bei bewegungsbezogenen Erkrankungen 

und zur Steigerung der Wirksamkeit von 

Strahlen- und Chemotherapie. Die klinische 

Wirkung der Strahlung zeigt sich in der 

Minderung von Schmerzen, Entzündungen 

und vermehrter Flüssigkeitsabgabe, der 

Verbesserung der Infektabwehr und der 

Regeneration. Wissenschaftler diskutieren 

derzeit den Einsatz der Strahlung bei Tro-

peninfektionen, in der Onkologie sowie in 

der Gesundheitsförderung. 

Literatur: Hoffmann G (2012) Wassergefil-

tertes Infrarot A in Chirurgie, Dermatologie, 

Sportmedizin und weiteren Bereichen. In: 

Krause R, Stange R (Hrsg) Lichttherapie. 

Springer, Berlin, Heidelberg, New York, S. 

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Quelle: Technische Universität Darmstadt,

www.tu-darmstadt.de

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