Wie gefährlich ist Huawei? - HOME - Advantest · 2019. 4. 16. · HANDELSBLATT Quelle: Great Place...
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Wie gefährlich ist Huawei?
G 02531 NR. 53 WOCHENENDE 15./16./17. MÄRZ 2019 PREIS 3,60 €
DEUTSCHLANDS WIRTSCHAFTS- UND FINANZZEITUNG
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Spezial Great Place to WorkWOCHENENDE 15./16./17. MÄRZ 2019, NR. 53
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Andreas Schulte Köln
Für Mitarbeiter, die nicht täglich ins Bü-ro kommen wollen, schnürt Cisco Sys-tems Deutschland ein sehr nützliches Paket. Wer ein Homeoffice einrichten will, erhält vom Netzwerkausrüster ne-
ben Technik und Support auch einen ergonomi-schen Schreibtisch frei Haus. Wie oft sie den hei-mischen Arbeitsplatz nutzen, entscheiden die Be-schäftigten dann ganz allein. Teambesprechungen finden grundsätzlich nicht am Konferenztisch, sondern per Video statt. Mit einem Smartphone ist es möglich, sich auch von unterwegs einzuklinken.
In der Belegschaft ist die freie Wahl des Tätig-keitsorts beliebt. „Das ortsunabhängige Arbeiten kommt sehr gut an“, sagt Anke Schütze aus dem Personalmanagement von Cisco. Dabei spekuliert das Unternehmen auch auf eigene Vorteile: „Örtli-che und zeitliche Flexibilität erhöhen das Engage-ment unserer Belegschaft“, ist Schütze überzeugt. Ein attraktives Arbeitsumfeld soll helfen, im Wett-bewerb um die besten Köpfe zu punkten. Dass sich das Vertrauen auszahlt, das Cisco gegenüber Mitar-beitern zeigt, beweist Platz eins beim diesjährigen Wettbewerb „Deutschlands Beste Arbeitgeber“ in der Größenklasse der Unternehmen mit 501 bis 2 000 Mitarbeitern.
Detailliert haben die Experten des Forschungs- und Beratungsinstituts Great Place to Work in Ko-operation mit dem Handelsblatt knapp 700 Teil-nehmer auf ihre Qualitäten als Arbeitgeber hin ab-geklopft. Die Grundlage der Analyse sind anonyme Mitarbeiterbefragungen und Management-Audits zur Unternehmenskultur. Die Gewinner wurden gestern in Berlin ausgezeichnet.
Blick auf persönliche Bedürfnisse Angesichts des verschärften Fachkräftemangels hat der Einsatz der Unternehmen für ihre Beschäf-tigten noch einmal an Bedeutung gewonnen, sagt Frank Hauser, Geschäftsführer bei Great Place to Work in Köln. „Es ist wichtiger denn je, Mitarbeiter an das eigene Unternehmen zu binden.“ Und er ist überzeugt, dass sich die Lage auf dem Arbeits-markt in den kommenden Jahren weiter verschär-fen wird. Laut Hauser punkten vor allem jene Un-ternehmen bei Mitarbeitern, die persönliche Be-dürfnisse stark berücksichtigen – wie Cisco es mit flexiblen Regeln für Zeiten und Orte tut. „Das Ge-samtpaket soll stimmen“, so Hauser.
Auf starre Vorgaben beim Dienstplan verzichtet seit dem vergangenen Jahr die Fuldaer Super-marktkette Tegut. Die Mitarbeiter in den 270 Filia-
len wissen nun drei Wochen im Voraus, zu wel-chen Zeiten sie eingesetzt werden – und können ihre Freizeit besser planen. Zuvor hatten sie nur ei-ne Woche Zeit, sich darauf einzustellen. Dies ist in-nerhalb der Personalarbeit nur ein Baustein, der Tegut eine Top-drei-Platzierung in der Kategorie 2 001 bis 5 000 Mitarbeiter beschert hat.
Mit Mitarbeiterevents will Tegut den Zusammen-halt steigern. So schnüren die Beschäftigten in der Zentrale jedes Jahr in der Weihnachtszeit ein Paket für mehrere Tausend Kollegen in den Märkten. Denn die Tage vor dem Fest sind dort oft stressig.
Investition in das Wir-Gefühl
Ein gutes Betriebsklima wird in Zeiten des Fachkräftemangels immer wichtiger. Der Wettbewerb „Deutschlands Beste Arbeitgeber“ zeichnet erfolgreiche Konzepte für die Mitarbeiterzufriedenheit aus.
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Gedankentanken
Spirit Link
Orderbase Consulting
Cintellic
G-Tec Ingenieure
Oraylis Business Intelligence
BUCS IT
Consus Clinicmanagement
Sitegeist Media Solutions
Hoffrogge
Adex Partners
Exxcellent Solutions Cons. & Softw.
Bankwitz Beraten Planen Bauen
Fortis IT-Services
Neumüller Ingenieurbüro
Vema - Versicherungs-Makler-Gen.
Inway Systems
GKK Partners
Events, Seminare, Online-Kurse
Werbung und Marketing
IT-Beratung und Services
Unternehmensberatungen
Energieplanung und Gebäudetechnik
IT-Beratung und Services
IT-Beratung und Services
Unternehmensberatungen
Digitalagentur
IT-Beratung und Services
Unternehmensberatungen
IT-Beratung und Services
Bau
IT-Beratung und Services
Personaldienstleistungen
Versicherungen
IT-Beratung und Services
Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung
Die Top 100 von 680 teilnehmenden Unternehmen differenziert nach Zahl der Mitarbeiter
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Assure Consulting
Workday
Quinscape
Wasserle
De’ignis-Fachklinik
Paypal Germany
Baramundi Software
Windhoff Software Services
Salt and Pepper Software
Guidecom
Commerz Business Consulting
Congstar
IT Gain
ASB Ambulante Pflege
Cadence
CPC Unternehmensmanagement
St. Elisabeth-Krankenhaus1
Hiscox
Unternehmensberatungen
IT-Beratung und Services
IT-Dienstleistungen
Gebäudereinigung
Psychiatrische u. psychosomatische Klinik
Finanzdienstleistungen
IT-Beratung und Services
IT-Beratung und Services
IT-Beratung und Services
IT-Beratung und Services
Unternehmensberatungen
Telekommunikation
IT-Beratung und Services
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Softwareentwicklung
Unternehmensberatungen
Lengenfeld unterm Stein - Fachkliniken
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Pascoe Naturmedizin
Cofinpro
Streit Service & Solution
QAware
Maschinenringe Deutschland
Hahn Air
Indeed Deutschland
Noventum Consulting
Micromata
Jobtour
IT-Economics
Shopware
Blomberg Klinik
Doubleslash
Pharma
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Handel
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Landwirtschaft / Einkaufsgemeinschaft
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Kyocera Document Solutions Dtld.
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MaibornWolff
St. Gereon Seniorendienste
Jambit
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Schön Klinik Berchtesgadener Land
Zühlke Engineering
Diva-e Digital Value Excellence
Pentasys
Peter Simmel Handels GmbH
Curacon Wirtschaftsprüfungsgesell.
Compass private Pflegeberatung
Goetzpartners
Campana & Schott
Brücke Rendsburg-Eckernförde e.V.2
Hanseatic Bank
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Deutschlands Beste Arbeitgeber 2019
Viele Geschäfts -
modelle wandeln sich.
Damit ändert sich die
Unternehmens -kultur.
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Besprechung: Mitarbeiter
wünschen sich Flexibilität.
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An einem Samstagvormittag wird im Logistikzen-trum von Tegut kommissioniert und verschickt – auch die Geschäftsführung packt mit an.
„Wir verstehen die Aktion als Zeichen der Solidari-tät mit den Kollegen, die in dieser Zeit besonders viel leisten müssen“, sagt Karl-Heinz Brand, Leiter Perso-nelles und Mitglied der Geschäftsleitung bei Tegut. Das Unternehmen bezahlt zudem nach Tarif, was in der Branche laut Gewerkschaft Verdi nur noch bei rund einem Drittel der Unternehmen der Fall ist. Das Gesamtpaket stärkt offenbar die Bindung der Beschäftigten: „Die Fluktuation ist bei uns geringer
als im Einzelhandel üblich“, berichtet Brand. Beson-dere Anforderungen an die Personalexperten stellt laut Experte Hauser derzeit auch die Digitalisie-rung. „Viele Geschäftsmodelle sind im Wandel be-griffen“, sagt er. „Damit ändert sich auch die Un-ternehmenskultur. Das kann Mitarbeiter verunsi-chern.“ Umso wichtiger ist es, die Gemeinschaft zu stärken.
Ein Koffer als KulturträgerDas hat auch die Techniker Krankenkasse (TK) er-kannt, die bei Unternehmen mit mehr als 5 000 Beschäftigten Platz zwei belegt. Flexible Arbeitszei-ten und eine gute Work-Life-Balance sind laut Ka-ren Walkenhorst, Vorstandsmitglied und Personal-verantwortliche der TK, „nur die Basics“ für ein gutes Betriebsklima. Ebenso entscheidend sei der respektvolle Umgang untereinander. „Unterneh-menskultur müssen Mitarbeiter leben“, erläutert Walkenhorst. „Sie lässt sich nicht von oben verord-nen.“ Impulse dazu lassen sich allerdings sehr wohl setzen – und das auch mit einfachen Mitteln.
Ein Jahr lang haben sich Dienststellen der Tech-niker Krankenkasse innerhalb des gesamten Bun-desgebiets im Wochentakt einen Koffer zugesandt, den die Zentrale in Hamburg auf die Reise ge-schickt hatte. Die Mitarbeiter vor Ort waren aufge-fordert, Gegenstände hineinzupacken, die für den Kulturwandel stehen. Viele Fotos sammelten sich darin – etwa Aufnahmen von Teamevents.
Nach gut 52 Wochen erreichte der Koffer im ver-gangenen Jahr sein Ziel: das Bildungszentrum der TK in der Lüneburger Heide. Dort wird der Inhalt nun ausgestellt. „Der Koffer steht symbolisch für un-sere Unternehmenskultur und für Kulturwandel“, erläutert Walkenhorst. Beabsichtigter Nebeneffekt: „Kollegen, die sonst gar nichts miteinander zu tun haben, konnten so in Kontakt kommen und den Grundstein legen für eine gute Zusammenarbeit.“
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Vector Informatik
DIS AG
Salesforce.com Germany
SBK Siemens-BKK
Adobe Deutschland
OMS Prüfservice
Delo Industrie Klebstoffe
Volkswohl Bund Versich.
Die Sparkasse Bremen
Advantest Europe
Hilton International Germany
Sparkasse Neuss
Agilent Technologies Dtld.
E-T-A Elektrotechn. Apparate
I.K. Hofmann
IT / Telekommunikation
Hard- und Softwareentwicklung
Personaldienstleistungen
Informationstechnologie
Krankenkassen
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Metafinanz Informationssysteme
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Mehr als 5 000 Mitarbeiter
Bewertungsbasis:Mitarbeiterbefragungen und Audits zurArbeitsplatzkulturHANDELSBLATTQuelle: Great Place to Work Deutschland
1) Fachklinik für Geriatrie; 2) Fachbereich Pflege;3) Inkl. Elektronik, Chirurgie und Medizintechnik
Der Preis Seit 2002 ermittelt das Kölner For-schungs- und Beratungs-institut Great Place to Work jährlich „Deutsch-lands Beste Arbeitgeber“. Partner ist das Handels-blatt. Teilnehmen können Firmen mit mehr als 50 Mitarbeitern. In diesem Jahr beteiligten sich 680 Unternehmen – zusam-men beschäftigen sie 220 000 Mitarbeiter. Die Bestplatzierten in den unterschiedlichen Grö-ßenklassen wurden ges-tern Abend in Berlin aus-gezeichnet. Bewerbun-gen für 2020 sind bereits möglich.
Die Bewertung Im ersten Schritt befragt das Insti-tut stets die Mitarbeiter der Firmen. Der Katalog umfasst 60 Fragen zu Themen wie Unterneh-menskultur, Führung, Ver-trauen und Förderung. Hinzu kommen Gesprä-che mit dem Manage-ment – etwa über Weiter-bildung, Gesundheitsför-derung und die Verein-barkeit von Beruf und Familie. Die Mitarbeiter-befragung wird in der Auswertung doppelt so stark gewichtet wie das Management-Audit.
Der Wettbewerb
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Teamarbeit: Erfolgreiche Neue-rungen motivieren
die Belegschaft.
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Nora Kolhoff Köln
Zuerst waren da nur die rot angeleuchte-ten Gebäude, das rote Toilettenpapier, die Litfaßsäule mit dem roten Ballett-Tutu. „Ich dachte zuerst, das wäre eine Aktion der IG Metall“, erinnert sich Jan
Boeckmann, der als Chemiker bei Dräger arbeitet. Dabei hatte das Innovationsteam des Medizintech-nikunternehmens den Spaß organisiert, um Auf-merksamkeit für seinen Ideenwettbewerb zu schaf-fen. Die Teilnehmer erwartete ein mehrstufiger Prozess. Sie sollten ein Fünftel ihrer Arbeitszeit ver-wenden dürfen und 1 000 Euro als Startbudget be-kommen. Das war 2016.
Boeckmann und sein Kollege Peter Happ bewar-ben sich mit einem Gasmessgerät. Es soll krebser-regende Stoffe in besonders kleiner Konzentration bestimmen, etwa nahe Förderanlagen oder im Ka-tastrophenschutz. Heute leiten die beiden ihr un-ternehmensinternes Start-up. Ab diesem Jahr soll das mobile Messgerät verkauft werden, angepeilte Stückzahl fürs Erste 750. Eine Win-win-Situation: Kreativität zahlt sich aus, das Umfeld wird ani-miert, das Mutterhaus profitiert auf allen Ebenen: Alle Gewinne fließen in die Dräger-Bilanz.
Was Dräger mit dem Ideenwettbewerb und der Aussicht auf ein Corporate Start-up gelungen ist, das versuchen auch andere Unternehmen: Mitar-beiter motivieren, die eigenen Ideen einzubringen. „Das Innovationsmanagement eines Unterneh-mens ist heute ein wichtiger Wettbewerbsfaktor“, sagt Sven Schimpf, Geschäftsführer des Fraunho-fer-Verbunds Innovationsforschung. Grundannah-me: Jeder Mitarbeiter kann wertvolle Ideen beitra-gen. Wichtiger noch als der finanzielle Nutzen sei, dass eine gelebte Innovationskultur alle motiviere. „Es gibt nichts Schöneres, als wenn die eigene Idee wertgeschätzt und vielleicht sogar verwirklicht wird“, sagt Schimpf. Jedoch würden viele Mitarbei-ter ihre Ideen oft für sich behalten.
In der gezielten Unterstützung liegt eine Haupt-aufgabe der Firmen. Eine europaweite Studie der Beratung Deloitte von 2019 zeigt aus Unterneh-menssicht die Probleme. Es braucht, so die Quint-essenz, eine Innovationsstrategie mit klaren Zielen. 23 Prozent der 760 befragten Firmen sahen eine unzulängliche Unternehmenskultur als wesentli-ches Hindernis. Die fehlende Bereitschaft, Risiken einzugehen und auch Scheitern zuzulassen, erwei-se sich als einer der Haupt-Bremsklötze.
Frischer Wind kann sehr wohl von außen kom-men, weiß Nicolai Andersen, Leiter Innovation bei Deloitte: „Die besten Köpfe für ein bestimmtes Pro-jekt arbeiten nicht immer im eigenen Unterneh-men. Wer sein Unternehmenssilo für externe Part-ner öffnet, erlangt schnellen, unkomplizierten Zu-griff auf zusätzliches Wissen und Ressourcen“, sagt er. Auch Deloitte selbst kooperiert regelmäßig mit einer Hochschule – für den Außenblick. So haben Studenten für Deloitte die Idee für ein komplett neues Geschäftsfeld im Bereich der Neurowissen-schaften entwickelt. „Die sind unvoreingenom-men, ohne Gehirnschranke an das Projekt heran-gegangen“, sagt Andersen. Laut der Deloitte-Studie geben 45 Prozent der befragten Unternehmen ih-ren Mitarbeitern durch Workshops mit Experten aus dem eigenen Industriebereich neue Reize.
Einige Firmen gehen einen Schritt weiter – und entsenden Mitarbeiter in Denkfabriken, auf dass sie mit nützlichen Impulsen heimkehren. Die Factory Berlin, mitten im Zentrum gelegen, ist solch ein Ort. Audi, Siemens, Deutsche Bank oder McKinsey haben kreative Köpfe hier sitzen – hinzu kommen Start-up-Unternehmer, Künstler und Freischaffen-de. Gemeinsames Arbeiten über Firmengrenzen hinweg wird großgeschrieben. Nico Gramenz, der die Factory Berlin leitet, hält Eigeninitiative für ei-ne Bedingung für Innovation. „Wer nicht genug Leute hat, die eine Innovationskultur mittragen, der muss gezielt welche anstellen“, sagt der 39-Jäh-rige. Die Factory-Community hat rund 3 000 Mit-glieder. Mittelständler schicken oft zwei Leute nach Berlin, Konzerne auch größere Teams.
Wie gute Vernetzung im eigenen Haus die Krea-tivität befördern kann, zeigt der Heiztechnik-Her-steller Viessmann. Die Firma stellt auf einer Platt-form sogenannte Innovation Challenges ein. Pro-bleme also, die die Führung offen kommuniziert – in der Hoffnung auf Lösungsansätze aus der Praxis. Zudem können Mitarbeiter initiativ Ideen ins Sys-
Innovationsmanagement
Kreativ nach Plan Die besten Ideen stammen oft von den eigenen Mitarbeitern.
Damit diese bereit sind, sich kreativ einzubringen, braucht es vor allem eine offene Kultur.
Da ist sogar die Bäckerei um die Ecke
besser als der ewig
gleiche Meetingraum.
Nico GramenzFactory Berlin
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das verständlich erklären. Am bes-ten im persönlichen Gespräch.
Wie groß müssen Freiräume sein, da-mit Innovationen möglich werden? Ich kenne kaum einen Mittelständ-ler, der es sich erlauben kann oder will, seine Mitarbeiter in größerem Maße freizustellen in der Hoffnung, dass sie so Innovationen entwickeln.
Also sollte man darauf hoffen, dass die Innovationen eher nebenbei abfallen? Realistisch ist, dass bestimmte Mitar-beiter für konkrete Projekte freige-stellt werden. Dann sollte man am besten eine Aufgabe stellen oder zu-mindest eine Richtung vorgeben. So braucht auch kein Chef Angst zu ha-
ben, dass die Mitarbeiter nur Kaffee trinken und diskutieren. Auch der Austausch mit außen ist sehr wich-tig: Oft werden die Chancen unter-schätzt, die eine Kooperation mit ex-ternen Partnern wie Hochschulen, Lieferanten oder Kunden bietet.
Brauchen Mitarbeiter finanzielle Anreize, um ihre Ideen einzubrin-gen? Die wichtigste Motivation ist die An-erkennung. Anerkennung kann fi-nanziell, zum Beispiel durch Preis-gelder oder Ähnliches, stattfinden. Gut funktionieren aber auch nicht-materielle Formen. Das kann eine Auszeichnung auf der Jahresfeier sein oder auch eine Würdigung im betriebsinternen Newsletter.
Wie wichtig ist es, ob Mitarbeiter ih-re Ideen dann bis zur Verwirkli-chung begleiten dürfen? Die Person, die die Idee hatte, sollte an der Umsetzung in irgendeiner Form auch weiter beteiligt werden. Sonst kann es schnell zu Frustration oder Neid kommen. Außerdem kann der Ideengeber dann auch bes-ser verstehen, wenn die Idee nicht so weiterentwickelt wird, wie er oder sie sich das vorgestellt hat.
Die Fragen stellte Nora Kolhoff.
tem speisen. Das Innovationsteam von Viessmann prüft Vorschläge mit Experten aus den zuständigen Abteilungen. Zehn bis 20 Prozent der Ideen wer-den umgesetzt, sagt Christof Bock, der bei Viess-mann das Thema Innovationen verantwortet.
Im Jahr kämen über 140 000 meist kleine Ver-besserungsvorschläge, berichtet Bock. Etwa 200 davon seien größere Innovationsimpulse. So schlug ein Mitarbeiter vor, Viessmann solle künftig Kun-den beim Beantragen staatlicher Fördergelder für Heizungsmodernisierungen unterstützen und bera-ten. Gesagt, getan. Den finanziellen Nutzen der Neuerung könne man noch nicht beziffern, aber mit den Aufträgen komme man kaum hinterher. „Es ist wichtig, dass man solche Erfolge kommuni-ziert“, sagt Bock. „So zeigt man den Mitarbeitern, dass ihre Ideen ernst genommen werden.“
Doch nicht nur die richtige Plattform, auch der Arbeitsort kann Kreativität fördern. Nico Gramenz hält es für wichtig, das eigene Umfeld ab und an zu verändern: „Da ist sogar die Bäckerei um die Ecke besser als der immer gleiche Meetingraum.“ Durch Ortswechsel entstünden die besten Ideen.
Dieses Prinzip hat sich auch Dräger in Lübeck zu eigen gemacht: Den Mitarbeitern steht die soge-nannte „Garage“ zur Verfügung, eine bunt gestalte-te Halle von 1 000 Quadratmetern, in der auch Mu-sik läuft. Hier baumelt ein roter Boxsack, Beschäf-tigte können dem gewohnten Arbeitsumfeld entkommen. Das Innovationsteam von Dräger lädt zu Workshops und Impulsvorträgen ein. Doch es geht um mehr als nur Spaß. „Am Ende ist es wich-tig, dass ein paar von den Ideen auf den Markt kommen und profitabel sind“, sagt Sönke Klose, Global Innovation Manager bei Dräger.
Forscher Kaschny: „Die Chancen werden
unterschätzt.“
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Martin Kaschny
„Ideen müssen gewürdigt werden“
M artin Kaschny, Professor an der Hochschule Ko-blenz, ist Spezialist für In-
novations- und Ideenmanagement im Mittelstand. Er plädiert für mög-lichst viel Fingerspitzengefühl im Umgang mit Mitarbeiterideen.
Herr Kaschny, warum fällt es klei-nen und mittleren Unternehmen oft schwerer als Konzernen, eine passende Innovationskultur zu schaffen? Für viele Unternehmer ist es selbst-verständlich, dass jeder mitdenkt. Die Inhaber verstehen nicht immer, warum man das extra honorieren muss. Typisch für die Innovations-kultur in kleinen Unternehmen ist es, dass man Ideen einfach im Gang bespricht und der Chef sagt, ob die Idee umsetzbar ist oder nicht. Gerade in Familienbetrieben gibt es oft diese Einstellung: Wir brauchen kein Ideenmanagement, Mitarbeiter können einfach zu mir kommen.
Ist denn da etwas falsch dran? Keineswegs. Wichtig ist nur, dass derjenige, der die Idee eingebracht hat, angemessen gewürdigt wird. Mit kreativen Mitarbeitern sollte sensibel umgegangen werden. For-sche Absagen enttäuschen. Wenn ei-ne Idee abgelehnt wird, muss man
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Eva Burghardt Köln
Schon vor dem ersten Arbeitstag beim Berliner Spielesoftware-Hersteller Wooga fühlte sich Helene List gut auf-genommen. Direkt nach dem erfolg-reichen Bewerbungsgespräch im Ok-
tober letzten Jahres bekam die 30-jährige Ga-me-Artistin ein Merchandise-Paket mit Schlüs-selanhängern, T-Shirt und einem Turnbeutel von ihrem neuen Arbeitgeber. Bis zum Arbeits-start hielt sie per Mail Kontakt – und konnte bei Fragen jederzeit einen Ansprechpartner anru-fen. Bei der Suche nach einer Wohnung in der Nähe der Firma und beim Umzug aus ihrer Hei-mat Wien nach Deutschland half eine speziali-sierte Agentur – die Kosten übernahm Wooga. „Ich musste nur noch die Schlüssel abholen. Das hat die Ankunft hier in Berlin sehr erleich-tert“, sagt die Berufseinsteigerin.
Aufmerksam zeigte sich der neue Arbeitge-ber auch zum Dienstbeginn: Auf dem Schreib-tisch warteten neben Büroartikeln auch eine Thermoskanne und Süßigkeiten. „Die neuen Kollegen haben mich sehr herzlich begrüßt“, berichtet List. Eine Checkliste mit den Abläu-fen für die ersten drei Tage lag bereit – zudem stellte die Wooga-Personalabteilung ihr eine Kollegin als sogenannten „Buddy“ zur Seite – mit ihr konnte sie sich etwa beim Mittagessen austauschen. „Es war toll, jemanden an der Sei-te zu haben, dem ich alle Fragen stellen konn-te“, sagt List. „Wir sind mittlerweile richtig gut befreundet.“
Weitere Kollegen lernte List beim monatli-chen „Mystery Lunch“ kennen: Fünf zufällig ausgewählte Mitarbeiter gehen gemeinsam auf Firmenkosten Mittagessen. „Ich habe mich von Anfang an sehr wohl gefühlt – und wusste gleichzeitig genau, was das Unternehmen von mir erwartet“, sagt die Entwicklerin.
Onboarding nennen Experten die Phase des Einstiegs in der neuen Firma. In Zeiten des Man-
gels an Fach- und Führungskräften wird es für Arbeitgeber immer wichtiger, dass der Start ge-lingt. Denn unzufriedene Mitarbeiter können sich oft problemlos einen neuen Job suchen – ge-rade in Wachstumsbranchen wie der Digitalwirt-schaft. Ein gelungenes Onboarding stelle sicher, „dass der neue Mitarbeiter auch bleibt“, sagt An-ne Schüller, die als Business-Coach auch auf Per-sonalfragen spezialisiert ist. „Zudem zahlt eine gute Willkommenskultur auf die Arbeitgeber-At-traktivität ein: Wie es einem Mitarbeiter in den ersten Tagen ergeht, spricht sich vor allem im Web in Windeseile herum.“ Wer in das Onboar-ding investiert, sichert sich also nicht nur die Loyalität neuer Beschäftigter, sondern profitiert auch beim Werben um künftige Kräfte.
Wie hoch das Risiko ist, neue Mitarbeiter zu verprellen, zeigt eine aktuelle Studie der On-line-Jobplattform Stepstone. 30 Prozent der 10 000 befragten Fachkräfte gaben an, ein Un-ternehmen schon einmal innerhalb des ersten Jahres verlassen zu haben. Als Grund nannten 46 von ihnen Prozent die Unternehmenskultur. Nur knapp die Hälfte der Befragten mit Berufs-erfahrung empfand das erlebte Onboarding als strukturiert und angenehm.
Was müssen Unternehmen tun, um neue Kräfte von Anfang an zu binden? Onboarding dürfe kein Standardprozess sein, der nach ei-ner Checkliste abgespult wird, sagt Beraterin Schüller. „Vielmehr wird er so individuell wie möglich auf die jeweilige Person zugeschnit-ten.“ Sie empfiehlt, direkte Kollegen des Einstei-gers dabei einzubeziehen: „Dann wird der Pro-zess passend und auch engagiert umgesetzt.“ Onboarding-Journey nennt Schüller das Ziel – sie könne etwa in eintägigen Workshops entwi-ckelt werden. Auch Auszubildende könnten da-bei gut helfen: „Sie sind noch nicht blockiert durch Bereichsscheuklappen und eingespielte Prozesse.“
Chefs stellen sich vorEs zählt der persönliche Kontakt – auch zur Fir-menspitze: Computerspiele-Spezialist Wooga hat für Einsteiger die „New Starter Sessions“ konzipiert – hier erfahren sie alles über die His-torie sowie Strategie und Ziele. In den einstün-digen Meetings stellen sich der CEO und die Leiter der einzelnen Firmenbereiche vor. Einen Monat später lädt die Personalabteilung dann zum Feedback-Gespräch. „Ich konnte alle offe-nen Fragen klären und selbst Anregungen ge-ben“, sagt Wooga-Einsteigerin Helene List.
Auch Unternehmen, die eigentlich Rivalen im Wettbewerb um Fachkräfte sind, arbeiten neu-erdings in Sachen Einarbeitung zusammen. So startete im Sommer 2018 das Projekt „onboar-ding@münsterland“, dessen Pilotphase in den nächsten Wochen beginnt. Ein Arbeitgeber-wechsel könne auch „die Entscheidung für neu-en Lebensraum bedeuten“, sagt Judith Schä-pers, die das Vorhaben beim Verbundprojekt Münsterland e. V. koordiniert.
Neuankömmlinge erhalten beispielsweise Unterstützung beim Umzug oder der Jobsuche für Partner. 13 Unternehmen aus dem Münster-
Berufseinstieg
Willkommen an Bord
Unternehmen sichern sich mit individuellen Wohlfühlprogrammen
die Loyalität neuer Mitarbeiter.
Azubis sind noch nicht blockiert
durch Scheuklappen
und eingespielte
Prozesse. Anne SchüllerBusiness-Coach
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Spezial Great Place to WorkWOCHENENDE 15./16./17. MÄRZ 2019, NR. 53
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Personal-Software
Mit IT auf Tuchfühlung
W eniger Kündigungen kurz nach Dienstantritt und eine höhere Produktivi-
tät von Anfang an – diese Ziele wol-len die Anbieter von Onboarding-Software verbinden. Als „Onboar-ding“ verstehen Personaler das Ein-führen eines Mitarbeiters in seinen neuen Arbeitsbereich. Informati-onstechnologie (IT) kann dabei hel-fen, etliche Softwareanbieter stehen bereit – Spezialisten ebenso wie Hersteller, die klassische HR-Soft-ware um Funktionen für die Beglei-tung von Einsteigern ergänzt haben.
Beispiel SAP: „Successfactors On-boarding“ heißt das Programm des Softwareriesen, das mit dem Ver-sprechen antritt, dass neue Mitar-beiter „sofort erfolgreich durchstar-ten können“. SAP argumentiert mit Zahlen. Oft sei unorganisierte und lückenhafte Einarbeitung mitver-antwortlich, dass neue Arbeitsver-hältnisse scheitern. Einer von vier Beschäftigten kündige binnen eines Jahres, heißt es bei SAP. In den ers-ten sechs Monaten falle bei vier von fünf Neulingen die Entscheidung, ob sie im Unternehmen bleiben wollen oder nicht.
Die Investition in entsprechende Software kann sich bezahlt machen: Eine um das Neunfache geringere Gefahr von Kündigungen und eine um 15 Prozent höhere Leistung kon-
statiert beispielsweise der US-Marktforscher Gartner bei einem geordneten Onboarding.
Der auf den Mittelstand speziali-sierte Anbieter von Buchhaltungs-programmen Haufe-Lexware hat die Software „Myonboarding“ ent-wickelt. „Neue Mitarbeiter, die das Unternehmen schnell wieder verlas-sen, kosten Unsummen“, sagt Felix Pohl, Senior Consultant bei Haufe-Lexware. Der Einsatz von Apps er-zeuge bei Einsteigern „Wow-Effekte, die die Grundsatzmotivation nach-haltig steigern“, sagt Pohl.
Neulinge erhalten online regelmä-ßige Updates und persönlich zuge-schnittene Informationen – in Ru-briken wie „Dein Team“ oder „Dein Standort“. Zudem gibt es spieleri-sche Elemente – etwa ein Abkür-zungsquiz für firmeninterne Begrif-fe oder das „Team-Bingo“, das beim Kontakteknüpfen mit Kollegen hilft. Mit dem gleichen Ziel listet der Soft-wareanbieter Avature in seiner Lö-sung „Onboard“ Mitarbeiter über ein Portal wie in einem internen so-zialen Netzwerk. Die Hersteller se-hen ihre Software als assistierendes Tool der Personalabteilung, das die-ser aber keine Konkurrenz machen soll. Die Software sei „übergeordne-tes Steuerungselement“, sagt Pohl – sie ersetze aber nicht den persönli-chen Austausch. Eva Burghardt
land machen mit. Es geht nicht nur um den er-folgreichen Start am Arbeitsplatz: „Durch das Projekt Onboarding besteht eine noch viel bes-sere Chance, neue Mitarbeiter und ihre Ange-hörigen auch über den Beruf hinaus in die Regi-on zu integrieren“, sagt Bernd Richter, Perso-nalleiter des beteiligten Maschinenbauers Windmöller & Hölscher. „Das schafft mehr Zu-friedenheit und eine höhere Bindung.“
Dem Netzwerkgedanken folgt auch die Initia-tive Berlin.digital. Die Digitalwirtschaft in der Bundeshauptstadt boomt, über 9 000 Unter-nehmen der Branche haben hier ihren Sitz, vie-
le suchen händeringend Personal. Berlin.digital unterstützt sie bei der Suche wie auch beim On-boarding. Eine wachsende Zahl von Fachkräf-ten stamme aus dem nicht-europäischen Aus-land, erläutert Andrea Peters, Vorstandsvorsit-zende der Medianet Berlin-Brandenburg, die Berlin.digital gegründet hat. Deshalb sei Unter-stützung in Fragen des Visums oder der Ar-beitserlaubnis im Angebot – ebenso wie Unter-stützung bei Kinderbetreuung oder Sprachkur-sen. „Für Unternehmen ist es gewinnbringend, sich zu vernetzen und Erfahrungen auszutau-schen“, sagt Peters. „Die Konkurrenz um Fach-kräfte tritt dann in den Hintergrund.“
Hilfe bei Behördengängen Computerspiele-Spezialist Wooga ist Partner bei Medianet. Mehr als 50 Prozent der Mitarbei-ter stammen aus dem Ausland. „Für uns ist ein enger Kontakt zu den Behörden wichtig, damit wir neuen Mitarbeitern auch bei Themen wie der Aufenthaltsgenehmigung und der Ummel-dung behilflich sein können“, sagt CEO Jens Be-gemann.
Intern hält er die persönlichen Aspekte bei der Integration neuer Mitarbeiter für besonders wichtig. „Das Buddy-Programm und die indivi-duell abgestimmten Maßnahmen helfen, sich schnell im Unternehmen wohlzufühlen“, erläu-tert Begemann. Der Wooga-Chef ist sicher, dass sich der Einsatz lohnt: Der Onboarding-Prozess funktioniere aus Mitarbeiter- wie aus Unterneh-menssicht: „Das belegen interne Umfragen und Feedbacks – ebenso wie die Betrachtung der Leistung neuer Mitarbeiter im Vergleich zu ih-ren dienstälteren Kollegen.“
Mitarbeiter bei Wooga: Neue Kollegen haben feste Ansprechpartner.
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Manuel Heckel Köln
Wenn die IT-Bera-tung Finanz-In-formatik Solution Plus (FI-SP) auf Messen um Nach-
wuchs wirbt, hängen ganz spezielle Poster im Hintergrund: Sie zeigen die Gesichter der eigenen Leute. Mitar-beiter statt Models: Seit 2017 steht das Konzept, um authentisch für eine Karriere bei den Beratern aus der Sparkassenwelt zu werben. Slogan: „Team der Lösungsfinder“. Viele der 400 Kollegen ziehen mit.
Die Botschaft entstand in einem et-wa halbjährigen Prozess . Der zustän-dige Geschäftsführer Christian Kalus war eigentlich mit der Frage gestar-tet, ob die Firma auf Plattformen wie Youtube oder Instagram vertreten sein müsse. Eine erste Erkenntnis folgte schnell: „Bevor wir über die Kanäle sprechen, müssen wir uns überlegen, was uns eigentlich aus-macht“, sagt Kalus heute.
Die Arbeit an der eigenen Arbeitge-bermarke ist für viele Unternehmen nichts Neues. Weil der Fachkräfte-mangel in vielen Branchen jedoch zu-nimmt, verändert sich die Herange-hensweise. Statt einen flotten Spruch vorzulegen, machen sich Firmen da-ran, tatsächlich einen glaubwürdigen Auftritt zu finden. „Der rein kosmeti-sche Aspekt macht immer stärker ei-nem tieferen Verständnis für das ei-
gene Unternehmen Platz“, sagt Lucia Falkenberg. Sie ist Personalleiterin beim Internetknoten DE-CIX in Frankfurt und beim Verband der In-ternetwirtschaft, Eco.
Statt einer strikt nach Marketing-Gesichtspunkten entwickelten Wer-bestrategie fürs Recruiting wirbt sie für das Einbinden der Belegschaft: „Die Personalabteilung muss raus aus dem Elfenbeinturm. Die Mitarbeiter wissen am besten, wofür ihr Unter-nehmen steht.“ Dafür müssen Füh-rungskräfte ein Klima schaffen, in dem sich die Angestellten trauen, ehrlich über ihre Firma zu sprechen. Denn nicht jede Wahrheit klingt di-rekt passend für ein Werbeplakat.
Auch bei FI-SP stand auf dem Weg zur neuen Arbeitgebermarke erst ein-mal Zuhören auf dem Plan. Nach ei-ner Konsolidierungsphase trafen in den ersten Workshops Mitarbeiter mit unterschiedlichen Hintergrün-den, aus unterschiedlichen Hierar-chien und von unterschiedlichen Standorten zusammen. „So erarbei-tet man sich ein realistisches Bild – da geht es nicht um Hochglanzbroschü-ren“, sagt Falkenberg.
Wo lange Arbeitstage aufgrund in-tensiver Projektarbeit immer wieder vorkommen, ist das Versprechen ei-ner stetig ausgeglichenen Work-Life-Balance fehl am Platz. Mit seinem „Team der Lösungsfinder“ sieht sich
Arbeitgebermarke
Neue TransparenzBotschafter statt Broschüren: Für einen
starken Auftritt vertrauen Chefs auf ihr Team.
Ansichtssache: Bei der Außendarstellung geht es um Authentizität.
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Motivation
Zuhören als Erfolgsfaktor
F ast jeder zweite deutsche Ar-beitnehmer fühlt sich in sei-nem aktuellen Job unter-
schätzt oder unverstanden. Das zeigt eine Umfrage des HR-Soft-wareanbieters ADP, an der etwa 2 000 Angestellte in Europa teilnah-men – 500 davon aus Deutschland. 13 Prozent der Befragten sind sogar davon überzeugt, dass sie lediglich als Personalnummer wahrgenom-
men werden. Dabei zeigt sich, dass viele aufwendig erarbeiteten und feierlich präsentierten Unterneh-mensleitbilder nicht in der Beleg-schaft ankommen: Nur acht Prozent der Angestellten ziehen die Motiva-tion aus dem Arbeitgeber oder des-sen Zielen. „Es ist wichtig, dass Ma-nager und Führungskräfte sich die Zeit nehmen, ihre Mitarbeiter rich-tig zu verstehen“, mahnt Steven van
Tuijl, ADP-Deutschlandchef. Aus ih-rer täglichen Arbeit ziehen mehr Mitarbeiter ihre Motivation: 21 Pro-zent der Befragten geben an, dass der Job selbst für sie zur Berufung geworden ist. Zuhören zahlt sich für die Führungsebene aus: „Nur wer um die Fähigkeiten und Wünsche seiner Angestellten weiß, kann sie inspirieren, fördern und motivie-ren“, sagt van Tuijl. Manuel Heckel
die IT-Beratung FI-SP passend aufge-stellt: „Natürlich verlangen wir einen hohen Einsatz von unseren Mitarbei-tern“, sagt Kalus. „Aber wenn es Si-tuationen gibt, in denen sie weniger reisen können oder Auszeiten brau-chen, finden wir in der Regel ge-meinsam Lösungen.“
Der Blick nach innen hilft am meis-ten, wenn es um den Außenauftritt geht. „Letztlich ist es auch eine Ver-triebsaufgabe, gute Menschen anzu-werben“, sagt der gelernte Verkäufer Joachim Schreiner, der seit zwölf Jah-ren das deutsche Geschäft des schnell wachsenden SAP-Konkurren-ten Salesforce führt. „Und wenn das Unternehmen als Produkt gut ist, ist auch der Vertrieb einfach.“
Streben nach Vielfalt Als kleines Team mit Start-up-Atmo-sphäre gestartet, hat die Firma hier-zulande heute schon mehr als tau-send Beschäftigte. Auch mit stetigen Umfragen will Salesforce messen, wie man die Arbeitsplatzkultur verbes-sern kann. Aktuell arbeitet Schreiner mit seinem Team daran, Inklusion und Diversität nach vorne zu treiben. Er wirbt mit Kollegen auf Events und in Blog-Beiträgen offensiv für eine multikulturelle Gesellschaft. Die Idee: Wenn die Kollegen diese Haltung ho-norieren, werden sie zumindest indi-rekt auch in der Freizeit als Botschaf-ter für Salesforce auftreten.
Die FI-SP druckte das neue Motto auch auf T-Shirts für die eigenen Mit-arbeiter – Geschäftsführer Kalus war erstaunt, wie groß das Interesse an der Werbekleidung war. Diese Palette an Maßnahmen macht im Idealfall Jobsuchende im Bekanntenkreis neu-gierig: „Die Hemmschwelle ist deut-lich geringer, dort mal nach Stellen nachzufragen, als bei einer Personal-abteilung anzurufen“, sagt Eco-Ver-treterin Falkenberg.
Zur passenden Botschaft gehört freilich der richtige Kanal. Die FI-SP ergänzte ihren Marketingmix um Auf-ritte bei Firmenpitches, testete paral-lel Anzeigen bei Google. „Gute Perso-nalarbeit findet dort statt, wo sich die Zielgruppe tummelt“, sagt Falken-berg. Wer nach Entwicklern sucht, kann sich etwa bei einem Program-miererstammtisch unter die Besu-cher mischen. Ein wenig Geduld ist jedoch nötig. Im ersten Jahr nach Konzeptstart war bei der FI-SP noch wenig zu spüren, berichtet Geschäfts-führer Kalus. Seit vergangenem Herbst jedoch habe sich das deutlich geändert: „Ob Bewerbungen, Gesprä-che oder Vertragsangebote: Überall haben sich die Zahlen verdreifacht.“
Im Blick
66PROZENT
der Jobsuchenden lassen sich vom Außenauftritt potenzieller
Arbeitgeber positiv beeinflussen.
Quelle: Recruiting Trends 2018
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