Wiederbewaffnung in Deutschland nach 1945

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Schriftenreihe der Gesellschaft für Deutschlandforschung Band XII Wiederbewaffnung in Deutschland nach 1945 Herausgegeben von Alexander Fischer Duncker & Humblot · Berlin

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Schriftenreiheder Gesellschaft für Deutschlandforschung

Band XII

Wiederbewaffnungin Deutschland nach 1945

Herausgegeben von

Alexander Fischer

Duncker & Humblot · Berlin

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Wiederbewaffnung in Deutschland nach 1945

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SCHRIFTENREIHE DER GESELLSCHAFT FÜR DEÜTSCHLANDFORSCHUNG

BAND XII

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Wiederbewaffnung in Deutschland nach 1945

Herausgegeben von

Alexander Fischer

D Ü N C K E R & H U M B L O T I B E R L I N

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CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Wiederbewaf fnung i n Deutschland nach 1945 [neunzehnhundertfünfundvierzig] / hrsg. von Alexander Fischer. — Berlin: Duncker und Humblot, 1986.

(Schriftenreihe der Gesellschaft für Deutschlandforschung; Bd. 12) ISBN 3-428-05996-4

NE: Fischer, Alexander [Hrsg.]; Gesellschaft für Deutschlandforschung: Schriftenreihe der Gesellschaft...

AUe Redite vorbehalten © 1986 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41

Drude: Berliner Buchdruckerel Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany

ISBN 3-428-05996-4

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INHALT

Vorwort 9

Alexander Fischer:

Anfänge der Wiederbewaffnung in der SBZ/DDR(1945/46-1955/56) 11

Georg Meyer: Innenpolitische Voraussetzungen der westdeutschen Wiederbewaff-nung 31

Alexander Uschakow: Der Warschauer Pakt als außenpolitische Voraussetzung für die Grün-dung der NVA der DDR 45

Norbert Wiggershaus: Außenpolitische Voraussetzungen für den westdeutschen Verteidi-gungsbeitrag 63

Wilhelm Meier-Dörnberg: Die Europäische Verteidigungsgemeinschaft 79

Walter Rehm: Wiederbewaffnung und Wiedervereinigung. Deutsch-deutsche Offiziers-kontakte in den 50er Jahren 93

Siegfried Wolter: Die NVA von ihrer Gründung bis zur „Grenzbefestigung" durch die DDR und die Staaten des Warschauer Paktes (1956-1961) 107

Hans-Jürgen Rautenberg: Die Bundeswehr von der Gründung bis zu ihrer Konsolidierung (1955/56-1962). Thesen und Anmerkungen 125

Die Verfasser 143

Personenregister 145

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ABKÜRZUNGEN

ABC-Waffen = Atomare, biologische und chemische Waffen Art. = Artikel Art. = Artillerie BRD = Bundesrepublik Deutschland CDU = Christlich-Demokratische Union COMECON = Council for Mutual Economic Assistance èSR = feskoslovenskâ Republika (Tschechoslowakische Republik) CSU = Christlich-Soziale Union DDR = Deutsche Demokratische Republik DFD = Demokratischer Frauenbund Deutschlands DSF = Gesellschaft für Deutsch-Sowjetisches Freundschaft EVG = Europäische Verteidigungsgemeinschaft FDGB = Freier Deutscher Gewerkschaftsbund FDJ = Freie Deutsche Jugend FRUS = Foreign Relations of the United States GSSD = Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland GST = Gesellschaft für Sport und Technik HVA = Hauptverwaltung Ausbildung Inf. = Infanterie Inf.-Div. = Infanteriedivision Komintern = Kommunistische Internationale KPD = Kommunistische Partei Deutschlands KPdSU = Kommunistische Partei der Sowjetunion KVP = Kasernierte Volkspolizei MC = Military Committee Mdl = Ministerium des Innern MfNV = Ministerium für Nationale Verteidigung MfS = Ministerium für Staatssicherheit MGFA = Militärgeschichtliches Forschungsamt NATO = North Atlantic Treaty Organization NKFD = Nationalkomitee „Freies Deutschland" NDPD = Nationaldemokratische Partei Deutschlands NVA = Nationale Volksarmee Pz.-Div. = Panzerdivision Pz.-Tr. = Panzertruppe SACEUR = Supreme Allied Commander Europe

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8 Abkürzungen

SBZ = Sowjetische Besatzungszone SED = Sozialistische Einheitspartei Deutschlands SMAD = Sowjetische Militäradministration in Deutschland SPD = Sozialdemokratische Partei Deutschlands UdSSR = Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken UN, UNO = United Nations, United Nations Organization USA = United States of America VP = Volkspolizei VPD = Volkspolizei-Dienststelle ZK ss Zentralkomitee

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VORWORT

Vor dreißig Jahren, am 2. Januar 1956, traten die ersten Soldaten der jet-zigen Bundeswehr in einem Andernacher Barackenlager ihren Dienst an. Nur kurze Zeit später, am 18. Januar 1956, verabschiedete die Volkskammer der DDR in Ostberlin das „Gesetz über die Schaffung der Nationalen Volksarmee und des Ministeriums für Nationale Verteidigung". Der mit diesen beiden Daten der jüngsten deutschen Militärgeschichte nur oberflächlich berührte Prozeß der Wiederbewaffnung oder — so in wechselseitiger polemischer Sicht von Ost und West - der „Remüitarisierung" jener beiden deutschen Staaten, die nach dem Zweiten Weltkrieg vom Deutschen Reich Bismarckscher Prägung letztlich übrigblieben, ist in beiden deutschen Historiographien erst seit den siebziger Jahren die gebührende Aufmerksamkeit zuteil geworden. Während sich in der Bundesrepublik Deutschland in erster Linie das Militärgeschichtliche For-schungsamt in Freiburg i. Brsg. um die grundlegende Klärung der „Anfänge westdeutscher Sicherheitspolitik" verdient gemacht hat, war es in der DDR vor allem das Militärgeschichtliche Institut in Potsdam, das bei der Aufarbei-tung der jüngsten deutschen Militärgeschichte Akzente setzte - allerdings unter marxistisch-leninistischem Vorzeichen.

Die folgenden Beiträge fügen sich in die hierzulande erfreulicherweise zu-nehmenden wissenschaftlichen Bemühungen um die Aufhellung der deutschen Geschichte nach 1945 ein. Sie sollen nicht nur über die außen- und innen-politischen Voraussetzungen des in der sowjetischen Besatzungszone begon-nenen deutschen Wiederbewaffnungsprozesses informieren, sondern können darüber hinaus auch einen speziellen Beitrag zur Geschichte des Ost-West-Konflikts leisten. Die Ausarbeitungen entstanden als Referate für eine Tagung der Fachgruppe Geschichtswissenschaft der Gesellschaft für Deutschlandfor-schung, die vom 27. bis 29. Februar 1984 im Gesamteuropäischen Studien-werk in Vlotho/Weser abgehalten und — nicht zuletzt dank der fruchtbaren Diskussionsbeiträge der Generale Johann Adolf Graf v. Kielmansegg und Ulrich de Maizière - zu einer reizvollen Begegnung zwischen Historikern und Zeit-zeugen wurde.

Die Referate sind für die Drucklegung überarbeitet worden. Selbstverständ-lich trägt jeder Autor die wissenschaftliche Verantwortung für seine Ausfüh-rungen selbst. Der Herausgeber möchte all denen Dank sagen, die — sei es inhaltlich, organisatorisch oder finanziell — sowohl zum Gelingen der Tagung in Vlotho als auch zur Herstellung dieses Bandes beigetragen haben.

Frankfurt a.M., im Januar 1986 Alexander Fischer

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Alexander Fischer

ANFÄNGE DER WIEDERBEWAFFNUNG IN DER SBZ/DDR (1945/46 - 1955/56)*

Die Nationale Volksarmee (NVA) der DDR, nach offizieller Lesart am 1. März 1956 gegründet, nimmt unter den Armeen der Staaten des Warschauer Paktes zweifellos eine Sonderstellung ein. Diese Behauptung bezieht sich nicht nur auf ihre militärische Schlagkraft oder auf die von Beginn ihrer Existenz an vorgenommene vollständige Integration in die Vertragsorganisation des War-schauer Paktes. In diesem Zusammenhang muß vielmehr auf den Tatbestand aufmerksam gemacht werden, daß die NVA in einem geteilten Land entstanden und damit „eine Armee ohne Nation" ist1. In Verbindung mit der fehlenden demokratischen Legitimation ergab und ergibt sich daraus für die Streitkräfte der DDR ein eigenartiges Spannungsverhältnis, das auf der einen Seite von dem Anspruch bestimmt wird, als „erste sozialistische deutsche Armee" eine neue Qualität in der deutschen Militärgeschichte zu verkörpern, auf der anderen Seite aber zunehmend von der ideologisch nicht immer befriedigend zu lösenden Aufgabe gekennzeichnet ist, die gesamtdeutschen Traditionen dieser Militärge-schichte weiterzuführen.

Es versteht sich von selbst, daß von der Militärgeschichtsschreibung der DDR keine ausreichende Klärung der aus diesem Spannungsverhältnis für Ent-wicklung, Charakter und Funktion der NVA erwachsenden Probleme erwartet werden kann. Die dort übliche Sprachregelung verweist allenfalls auf „die für-sorgliche Politik" von SED und Staatsführung der DDR, deren Ziel es stets ge-wesen sei, „die imperialistischen und militaristischen Kräfte in Westdeutsch-land an der Verwirklichung ihrer Kriegspläne gegen die DDR zu hindern und die konsequente Fortsetzung des sozialistischen Aufbaus in der DDR zu si-

* Bei den folgenden Ausführungen handelt es sich um die überarbeitete Fassung eines Vortrages, der zuerst auf einem im September 1982 vom Militärgeschichtlichen For-schungsamt in Freiburg/Brsg. veranstalteten Fortbildungslehrgang für Lehrstabsoffiziere und Dozenten der Wchrgcschichte an den Ausbildungseinrichtungen der Bundeswehr ge-halten wurde. Vgl. Fischer, Alexander: Die Entmilitarisierung und Wiederaufrüstung in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands und in der Deutschen Demokratischen Repu-blik (1945 bis 1956), in: Entmilitarisierung und Aufrüstung in Mitteleuropa 1945-1956, hrsgg. vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt, Herford/Bonn 1983, S. 37-56.

1 Vgl. Johnson, A. Ross / Dean, Robert W. / Alexiev, Alexander: Die Streitkräfte des Warschauer Pakts in Mitteleuropa: DDR, Polen und CSSR, Stuttgart 1982, S. 96.

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ehern". Unter Umständen wird noch ohne weitere Erläuterung daran erinnert, daß es die SED in hervorragender Weise verstanden habe, eine „offensive Lö-sung ihres Militärprogramms" durchzusetzen2. Diese Art von Militärgeschichts-schreibung, wie sie nicht zuletzt in der Ära Ulbricht dominierte, verfuhr und verfährt nach einer Formel, die drei Angehörige des Ostberliner Ministeriums für Nationale Verteidigung im Jahre 1969 wie folgt fixiert haben: „Nach einer wissenschaftlichen Einschätzung der jeweiligen militärpolitischen Lage und ihrer Entwicklungstendenzen leitete die SED stets alle erforderlichen militär-politischen Maßnahmen ein, die der gesellschaftlichen Entwicklung der DDR und der Klassenauseinandersetzung mit dem Imperialismus entsprechen."3

Befriedigen kann das ebensowenig wie das dahinter erkennbare Grund-muster der Historiker der DDR für die Beschreibung der deutschen Militärge-schichte nach 1945. Von der Behauptung ausgehend, daß in der SBZ „die konsequente Liquidierung der Überreste der faschistischen Wehrmacht und der faschistischen Kriegsideologie sowie die Vernichtung ihrer Grundlagen im Osten Deutschlands in der Periode bis 1949" gelungen sei4, erstrahlt der Vor-gang der Wiederbewaffnung in der SBZ/DDR in hellstem Licht. Aus diesem Blickwinkel ist in der SBZ „die Basis für eine imperialistische Militärmacht" für immer zerstört und damit die Grundlage „für die Sicherung des Friedens, für die Existenz der Nation und ihren sozialen Fortschritt" gelegt worden. Dagegen bleibt für das Gemälde der militärischen Entwicklung in den westli-chen Besatzungszonen Deutschlands nur düsteres Grau und Schwarz: Hier sei es „der imperialistischen deutschen Reaktion" mit allen negativen Konse-quenzen gelungen, „Teile des militärischen Führungsapparates und Restein-heiten der ehemaligen faschistischen Wehrmacht" zu konservieren5.

Um dieses Zerrbild zu korrigieren, wird in diesem Beitrag der Versuch un-ternommen, den Zusammenhang zwischen „Entmüitarisierung" und „Wieder-bewaffnung" in der SBZ/DDR in den Blick zu nehmen. Dabei soll, ausgehend von der Diskussion über die Ausrottung des deutschen Militarismus innerhalb der „Anti-Hitler-Koalition", auf die sowjetische Interpretation dieses Vorgangs gesondert eingegangen werden, ehe schließlich der Prozeß der Wiederbewaff-nung in der SBZ und seine Vervollkommnung in der DDR ins Blickfeld gerückt wird.

2 Für den zuverlässigen Schutz der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin (Ost) 1969, S. 16 f.

3 Ebd., S. 12. 4 Zeittafel militärpolitischer und militärischer Ereignisse 1945 bis 1964, hrsgg. vom

Institut für Deutsche Militärgeschichte, Berlin (Ost) 1965, S. 6. 5 Ebd., S. 10 f.