Wichtige Grundgesetz-Artikel – die Grundrechte · 2014. 8. 19. · eine dauerhafte Beziehung zu...

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99 Nachdenklichkeiten Wichtige Grundgesetz-Artikel – die Grundrechte Art. 1.1: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen, ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Art. 3.3: Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glau- bens, seiner religiösen und politischen Anschauungen wegen benachteiligt oder bevorzugt werden. Art 4: Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnnisses sind unverletzlich. Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. Art. 7.3: Der Religionsunterricht ist an den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Reli- gionsunterricht zu erteilen. Aus der Weimarer Verfassung (WV) von 1919 ist in das Grundgesetz übernommen worden: Art. 140 GG: Niemand darf zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit oder zur Teilnahme an religiösen Übun- gen oder zur Benutzung einer religiösen Eidesformel ge- zwungen werden. „Das Gesetz über die religiöse Kindererziehung” aus der WV vom 15. Juli 1921 ist heute noch gültig: § 2: Das Kind ist ..(in religiösen Fragen)..zu hören, wenn es das 10. Lenbensjahr vollendet hat. § 5: Nach Vollendung des 14. Lebensjahres steht dem Kind die Entscheidung darüber zu, zu welchem religiösen Bekennt- nis es sich halten will. Hat das Kind das 12. Lebensjahr vollendet, so kann es nicht gegen seinen Willen in einem anderen Bekenntnis als bisher erzogen werden.

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Nachdenklichkeiten

Wichtige Grundgesetz-Artikel –die Grundrechte

Art. 1.1:Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achtenund zu schützen, ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.Art. 3.3:Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Rasse,seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glau-bens, seiner religiösen und politischen Anschauungenwegen benachteiligt oder bevorzugt werden.Art 4:Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheitdes religiösen und weltanschaulichen Bekenntnnissessind unverletzlich. Die ungestörte Religionsausübungwird gewährleistet.Art. 7.3:Der Religionsunterricht ist an den öffentlichen Schulen mitAusnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentlichesLehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechteswird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit denGrundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. KeinLehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Reli-gionsunterricht zu erteilen.Aus der Weimarer Verfassung (WV) von 1919 ist in dasGrundgesetz übernommen worden:Art. 140 GG: Niemand darf zu einer kirchlichen Handlungoder Feierlichkeit oder zur Teilnahme an religiösen Übun-gen oder zur Benutzung einer religiösen Eidesformel ge-zwungen werden.„Das Gesetz über die religiöse Kindererziehung” aus derWV vom 15. Juli 1921 ist heute noch gültig:§ 2:Das Kind ist ..(in religiösen Fragen)..zu hören, wenn es das10. Lenbensjahr vollendet hat.§ 5:Nach Vollendung des 14. Lebensjahres steht dem Kind dieEntscheidung darüber zu, zu welchem religiösen Bekennt-nis es sich halten will. Hat das Kind das 12. Lebensjahrvollendet, so kann es nicht gegen seinen Willen in einemanderen Bekenntnis als bisher erzogen werden.

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Gedankensplitter zu einer neuenLebenskultur – Technik verändert uns

und unser Leben. A. Hecke

Technik macht`s möglich. Wir spüren, daß sich vieles, viel-leicht alles ändern wird – durch die Einbeziehung und Nut-zung moderner und rasant sich immer weiterentwickelnder Hightech. In einer Zeit globalen Denkensund der Auflösung nationaler Grenzen wächst dieMenschheit zusammen und die technischen Möglichkei-ten helfen ihr dabei; Internet, Handy, Computer. Raum,Zeit und nationale Gesellschaften sind weiterhin keine be-grenzenden Faktoren mehr. Dank Technik sind alle überallvon allen erreichbar.

Die Form der Arbeit und die Arbeitsbeziehungen werdensich verändern. Der sichere Arbeitsplatz – schon lange kei-ne Garantie fürs Leben mehr – den wird es möglicherwei-se so bald nicht mehr geben. Sind Angestellte inGroßunternehmen Auslaufmodelle, weil die Anwen-dungsmöglichkeiten moderner Kommunikations-Techno-logien dem Drang zur Selbstverwirklichungentgegenkommen? Nicht mehr die Arbeitszeit ist entschei-dend sondern die Fertigstellung des Produktes, zeitlich be-

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fristete Projektarbeit, überall und zu jeder Zeit zuerledigen, dank Computer, Handy und Internet.

Beispiele dafür gibt es inzwischen. Menschen verrichtenheute bereits hochqualifizierte Arbeit als sogenannte„Schein-Selbstständige“, richtiger gesagt als „Noch-Nicht-Selbstständige“ oder als „Nicht-Mehr-Arbeitneh-mer“. Im Jahr 2020 sollen lediglich 40 % der Deutscheneine dauerhafte Beziehung zu einem festen Arbeitgeberhaben. Die zeitlich begrenzte Auflösung von Arbeitszeitund Freizeit kommt offensichtlich doch wohl dem Bedürf-nis nach Selbstentscheidung und Selbstverwirklichungentgegen, bedeutet aber auch Selbstverantwortung.

Veränderungen der Arbeitsstrukturen bleiben nicht ohneFolgen für die übrigen Bereiche der Gesellschaft. Das neueSelbstmanagment produziert andere Qualitäten der Kom-munikation. Solidarisierung auf Dauer wird ersetzt durchsachbezogene und zeitbegrenzte Projektgemeinsamkeit.Der vernetzte Arbeitsplatz zu Hause wird Folgen für das fa-miliäre Gemeinsame und für jeden Einzelnen haben. DerTrendforscher Peter Wippermann nennt die beschriebe-nen möglichen Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt Job-surfing und behauptet, das sei die Droge diesesJahrhunderts. Gewünschte oder geforderte Flexibilität be-deutet Mobilität und Änderung von Planungshorizontenfür die Betroffenen und deren Familien.

Da werde ich nachdenklich. Ob das ein wünschenswerterZustand sein wird? Auf den ersten Blick mag da mehrSelbstverwirklichung und Selbstmotivation entstehen.Man muß sich aber auch klar darüber sein, daß der Einzel-ne mehr Selbstverantwortung übertragen bekommt, nichtnur für sich allein. Ist ja auch gut so. Aber was heißt denn„Verantwortung“ zum Beispiel für die sozial Schwachen,für die Kinder, wenn vom ganzen Selbst-Verhalten nur dasEgo übrig bleibt? Kürzlich erschien im Hamburger Abend-blatt zur Überschrift: „Die Macht der Markenartikel: DasHandy ersetzt das Selbstbewußtsein“ eine Darstellung,wie gefährlich es für jeden Einzelnen ist, wenn Jugendli-che nur noch das gesellschaftliche Umfeld kopieren, indem Äußerlichkeiten überbetont werden.

Es ist gut und wichtig, die technischen Errungenschaftenzum Wohl der Menschen zu nutzen. Wir sollten uns be-

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wußt bleiben, wo die Grenzen der sinnhaften Nutzung vonHightech sind. Und noch eins. Wenn wir über diese Errun-genschaften philosophieren, dann sprechen wir vielleichtüber die gesellschaftlichen Möglichkeiten von 10 % derMenschheit. Die anderen haben diese Sorgen nicht!

Der Sinn des LebensMaria Wassersleben

Die Linie des LebensIst alles andere als gerade.Manchmal ein breiter Weg,Manchmal ein schmaler Pfad,Manchmal steil, manchmal ruhigWie langsam fließendes Wasser.Jeder Tag ist verschiedenVom VorhergehendenUnd Nachkommenden,Jedoch voll von Überraschungen.Und dennoch hat er seinePräzisen GesetzmäßigkeitenIn jedem kleinsten Teilabschnitt.Das Leben ist das größte Abenteuer.Es ist die große Reise.Es ist der große Weg.

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Ähnlich, wie der verstorbene Hundertwasser in diesemGedicht beschreibt, stelle ich mir das Leben vor. Ich möch-te jeden Tag mit offenen Augen durch die Welt gehen undversuchen, jeden Moment zu nutzen und zu genießen. Soviel wie möglich möchte ich von dieser faszinierenden, be-zaubernden und vielfältigen aber auch erschreckenden,brutalen Welt sehen, entdecken, erleben und aufnehmen,und einfach spüren, daß ich ein Teil von ihr bin. Ichmöchte so leben, daß ich meinen Mitmenschen Liebe, Ver-ständnis, Respekt, Toleranz, Vertrauen und Hilfe ent-gegenbringen und dies auch von ihnen erwarten kann.Auch wenn ich oft einfach das Alleinsein brauche, liebe iches, unter Menschen zu sein, mit Freunden diese Welt zuentdecken und dabei meine Freiheiten auszuleben.

Immer möchte ich mir meine Erinnerungen an wunder-schöne, besondere oder auch schlechte Momente bewah-ren. Zwar liegen sie in der Vergangenheit, aber es istwahnsinnig schön, sich durch irgendeine Schlüsselsi-tuation an eine bestimmte Szene zu erinnern, währenddiese einem sonst vielleicht nie wieder eingefallen wäre.Ich möchte niemals meine Träume aus den Augen verlie-ren, sondern immer mit der Hoffnung und dem Ehrgeiz le-ben, sie irgendwann verwirklichen zu können. Irgendwannmöchte ich auf eigenen Beinen stehen und meinen ei-genen Weg verfolgen, ohne mich dabei zu sehr von ande-ren beeinflussen zu lassen. Ich möchte den Mut haben,mich der Welt so zu zeigen, wie ich bin und meine Gefühle/Gedanken einfach auszuleben, ohne darüber nachzuden-ken, was andere dazu sagen könnten. Ich möchte Proble-men selbstbewußt entgegenblicken, mich ihnen stellenund versuchen, sie sinnvoll zu lösen. Und irgendwannmöchte ich an dem Punkt ankommen, wo ich mich rundum wohl und völlig unabhängig fühle und spüre, daß ichmeine Ziele erreicht habe. Ich möchte einfach leben, mirund anderen das Leben so schön, aufregend, erlebnisreichund spaßig wie möglich gestalten und es in vollen Zügengenießen.

Ich denke mit dem Sinn des Lebens sollte man die Dingein Verbindung setzen, die einem im Leben besonderswichtig sind und welche es für einen persönlich lebens-wert machen. Einfach all die Hoffnungen, Wünsche, Ziele,

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Träume, Pläne und Erwartungen, die man im Leben hat.Und ich hoffe, daß es diese für jeden von uns gibt ...

Dies sind meine ganz persönlichen Gedanken zum Sinndes Lebens, und ich hoffe, daß auch ihr einfach mal dar-über nachdenkt, was das Leben für euch ausmacht!

Thesen, Fragen und Antwortenauf die Shell-Studie „Jugend 2000“

Vorbemerkungen

Viele Erwachsene reden und urteilen über „die Jugend“und wissen dabei scheinbar genau, daß diese Jugendheutzutage schlechter oder besser ist als früher, daß sie„null Bock“ hat, aufsässig, undankbar oder angepaßt ist.„Jugend“ wird reduziert auf schlagzeilenartige Begriffe,gleichzeitig als Hoffnungsträger von Zukunft beschworenund verpflichtet, die ihr zugewiesenen Aufgaben anzupak-ken und zu bewältigen.

Wenn man ernsthaft über „die Jugend von heute“ Aussa-gen machen will, dann muß man sich ein bißchen mehrMühe geben und einzelne Einstellungen und Verhaltens-muster zu bestimmten Dingen und Fragestellungen ge-nauer unter die Lupe nehmen. Vielleicht ist es sinnvoll,Jugendliche selber zu dem zu befragen, was Shell „be-hauptet“. In der Studie ist zusammengetragen, wie die Ju-gendlichen von heute denken, fühlen und handeln. Dassoll auch für uns Anlaß zum Nachdenken sein. Wir werdenJugendliche aus den Jugendweihe-Kursen des Jahrgan-ges 2000/2001 dazu befragen. Mit wenigen Beispielen sol-len Aussagen der Shell-Studie in Thesenform dargestelltwerden. Daraus werden eigene Fragen entwickelt, diedann von Jugendlichen im Rahmen eines Gespräches be-antwortet werden sollen. Die Antworten werden unverän-dert wiedergegeben. Es ist uns wichtig, anzumerken, daßdie getroffene Thesenauswahl in dieser Kürze nicht reprä-sentativ für die Aussagen des doppelbändigen Berichtessein kann.

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Thesen:

1. Thesen zur Einschätzung über die eigene Zukunft

Gut die Hälfte, je nach genauer Fragestellung bis zu Zwei-dritteln aller Jugendlichen blickt „eher zuversichtlich“ indie persönliche Zukunft. Trotz der negativen Meldungenüber die Zukunft ( z. B. drohende Arbeitslosigkeit und Um-weltkatastrophen, Renten etc. ) haben die Jugendlichenmehrheitlich deshalb Vertrauen in die Zukunft, weil siesich für fähig genug halten und bereit sind, die erforderli-chen Leistungen zu bringen.

2. Thesen zu Inhalten und Zielen der Zukunftsplanung

Der Beruf und die Familie sind für die Jugendlichen diewichtigsten der eigenen Lebensziele. Ca. 75 % der heuti-gen Jugendlichen wollen einmal eheähnlich, bzw. 50%wollen in einer lebenslangen Ehe zusammenleben. Die Fa-milie soll später einmal Quelle und Ort für die emotionalenErneuerungen sein. Dabei spielen Tugenden wie Treue,Häuslichkeit, Verläßlichkeit und Vertrauen die entschei-dende Rolle. Hinsichtlich der Berufsorientierung ist die Ju-gend heute in hohem Maße bereit, sich auf einenwiederholten Wandel sowie auf die Anforderungen nachMobilität einzustellen. Für einen Teil der Jugendlichen istder Beruf vornehmlich das Mittel zur Sicherung der mate-riellen Lebenswünsche. Nach Meinung der anderen Ju-gendlichen soll der Beruf Vorstellungen einer „sinnvollenSelbstverwirklichung“ erfüllen.

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3. Thesen zur Einstellung Jugendlicher zur Politik

Das politische Interesse auf Seiten der Jugendlichen sinktweiter. Das gilt für alle verschiedenen Untergruppen derShell-Erhebung. Den Jugendlichen wird zum einen unter-stellt, daß sie sich folgendes unter „Politik“ vorstellen: Par-teien, langweilige Gremienarbeit, Parlamentsarbeit,politisch-administrative Apparate. Damit können Jugend-liche wenig anfangen. Dazu haben sie wenig Vertrauen.Zum anderen empfinden Jugendliche die „ritualisierte Be-triebsamkeit von Politikern“ (das dauernde Beschäftigt-sein) als „für ihre eigene Lebenssituation wenig wichtig“.Die Einstellung von Jugendlichen heute gegenüber demRechtsradikalismus verzeichnet keine ansteigenden Sym-patiewerte, somit gibt es hier auch keine Anzeichen für ei-nen anwachsenden organisierten Rechtsradikalismus. DasVertrauen Jugendlicher gegenüber staatlich-öffentlichenEinrichtungen ist etwas größer geworden. Hingegen istdas Vertrauen zu nicht-staatlichen Organisationen (z.B.wie Greenpeace oder andere Umweltschutzverbände, Ret-tungsorganisationen) deutlich gesunken, u.z. weil Jugend-liche meinen, das Tun dieser Organisationen habe nichtsmit ihrem eigenen gegenwärtigen oder zukünftigem Le-ben zu tun.

4. Thesen zum Bild Jugendlicher über Deutschland

Im Bewußtsein der Jugendlichen ist Deutschland einLand, in dem die soziale Gerechtigkeit besonders ausge-prägt ist. Die Deutschen zeichnen sich ihrer Meinung nachdurch eine gewisse Kälte im Verhalten aus. Die Deutschenseien, so die Meinung der Jugendlichen, fremden Men-schen gegenüber oder allem, was fremd ist, locker undaufgeschlossen. Die große Mehrheit der deutschen Ju-gendlichen (insbesondere in Ostdeutschland) ist der An-sicht, daß zu viele Ausländer in Deutschland leben.Ausländerfeindlichkeit ist unter deutschen Jugendlichenvorhanden, jedoch weniger als oft behauptet wird.

5. Thesen zum Verhältnis Erwachsene / Jugendliche

Die Studie spricht davon, daß die Erwachsenen einen Teilihres Einflusses auf Jugendliche verspielt haben. Nebenängstlicher Besorgtheit der Eltern um die Sicherheit undZukunft ihrer Kinder stehen Unverständnis für Wahrneh-

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mung und Handeln Jugendlicher. Dazu kommt, daß Er-wachsene verunsichernd auf die Jugend wirken, weil sieselber wenig Optimismus im Hinblick auf die eigene Zu-kunftsfähigkeit ausstrahlen. Beziehungen zwischen Elternund Kinder reduzieren sich häufig auf die Formulierungvon Leistungsanforderungen.

Fragen/Antworten, die aus den Thesen entstehen

Es ist interessant die Jugendlichen selber zu fragen, wassie zu einzelnen Thesen zu sagen haben, die aus der Shell-Untersuchung abgeleitet wurden, um damit ein Bild zu er-halten, wie sich Jugendliche selber einschätzen. Der Autorhilft lediglich mit vorgelegten Fragen, die beantwortetwerden sollten:

1. Fragen zur Einschätzung über die eigene Zukunft

Das Ergebnis von Shell muß aufgeschlüsselt werden. Be-stimmt gibt es Jugendliche, die eher zuversichtlich in dieeigene Zukunft sehen. Andere sind da eher pessimistisch.Was meint Ihr, wie sieht die Jugend heute ihre Zukunft ?Mit Vertrauen auf die eigene Leistungsfähigkeit und Lei-stungsbereitschaft wollen (nach Shell) Jugendliche vonheute die eigene Zukunft meistern. Die düsteren Vorhersa-gen sind dabei nicht entscheidend. Das wirft Fragen auf, z.B. Was wird unter „Leistung“ verstanden ? Geht es bei

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„Leistung“ nur um die eigene, die persönliche Zukunftsbe-wältigung ? Was wird mit denen, die am Rande stehen,nicht so leistungsfähig und evtl. auch nicht so leistungsbe-reit sind ?

Antworten Jugendlicher

Viele machen sich über die Zukunft keinerlei Gedanken.Ich denke, daß die Leute, die pessimistisch über ihre Zu-kunft denken, Probleme in der Familie haben. Es könnenauch andere Probleme sein. Auf jeden Fall haben die Pro-bleme. Klar, die Reichen, die können locker an die Zukunftdenken. Wenn Du Probleme in der Schule hast, dann siehtdas mit der Zukunft ganz schön dumm aus. Ich habe kei-nen Bock auf Zukunft. Leistung ist, wenn Du richtig Kohlemachst, wenn Du richtig was wirst. Leistung ist aber auch,wenn man sich nicht unterdrücken läßt, wenn man eineArbeit haben will und kriegt die nicht, und man strengtsich an. Leistung ist auch, was zu erhalten, z. B. das eigeneHaus. In der Familie was auf die Beine bringen. Freund-schaft ist ganz wichtig, das ist auch Leistung. Leute, dieAbi machen, haben bessere Chancen, die können sichauch was zutrauen. Wenn ich an Leistung denke, dannmeine ich nur meine Chancen, was gehen mich die ande-ren an ? Es gibt eine Menge junger Leute, die haben Angstvor der Zukunft. Es kommt drauf an, wo die Leute wohnen,was für eine Schulbildung die haben. Wenn die Leute ausSteilshoop (Stadtteil in Hamburg) kommen und nurHauptschule haben, dann haben die keine Chancen undkeinen Mut auf Zukunft. Ich komme selber aus Steilshoop.Wenn Leute aber in einem schönen Haus wohnen undwollen Karriere machen, das ist dann was anders. DieChancenverteilung ist Fifty/Fifty.

2. Fragen zu Inhalten und Zielen der Zukunftsplanung

Was ist für Euch wichtig neben Beruf und Familie ? Washabt Ihr für Vorstellungen ? Wie steht es Eurer Meinungnach mit der lebenslangen Ehe oder mit der sogenannteneheähnlichen Lebensgemeinschaft ? Gibt`s für Euch auchnoch andere Lebensweisen außer der Ehe oder eheähnli-cher Beziehungen ? Was verbinden heute Jugendliche mitdem Begriff Familie ? Welche Aufgaben sollte die Familieerfüllen ? Wie wird der Beruf der Zukunft aussehen ? Was

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wird sich verändern ? Sind Jugendliche bereit, für den Be-ruf zukünftig mehr Opfer zu bringen, um einen „anständi-gen“ Beruf zu bekommen ? Der Beruf ist eine wichtigeLebensgrundlage. Was daran ist das Wichtigste: z.B. dasEinkommen oder die gesellschaftliche Anerkennung oderdas Ansehen dabei oder die Selbstverwirklichung oderwas noch ?

Antworten Jugendlicher

Neben Beruf und Familie sind Freunde wichtig. Le-bensträume. Ich habe immer davon geträumt, mal nachÄgypten zu reisen. Man kann auch in Wohngemeinschaf-ten leben. Das muß nicht ewig sein. Ohne Trauschein gehtauch. Ganz alleine leben. Homo-Ehen ( löst großes Geläch-ter aus/ Nachfrage: „Ist das unmöglich ? Für Euch kein The-ma ?“ Antwort: „Schweigen“, später, nach einer langenPause: „...ist einfach nur lustig“). Die Familie hat die Auf-gabe, den Kindern Sicherheit zu geben. Sie muß den Kin-dern helfen, wenn sie ihre Zukunft planen und sie sollhelfen, die Zukunft der Kinder zu sichern. In der Familiemuß man Probleme ansprechen können und man muß daHilfe kriegen können. Die Familie ist auch für die Erwach-senen wichtig. Wenn z. B. der Mann arbeitslos ist, dannkann die Familie eine Hilfe sein. Bei uns in der Klasse istdas so, daß viele keinen Bock haben, nach Hause zu ge-hen, weil keiner da ist. Die Eltern arbeiten, die Wohnung

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ist leer. Ich finde gut, wenn ich zu Hause mal alleine binund meine Mutter nicht da ist. Dann kann ich mich verab-reden, rufe Freunde an.

Im Beruf ist das heute schon anders. Es gilt nicht mehr le-benslanges Lernen. Man muß zu Vielem bereit sein, flexi-bel sein. Das ändert sich in Zukunft noch mehr, wird ganzanders. Da kann man auch zu Hause arbeiten, hat seinenPC, das ist nicht schlecht. Man muß in Zukunft ganz schönLeistung bringen. Ob man zu allem bereit ist, damit manden Job nicht verliert, das kommt drauf an. Spaß machensollte es schon. Wichtig ist dabei die Anerkennung. DasEinkommen ist wichtig. Nein, das Einkommen ist nichtsehr wichtig. Ich will nicht den ganzen Tag weg sein, wennich mit anderen zusammen lebe, nicht den ganzen Tagschuften und abends nur noch kaputt sein.

3. Fragen zur Politik-Einstellung Jugendlicher

Wie stehen Deiner Meinung nach heute Jugendliche zumThema Politik ? Was gehört für Jugendliche heutzutagezur Politik, was nicht, weil es z.B. als „privat“ erscheint?Wer oder was ist schuld, daß wir es heute wieder mit demRechtsradikalismus zu tun haben ?

Antworten Jugendlicher

Jugendliche stehen deshalb wenig zu Politik, weil sie nichtwählen dürfen, weil das durch die Eltern nicht vermitteltwird, weil sie andere Interessen haben, z.B. Hobby, Lehre,Schule, Freunde (Junge), Freundin (Mädchen). (Anm. kur-ze Zwischendiskussion über Homo-Freundschaften). Weildas einfach uninteressant ist. Es gibt aber auch ein paar,die sind voll drauf, die wissen Bescheid, die gehen be-stimmt mal in die Politk. Zur Politik gehört, aktives Wahl-recht wahrnehmen, oder sich wählen lassen, einepolitische Meinung haben und die auch vertreten. Poli-tisch ist z.B. eine Wohngruppe einrichten, obwohl die Leu-te ja privat da wohnen, weil dafür ja Geld vom Staatreinfließt. Privat ist Freizeit, Hobbies oder was ich zu Hau-se mache. Kindergarten ist z.B. privat, weil Du ja Dein Kindhinschickst, ist aber auch politisch, weil das ja bezahlt wer-den muß, vom Staat. Daß wieder Rechtsradikalismus vor-kommt, das kommt daher, daß diejenigen keineZukunftsaussichten haben, daß sie Sündenböcke brau-

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chen, denen sie die Schuld geben, daß es ihnen nicht sogut geht, daß die Eltern kein demokratisches Bild vermit-teln, daß sie im Denken und Tun durch Freunde verführtwerden. Es gibt noch Einige, die noch an Hitler glauben.

4. Fragen zum Bild, das Jugendliche von Deutschland haben

Gibt es gute Gründe, auf „unser Deutschland“ stolz zusein? Welche Einstellung habt Ihr ? Welche Einstellungenhaben die meisten anderen Jugendlichen zu „ihrem“Deutschland? Wie könnte man Eurer Meinung nach „denDeutschen“ beschreiben, so z.B. sein äußeres Erschei-nungsbild, seine Einstellungen und Verhaltensweisen, sei-ne Einstellung gegenüber Fremden und Fremdem, welcheGemütsverfassung herrscht bei ihm vor, oder was nochkennzeichnet „den Deutschen“?

Antworten Jugendlicher

Die Jugendlichen heute haben ein gutes Deutschlandbild,denn sie haben es geschafft, den Nationalsozialismus zuüberwinden. Es hat sich wirklich gebessert. Heutzutagewäre das wirklich strafbar. Es ist heute strafbar, wenn mansich nationalsozialistisch verhält, wenn man Abzeichenvon denen trägt oder Plakate an die Wand klebt, das istgut. Das einzige, warum man nicht auf Deutschland stolzsein kann, es gibt noch wenig Neonazis. Man kann stolzsein, weil wir eine gute Wirtschaft haben. Wir haben mehrgeleistet als z. B. die Leute in Rußland oder Polen.Deutschland hat fast die stärkste Wirtschaft der Welt, istdoch gut, oder? Großstädte wie Hamburg zum Beispielsind irgendwie „perfekt“.

Der Deutsche geht sehr vorsichtig mit seiner Geschichteum. Die Deutschen sind ziemlich aufgeschlossen gegen-über Fremden. Die Älteren aber weniger, die sind eherkonservativ.. Die haben früher nicht gelernt, mit fremdenMenschen umzugehen. Das war in ihrer Zeit auch gar nichtso möglich. Heute fahren schon junge Menschen ins Aus-land und lernen andere Sitten und andere Menschen ken-nen. Das macht sie aufgeschlossen. Deutsche sindziemlich höflich. Es sind sehr wenige von ihnen ausländer-feindlich. Ich bin noch nie jemandem begegnet, der wirk-lich ausländerfeindlich war. Meine Eltern z. B. haben michimmer auch mit ausländischen Kindern spielen lassen, da-

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durch habe ich keine Angst vor denen. Wir wachsen mitAusländern auf. Von unseren Freunden sind ¾ Ausländer.Die gehören zum Deutschlandbild dazu. Man lernt wasNeues kennen und muß deshalb keine Angst mehr davorhaben. Das war bei der alten Generation ganz anders. Diehatten Angst und sind deshalb auch oft aggressiv zu Frem-den, obwohl sie gar nichts von denen kennen.

5. Fragen zum Verhältnis Erwachsene/Jugendliche:

Ist es Eurer Meinung nach so, daß Erwachsene Chancenvertan haben, auf Jugendliche positiv einzuwirken ? Wenndas so ist, woran könnte das liegen und was müßten Er-wachsene tun, daß sich das wieder ändert ?

Antworten Jugendlicher

Es ist normal, daß Erwachsene und Jugendliche andereErlebnisse haben. Daraus entstehen auch unterschiedlicheVerhaltensweisen. Das paßt dann oft nicht zusammen. Dieeinen gehen noch zur Schule, die anderen haben den Be-ruf. Es ist aber trotzdem auch möglich, daß ErwachseneVerständnis für Jugendliche haben, z. B. in der Schule. Esgab da eine Grundschullehrerin, die war richtig nett undsympathisch. Die hat nicht gleich den Stoff drangenom-men, die hat auch mit uns ganz persönliche Dinge bespro-chen, hat uns immer gefragt, ob wir das verstehen. Allehatten Vertrauen zu ihr. Da hat die Schule Spaß gemacht.Sie hat mit uns gebastelt, ein Lied gesungen. Die Lehrermüßten sich wirklich für die Schüler als Menschen interes-sieren. Die Eltern müßten mit den eigenen Kindern reden,sie müßten sich Zeit für die Kinder nehmen. Die Erwachse-nen haben nie Zeit. Stimmt nicht. Die Lehrerin ist doch einanderes Beispiel.

Eine notwendige Anmerkung zum Schluß:

Es ist nicht leicht gewesen, die Jugendlichen zu Aussagenund persönlichen Einschätzungen zu bewegen. Zum einenerschienen trotz mehrmaliger Anpassung die Fragen zukompliziert und global. Es stellte sich heraus, daß Teilant-worten über den erlebbaren Freundeskreis in Schule undFreizeit möglich waren, sobald aber über Verhaltensmu-ster anderer, fremder, nur abstrakt erfaßbarer Jugendli-cher reflektiert werden sollte, taten sich die befragten

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Jugendlichen schwer mit ihren Einschätzungen. Diese Er-fahrung führte dazu, daß die eigene Meinung zum eigenenUmfeld Jugendlicher als Antwort akzeptiert wurde. Die be-grenzten technischen Möglichkeiten der Befraguung tatenein Übriges. Dennoch erscheint die zusammengefaßteWiedergabe der Antworten ausreichend interessant fürdie Veröffentlichung im FREIEN BLICK und macht nach-denklich obendrein. Die Antworten werden möglichstwortgetreu wiedergegeben. Weiteres „Ordnen“ desGesprächs müßte als falsches Bild des Ergebnisses er-scheinen. Der Autor weiß, daß dem Leser Verständnisbe-reitschaft abgefordert wird. Gesprächspartner imInterview, das in Gruppen vorbereitet und dann plenar dis-kutiert wurde, waren: Malike Gümrükcü, Dominik Heidorn,Philine Malt, Berenice Möller, Simon Stange und Dirk Küh-nemund. Die Moderation hatte Dr. Albert Hecke.

Stoßseufzer von H. Kahlau

Ihr habt es doch besser gewusst.Warum habt ihr unssoviel von dem hinterlassen,das eure Arbeit war?Unser Lebenwird nicht längerals das eure sein.Unsere Zweifelsind kaum kleinerals die euren,unser Wegwird nicht grader sein.Doch unsere Pflichtensind reichlicher bemessen:Eure Bürdemit dem Geruch von gesternkommt noch hinzu.Warum, Väter,habt ihr so endlos gestrittenund so wenig getan?

(Mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlages, Berlin)

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(Mit freundlicher Genehmigung von E. Rauschenbach, Berlin)

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An meinen 18-jährigen Sohn von Eva Strittmatter

Du glaubst gar nicht, wie traurig ich bin,Mein Sohn, wenn ich dich sehe.Und schon nehm ich als endgültig hin,Dass ich dich nicht verstehe.Und helfen kann ich dir auch nicht,Und helfen kann dir keiner.Und einmal liebte ich dein Gesicht,Und einmal warst du mein Kleiner,Mein Junge, Land UnbekanntUnd sicherste Utopie.Und damals war ich es, die dich erfandUnd bestimmte das Was und WieFür dich über all diese Zeit.Und ich glaubte, ich könnte dich schützenVor Lebenslüge und LebensleidUnd könnte dir lebenslang nützen.Nun habe ich dich aus der Sorge entlassen,Und du gehst erleichtert fortUnd verstehst doch nicht, dich der Welt einzupassenUnd flüchtest von Ort zu Ort.Du rauchst Zigaretten und bildest dir ein,Dadurch erwachsen zu scheinen,

Und in Wirklichkeit bist du noch schrecklich klein,Und ich möchte sehr um dich weinen.Theoretisch weiß ich: Das Leben ist gut.Und die Guten gehn nicht verloren.

Doch bei dir fehlt mir zum Gleichmut der Mut:Ich habe dich einmal geboren.Doch diese eine Geburt reicht nichtFür immer und alle Zeiten.Auch du verfällst der irdischen Pflicht,Gegen dich und für dich zu streiten.

(Mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlages, Berlin)

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(Mit freundlicher Genehmigung von F. Wössner, Berlin)

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Interview mit InnensenatorHartmuth Wrocklage und Herrn Wagner

(Das folgende Interview wurde im Rahmen des Projektes„Schüler machen Zeitung“ für das Hamburger Abendblattangefertigt und dort in Auszügen veröffentlicht.)

Herr Wagner, Innensenator Wrocklage, Daniel Stief und Samir El Falaky(v.l.n.r)

Wie wir mehrmals in der Presse gelesen haben, gab es in

der Innenbehörde auch Einsparmaßnahmen. Wird es wei-

tere Sparmaßnahmen geben?

Senator Wrocklage: Es wird noch im nächsten Jahr weite-re Stelleneinsparungen geben, aber ab dem Jahr 2002nicht mehr. Nun kann man sich ja fragen, wieso spart ihreigentlich bei der Polizei ein, wenn wir Probleme mit derinneren Sicherheit haben. Und da gibt es eine ganz einfa-che Antwort, man kann die Probleme der Sicherheit nichtnur mit der Polizei lösen, sondern man muss einen Res-sort übergreifenden Ansatz haben, sprich, man brauchtLehrer, Jugendpfleger, Sozialarbeiter, Drogenbetreu-ungseinrichtungen, Präventionsmaßnahmen, um mit denProblemen der inneren Sicherheit fertig zu werden.

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Deswegen ist es eine unzulässige Verkürzung, wenn manglaubt, man könnte die Probleme der inneren Sicherheitnur über Polizeimaßnahmen in den Griff bekommen. Dasgeht nicht, und wer sich das vormacht, der lebt in einer fal-schen Welt.

Ist es sicher, dass im Jahr 2002 die Sparmaßnahmen auf-

hören?

Senator Wrocklage: Wie gesagt: Im Jahr 2002 wird es kei-ne Stelleneinsparungen geben.

Wird es noch weitere Organisationsverbote geben, wie es

beim Hamburger Sturm der Fall war?

Senator Wrocklage: Wir prüfen natürlich ständig, ob esOrganisationen gibt, die verboten werden müssen. Soherum stellt man ja die Frage. Und ihr wißt ja, wir habenim Jahre 1995 die Nationale Liste verboten, in diesem Jahrden Hamburger Sturm. Und es gibt natürlich weitere Or-ganisationen, bei denen man prüfen muss, ob ein Verbotin Frage kommt. Bloß darüber redet man nicht öffentlich,das tut man.

Denken Sie, dass durch das Verbot der NPD das Problem

mit dem Rechtsextremismus in Hamburg gelöst ist?

Senator Wrocklage: Also, ich muss sagen, wenn es nurnach Hamburg und nach den Verhältnissen in Hamburggegangen wäre, wären wir hier nicht darauf gekommen,ein NPD-Verbot zu beantragen, weil in hier die NPD nureine Altherrenpartei ist. Aber so eine Frage bei einer bun-desweit wirkenden Partei wie der NPD beantwortet sich

natürlich nicht nuraus den Verhältnis-sen, die wir inHamburg haben,sondern da geht esum eine Lageein-schätzung für dieganze Bundesrepu-blik. Und vor diesemHintergrund ist die-ser Antrag gestelltworden.

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Nun muss man allerdings sagen, dass ist nur eine Maßnah-me in einem ganzen Paket, mit dem wir gegen den Rechts-extremismus antreten. Man soll nicht die Illusion haben,dass man ein solches Problem durch ein Parteiverbot alleinlösen kann. Wir wissen ja, dass viele rechtsextremistischeGedankengänge beispielsweise von Skin-Groups vertretenwerden, die von dem NPD-Verbot gar nicht erfasst sind.Deswegen ist es erforderlich aufzuklären. Das tut der Ver-fassungsschutz sehr nachhaltig; auch an Schulen.

Es ist erforderlich, Gegenmaßnahmen zu treffen, wie z. B.Informationsangebote über das Internet. Dort haben wireine Anti-Hate-Site eingerichtet. Es ist erforderlich, weite-re Maßnahmen zu treffen, wie z. B. Präventionsmaßnah-men. Und ich stimme sehr mit dem Bundesinnenministerüberein, der sagt, wir brauchen Aussteigerprogramme. Esgeht aber natürlich auch darum, ganz konkret zu werden.Also Gewalttätigkeiten von Rechtsextremisten festzustel-len und dann gegen die Täter vorzugehen. Deswegen isteine der Maßnahmen, die die Innenministerkonferenz be-schlossen hat, die Einrichtung einer Datei „GewalttäterRechts“, in der alle Gewalttäter erfasst werden, so dasswir schneller einen besseren Überblick über mögliche Ge-fahren haben. Und so gibt es eine Vielzahl weiterer Maß-nahmen, die es alle zusammen ermöglichen, dass wir demRechtsextremismus begegnen. Aber ich bin persönlichwirklich auch davon überzeugt: Wir werden mit demRechtsextremismus fertig, und zwar auf dem Boden unse-rer Verfassung.

Können Sie uns die Adresse für die Anti-Hate-Site geben?

Senator Wrocklage: Diese Site wurde von Bundesländerneingerichtet:www.verfassungsschutzgegenrechtsextremismus.de

Übrigens muss ich einmal sagen, dass ist eine Anregung,die ich von einer großen Jugendorganisation einer dergroßen Volksparteien aufgenommen habe. Also, das wa-ren Jugendliche, die nicht viel älter gewesen sind als ihr,die diese Anregung gegeben haben. Und wir haben dasdann richtig umgesetzt. Hier kann man mal sehen, wieman auch wirklich direkt mit guten Ideen auf Politik Ein-fluss nehmen kann.

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Was kann die Bevölkerung gegen Rechtsextremismus tun

und was tun Sie, um die Bevölkerung zu informieren?

Senator Wrockla-

ge: Die Bevölke-rung kann jedeMenge tun. Ichglaube sowieso,dass der Kampf ge-gen Rechtsextre-mismus in ersterLinie gar nicht eineAufgabe des Staa-tes ist, sonderneine der Menschen,die von einer solchen politischen Bewegung bedroht sind.Das ist eine Aufgabe der großen gesellschaftlichen Kräfte,Gewerkschaften, Kirchen, Humanisten, z.B., aber letztlichauch für jeden einzelnen. Dazu gehört Zivilcourage und diemuss man sich wirklich anerziehen. Niemand muß sichdeshalb aber in Gefahr bringen, man kann z.B. die Polizeirufen, man kann sich als Zeuge zur Verfügung stellen,wenn man z.B. beobachtet wie ein Ausländer angemachtwird. Man kann einem Opfer z.B. durch Ansprache helfen,man kann innerhalb eines Klassenverbandes dazu beitra-gen, dass eine Gesprächsatmosphäre entsteht, so dassGewalttätigkeiten vermieden werden. Und wenn manüberhaupt erst mal so weit ist, dass man eine Gesprächs-kultur entwickelt hat und sich wie ein Demokrat in derSchule verhält, dann ist schon jede Menge erreicht, umrechtsextremistische Gedanken im Ansatz zu verhindern.

Wie denken Sie denn über diese Aktion, bei der Schüler zu

Schlichtern ausgebildet werden, um Streitigkeiten auf

dem Schulhof schlichten. Meinen Sie das ist ein guter

Weg, um auch die Bevölkerung dazu anzuregen, solche

öffentlichen Streitigkeiten zu regeln?

Senator Wrocklage: Ich finde diesen Gedanken ganz her-vorragend. Ich denke, dass man sehr viele Probleme lösenkann, indem man die Entscheidung auf die Ebene vor Ortbringt, und dass man dadurch, dass man Verantwortungnach unten bringt, Probleme sehr viel besser lösen kann.Leute nämlich, die sich dann streiten, lernen, wie man eine

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Konfliktsituation umgehen kann. Man kann also mitGleichaltrigen oder ein bißchen älteren Schulkameradendie Probleme lösen.

Wie stark ist das Problem des Rechtsradikalismus in Ham-

burg im Gegensatz zu den anderen Bundesländern?

Senator Wrocklage: Wir haben in Hamburg rund 1000Rechtsextremisten. Damit sind alle gemeint, auch dierechtsextremistischen Parteien, Skins und Neonazis. Undunter diesen 1000 gibt es 200 gewaltbereite Rechtsextre-misten und dazu noch weitere 100 Gewaltbereite aus demUmland, wobei man wissen muss, dass diese Gruppierun-gen sehr eng zusammen arbeiten. Wir haben gleichwohlfestzustellen, dass Hamburg wirklich keine Hochburgrechter Gewalt ist. Es gibt Zahlen, die das zeigen. Wir ha-ben z. B. 1994 einundfünfzig Gewalttaten gehabt und imJahr 1999 dreiundzwanzig. Wir werden allerdings in die-sem Jahr wieder ein Ansteigen rechtsextremistischer Ge-walttaten haben. Aber das Ganze muss man in einerlängeren Perspektive sehen. Und insofern ist es ganzfalsch zu sagen, dass Hamburg eine Hochburg rechtsex-tremistischer Gewalt ist. Dennoch, wir haben aber Ge-walttaten, und jede einzelne ist eine zuviel.

Wie wir gelernt haben,muss solchen Täternrecht frühzeitig eineGrenze gesetzt werden,damit sie wissen, wo dieToleranz, die wir alle be-reit sind zu üben, auf-hört. Und da gibt es ja imBereich der Jugendge-richtpflege eine Menge

an Abstufungen. Wir fangen z. B. damit an, dass die Polizeimit dem Täter redet und ihn nachher nachhaltig daraufaufmerksam macht, was er sich leisten kann, und was ersich nicht leisten kann, wo er Grenzen zu beachten hat.Und wenn das dann nicht hilft, dann greift das Jugendge-richtsgesetz.

Nur man darf eines nicht tun, das muss ich auch ganzdeutlich sagen, man darf sich nicht wegducken, man darf

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nicht wegsehen, man darf nicht so tun, als ob überhauptnichts passiert wäre und einfach so weiter machen.

Denken Sie, dass der Anstieg an Gewalt auch mit dem An-

stieg an Rechtsradikalismus etwas zu tun hat?

Senator Wrocklage: Wir haben leider einen generellen An-stieg von Gewalt, also insbesondere von Raubdelikten ge-rade im Jugendbereich, besonders auch von Schülern anSchülern begangen. Davon ist wieder ein Teil rechtsextre-mistisch motiviert, aber in erster Linie geht es um Abzieh-delikte, um Raubdelikte. Deshalb machen wir ja auch diePräventionsaktion „Handy“, die ihr vielleicht kennt, inso-fern gibt es da nur einen losen Zusammenhang. Aber manmuss eben sehen, es gibt für Gewalt Ursachen. Und dasführt mich wieder zurück zu eurer Eingangsfrage, wir müs-sen eben sehr klar nicht nur gegen die Erscheinungsfor-men, sondern auch gegen die Ursachen von Kriminalitätangehen. Und deswegen ist es so wichtig, dass wir ein gu-tes kommunales Angebot machen, z.B., mit Häusern derJugend, wo Jugendpfleger arbeiten, eben über Straßen-sozialarbeiten, oder über eine gute Schule mit Lehrern, diesich für ihre Schüler engagieren und mit ihnen eben eineMenge aufstellen, wie euer Schulleiter das in eurer Schulemacht.

In welcher Altersgruppe sind die meisten rechtsextrem

eingestellt?

Senator Wrocklage: Es gibt es zwei Extreme. Natürlichgibt es diejenigen, die aus der Vergangenheit nichts ge-lernt haben, obwohl sie teilweise den Zusammenbruchder Nazidiktatur miterlebt haben, von denen man eigent-lich denken sollte, sie hätten ein für alle mal ihre Lehre dar-aus gezogen. Aber so ist es eben nicht. Manche meinen,sie müssten alten Ideen treu bleiben und diese alten Theo-rien dann jetzt in neuer Form realisieren. Das sind sozusa-gen die alten Herren, von denen ich auch gesprochenhabe.

Aber dann gibt es eben auch in Ostdeutschland sehr vielejunge Menschen. Wenn man mal nach Ostdeutschland nä-her guckt, dann kann man das in einem gewissen Umfangverstehen, weil dort die kommunistische Heilslehre unter-gegangen ist, und die Menschen, die jetzt perspektivlos in

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ostdeutschen Städten leben, auch zum Teil unter dem Vor-zeichen erheblicher Arbeitslosigkeit, sich irgendeine Hoff-nung erträumen und dann in Gefahr sind, dem Erstbestennachzulaufen, der ihnen Patentrezepte verspricht undüberhaupt Versprechungen macht, die niemand einhaltenkann. Das ist ja sowieso auch immer Kennzeichen faschi-stischer Bewegungen gewesen, dass sie ganz großeVersprechungen gemacht haben, dass sie große Zukunfts-erwartungen geweckt haben, und die Leute damitgeködert haben. So kommen rechtsextremistische Zusam-menhänge zustande. Ich spreche hier beispielhaft vonOstdeutschland, aber wir haben leider auch in West-deutschland Rechtsextremisten, wie ihr ja wisst.

Ist Hamburg eher betroffen von den älteren, konservativ

eingestellten Rechtsextremisten?

Herr Wagner: Wir habenin unserem Verfas-sungsschutzbericht einekleine Tabelle gemachtüber die Altersstrukturder Rechtsextremisten,6% bis 17 Jahren, danndie größte Gruppe 37%18 - 20 Jahre, also vieleunter 30. Bei den Partei-

en ist es so, wie der Senator gesagt hat, genauso, dass dieAltersstruktur wesentlich höher ist. Man muss genau un-terscheiden, von wem man spricht. Man kann nicht sagen,„wie es ist bei Rechtsextremisten“. Bei den Parteien, wieich in Hamburg feststellen kann, ist die Mehrzahl fast über-wiegend 45 und älter, also steinalt aus eurer Sicht und dieMitglieder bei den Neonazis und Skins sind deutlich jün-ger. Und bei der NPD ist es eben in Hamburg auch so wiebei den anderen Parteien. Im Bundesdurchschnitt ist esanders. Da ist die NPD eine sehr junge Partei geworden.

Von wem geht die größere Gefahr aus, von gewaltberei-

ten Jugendlichen, die ja nicht organisiert sind oder eher

der NPD, die ja nicht unbedingt Gewalt anwendet, aber

stark organisiert ist?

Herr Wagner: Das kommt darauf an, wovon man redet.Kriminelles, Gewalttaten gehen sicher nicht von Republi-

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kanern oder DVU-Anhängern aus. Dass die Straftaten be-gehen, ist wahrscheinlich eher selten. Aber wenn man voneiner politischen Gefahr ausgeht, sind diese Organisatio-nen wahrscheinlich viel gefährlicher, wenn man sich an-guckt, dass nach einer letzten Umfrage in Hamburg 14 %der Jungwähler eine rechtsextremistische Partei gewählthaben. Dann ist, denke ich mal, die politische Gefahr indem Bereich viel größer als bei den Skins, die ja zahlenmä-ßig keine Rolle spielen.

Was können wir als Schüler und Schülerinnen tun, um

Rechtsradikalismus zu bekämpfen?

Senator Wrocklage: Also im Grunde genommen fängt dieArbeit gegen Rechtsextremismus zu Hause an und in denKlassen. Wenn man in der Schule Demokratie lernt undweiß, Bildung bedeutet, auf Argumente anderer zu hörenund sich richtig einzuschätzen, seine Meinung durchzuset-zen und auch seine Meinung zu ändern, weil das andereArgument einfach besser ist, dann hat man schon mal einewichtige Grundregel gelernt, die einen davor schützt, sel-ber in den Sog von rechtsextremistischen Gedankengän-gen zu kommen. Damit fängt es an. Aber, wenn man mitRechtsextremisten zu tun hat, dann muss man eben auchversuchen, auf der Ebene der Schulen mit solchen Mit-schülern ins Gespräch zu kommen, sie wieder zurückzuho-len, um sie von einer extremistischen Position, die ja auchimmer intolerant ist, vom eigenen Verständnis her wiederzurückzuholen und wieder einzubinden in die Gemein-schaft. Wenn es Gewalttätigkeiten gibt, dann muss man soreagieren wie jeder einzelne reagieren kann. Wenn einersich wirklich wehren kann, weil er so stark ist, wird er daswahrscheinlich tun. Wenn er das aber nicht kann, dannmuss er Hilfe suchen, bei Mitschülern, bei seinem Lehrer,letztlich bei der Polizei. Wir verlangen von niemandem,dass er sich selbst in Gefahr begibt oder sich einem unkal-kulierbaren Risiko aussetzt, sondern da bitten wir ihn, sichan die Polizei zu wenden, sich als Zeuge zur Verfügung zustellen und dem Opfer zu helfen. Und es gibt natürlich jedeMenge Möglichkeiten, auch in der Schule, kleine Demon-strationen zu machen, sich zu organisieren, im Rahmender Klasse oder im Rahmen der Schule bestimmte Kund-gebungen zu organisieren, im Bereich der Schülerselbst-verwaltung etc..

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Wer da mitwirkt, dertut schon eine Men-ge, weil er nämlichnach außen zeigt, ichbin für eine demo-kratische Verfassungund gegen denRechtsextremismus.

Dann könntet ihr,wenn es euch wirk-lich interessiert, dieInternet-Site einfach mal abrufen im Internet und dannseht ihr einen Handlungskatalog, den die Verfassungs-schützer den Bürgern vorschlagen. Das wäre ja auch maleine Anregung, wenn ihr das aufnehmen würdet und eu-ren Mitschülern deutlich machen würdet, dass es ein sol-ches Angebot gibt. Übrigens gilt es nicht etwa nur fürSchüler, sondern das gilt natürlich auch für Erwachsene.

Ich will euch mal ein Beispiel nennen: Wenn z. B. in derS- Bahn oder in der U-Bahn ein Fahrgast von einemRechtsextremisten angemacht wird, dann gibt es vieleStrategien mit einer solchen Situation fertig zu werden. Z.B., dass man mit dem Opfer spricht und damit die Situati-on verändert, ohne dass man sich in eine Schlägerei ein-mischt. Das ist für den, der da gewalttätig ist, plötzlicheine ganz andere Situation und das verunsichert ihn. Oderman fordert jemand anders auf, „Sie holen jetzt die Poli-zei“. Sofort ändert sich für den Täter die ganze Situationund allein damit kann man, wenn man Glück, hat ein Fort-führen von Belästigung oder von Gewalttaten im Ansatzverhindern. Und worum ich euch ganz besonders bitte ist,dass ihr das in eurer Schule aufnehmt.

Wir danken Herrn Senator Wrocklage und auch HerrnWagner für dass Interview und die viele Zeit die sie sich füruns genommen haben.

Samir El FalakyDaniel Stief, 9a

Gymnasium Farmsen

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