Wie ist nach dem Heutigen Stande der Wissenschaft die Bekämpfung des Endemischen Kropfes...

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460 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. 4. JAHRGANG. Nr. lO 5. MARZ ~.9~5 2. Eine weitere L6sung des optischen Problems bietet die M6glichkeit, die Untersuchungsergebnisse naeh der post- riven Seite zu erweitern. 3- Der negative Befund ist nicht beweisend. 4. Die Gef~hrlichkeit beschr~nkt sich auf gewisse zuf~l]ige Unf~lle, denen eine groBe Statistik unfallsfreier Untersuchun- gen gegenfibersteht, und bietet kein Hindernis ffir die An- wendung der Methode. L i t e r a t u r: ~) ELSNER, Die Gastroskopie. Leipzig : G. Thieme 191I. -- ~) v. HACt~ER, Weitere Beitrgge zur FremdkOrperent- fernnng mittels der Oesophagoskopie. Dtsch. reed. Wochenschr. I9o5, 39. -- a) HAI~MESFAI~R, Gastroskopie und Probelaparoto- mie. Zentralbl. I. Chirurg. 1924, Nr. 6. -- ~) HOHLWEG, Beobachtun- gen und Betrachtungen auf Grund yon ioo Gastroskopien. Mfinch. reed. W~chenschr. I924, Nr. 16. -- s) I-IOBNXR,Die Frfihdiagnose der Nierentuberkulose. Dtsch. reed. ~Vochenschr. 1923, Nr. 18 u. Ver- handl, d. dtsch. Ges. I. Chirnrg. 1923, S. 354. -- a) IZELLINa, Ge- gliedertes, winklig streckbares Gastroskop mit rotierbarem Sehpris- ma. lViilnch, med. Wochenschr. 1898, Nr..49f. S. 1556. -- ~) KIRSCI~- ~R, Verhandl. d. dtsch. Ges. f. Chirurg. 192x, S. 149. -- s) ttO~BSCH, Gastroskopische Ergebnisse. Milnch. med. Wochenschr. 1924, Nr. 43- _ s) v. MIKUL~CZ, ~3ber Gastroskopie and 0esophagoskopie. V~ien. med. Presse 1881, Nr. 45ff. -- ~0) NITZ~, Lehrbueh der Kystoskopie. Ihre Technik and Minische Bedeutung. Wiesbaden: J. F. Bergmann 1889. -- ~) POIRIER und MICI~EL, Vorrichtung zur Untersuchnng des Magens. Dtsch. Patentsehr. Nr. ~47. 5IO/3 on. -- ~) 1RAI~NEN- FUHRER, Die diagnostische Bedeutung der Magenspiegelung. Mfinch. med. Wochenschr. I924, Nr: 15. -- ~a) REWIDZOFF, Zur Technik der Gastroskopie. Berlin. klin. ~roehenschr. 1897, Nr. 4 t, S. 893. -- is) IRINGL~B, Das Kystoskop. Leipzig: W. Iilinkhardt 19Io. -- 1~) RINGLEB, fiber einige Vorteile bei der Kystoskopie in- folge zweckm~Biger IRegehng der Beleuchtung. Zeitschr. f. Urol. 1923, S. 4o6ff, -- 16) RINaLE~, Subjektive Iiystoskopie und Arbeits- leistung der Nieren. Verhandl. d. dtsch. Ges. f. Chirurg. 1923, S. 60 -- ~) 1ROSENI~IM, Ober die Besichtigung der Cardia nebst Be- merkungen i~ber Gastroskopie. Dtsch. reed. Wochenschr. I895. Nr. 45, S. 741. ~ t~) SAIJ~I~BRUCH,Gastroskopie mit t6dlichem Aus- gange. ZentralbI. f. Chirnrg. 1924, Nr. 38. -- ~9) SCI~INDL~, Lehr- buch und Atlas der Gastroskopie. lVifinchen: J. F. Lehmann ~9~3. -- ~0) SHUXOFF, Zur Frage fiber die vorteilhafteste Lage der Kranken w&hrend der Oesophago- nnd Bronchoskopie. Zeitschr. f. Hals-, Nasen- u. Ohrenheilkunde 1922, t3d. II, S. 344If. -- ~) STElaNB~RG, Eine neue Position zur gastroskopischen Untersuchung. Zentratbl. f. Chirurg. 1922, Nr. 38. -- ~) STER~BERG, Duodenoskopische Posi- tion .Ziflnch. reed. Wochenschr. 1924, Nr. 14, S, 431. -- ~s) ST~I~- BERG, Gastroskopisches Praktikum. Leipzig, Vogel 1924 . -- e4) STEI~N- BERG, Gastroskopisches Symptom des Duodenalulcus. Dtsch. reed. Wochenschr. I924, Nr. 46, S. 1579. -- ~) STEGEMAN~, Das Oeso- phagoskop im Dienste der Chirurgie. Med. Klinik 1924, Nr. 9. -- ~) SUSSV~AN~, Ein biegsames Gastroskop. Therapie d. Gegenwart 191I, tt. IO. -- ~) SUSSMaNN, Zur Diagnostik des Gastroskops. Therapie d. Gegenwart. lVf~rz 1912. -- ~s} THINIUS, Versuch zur Vervollst~ndigung der gastroskopischen Technik. Med. Klinik 1924, Nr. 5. OFFENTLICHES GESUNDHEITSWESEN. WIE IST NACH DEM HEUTIGEN STANDE DER WISSENSCHAFT DIE BEKAMPFUNG DES ENDEMISCHEN KROPFES EINZURICHTEN ? Von Dr. F~EY, Direktor der ~fedizinischen Abteilung im Reich~gesundheitsamt, Berlin. Auf dem yon der Hygienischen Abteilung des V61kerbundes im August und September d. J. in der Schweiz veranstalteten Fortbildungskursus filr Medizinalbeamte hatte ich Gelegenheit, mich mit der BekXmpiung des endemischen Kropfes eingehend zu besch~ftigen, wie sie yon den Kantonalbeh6rden seit mehr denn Jahresfrist grogzilgig unternommen ist. Die vorliegende Abhandlung ist ein Niederschlag yon Vortr~gen, die den Teilnehmern yon hervorragenden Sachverst~ndigen gehalten wurden, und yon Studien, die ich selbst bet Rekrutenuntersu- chungen und Vorfilhrungen in Behandlung befindlicher 1Kleinkinder und Schiller maehen konnte. Denjenigen, welche die schon recht umfangreiche Literatur auf diesem Gebiete verfolgt haben, wird bekannt sein, dab in dem an Kropf und tiretinismus so reichen Lande zwei Richtungen yon Forschern einander gegenfiberstehen. Die einen wollen mit aller u die immerhin etwas sprOde Ma- terie behandelt sehen und raten zu einem bed~chtigen Vorgehen, um die gute Sache durch etwaiges Zuvielversprechen bet der Be- v61kerung nicht zu beeintr~chtigen und noch bekannt werdende MXngel beizeiten auszugleichen. Die anderen wollen mit Feuer- eifer die Befreinng ihres Vaterlandes yon der drfickenden Last in mOglichst naher Zuknnft durchffihren und knfipfen an manche, zugegebenermaBen gut erdachte Theorie doch, wie mir seheint, ein wenig flberschw~ngliche Hoffnungen. Aber auch die Vertreter dieser Richtung haben durch ihre selbstlose, unermfidliche Arbeit auf ihrem Lieblingsgebiet, dutch Vornahme yon Untersuehungen, Herbeischaffung yon Statistiken, yon Untersuchungsmaterial und nicht zuletzt durch ehrliehe Begeisterung, die durch ihre Stol3- kraft die Bewegung im Volke vorwXrtstr~gt, sieh groi~e Verdienste erworben. Meine Daxstellung gibt im wesentlichen die Auffassungen wieder, die bet dem Bundesgesundheitsamt, den Gesundheits- behOrden der melsten Kantone und der Mehrzahl der Wissenschaft- ler, insbesondere bet der Schweizer Kropfkommission, sich gebildet hat, in der nach langjghrigen, sorgf~ltigen Beobachtungen und Erw~gungen nunmehr eine in den Hauptsachen festsiehende Mei- nung darflber herrscht, wie man den begonnenen tiampf wetter zu ffihren gedenkr. Der endemische tiropf, wie er z. B. in Gebirgsgegenden yon Nord- und Sfldamerika, Turkestan, Indien, Serbien, Bosnien, Spanien, Italien (Sardinien, Sizilien usw.), Finnland, in der Schweiz, 0sterreich (Kgrnten usw.), in deutschen L~ndern, wie Bayern, ~firttemberg, Baden, Sachsen, Thfiringen, Hessen, in der preuBi- schen Provinz Schlesien vorkommt, reehtfertigt die erh6hte Ani- merksamkeit der Beh6rden, denen die 6ffentliche Gesundheits- pflege anvertraut ist. Seine Bekgmpfung nnd wenn mOglich Yer- hiltung ist notwendig, da er die Erwerbsfghigkeit und Wehrhaftig- keit des Befallenen beeintr~chtigt und so die Volkskraft schgdigt. Der oft mit ihm in diesen Gegenden einhergehende iKretinismus legt augerdem dutch die Fflrsorge ffir diese Unglt~cMichen (Schwaeh- sinnige, Idioten, Taubstnmme) dem Gemeinwesen unter Umstgnden sehr erhebliche finanzielle Lasten auf. Das We~er~ des endemischen tiropfes ist noch nnbekannt, trotzdem man es yon jeher eifrig zu ergrflnden versnchte. Waren doch bis zum Jahre 1867 nicht weniger als 42 verschiedene Ur- aachen yon 378 Autoren angegeben. Von den neuen Ansichten fiber die 7itiologie des Leidens toni3 man auch die Bircher sche Bodentheorie sowie seine Theorie yon der Infektion dutch Trink- wasser ansscheiden. ~Vir wissen ferner nicht, ob der Kropf stets nur dutch eine Vrsache hervorgerufen wird oder ob nicht mehrere IJrsachen einzeln oder in ihrer Zusammenwirkung in Betracht kommen. DaB der Jodmangel in den Nahrungsmitteln (z. B. anch in Milch nnd Wasser) die wirMiche Kropfursache sei, kann noch nicht als bewiesen gelten, obwohl manche Betrachtungen hierfiir zu sprechen scheinen. Sicher ist, dab zwischen der Schilddriise und dem Jod bestimmte Beziehungen bestehen, so zwar, dab das Jod als integrierender Bestandteil der Schilddrfise ftlr ihre Fnnk- tion nOtig ist und die ungflnstige Wirkung der IZropfsch~digung auf die Scbilddrfise aufzuheben vermag. Ferner hat die durch den franz6sischen Forseher CHATIN bereits in den 5oer Jahren des vorigen Jahrhnnderts gemachte Beobachtung, dab IZropf selten in deniemgen Gegenden zu linden ist, wo der Boden, die Lnft, das Trinkwasser und andere Nahrungsmiitel ]odreich sind, nnd hXufig angetroffen wird, wo, wie in Gebirgsgegenden, das Jod dutch Auslaugung des Bodens abnimmt, besonders durch die Unter- suchungen yon FI~LLENBERGS 1) in Bern eine wesentliche Stfitze erfahren, t-Iinsichtlicl~ der Schwankungen des Jodgehaltes in einem an Iiropf und IZretinismus reichen Lande abet Iiegen nut erst wenige Untersuchungsergebnisse vor, auch ist die bisher ge- fibre colorimetrische Untersuchungsmethode yon F~I.I~NB~I~OS an sich etwas subjektiv und kann nur yon chemlschen Saehverst~n- digen ausgefflhrt werden, die mit ihr vOllig eingearbeitet sind.

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460 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 4. J A H R G A N G . N r . lO 5. MARZ ~.9~5

2. Eine wei tere L6sung des op t i schen Prob lems b ie te t die M6glichkeit , die Un te r suchungse rgebn i s se naeh der post- r iven Seite zu erwei tern .

3- Der nega t ive Befund is t n ich t beweisend.

4. Die Gef~hrl ichkei t beschr~nk t s ich auf gewisse zuf~l]ige Unf~lle, denen eine groBe S ta t i s t ik unfal lsfreier U n t e r s u c h u n - gen gegenf ibers teht , und b ie te t kein Hindern i s ffir die An- w e n d u n g der Methode.

L i t e r a t u r: ~) ELSNER, Die Gastroskopie. Leipzig : G. Thieme 191I. -- ~) v. HACt~ER, Weitere Beitrgge zur FremdkOrperent- fernnng mittels der Oesophagoskopie. Dtsch. reed. Wochenschr. I9o5, 39. -- a) HAI~MESFAI~R, Gastroskopie und Probelaparoto- mie. Zentralbl. I. Chirurg. 1924, Nr. 6. -- ~) HOHLWEG, Beobachtun- gen und Betrachtungen auf Grund yon ioo Gastroskopien. Mfinch. reed. W~chenschr. I924, Nr. 16. -- s) I-IOBNXR, Die Frfihdiagnose der Nierentuberkulose. Dtsch. reed. ~Vochenschr. 1923, Nr. 18 u. Ver- handl, d. dtsch. Ges. I. Chirnrg. 1923, S. 354. -- a) IZELLINa, Ge- gliedertes, winklig streckbares Gastroskop mit rotierbarem Sehpris- ma. lViilnch, med. Wochenschr. 1898, Nr..49f. S. 1556. -- ~) KIRSCI~- ~ R , Verhandl. d. dtsch. Ges. f. Chirurg. 192x, S. 149. -- s) ttO~BSCH, Gastroskopische Ergebnisse. Milnch. med. Wochenschr. 1924, Nr. 43-

_ s) v. MIKUL~CZ, ~3ber Gastroskopie and 0esophagoskopie. V~ien. med. Presse 1881, Nr. 45ff. -- ~0) NITZ~, Lehrbueh der Kystoskopie. Ihre Technik and Minische Bedeutung. Wiesbaden: J. F. Bergmann 1889. -- ~) POIRIER und MICI~EL, Vorrichtung zur Untersuchnng des Magens. Dtsch. Patentsehr. Nr. ~47. 5IO/3 on. -- ~) 1RAI~NEN-

FUHRER, Die diagnostische Bedeutung der Magenspiegelung. Mfinch. med. Wochenschr. I924, Nr: 15. -- ~a) REWIDZOFF, Zur Technik der Gastroskopie. Berlin. klin. ~roehenschr. 1897, Nr. 4 t, S. 893. -- is) IRINGL~B, Das Kystoskop. Leipzig: W. I i l inkhardt 19Io. -- 1~) RINGLEB, fiber einige Vorteile bei der Kystoskopie in- folge zweckm~Biger IRegehng der Beleuchtung. Zeitschr. f. Urol. 1923, S. 4o6ff, -- 16) RINaLE~, Subjektive Iiystoskopie und Arbeits- leistung der Nieren. Verhandl. d. dtsch. Ges. f. Chirurg. 1923, S. 60 -- ~) 1ROSENI~IM, Ober die Besichtigung der Cardia nebst Be- merkungen i~ber Gastroskopie. Dtsch. reed. Wochenschr. I895. Nr. 45, S. 741. ~ t~) SAIJ~I~BRUCH, Gastroskopie mit t6dlichem Aus- gange. ZentralbI. f. Chirnrg. 1924, Nr. 38. -- ~9) SCI~INDL~, Lehr- buch und Atlas der Gastroskopie. lVifinchen: J. F. Lehmann ~9~3. -- ~0) SHUXOFF, Zur Frage fiber die vorteilhafteste Lage der Kranken w&hrend der Oesophago- nnd Bronchoskopie. Zeitschr. f. Hals-, Nasen- u. Ohrenheilkunde 1922, t3d. II, S. 344If. -- ~) STElaNB~RG, Eine neue Position zur gastroskopischen Untersuchung. Zentratbl. f. Chirurg. 1922, Nr. 38. -- ~) STER~BERG, Duodenoskopische Posi- tion .Ziflnch. reed. Wochenschr. 1924, Nr. 14, S, 431. -- ~s) ST~I~- BERG, Gastroskopisches Praktikum. Leipzig, Vogel 1924 . -- e4) STEI~N- BERG, Gastroskopisches Symptom des Duodenalulcus. Dtsch. reed. Wochenschr. I924, Nr. 46, S. 1579. -- ~) STEGEMAN~, Das Oeso- phagoskop im Dienste der Chirurgie. Med. Klinik 1924, Nr. 9. -- ~) SUSSV~AN~, Ein biegsames Gastroskop. Therapie d. Gegenwart 191I, t t . IO. -- ~) SUSSMaNN, Zur Diagnostik des Gastroskops. Therapie d. Gegenwart. lVf~rz 1912. -- ~s} THINIUS, Versuch zur Vervollst~ndigung der gastroskopischen Technik. Med. Klinik 1924, Nr. 5.

OFFENTLICHES GESUNDHEITSWESEN. WIE IST NACH DEM HEUTIGEN STANDE DER

WISSENSCHAFT DIE BEKAMPFUNG DES ENDEMISCHEN KROPFES

EINZURICHTEN ? Von

Dr. F~EY, Direktor der ~fedizinischen Abteilung im Reich~gesundheitsamt, Berlin.

Auf dem yon der Hygienischen Abteilung des V61kerbundes im August und September d. J. in der Schweiz veranstalteten Fortbildungskursus filr Medizinalbeamte hatte ich Gelegenheit, mich mit der BekXmpiung des endemischen Kropfes eingehend zu besch~ftigen, wie sie yon den Kantonalbeh6rden seit mehr denn Jahresfrist grogzilgig unternommen ist. Die vorliegende Abhandlung ist ein Niederschlag yon Vortr~gen, die den Teilnehmern yon hervorragenden Sachverst~ndigen gehalten wurden, und yon Studien, die ich selbst bet Rekrutenuntersu- chungen und Vorfilhrungen in Behandlung befindlicher 1Kleinkinder und Schiller maehen konnte. Denjenigen, welche die schon recht umfangreiche Literatur auf diesem Gebiete verfolgt haben, wird bekannt sein, dab in dem an Kropf und tiretinismus so reichen Lande zwei Richtungen yon Forschern einander gegenfiberstehen. Die einen wollen mit aller u die immerhin etwas sprOde Ma- terie behandelt sehen und raten zu einem bed~chtigen Vorgehen, um die gute Sache durch etwaiges Zuvielversprechen bet der Be- v61kerung nicht zu beeintr~chtigen und noch bekannt werdende MXngel beizeiten auszugleichen. Die anderen wollen mit Feuer- eifer die Befreinng ihres Vaterlandes yon der drfickenden Last in mOglichst naher Zuknnft durchffihren und knfipfen an manche, zugegebenermaBen gut erdachte Theorie doch, wie mir seheint, ein wenig flberschw~ngliche Hoffnungen. Aber auch die Vertreter dieser Richtung haben durch ihre selbstlose, unermfidliche Arbeit auf ihrem Lieblingsgebiet, dutch Vornahme yon Untersuehungen, Herbeischaffung yon Statistiken, yon Untersuchungsmaterial und nicht zuletzt durch ehrliehe Begeisterung, die durch ihre Stol3- kraft die Bewegung im Volke vorwXrtstr~gt, sieh groi~e Verdienste erworben. Meine Daxstellung gibt im wesentlichen die Auffassungen wieder, die bet dem Bundesgesundheitsamt, den Gesundheits- behOrden der melsten Kantone und der Mehrzahl der Wissenschaft- ler, insbesondere bet der Schweizer Kropfkommission, sich gebildet hat, in der nach langjghrigen, sorgf~ltigen Beobachtungen und Erw~gungen nunmehr eine in den Hauptsachen festsiehende Mei-

nung darflber herrscht, wie man den begonnenen t iampf wetter zu ffihren gedenkr.

Der endemische tiropf, wie er z. B. in Gebirgsgegenden yon Nord- und Sfldamerika, Turkestan, Indien, Serbien, Bosnien, Spanien, Italien (Sardinien, Sizilien usw.), Finnland, in der Schweiz, 0sterreich (Kgrnten usw.), in deutschen L~ndern, wie Bayern, ~f i r t temberg, Baden, Sachsen, Thfiringen, Hessen, in der preuBi- schen Provinz Schlesien vorkommt, reehtfertigt die erh6hte Ani- merksamkeit der Beh6rden, denen die 6ffentliche Gesundheits- pflege anvertraut ist. Seine Bekgmpfung nnd wenn mOglich Yer- hiltung ist notwendig, da er die Erwerbsfghigkeit und Wehrhaftig- keit des Befallenen beeintr~chtigt und so die Volkskraft schgdigt. Der oft mit ihm in diesen Gegenden einhergehende iKretinismus legt augerdem dutch die Fflrsorge ffir diese Unglt~cMichen (Schwaeh- sinnige, Idioten, Taubstnmme) dem Gemeinwesen unter Umstgnden sehr erhebliche finanzielle Lasten auf.

Das We~er~ des endemischen tiropfes ist noch nnbekannt, t rotzdem man es yon jeher eifrig zu ergrflnden versnchte. Waren doch bis zum Jahre 1867 nicht weniger als 42 verschiedene Ur- aachen yon 378 Autoren angegeben. Von den neuen Ansichten fiber die 7itiologie des Leidens toni3 man auch die Bircher sche Bodentheorie sowie seine Theorie yon der Infektion dutch Trink- wasser ansscheiden. ~Vir wissen ferner nicht, ob der Kropf stets nur dutch eine Vrsache hervorgerufen wird oder ob nicht mehrere IJrsachen einzeln oder in ihrer Zusammenwirkung in Betracht kommen. DaB der Jodmangel in den Nahrungsmitteln (z. B. anch in Milch nnd Wasser) die wirMiche Kropfursache sei, kann noch nicht als bewiesen gelten, obwohl manche Betrachtungen hierfiir zu sprechen scheinen. Sicher ist, dab zwischen der Schilddriise und dem Jod bestimmte Beziehungen bestehen, so zwar, dab das Jod als integrierender Bestandteil der Schilddrfise ftlr ihre Fnnk- tion nOtig ist und die ungflnstige Wirkung der IZropfsch~digung auf die Scbilddrfise aufzuheben vermag. Ferner ha t die durch den franz6sischen Forseher CHATIN bereits in den 5oer Jahren des vorigen Jahrhnnderts gemachte Beobachtung, dab IZropf selten in deniemgen Gegenden zu linden ist, wo der Boden, die Lnft, das Trinkwasser und andere Nahrungsmiitel ]odreich sind, nnd hXufig angetroffen wird, wo, wie in Gebirgsgegenden, das Jod dutch Auslaugung des Bodens abnimmt, besonders durch die Unter- suchungen y o n FI~LLENBERGS 1) in Bern eine wesentliche Stfitze erfahren, t-Iinsichtlicl~ der Schwankungen des Jodgehaltes in einem an Iiropf und IZretinismus reichen Lande abet Iiegen nut erst wenige Untersuchungsergebnisse vor, auch ist die bisher ge- fibre colorimetrische Untersuchungsmethode yon F~I.I~NB~I~OS an sich etwas subjektiv und kann nur yon chemlschen Saehverst~n- digen ausgefflhrt werden, die mit ihr vOllig eingearbeitet sind.

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Welter konnte man, wie es CHAT~X allerdings mit noch ziemlich groBen Joddosen (1/~0000 g am Tage) bereits gelang, durch thera- peutische Erfahrungen i~ der Schweiz und anderswo feststellen, dab kleine Joddosen die Eatwicklung des Kropfes verhindern bzw. einen frischen beginnenden Kropf zum Zurfickgehen bringen. Diese 13eziehnngen des Jods zur Schilddrfise sind ein Wegweiser ffir weitere Forschungen nament l ich auch in bezug aui den Kre- t inismus und die u der inneren Sekretion fiberhaupt.

Znm Zweck der Ermittlung der Krop/hiiu/igkeit wird man yon weitangelegten allgemeinen Erhebungen in der Landesbev61kerung schon der Kosten wegen absehen mfissen. Es dfirfte genfigen, in kleineren Ortschai ten die gauze Bev61kerung zu untersuchen, sonst aber sich ant die Untersuchungen der Schulkinder nnd der Rek~uten zu beschr~nken. Abgesehen yon Schul- und Milit~r~trzten, denen besondere Ins t rukt ionen zu geben wliren (in der Schweiz sind solche Anlei tungen bereits au{gestellt worden), wXren ffir diese Frage besonders interessierte Arzte heranzuziehen. Auch die Erfahrung der ans~issigen Arzte und der Chirurgen muB nutzbar gemacht werden, wobei man allerdings nicht vergessen dart, dab den Kropfoperateuren naturgem~i8 viele Kropfleidende aus allerlei Gegenden zustr6men. Die Messung muS m6glichst genau sein und wenigstens I-I6he und 13reite best immen, da eine Feststel lung der Dicke n u t zweifelhafte Resultate liefert. Ein biegsames, z. ]3. aus Zelluloid gefertigtes MaB, das einen Handgriff und Zentimeter- Millimetereinteilung besitzt, erscheint als ein hierzu geeignetes Ins t rument . Neben der Fliiche des Kropfes ist auch Knotenbi ldung oder besondere Derbheit des Gewebes zu beachten.

13el der Erhebung mfissen die Krzte daran denken, dab die Gr6fle der Schilddrfise bei den einzelnen Menschen verschieden ist, dab auch in kropfarmen Gegenden die PubertXtszeit bei beiden Ge- schlechtern, andererseits die Menstruat ion und das Kl imakter ium bei den Franen physiologische, sparer wieder vo'n selbst zurfick- gehende VergrSBerungen hervorrufen kann und dab eine fiberall gfiltige physi61"ogische Norm ffir die Schilddrfise sich nicht auf- stellen l~f3t. Eine genaue Stat ist ik des Kropfes in einem Lande ist daher nicht aufstellbar, infolgedessen anch in der Schweiz nicht vorhanden.

In Anbet racht des Umstandes , dab Kret in ismns in Kropf- gegenden h~ufig ist, mug auch diese Erscheinung sorgfiiltig geprfift werden. Insbesondere ist anf den Zusammenhang zwischen Kropf und Kret inismus, auf AIkoholismus, nnzureichende, einfSrmige, vitaminarme Nahrung, auf Stofiwechselst6rungen, auI Inzucht und andere zur Degeneration des Nachwuchses ffihrende Faktoren zu achten. Die Verarbeitung des gefundenen Materials mul3 durch eine geeignete zusammengesetz te ~rztliche l~2rop.f~ommission vor- genommen werden und zwar auch nach der Rich tung hin, in welehem Verh~Itnis die Erscheinungen des Kropfes bzw. des Kret in ismus zur Gesamtbev61kerung des betreffenden Gebietes stehen, wo die eigentlichen Kxopfherde sich befinden und ob sich ftir die Verteilung mehr oder weniger seharfe Grenzen finden lassen. Auch chemische Untersuchungen fiber den Jodgehalt yon Luft, Wasser und 13oden- produkten, yon Milch und Fleisch w~iren in den kropfarmen und kropfreichen Gegenden anzustellen. Nach dem 13efunde wfirde man dann ffir den Bek~mpfungsplan zweckm~iBig schwaeh, miiBig oder erheblich verkropfte Landesteile zu unterscheiden haben.

Die Erfahrungsta tsache, dab im allgemeinen Jod in sehr kleinen Dosen weder jodempfindlichen Personen noch Basedowkranken schadet, dab die Jugend sicher erheblichere Jodmengen ohne jede St6rung lange Zeit ver t ragen kann und dal3 das Jod vorhandene Kr6pfe, nament l ich solche parenchymatSser Art, verkleinert oder ganz verschwinden macht , aber auch die E n t s t e h u n g yon Kro)gI verh inder t , gibt, anch ohne dab die Atiologie des Kropfes v611ig ergrfindet ist, den Gesundheitsbeh6rden das Recht, in eine 13e- k~impfung des Leidens einzutreten, ja sogar einen Vorbeugungs- feldzug zu er6ffnen.

Da m a n in Kropfgebieten die ersten Anf~inge der Kropfbildung schon w~thrend der Entwicklung der menschlichen Frucht , deut- l ich aber in frfiher Jugend beobachten kann, m u g eine wirksame Vorbeugung bereits w~ihrend der Schwangerschaft der Mutter ein- setzen. Die Zuffihrung yon Jod in die Ern~thrungsweise der 13ev61ke- rung ist das Mittel, mi t dem eine solche Prophylaxe auszufiben w~ire. Die zugeffihrte Menge mul3 dem physiologischen 13edfirfnis ent-

:sprechen und in einer Zubereitung dem menschlichen GenuB zu-

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geffihrt warden, die in der Ern~ihrung allgemein gebraucht wird. Am einfachsten ist es, das Kochsalz mit Jod zu versetzen.

Die notwendige Jodmenge wird nach dem in der Schweiz bereits erprobten Vorgange 2,5--5 mg Jodkal ium auf I kg Koch- salz zu betragen haben ( = x/80--1/15 mg pro Tag). Es wird so er- reicht, dab im ganzen jalare nur das x,5 bis 3Iache der Menge ver- zehrt wird, die der normale Mensch st~tndig in seiner Schilddriise vorr~itig hat . Eine Sch~digung selbst j odfiberempfindlicher Personen und yon ]3asedowkrar~ken ist du tch diese sehr geringffigige Jod- zufuhr nicht wohl zu beffirchten. Auch eine Sch~idigung anderer Organe kann wohl nicht die Folge sein. Ist doch diese Dosis k a u m das Doppelte der in dem kropfarmen Distr ikt La Chaux de Fonds im Schweizer Jura mit der gew6hnlichen Nahrung zugeffihrtenJodmenge, und sie betr~gt nut die Hiilfte des im KochsMz yon Bordeaux vor- handenen Jodgehaltes. In 13ordeaux benutz t man dieses Salz (ein Nebenprodukt der Chilisalpeterraffinierung) seit Dezennien ohne sch~dliche Folgen. U m abet ganz sicher zu gehen und nicht durch bier und da vielleicht vorgebrachte Klagen fiber angeblich wahrgenommene Gesundhei tss t6rungen die der Gesamthei t dienende Vorbeugungsaktion zu diskrediiteren und zu gef~hrden und die Kurpfascher und Naturhei lkundigen auf den Plan zu rafen, die in der Schweiz schon jetzt versuchen, das unwissende Volk gegen den GenuB des jodierten Salzes einzunehmen, ja, i hm eine jodfreie Behandlung versprechen, dabei aber 6fters h6here Joddosen ver- abreichen, als die beb6rdliche Menge betr~gt, ist es notwendig, jeden Zwang zu vermeiden und der ]3ev6!kerung neben dem ]3ezug des jodierten Salzes, dessen Herstel lung yon Staats wegen (in der Schweiz ist die Salzversorgung ein Monopol der Kantone) in die Hand zu nehmen ist, auch noch den Bezug des gew6hnlichen Koch- salzes often zu lassen, so dab ein jeder das eine oder das andere wiihlen kann*). Dementsprechend wlire zu erwagen, ob nicht das mit jodiertem Salz gebackene Brot oder die mit einem solchen Salze verarbei teten Lebensmit tel wie Fleischwaren, K~se nsw. einem Delelarationszwange zu unterwerfen w~ren. Gleichzeitig muB eine st~ndige anfkt'~trende, abet nicht zu aufdringIiche Propaganda seitens der GesundheitsbehSrden z. ]3. in der Presse, durch Merk- blotter nnter Ver6ffentlichung yon Statist iken z. ]3. aus Schulen usw. betrieben werden, um so allm~hlich das nicht jodierte Salz aus dem Verkehr v611ig auszuschalten. Die Schweizer Kropf- kommission ha t ein Merkblat t f fir die ]3ev61kerung fiber die Kropf- prophylaxe entworfen. Die Tatsache, dab heute schon etwa 1/4 der schweizerischen Bev61kerung (in einigen iKantonen 5o- - Ioo%) lodiertes Salz in Gebraueh hat, l~Bt darauf schlieBen, dab man in diesem Lande geschickt vorgegangen ist. Die Herstel lung des Jodkochsalzes ist einfach. In der Saline Rheinfelden im Kan ton ]3asel wird das Kochsalz auf einem Transpor tband nnter einem Spray yon Jodkal iuml6sung fortgeffihrt; eine genauer srbeitende maschinelle Einr ichtung soll getroffen werden. Am schnellsten wird ma n mi t der Prophylaxe natfirlich vorw~irts kommen, wenn die Einwohner yon Nropfgebieten, wie im bayerischen Allg~u, den dringenden Wnnsch iiuBern, yon dieser Plage befreit zu werden, nnd so die beh6rdlichen MaBnahmen wil lkommen heiBen. Ein anderes Mittel ist die , , s tnmme" Propaganda, bei der man ohne Mitteilung an die 0ifent l ichkeit nur jodiertes Salz in den Verkehr gelangen llil3t, wie dies im Kan ton Waad t geschiebt. Eine gesunde Preispolitik, die das jodierte Salz nicht teurer mach t als das ge- vc6hnliche I4ochsalz, wird natfirlich die 13enutzung des ersteren vial eher verbreiten und auch die teueren Jodprliparate, die bereits yon mancher chemischen Fabr ik in den Handel gebracht werden, abet wegen ihres viel zu hohen Jodgehaltes nur schaden wfirden, ausschalten. Hand in Hand mi t dieser Abgabe yon jodiertem Salz rout3 der Rezeptzwang ffir alle Jodprliparate erlassen werden. um den MiBbrauch mit diesen I tei lmit teln in den I-IXnden yon Laien zu verhfiten. u kann ma n die Jodt inktur yon dem Verbote der Ireien Abgabe in denjenigen L~ndern ausnehmen, wo sie gemeinhin zur Desinfektion yon H a n twunden verwendet wird. Von diesem Gesichtspunkte ansgehend, dfirfte in Deutsch- land auch die Jodt ink tur dem Rezeptzwange unterworfen werden k6nnen. Es besteht ferner kein Grund, in kropfarmen Gegenden die ]3enutzung des jodierten Kochsalzes etwa zu verhindern. Eine solche Prophylaxe wird ihren Nutzen allerdings nur bei genauer Durchffihrung und wohI erst nach einem Menschenalter erweisen

*) Eine vom Bundesgesundheitsamt kfirzIieh an die Arzte geriehtete Anfrage, ob yon ihnea durch die Jodkochsalzverwendung Sch~tdigungen beobachLet seien, ergab, dab bei Herzkranken leichtere St6rungen und bei alten Leuten tgrmfidtmgserschei- ntmgen in einer kleineren ZaM yon F~llen aufgetreten seien, sodal3 eine gewisse Vor- sieht bei diesen Personen gcboten w~re. Es ist demgegentiber, wie es auch das yon der Kropfkommission herausgegebene Merkblatt zur Belehrung der BevNkertmg tug zu raten, dab man Beschwerden seinem Arzte melde. Im l~brigen warden gering- ffigige Unbequemlichkeiten bei dam Vorteil, der tier Allgemelnheit dutch eine Be- k~mpfung des endemischen Kropfes erwfichst, mit in Kauf zu nehmen sein und zwar um so eher, als durch die fakultative Verwendung des Kochsalzes besonders ingstlichen Leuten Gelegenheit gegeben ist, d~s gew6hnliche Koehsalz zu bcnutzen.

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k6nnen. Gleichwohl muB man nach den bereits vorliegenden gilnstigen Ergebnissen diesen Vorbeugungskampf gegen den ende- mischen Kropf (und m6glicherweise auch gegen gewisse Formen des Kretinismus) scholl hente als eille Pilicht der Gesundheits- beh6rden roll Kropflgndern allsehen. Abgesehen yon der Schweiz haben daher bereits eillige Staaten der nordamerikanischell Union (wo man es far ungefahrlich h~lt, eine 4omal so groBe Jodmenge als die in der Schweiz fibliche an die t3ev61kerung abzugeben), 0sterreich, Bayern und teilweise auch ~Vilrttemberg die Vorbeugung in die Wege geleitet.

Solange nun d iese Vorbeugung nicht allgemein hat Boden fassen k6nnen, wird eine therapeutische l?ehandlung vorhandener Kropff~lle als ErgXnzullg der Prophylaxe sich nieht umgehen lassen. Die Behandlung zeitigt erfahrnngsgem&B die besten Resul- tate bei den Schulkinder~z, yon denen ill Kropfgegenden eine ge- wisse Zahl bereits mit KropI behaftet in die Schnle eintrit t und yon dellen ein Tell der mit normalem Schilddrilsenbefunde dell Unterrieht Beginnenden w~hrend der Schulzeit kropfig wird. Der Kropf ist meist rein parenchymatSs und geht ant Jod sehr h~ufig v611ig zurilck. In Gegenden nun, wo schon bei Schuleintritt die I~Iiilfte oder mehr der Schiller eine VergrSlgerung der Schild- drilse zeigt, wird eine allgemeine Behandlung der Sehlllkinder vorzunehmen sein. Doff, wo nur wellige F~lle ermittelt werden, genilgt es, denjelligen Jod zu geben, die bei einer allj~hrlichen I~ontrolle sich als behandlullgsbedilrftig erweisen, Ill Gegenden mit mittelstarker Verkropfung ist es angebrach% wenigstens in den ersten Schuljahrell eine allgemeine Behandhng eintreten zu lassen und erst in den sp~teren Schuljahren eine Individualisiernng zu treffen. Zur Behandlung genilgt je nach dem Kropfreichtum der Gegend eine Jodkallumgabe von I - 2 mg w6chendich (1 Tablette yon 0~25 g Gewicht und nu t Zucker- bzw. Jodgehalt). Diese Abgabe verursacht nach der Angabe -won HUNZlKI~R, ADLISWIL, filr Kind ulld Jahr 15 Rappen (etwa i2 Pfennige) Kosten, ist also als billig zu bezeichnen. Um die m6gliehst nmfassende Durchftihrung der Behandlung, die selbstverstandlich im Einvernehmen mit dell Sehulbeh6rden und den Elterll vor sich gehen muB, zu sichern, ist die Verabreiehung yon Jodtablet ten aus 6Ifentlichen Mitteln zu bestreiten. Wahrend der Behandlung ist eine arztliche ?Jber- wachallg angezeigt, die Abgabe selbst kann durch den Lehrer er- folgen. Eine Kontrollkarte ist fiber jeden Behandelten zu filhren und beim Schulwechsel diesem mitzllgeben, damit die Behandlung plallmaBig weiter fortgesetzt werden kann. Alle Kinder milssen vor Beginn der Behalldlung und dann wieder jahrlieh untersueht werden. Eine Sch~digung ist bei der etwa 2 Sehuljahre lang fort- gesetzten Jodbehandlung der Kinder nieht zu befilrchten, welln man vorsichtig zu Werke geht. Bekanntlieh vertragell diese das Jod besser Ms die Erwachsenen. Man wird aber bei Normalbleiben des Halses ober bei Versehwillden des Kropfes die Dosis ant das- jenige MaB zurilckfilhren, welches den gfinstigen Znstand auch weiterhin gewtihrleistet und zwar am besten dadurch, dab man die Gabe weniger oft verabreieht (z. B. nur alle 2--4 Wochen). Mit dell gr6Beren Fortschrittell der Prophylaxe kann natilrlich die Schulbehandlung framer mehr einged~mmt werden nnd bei all- gemeinem Gebrauch des jodierten Kochsalzes ganz verschwinden. In den Schulen kann also mit ihr allfgeh6rt werden, wenn nur noch Kinder, die unter Jodsalz geboren warden, in die Schule kommen. Aber selbst eine sch~dliche Kumulierung der Jodwirkung bei der Kochsalzprophylaxe und gleichzeitiger Schulbehandlung ist nach Ansicht der schweizerischen Kropfkommissioll infolge der Gering- filgigkeit der Joddosis im Kochsalz nieht zu erwarten, zumal die Jodmenge bei der Kochsalzprophylaxe filr das Killdesalter nut 1/4--1/3 der bei der Sehulbehandlllng zugefiihrten Menge betrXgt. Dutch die t3ehandlung der Schiller wird erreicht, dab sie .in h6herem Alter yon Kropf frei bleibell, der alsdann wegen Kllotenbildung mit starker billdegewebiger Dllrchsetzullg einer Jodbehandlullg 6frets t rotzt and haufiger wegen Atem- und anderen Beschwerden zu Operationen filhrt.

Wenn, wie wir sahen, unsere Erkenntnis der Atiologie des endemischen Kropfes noeh nicht vollst~ndig ist, so steht sie bezilglich der Ursache des Kretinismus vor einer g~nzlich ungelOsten Frage. AuBer der Tatsache, dab der Kretinismus in Kropfgebieten h~ufig ist, nnd dab Kretins h~ufig Kropftr~ger sind, wissen wir nichts sicheres, tgine einzige Ursaehe als Grllnd filr diese vielgestaltige Erseheinnng ist kaum anzunehmen, zumal man beobachten konnte, dab nach ErschlieBung yon abgelegenen Ge-

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birgst~lern der Kretinismus, der in ihnen hXufig war, zurilckging. Der Verkehr mit kulturell hSher stehenden Gegenden lieB hygie- llische Lehren eindringen, vermittelte eine ge~ullde Ern~hrung, verminderte durch das Einheiraten in andere Familien die sehiid- lichen Folgen der notgedrungen bisher getriebenen Inzllcht II. dgL m., ohne jedoch durchgreifend Wandel zu schaffen. Grtindliche Forsehungell ant dem Gebiete des innerell Stoffwechsels und der inneren Sekretion werden hoffentlich einmal allch znr Beseitigung dieses Volksilbels die Wege zeigen. Nicht Ullm6glich erscheint es nach einigell Beobachtungen, als ob auch in diesem Falle dem Jod eine ge,wisse, aber sicher beschrfinkte gfinstige Rolle zukommen kann.

Dieser yon der Schweiz, in der 50--7o% Neugeborelle mit hyperplastischen Schilddrtisen geboren werdell, wo 5o% der Schul- kinder mit sichtbarem Kropf behaftet sind, etwa 2% der Rekruten wegen Kropf als dienstuntallglich ausfallen, i % der Bev61kerung jXhrlich wegell Kropf operiert werden muB nnd etwa 5ooo Kretinen der 6ffentlichen Ftirsorge anheim fallell, beschrittene Weg kalln allch den Beh6rden anderer Kropfl&nder empfohlen werden. Es ist ein maBvolles und vorsiehtig abgewogenes Verfahren, das, wenn auch seine Begrtindung vor der Hand weselltlich nur dureh Er- fahrungstatsachen gegeben ist, geeignet erscheint, die Sch~dell, die der Volkswirtschaft und der ~u eines Lalldes dureh den endemisehen Kropf erwachsen, auszutilgen.

Die in der Schweiz erlassenen Anweisungen ffir SchulbehSrden, Sehul~rzte und Milit~r~rzte und die Mitteilung an die ~ev61kerung fiber die Koehsalzprophylaxe m6gen hier folgen.

Mitteilung an das Pub~ikum betre]]s der Kochsalzprophylaxe.

Die H~ufigkeit des Kropfes und zum Teil auch des Kretinismus in dell meisten Teilen der Schweiz hat _~rzte und BehSrden sehon seit mehreren Jahren veranlaBt, Mittel und Wege zu suchen, nm diesem Volksilbel Einhalt zll gebieten. Die Sorge filr gutes Trink- wasser und gute hygienische Lebensbedingungen hat yon jeher Ms eines der Mittel zur Verhiltung des Kropfes gegolten nnd es muB diesem Punkt auch ill Zukunft die voile Aufmerksamkeit geschenkt werden. Die Erfahrung hat aber gezeigt, dab mit diesen allgemeinen hygienischen Magregeln allein der Kropf noeh nieht zllm Yerschwindell gebraeht werden kann. Aus den seit 7 ~ Jahren gemachten Erfahrungen geht nun hervor, dab zwisehen dem ]odgelial% der Nahrung und dem Vorkommell des Kropfes ein gewisser Zusammellhang besteht, in der Weise, dab der Kropf in Gegenden mit jodarmer Nahrllng hXufiger ist, Ms in Gegellden mit jodreicher Nahrung. Es sei gleich erl~uternd beigeffigt, dab das Jod nieht eine dem KSrper fremde Substanz darstellt, sondern zu seiner normalen Zusammensetzung geh6rt, und insbesondere ffir eine normale Funktion der im K6rperhaushalt so wichtigen Schilddrfise erforderlich ist. Wir llehmen kleine Mengen yon Jod tXglich in dell meisten nllserer Nahrungsmittel, so besonders in der Milch, in gewissen Gemilsen, ill Fischen, im Trinkwassel usw. auf. Die his jetzt vom schweizerischen Gesundheitsamt vorge- llommenell vergleichendell Untersuchungen zwischen dem Jod- gehalt der Nahrung in dem relativ kropfarmen La Chaux-de-Fonds und in dem kropfreichen Emmelltal zeigen, dab Trinkwasser und Nahrungsmittel ill La Chanx-de-Fonds zusammen ungef~hr 2t/gmal so jodhaltig sind wie in Signau. Diese Feststellungen best~tigen die in Frankreich seinerzeit in grogem MaBstab gemachtell Beobach- tnngen. Es lieg~c deshMb nahe, dem Jodausfall in der Nahrung dureh eillell sich in physiologischen Grenzen haltenden Jodznsatz zum Kochsalz abzuhelfen. Die I-t6he dieses Zusatzes ist ant Grund der Vorschl~ge der schweizerischen Kropfkommissioll und nnter Berficksichtigung yon schon gemaehten praktischen Erfahrllngen auf 5 mg ]odkalium zu einem Kilogramm Kochsalz festgesetzt worden. Die Geringffigigkeit dieser Dosis ergibt sich schon arts dem Umstande, dab selbst das Hundertfache der ant diese Weise dem Erwachsenen j~hrlich zllgeffihrten Jodmellge ohlle Bedenken yon den meisten Erwachsenen in einem Tage eingenommen werden kann und auch h~ufig zu ~rztlichen Zwecken verschrieben wird. Ffir weitaus dell grSBtell Tell der BevSlkerung stellt die ffir die Prophylaxe benutzte Jodmenge also einen durchans harmlosen und zu einer nfitzlichen ~Virkung fXhigen Zusatz zur t~Lglichen Nahrung dar. Um abet der bei einzelnen Personen, besonders bei solchen mit Basedow scher Krankheit, vorhandenen abnormell Empfindlichkeit gegen Jodpr~parate Rechnnng zu tragen, solt iiberall das gewShnliehe Koehsalz ebenfalls fell gehalten werdell. Familien, DSrfer oder ganze Gegenden mit starker Neigullg zur Kropibildung werden also das jodhaltige Kochsalz bevorzugen;

5. M~RZ z9~5 K L I N I S C H E W O C H E N S C

Ortschaften, in denen der Kropf selten ist, werden sich vorzugsweise des bisherige n Kochsalzes bedienen nnd ebenso Personen, welehe aus Erfahrung wissen, dab ihnen auch kleinste Jodmengen nicht gut bekommen. Es set allerdings bemerkt, dab die Jodbeimischung zum Kochsalz eine so geringfflgige ist, dab sie nach den bisherigen Erfahrungen anch yon jodempfindlichen Personen anstandslos vertragen wird.

Dutch das Feilhalten der beiden Kochsalzarten soll der Kochsalz- prophylaxe der Charakter einer zwangsweise durchgeffihrten MaB- regel benommen werden. Es setz t dies atlerdings voraus, dab im Interesse einer wirkungsvollen Vorbeugung besonders ffir die kom- mende Generation das jodhaltige Kochsalz auch da aus freien Stficken bevorzugt wird, wo auch nut eine leichte Neigung der Bev61kerung zum" Kropf festgestellt ist.

Soltte jemand glauben, infolge der Benutzung dieses jodhaltigen Kochsalzes irgendwelche abnormen Erscheinungen, besonders yon seiten des Herzens und des Nervensystems, zu verspfiren, so mfiBte er dies seinem Arzte melden. Ni t diesem Hinweis soll nicht etwa eine iibertriebene Furcht vor solchen Folgeerscheinungen groggezogen werden. Eine soIche Furcht w~ire bei der zur An- wendung kommenden Dosierung des Jodes in keiner Weise gerecht- fertigt.

Es muB mit besonderem Nachdruck darauf hingewiesen werden, dab die getroffenen Mal3nahmen nut dann yon Eriolg begleitet sein k6nnen, wenn schon das Kind w/~hrend seiner Ausbildung im Mutterleibe in genfigender Weise mit Jod versorgt wird, und wenn die Benutzung des jodhaltigen Kochsalzes w~hrend des ganzen sp/~teren Lebens durchgefiihrt wird. Eine einigermaBen kropffreie Generation Erwachsener wird sich also etwa erst in einem Viertel- jahrhundert erwarten lassen.

Die Unzul~nglichkei~ der in Betracl~t zu ziehenden Jodmengen fflr die Heilung schon bestehender Schilddrfisenvergr6Berungen ha t _Krzte und ]3et-6rden dazu geffibrt, durch Verabreichung eines besonderen Jodzusatzes Ifir dos schulpflichtige Alter schon die jetzt wachsende Generation nach M6glichkeit vor den sp~teren nnan- genehmen Folgen des Kropffibels zu bewahren. Es ist zu diesem Zwecke vorgesehen, dab die Schuljugend, besonders des ersten und allf~llig noch des zweiten Schuljahres, w~hrend der Unterrichts- periode, also ungef~hr w/~hrend 4 ~ XcVochen pro Jahr, w6chentlich je eine Pastille yon I mg Jodkalium oder Jodnatr ium erh~lt. W/~h- rend in Ortschaften und Gegenden mit starker Verkropfung diese Schulbehandlung bet allen SchulMndern der betreffenden Alters- stufen durchgeffihrt werden sollte, so wfirde man sich in Ortschaften mit geringer Verkropfung damit begnfigen, die Tabletten an die- jenigen Kinder zu verabreichen, welche schon mit ether Vergr6Be- rung der Schilddrfise behaftet s ing Vom s. bzw. 3- Schuljahre weg wird die Jodverabreichung je nach den erzielten Resultaten herabzusetzen sein. Es wird in erster Linie Sache des Schularztes sein, den Schulbeh6rden die n6tigen Angaben hierfiber zu machen und die Kontrolle der behandelten Kinder zu besorgen. Ebenso mug es Schul~rzten und Beh/Srden iiberlassen bleiben, je nach der Intensit~t der Kropfendemie fiber die yon der schweizerischen Kropfkommission Ms Norm angesehene Dosis yon x mg pro \Voche hin~uszugehen.

Sollte ein Kind, was nach der bisherigen Erfahrung aul3er- ordentlich selten ist, eine gewisse Intoleranz auch gegen diese kleine Joddosis zeigen, so w~re dasselbe yon der Schulbeb.andlung auszuschlieBen.

Auch hier muB wiederholt werden, dab nut eine konsequente und sich auf Jahre erstreckende Joddarreichung in den Schulen yon Wert sein wird.

Es wird der Bev61kerung angelegentlich empfohlen, keinerlei nicht vom Arzt verschr{ebenen ~uBerlichen oder innerlichen Kropf- mittel zu verwenden. Sollte ffir gewisse F~lle der kleine Jodzusatz zum Kochsalz und die Schulbehandlung nicht genflgen, so muB eine intensivere Behandlung durch den Arzt verschrieben und yon ibm kontrolliert werden. Eine nicht sachgem~B kontrollierte Jod- behandlung mit zu groBen oder zu lang angewendeten Dosen ist die Hauptursache der bis jetzt beobachteten Jodsch~digungen. Es besteht kein Zweifel daran, dab die Einfiihrung der Kochsalz- prophylaxe und der Schulbehandlung in dem MaBe dazu bei tr~gt, JodschXdigungen verschwinden zu machen, als sie die BeTcOlkerung dazu veranlassen wird, ant die unkontrollierte Jodbehandlung zu verzichten.

Anleitung zur Untersuehung der Retcruten au] Krop]. Der Arzt stellt sich vor den ebenfalls stehenden zu Unter-

suchenden, achtet auf die Form seines Halses und ant das allf/illige Vorhandensein yon Venenerweiterungen am Halse und an der ent- bl6Bten Thoraxwand. Dann l~Bt er den zu Untersuchenden schluk- ken, um so einen allf~illigen tiefsitzenden Kropf sichtbar zu machen.

t t R I F T . 4' J A H R G A N G . N r . fo 463

Sodann l~gt er den zu Untersuchenden sicb setzen, t r i l l ant die linke Seite dessetben nnd nimmt die Messung des Halsumfanges vor. Das BandmaB wird zu diesem Zweck im Nacken oberhalb der Vertebra prominens angelegt und umschlieBt die Basis des Halses bzw, den am st~rksten vorspringenden Punkt desseIben. Diese Messung wird zuerst bet ruhiger Atmung vorgenommen. Sodann 1/iBt man den zu Untersuchenden mit geschlossenem Munde krMtig pressen und nimmt in gleicher Weise eine zweite Messung vor. Ein Unterschied yon 2 cm und mehr zwischen den beiden Messungen erweckt Verdacht auf einen gef/iBreichen Kropf oder ant Kompression der Halsvenen dutch die Struma, auch wenn Inspektion and Palpation wXhrend ruhiger Atmung scheinbar nut eine geringe Schilddrfisenvergr6Berung erkennen lassen. Eine Umfangvermehrung yon weniger als 2 cm schlieBt aber Kropf nicht arts.

Zum Schlusse begibt sich der Arzt hinter den zu Untersuchenden und umgreift den Hals desselben in der Weise, dab er seine beiden Daumen an den Nacken desselben anlegt, w/ihrend er mit Zeige- und MitteIfinger der beiden Hgnde vergleichend die beiden Schild- drfisenlappen abtastet. L~Bt sich die Form der Schilddrfise so nicht ohne weiteres nmschreiben, so wird die Palpation wiederholt, wAhrend der zu Untersuchende schluckt. Gelingt es nicht, den nnteren Pol eines vergrSBerten Schilddrfisenlappens mit dem Finger deutIich abzutasten, so ist anzunehmen, dab ein tiefer Kropf be- steht, auch wenn die Halsform ~iuBerlich nur wenig ver~ndert ist.

Als normal fflr die Zwecke der summarischen milit/~rischen Beurteilung sind diejenigen FMle aufzufassen:

a) bet denen die Rinne zwischen Trachea und seitlicher I-Ials- muskulatur dutch ein eben ffihlbares Polster ausgeffillt ist und wo der Isthmus als dfinne Gewebsschicht vor der Trachea zu ffihlen ist;

b) ferner diejenigen F/~lle, bet denen die Schilddrfise zwar in ihrem ganzen Umfange leicht abzutasten ist;

I . wo sie aber das Halsrelief nicht sichtlich ver~ndert, 2. sich nicht in den Thorax hinein erstreckt, 3. sich beim Pressen nicht abnorm stark aufbl~ht (h6chstens

:2 cm)~ 4. wo keine Atembeschwerden bet starker Anstrengung be-

stehen. Die Gruppen a) nnd b) entsprechen den Typen I und II der

Einteilung der schweizerischen Kropfkommission zu tt/~nden der Schnluntersuchungen. Ist die Schilddrfise ohne weiteres Ms gleich- m/~gig vergr6Bert zu erkennen, wird die Form des Halses durch ihre Yergr6gerung angenscheinlidh ver~ndert, bl~ht sich der Hals beim Pressen stark aui, so spricht man yon diffusem Kropf (Typus I I I der Anleitung der Kropfkommission). Lassen sich in einer normalen oder einer diffus vergr6Berten Schilddrfise einzelne Knoten deut- lich abtasten, so ist der Fall als knotige Struma (Struma nodosa) einzutragen.

Protokollierung der U~tersuehungsresultate und milltgrisehe Be- u~teilung der KrdpJe bezgglieh Diensttaug~ieh~eit~

a) Eintragungen ins Dienstbi~ehlein. Die vom Standpunkt der Diensttauglicbkeit normal zu be-

zeichnenden Typen I und !I der Anleitung der Kropikommission erhal• keine Eintragung ins Dienstbfichlein.

Die ausgesprochenen diffusen Vergr6Berungen der Schilddrfise (Typus I I I der Anleitung der Kropfkommission), einschlieBlich des sog. B1/~hhalses sind Ms Struma diffusa (Str. diff.) ins Dienst- bfichlein einzutragen, unter Angabe des Halsumfanges und all- f~lliger weiterer Angaben (profunda nsw.). Die Diensttauglichkeit h~ngt in diesen F/~llen yore Sitz der Struma und yon ihrem EinfluB ant die Luftr6hre und die Get,Be ab. Tiefer Sitz (Strnmaprofunda), Trachealkompression (Atemnot bei Anstrengungen) und starke GefXBentwicklung am Halse bedingen Dienstuntauglichkeit. Kno- tige Strumen sind a!s Struma nodosa mit Angabe des Sitzes der st6rend wirkenden Knoten (Struma nodosa centralis, sinistra, dextra) und des Halsumfanges einzutragen (z. B. Str. nod. dext. 43)- Struma nodosa bedingt Dienstuntauglichkeit, soweit es sich nicht um Meine, nicht komprimierende Knoten handelt. In den F~llen, in de~en Struma irgendwelcher Art Dienstuntanglichkeit bedingen wflrde, ist der Mann ant I Jahr zurfickzustellen, wenn medikamen- t6se oder operative ]3ehandlung erfolgreich zu sein verspricht, und der Untersuchte" sich zur Behandlung (evtl. zur Operation) bereit erld~rt.

b) Eintragungen in "die Kontrollen iiber die sanitSrische Untersuchung der Wehrpfliehtigen.

In die Kontrotlen fiber die sanit~rische Untersuchung der Wehrpflichtigen ist der Schilddrfisenbefund bet s~mtlichen Re- kruten einzutragen, und zwar sowohl der Zustand der Schilddrfise (normal oder A r t der allfalligen Vergr6Berung) Ms auch der Hals- umfange irn Ruhen und bet Pressen gem~13 den obenstehenden

464 KLINISCHE W O C H E N S C t t

Aus f f ih rungen ; der H a l s u m f a n g bet P ressen is t i n K l a m m e r n beiziiffigen.

Beispiele : I. H. IIormal 38 (39,5). 2. Str. diff. 42 (44).

Str. diff. prof. 4 ~ (41,5). Str. diff. compr . 41 (43,5).

3. Str. nod. dex t . 43 (45).

A n w e i s u n g ]i~r Schulbehdrden und Schul4rzte.

Die K r o p f p r 0 p h y l a x e in der Schule i s t ffir die groBe Mehrzahl der Schu lk inde r in den m e i s t e n Gegenden der Schweiz als eine S c h u l b e h a n d l u n g anz l l sehen , da die Mehrzah l der K i n d e r eine m e h r oder weniger vergrbBer te Schilddrfise anfweis t . Als Grund lage dieser S c h u l b e h a n d l u n g wird Yon der schweizer i schen K r o p f k o m - miss ion die w6chen t l i che Dosis y o n i m g J o d k a l i u m oder J o d n a t r i u n in gee igne te r A u f m a c h u n g emps Diese Dosis is t w~hrend des L u n d in s t a rke r k r o p f b e h a f t e t e n Gegenden a u c h w~hrend des 2. Schu l j ah res wbchel l t l ich zu ve rabre ichen . E s m u g Sache der e inze lnen Schll l~rzte u n d S chu l behb rden bleiben, in ganz besonders k ropf re ichen O r t s c h a f t e n fiber die i m obigen vorgesch lagene Dosis von i m g in der W o c h e h i n a u s zu gehen. V o m 2. bzw. 3. Schu l jahre weg k a n n die Dosis bei e i n g e t r e t e n e m Erfolg au f die I-t~lfte bzw. e in Viertel , d. h. au f 2 - - 4 wbchel i t l iche Ve rab re i chung der ur- spr f ingl ichen Dos i s h e r a b g e s e t z t werden u n d auch ffir die weiterel i Schi i l jahre i s t i nd iv idua l i s i e rend zu ve r fahren . I n s t a rk rnit Kropf

R I F T . 4. J A H R G A N G . N r . IO 5. M~RZ ~925

b e h a f t e t e n Gegenden silid K n a b e n u n d Mgdchen gle ich zu behan- deln, wghrel id in Gegenden I I i t weniger ausgesproche l i e r Kropf - endemie die Dosis bet Knabe l i r a scher a b n e h m e n dar t als bet Mgdcheli . I n Gegenden, in welcheli be im Schi i le in t r i t t die H~Ifte oder m e h r K i n d e r scholi vergrbBer te Schilddrt~sen (yore T y p u s I I aiifwgrts) aufweiseli , empf i eh l t es sich, wghre l ld des e r s t en J a h r e s sgmt l i che Schu lk inde r zu behande ln . I n Gegenden, in d en en be im Schu le in t r i t t weniger als die Ha l f t e der K i n d e r vergr6Ber te Schild- drfisen aufweisen, k a n n es als genf igend e rach te t werden , jewei len n u r diesen le tz te ren Jod zll ve rabre ichen . Diese I n d i v i d u a l i s i e r u n g seholi im e r s ten Schnljgt lr e r forder t abe t eine vorggng ige Ui i ter - s l l chung sgmt l i che r K i n d e r d u t c h den Schula rz t . E ine solche Un te r such l l ng is t fibrigelis l ln ter .allen U m s t g n d e l i zll empfeh len . Die Schll lgrzte werden gebeten , s lch zu d iesem Zwecke der y o n der schweizer i schen K r o p f k o m m i s s i o n au fges t e l l t en I n s t r u k t i o n zu bed ienen u n d die E i n t r a g u n g e n au f die zu d i e sem Zwecke her- gestell teli , i l idividuelleli K r o p f k a r t e n zll m a c h e n . Bet j e d e m Schulwechse l s011te zu r Or i en t i e rung des Schula rz tes des n e u e n Schulor tes d e m f ibe r t r e t enden Kil ide seine K r o p f k a r t e i m Doppe l m i tgegeben werden . Eille ra t ionel le Ind iv idua l i s i e r l lng i s t n u t d a n n m6gl ich, wenn alle K inde r vo r Beg inn der Sehu lbeha l id lung a n d d a n n wieder yon J a h r zu J a h r a rz t l ich u n t e r s u c h t werden .

L i t e r a t u r: ~) TH. VON FELLENBERG: Untersuchungen fiber das Jodvor- kommen in der Natur. Biochem. Zeitschr. Bd. I$9, H. 4/6. Berlin: Julius Springer. Und: Untersuchungen fiber den Jodstoffwechsel. Dieselbe Zeitschr. 112, H. 3/4. -- Ferner: Untersuchtmg yon jodierten Salzen. Biochemisehe Zeitschr. 142, H. 3]4; sowie: Untersuehungen fiber jodiertes Koehsalz und fiber das Vorkommen yon Jod in den Naturprodukten dreier aargauischer D6rfer.

REFERATENTEIL. EINZELREFERATE UND BUCHBESPRECHUNGEN.

ALLGEMEINES. O H a n d b u c h der inne ren Medizin. Begr . yon L. M O H R t ulid R . S T A E H E L I N . Hrsg . yon G. v. B E R G M A N N ul id R. S T A E H E - LIN. Bd. i , T1. i : In fek t ionsk rankhe l t en L 232 z u m Teii farb. Textabb. x n , 717 S. Ber l in : Ju l i u s Spr inger 1925. Geb. 45 Gold- mark :

Das y o n L. Mom~ t u n d R. STA~t~EI, IN begrf indete , j e t z t yon G. v. BERGMANN u n d R. STAEHELIN wei tergeff ihr te H a n d b i i c h der i nne ren Medizin is t in Neuauf l age begriffen. Der I. Band , I. T e i h In fek t ionskra i ikhe i t en , l iegt bere i t s in zweiter Auf lage vor. L. MOHR, d e m der G r a m fiber die pol i t i sche E n t r e c h t u i i g unse res Va te r l andes den L e b e l i s m u t g e n o m m e n ha t , i s t es leider versag t , die Genugt l lu l ig der Neual l f lage seines Lebenswerkes zu erleben. Als bre i ta l igelegtes H a n d b u c h der innerel i Medizili, das ge t reu dell Lehrei1 l l n se re rAl tme i s t e r TRAUBE u n d NAUNYN auf der Grund - lage phys io log i schen D e n k e n s a l l fgebaut ist, sol l te der Mohr- Staeheli.rb d e m klinischeli Leh re r e in Wegweiser , d e m Arz te in der P r ax i s in schwier igen S i tua t ionen ein Helfer u n d in den besehau- l ichen S t u n d e n der S t ud i e r s t ube e in z l lver lass iger B e ra t e r sein. Voll a n d ganz h a t da s H a n d b u c h der i l ineren Medizin d iesen Zweck erifillt. Die ers te Aiiflage war sehr ba ld vergr i f fen. Andere , in der Zwischen , zeit e r sch ienene S a m m e l w e r k e der i nne ren Medizin k o n n t e n das H a n d b u c h u ich t fiberflfigeln, an Gle ichwer t igkei t der E inze ldar - s t e l lung z u m g rogen Tell u ich t e i nma l erreichen, Der ers te Band , der die In fek t io l i sk ra l ikhe i t en a b h a n d e l t , is t in zwei Teile ge te i l t worden , u m ihn hand l i che r zu gestal tel i , Der vor l iegende ers te Tel l e l l th~l t Se rnm kra l i khe i t a n d S e r u m a n a p h y l a x i e yon A. SCHIT- TENHELI~ (Kid) , a k u t e E x a n t h e m e y o n F. ROLLY (Leipzig), In- f luenza u n d Grippe y o n R. MASSlNI (Basel), Febr ls he rpe t i ca yon R. MASSlNI (Basel), K e u c h h u s t e n voii M. KLOTZ (Lfibeck), Pa ro t i t i s ep idemica Yon M. KLOTZ (Lfibeck), D i ph t he r i c yon F. G6PPERT (G6tt ingen) , T e t a n u s y o n A. SCHtTTENHELM (Kiel), Meningi t i s ep idemica y o n F. G6PI'ERT (G6tt ingen) , ep idemische Kinder - l ~ h m u n g yon E. MOLLER (Marburg) , Ei icephal i t i s ep idemica yon R. STAEHELIN (Basel) u n d W. L6FFLER (Zfirich), Cholera as ia t ica Yon H. ELIAS ulld R. DOERa (Basel), R uh r , Dysen te r i e yon A. SCI~ITTENHELM (Kiel), F lecMieber yon A. SCHITTENHELM (Kiel), Wei l sche K r a n k h e i t yon A. SCHITTEI~HELI~ (Kiel), Ffinf- t agef ieber y o n A. SCHITTENHELM (Kiel). W i r J f ingeren k a n n t e n I n f e k t i o n s k r a n k h e i t e n z u m grbBten Tell nfir au s d e m L e h r b u c h . E r s t der GroBe Kr ieg h a t uns das F l l r ch tba re des C o n t a g i u m v i v u m wieder z u m BewuGtseii i geb rach t und" die Nosologie der m e i s t e n I n f e k t i o n s k r a n k h e i t e n in grandioser Weise a.m Massen- e x p e r i m e n t k e n n e n ge lehr t . SCHITTENItELM h a t in den y o n i h m abgeha l ide l t en Kapi te l l l seine groBeli E r f a h r u n g e n i m Kriege zu- s ammenge t r age i i . I n seilien Da r s t e l l ungen m e r k e n wi t das Selbst - er lebte l ind Selbs tgesehene . A u c h in d e m Kap i t e l Cholera as ia t ica s ind y o n ELIAS u n d DOERR die j fmgeren Chole raep idemien der

Kr iegsze i t u n d Nachkr iegsze i t in den 6s t l ichen L ~ n d e r n e ingehend gewfirdigt . Die Abschn i t t e Grippe (MASSlNI) ul id Encepha l i t i s (STAEI~ELIN a n d L6FFLER) b r ingen das in den groBen E p i d e m i e n der Nachkr iegsze i t E r l eb te u n d in s o r g s a m s t e r B e o b a c h t u n g zu- s a m m e n g e t r a g e n e T a t s a c h e l i m a t e r i a l in soiiverXiier D a r s t e l I u n g zur Anscha i iung . Die A u s s t a t t l l n g u n d der D r u c k der Neu au f l ag e ist wiirdig u n d schbii. THANNHAUSER, Heide lberg .

O Synthese der Zel lbauste ine in Pf lanze und Tier. Zugle ich ein Bei t rag zur Kel in tn is der Wechse lbez i ehungen der g e s a m t e n Organ i s - menwel t . Voli E. A B D E R H A L D E N . 2. vollst , lieu ver faBte Allfl. V, 61 S. Ber l in : Ju l ius Spr inger 1924. 2,4o Goldmark .

In fesselnder a n d Mlgemeinvers t t tnd l icher Weise g ib t ABDER- ttALDI~N Be t r ach tu l i gen fiber einige der i n t e r e s s a n t e s t e n b iochemi- schen Probleme. Das T h e m a Syn these der Ze l lbaus te ine in Pf lanze a n d Tier, fiber welches er ais K e n n e r a n d Mi t sch6pfe r sehr viel ali- regendes u n d au ik l~rendes zu sagell weig, g ib t i h m V e r a n l a s s u l i g , darf iber h i n a u s geis tvol le Ausb t i cke au f andere in teressa l i te P ro - b leme zu erOffnen. Die E n e r g i e v e r w e n d u n g im t ie r i schen Organis- mus , die V i t a m i n e uiid ErgXnzlingsstoffe , die Bez iehul igen zwischen Bodeli, Pflanzel i u n d t ie r i schen Lebewesel i we rd en bet landel t . Grund legende Fragei i wie die n a c h der H e r k u n f t der Lebewesen auf der Erde~ oder F r agen der kf inf t igen A u f g a b e n der c h e m i s c h e n Wisse l i schaf t in Techn ik u n d im Diens te der N a h r u n g s m i t t e l - erzeugllng, werden t ro t z aller Kiirze Mar u n d schar f formul ie r t . Mit derselbeli K u n s t wie e ins t TYNDALL seine popu l~r -wis senscha f t - l ichen Vor t r~ge verfaBte, s tud die Lebe l i sgesch ich ten des Koh len - stoff- u n d S t icks to f fa toms , poe t i sch als Se lbs terz t th lungen gedach t , dargeste l l t . LEON ASKER, Bern.

O Carl Correns. Gesammel te A b h a n d l u n g e n zur Vere rbungswissen- sehaf t aus periodisehen Schrif ten 1899 bis I924. Hrsg . v. d. dtscJa. Ges. f. Vere rbungswissenscha f t . 128 Tex tabb . , 4 Tat . u. _r Bildnis. IX, 1299 S. Ber l in : Ju l ius Spr inger 1924. Geh. 96, geb. Io 5 Gold- nlark.

Es war ein glticklicher Gedanke der deu tsche i i Gesellschas ffir Vere rbungs leh re u n d eili groBes Verd iens t des Spr ingerschen Verlages, z u m 6o. Gebi i r t s tage yon C. COlORErs dessen A b h a n d - lungel i ziir Ve re rbungswi s senscha f t aus per iod ischen Schr i f ten zu- s a m m e n z u t r a g e n lind in ei i iem gu t a u s g e s t a t t e t e n B a n d e zu ver- 6ffelit l ichen. CORRENS geh6r t zu den Wiedere l i tdeckern der Mende l schen Gesetze a n d seine Arbe i ten s ind seit der E r n e u e r u n g der Ve re rbungswi s senscha f t f i ihrend gewesen. ~,Venn sie au ch fas t ausschl ieBlich die Vere rbung bet P f l anzen z u m Gegens tande haben , so soll te -- eben wegen ihrer grundlege l iden B e d e u t u n g -- doch auch der Medizilier u n d der Zoologe, der sick m i t Vere rbungs- f r a g e n befag t , sie oft zur H a n d IIehmen. Mehr als die H~lf te der Mi t t e i lungen s ind zwar ffir den Bo tan ike r le icht zugiinglich~ da sie in verbre i te ten , a l lgemeiu -na tn rwissenscha f t l iqhen u n d bo tan i schen Zei t schr i f ten (Ber. der deu t s chen bo t an i s ch en Gesell-