(Wie) sind Rebound Effekte zu vermeiden? Ernst Schriefl Ist weniger mehr? - Energieverbrauch und...
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(Wie) sind Rebound Effekte zu vermeiden?
Ernst Schriefl
„Ist weniger mehr? - Energieverbrauch und Lebensstil“
26.6.2008, Graz
Rebound-EffekteDefinition
Was sind „Rebound-Effekte“?
to rebound = abprallen, zurückprallen, zurückschnellen
im Bereich Energieeffizienz:
technologische Maßnahme zur Erhöhung der Energieeffizienz ->
Energiedienstleistungsniveau steigt ->
zu erwartende Einsparungen werden (teilweise) kompensiert)
Rebound Effekt = Potentielle Einsparungen - tatsächliche Einsparungen
Rebound-Effekte in anderen Bereichen: Zeitersparnis durch verbesserte Kommunikationstechnologien?
Rebound-EffekteÖkonomische Erklärung
Ökonomische Erklärung von Rebound-Effekten
Erhöhung der Energieeffizienz für bestimmte Energiedienstleistung (EDL) senkt die Kosten pro Einheit dieser Energiedienstleistung ->
höheres Niveau der Energiedienstleistung wird konsumiert, je nachdem, wie „elastisch“ die Nachfrage reagiert
Rebound-EffekteGeschichte
„Entdeckung“ des Rebound-Effekts
W. Stanley Jevons (1865): „The Coal Question“
“It is a confusion of ideas to suppose that the economical use of fuel
is equivalent to diminished consumption. The very contrary is the
truth."
aufgrund technischer Innovation stieg die Effizienz des Einsatzes von
Kohle um Faktor 3;
allerdings stieg zwischen 1830 und 1863 der Kohleverbrauch um das
10-fache!
„Jevons-Paradox“
Rebound-EffekteArten von Rebound-Effekten
Arten von Rebound-Effekten
1. direkter Rebound-Effekt: Erhöhen des EDL-niveaus jener EDL (=
Energiedienstleistung), deren Effizienz erhöht wurde
2. indirekter Rebound-Effekt: Konsumieren anderer Produkte /
Dienstleistungen mit Ersparnissen aus Effizienzgewinnen
3. dynamische gesamtwirtschaftliche Auswirkungen: Führt Erhöhung
der Energieeffizienz zur Ausweitung der Produktion, zu
gesamtwirtschaftlichem Wachstum? Wie ändert sich Einsatz der
Produktionsfaktoren? (z.B. Wird Arbeitskraft durch Energie ersetzt?)
Rebound-EffekteEDL-Niveau
Erhöhung des Energiedienstleistungsniveaus
• „more of the same“
Mehrkonsum der Energiedienstleistung, z.B. höhere/niedrigere Raumtemperaturen, mehr gefahrene km, größere Kühlschränke
• Erhöhung / Änderung von Qualität und Komfort
z.B. automatisiertes Heizsystem
Autos mit mehr Platz, besseren Sicherheitseinrichtungen, schnellerer Beschleunigung, Klimaanlage, ...
• Markteintritt „marginaler Konsumenten“
für Konsumenten, die sich EDL bislang nicht leisten können, wird EDL bei Kostenreduktion aufgrund von Effizienzgewinnen leistbar
Rebound-EffekteDirekter Rebound-Effekt
Höhe des direkten Rebound-Effekts
Rebound-Effekt (%)
Raumheizung 10 - 30
Raumkühlung 0 - 50
Beleuchtung (HH) 5 - 15
Auto-Mobilität 10 - 30
Quelle: Greening / Greene / Difiglio (2000): Energy efficiency and consumption - the rebound effect - a survey
Rebound-EffekteEinflußfaktoren
Der (direkte) Rebound-Effekt ist umso höher, je
• schlechter der Ausgangszustand ist: insb. bzgl. Komfort, z.B. Einzelofenheizungen
• weiter Dienstleistungsniveau von einem gewissen Sättigungsgrad entfernt ist
• höher der Anteil der laufenden Kosten an Gesamtkosten ist: z.B. für Raumheizung, Raumkühlung, Mobilität
=>
hohe Rebound-Effekte sind insbesondere für Entwicklungs- und Schwellenländer zu erwarten (schlechter Ausgangszustand, geringes EDL-Niveau)
Rebound-EffekteEffizienzentwicklung 1
0
20
40
60
80
100
120
140
Bauperiode
sp
ez.
He
izla
st
pro
BG
F (
W/m
2 )
Einfamilienhäuser
Zweifamilienhäuser
kleine Mehrfamilien-häuser
große Mehrfamilien-häuser
Entwicklung Gebäudeheizlast nach Bauperiode
Quelle: Schriefl (2007)
Rebound-EffekteTreibende Faktoren
Energieverbrauch Raumheizung
0
50
100
150
200
250
1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000
En
erg
iev
erb
rau
ch
(P
J /
a)
0
50
100
150
200
250
300
350
Wo
hn
flä
ch
e g
es
am
t (M
io. m
2)
Energie-verbrauchHeizen
Wohnflächegesamt
Quelle: Schriefl (2007)
Rebound-EffekteEffizienzentwicklung 2
Energieeffizienz von Haushaltsgeräten
Spez. Verbräuche Haushaltsgeräte
0
0,5
1
1,5
2
2,5
3
3,5
1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995
kWh
/ Tag
Waschmaschine
Wäschetrockner
Geschirrspüler
Kühlschrank(+Kombi)
Gefriergerät
TV
Quelle: Zöchling (1995)
Rebound-EffekteTreibende Faktoren
Verbreitung von Haushaltsgeräten
Quellen: Statistik Austria
Ausstattungsgrade mit Haushaltsgeräten
0
20
40
60
80
100
120
140
1960
1965
1970
1975
1980
1985
1990
1995
%
Waschmaschine
Wäschetrockner
Geschirrspüler
Kühlschrank
Gefriergeräte
TV-Gerät
+ Anstieg Anzahl der Haushalte!
Rebound-Effekte
Entwicklung Haushaltsstromverbrauch
Quelle: Zöchling (1995)
Stromverbrauch öst. Haushalte nach Gerätegruppen
0
1000
2000
3000
4000
5000
6000
7000
1960
1965
1970
1975
1980
1985
1990
1995
GW
h / a
KleineAnwendungenBeleuchtung
Kochen
TV
Gefriergerät
Kühlschrank
Geschirrspüler
Wäschetrockner
Waschmaschine
Rebound-Effekte
Zurückgelegte Distanzen mit PKWs
Quellen: BMUJF (1997), Umweltbundesamt
Treibende Faktoren
0
10000
20000
30000
40000
50000
60000
70000
800001
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0
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19
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71
19
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77
19
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19
83
19
86
19
89
19
92
19
95
19
98
20
01
Fa
hrl
eis
tun
g in
Mio
. km
Kilometer Benzin Kilometer Diesel Kilometer Gesamt
Rebound-Effekte
Struktur PKW-Bestand nach Hubraumklassen
Quelle: Rauh (2001)
Treibende Faktoren
0
500
1000
1500
2000
2500
3000
3500
4000
4500198
3
1984
19
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198
6
19
87
198
8
1989
19
90
199
1
199
2
19
93
199
4
1995
19
96
199
7
19
98
199
9
2000
Anza
hl i
n 1
000
Stk
.
Klasse 501-1000 ccm Klasse 1001-1250 ccm Klasse 1251-1500 ccm
Klasse 1501-1750 ccm Klasse 1751-2000 ccm Klasse 2001-3000 ccm
Klasse 3001-4000 ccm Klasse über 4000 ccm
Rebound-Effekte
Relative versus absolute Entkopplung
Quelle: Haberl, VO Humanökologie
Kopplung / Entkopplung
Rebound-Effekte
Regionale Unterschiede Kopplung/Entkopplung
Quelle: Amann et al. 2002
Kopplung / Entkopplung
Entwicklung von Direct Material Input (DMI) und GDP in Industrie- und Schwellenländern
Rebound-Effektetheoretische Debatte
Rebound-Effekt auf der Makroebene –
Ist Effizienz gut oder böse?
1. Khazzoom / Brookes:
Verbesserungen der Energieeffizienz auf der Mikroebene führen zu
Veränderungen auf der Makroebene, die im Vergleich zum Fall, dass
die Effizienzverbesserungen unterblieben wären, einen höheren
Gesamtverbrauch bewirken
2. Schipper:
Falls Effizienzverbesserungen unterblieben wären, gäbe es höheren
Gesamt-Energieverbrauch
Wie sind Rebound-Effekte zu vermeiden?
These
In Zeiten eines hohen bzw. wachsenden Energieangebotes stellen sich Rebound-Effekte zwangsläufig ein.
Wachsendes Energieangebot in der Regel auch gekoppelt mit:
• Wirtschaftswachstum
• wachsenden Einkommen
• sinkenden realen Energiepreisen (insb. wenn bezogen auf Arbeitsleistung; wie lange muss im Durchschnitt für eine kWh gearbeitet werden?)
Wie sind Rebound-Effekte zu vermeiden?
Ansatzpunkte zur Vermeidung von Rebound-Effekten
ökonomisch
• Energiedienstleistungspreis sinkt nicht bei Effizienzverbesserung, weil Energiepreis steigt (z.B. aufgrund von Ökosteuer)
• Wirtschaft und Einkommen wachsen nicht, bzw. schrumpfen sogar
Begrenzung der Energiedienstleistungs-Niveaus
(z.B. Verbot von SUVs, Besteuerung von Wohnfläche ab bestimmtem Niveau, etc.)
Begrenzung des Energieangebots
Wie sind Rebound-Effekte zu vermeiden?
Begrenzung des Energieangebots
durch sozial-politische Arrangements ...z.B. Tradable Energy Quotas,
• Begrenzung und laufende Reduktion der Menge an CO2-Emissionen / fossiler Energie;
• jeder bekommt gleich viel Rechte;
• Rationierungs-system mit Handels-komponente
Quelle: Fleming 2007
Wie sind Rebound-Effekte zu vermeiden?
Begrenzung des Energieangebots
... oder natürliche Grenzen
Peak Oil
Peak Gas
Peak Coal
Peak Every-thing
...
Quelle: Energy Watch Group 2007
Wie sind Rebound-Effekte zu vermeiden?
Abschließende Thesen
1. (Energie-)Effizienz ist kein Allheilmittel.
a) Prolongierung nicht-nachhaltiger Strukturen
• z.B. effizientere KFZ prolongieren automobiles Verkehrssystem, suburbane Zersiedelung und Globalisierung, während eigentlich radikalere Änderungen notwendig wären
versus
b) Effizienz läßt bei minimalem Energieeinsatz noch ein gewisses Komfortniveau aufrechterhalten
• z.B. Passivhaus kühlt sehr langsam aus
Wie sind Rebound-Effekte zu vermeiden?
Abschließende Thesen
2. (Energie-)Effizienz sollte in einem breiteren Kontext gesehen werden.
Effizienz
Suffizienz
welches Niveau an (Energie-) Dienstleistungen ist notwendig/sinnvoll?
Konsistenz
umweltfreundliche Technologien, Erneuerbare Energien
Resilience
wie überlebens-/widerstandsfähig bzw. verwundbar ist ein System?
Wie sind Rebound-Effekte zu vermeiden?
Abschließende Thesen
3. Rebound-Effekte werden in Zukunft eine geringere Rolle spielen, denn folgende Rahmenbedingungen verhindern zunehmend ihre Entfaltung:
• abnehmendes Angebot an fossilen Energieträgern
• steigende Energiepreise
• stagnierende oder sinkende Wirtschaftsleistung und Einkommen