Wilhelm I. von England Diplomarbeit

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Wilhelm I. von England Thronerbe, Eroberer oder Reichsgründer? Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades eines Magisters der Philosophie an der Karl-Franzens-Universität Graz vorgelegt von Michael Spath 01214510 Am Institut für Geschichte des Mittelalters Begutachter: Ass.Prof. Dr. Johannes Gießauf

Transcript of Wilhelm I. von England Diplomarbeit

Wilhelm I. von England

Thronerbe, Eroberer oder Reichsgründer?

Diplomarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades

eines Magisters der Philosophie

an der Karl-Franzens-Universität Graz

vorgelegt von

Michael Spath

01214510

Am Institut für Geschichte des Mittelalters

Begutachter: Ass.Prof. Dr. Johannes Gießauf

2

Danksagung

Diese Diplomarbeit wäre ohne die Mitwirkung und Unterstützung einiger Menschen nicht

zustande gekommen. Den ersten Dank möchte ich meinem Betreuer Ass.Prof. Dr. Johannes

Giessauf aussprechen, der mir mit viel Geduld und inhaltlichen Anregungen zur Seite stand,

die entscheidend zu dieser Arbeit beigetragen haben. Der Zweite Dank ergeht an meine

Mutter Barbara, die zu jeder Tageszeit meine zu Papier gebrachten Gedanken korrigiert hat

und mich mit ihren Gedanken weitergebracht hat. Weiters möchte ich meiner Freundin

Christina für die Unterstützung im Bereich Sprache und Rechtschreibung danken.

Ein weiterer Dank ergeht an meinen Vater Gerhard, ohne dessen Unterstützung es mir nicht

möglich gewesen wäre, dieses Studium überhaupt zu absolvieren. Der wichtigste Dank ergeht

an meine Verlobte Colette, die speziell in den letzten intensiven Monaten besonders

nachsichtig mit mir war und meine Gedanken immer wieder neu geordnet hat.

Ich möchte meine Arbeit meinem Großvater Johann widmen, der mir viel zu früh genommen

wurde.

3

Inhalt

Danksagung ............................................................................................................................................. 2

1. Einleitung ............................................................................................................................................ 4

2. Quellenlage .......................................................................................................................................... 6

2.1. Der Teppich von Bayeux .................................................................................................................. 6

2.1.1. Beschaffenheit ........................................................................................................................... 6

2.1.2. Entstehung ................................................................................................................................. 9

2.1.3. Inhalt ........................................................................................................................................ 10

2.1.4. Bedeutung ................................................................................................................................ 19

2.2. Das Domesday Book ...................................................................................................................... 22

2.2.1. Entstehung ............................................................................................................................... 22

2.2.2. Quellenkritik ............................................................................................................................ 24

2.2.3. Quelleninterpretation ............................................................................................................... 25

2.3. Wilhelm von England bei Wilhelm von Malmesbury .................................................................... 31

3.Das Leben des Herzogs ...................................................................................................................... 34

3.1. Jugend ......................................................................................................................................... 34

3.2. Herzog der Normandie ............................................................................................................... 36

4. Die Eroberung Englands ................................................................................................................... 44

4.1. Widersacher Wilhelms ............................................................................................................... 44

4.1.1. Harold Godwinson............................................................................................................... 44

4.1.2. Harald Hardrada .................................................................................................................. 49

4.2. Entscheidungsschlacht bei Hastings ........................................................................................... 53

4.2.1. Vorgeschichte ...................................................................................................................... 53

4.2.2. Verlauf der Schlacht ............................................................................................................ 57

5. König von England ............................................................................................................................ 63

5.1. Festigung der Herrschaft ............................................................................................................ 65

5.2. Reformen .................................................................................................................................... 74

5.3. Der Tod des Königs .................................................................................................................... 80

6. Resümee ............................................................................................................................................ 81

7. Literaturverzeichnis ........................................................................................................................... 88

8. Abbildungsverzeichnis ...................................................................................................................... 90

4

1. Einleitung

Im Laufe der Geschichteschreibung bekamen bedeutende Herrscher, Könige und Kaiser

Beinamen zugefügt, die den jeweiligen Herrscher unverkennbar machen sollten. Dabei wurde

meist entweder auf ein körperliches Attribut oder eine starke charakterliche Eigenschaft

hingewiesen.

Es gibt eine unglaublich große Anzahl an Beinamen, die sich in verschiedenster Weise zeigen.

Jedoch waren diese Zuschreibungen nicht immer geprägt von Anerkennung, Bewunderung oder

Respekt vor einem Herrscher.

Je nachdem wie die Taten, das Aussehen oder die Eigenschaften eines Herrschers nach seiner

Regierungs- oder Wirkungszeit bewertet wurden, gab es charmante und oftmals weniger

charmante Zuschreibungen. Die nachfolgenden Generationen bewerteten die Zeit an der Macht

in ihrem eigenen, sich verändernden Verständnis von Herrschaftlichkeit.

Wollte man einen Fürsten, König oder Kaiser in und für die Nachwelt äußerst positiv darstellen,

so bekam er zumeist entweder einen unverfänglichen oder ruhmreichen Namen nachgestellt.

War jedoch das Gegenteil der Fall und die Chronisten der Nachwelt missbilligten die Politik

oder Art und Weise eines Herrschers, konnte ein solcher Beiname auch negativer ausfallen.

Friedrich I., dem Kaiser des römisch-deutschen Reiches wurde aufgrund seines auffälligen

roten Bartes im Laufe der Jahrhunderte der Beiname „Barbarossa“ – „Rotbart“ beigefügt. Ein

weiteres Beispiel für Beinamen aufgrund von körperlichen Erscheinungen ist ein

westfränkischer König des 9. Jahrhunderts, Karl II, der besser bekannt wurde als Karl der

Kahle.

Beispiele für Beinamen aufgrund von charakterlichen Eigenheiten sind der westfränkische

König Ludwig I, der den Namen „der Fromme“ erhalten hat, oder der russische Zar Iwan der

Schreckliche.

Es gibt noch eine weitere Möglichkeit, von der Geschichtsschreibung einen Beinamen

zugesprochen zu bekommen, nämlich anhand der Taten, die ein Regent während seiner

Herrschaft vollbrachte. Bekannte Beispiele hierfür sind Alexander der Große oder auch Karl

der Große. Oder eben Wilhelm der Eroberer.

5

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit eben jenem Problem, dass der Beiname „Eroberer“,

den Wilhelm I. von England durch die Geschichtsschreibung erhalten hat, ein

missverständliches Bild vom Herzog der Normandie entstehen lässt. Trifft diese Zuschreibung

den Charakter des Herrschers und die Art und Weise seiner Regentschaft? Geht dieser Beiname

weit genug oder lässt er wesentliche Aspekte der Machtausübung als Herzog der Normandie

und König von England aus? Hätte die Zuschreibung eines anderen Beinamens vielleicht besser

den Herrschaftsstil Wilhelms getroffen? Was für ein Herrscher war Wilhelm? Was waren die

ausschlaggebenden Punkte, die die Geschichtsschreibung veranlasst, ihm diesen Beinamen zu

geben?

6

2. Quellenlage

2.1. Der Teppich von Bayeux

2.1.1. Beschaffenheit

Der Teppich von Bayeux ist im Grunde eher als „Stickerei von Bayeux“ zu betiteln, da es sich

nicht um einen Teppich im klassischen Sinne handelt, sondern vielmehr um eine

Aneinanderreihung von einzelnen gestickten Szenen. Die Stickerei besteht aus acht

unterschiedlich langen Leinenstreifen, die aneinandergereiht wurden, um ein

zusammenhängendes Bildzeugnis entstehen zu lassen.1 Die Ausmaße dieser einzigartigen

Bildquelle aus dem 11. Jahrhundert betragen 68,38 Meter Länge und zwischen 45,7 Zentimeter

Breite an der dünnsten, sowie 53,6 Zentimeter an der dicksten Stelle. Die erste Erwähnung des

Teppichs stammt aus einem Gedicht, welches um die Wende vom 11 um zwölften Jahrhundert

entstanden ist. Danach verliert sich die Spur des Teppichs bis zum Jahr 1476, als im Verzeichnis

der Kathedrale Notre-Dame de Bayeux berichtet wurde, dass er jährlich im Kirchenschiff

aufgehängt wurde. Danach verschwindet der Teppich erneut um 1803 auf Befehl Napoleons

im Louvre in Paris ausgestellt zu werden. Im 19. Jahrhundert wurde er mehrfach untersucht und

restauriert. Er verbleib bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegts in Bayeux. Nachdem die

deutsche Wehrmacht Frankreich besetzt hatte, wurde er weiter untersucht und schließlich nach

Le Mans verlegt und anschließend in das Depot des Louvre in Paris. Ein Versuch der

Nationalsozialisten, das Kunstwerk 1944 aus Paris wegzuschaffen, scheiterte und so brachten

die Franzosen den Teppich wieder in ihren rechtmäßigen Besitz. Im Jahr 1983 wurde er in

Bayeux wieder aufgehängt, um ihn genauer untersuchen zu können. Im Zuge dieser

Untersuchung ergaben sich viele neue Erkenntnisse zum Zustand und der Verarbeitung des

Teppichs. So fand man unter anderem heraus, dass die Stickerei ursprünglich länger gewesen

sein muss und die Schlussszenen nicht mehr erhalten sind.2 Bemerkenswert erscheint die

Sorgfalt, mit der die einzelnen Leinenbahnen aneinandergenäht wurden, sodass die Nähte

beinahe unsichtbar sind. Auch zur Art der verwendeten Stiche, Farben und Sticktechnik lieferte

die genaue wissenschaftliche Untersuchung neue Erkenntnisse. Besonders spannend und

interessant erscheint die Tatsache, dass auf die Farben bei späteren Reparaturen nicht der Wert

gelegt wurde, der möglicherweise nötig gewesen wäre. So stand die Ausbesserung von Löchern

mehr im Vordergrund als die korrekte farbliche Restaurierung der beschädigten Bildnisse.

1 WILSON M. David: Der Teppich von Bayeux, S.10. 2 WILSON M. David: Der Teppich von Bayeux, S.10.

7

Dies zeigt sich besonders bei Szene 36, in der die Planken eines normannischen Schiffes

ausgebessert wurden. Die originalen Planken sind in einem dunklen Blau, Rot und Gold

gehalten, während die Beschädigungen mit einem hellen Gelb, Grau und hellem Rot ersetzt

wurden.3

4

Abbildung 1: Teppich von Bayeux, Szene 36

Ein weiterer Punkt, der besonderes Augenmerk verdient, ist die heutige Schlussszene des

Teppichs. Nachdem Harold in der Szene 57 getötet wurde und die Engländer in Szene 58

fliehen, zeigt sich daran angehängt eine äußerst bemerkenswerte Darstellung.

Unmittelbar an die Flucht der Engländer ist eine Szene angeschlossen, die im 19. Jahrhundert

ergänzt wurde und teilweise in krassem Widerspruch zum übrigen Kunstwerk steht.5 Nicht nur

die Darstellungen von Pferden und Reitern erscheinen anders, auch die verwendeten Farben,

Sticktechnik und Wollen unterscheiden sich vom Original.

Einen massiven inhaltlichen Einschnitt bildet auch die Darstellung eines berittenen

Bogenschützen, der sonst im gesamten Teppich niemals vorkommt, sowie es auch kein anderes

Quellenzeugnis für berittene Bogenschützen gibt.

3 Vgl. BOUET Pierre, NEVEUX Francois: Der Teppich von Bayeux. Ein mittelalterliches Meisterwerk, S. 50

(Der Bau der Schiffe). 4 Vgl. https://www.bayeuxmuseum.com/en/the-bayeux-tapestry/discover-the-bayeux-tapestry/explore-online/

[Zuletzt abgerufen am 01.07.2021]. 5 Vgl. BOUET Pierre, NEVEUX Francois: Der Teppich von Bayeux. Ein mittelalterliches Meisterwerk, Szene

58: Flucht der Engländer (Seite 88f).

8

Weder im normannischen noch im angelsächsischen Heer gibt es Hinweise auf Bogenschützen,

die auf Pferden unterwegs waren. Hierbei kann es sich nur um eine Erfindung des 19.

Jahrhunderts handeln, die im Zuge eine Restaurierung eingefügt wurde.6

Die Stickerei endet sehr abrupt, sodass sich das tatsächliche Ende des Teppichs nicht mehr

rekonstruieren lässt. Hierfür gibt es laut aktueller Forschung mehrere Hypothesen: Entweder

wurde der Teppich nie vollendet, oder das Ende ist durch die häufige Ausstellung im Laufe der

Zeit verloren gegangen. Eine weitere Möglichkeit ist, dass es abgeschnitten wurde, entweder

absichtlich oder aus Versehen.

Da der Teppich aus mehreren aneinandergefügten Leinenbahnen, die ungefähr dieselbe Länge

hatten, besteht und die letzte Bahn etwa um zwei Meter kürzer als die übrigen ist, ist es durchaus

denkbar, dass er abgeschnitten wurde. Jedoch ist es nicht beweisbar, dass es sich bei der letzten

Leinenbahn, tatsächlich um das geplante Ende des Teppichs handelt. Geht es nach dem Gedicht

„Adelae Camitissae“ von Baudri de Bourgueils, in dem er den Teppich beschreibt, stellte die

letzte, verlorene Szene die Krönung Wilhelms zum König von England dar.7

6 Vgl. BOUET Pierre, NEVEUX Francois: Der Teppich von Bayeux. Ein mittelalterliches Meisterwerk, Szene

58, S. 89. 7 Vgl. KUDER Ulrich: Der Teppich von Bayeux: Wer hatte die Fäden in der Hand?. S.44-51.

9

2.1.2. Entstehung

Das älteste Zeugnis für das Vorhandensein des Wandteppichs findet sich in einem Inventar der

Kathedrale von Bayeux aus dem Jahr 1476. Hierbei wird von „einem sehr langen und schmalen

Wandbehang aus besticktem Leinen, mit Bildern und Inschriften, die Eroberung Englands

darstellend […]“ 8 gesprochen.

Die allgemein gängige Lehrmeinung jedoch ist der Ansicht, dass der Teppich vor 1082 in

Südengland angefertigt wurde, also zu einer Zeit, in der Wilhelm schon lange König von

England war.9 Der genaue Auftraggeber des Teppichs ist heute noch unbekannt, immer wieder

gab es jedoch Versuche, die Intention und die Hintergründe seiner Entstehung herauszufinden.

Aufgrund des missverständlichen Namens „Bildteppich der Königin Matilda“ unter dem der

Teppich lange Zeit bekannt war, entstand die Meinung, dass die Ehefrau Wilhelms, Matilda

von Flandern, oder Kaiserin Matilda, die Tochter Heinrichs I. von England, die Auftraggeberin

sein könnte.10

Der Name des Teppichs lässt jedoch auch auf einen anderen Auftraggeber schließen. Bischof

Odo von Bayeux, der Halbbruder Wilhelms, gilt ebenso als möglicher Drahtzieher hinter der

Entstehung dieser Stickerei11. Nicht zuletzt deshalb, weil er recht prominent in vielen Szenen

des Teppichs auftaucht,12 und das Kunstwerk den Namen des Klosters trägt, in dem er als

Bischof diente.13

Möglicherweise wird sich die Frage nach dem Auftraggeber dieses Meisterwerkes nie ganz

beantworten lassen, ebenso wenig wie die Intention dahinter. Ein sehr wahrscheinlicher

Hintergrund für die Absicht, mit der diese Stickerei gefertigt wurde, ist eine rückwirkende

Rechtfertigung oder Legitimierung von Wilhelm als König von England. Wenn der Blick im

folgenden Kapitel auf den Inhalt des Teppichs gelegt wird, erscheint die Rechtfertigungstheorie

durchaus plausibel.

8 Vgl. FISCHER K. Ulrich: Der Teppich von Bayeux: Wer hatte die Fäden in der Hand?. S.51f. 9 WILSON M. David: Der Teppich von Bayeux, S.12. 10 WILSON M. David: Der Teppich von Bayeux, S.12. 11 RUD Mogens: The Bayeux Tapestry and the Battle of Hastings 1066, S 34 ff. 12 Vgl. BOUET Pierre, NEVEUX Francois: Der Teppich von Bayeux. Ein mittelalterliches Meisterwerk, Szene

35a: Der Kriegsrat (s.48), Szene 43: Das Mahl (S.62), Szene 44: Der Familienrat (S.62), etc.

MACLAGAN Eric: The Bayeux Tapestry, S.26. 13 LOGEMANN Cornelia: Gestickte Geschichte. Der Teppich von Bayeux als Visualisierung Zeitgenössischer

Ereignisse. S. 22.

10

2.1.3. Inhalt

Der behandelte Inhalt der Stickerei bezieht sich auf die Erzählung der Eroberung Englands

durch Wilhelm I., Herzog der Normandie und späteren König von England. Die 58

Einzelszenen können sinngemäß in mehreren thematischen Bereichen zusammengefasst

werden.

Gruppe 1: Szene 1 bis 5 behandelt die Zeit von Harold, dem Earl von Wessex vor seinem

Aufenthalt in der Normandie. Die Gruppe der Szenen beginnt mit der Aussendung durch König

Edward den Bekenner, der Harold auf eine Mission schickt, die ihn, wie der spätere Verlauf

des Teppichs von Bayeux zeigen wird, nach Nordfrankreich führt. Die nächsten Szenen handeln

vom Ritt Harolds und seiner Gefolgsleute zum Hafen von Bosham, einem Küstendorf zwischen

Brigthon und Portsmouth an der Südküste Englands. Es handelt sich um ein Dorf mit einem

kleinen Hafen im Stammgebiet des Herzogtums Wessex, welches von Harold beherrscht wird.

Als die Flut einsetzt, macht sich Harold in Szene 4 auf den Weg zur Überquerung des

Ärmelkanals, um am Ende von Szene 5 an Land zu gehen und noch am Strand durch den Grafen

Guy de Ponthieu gefangengenommen zu werden.14

Gruppe 2: Die inhaltlich größte Gruppe der Stickerei kann als Harolds Zeit in der Normandie

gewertet werden, angefangen bei Szene 6 bis zu seiner Rückfahrt nach England in Szene 24 ist

die Zeit des Earl von Wessex in der Normandie von vielen Abenteuern und kriegerischen

Handlungen geprägt.

Nachdem Harold in Szene 6 gefangen genommen wird, handeln die nächsten Szenen davon,

dass er und sein Gefolge in die Residenz des Grafen Guy gebracht werden, um hier über die

Lösegeldforderung und Freilassung der Engländer zu verhandeln.15 Als Wilhelm von der

Gefangennahme Harolds erfährt, schickt er Boten aus, um seinem Vasallen Guy de Ponthieu

die Herausgabe des wichtigen Gefangenen zu befehlen.16 Die folgenden zwei Szenen 11 und

12 müssen sich chronologisch vor der Szene 10, die von den Gesandten des Herzogs Wilhelm

an seinen Vasallen handelt, abgespielt haben.

In Szene 11 sieht man die zwei Boten des Herzogs, die sich in Windeseile nach Beaurain, zur

Residenz des Grafen Guy, aufmachen.

14 Vgl. BOUET Pierre, NEVEUX Francois: Der Teppich von Bayeux. Ein mittelalterliches Meisterwerk, S. 13-

19. 15 Vgl. BOUET Pierre, NEVEUX Francois: Der Teppich von Bayeux. Ein mittelalterliches Meisterwerk, S. 22. 16 Vgl. WILSON M. David: Der Teppich von Bayeux, S.197.

11

Szene 12 behandelt die Informierung von Wilhelm durch einen englischen Abgesandten über

die Gefangennahme Harolds. Die tatsächliche chronologisch Abfolge der Abbildungen müsste

also 12, 11 und 10 sein und nicht 10, 11 und 12.

Nachdem Graf Guy seinen Gefangenen in Szene 13 an Herzog Wilhelm übergeben hat, reiten

der Earl von Wessex und der Herzog der Normandie nach Rouen in die herzogliche Residenz,

um sich dort zu unterhalten.17

Eine der merkwürdigsten und rätselhaftesten Szenen des Teppichs von Bayeux bildet Szene 15,

die den Namen „Ælfgyva“ trägt. Hierbei handelt es sich um eine junge Frau, die mit einem

Schleier in einem Portal steht und von einem Priester geohrfeigt oder liebkost wird.18 Um wen

es sich hierbei handelt, wird ein Mysterium bleiben, genauso wie der Grund, warum Hersteller

und Auftraggeber des Teppichs diese Szenerie für nötig erachtet haben.19

20

Abbildung 2: Teppich von Bayeux, Szene 15

17 Vgl. BOUET Pierre, NEVEUX Francois: Der Teppich von Bayeux. Ein mittelalterliches Meisterwerk, S. 26-

29. 18 Vgl. WILSON M. David: Der Teppich von Bayeux, S.17. 19 Vgl. GRAPE Wolfgang: Der Teppich von Bayeux. Triumphdenkmal der Normannen, S. 40. 20 Vgl. https://www.bayeuxmuseum.com/en/the-bayeux-tapestry/discover-the-bayeux-tapestry/explore-online/

[Zuletzt abgerufen am 01.07.2021].

12

Unmittelbar nach dieser mystischen Szene wird die bildliche Erzählung fortgesetzt mit dem

Beginn des Bretagne-Feldzuges von Herzog Wilhelm, bei dem ihn Earl Harold unterstützt. Im

Kampf gegen den Herzog der Bretagne, Conan II., befassen sich die nächsten Szenen mit dem

Kampf um die Stadt Dol, die Stadt Rennes und schließlich die Stadt Dinan.

Abgeschlossen wird der Bretagne-Feldzug mit der anschließenden Kapitulation von Dinan und

des Herzogs der Bretagne, Conan II.21

Die anschließenden Szenen erscheinen als die wichtigsten in der gesamten bildlichen Erzählung

des Teppichs von Bayeux. Szene 21 zeigt die Waffenübergabe von Wilhelm an Harold, wohl

um ihn für seine Tapferkeit und Unterstützung im Bretagne-Feldzug zu ehren und den

anschließenden Ritt der beiden Waffenbrüder nach Bayeux.22 In Bayeux angekommen, ereignet

sich die bedeutendste Szene für den späteren Verlauf der Geschichte Englands. Zwar gibt der

Text auf der Stickerei keinerlei Auskunft über den Inhalt der Eide, die Harold auf zwei

Reliquienschreine ablegt, jedoch erfahren wir aus anderen Quellen, um welche Eide es sich

handelte.23

Der Earl von Wessex legt vor dem sitzenden Herzog der Normandie einerseits den Eid ab,

Wilhelm das Königreich England nach dem Tod Edwards des Bekenners zu überlassen, und

zweitens leistet er einen Treueeid auf den Herzog selbst, um fortan als dessen Gefolgsmann zu

gelten.24

Dieses Ereignis ist deshalb so pikant, da sich Herzog Wilhelm bei seinem späteren

Eroberungszug nach England darauf beruft, dass Harold doppelten Eidbruch begangen habe

und dieser Umstand ihm als Legitimationsgrundlage für die Eroberung des angelsächsischen

Gebietes diente.25

21 Vgl. BOUET Pierre, NEVEUX Francois: Der Teppich von Bayeux. Ein mittelalterliches Meisterwerk, S. 30-

37. 22 Vgl. RUD Mogens: The Bayeux Tapestry and the Battle of Hastings 1066, S 52. 23 Vgl. BOUET Pierre, NEVEUX Francois: Der Teppich von Bayeux. Ein mittelalterliches Meisterwerk, S. 39. 24 Vgl. BOUET Pierre, NEVEUX Francois: Der Teppich von Bayeux. Ein mittelalterliches Meisterwerk, S. 39. 25 Vgl WILSON M. David: Der Teppich von Bayeux, S.202.

13

26

Abbildung 3: Teppich von Bayeux, Szene 23

Dem Sinn gemäß lässt sich die nächste Gruppe an Darstellungen unter dem Inhalt der Rückkehr

Harolds nach England und der Zeit bis zu seiner Krönung zusammenfassen. Als der Earl von

Wessex nach England übersetzt, wird er schon sehnsüchtig erwartet und macht sich sofort nach

seiner Landung auf, um König Edward den Bekenner in London aufzusuchen.27 König Edward

erscheint mit seinem langen Bart sehr gealtert und erfährt in Szene 25 von dem Bericht und den

Erlebnissen Harolds in der Normandie. Auch in dieser Szene gibt der Text im Teppich keinen

Hinweis auf den Inhalt des Berichts, jedoch kann davon ausgegangen werden, dass Harold dem

König nicht die ganze Wahrheit über seine Normandie-Expedition erzählt hat.28

Wie schon zuvor bei den Szenen 10-12 wird auch bei den Darstellungen 25-28 nicht die

logische chronologische Reihenfolge der Ereignisse wiedergegeben. So ist auf dem Teppich

zuerst der Bericht Harolds an Edward, anschließend die Einweihung der Abtei St. Peter in

Westminster und die Beisetzung Edwards darin und zum Schluss die letzte Segnung und der

Tod Edwards zu sehen.

26 Vgl. https://www.bayeuxmuseum.com/en/the-bayeux-tapestry/discover-the-bayeux-tapestry/explore-online/

[Zuletzt abgerufen am 01.07.2021]. 27 Vgl WILSON M. David: Der Teppich von Bayeux, S.26-28. 28 Vgl. BOUET Pierre, NEVEUX Francois: Der Teppich von Bayeux. Ein mittelalterliches Meisterwerk, S. 42.

14

In der Darstellung des Todes von Edward dem Bekenner ist ebenso eine Stickerei über die

letzten Worte des Königs an Harold Godwinson zu sehen, über deren Inhalt jedoch nichts am

Teppich vermerkt ist.29

Angeschlossen an die Todesszenerie Edwards ist eine Darstellung, in der Harold die englische

Krone angeboten bekommt und gekrönt wird. Die Szenen 32 und 33 zeigen die Sichtung des

Halleyschen Kometen30 und die damit verbundene Angst vor einer Katastrophe.31 Die

kommende Katastrophe ist im unteren Teil von Szene 33 abgebildet. Sie zeigt leere

Phantomschiffe, die die drohende Invasion ankündigen.32

Mit Szene 34 beginnt die nächste Gruppe an Darstellungen, die bis zur Szene 38 geht. Ein

englisches Schiff trifft an der Küste der Normandie ein und Boten überbringen Herzog Wilhelm

die Nachricht von der Krönung Harolds zum englischen König. Dieser hält in Szene 35 einen

Kriegsrat ab und beginnt anschließend sofort mit den Vorbereitungen für die Invasion der

angelsächsischen Insel.33

Mit dem Fällen der Bäume für den Bau von 3000 Schiffen34 beginnen Arbeiten für den Krieg,

gefolgt vom Schiffsbau, der sehr detailliert dargestellt ist, sowie dem Beladen der Schiffe. Die

Stickerei von Männern, die Rüstungen, Helme, Schwerter, Äxte, Lanzen, aber auch Proviant

auf die eben fertiggestellten Boote bringen, ist sehr bunt ausgeschmückt und genau ausgeführt.

Schließlich geht der Herzog selbst in Szene 38 an Bord und ihm folgen Pferde und Männer.

Szene 38 ist wesentlich länger als die übrigen und liefert ein sehr genaues Bild von

normannischen Schiffen, sowie dem Flaggschiff der Flotte, dem Schiff von Herzog Wilhelm,

„Mora“.35

Die letzte Gruppe an Szenen auf dem Teppich von Bayeux bildet die Zeit Wilhelms in England

und der Krieg um die Krone des angelsächsischen Reiches.

29 v Vgl. RUD Mogens: The Bayeux Tapestry and the Battle of Hastings 1066, S 56. 30 Komet der alle 75,3 Jahre wiederkehrt, die Sichtung, die am Teppich von Bayeux dargestellt ist, dürfte sich am

21.März 1066 zugetragen haben [https://www.planet-

wissen.de/natur/weltall/kometen/pwiehalleyscherkometwandererdurchdiezeiten100.html]. 31 Vgl. STREIBER Hildburg: Wilhelm der Eroberer. S. 324-328. 32 Vgl. BOUET Pierre, NEVEUX Francois: Der Teppich von Bayeux. Ein mittelalterliches Meisterwerk, S. 46. 33 Vgl WILSON M. David: Der Teppich von Bayeux, S.33-36. 34 Vgl. RUD Mogens: The Bayeux Tapestry and the Battle of Hastings 1066, S. 60f. 35 Vgl. GIBBS-SMITH C.H: The Bayeux Tapestry, S. 13.

15

Nach der Ankunft an der Südküste Englands werden auf den Darstellungen des Teppichs zuerst

die Pferde ausgeladen, und anschließend gehen die Ritter von Bord der normannischen Schiffe.

Wilhelm musste sein normannisch-französisches Heer auch in England versorgen und

unterhalten, und so zeigt auch die Stickerei Plünderungen der Invasoren. 36

In Szene 42 wird gezeigt, wie das geplünderte Vieh zu einem Mahl zubereitet wird. Der

Zubereitung der Mahlzeit folgt gleich die Festmahlszene, bei der der Halbbruder Wilhelms,

Bischof Odo von Bayeux den Vorsitz der Tafel zu haben scheint.37 Unmittelbar nach dem Essen

ist ein Familienrat dargestellt, bei dem Wilhelm in der Mitte und neben ihm seine beiden

Halbbrüder Odo und Robert, Graf von Mortain, sitzen und über den weiteren Verlauf der

Invasion beraten.

Die Normannen beginnen in Szene 45 mit dem Bau einer Festung bei Hastings, besonders gut

dargestellt sind die Werkzeuge der damaligen Zeit, mit der die Befestigungen errichtet wurden,

sowie die unterschiedlichen Materialien, die verwendet wurden.38

39

Abbildung 4: Teppich von Bayeux, Szene 45

36 Vgl. BOUET Pierre, NEVEUX Francois: Der Teppich von Bayeux. Ein mittelalterliches Meisterwerk, Szene

40/41 (S.59f). 37 Vgl WILSON M. David: Der Teppich von Bayeux, S.48. 38 Vgl. BOUET Pierre, NEVEUX Francois: Der Teppich von Bayeux. Ein mittelalterliches Meisterwerk, Szene

45 (S.61). 39 Vgl. https://www.bayeuxmuseum.com/en/the-bayeux-tapestry/discover-the-bayeux-tapestry/explore-online/

[Zuletzt abgerufen am 01.07.2021].

16

Gerade als die Festung fertiggestellt wurde, erhält Wilhelm die Nachricht, dass Harold sich mit

seiner angelsächsischen Armee nähert und macht sich selbst bereit zum Kampf. Der Herzog der

Normandie wird in voller und prächtiger Rüstung dargestellt.40

41

Abbildung 5: Teppich von Bayeux, Szene 48

Mit gepanzertem Harnisch oder Kettenhemd, Helm und Beinschienen, sowie mit Schwert und

einem Banner an der Lanze bildet die Darstellung von Wilhelm einen krassen Gegensatz zu den

bisherigen Darstellungen. Selbst die Stickereien, die den Bretagne-Feldzug zeigen, bilden keine

imposante Rüstung ab, wie jene, die er bei der Schlacht um England trägt.

Bei der nächsten Szene handelt es sich um eine der am schönsten und besten erhaltenen

Stickereien auf dem Teppich von Bayeux. Die Kavallerie der Normannen ist in ihrer vollen

Pracht erhalten geblieben, und die Darstellung zeigt sehr genau die Bewaffnung und

Kriegsführung der französischen Krieger. Mit Kettenhemd, Helm und großem

„Normannenschild“42 zur Verteidigung, und Schwert und Lanze zum Angriff ausgestattet, setzt

sich die Kavallerie in Bewegung. Besonders die linienartige Form sticht in dieser Darstellung

hervor, aber auch die Steigbügel, die der Kavallerie zu noch größerer Durchschlagskraft

verhelfen.43 Nachdem sich die Armee in Marsch gesetzt hat, erkundigen sich beide Heerführer,

Wilhelm und Harold, jeweils nach den Bewegungen ihrer Feinde.

40 Vgl. RUD Mogens: The Bayeux Tapestry and the Battle of Hastings 1066, S. 72f. 41 Vgl. https://www.bayeuxmuseum.com/en/the-bayeux-tapestry/discover-the-bayeux-tapestry/explore-online/

[Zuletzt abgerufen am 01.07.2021]. 42 Schildform aus dem Rundschild entwickelt und nach unten spitz zusammenlaufendem Schild für Kavallerie

und Fußsoldaten. 43 Vgl. BOUET Pierre, NEVEUX Francois: Der Teppich von Bayeux. Ein mittelalterliches Meisterwerk, Szene

48 (S. 66-68).

17

Wilhelm richtet nochmals Worte an seine Soldaten, ehe der normannische Angriff in Szene 51

beginnt. In rasendem Galopp sieht es so aus, als ob sich die Schlachtordnung von Wilhelms

Kavallerie aufzulösen scheint, und sie auf eine geschlossene Gruppe englischer Fußsoldaten

trifft, die sich gegen die heranstürmenden Reiter mit langen Lanzen verteidigt.44

Inmitten der englischen Fußsoldaten ist auch die einzige Darstellung eines der berühmten

englischen Langbogenschützen zu sehen, und auch die Stickerei eines Housecarls45 ist gut an

der großen Streitaxt, mit der er kämpft, zu erkennen.

Nach den beiden Kampfszenen wird der Tod der beiden Brüder von Harold, Leofwine und

Gyrth dargestellt, die im Kampfgetümmel tödlich getroffen und verwundet werden.46

Die Taktik, die Harold bei der Schlacht von Hastings gewählt hat, funktionierte anfangs

ausgezeichnet. Aus den Schriftquellen geht hervor, dass Harold die englischen Truppen auf

einer Anhöhe in Form eines Schildwalls aufstellte. Daher musste die normannische Kavallerie

bergauf reiten, um zu den Feinden vorzudringen, was die Wucht ihres Aufpralls auf den

Schildwall erheblich verringerte. Viele Pferde stürzten beim Versuch auf die Anhöhe zu reiten

in Gräben und warfen ihre Reiter ab, wie Szene 53 eindrucksvoll zur Schau stellt.47

Wilhelms Halbbruder, Bischof Odo, erscheint in der nächsten Szene sehr prominent, mitten in

der Schlacht, um die jungen Kämpfer anzufeuern, wie die Inschrift am Teppich besagt. Ein

kämpfender Gottesmann und Bischof wirkt äußerst paradox, denn die Regeln der Kirche

verbieten das Vergießen von Blut streng. Odo ist zwar in voller Rüstung zu Pferde dargestellt,

jedoch trägt er der Inschrift nach kein Schwert, sondern lediglich einen Kommandostab, um die

Truppen anzuleiten. 48

Kurz vor dem Höhe- und Wendepunkt der Schlacht bei Hastings fällt der Herzog vom Pferd,

seine Truppen ergreifen daraufhin die Flucht, da sie denken, dass ihr Anführer gefallen sei. Die

Stickerei nimmt in Szene 55 darauf Bezug.

44 Vgl WILSON M. David: Der Teppich von Bayeux, S.61f. 45 Auch Huscarl genannt, stehende Kampftruppe der englischen Könige, bekannt durch ihren Umgang mit der

Streitaxt. Vgl. VOLLRATH H. FRYDE N. (Hrsg.): Die englischen Könige im Mittelalter. Von Wilhelm dem

Eroberer bis Richard III. S.29. 46 Vgl. BOUET Pierre, NEVEUX Francois: Der Teppich von Bayeux. Ein mittelalterliches Meisterwerk, Szene

52, S. 78f. 47 Vgl. BOUET Pierre, NEVEUX Francois: Der Teppich von Bayeux. Ein mittelalterliches Meisterwerk, Szene

53, S. 80f. 48 Vgl. BOUET Pierre, NEVEUX Francois: Der Teppich von Bayeux. Ein mittelalterliches Meisterwerk Szene

54, S 82.

18

Die Darstellung zeigt, dass der Herzog sich den flüchtenden Truppen zu erkennen gibt, indem

er seinen Helm anhebt und sein Gesicht freigibt.49

Gestärkt durch die Gewissheit, dass ihr Herzog am Leben ist und weiterkämpft, gehen die

Normannen zum alles entscheidenden Angriff über, um den Feind vernichtend zu schlagen. In

der sehr detailliert gestickten Szene 56 sind die Grausamkeit und Härte dieses Kampfes noch

einmal verdeutlicht. Nahkampfszenen und die Enthauptung eines Engländers prägen das Bild.50

Die vorletzte Szene des Teppichs von Bayeux ist dem Tod des englischen Königs, Harold

Godwinson, gewidmet. Zuerst wird er von einem Pfeil im Auge getroffen, um danach von

einem normannischen Reiter das Bein abgeschlagen zu bekommen.

51

Abbildung 6: Teppich von Bayeux, Szene 57

Die letzten verbliebenen englischen Soldaten kämpfen um ihr Überleben und fliehen schließlich

vom Schlachtfeld. In dieser letzten Szene ist auch der früher im Text erwähnte einzige berittene

Bogenschütze zu sehen.

Jedoch ist stark anzuzweifeln, dass es sich hierbei um die Originalstickerei, und nicht vielmehr

um eine restaurierte Szenerie aus dem 19. Jahrhundert handelt.52

49 Vgl. RUD Mogens: The Bayeux Tapestry and the Battle of Hastings 1066, S. 84. 50 Vgl WILSON M. David: Der Teppich von Bayeux, S.69-71. 51 Vgl. https://www.bayeuxmuseum.com/en/the-bayeux-tapestry/discover-the-bayeux-tapestry/explore-online/

[Zuletzt abgerufen am 01.07.2021]. 52 Vgl. BOUET Pierre, NEVEUX Francois: Der Teppich von Bayeux. Ein mittelalterliches Meisterwerk, Szene

58, S. 88f.

19

53

Abbildung 7: Teppich von Bayeux, Szene 58

2.1.4. Bedeutung

Der Teppich von Bayeux ist mit Sicherheit eines der bedeutendsten Bildzeugnisse des

Mittelalters. Jedoch gibt der Teppich hinsichtlich des Hintergrunds und der Intention, mit der

der Teppich gefertigt wurde, Rätsel auf. Der Auftraggeber ist zwar nicht gänzlich geklärt,

dennoch lassen allein der Name des Teppichs und seine erste historische Erwähnung einen

normannischen Hintergrund vermuten. Daher läge die These nahe, dass es sich auch um eine

normannische Sicht der Geschichtsschreibung handelt.

Der Teppich zeigt jedoch in keiner Szene eine stichhaltige Legitimierung für den Anspruch

Wilhelms auf den englischen Thron als Nachfolger Edwards. Die Sterbeszene von Edward dem

Bekenner stellt Harold Godwinson ins Zentrum der Nachfolge. Warum also sollte die

normannische Geschichtsschreibung in diesem monumentalen Werk Harold als den von

Edward bestimmten Nachfolger der englischen Krone zeigen?

Bei näherer Betrachtung der gesamten Bildquelle fällt auch auf, dass der angelsächsische König

Harold Godwinson wesentlich öfter gezeigt wird, als der normannische Herzog Wilhelm.54

53 Vgl. https://www.bayeuxmuseum.com/en/the-bayeux-tapestry/discover-the-bayeux-tapestry/explore-online/

[Zuletzt abgerufen am 01.07.2021]. 54 Auf dem gesamten Teppich finden sich 27 Darstellungen von Harold I und nur 20 Darstellungen von Wilhelm

dem Eroberer. Der Name Harold findet 21 Mal Erwähnung in den Inschiften, jedoch nur 19 Mal der Name

Wilhelm. Vgl. BOUET Pierre, NEVEUX Francois: Der Teppich von Bayeux. Ein mittelalterliches Meisterwerk,

S 199.

20

Des Weiteren ist die Person Harolds durchgängig positiv dargestellt, was die Frage nach dem

Grund aufwirft. Es ist in der Geschichtsschreibung der Sieger nicht unbedingt üblich, seinen

Gegenspieler als heldenhaften Retter55 zu zeigen.

In einer Szene, die nahe dem Kloster Mont St. Michel spielt, ist eine Szenerie dargestellt, in der

Earl Harold normannische Ritter mit eigener Hand aus dem Treibsand zieht, nachdem ihre

Pferde gestürzt waren. Die lateinische Inschrift auf dem Teppich beweist dies

unmissverständlich: „HIC HAROLD DUX TRAHEBAT EOS DE ARENA”56.

57

Abbildung 8: Teppich von Bayeux, Szene 17

Ganz bemerkenswert hierbei erscheint die Tatsache, dass ein fremder Engländer normannische

Reiter aus dem Triebsand zieht, obwohl die ortsansässigen Ritter eigentlich um die Gefahr des

Sandes wissen müssten. Sollte der Teppich tatsächlich die Intention gehabt haben, Wilhelms

Herrschaft zu rechtfertigen, stellt sich vor allem in dieser Szene die Frage, warum sein

Widersacher so zentral als Retter Erwähnung findet.

Gleichzeitig ist die Szene um den Eid, den Harold an Wilhelm nach dem siegreichen Bretagne-

Feldzug leistet, sehr pikant. Gegenstand und Inhalt des Eides sind unbekannt, was Spielraum

für eine Unzahl an Interpretationen lässt.

Neuste Erkenntnisse und Interpretationen der Forschung zur Stickerei von Bayeux kommen zu

dem Schluss, dass es sich bei dem Entstehungszeitraum der Quelle um einige wenige Jahre

gehandelt haben muss.

55 Szene 3 und Szene 17. Vgl. RUD Mogens: The Bayeux Tapestry and the Battle of Hastings 1066, S. 51. 56 „Hier hat sie Herzog Harold aus dem Sand gezogen“ – übersetzt von Michael Spath. 57 Vgl. https://www.bayeuxmuseum.com/en/the-bayeux-tapestry/discover-the-bayeux-tapestry/explore-online/

[Zuletzt abgerufen am 01.07.2021].

21

Unmittelbar nach seinem Herrschaftsantritt verfolgt Wilhelm als neuer König von England eine

Politik der Aussöhnung statt der Unterdrückung.58 Er setzt Engländer in Verwaltungsposten ein

und betraut in seinem Domesday Book auch Angelsachsen mit Grundbesitz.59

Diese Politik hielt allerdings nicht allzu lange an, denn schon ab 1068 begann König Wilhelm,

sein Verhalten, vor allem gegenüber dem englischen Adel, zu ändern.60 Durch Kriege und

Rebellion zu Beginn der 70er Jahre des 11. Jahrhunderts war Wilhelms Herrschaft in England

ab diesem Zeitpunkt eine andere. Mit voller Härte und eisernem Willen ging er gegen

Aufständische vor, die sich ihm und seiner Herrschaft in den Weg stellten.61

Vor allem durch das 1087 in Auftrag gegebene Domesday Book erfahren wir, dass es um diese

Zeit kaum angelsächsische Grundbesitzer in England mehr gab.

Der Teppich von Bayeux kann aufgrund dieser Tatsachen nicht aus dieser Zeit stammen. Sein

Inhalt mutet eher versöhnlich gegenüber Harold an, was ab dem Jahr 1070 sicherlich nicht mehr

das Ansinnen Wilhelms war.

Es ist daher von einem Entstehungszeitraum zwischen 1067 und 1069 auszugehen. Speziell in

diesem Zeitraum wurde ein Versuch unternommen, das Zusammenleben zwischen Normannen

und Angelsachsen im Königreich zu fördern und Frieden zu stiften.62 Die Charakteristik der

Stickerei lässt also an der Theorie zweifeln, dass es sich hierbei um einen Versuch der reinen

Herrschaftslegitimierung handelt.

Vielmehr dürfte die Intention des Teppichs sein, nach dem schrecklichen Krieg, eine

versöhnliche Sicht auf die vergangenen Ereignisse zu werfen. Es ist so leichter zu erklären,

warum Harold und nicht Wilhelm im Zentrum der Erzählung der Quelle steht.

Das Bildnis ist zu uneindeutig und wird für immer einen großen Interpretationsspielraum

bieten. Zusammen mit den Schriftquellen bildet es jedoch eine interessante Grundlage für die

Forschung zu dieser Zeit und ist nicht umsonst häufig Ausgangspunkt für Hypothesen.

58 Vgl. DOUGLAS David: Wilhelm der Eroberer. Herzog der Normandie, König von England 1028-1087, S.

270. 59 Vgl. Englische Geschichtsschreiber des 12. Jahrhunderts, S 107f. 60 Vgl. DOUGLAS David: Wilhelm der Eroberer. Herzog der Normandie, König von England 1028-1087, S.

270f. 61 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 257. 62 Vgl. BOUET Pierre, NEVEUX Francois: Der Teppich von Bayeux. Ein mittelalterliches Meisterwerk, S 202-

205.

22

2.2. Das Domesday Book

Das Domesday Buch ist ein einzigartiges Werk und eine der wenigen vollständig erhaltenen

und überlieferten Schriften des späten 11. Jahrhunderts aus England. In Auftrag gegeben wurde

es von König Wilhelm I von England, besser bekannt unter dem Namen Wilhelm der Eroberer,

an Weihnachten des Jahres 1085, als er in Gloucester Hof hielt. 63

In einer großangelegten Untersuchung durch königliche Kommissäre, sollte es einen Überblick

und eine Aufstellung der Eigentums- und Besitzverhältnisse im England der damaligen Zeit

liefern.64

Über die Jahre hinweg trug diese Handschrift viele verschiedene Namen, angefangen mit „The

King’s Book“ oder „The Great Book of Winchester“ nach der Stadt, in der sie aufbewahrt

wurde, bis es schließlich als „Domesday Book“65 bekannt wurde. Der Name „Domesday“

bedeutet sinngemäß „Tag des Jüngsten Gerichte“ und zeigt, mit welcher Ehrfurcht dieses Buch

stets betrachtet wurde.66

2.2.1. Entstehung

In der Angelsächsischen Chronik des Geschichtsschreibers und Mönches Wilhelm von

Malmesbury67 werden die Entstehungsgeschichte- und der Entstehungskontext des Domesday

Books nur kurz erwähnt.68 Aufgrund des Aufkommens von immer schwerwiegenderen

Gerüchten über eine Invasion einer dänisch-flandrischen Koalition, die den Anspruch des

dänischen Königs Knut II. auf die englische Krone durchsetzen sollte, sah sich der englische

König Wilhelm I. gezwungen zu handeln. Er beginnt mit einer umfangreichen Anwerbung von

Söldnern auf dem europäischen Festland, sowie konkreten Maßnahmen auf angelsächsischem

Boden. Um die angeworbenen Söldnertruppen zu unterhalten, begann er, die zusätzlichen

Soldaten bei seinen englischen Lehensherren einzuquartieren, und verwüstete die Landeplätze

an der Küste, an denen er die dänisch-flandrische Armee erwartete.

63 Vgl. FUCHS Rüdiger: Das Domesday Book und sein Umfeld. S. 169. 64 Vgl. BATES David: William the Conqueror. S. 462ff. 65 „the book of the day of judgement” – „Das Buch des Tages des Jüngsten Gerichts”. 66 WILLIAMS Ann, MARTIN G.H: Domesday Book, A Complete Translation. Penguin Books, London 2003,

S. VII. 67 1080/1095 – 1143, Mönch in der Malmesbury Abbey. 68 ENGLISCHE GESCHICHTSSCHREIBER DES 12 Jahrhunderts.

23

Die Kosten und die Anstrengungen, die unternommen und verursacht wurden, waren

beträchtlich, und so zeigte sich Wilhelm von Malmesbury in seiner Chronik verwundert

darüber, wie das Land eine solche Armee überhaupt finanzieren und unterhalten konnte.69

Durch die Ermordung Knuts II. von Dänemark im Jahr 1086hatte die Finanzierung und

Unterhaltung des angeworbenen Söldnerheeres an Notwendigkeit verloren, das Folge dessen

aufgelöst wurde.70

Scheinbar waren bei der Organisation der Einquartierung einige gravierende Lücken im

Leistungsgefüge der Lehensherren von Wilhelm zum Vorschein gekommen, und so beschloss

der König, eine Befragung und beschreibende Chronik seines gesamten Königreiches und

Herrschaftsgebietes in Auftrag zu geben. Hierzu sollten alle Einkünfte des Königs, nach

Grafschaft geordnet, sowie die Lehensträger in den Grafschaften erfasst werden. Um ein

möglichst vollständiges Bild der Besitztümer und Einkünfte zu bekommen, wurden sehr

detaillierte Informationen erfragt und in unterschiedlicher Genauigkeit geliefert.

So wird die genaue Anzahl aller Tiere oder die Unterscheidung zwischen Ackerland, Wald und

generellem Landbesitz genannt. Ebenfalls erfasst wurden die exakten Einkünfte, die

wirtschaftliche Betriebe wie Mühlen oder Fischteiche lieferten.71

Es wurden Kommissionen eingesetzt, die den Stand an zu erhebenden, steuerlich relevanten

Dingen einschätzen sollten. Hierbei handelte es sich jedoch oft um ortansässige Beamte, die

Steuern für ihre eigenen Grafschaften nach Möglichkeit klein halten wollten.72 Um möglichst

wahrheitsgetreue Aussagen und Angaben über die Bestände der Grafschaften zu bekommen,

wurden zwei verschiedene Methoden angewandt, die gesicherte Ergebnisse liefern sollten. Die

erste Strategie dafür war der Einsatz einer ortsfremden Gruppe von königlichen Beamten, die

ohne Wissen und Rücksicht auf lokale Interessen offenlegen sollte, welche Besitztümer

vorhanden waren. Der andere Versuch, um zuverlässige Angaben zu erhalten, war die Praxis,

Nachbarschaftszeugnisse einzuholen.73

69 Vgl. FUCHS Rüdiger: Das Domesday Book und sein Umfeld. S. 168. 70 Vgl. FUCHS Rüdiger: Das Domesday Book und sein Umfeld. S. 168. 71 Vgl. FUCHS Rüdiger: Das Domesday Book und sein Umfeld. S. 169. 72 Vgl. FUCHS Rüdiger: Das Domesday Book und sein Umfeld. S. 169. 73 Vgl. FUCHS Rüdiger: Das Domesday Book und sein Umfeld. S. 169f.

24

Die königlichen Kommissare standen vor der Herausforderung, dass der überwiegende Großteil

der zu erfragenden Angaben, durch mündliche Zeugnisse gestützt war und somit forderten sie,

dass alle Aussagen unter Eid abgelegt werden sollten.74

Aufgrund des Umfanges der erfassten Angaben wurde das Domesday Book relativ schnell zur

Basis für jeglichen Rechtsstreit über Besitz und Besitzstörung.75 Es wurde in vielen Fällen nicht

nur Klarheit über Anspruch und tatsächlichen Besitz geschaffen, sondern auch vermeintlich alte

Rechtsansprüche erneuert und wiederhergestellt.76

Speziell die Einkommensberechnung der Lehensträger des Königs und der Umfang der

einziehbaren Steuern, die daran gekoppelt waren, sowie die Rechte der Krone im

Herrschaftsgebiet wurden auf Grundlage des Domesday Books geregelt. Diese Chronik bildete

über viele Jahrhunderte hinweg den Grundstock für die angelsächsische und später englische

Steuerberechnung.77

2.2.2. Quellenkritik

Das Domesday Book wurde zu Weihnachten 1085, also ungefähr 20 Jahre nach der Eroberung

Englands durch Wilhelm, von ihm selbst in Auftrag gegeben. Bestehend aus zwei

unterschiedlichen Teilen, ist es heute eine der umfangsreichsten Quellen Englands für diese

Zeit und unumgänglich für Historikerinnen und Historiker.78 In erster Linie ist es eine

Aufzählung von Grundherren, immer mit dem Vergleich zwischen Wilhelms Zeit und der Zeit

von Edward dem Bekenner.79

Der Historische Text ist in zwei Teile gegliedert, das „Great Domesday“, welches 31

Grafschaften vom Ärmelkanal bis zu dem Fluss Tees behandelt, und das „Little Domesday“,

welches die Grafschaften Essex, Norfolk und Suffolk, nordöstlich von London beschreibt.

74 Vgl. FUCHS Rüdiger: Das Domesday Book und sein Umfeld. S. 170. 75Vgl. FUCHS Rüdiger: Das Domesday Book und sein Umfeld. S. 172f, 177. 76 Vgl. FUCHS Rüdiger: Das Domesday Book und sein Umfeld. S. 173, 196ff. 77 Vgl. FUCHS Rüdiger: Das Domesday Book und sein Umfeld. S. 196f. 78CANNON John, CROWCROF Robert: A Dictionary of British History. Third Edition. Oxford University

Press, Oxford 2015. 79 1042-1066 n.Chr. angelsächsischer König

Vgl. VOLLRATH H. FRYDE N. (Hrsg.): Die englischen Könige im Mittelalter. Von Wilhelm dem Eroberer bis

Richard III. S.49.

25

2.2.3. Quelleninterpretation

Anfangs ist festzuhalten, dass es sich bei dem Domesday Book um ein Werk handelt, welches

von einem Eroberer, Feldherren und König in Auftrag gegeben wurde, um seine Herrschaft

über sein neu erobertes Land zu legitimieren. Auch aufgrund der Tatsache, dass Wilhelm in

dieser Handschrift stets auf die Zeit Edwards des Bekenners Bezug nimmt, stellt er sich selbst

direkt in die Nachfolger des großen angelsächsischen Königs. Dementsprechend kritisch ist es

zu betrachten, wenngleich es sich um keine einseitige Darstellung historischer Ereignisse,

sondern vielmehr um eine Aufzählung und Klärung der Ansprüche auf Besitz und Land,

handelt.

Eine der möglichen Intentionen für die Erstellung eines solchen Manuskripts könnte eine

möglichst schnelle Legitimation seiner Herrschaft gewesen sein. Dass Wilhelm als Eroberer

aus dem Norden Frankreichs gekommen war und durch seine Siege auf dem Schlachtfeld seine

Gegner zum Schweigen gebracht hatte, hieß noch nicht, dass er vom Volk und den Earls als

rechtmäßiger Herrscher akzeptiert wurde.80

Er musste also möglichst schnell seine Macht in seinem neuen Land festigen und wählte dafür,

unter anderem, die Erstellung dieser Handschrift.

Die Einhebung von Steuern zur Finanzierung der Herrschaft und vor allem für die Verteidigung

des Hoheitsgebietes war unumgänglich, und so wurde mit dem Domesday Book ebenso eine

Grundlage für die Bemessung des Steuersatzes geschaffen. Durch die Festlegung der

Besitzverhältnisse und die darin geschilderte Vergabe von Lehensverhältnissen wurde dieses

Manuskripts noch lange in England als die grundlegende Basis jedes Steuersatzes verwendet.

Ebenso wurde darin die genaue Anzahl der jeweiligen Personen festgehalten, sodass man von

einer ersten Volkszählung im damaligen England sprechen kann.

Der Aufbau des Domesday Books gliedert sich grundsätzlich in zwei Bände die „Great

Domesday“ und „Little Domesday“. Der zweite Teil, das „Little Domesday“ Book, behandelt

die Grafschaften und Gebiete von Essex, Norfolk und Suffolk81, während der erste Band den

Rest Englands und Wales` einschließt, mit Ausnahme einiger weniger Gebiete an der Grenze

zum heutigen Schottland.82

80 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. Kapitel 12, S. 255-264. 81 Gebiete nordöstlich von London. 82 Vgl. Domesday Book: A Complete Translation. S. V.

26

Die Kapitel des Great Domesday Books sind folgende:

Kent, Sussex, Surrey, Hampshire, Berkshire, Wiltshire, Dorset, Somerset, Devonshire,

Cornwall, Middlesex, Hertfordshire, Buckinghamshire, Oxfordshire, Gloucestershire,

Worcestershire, Herefordshire, Cambridgeshire, Huntingdonshire, Bedfordshire,

Northamptonshire, Leicestershire, Warwickshire, Staffordshire, Shropshire, Cheshire,

Derbyshire, Nottinghamshire (inclusive Rutland), Yorkshire und Linconshire.83

Am Beginn des Kapitels steht eine Aufzählung der Grundbesitzer des jeweiligen Gebietes, stets

beginnend mit „The Land of the King“, also dem Besitz von König Wilhelm in diesem Areal.

An zweiter Stelle kommt immer der Erzbischof von Canterbury, meist gefolgt von vielen

geistlichen Vertretern wie Bischöfen, Äbten oder Domherren. Erst danach beginnt die

Aufzählung der weltlichen Grundbesitzer von Grafen bis zu einfachen Rittern.84

Bemerkenswert erscheint die Tatsache, dass es bei der Anzahl der Grundbesitzer der jeweiligen

Gebiete gravierende Unterschiede gibt. So hat die Grafschaft und das Gebiet Cornwall nur

sieben unterschiedliche Grundbesitzer85, obgleich Cornwall nicht die kleinste Fläche aller

erwähnten Territorien umfasst.

Zum Vergleich hat die Grafschaft und das Gebiet Essex, welches im „Little Domesday“

behandelt wird, 90 verschiedene Grundbesitzer86. Die Anzahl der Grundbesitzer spiegelt also

nicht die tatsächliche Flächengröße der Gebiete wider, sondern vermutlich ihre strategische

Bedeutung.

Der Grafschaft Cornwall an der äußersten Südwestspitze Englands kann demnach eine

wesentlich kleinere Bedeutung zugemessen werden als der Grafschaft Essex, welche nördlich

von London und somit näher am Zentrum des Geschehens und der Bedrohung durch Kriege

liegt. So erscheint es nicht gänzlich verwunderlich, dass Cornwall nur 7 Grundbesitzer und

Essex 90 hat, bei einem unwesentlichen Flächenunterschied.

83 WILLIAMS Ann, MARTIN G.H: Domesday Book, A Complete Translation. Penguin Books, London 2003,

S. V. 84 Beispielhaft, Domesday Book: A Complete Translation. S. 71. 85 Vgl. Domesday Book: A Complete Translation. S. 341. 86 Vgl. Domesday Book: A Complete Translation. S. 970.

27

Der Aufbau der Kapitel im Domesday Book soll beispielhaft anhand von zwei

unterschiedlichen Ausschnitten dargelegt werden. Als erstes wird das Kapitel über die

Grafschaft und das Gebiet von Sussex, wo König Wilhelms berühmter Sieg bei Hastings

stattgefunden hat, untersucht. Im Anschluss wird noch das Kapitel über Gloucestershire

besprochen, nachdem der Auftrag für die Erstellung dieser Handschrift an Weihnachten 1085

in Gloucester gegeben wurde.87

Um die Analyse zu beginnen, wird eine Aufzählung der Grundherren folgen und anschließend

ein Absatz beispielhaft ausgewählt, um den Aufbau und die behandelte Thematik darzulegen.

Im Fall von Sussex sind es insgesamt 15 verschiedene Grundbesitzer, die im Domesday Book

angeführt sind:

King William, The Archbishop of Canterbury, The Bishop of Chichester, The Abbot of St Peter

of Westminster, The Abbot of Fecamp, Osbern, bishop of Exeter, The Abbey of Winchester,

The Abbey of Battle, The Count of Eu, The Count of Mortain, Earl Roger , William de Warenne,

William de Braose, Oda of Winchester, Ealdræd

„King William holds BOSHAM in demesne. Earl Godwin held it, and then there were 56 ½

[hides], and it paid geld for 38 hides, and now the same. There is land […]. In demesne are 6

ploughs; and 39 villians with 50 bordars have 19 ploughs. There is a church, and 17 slaves, and

8 mills rendering £4 less 30d. There are 2 fisheries rendering 8510d, [and] woodland for 6

pigs”88

87 Vgl. Domesday Book: A Complete Translation. S VII. 88 Domesday Book: A Complete Translation. S. 37.

28

Übersetzung

König Wilhelm, Der Erzbischof von Canterbury, Der Bischof von Chichester, Der Abt von St

Peter in Westminster, Der Abt von Fecamp, Bischof Osbern von Exeter, Die Abtei von

Winchester, Die Abtei von Battle (in Hastings), Der Graf von Eu (Normandie), Der Graf von

Mortain (Normandie), Graf Roger, Wilhelm von Warenne, Wilhelm von Braose, Oda von

Winchester, Ealdræd89

“König Wilhelm besitzt das Gebiet und den Haushalt BOSHAM. Graf Godwin besaß es und

dazu [Anm. Haushalt Bosham] gehören 56 ½ hides90 und es [Anm. Haushalt Bosham] zahlte für

38 hides und die gleiche Menge erneut. Dieses Land […]. In dem Gebiet des Haushaltes

befinden sich 6 ploughs91 und [im Umland] 39 villians92 mit 50 bordars93, die 19 ploughs

besitzen. Hier ist eine Kirche, und 17 Sklaven und 8 Mühlen, die £4 weniger als 30d [Anm.

Geld, Währungseinheit] einbringen. Es gibt 2 Fischzuchten, die 8510d erbringen, und

Waldgebiet für 6 Schweine“94

Im Fall von Gloucestershire ist die Anzahl wesentlich höher, die höchste im „Great Domesday“

Book, nämlich 78 unterschiedliche Grundbesitzer:

King William, The Archbishop of York, The Bishop of Worcester, The Bishop of Hereford, The

Bishop of Exeter, The Bishop of Saint-Lo, The Church of Bath, The Abbey of Glastonbury, The

Abbey of Malmesbury, The Abbey of Gloucester, The Abbey of Winchcombe, The Abbey of

Evesham, The Abbey of Abingdon, The Abbey of Pershore, The Abbey of Coventry, The Abbey

of Cormeilles, The Abbey of Lyre, The Abbey of Eynsham, The Abbey of Westminster, The

Church of Saint-Denis in Paris, The Church of Lambeth, The Church of Saint-Evroul, The

Church of La Trinite; Caen, The Church of Troarn, The Church of Cirencester, Regenbald the

priest, Earl Roger, Earl Hugh, The count of Martain, Gilbert Maminot; Bishop of Lisieux,

William de EU, William fitzBaderon, William the chamberlain, William Goizenboded, William

fitzGuy, William Froisseloup, William fitzNorman, William Leofric, Roger de Lacy, Roger de

Beaumont, Roger d’Ivry, Roger of Berkeley, Ralph;his brother, Ralph Paynel, Ralph de Tosny,

Robert de Tosny, Robert Despenser, Robert d’Oilly, Richard the legate, Osbern Giffard,

Geoffrey Orlateile, Gilbert fitzTurold, Durand the sheriff, Drogo fitzPons, Walter fitzPons,

89 Übersetzung sinngemäß von Michael Spath. 90 Flächeneinheit zur Berechnung des Steuersatzes. Domesday Book. A Complete Translation S 1433. 91 Einheit der landwirtschaftlich bebaubaren Fläche zur Berechnung des Steuersatzes. Domesday Book. A

Complete Translation S 1434. 92 Bewohner mit hohem ökonomischem Status, aber nach wie vor unfrei. Domesday Book. A Complete

Translation S 1436. 93 Bewohner mit niedrigem ökonomischem Status. Domesday Book. A Complete Translation S 1431. 94 Übersetzung sinngemäß von Michael Spath.

29

Walter fitzRoger, Walter the deacon, Walter the crossbowman, Henry de Ferrers, Ernulf de

Hesdin, Harold son of Ralph, Hugh de Gransmesnil, Hugh l’Asne, Miles Crispin, Urse d’Abetot,

Hascoit Musard, Turstin fitzRolf, Ansfrid de Cormeilles, Humphrey the chamberlin, Humphrey

of Maidenhill, Humphrey the cook, Sigar de Chocques, Matthew de Mortagne, Josecelin the

Breton, Roger fitzRalph, The wife of Gerwy, Baldwin, Ælfsige and other thegns of the king95

The Land of the wife of Gerwy

THE WIFE OF GERWY de Loges holds of the king 4 hides in TEMPLE GUITING. 3 thegns,

Wulffrith, Tovi, and Thorbiorn, held it as 3 manors, and it paid geld. In demesne is 1 plough;

and 1 villian with half a plough. It was worth 40s; now 20s

Übersetzung:

König Willhelm, Der Erzbischof von York, Der Bischof von Worcester, Der Bischof von

Hereford, Der Bischof of Exeter, Der Bischof von Saint-Lo (Normandie), Die Kirche von Bath,

Die Abtei von Glastonbury, Die Abtei von Malmesbury, Die Abtei von Gloucester, Die Abtei

von Winchcombe, Die Abtei von Evesham, Die Abtei von Abingdon, Die Abtei von Pershore,

Die Abtei von Coventry, Die Abtei von Cormeilles (Normandie), Die Abtei von Lyre

(Normandie), Die Abtei von Eynsham, Die Abtei von Westminster, Die Kirche von Saint-Denis

in Paris, Die Kirche von Lambeth, Die Kirche von Saint-Evroul [sic!] (Normandie), Die Kirche

der Dreifaltigkeit in Caen, Die Kirche von Troarn (Normandie), Die Kirche von Cirencester,

Regenbald der Priester, Wilhelm fitzBaderon96, Wilhelm der Kämmerer, Wilhelm

Goizenboded, Wilhelm fitzGuy, Wilhelm Froisseloup, Wilhelm fitzNorman, Wiliam Leofric,

Roger von Lacy, Roger von Beaumont, Roger d’Ibry, Roger von Berkeley, sein Bruder Ralph,

Ralph Paynel, Ralph von Tosny, Robert von Tosny, Robert Despenser, Robert d’Oilly, Richard

der Gesandte, Osbern Giffard, Geoffrey Orlateile, Gilbert fitzTurold, Durand der Sheriff, Drogo

fitzPons, Walter fitzPons, Walter fitzRoger, Walter der Diakon, Walter der Armbrustschütze,

Henry von Ferrers, Ernulf von Hesdin, Harold Sohn des Ralph, Hugo von Gransmesnil, Hugo

l’Asne, Miles Crispin, Urse d’Abetot, Hascoit Cusard, Turstin fitzRolf, Ansfrid von Cormeilles,

Humphrey der Kämmerer, Humphrey von Maidenhill, Humphrey der Koch, Sigar von

Chocques, Matthäus/Matthias von Mortagne, Josecelin der Bretone, Roger fitzRalph, Die Frau

des Gerwy, Baldwin, Ælfsige und andere Thegen97 des Königs98

Das Land der Frau von Gerwy

95 Domesday Book: A Complete Translation, S 446f. 96 Fitz → lat. Filius; Sohn. 97 Niedriger Edelmann, Vgl. Domesday Book: A Complete Translation, S 1435. 98 Übersetzung sinngemäß von Michael Spath.

30

Die Frau von Gerwy de Loges bekam 4 hides99 vom König in TEMPLE GUITING. 3 Thegns100,

Wulffrith, Tovi und Thorbiorn besaßen darauf 3 manors101 und zahlten Steuern. Das Gebiet und

der Haushalt haben 1 plough102 und einen villian103mit einem halben plough. Das Land war 40s

[Ann. Geld, Währungseinheit] wert, jetzt ist es 20s wert.104

Bemerkenswert an der Vergabe von Gebieten ist sicherlich, dass König Wilhelm neben

enormen Flächen an Bischöfe und kirchliche Institutionen auch sehr viel Land an Grafen und

Adelige aus seiner Heimat vergibt. Meist sind die Adeligen Ritter und Heerführer aus der

Normandie, die an der Seite Wilhelms England erobert haben und nun für ihre Dienste mit Land

und Einnahmen belohnt werden.105

Die Vergabe von Land an Frauen ist zwar für die damalige Zeit bemerkenswert, jedoch wird

bei näherer Betrachtung aller Kapitel des Domesday Books klar, dass es einige Frauen gab, die

von König Wilhelm Land bekommen haben. In den meisten Fällen handelt es sich um

Äbtissinnen und weibliche Adelige 106, die im Domesday Book berücksichtigt werden.

Wesentlich seltener jedoch ist die Landvergabe an einfache Ehefrauen, also nicht geistliche

oder adelige Untertanen. Ebenso aufgrund der Tatsache, dass dieses Land zuvor von Thegen,

also niedrigen Edelmännern, gehalten wurde und danach an die Ehefrau eines Gefolgsmannes

Wilhelms vergeben wurde, erscheint diese Stelle bemerkenswert.

Ganz allgemein ist festzuhalten, dass es sich bei diesem Manuskript nicht nur um eine

Zusammenfassung und Aufstellung des Grundbesitzes handelt, sondern ebenso um eine

Ermittlung von Gebäuden, Bewohnern, Leibeigenen und Einkünften. Die Informationen, die

der Inhalt des Domesday Books lieferte, konnten so als Grundlage für zukünftige Steuersätze

und Einwohnerzählungen benutzt werden.

99 Siehe S. 28. 100 Niedriger Edelmann, Vgl. Domesday Book: A Complete Translation, S 1435. 101 Gehöft, Anwesen, Vgl. Domesday Book: A Complete Translation, S 1433. 102 Flächeneinheit zu Berechnung des Steuersatzes, Siehe S. 28. 103 Bewohner mit hohem ökonomischem Status, aber nach wie vor unfrei, Siehe S. 28. 104 Übersetzung sinngemäß von Michael Spath. 105 Vgl. Wilhelm von Warenne oder Wilhelm von Braose. 106 Vgl. Domesday Book: A Complete Translation, S 71,89, 135 etc.

31

2.3. Wilhelm von England bei Wilhelm von Malmesbury

Das bemerkenswerte an dem Mönch und Chronist Wilhelm von Malmesbury ist die Tatsache,

dass er von beiden Ethnien des damaligen Englands, Normannen und Angelsachsen, abstammt.

Er selbst stellte sich den Normannen und Angelsachsen, die über Wilhelm den Eroberer

aufgrund ihrer Herkunft jeweils parteiisch geschrieben haben, gerade aus diesem Grund

gegenüber. Der Mönch macht in seinen Werken deutlich, dass er durch seine Eltern und eigenen

Antrieb schon in seiner Kindheit mit Büchern in Kontakt gekommen ist, daher können wir

annehmen, dass er aus wohlhabenden Familienverhältnissen stammt.107

Seinen eigenen Schriften zufolge wurde ihm mehrmals das Amt des Abtes angeboten, jedoch

entschied er sich immer dagegen, da er aufgrund der Ferne zum Hof dessen Geheimnisse nicht

kannte und mit den bedeutungsvollen Begebenheiten nichts zu tun hatte.108

Wilhelm von Malmesbury ist nicht nur als Historiograph tätig, sondern vor allem Theologe und

Mönch, jedoch behandelt er in seinen Werken nicht nur historische und theologische

Themengebiete. Auch juristische Belange waren Gegenstand seiner Schriften, ebenso wie

Wundererzählungen, Ansichten über Kaiser und Päpste, den Islam und die Unterschiede

zwischen morgenländischem und abendländischem Kaisertum und deren Kultur finden sich in

seinen Werken.

Wilhelm von Malmesbury zieht in seinen Darstellungen über die Auffassung von

normannischen Königen immer wieder Vergleiche zwischen verschiedenen Herrschern der

Antike und Gegenwart der damals bekannten Welt. So wird Wilhelm I. mit Balduin I., König

von Jerusalem, verglichen, da beide durch viele Mühen berühmt geworden sind, sowie dem

Geld mehr als zugetan waren.

Dies sei jedoch sehr einfach zu entschuldigen und nicht verwerflich, bedingt durch die

Zwangslage, in der sich König Wilhelm von England finanziell befand.109

In seinem Werk Gesta regum Anglorum spart Wilhelm von Malmesbury nicht mit Lob an König

Wilhelm I. von England. Nach dem Mönch muss Wilhelm I. von Gottes Hand bei der Schlacht

von Hastings beschützt worden sein, war er doch Ziel unzähliger Speere.110

107 Vgl. Englische Geschichtsschreiber des 12. Jahrhunderts, S. 54. 108 Vgl. Englische Geschichtsschreiber des 12. Jahrhunderts, S. 54f. 109 Vgl. Englische Geschichtsschreiber des 12. Jahrhunderts, S. 92. 110 Vgl. Englische Geschichtsschreiber des 12. Jahrhunderts, S. 102.

32

Ebenso die Keuschheit und Gottesfürchtigkeit in dessen Jugend lobte der Mönch, und dass die

Unterstützung der Kirche während der Regierungszeit Wilhelms enorm war. Durch seine

Unterstützung wuchsen die Anzahl der Mönche sowie der Einfluss und die Größe von Klöstern

um ein Vielfaches.

Die Art und Weise, wie Wilhelm von Malmesbury über König Wilhelm schreibt bzw.

vermeintlich Übles berichtet, legt jedoch nahe, dass er unter einem gewissen Druck stand oder

durch äußere Umstände zu einer etwas maskierten Sprache gedrängt wurde.111

Die Anhäufung von Geld wurde von dem Chronisten etwas kritisiert, nur um sofort

anschließend zu relativieren, dass das neue Reich ohne viel Geld nicht beherrscht werden hätte

können.112

Bei der Schilderung des Todes des Königs fand der Mönch jedoch eine deutliche Verbindung

zu seinem letzten kriegerischen Raubzug und der Verbrennung einer Kirche und einer

Klausnerin.113

Bei der Eroberung Englands war Gott noch auf der Seite Wilhelms und nicht auf der Seite von

Harold. Dieser hatte seinen Eid gegenüber Wilhelm, ihm die Herrschaft über das englische

Reich zu überlassen, gebrochen und die Herrschaft selbst an sich gerissen.114 Im Verlauf seiner

Herrschaft hatte König Wilhelm aber gesündigt und somit die schützende Hand Gottes über

seiner Königswürde verloren.

Nicht nur einen Vergleich mit dem König von Jerusalem zieht Wilhelm von Malmesbury in

seiner Beschreibung von dem normannischen Eroberer und damaligen König von England.

Bei seiner Beurteilung der Schlacht von Hastings und den Gründen der Niederlage der

Angelsachsen sowie der unmittelbaren Folgen der Schlacht zieht er einen interessanten

Vergleich zwischen Wilhelm dem Eroberer und dem römischen Feldherrn Caesar. Dieser hatte

in seinem Gallischen Krieg die Germanen in den Ardennen115 nicht durch reguläre römische

Legionen vertrieben, sondern durch verbündete gallische Stämme.

Auch Wilhelm setzte gegen einen angelsächsischen Wiedereroberungsversuch Angeln ein und

festigte so seine Herrschaft unmittelbar nach der Schlacht von Hastings.116

111 Vgl. Englische Geschichtsschreiber des 12. Jahrhunderts, S. 102f. 112 Vgl. Englische Geschichtsschreiber des 12. Jahrhunderts, S. 102. 113 Vgl. Englische Geschichtsschreiber des 12. Jahrhunderts, S. 102. 114 Vgl. Englische Geschichtsschreiber des 12. Jahrhunderts, S. 103. 115 Waldgebirge im Grenzgebiet zwischen Belgien, Luxemburg und Frankreich. 116 Vgl. Englische Geschichtsschreiber des 12. Jahrhunderts, S. 107.

33

Wilhelm von Malmesbury kann als Chronist verstanden werden, der eine Brücke zwischen

angelsächsisch- und normannisch-gefärbter Geschichtsschreibung schlägt. Allerdings wird in

seinen Werken deutlich, dass er sich eher seiner eigenen angelsächsischen Heimat zugehörig

gefühlt hat als den Normannen. Seine Darstellungen König Wilhelms sind geprägt von

durchwegs positiver Bewertung, jedoch mit einigen kleinen Hinweisen, die an einer gänzlichen

Unabhängigkeit seiner Charakterisierung des Herrschers Zweifel aufkommen lassen.

34

3.Das Leben des Herzogs

3.1. Jugend

Wilhelm wurde 1027/28 in der kleinen westnormannischen Stadt Falaise, knapp 40 Kilometer

südlich von Caen geboren. Seine Mutter, Herleva aus Falaise, war eine Geliebte des

normannischen Herzogs Robert I., jedoch konnten beide aufgrund ihrer Herkunft und sozialen

Stellung kein offizielles Ehebündnis eingehen. Bald nach der Geburt von Wilhelm verheirate

Herzog Robert jedoch seine Geliebte Herleva mit Herluin, dem Vizegrafen von Conteville. Aus

dieser Ehe gingen die zwei Halbbrüder Wilhelms, Odo und Robert, hervor, die den Lebensweg

des späteren Eroberers lange begleiten sollten. Odo wurde später Bischof von Bayeux sowie

Earl von Kent und Robert wurde Graf von Mortain.117

Die außereheliche Geburt von Wilhelm schloss ihn nicht zwangsläufig von der Nachfolge

seines Vaters aus. Die skandinavischen Siedler im Norden Frankreichs nahmen zu dieser Zeit

das Christentum zwar an, jedoch hielten sie lange auch an den traditionell geschlossenen

Partnerschaften fest. Somit hatten Kinder aus kirchlichen Ehen zwar den Vorrang gegenüber

außerehelichen Kindern, wenn es um die Nachfolge und das Erbe ging, jedoch waren

Bastarde118 nicht automatisch ausgeschlossen.

Den Beinamen Bastard bekam Wilhelm erst von der Geschichtsschreibung der ausgehenden

1070er Jahre, als sich das Christentum in diesem Bereich etablierte und die Bedeutung von

christlicher Ehe im kirchlichen Sinne zunahm.119 Aufgrund dessen, dass Herzog Robert nicht

heiratete und auch, als er beschloss, eine Pilgerreise ins Heilige Land zu machen, noch

Junggeselle und ohne legitime Nachkommen im christlichen Sinne war, fasste er einen

folgenschweren Entschluss. Auf Drängen der Adeligen der Normandie bestimmte Herzog

Robert den jungen Wilhelm zu seinem Nachfolger und ließ seine Gefolgsleute dem sieben- oder

achtjährigen die Treue schwören. Der Herzog überlebte die Rückreise aus dem Heiligen Land

jedoch nicht, und somit war Wilhelm Herrscher der Normandie. 120

117 Vgl. PELTZER J: 1066. Der Kampf um Englands Krone, S 94f. 118 „Bastard“ in der ursprünglichen Bedeutung als außereheliches Kind. 119 Vgl. PELTZER J: 1066. Der Kampf um Englands Krone, S 94f. 120 Vgl. PELTZER J: 1066. Der Kampf um Englands Krone, S 96.

35

Aufgrund seines kindlichen Alters wurden Wilhelm mehrere Männer zur Seite gestellt, die für

den Schutz sowie die Erziehung des jungen Herzogs verantwortlich waren. Turold, Ralph der

Mönch, GrafAlan von Bretagne sowie Erzbischof Robert von Rouen und Graf Gilbert von

Brionne.121 Nach der Ermordung einiger seiner Vormünder kamen später auch die beiden Onkel

Wilhelms, Mauger, der spätere Erzbischof von Rouen, und Wilhelm, Graf von Arques, in den

Kreis der Männer, die Wilhelm erziehen und leiten sollten.122 Der Vater Wilhelms, Herzog

Robert, schaffte es, die schwelenden Konflikte und Machtkämpfe in der Normandie in Schach

zu halten, als er jedoch ins Heilige Land aufbrach, reichte die Autorität Wilhelms nicht aus, um

die Machtansprüche der kleinen und großen Mächtigen in der Normandie in Zaum zu halten.

So wuchs Wilhelm in ständiger Angst auf und wurde schon in frühster Jugend mit Kämpfen,

Mord und Intrigen konfrontiert.123

Für einen jungen Adeligen in der Normandie des 11. Jahrhunderts war es unumgänglich, sich

im Kampf zu beweisen und zu einem starken und guten Krieger heranzuwachsen. Allmählich

kristallisierten sich innerhalb der Gesellschaft drei wesentliche Gruppen heraus, welche

gemeinhin nach einem Dreiständemodell differenziert werden. Die Bevölkerung gliederte sich

demnach in „oratores“ („Beter“ = Geistliche), „bellatores“ („Krieger“ = Ritter) und

„laboratores“ („Arbeiter“ = Bauern, Handwerker).124 Während es die Aufgabe der Krieger war,

die anderen beiden Stände bei ihren Tätigkeiten zu schützen, wurden sie im Gegenzug versorgt

und es wurde für die gebetet. Ein Ritter zu sein, wurde zu einer idealisierten Lebensform, die

dann im Hochmittelalter ihre Blüte erreichte, jedoch zur Zeit Wilhelms erst im Entstehen war.

Als guter Krieger war es vor allem wichtig, erfolgreich und ruhmreich zu kämpfen und somit

Ansehen und Einfluss zu erwerben. Vor allem erfolgreiche Kämpfe stärkten das militärische

Ansehen, sowie die Führungsfähigkeit und den sozialen Status. Der Umstand, dass Wilhelm

bereits in jungen Jahren häufig Zeuge und Leidtragender von Gewalt und politisch-instabilen

Zeiten war, machte ihn möglicherweise zu einem solch erfolgreichen Herrscher. Der Umgang

mit den Waffen der damaligen Zeit (Schwert, Lanze und Speer)125 war genauso Teil seiner

Ausbildung wie das Reiten. Die Kavallerie war damals ein fixer Bestandteil des Heeres, und

vor allem die schwere normannische Kavallerie war ein gefürchteter Gegner auf dem

Schlachtfeld.126

121 Vgl. PLASSMANN Alheydis: Die Normannen. Erobern-Herrschen-Integrieren. S 90. 122 Vgl. PELTZER J: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S 102, 107ff. 123 Vgl. PLASSMANN Alheydis: Die Normannen. Erobern-Herrschen-Integrieren. S 91. 124 Vgl. GOETZ Hans-Werner: Europa im frühen Mittelalter, S 30f. 125 Vgl. GOETZ Hans-Werner: Europa im frühen Mittelalter, S 158f. 126 Vgl. PELTZER J: 1066. Der Kampf um Englands Krone, S 103f.

36

Abgeschlossen wurde die Ausbildung eines jungen Kriegers mit dem Ritual der

„Schwertleihe“, in deren Rahmen er in die Gemeinschaft der Ritter aufgenommen wurde und

symbolisch seine Waffen verliehen bekam. Mitte der 1040er Jahre bekam Wilhelm, aller

Wahrscheinlichkeit nach vom französischen König Heinrich I. selbst, die Waffen verliehen, die

ihn zum vollwertigen Mann, Krieger und Herrscher machten.127

3.2. Herzog der Normandie

Durch die äußeren Umstände waren die jungen Jahre von Wilhelm äußerst turbulent, jedoch ist

er im Laufe seiner Jugend zu einem lernfähigen und intelligenten Herrscher herangewachsen,

der seine erste richtige Bewährungsprobe mit knapp 20 Jahren am Schlachtfeld hatte. Einige

normannische Fürsten und Grafen, unter der Führung des Grafen Guy von Burgund, zettelten

einen Aufstand gegen den jungen Fürsten an. Guy von Burgund, seines Zeichens ein Cousin

von Wilhelm, sah sich selbst in der Nachfolge um das Herzogamt übergangen und wollte seine

Ansprüche mit dem Schwert durchsetzen.

Herzog Wilhelm entkam nur knapp einem Attentat auf seine Person und eilte zu seinem

Lehensherren, dem französischen König Heinrich I. Einige Jahre zuvor hatte Wilhelms Vater,

Robert I., den König in einem Feldzug unterstützt und so dessen Krone gerettet.128

Seither galt der König als einflussreicher Unterstützer von Wilhelm und stand seinem Vasallen

in seinen jungen Jahren oft bei. So auch im Jahr 1047 als er mit einem Heer die Normandie

betrat, um in dessen Hoheitsgebiet für Ordnung zu sorgen und dem jungen Herzog unter die

Arme zu greifen.129

Schließlich gelang es dem Herzog mit Hilfe der französischen Truppen, die Aufständischen bei

Val-ès-Dunes nahe der Stadt Caen zu stellen und vernichtend zu schlagen.130

Dies war die erste große Bewährungsprobe für den jungen Herzog Wilhelm, die er mit Hilfe

seines Lehensherren gerade noch bestand, jedoch war seine Position nach der Schlacht

keinesfalls unangetastet.

127 Vgl. PELTZER J: 1066. Der Kampf um Englands Krone, S 104. 128 Vgl. DOUGLAS David C: Wilhelm der Eroberer. Herzog der Normandie – König von England 1028-1087, S

56f. 129 Vgl. DOUGLAS David C: Wilhelm der Eroberer. Herzog der Normandie – König von England 1028-1087, S

57. 130 Vgl. PELTZER J: 1066. Der Kampf um Englands Krone, S 111.

37

Als von nun an auch militärisch legitimierter Herzog der Normandie, kämpfte Wilhelm in den

folgenden Jahren ununterbrochen mit den Machtambitionen der anderen normannischen

Adeligen, ehe er den Blick über den Ärmelkanal nach England richten konnte.131

Die Aufständischen waren zwar geschlagen worden, jedoch floh der Kopf der Revolte, Graf

Guy von Burgund, mit einem Heer auf die Burg Brionne und verschanzte sich dort. Nach einer

Belagerung, die knapp drei Jahre dauerte, gelang es dem Herzog schließlich, den Grafen und

seine Gefolgschaft zu besiegen. Während dieser drei Jahre, als Wilhelm fast ausschließlich mit

der Belagerung beschäftigt war, richtete er seine ganze Aufmerksamkeit auf die Burg Brionne

und verlor beinahe sein übriges Herrschaftsgebiet aus den Augen.132

Und so betrat ein weiterer Gegenspieler Wilhelms die Machtbühne der Normandie, welcher

über die nächsten Jahre die größte Bedrohung für den Herzog darstellen sollte:

Im Südwesten der Normandie, genauer gesagt in der Grafschaft von Anjou, folgte Gottfried

Martell, genannt der Hammer, seinem Vater nach. Gottfried bekam nicht zu Unrecht den

Beinamen „der Hammer“. Seine Affinität zu Kriegszügen und Kämpfen war weithin

bekannt.133 Der Graf von Anjou hatte einen gewaltigen Expansionswillen, und so wandte er

sich auch nach Norden, um dem jungen, strauchelnden Herzog der Normandie, Land und

Einflussbereich streitig zu machen.134

Immer wieder kam es zu Kämpfen zwischen den beiden Machthabern, und anfangs konnte

Wilhelm auch auf die Unterstützung des französischen Königs Heinrich I. zählen. Diese

Unterstützung nahm jedoch ab dem Zeitpunkt stetig ab, als Wilhelm seine Heiratspläne zu

forcieren begann.135 Durch die Verbindung mit Mathilde von Flandern sicherte Wilhelm sich

nicht nur einen mächtigen Verbündeten im Westen der Normandie, er zog auch den Unmut der

Kirche und des Königs auf sich.

Die Kirche belegte diese Ehe mit einem Kirchenbann, da angeblich eine Blutsverwandtschaft

zwischen den beiden Eheleuten bestand, die jedoch nie vollends belegt werden konnte.136 Viel

wahrscheinlicher ist die Tatsache, dass der König von Frankreich seinen Einfluss auf die Kirche

nutzte, um diese Ehe in Verruf zu bringen.

131 Vgl. BATES David: William the Conqueror, S. 161f.. 132 Vgl. BATES David: William the Conqueror, S. 61-64. 133 Vgl. Ebda. S 65, PLASSMANN Alheydis: Die Normannen. Erobern-Herrschen-Integrieren. S 92f. 134 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 114. 135 Vgl. PLASSMANN Alheydis: Die Normannen. Erobern-Herrschen-Integrieren. S 63. 136 Vgl. DOUGLAS David C: Wilhelm der Eroberer. Herzog der Normandie – König von England 1028-1087, S

83f.

38

Der König hatte wenig Interesse daran, dass Herzog Wilhelm, der ein Vasall des Königs war,

seinen Einflussbereich noch weiter ausdehnte. Mit der Verbindung zwischen der Normandie

und Flandern wurde im Nordwesten Frankreichs ein sehr starker Machtblock gebildet, der für

den König sehr schwer zu akzeptieren und unter Kontrolle zu halten war.137

Schlussendlich wendete sich Herzog Wilhelm aber gegen den französischen König, welcher

sich wiederum mit Wilhelms Widersacher Gottfried Martell von Anjou verbündete,138 um den

Herzog zurückzutreiben. Schließlich fielen die beiden neue Verbündeten im Jahr 1057 in die

Normandie ein, wurden aber vom Herzog zurückgedrängt und konnten sich nie dauerhaft in der

Normandie festsetzen.139

Das Jahr 1060 brachte zwei gravierende Veränderungen innerhalb des französischen

Herrschaftsgebietes mit sich. Am 4. August starb König Heinrich I. und hinterließ das

Königreich seinem minderjährigen Sohn Philipp, der unter die Vormundschaft von Wilhelms

Schwiegervater, Balduin V. von Flandern, gestellt wurde. Wenige Monate später starb auch der

Graf von Anjou Gottfried Martell, was die Grafschaft Anjou in einen Bürgerkrieg stürzte.140 So

wurde Wilhelm binnen kürzester Zeit seine beiden größten Rivalen los, und von nun an war der

Weg frei für den steilen Aufstieg, der den Herzog der Normandie innerhalb weniger Jahre stark

genug machte, England zu erobern.141

Die Machtposition, die Wilhelm in seinem Herzogtum im Jahr 1060 innehatte, suchte in ganz

Europa ihresgleichen und war bedingt durch viele unterschiedliche Faktoren. Auch wenn die

Normandie ein einflussreiches Herzogtum war, so erscheint es dennoch außergewöhnlich, dass

ein Herzog ein solches Wagnis wie die Eroberung Englands eingehen konnte und

schlussendlich siegreich daraus hervorging.

In den sechs Jahren von 1060 bis 1066 schaffte es der Herzog, seine Machtbasis zu festigen und

so stark an Einfluss zu gewinnen, dass er in der Lage war, eine bis dahin noch nicht dagewesene

Invasion über Wasser zu starten.142

137 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 113ff. 138 Vgl. DOUGLAS David C: Wilhelm der Eroberer. Herzog der Normandie – König von England 1028-1087, S

81f. 139 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 120ff. 140 Vgl. DOUGLAS David C: Wilhelm der Eroberer. Herzog der Normandie – König von England 1028-1087, S

82. 141 Vgl. VOLLRATH H. FRYDE N. (Hrsg.): Die englischen Könige im Mittelalter. Von Wilhelm dem Eroberer

bis Richard III. S.63f. 142 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 128f.

39

Neben dem Sieg über seine beiden großen Rivalen, war Wilhelm mit knapp 30 Jahren ein

außergewöhnlich großer und starker Mann, der sich auf dem Schlachtfeld und während

Kriegszeiten durch ungemeine Tapferkeit und Raffinesse auszeichnete.143 Bedingt durch seinen

Erfolg am Schlachtfeld und seine Politik scharte er bereits in jungen Jahren viele Anhänger um

sich, die im Laufe seiner Herrschaft zu wichtigen Stützen seiner Macht werden sollten. 144

Im Besonderen sind hierbei vier adelige Familien zu nennen, die im Schatten des Herzogs und

späteren Königs zu viel Macht, Einfluss und Landbesitz gekommen sind. Das Haus Tosny, das

aus dem gleichnamigen Gebiet zwischen Rouen und Paris stammte, war eine dieser Familien.

Nicht weit von den Tosnys entfernt, gab es die Familie Beaumont, die sich, vor allem während

der Minderjährigkeit Wilhelms, einen erbitterten Machtkampf mit ihren Nachbarn lieferte.

Eine noch mächtigere Familie war das Haus von Vernon, welches seinen Sitz ebenfalls in der

Nähe der beiden anderen Adelsgeschlechter hatte. Als letztes Beispiel der aufstrebenden

Aristokratie ist noch die Familie Monfort-sur-Risle zu nennen, die ihre Besitzungen

südwestlich von Rouen hatte.145

Jede dieser vier beispielhaft genannten Familien hatte nicht unwesentlichen Anteil daran, dass

die Eroberung Englands möglich war, denn sie bildeten die Basis des normannischen Heeres

bei den Feldzügen des Herzogs.146

Der Herzog schaffte es bis 1060, seine Machtbasis auch insofern zu verstärken, indem er durch

das Einsetzen von ihm nahestehenden Personen und kluge Heiratspolitik wichtige Positionen

im Herzogtum mit seinen Vertrauten besetzen konnte.147 Beinahe alle einflussreichen

Entscheidungsträger in Kirche und Politik waren in irgendeiner Weise mit dem Herzog direkt

oder indirekt verwandt.148

143 Vgl. DOUGLAS David C: Wilhelm der Eroberer. Herzog der Normandie – König von England 1028-1087, S

91f. 144 Vgl. DOUGLAS David C: Wilhelm der Eroberer. Herzog der Normandie – König von England 1028-1087, S

91-93. 145 Vgl. DOUGLAS David C: Wilhelm der Eroberer. Herzog der Normandie – König von England 1028-1087, S

94-96. 146 Vgl. DOUGLAS David C: Wilhelm der Eroberer. Herzog der Normandie – König von England 1028-1087, S

96f. 147 Vgl. VOLLRATH H. FRYDE N. (Hrsg.): Die englischen Könige im Mittelalter. Von Wilhelm dem Eroberer

bis Richard III. S.93f. 148 Vgl. DOUGLAS David C: Wilhelm der Eroberer. Herzog der Normandie – König von England 1028-1087, S

142f.

40

Neben den Verwandtschaftsverhältnissen innerhalb der Mächtigen der Normandie war auch die

aufkommende Geldwirtschaft ein wichtiger Faktor. Es gibt zwar keine genauen Zahlen

bezüglich der finanziellen Mittel des Herzogs, jedoch dürfte seine Liquidität beträchtlich

gewesen sein und so manchen europäischen Herrscher in den Schatten gestellt haben. So ist

überliefert, dass es er im Frühling und Frühsommer 1066 ein großes Söldnerheer aufstellen,

bezahlen und unterhalten konnte, ohne dass die Gegend, in der es stationiert war, verarmte.149

Besagtes Söldnerheer hatte Wilhelm aufgestellt, um seinen Traum, eine Invasion und

Eroberung Englands, in die Tat umzusetzen. Im Frühling und den Sommermonaten des Jahres

1066 bemühte sich der Herzog redlich, ein möglichst großes und schlagkräftiges Heer

aufzustellen, um dieses große Wagnis eingehen zu können.150

Viele der normannischen Fürsten hegten berechtigten Zweifel daran, dass es dem späteren

König von England gelingen könnte, eine solch gewaltige Streitmacht aufzustellen, mit Waffen,

Proviant und Pferden zu versorgen, auf Schiffe zu verladen, unbeschadet den Ärmelkanal zu

überqueren und anschließend noch mit Harold Godwinson um die Englische Krone zu

kämpfen.151

Wilhelm allerdings ließ sich nicht von seinem Vorhaben abbringen und forderte die Heeresfolge

von seinen Vasallen ein, um ihm im Kampf mit Männern, Pferden und anderen Ressourcen

beizustehen. Diese Tatsache bildete insofern einen Präzedenzfall, als dass zwar nach

normannischer Rechtstradition die Adeligen zur Heeresfolge verpflichtet waren, jedoch war

nirgends festgeschrieben, in welchem Umfang die Unterstützung für ihren Herzog erfolgen

musste.152

In einer kleinen Urkunde aus dem Jahr 1066 oder etwas später ist für die Übertragung des Gutes

St. Philbert an die Kirche von Avranches festgelegt, dass fünf bewaffnete und berittene Krieger

als Gegenleistung gestellt werden mussten. Dieses Dokument bildet die erste festgeschriebene

Heeresfolge, die ein Vasall in der Normandie seinem Herzog entgegen bringen musste. 153

149 Vgl. DOUGLAS David C: Wilhelm der Eroberer. Herzog der Normandie – König von England 1028-1087, S

142. 150 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 174f. 151 Vgl. STREIBER Hildburg: Wilhelm der Eroberer. S. 309-311. 152 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 170f. 153 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 172.

41

Bei der Überzeugung des normannischen Adels kam Wilhelm seine Erfahrung als Heeresführer

zugute und auch die Tatsache, dass der Großteil der normannischen Fürsten schon unter ihm

gedient hatte und Kenntnis von seiner Erfahrung auf dem Schlachtfeld und seinem Charisma

hatte.154

Doch die Mächtigen der Normandie hatten noch weitere gute Gründe, dem Herzog zu folgen

und ein neues Königreich zu erobern. Die Eroberung von Länderreihen und fremden Landen

versprach nicht nur Abenteuer, sondern auch Reichtum. Plünderungen auf besetztem Gebiet

waren fester Bestandteil jeder Eroberung, und nach dem Krieg musste das neu gewonnene Land

ja auch verwaltet werden. So machten sich viele Unterstützer Wilhelms berechtigte Hoffnung,

nach der geglückten Eroberung zu großem Reichtum und Ruhm zu kommen. Das Doomsday

Book zeigt uns eindrucksvoll, dass diese Hoffnung nicht nur vollkommen berechtigt war,

sondern auch tatsächlich Wirklichkeit wurde.155

Dem 42-jährigem Herzog gelang es, nicht nur Krieger aus der Normandie von seinem Vorhaben

zu überzeugen, sondern auch Männer aus der Bretagne, aus Maine, Flandern und vielen

weiteren Teilen Frankreichs.156 Über die genaue Anzahl an kampffähigen Männern, die im

Sommer 1066 an der Nordküste Frankreichs um St. Valéry-sur-Somme Stellung bezogen hatten

und auf die Überfahrt nach England warteten, ist wenig bekannt. Verschiedene Quellen

sprechen von Zahlen zwischen 50.000 und 150.000.157

Der Chronist Wilhelm von Jumièges spricht von keiner genauen Truppenzahl, jedoch von 3.000

Schiffen, die bereit waren, den Ärmelkanal zu überqueren, um England zu erobern.158 Nach

heutigem Forschungsstand dürften es etwa zwischen 5.000 und 10.000 Krieger gewesen sein,

die der Herzog versammeln konnte.159

Die Intelligenz und Erfahrung, die der Herzog auf dem Schlachtfeld immer wieder bewiesen

hatte, zeigte er auch eindrucksvoll bei der Vorbereitung der Invasion und dann später auch in

den entscheidenden Schlachten auf englischem Boden.

154 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 171. 155 Die Mitstreiter Wilhelms bekamen im eroberten England großzügige Ländereien zugesprochen, Vgl.

Domesday Book: A Complete Translation, S 71,89, 135 etc. 156 Vgl. STREIBER Hildburg: Wilhelm der Eroberer. S. 327. 157 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 172. 158 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 173. 159 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 173.

42

Nachdem er am 21. Februar 1066 von dem Tod des englischen Königs Edward und der

Machtübernahme durch Harold Godwinson durch einen Boten erfuhr, bekräftigte er sofort

seinen Anspruch auf den englischen Thron vor den versammelten normannischen Edelleuten.160

Mancher Herrscher wäre überstürzt nach England aufgebrochen und hätte so wahrscheinlich

sein Leben gelassen. Nicht so der Herzog der Normandie, der ab März fieberhafte

Vorbereitungen für eine Invasion in Gang setzen ließ, um möglichst gut vorbereitet zu sein.161

Obwohl sein Heer und seine Flotte schon im August in Dives bereit gewesen wäre, nach

England überzusetzen, entschied sich Wilhelm, noch zu warten, und verlegte seine Flotte nach

St. Valéry-sur-Somme, das weiter östlich liegt. Er wartete auf zwei bestimmte Faktoren, von

denen, seiner Meinung nach, die erfolgreiche Eroberung abhängig war:162

Der erste wichtige Faktor war das Wetter. An der französischen Nordküste herrschen sehr starke

Gezeiten mit mehreren Metern Höhenunterschied. Für den Erfolg der Invasion war der richtige

Zeitpunkt von entscheidender Bedeutung, und dieser richtige Zeitpunkt wurde vor allem durch

den Wind, die Flut und die Strömungen des Ärmelkanals bedingt.

Wählte Wilhelm den falschen Zeitpunkt, stand die gesamte Eroberung auf dem Spiel, denn er

musste möglichst alle Schiffe mit seinen Kriegern unversehrt nach England bringen. Der Erfolg

seines Vorhabens war also stark von Südwind abhängig.163

Der zweite Punkt, von dem eine erfolgreiche Eroberung Englands nach Wilhelms Meinung

abhängig war, ist eine militär-taktische Überlegung. Von seinen Boten hatte er erfahren, dass

er nicht der einzige Herrscher war, der für sich selbst Anspruch auf die englische Krone

erhob.164

Ebenso war es der König von Norwegen Harald Hardrada, der sich als zukünftiger

angelsächsischer König sah und im September 1066 in Nord -England, nahe der Stadt York,

einfiel.

160 Vgl. STREIBER Hildburg: Wilhelm der Eroberer. S. 309. 161 Vgl. DOUGLAS David C: Wilhelm der Eroberer. Herzog der Normandie – König von England 1028-1087, S

189ff. 162 DOUGLAS David C: Wilhelm der Eroberer. Herzog der Normandie – König von England 1028-1087, S 198. 163 Vgl. STREIBER Hildburg: Wilhelm der Eroberer. S. 354-357. 164 Vgl. STREIBER Hildburg: Wilhelm der Eroberer. S. 359.

43

Diese Bedrohung durch norwegische Truppen zwang den Träger der englischen Krone, Harold

Godwinson, dazu, mit seinem Heer, welches er zur Verteidigung seines Landes gegen die

Normannen an der Südküste in Stellung gebracht hatte,165 schnell Richtung Norden zu ziehen.

Bei Stamford Brigde, etwa 10 Kilometer östlich von York, kam es zur entscheidenden Schlacht

zwischen Harold Godwinson und Harald Hardrada.166

Dies war der Moment, auf den Wilhelm gewartet hatte, nämlich, dass Harold seine Truppen

von der Südküste abziehen würde und durch Kampf und Entfernung geschwächt, keine Gefahr

für die Landung der normannischen Truppen in England darstellen konnte.167

In der Nacht vom 27. September 1066 setzte sich mit Einsetzen der Flut die normannische

Invasionsflotte von St. Valéry aus Richtung englische Küste in Bewegung, um die englische

Krone für den Herzog zu erobern.168

165 Vgl. STREIBER Hildburg: Wilhelm der Eroberer. S. 348f. 166 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 218f. 167 Vgl. DOUGLAS David C: Wilhelm der Eroberer. Herzog der Normandie – König von England 1028-1087, S

200f. 168 Vgl. STREIBER Hildburg: Wilhelm der Eroberer. S. 359-363.

44

4. Die Eroberung Englands

4.1. Widersacher Wilhelms

4.1.1. Harold Godwinson

Auch wenn die Regierungszeit König Harolds nur knapp ein Jahr betrug, so war er vor der

Übernahme der Krone bereits ein sehr bedeutender Feldherr und Fürst des angelsächsischen

Königreiches. Bereits sein Vater Godwin schuf die Voraussetzungen dafür, dass sein Sohn

Harold überhaupt erst in die Lage kommen konnte, Anspruch auf die Nachfolge König Edwards

zu erheben.169

Godwin verstand es geschickt, seinen Einfluss geltend zu machen und Edward zum englischen

Thron zu verhelfen. Er wird in vielen Quellen als ein Herrscher beschrieben, der maßgeblichen

Anteil und Interesse daran hatte, dass Edward König wurde. Der Fürst verheiratete seine

Tochter Edith mit Edward und schuf so unverbrüchliche Familienbande zwischen seiner

eigenen Familie und dem englischen König.170 Dieser Tatsache geschuldet, baute er während

der Regierungszeit Edwards seine Machtbasis im Süden Englands aus, und so kam es zu dem

Umstand, dass Godwin und seine Söhne im Jahr 1045 weite Teile Englands unter ihren Einfluss

gestellt hatten. Während Godwin selbst die Grafschaft Wessex regierte, herrschten seine Söhne

Sweyn, Björn und Harold über Teile der Mitlands und Ostanglien.171

169 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 80. 170 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 66ff. 171 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 68ff.

45

172

Abbildung 9: Die Verteilung der Graftschaften Englands im Jahr 1045

172 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 68.

46

Als Godwin im Jahr 1053 an einem Schlaganfall verstarb, konnte er seine Machtposition, die

im Laufe der Jahre immer wieder geschwächt worden war, aber auch wieder neu erstarkte, an

seinen Sohn und Nachfolger Harold, der zu diesem Zeitpunkt etwa 30 Jahre alt war,

weitergeben.173 Harold, der Earl von Ostanglien war, erbte durch den Tod seines Vaters die

bedeutende Grafschaft Wessex. König Edward aber, der 1052 durch einen Ausgleich174 mit

Godwin und seinen Söhnen dazu gezwungen war, große Zugeständnisse an die Godwinsons zu

machen, nutzte den Tod des Earls von Wessex, um das Machtgefüge wieder etwas

auszugleichen. Er machte die Übereinkunft, die er mit Godwin getroffen hatte, wieder

rückgängig, nahm somit Harold Ostanglien wieder weg und gab es erneut an Ælfgar, den Sohn

des Earls von Mercien.175 Harold blieb somit nur mehr die Grafschaft seines Vaters, Wessex.

In den darauffolgenden zehn bis dreizehn Jahren gelang es den Godwinsons und an ihrer Spitze

Earl Harold, beinahe alle englischen Grafschaften unter ihren Einfluss zu bringen. Harold stand

am Gipfelpunkt seiner Macht, als er von Johann von Worcester176 als „Sudregulus“ bezeichnet

wurde. In der Tat kann man Harold zu Recht als zweiten Mann im Königreich, nach König

Edward selbst, bezeichnen.177

173 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 81. 174 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S.70-80. 175 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 82. 176 Johannes von Worcester: Englischer Mönch und Chronist, gestorben 1140. 177 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 89f.

47

178

Abbildung 10: Die Verteilung der englischen Grafschaften zwischen 1062 und Oktober 1065

178 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 89.

48

Als Mitte der 1060er Jahre immer deutlicher wurde, dass die Ehe zwischen Edward und Edith,

der Schwester Harolds, kinderlos bleiben würde, entbrannte im Hintergrund bereits das Ringen

um die Nachfolge. Harold hatte hierbei zweifelsohne ein gewichtiges Wort mitzusprechen, als

er im Sommer 1064 die Reise in die Normandie antrat, um den überaus ambitionierten Herzog

der Normandie, Wilhelm, zu treffen, der seinerseits Ansprüche auf die Thronfolge Englands

hegte.179

Bei dieser Reise, auf die Edward Harold geschickt hatte, erlitt Harold Schiffbruch und wurde,

wie am Teppich von Bayeux dargestellt, von einem lokalen Grafen der Normandie gefangen

genommen. Wenn man der Legende des Teppichs Glauben schenkt, befreite Wilhelm den Earl

aus seiner Gefangenschaft, nahm ihm den Treueeid ab, und ging mit ihm auf Feldzug in der

Normandie.180

Den Eidbruch wird man später in der normannischen Geschichtsschreibung als Mitgrund für

den Kampf Wilhelms gegen Harold und die Eroberung Englands lesen.

179 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 90. 180 Vgl. Kapitel: Der Teppich von Bayeux, Inhalt, S.9.

49

4.1.2. Harald Hardrada

Der König von Norwegen kann mit Recht als einer der einflussreichsten, bedeutsamsten und

kampferprobtesten Herrscher des 11. Jahrhundert gesehen werden. Seine Geschichte beginnt

mit der Schlacht von Stiklestad 1030, in der sein Halbbruder Olaf den Kampf um die

norwegische Krone gegen Knut den Großen verliert. Harald gelang es, schwer verwundet vom

Schlachtfeld zu fliehen, und, obwohl er mit dem Leben davongekommen war, spielten er und

seine Familie aufgrund der Niederlage keine große Rolle unter den norwegischen Mächtigen

mehr.181

So zog es ihn, mit einigen loyalen Überlebenden Richtung Südosten, um einem Handwerk

nachzugehen, das bei Kriegern aus Norwegen, Schweden und Dänemark schon einige Tradition

hatte. Harald verdiente sich seinen Lebensunterhalt in den darauffolgenden Jahren als Söldner

im Dienst von fremden Herrschern. Die kampferfahrenen und zähen Krieger aus Skandinavien

waren an den Höfen osteuropäischer Fürsten gern gesehene Gäste, so stellte bereits Ende des

10. Jahrhunderts der byzantinische Kaiser die „Waräger-Garde“182 auf, die als äußerst loyal

gegenüber dem Kaiser galt.183

Harald diente zuerst bis etwa 1034 am Hof von Jaroslav, dem Fürsten der Rus in Kiew, ehe es

ihn an den kaiserlichen Hof nach Byzanz zog.184 Harald schaffte es schnell, innerhalb der

Waräger-Garde aufzusteigen, und wurde vom Kaiser in den gesamten byzantinischen

Einflussgebieten eingesetzt. Einiges über Haralds Kriegslist ist überliefert, so soll er in Sizilien

Methoden zur Eroberung einer Stadt eingesetzt haben, die später auch Dschingis Khan

verwendete.185

In den darauffolgenden Jahren, bis zum Tod Kaiser Michaels IV. im Jahr 1041, schaffte es

Harald, vom Söldner bis zu einem bedeutenden byzantinischen Würdenträger aufzusteigen und

einiges an Macht, Einfluss, Ansehen und Reichtum anzuhäufen.186

181 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 187ff. 182 Leibgarde der byzantinischen Kaiser ab ca. 998 bis zur Eroberung Konstantinopels 1204, die vorwiegend aus

Wikingern, Kriegern der Rus und ab 1066 auch Angelsachen bestand. 183 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 190ff. 184 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 189f. 185 Harald soll Vögel, die in der Stadt nisteten, eingefangen haben und kleine Brandsätze auf ihren Rücken

befestigt haben. Als die Vögel wieder in die Stadt zu ihren Nestern flogen, steckten sie die Stadt in Brand und

zwangen die Verteidiger dazu, aufzugeben. Ähnliche Methoden soll Dschingis Khan bei einer seiner

Eroberungen angewandt haben. 186 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 192.

50

Mit dem Tod seines Förderers fiel er allerdings in Ungnade und verließ wenige Monate danach

Byzanz, um nach Kiew zurückzukehren. Die beiden Ankünfte in Kiew nach 1030 und 1042

könnten nicht unterschiedlicher sein.187

Nach der Schlacht von Stiklestad kam er als mittelloser junger Flüchtling an den Hof und war

auf die Gunst des Fürsten angewiesen, während er 1042 als reicher, erfolgreicher und erfahrener

Kämpfer und einflussreicher Mann dort eintraf.

In der darauffolgenden Zeit gelang es ihm schnell, auch innerhalb des Reiches der Rus

gewaltigen Einfluss zu gewinnen, und so heiratete er 1045/46 die Tochter des Fürsten, Elisabeth

von Kiew.188 Nach seiner Heirat waren die Umstände günstig, um nach Norwegen

zurückzukehren und seine Ambitionen auf den Thron voranzutreiben. In Norwegen war

inzwischen sein Neffe Magnus I.189 König, und diesem gelang es, nach dem Tod von König

Hardaknut, auch den dänischen Thron zu erobern.190

Harald verbündete sich mit Sven Estrithson, dem Neffen Knuts des Großen, der seinerseits

wiederrum Ansprüche auf die dänische Krone hegte, sich jedoch gegen Magnus I. nicht

behaupten konnte. Als Magnus I. von dieser Allianz erfuhr, versuchte er, einen gemeinsamen

Angriff von Harald und Sven zu verhindern, suchte die Verhandlungen mit seinem Onkel

Harald und bot ihm ein Doppelkönigtum an. Harald willigte ein und teilte sich ab 1046 die

Macht mit seinem Neffen, wobei Harald die Vormachtstellung in Norwegen erhielt.191

Als Magnus I. 1047 bei einem Feldzug gegen Sven Estrithson starb, trat das Bündnis, welches

Harald und Sven zwei Jahre davor getroffen hatten, in Kraft. Sven wurde König von Dänemark

und Harald war von nun an Alleinherrscher in Norwegen.192

Dieses Ziel erreicht, richtete sich der Blick von König Harald Hardrada Richtung England. Für

den kurzen Zeitraum von 1030 bis 1034 war der gesamte Nordseeraum, also Norwegen,

Dänemark und auch England unter der Herrschaft Knuts des Großen vereint gewesen.

187 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 192f. 188 Elisabeth von Kiew: 1025-nach 1066. Tochter von Jaroslaw I, Fürsten der Rus. Königin von Norwegen ab

1047. 189 Magnis I: 1024-1047, war von 1035 bis zu seinem Tod König von Norwegen und ab 1042 auch König von

Dänemark. 190 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 193f. 191 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 194. 192 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 196.

51

Auch der Nachfolger von Knut, Magnus I. soll somit Anspruch auf England erhoben, diesen

aber aus verschiedenen Gründen nicht durchgesetzt haben. Nun war es Harald, der seine

Herrschaft über England als rechtmäßig ansah und auch vorhatte, diesen Anspruch kriegerisch

durchzusetzen.193

Mit dem Tod von König Edward, sah Harald seine Chance gekommen und machte in Norwegen

mobil. Er ernannte seinen Sohn Magnus zum Regenten von Norwegen und stieß mit einer für

damalige Verhältnisse beträchtlichen Flotte in See.194 Verschiedene Quellen sprechen von 200-

240 Schiffen und etwa 8000 Mann, die auf die englische Küste zu segelten, um das Königreich

zu erobern.195

193 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 200ff. 194 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 200-206. 195 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 205f.

52

196

Abbildung 11: Stationen im Leben König Haralds von Norwegen

196 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 188.

53

4.2. Entscheidungsschlacht bei Hastings

4.2.1. Vorgeschichte

Die Schlacht bei Hastings hätte in der Form, wie sie stattgefunden hat, gar nicht stattfinden

können, wenn es im Vorfeld nicht entscheidende Ereignisse gegeben hätte.

Harold wusste um die Truppenbewegungen in der Normandie und an der französischen

nördlichen Atlantikküste und brachte einen großen Teil seiner Streitmacht und seiner Flotte im

Süden Englands in Stellung. Vor allem die Isle of Wright, südlich von Southhampten im

Ärmelkanal und gegenüber des französischen Cherbourg gelegen, bot Harold Quartier für seine

Flotte.

Durch ihre strategisch günstige Lage, ungefähr in der Mitte der englischen Südküste und direkt

am Tor zu seiner eigenen Grafschaft Wessex, war die Insel nahezu prädestiniert für die

angelsächsische Verteidigung gegen die normannischen Invasoren. Doch nicht nur auf der

vorgelagerten Insel, sondern entlang der gesamten englischen Südküste,197 stationierte Harold

seine Verteidigungstruppen, um es den Normannen möglichst schwer zu machen, einen Fuß

auf englischen Boden zu setzen.198

Sowohl Harold als auch Wilhelm kämpften mit der Problematik, dass sie über die Erntemonate

ihre Krieger in Stellung bringen, unterhalten, verpflegen und bei Laune halten mussten. Am

Beginn des Monats August dürfte Harold schon einige Wochen lang mit seinem Heer auf der

Insel Wright verbracht haben, was den englischen König wiederum vor einige Probleme stellte.

Männer in Waffen an der gesamten Küste zu unterhalten, war teuer und brauchte auch viele

Ressourcen, die allerdings bei der Ernte dringend benötigt wurden.199 Dieser Umstand war

Wilhelm sehr wohl bewusst, und obwohl er in derselben Situation war, hatte er doch den

Vorteil, dass er den Zeitpunkt der Invasion wählen konnte. Theoretisch konnte er abwarten, bis

sich mehrere Faktoren zu seinem Vorteil wendeten, und im Anschluss konnte er seine Überfahrt

wagen.

In der Realität aber lagen nicht alle Faktoren, die ausschlaggebend für eine erfolgreiche

Eroberung Englands waren, in Wilhelms Einfluss, denn er konnte weder das Wetter noch die

Vorgehensweise von Harald Hardrada beeinflussen.

197 Vgl. STREIBER Hildburg: Wilhelm der Eroberer. S. 334f. 198 Vgl. BATES David: William the Conqueror. S. 231. 199 Vgl. STREIBER Hildburg: Wilhelm der Eroberer. S. 348.

54

Ein wichtiger strategischer Vorteil aber war auf Wilhelms Seite. Im Gegensatz zu Harald, der

nur die angelsächsische Bevölkerung als Verteidiger seiner Heimat zur Verfügung hatte und

eine Insel, die groß und schwer zu verteidigen war, hatte Wilhelm keine Bedrohung durch seine

Nachbarn zu befürchten. Ganz im Gegenteil, durch die Legitimation seines Vorhabens durch

den Papst,200 konnte er viele christliche Krieger gewinnen, die sich seiner Sache anschlossen.

Die Zeit der Kreuzzüge war zwar noch nicht angebrochen, doch das Motiv des Kampfes gegen

„Ungläubige“ war seit jeher eine starke Motivation für den Krieg. Mit dem Segen des Papstes

bekam Wilhelms Vorhaben wieder mehr Rückenwind und erfuhr auch von den Mächtigen der

Normandie überragende Zustimmung. Wilhelm erhielt nicht nur den päpstlichen Segen, Harald

wurde zudem vom Papst auch noch exkommuniziert und verlor damit in den Augen des

Christentums den Anspruch auf den englischen Thron.201

Der Sommer 1066 brachte für Wilhelm einen weiteren Vorteil, von dem er profitierte, ohne

etwas dazu beigetragen zu haben. Harald Hardrada, der König von Norwegen, meldete seinen

Anspruch auf den englischen Thron an und landete im September 1066 in der Nähe von York,

in Northumbria an der englischen Ostküste. Als Harold von der Landung der Norweger erfuhr,

machte er sich sehr schnell auf Richtung Norden, um zu verhindern, dass Harald sich mit

Harolds in Ungnade gefallenem Bruder Tostig202 verbündete und im Großraum York etablieren

konnte.

Harold konnte aber in der Verteidigung seines Königreiches auf die Unterstützung mächtiger

Verbündeter zählen. Die Earls von Mercien und Northumbrien, Edwin und Morkar, waren

beide Schwäger von Harold und standen ihm im Kampf gegen die Norweger und seinen Bruder

bei.203 Sie entschieden sich, York vor der Stadt zu verteidigen, und sich nicht in der Stadt zu

verschanzen. So kam es am 20. September zur ersten der drei großen Schlachten des Jahres

1066, der Schlacht bei Fulford Gate.204

Die erste Schlacht des Schicksalsjahres 1066 ging an Harald und Tostig, und so zogen sie in

York ein und wähnten sich in der Sicherheit, Nord- und Mittelengland sehr bald gänzlich unter

ihre Kontrolle zu bringen.

200 Vgl. STREIBER Hildburg: Wilhelm der Eroberer. S. 312. 201 Vgl. STREIBER Hildburg: Wilhelm der Eroberer. S. 313. 202 Tostig Godwinson: 1026-1066, war von 1055 bis 1065 Earl von Northumbria. 203 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 214f. 204 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 216.

55

Sie hatten die Rechnung allerdings ohne König Harold und seine Streitmacht gemacht, die die

Norweger und ihre Verbündeten wenige Tage nach Fulford Gate überraschend bei Stamford

Bridge, etwa elf Kilometer östlich von York, überraschend angriffen.205

König Harold und seine angelsächsischen Krieger überraschten die Norweger und ihre

Verbündeten und verschafften sich so einen großen Vorteil, der offensichtlich im Verlauf der

Schlacht von den norwegischen Invasoren nicht mehr wettgemacht werden konnte. Über den

genauen Verlauf und die tatsächlichen Opferzahlen ist kaum Gesichertes überliefert, jedoch

mussten die Verluste auf beiden Seiten gewaltig gewesen sein. So berichten einige Quellen,

dass von den über 200 Schiffen, die von Norwegen aus zur Eroberung Englands aufgebrochen

waren, nur noch knapp zwei Dutzend die Heimreise antreten konnten.206

Die nordischen Sagas berichten von einer erbitterten und blutigen Schlacht, in der jeder

Gefallene ehrenvoll starb, und auch der letzte Wikinger, König Harald Hardrada, auf dem

Schlachtfeld starb, dort wo er Zeit seines Lebens gelebt hatte. Auch der eidbrüchige Bruder von

König Harold, Tostig, fand bei der Schlacht bei Stamford Bridge seinen Tod.207

Die Ereignisse rund um York spielten dem Herzog der Normandie und seinem Vorhaben

natürlich sehr in die Karten. Harold wurde gezwungen, seine Truppen, die er zur Verteidigung

der Küste abgestellt hatte, eilig nach Norden zu verlegen, um sein Königreich zu verteidigen.

Wenige Tage nachdem die angelsächsischen Truppen ihre Stellungen an der Küste verlassen

hatten, verschob sich ein weiterer Umstand, den Wilhelm nicht beeinflussen konnte, zu seinen

Gunsten.

Das Wetter im Ärmelkanal, vor allem der Wind, bereiten den Normannen große Sorgen.

Wilhelm wollte keinesfalls riskieren, dass seine Schiffe die Überfahrt nicht schaffen und

Schiffbruch erleiden oder dass die Mühen der Überfahrt so groß werden, dass seine Krieger

erschöpft in England landen würden.208 Der Herzog rechnete wohl damit, dass sie bereits früh

auf Widerstand treffen würden, vielleicht sogar schon an der Küste kämpfen mussten, und dafür

wollte er ausgeruhte Krieger haben.209

205 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 217f. 206 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 223. 207 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 222-224. 208 Vgl. STREIBER Hildburg: Wilhelm der Eroberer. S. 355. 209 Vgl. DOUGLAS David C: Wilhelm der Eroberer. Herzog der Normandie – König von England 1028-1087, S

109-201.

56

Am Mittwoch, dem 27. September 1066 schlug das Wetter um, und der Wind schwenkte von

einem rauen Nordwind in einen Südwind, den Wilhelm so dringend benötigte, um eine sichere

Überfahrt für sich und seine Streitmacht zu garantieren.210

Wilhelm und seine Flotte überquerten den Ärmelkanal in einer ruhigen Nacht und landeten

unbehelligt von angelsächsischen Verteidigern in Pevensey in Sussex.211 Die Nachricht, dass

die normannische Invasionsflotte direkt im Herzen seiner Grafschaft gelandet war, erreichte

Harold unmittelbar nach der Schlacht bei Stamford Bridge. Sofort brach er mit allen

kampffähigen Männern zu einem Gewaltmarsch auf, zuerst nach London und danach nach

Hastings, um Wilhelm und seine normannische Streitmacht zu stellen.212

Wilhelm seinerseits begann damit, seine Position an der Küste zu verstärken, und plünderte die

Küstengebiete. Der Teppich von Bayeux liefert uns beim Bau einer Motte213 bei Hastings

bereits den ersten Hinweis darauf, wie Wilhelm später die Verteidigung seines neuen

Königreiches sichern wollte, nämlich mit dem Bau von Burgen und Befestigungsanlagen.

210 Vgl. STREIBER Hildburg: Wilhelm der Eroberer. S. 359f 211 Vgl. BATES David: William the Conqueror. S. 233f 212 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 225 213 Mittelalterlicher Burgtyp, ein meist künstlich angelegter Hügel, auf dem ein Turmförmiges

Verteidigungsgebäude steht und von Wällen und Palisaden umgeben war.

57

4.2.2. Verlauf der Schlacht

Harold zog zwar mit seiner Streitmacht in die Nähe des normannischen Kriegslagers, entschied

sich jedoch dafür, nicht mehr am selben Tag anzugreifen. Stattdessen befahl er seinen

angelsächsischen Kriegern, ihr Lager unweit von Hastings aufzuschlagen, und zwar an der

Straße, die den kleinen Ort Hastings mit der Hauptstraße zwischen London und Dover

verbindet.214 Diese Entscheidung hatte für Harold zwei entscheidende taktische Vorteile:

Er konnte seinen Kriegern erstens nach ihrer langen Reise zumindest eine Nacht zum Ausruhen

schenken, und zweitens war die strategische Position seines Heereslagers klug gewählt.

Wilhelm war so gezwungen, die Konfrontation zu suchen. Hinter ihm wartete Harolds Flotte

im Ärmelkanal, und vor ihm blockierte die angelsächsische Armee den Weg ins Landesinnere.

Warum genau Harold nicht länger in London verweilte, um seine Truppen zu sammeln, neue

Soldaten auszuheben und seinen Kriegern eine Verschnaufpause zu gönnen, darüber sind sich

die Chronisten nicht einig.215

Möglicherweise spornte der Sieg über den zuvor als unbesiegbar geltenden Harald Hardrada

ihn und seine Truppen an, oder er dachte, die Taktik des Überraschungsangriffs, die ihm bei

Stamford Bridge den Sieg gebracht hatte, würde auch diesmal Früchte tragen. Anders ist es

kaum zu erklären, dass er seine Truppen derart schnell Richtung Süden verlegte und so seine

Streitmacht auseinanderzog und dem Herzog der Normandie nicht mit voller Stärke

gegenübertreten konnte216

Wilhelm dürfte über die rasche Ankunft der Angelsachsen einigermaßen überrascht gewesen

sein. Teile der herzoglichen Soldaten waren auf der Jagd und in der umliegenden Gegend

unterwegs, als die Normannen über das Eintreffen der Angelsachsen nahe Hastings informiert

wurden.217 Der Herzog befahl seinen Männern sofort, sich kampffertig zu machen, und wartete

auf den Angriff der Angelsachsen in seinem Lager.218

214 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 228. 215 Vgl. BATES David: William the Conqueror. S. 236f. 216 Vgl. BATES David: William the Conqueror. S. 237. 217 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 228. 218 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 228.

58

Verschiedene Quellen sprechen über die Vorbereitungen und die Stunden in der Nacht vor dem

Kampf. Zwar sind bei den Chronisten immer die jeweilige Zeit und die jeweiligen Umstände,

in der ihre Berichte entstanden sind, zu bedenken, jedoch dürfte die Vorbereitung auf die

Schlacht in beiden Lagern, und überhaupt in der damaligen Zeit ähnlich ausgesehen haben.219

Es war wahrscheinlich eine Mischung aus Gebeten, Überprüfen der Ausrüstung, Schleifen der

Klingen, Essen und Trinken und gegenseitigem Erzählen von Heldentaten und Geschichten.

Vor allem im normannischen Lager dürfte die Anspannung groß gewesen sein, rechnete man

doch jeden Moment mit einem Angriff von Harold und den angelsächsischen Truppen.

Beide Herrscher schickten Mönche als Gesandte zu ihrem jeweiligen Gegner, um einen Kampf

noch abwenden zu können, doch die Verhandlungen scheiterten vor allem an den jeweiligen

Forderungen an den Widersacher.220 Noch vor Tagesanbruch setzen beide Feldherren ihre

Truppen in Bewegung. Harold bezog seine Stellung auf einer Anhöhe, die Caldbec Hill genannt

wird, und wartete auf dieser höher gelegenen Position seinen strategischen Vorteil ab.221

Wilhelm wiederum teilte seine Truppen in mehrere Linien und Abschnitte ein, während Harold

den Schildwall222 einsetzte. Die Schlachtordnung des normannischen Heeres war in drei Reihen

aufgebaut: Ganz vorne befanden sich Bogenschützen und Armbrustschützen, sowie schwere

gepanzerte Infanterie und berittene Krieger, die Kavallerie befand sich also ganz hinten,

vermutlich um den entscheidenden Ausschlag für den Sieg geben zu können. Wilhelm befand

sich mit seinen Kriegern im Zentrum des normannischen Angriffs, flankiert von Truppen aus

der Bretagne links von ihm und Aufgeboten aus Flandern und anderen Teilen Frankreichs auf

der rechten Seite.223

219 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 228ff. 220 Vgl. BATES David: William the Conqueror. S. 238f. 221 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 232. 222 Infanterieformation meist zur Verteidigung, bei der die erste Reihe bzw. manchmal auch die erste und die

zweite Reihe, der Krieger Schild an Schild standen und so einen Verteidigungswall gegen Angriffe bildete. 223 Vgl. BATES David: William the Conqueror. S. 240.

59

224

Abbildung 12: Die Truppenaufstellung bei der Schlacht von Hastings

Es standen sich also auf der einen Seite die angelsächsische Verteidigungslinie auf einer

Anhöhe gelegen, und auf der anderen Seite die normannisch mobilere Angriffsformation

gegenüber, die auf diese Anhöhe kommen musste, um den Feind stellen zu können. Durch die

lange Dauer der Schlacht – es wird berichtet, dass die Schlacht um etwa neun Uhr am Vormittag

begann und bis zur Dämmerung dauerte –225 verschoben sich die Kräfteverhältnisse mehr als

einmal. Der Zeitraum, über den sich die Schlacht zog, war für mittelalterliche Verhältnisse

überaus lange.

In den Reihen der Normannen waren vor allem die Hauskarle226 der Angelsachsen gefürchtet,

bildeten sie doch die kämpfende Elite Englands und Leibwache Harolds.227 Der Schlachtplan

des Herzogs sah vor, dass die normannischen Krieger mit den Fernwaffen Platz für die

Infanterie schaffen sollten, die dann wiederum Löcher in den Schildwall reißen sollten. Die

heranstürmende Kavallerie sollte dies ausnützen, um hinter die erste Linie des angelsächsischen

Verteidigungswalls zu kommen.228

224 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 232. 225 Vgl. BATES David: William the Conqueror. S. 240. 226 Berufssoldaten/Leibgarde der angelsächsischen Könige, DOUGLAS David C: Wilhelm der Eroberer. Herzog

der Normandie – König von England 1028-1087, S 203. 227 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 233. 228 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 235.

60

Der Theorie folgte zum Leitwesen Wilhelms jedoch nicht, wie geplant, der Zusammenbruch

des englischen Schildwalls. Genau das Gegenteil war der Fall. Die Angriffe prallen ab und für

einige Zeit sah es so aus, als ob die Verteidiger die Schlacht für sich entscheiden würden.

229

Abbildung 13: Teppich von Bayeux, Szene 53

Plötzlich machte das Gerücht innerhalb der normannischen Truppen die Runde, dass der

Herzog selbst im Kampfgetümmel gefallen sei.230 Diese Tatsache löste Panik bei der

Invasionsarmee aus, denn ohne ihren Anführer war jeglicher weitere Kampf beinahe zwecklos.

Als Wilhelm davon hörte, nahm er seinen Helm ab, gab sich seinen Soldaten zu erkennen und

spornte sie erneut an, nicht aufzugeben und noch härter zu kämpfen. Diese Tatsache

beeindruckte die Zeitgenossen offensichtlich sehr, denn in Szene 55 des Teppichs von Bayeux

ist ebendieser Augenblick abgebildet, als sich Wilhelm seinen Kriegern zuwendet und sein

Gesicht zeigt.231

229 Vgl. https://www.bayeuxmuseum.com/en/the-bayeux-tapestry/discover-the-bayeux-tapestry/explore-online/

[Zuletzt abgerufen am 01.07.2021]. 230 Vgl. BATES David: William the Conqueror. S. 241. 231 Vgl. BOUET Pierre, NEVEUX Francois: Der Teppich von Bayeux. Ein mittelalterliches Meisterwerk, S 122.

61

232

Abbildung 14: Teppich von Bayeux, Szene 55

Die normannische Kavallerie war immer noch wie gelähmt von der Verwirrung um ihren

Feldherrn, dass sie sich teilweise zurückzog Genau diese Tatsache hätte Harold mit seinen

angelsächsischen Truppen nutzen können, um selbst in den Angriff überzugehen und die

normannischen Reiter zu verfolgen und zu besiegen. Dies trat jedoch nicht ein, sondern im

Kampfgetümmel passierte genau das, was aus der Sicht Harolds nicht passieren hätte dürfen.

Nur ein Teil der angelsächsischen Soldaten nahm die Verfolgung der Normannen auf und riss

so Löcher in den vormals stabilen Schildwall.233 Zu allem Überfluss hatte sich die

normannische Kavallerie wieder um ihren Herzog geschart und nutzte die Verwirrung und den

Tumult der Engländer aus.234

232 Vgl. https://www.bayeuxmuseum.com/en/the-bayeux-tapestry/discover-the-bayeux-tapestry/explore-online/

[Zuletzt abgerufen am 01.07.2021]. 233 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 236f. 234 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 237.

62

Die zerstreuten englischen Fußtruppen waren leichte Beute für die angreifende Kavallerie, doch

gelang es den Angelsachen schnell wieder, die Lücken im Schildwall zu schließen. Es begann

also erneut ein zähes Ringen um die Oberhand auf dem Schlachtfeld, und keine der beiden

Seiten konnte eine wirkliche Entscheidung zu ihren Gunsten herbeiführen. Das Schlachtfeld

war geprägt von Leichen, Kampfgetümmel, erschöpften Kriegern und Pferden, die unter der

Last ihrer Panzerung nicht selten zusammenbrachen.

Dadurch, dass es keine Berichte über Gefangene gibt, muss davon ausgegangen werden, dass

das Schlachtfeld bereits am frühen Nachmittag einem Meer von Leichen glich.235

Nachdem es lange so aussah, als ob keine der beiden Seiten die Oberhand gewinnen konnte,

fasste der Herzog der Normandie einen Entschluss. Er fürchtete, dass Harold bald Verstärkung

erhalten würde, er hingegen konnte nicht damit rechnen, dass ihm Verbündete zu Hilfe

kommen.236 Und so sammelte er seine Truppen erneut und suchte in einem letzten Angriff die

Entscheidung zu seinen Gunsten. Er wies seine Bogenschützen an, den Winkel der Pfeile zu

verändern, um den Schildwall so nicht von vorne, sondern von oben zu treffen, damit die

angelsächsischen Krieger ihre Schilde heben mussten, um nicht getroffen zu werden. Genau in

diesem Moment sollten die restlichen Infanterie- und Kavallerietruppen am Schildwall sein, um

diesen zu durchbrechen. Diese Taktik ging auf, und die angelsächsische Verteidigung brach

zusammen. 237

Guido von Amiens schreibt über dieses Ereignis folgendes: „So wie ein Baum, an den die Axt

gelegt wird, in Stücke gehackt wird, so wurde der englische Wald auf ein Nichts reduziert.“238

Der angelsächsische König hat, aller Wahrscheinlichkeit nach, bei dieser Offensive sein Leben

verloren. Der Teppich von Bayeux zeigt in seiner 57. Szene den Tod Harolds, der von einem

Pfeil im Gesicht/am Kopf getroffen wird und anschließend zu Boden geht. In der Tat ist die

genaue Ursache für den Tod des englischen Königs nicht mit aller Sicherheit überliefert.

Unterschiedliche Quellen sprechen von einem Pfeil, oder dass er durch einen Schwerthieb

gefallen sei, oder Opfer eines gezielten normannischen Vorstoßes wurde.239

235 Vgl. BATES David: William the Conqueror. S. 241f. 236 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 238f. 237 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 239. 238 Zitiert nach PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 239. 239 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 239.

63

Der Tod von Harold Godwinson jedenfalls lenkte das Kriegsglück auf die Seite Wilhelms und

löste Fluchtreaktionen in der angelsächsischen Armee aus. Die Schlacht verwandelte sich in ein

blutiges Rückzugsgefecht für die englischen Truppen, welches in einem Massaker endete.240

Die Schlacht bei Hastings war geschlagen, Wilhelm war siegreich aus diesem Gefecht

hervorgegangen und hatte den vielleicht wichtigsten Schritt auf dem Weg zum englischen

Thron getan. Er hatte zwar seinen Widersacher auf dem Schlachtfeld besiegt, doch sollte damit

der Widerstand der Angelsachsen nicht vollständig gebrochen sein.

5. König von England

Die Verluste beider Seiten in der Schlacht von Hastings sind nicht mehr genau rekonstruierbar,

doch dürfte es sich um mehrere tausend Tote gehandelt haben, die auf dem Schlachtfeld um die

englische Krone ihr Leben gelassen haben.241

Die Gefallenen auf Seiten der Normannen wurden eingesammelt und mit allen Ehren der

damaligen Zeit bestattet. Später wurde am Ort der Schlacht von Wilhelm selbst die Abtei von

Battle gegründet, deren Altar der Legende nach an der Stelle stand, an der Harold gefallen sein

soll.242 Darüber, wie Wilhelm mit den toten Angelsachsen und ihrem König verfahren sein soll,

gibt es unterschiedliche Theorien der Chronisten. Einige berichten davon, dass Wilhelm ihre

Leichen am Schlachtfeld zurückgelassen hat, um sie von Tieren und Würmern fressen zu lassen,

andere schreiben, dass die Engländer ihre Toten begraben durften.243

Auch um den Ort, an dem Harold Godwinson begraben sein soll, ranken sich allerlei

Legenden.244 Wo er schlussendlich begraben wurde, bleibt ein Geheimnis der Geschichte.

Die Tage und Wochen unmittelbar nach der Schlacht bei Hastings verblieb Wilhelm mit seinen

Truppen im Südosten Englands, einerseits um seine Kräfte neu zu sammeln und Nachschub aus

der Normandie zu erhalten und andererseits, um die Unterwerfung von wichtigen Orten in

Wessex voranzutreiben.

240 Vgl. BATES David: William the Conqueror. S. 244. 241 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 243. 242 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 244f. 243 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 243. 244 Vgl. BATES David: William the Conqueror. S. 245f.

64

Zuerst sicherte er die Stadt Dover und anschließend Canterbury, um danach nach Winchester

zu reiten und dort die Hauptstadt des alten Königreichs Wessex zu unterwerfen.245

Die Unterwerfung der wichtigsten Städte in Südostengland allein brachte Wilhelm noch keine

Sicherheit auf die englische Krone und garantierte nicht, dass sich die anderen Mächtigen

Englands einem normannischen König beugen würden.246

Nachdem er seine Macht in Wessex gefestigt hatte, zog er weiter nach London, wo sich einzelne

Fürsten und Mächtige im Widerstand versucht hatten, jedoch bald erkennen mussten, dass

dieser zwecklos war.247

Wilhelms Strafe für die Rebellierenden folgte auf den Fuß, er plünderte auf dem Weg von

Winchester nach London alle Grafschaften und Landsitze, und schlussendlich verlief die

Unterwerfung Londons bis auf einige kleinere Auseinandersetzungen friedlich.248

Unmittelbar nach der Unterwerfung Londons tat Wilhelm erneut das, wofür er später berühmt

werden sollte und was er auch schon bei Hastings getan hatte. Er begann mit dem Bau einer

Motte, die bis zur heutigen Zeit weltberühmt ist. Die später unter dem Namen White Tower

bekannt gewordene Befestigung war Spiegelbild für die normannische Herrschaft in London

und gleichzeitig der Grundstein für den heutigen Tower of London.249

Nach einigen Überlegungen und dem Druck, sowohl von Seiten der angelsächsischen Fürsten

als auch den normannischen, entschied sich Wilhelm dafür, mit seiner Thronbesteigung nicht

darauf zu warten, bis ganz England befriedet und seine Frau aus der Normandie gekommen

war, um mit ihm gekrönt zu werden. Der Weihnachtstag 1066 gilt als offizielles Datum der

Krönung. Die Zeremonie wurde zweisprachig in der Abtei von Westminster in London

abgehalten. Der Erzbischof von York sprach die Formel für die Angelsachsen, während der

Bischof von Coutances ins Französische übersetzte.250

Wilhelm war von nun an nicht mehr nur Herzog der Normandie, sondern auch König von

England, eines Reiches, das er erst noch erobern musste.

245 Vgl. BATES David: William the Conqueror. S. 247-250. 246 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 248. 247 DOUGLAS David C: Wilhelm der Eroberer. Herzog der Normandie – König von England 1028-1087, S 210. 248 Vgl. BATES David: William the Conqueror. S. 250f. 249 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 249. 250 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 252f.

65

5.1. Festigung der Herrschaft

Die innenpolitische Lage entspannte sich jedoch keineswegs mit der Krönung Wilhelms zum

König von England. Wilhelm von Poitiers berichtet von einem bezeichnenden Zwischenfall,

der sich bereits während der Krönung zugetragen hat.251 Als die angelsächsischen Mächtigen

nach der Krönung des Herzogs ihre Zustimmung durch lautes Zurufen kundtaten, erschraken

die normannischen Wachen vor der Abtei von Westminster und dachten, dass die Angelsachen

Verrat geübt hätten und den frisch gekrönten König angriffen. Daraufhin setzten sie die

umliegenden Gebäude in Brand. Diese Episode veranschaulicht sehr gut die angespannte

Stimmung der damaligen Zeit in England.252

In den Monaten nach der Krönung begannen Wilhelm und seine Unterstützer sofort damit, das

neu eroberte Land zu sichern. Die angelsächsische Bevölkerung wurde hoch besteuert,

einerseits um die leere Kriegskasse zu füllen, und andererseits um das Vermögen der

herrschenden normannischen Adelsschicht zu vergrößern.253

Wilhelm war wenige Monate nach seiner Krönung wieder in die Normandie zurückgekehrt und

hatte seine beiden engsten Vertrauten, seinen Halbbruder Bischof Odo von Bayeux und

Wilhelm fitz Osbern, als Statthalter in England zurückgelassen. Die beiden Vertrauten des

Königs teilten sich die ehemaligen Gebiete Harolds auf. So wurde Odo Earl von Kent und

Wilhelm fitz Osbern bekam die anderen ehemaligen Gebiete der Grafschaft Wessex unter sein

Kommando gestellt.254

Mit ihm auf seine Reise in die Heimat nahm der neue König viele bedeutende Personen der

alten angelsächsischen Herrschaftselite, um ihnen die Möglichkeit zu nehmen, einen Aufstand

in England gegen ihn anzuzetteln. So mussten Stigand, der Erzbischof von Canterbury, Edgar

Ætheling, der Großneffe von Edward dem Bekenner, sowie die beiden Earls von Mercien und

Northumbrien, ebenfalls die Reise in die Normandie antreten.255

Während der Abwesenheit des Königs trieben die beiden Statthalter Bischof Odo und Wilhelm

fitz Osbern die Sicherungsarbeiten des neuen Königsreiches stetig voran.

251 Vgl. SARNOWSKI: England im Mittelalter. S.81f. 252 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 253. 253 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 256f. 254 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 256. 255 Vgl. SARNOWSKI: England im Mittelalter. S.82.

66

Die Errichtung von Burgen und Befestigungsanlagen war zwar auf eine langfristige Planung

ausgelegt, doch sie diente hauptsächlich der Sicherung der normannischen Herrschaft in

England. Um 1100 gab es 5000 bis 6000 Burgen oder einfachere Befestigungsanlagen über

ganz England verteilt.256

Die innere Sicherung des eroberten Königreichs sollte noch einige kampfintensive und blutige

Jahre dauern, ehe tatsächlich ganz England nachhaltig unter normannische Herrschaft gestellt

werden konnte. Bereits unmittelbar nach der Rückkehr Wilhelms in die Normandie entstanden

erste lokale Konflikte und Aufstände, die von den in England verbliebenen normannischen

Truppen und ihren Kommandeuren niedergeschlagen werden konnten.

Vor allem die Fremdherrschaft und die hohe Steuer waren der Grund dafür, dass immer wieder

\angelsächsische Fürsten Widerstand gegen die neue Herrschaft initiieren.257 Der König

reagierte auf die Aufstände mit gnadenloser militärischer Gewalt, um seine Krone gegen alle

Widrigkeiten zu verteidigen. Er schaffte es immer, sich gegen die rebellierenden Fürsten

durchzusetzen, auch deswegen, weil die Aufstände unkoordiniert waren. Es gab keinen

organisierten englischen Aufstand, nicht selten ging es eher um kleinere lokale Konflikte, die

es verhinderten, dass sich die Engländer zusammenschlossen, um gegen den König

vorzugehen.258

Bereits im Dezember 1067 kehrte Wilhelm mit den angelsächsischen Geiseln nach England

zurück, um selbst wieder die Herrschaft zu übernehmen. Wenige Monate später wurde seine

Frau in Westminster zur Königin von England gekrönt.259 Dieser Schritt sollte vor allem dafür

sorgen, dass die Herrschaft Wilhelms in England weiter gefestigt und legitimiert werden

konnte. Die europäische Tradition der Krönung von Königinnen, auch Zeichen einer stabilen

Regentschaft, sollte, so die Intention Wilhelms, dafür sorgen, dass seine Thronansprüche von

einer Mehrzahl der englischen Bevölkerung akzeptiert werden konnten.260

Doch auch dieses freudige Ereignis konnte nicht über die angespannte Lage in England und um

das Königshaus hinwegtäuschen. Edgar Ætheling nutzte die Gelegenheit und setzte sich mit

seiner Mutter und seinen Schwestern nach Schottland ab, wo sie am Hof des schottischen

Königs Malcom II. Aufnahme fanden.261

256 Vgl. SARNOWSKI: England im Mittelalter. S.82. 257 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 256. 258 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 256-264. 259 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 257. 260 Vgl. BATES David: William the Conqueror. S. 291ff. 261 DOUGLAS David C: Wilhelm der Eroberer. Herzog der Normandie – König von England 1028-1087, S 229.

67

Von Schottland aus versuchte Edgar Ætheling, mithilfe seines neuen Schwagers Malcom II, der

die Schwester von Edgar, Magarete, geheiratet hatte, Einfluss auf die englische Politik

auszuüben. Auch die beiden Earls Edwin und Morkar verließen ihre Grafschaften Mercien und

Northumbrien und suchten Unterstützung gegen Wilhelm in Wales, beim Fürsten Bleddynn.262

Die Antwort des Königs auf die Interventionen der ehemaligen Mächtigen Englands ließ nicht

lange auf sich warten. Er zog mit einem Heer Richtung Norden und zerstörte auf seinem Weg

große Teile des Landes, um seinen Gegnern die Versorgungsgrundlage zu entziehen. Ohne

wirklich starken militärischen Widerstand zu leisten, gaben Edwin und Morkar auf, und auch

die Stadt York, die ebenfalls einen Aufstand geprobt hatte, übergab einmal mehr symbolisch

die Schlüssel ihrer Stadt.263

Noch während seines Feldzugs machte Wilhelm erneut das, wofür er in England und

mittlerweile in ganz Europa bekannt war: Er errichtete in Warwick, Nottingham, York, Lincoln,

Huntingdon und Cambridge Burgen, um seine Herrschaft weiterhin sicherzustellen.264

Nach seinem Eroberungszug durch den Norden kehrte Wilhelm zuerst nach Südengland und

anschließend wieder in die Normandie zurück, nur um bald wieder in den Norden marschieren

zu müssen, denn die Feuer des Widerstands waren noch nicht gelöscht.265

Die lokalen Auseinandersetzungen dauerten an, und so musste der Herzog im Winter 1067/68

erneut nach York ziehen, um den aus Schottland zurückgekehrten und sich selbst zum König

ausgerufenen Edgar Ætheling zu bekämpfen. Diesmal ließ der Herzog der Normandie jedoch

keine Gnade walten und brachte jeden der Aufständischen, der sich nicht schnell genug

absetzen konnte, um.266

Zur Sicherung von York und seinem Umland errichtete der König eine zweite Burg, um damit

seine Herrschaft unmissverständlich zur Schau zu stellen.267

Doch auch mit dem zweiten Feldzug nach York war der Widerstand noch nicht gebrochen. Den

Anführern der Aufstände gelang rechtzeitig die Flucht, und sie warteten nur darauf, erneut ihre

Chance zu ergreifen.268

262 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 258. 263 Vgl. SARNOWSKI: England im Mittelalter. S.83. 264 Vgl. SARNOWSKI: England im Mittelalter. S.82. 265 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 258. 266 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 259f. 267 DOUGLAS David C: Wilhelm der Eroberer. Herzog der Normandie – König von England 1028-1087, S

224f. 268 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 260.

68

Diese Chance zur erfolgreichen Rebellion sahen die Söhne von Harold Godwinson zur etwa

selben Zeit im Süden Englands gekommen. Durch den Aufenthalt mit einem Großteil seiner

Truppen in York, war Wilhelm weit weg von den einfallenden Truppen der Godwinsons, die

im Westen von Wessex, in der Grafschaft Devon, landeten. Durch die Tatsache, dass Wilhelm

in seinem Königreich ausschließlich seine Gefolgsleute zu Earls ernannte, brauchte er sich nicht

selbst um dieses Problem zu kümmern. Sein Earl Brian schlug die, von Irland aus gestartete,

Invasion ohne Schwierigkeiten zurück und sicherte so die Herrschaft des Königs in

Südwestengland.269

Durch die andauernde Bedrohung in England erschien es für Wilhelm notwendig,

Vorkehrungen für sein herrschaftliches Kerngebiet zu treffen. Die beinahe ununterbrochene

Notwendigkeit der Anwesenheit in seinem neuen Königreich veranlasste den Herzog dazu,

seinem ältesten Sohn Robert mehr Verantwortung zu übertragen. Obwohl Robert erst etwa

fünfzehn bis sechszehn Jahre alt war, bekam er von seinem Vater zwar nicht die Herrschaft

über die Normandie, aber dennoch einiges an Verantwortung übertragen, wenn der Herzog

selbst in England verweilte.270

Dies hatte zum Teil ganz pragmatische Gründe. Durch die weite Ausdehnung des herzoglichen

Herrschaftsgebietes wurde es für Wilhelm unumgänglich, gewisse Verantwortlichkeiten

auszulagern. Neben seinen Vertrauten Bischof Odo und Wilhelm fitz Osbern kam auch sein

Sohn Robert so in Kontakt mit Regierungsgeschäften, die ihn auf die Nachfolge seines Vaters

vorbereiten sollten.271

Der Widerstand gegen die normannische Fremdherrschaft in England erreichte in den Jahren

1069/70 seinen Höhepunkt. Nicht nur von innen wurde Wilhelms Herrschaft bedroht, auch von

außerhalb gab es Ambitionen auf die englische Krone.

König Sven von Dänemark verfolgte die andauernden Widerstände gegen Wilhelm sehr genau

und meldete auch seinerseits Ansprüche auf die Nachfolge von Edward dem Bekenner an. Sven

hatte den Frieden mit Norwegen auf ein stabiles Fundament gestellt und konnte sich daher voll

der Invasion Englands widmen.272

269 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 260. 270 Vgl. BATES David: William the Conqueror. S. 301-303. 271 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 274ff. 272 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 260f.

69

Die dänische Invasionsflotte war beachtlich, zwischen 240 und 300 Schiffe traten die Reise

Richtung englische Ostküste an, angeführt vom Bruder König Svens, Osbjörn, und den Söhnen

des Königs, Harald und Knut.273

Warum Sven diese Invasion nicht selbst anführte, ist nicht überliefert, jedoch kann davon

ausgegangen werden, dass er, anders als Wilhelm 1066, nicht sein Leben vom Erfolg dieser

Mission abhängig machen wollte. Die dänische Flotte segelte im Sommer 1069 die englische

Ostküste Richtung Norden ab und plünderte auf ihrer Reise Dover, Sandwich, Ipswich und

Norwich, wo sie aber immer auf lokalem Widerstand trafen.274

Sie landeten südöstlich von York und marschierten sofort auf die Stadt zu. Die Verteidiger der

Stadt taten ihr Möglichstes, um Widerstand zu leisten, konnten aber nicht widerstehen und

wurden schließlich überrannt und größtenteils getötet. Wilhelm selbst hielt sich im englisch-

walisischen Grenzgebiet auf, als er vom Einfall der Dänen erfuhr und machte sich sofort nach

Norden Richtung York auf, um die Stadt zurückzuerobern.275 Dieses Vorhaben gelang ihm auch

ohne größere militärische Anstrengung oder verlustreiche Scharmützel.

Die Dänen wichen einer direkten großen Konfrontation bewusst aus, um immer wieder kleinere

Raubzüge zu unternehmen und so der englischen Bevölkerung das Gefühl zu geben, dass ihr

König nicht ausreichend für ihre Sicherheit sorgen könne.276

Nach der Rückeroberung Yorks gingen Wilhelm und seine Truppen mit eiserner Faust gegen

Aufständische in den Reihen der Bevölkerung vor. Die Soldaten des Herzogs verblieben in dem

Gebiet und zogen in den kommenden Wochen umher, um Aufständische aus ihren Verstecken

zu treiben und ihre Ressourcen zu zerstören, sodass sie nicht mehr in der Lage sein würden,

erneut eine Rebellion anzuzetteln.277

Diese umfangreiche Zerstörung der wirtschaftlichen Grundlage des Lebens in weiten Teilen

Northumbriens erreichte weit über die englischen Landesgrenzen hinaus Aufsehen.278

273 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 261. 274 Vgl. BATES David: William the Conqueror. S. 309. 275 Vgl. BATES David: William the Conqueror. S. 311. 276 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 262. 277 Vgl. DOUGLAS David C: Wilhelm der Eroberer. Herzog der Normandie – König von England 1028-1087, S

224f. 278 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 263.

70

Seinen Verbleib in York nutzte Wilhelm jedoch nicht nur zur militärischen Festigung seiner

Herrschaft. Ebenso wichtig war es für ihn, der Bevölkerung sein Königtum durch die Macht

der Symbole zu veranschaulichen.

So wird berichtet, dass er seine Krönungsinsignien aus Winchester nach York bringen ließ, um

inmitten einer halbzerstörten Stadt, in vollem königlichen Ornat Weihnachten zu feiern.279

Diese Tat hatte enorme symbolische Macht: Einerseits war es wahrscheinlich ein skurriles Bild,

den König in voller Pracht zu sehen, während in und vor den Toren der Stadt die gelegten

Brände noch rauchten und der Geruch von verbranntem Holz und Fleisch in der Luft hing.

Andererseits kann dies als beispielhaft dafür angesehen werden, welche strategische Bedeutung

York für Wilhelm hatte. Warum sonst sollte sich ein König inmitten einer schwer vom Krieg

gezeichneten Stadt in solch einer Weise darstellen, wenn er diesem Ort nicht enorme

Wichtigkeit zuwies.280

Nach dem Weihnachtsfest zog Wilhelm weiter, Richtung Mercien und Wales, um deren

Widerstand endgültig zu brechen. Nach einigen zähen Wochen für ihn und seine schon

erschöpften Soldaten, gelang es ihm schließlich, und er sicherte seine Macht durch weitere

Burgen in Chester und Stafford.281

Nach dem Brechen des innerenglischen Widerstands, gelang es dem König, auch die Dänen

zurückzudrängen. Verschiedene Quellen berichten, dass Wilhelm den dänischen Anführer

bezahlte, um seine Truppen abzuziehen, und ihm erlaubte, an der Küste kleinere Streifzüge zur

Versorgung seiner Truppen zu unternehmen. Dafür sollten die Dänen im Frühjahr abziehen und

Wilhelm selbst nicht mehr angreifen.282

Nach der Sicherung der Grafschaften Mercien und Northumbrien, sowie der Unterwerfung von

Wales bei jeweiliger Sicherung durch Burgen und Befestigungen und der Zurückwerfung der

Dänen, schien die innenpolitische Lage des Königs stabil.

Wilhelm nutzte diese, vergleichsweise ruhige Phase seiner Regentschaft, um sich an Ostern

1070 durch den päpstlichen Legaten Ermenfried von Sion, sowie zwei Kardinalspriester erneut

zum König krönen zu lassen.

279 Vgl. BATES David: William the Conqueror. S. 312f. 280 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 263f. 281 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 264. 282 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 265 bzw. BATES David: William the Conqueror.

S. 313.

71

Damit hatte er auch die offizielle Anerkennung des Papstes, nicht nur was den Anspruch seiner

Person auf die englische Krone betraf, sondern eben auch die Bestätigung seiner Regentschaft

durch den Führer der Christenheit. Diese Inszenierung zeigte Züge eines zweiten

Herrschaftsantritts Wilhelms als König von England.283

Die Vereinbarung, die Wilhelm mit dem Führer der dänischen Streitmacht, dem Bruder von

König Sven, Osbjörn, getroffen hatte, wurde seitens der Dänen nicht eingehalten. Nachdem die

dänische Flotte im Frühjahr immer noch an der englischen Ostküste ankerte, überquerte nun

auch König Sven selbst die Nordsee, um seinen Ambitionen auf die englische Krone nochmals

Nachdruck zu verleihen. Auch wenn er seitens der englischen Bevölkerung keinen

nennenswerten Widerstand vorfand, so konnte er dennoch nicht auf deren Unterstützung im

Kampf gegen Wilhelm zählen.

Ohne großes Blutvergießen schlossen der König von Dänemark und König Wilhelm

schlussendlich im Sommer 1070 Frieden, und Sven kehrte, zwar ohne König von England

geworden zu sein, dafür aber mit reich beladenen Schiffen, in seine Heimat zurück.284

Bis auf eine kleinere Episode von angelsächsischem Widerstand, bei der erneut die beiden

Brüder von Harald Godwinson, die ehemaligen Earls Edwin und Morkar, eine führende Rolle

einnahmen, hatte sich die herrschaftliche Macht Wilhelms in England gefestigt. Die Beiden

führten eine glücklose Revolte ausgehend von der Stadt Ely, nördlich von Cambridge in der

Grafschaft East Anglia, an, die allerdings scheiterte und Morkar seine Macht und Freiheit und

Edwin sogar später sein Leben kostete.285

283 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 264f. 284 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 266f. 285 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 268f.

72

England war um 1071 einigermaßen gesichert, sodass für Wilhelm von innenenglischen

Aufständen kaum Gefahr ausging.286 Trotzdem durfte der Herzog der Normandie und König

von England Zeit seines Lebens sehr wenige friedliche Zeiten erfahren. Immer wieder wurde

sein englisches Herrschaftsgebiet bedroht, ob im Norden von Schottland oder im Westen von

Irland. Keinem der fremden Herrscher gelang es, sich zu Wilhelms Lebzeiten als wirkliche

herrschaftliche Alternative zum englischen König zu etablieren.287

Anders stellte sich die Bedrohungslage im Verlauf seiner Herrschaft in seinem Kerngebiet, der

Normandie, dar. Immer wieder versuchten die Fürsten der umliegenden Grafschaften und

Herzogtümer, sich Teile der Normandie anzueignen, und auch der junge französische König

Philipp I.288 zog gegen den in die Jahre gekommenen Herzog in die Schlacht.289

Im Jahr 1071 starb der älteste Vertraute des Königs, Wilhelm fitz Osbern, und einige Jahre

später kam es auch innerfamiliär zu einigen Schwierigkeiten. Wilhelm brach mit seinem

Halbbruder Bischof Odo von Bayeux und ließ ihn ins Gefängnis werfen. Auch sein ältester

Sohn, Robert II., schickte sich an, die Herrschaft zu übernehmen und die Nachfolge des Vaters

antreten zu wollen.290

Als Wilhelm die Forderung seines Sohnes nach mehr Macht entschieden zurückwies, ging

dieser mit einigen seiner Gefolgsleute ins Exil, um 1079 gegen den Vater in den Kampf zu

ziehen. Die junge Generation normannischer Adeliger siegte gegen die Gewinner der Schlacht

von Hastings, und so war Wilhelm gezwungen, sich mit seinem Sohn irgendwie zu einigen.291

Das Verhältnis verschlechterte sich zusehends und mit dem Tod von Wilhelms Ehefrau und

Roberts Mutter Mathilda, im Frühjahr 1084 kam es zum endgültigen Bruch zwischen Vater und

Sohn.292

Eine letzte große und ernstzunehmende Herausforderung kam erneut von der anderen Seite der

Nordsee. 1085 erreichte Wilhelm die Kunde, dass der Nachfolger von König Sven, König Knut

IV. von Dänemark, eine große Invasion in England plane, um noch einmal die normannische

Herrschaft über die Insel auf die Probe zu stellen.

286 Vgl. BATES David: William the Conqueror. S. 356. 287 Vgl. DOUGLAS David C: Wilhelm der Eroberer. Herzog der Normandie – König von England 1028-1087, S.

226f. bzw. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 276f. 288 Philipp I. von Frankreich: 1052 – 1108, war ab 1069/60 bis zu seinem Tod König von Frankreich. 289 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 274f. 290 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 275. 291 Vgl. BATES David: William the Conqueror. S. 397 – 404. 292 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 275.

73

Zu diesem Zeitpunkt befand sich Wilhelm gerade in der Normandie und mobilisierte ein großes

Söldnerheer, um damit nach England überzusetzen und die Verteidigung gegen den dänischen

Angriff zu organisieren.293 Umfangreiche und vielschichtige Vorbereitungsmaßnahmen

wurden getroffen, die die erwartete dänische Invasion zurückschlagen sollten. Allen

Vorbereitungen zum Trotz kam es nie zu einem solchen Angriff, und Knut IV. musste aufgrund

von innerdänischem Druck von seinem Vorhaben ablassen und wurde ein Jahr später in

Dänemark ermordet. Dieses Ereignis markiert das Ende der dänischen Avancen auf die

englische Krone und bildete ebenso nach 20 Jahren den Schlusspunkt der Thronansprüche auf

die englische Krone nach dem Tod von Edward dem Bekenner 1066.294

293 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 277. 294 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 278.

74

5.2. Reformen

Die Regentschaft von Wilhelm I. von England ist geprägt von weitreichenden Veränderungen

im Machtgefüge und der wirtschaftlichen und sozialen Organisation des angelsächsischen

Englands.295

War vor der normannischen Eroberung die Gesellschaft geprägt von angelsächsischen Fürsten

und Mächtigen, die vor allem durch weitverstrickte familiäre Beziehungen ihren

Machtanspruch verteidigten, änderte sich diese Systematik mit der Schlacht von Hastings. Die

Godwinsons und auch die Leofwinsons waren mächtige Familien, die ähnlich wie die großen

Adelsfamilien auf dem europäischen Kontinent ihre Macht nicht nur durch Eroberungen,

sondern auch durch die strategische Heiratspolitik ausbauten.

Diese Politik der Vetternwirtschaft gab es unter Wilhelm als König in dieser Form nicht mehr.

Bedingt durch den Umstand, dass er eine nicht so große Familie hatte wie beispielsweise die

Godwinsons, musste er einen anderen Modus finden, seine Macht innerhalb des neuen

Königreiches zu erhalten. Sobald Wilhelm die Macht innehatte, begann er, die Earls und andere

einflussreiche Positionen mit seinen Vertrauten zu besetzen. Bedingt durch den Umstand, dass

kaum einer seiner normannischen Fürsten und Verbündeten verwandtschaftliche Beziehungen

im angelsächsischen England hatte, musste Wilhelm auch nicht wirklich Kollaborateure

fürchten.

Zwar erfreute sich die neu geschaffene normannische Führungsschicht in England nicht sofort

großer Beliebtheit, jedoch änderte sich dies im Laufe der Zeit.296

Schon oft erwähnt und dennoch von wichtiger Bedeutung ist die Bautätigkeit des neuen

normannischen Königs von England. Auf dem Teppich von Bayeux gut illustriert und

beispielhaft dargestellt, sucht die Bautätigkeit des Herzogs ihresgleichen, wenn es um die

Quantität seiner Burgbauprojekte geht.297 Die normannische Herrschaftsschicht schaffte es

eindrucksvoll, ihr neu erobertes Königreich mit Burgen von unterschiedlicher Qualität zu

sichern und gegen Feinde von innen und außen letztendlich erfolgreich zu verteidigen.

295 Vgl. BATES David: William the Conqueror. S. 258ff. 296 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 272. 297 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 312-316.

75

Die Entwicklung und Wichtigkeit der Befestigungen zeigt sich vor allem anhand der

Materialien, die für den Burgenbau verwendet wurden. Wilhelm ließ von einfachen Motten, die

von Holzpalisaden umgeben waren, bis zu massiven steinernen Burgen, wie dem White Tower

in London, alle möglichen Wehranlagen errichten.298

In die Zeit der Regentschaft von Wilhelm I. fallen noch weitere bedeutungsvolle Reformen, die

sich vor allem in zwei ganz unterschiedlichen Bereichen manifestierten.

Das, schon in Kapitel 2 zuvor erwähnte Doomsday Book, gilt als größte und bedeutsamste

Hinterlassenschaft des Königs. Bezeichnenderweise für das Leben des streitbaren Königs,

entstand die Idee für dieses Werk bei den Vorbereitungen auf die dänische Invasion von Knut

IV. im Jahr 1085. Um Weihnachten dieses Jahres war Wilhelm mit seinem Hof in Gloucester

versammelt und diskutierte den Umstand, dass die Kosten für die Unterhaltung der Armee bzw.

für die Verteidigung an den Küsten einiges an Vermögen verschlingen würden.299

Auf ebenjenem Hoftag wurde ein Vorhaben beschlossen, das schon Zeitgenossen und auch

spätere Chronisten sehr beeindruckte. Es wurden verschiedene Gruppen bzw. Kommissionen

gebildet, die durch England reisen sollten, um in allen Grafschaften des Königreiches

Befragungen vorzunehmen. Der Autor der Angelsächsischen Chronik E schreibt in seinem

Bericht über das Vorhaben des Doomsday Books:

„Wie viele hundert Hufen sich in einer jeden Grafschaft befanden, oder welches Land und

welches Vieh der König dort habe, oder welche Einkünfte ihm im Lauf von zwölf Monaten aus

der Grafschaft zustanden. Ebenfalls ließ er [der König] festhalten, wie viel Land seine

Erzbischöfe, Bischöfe, Äbte und Earls hielten, und – obgleich ich das zu ausführlich darstelle

– was oder wie viel jeder Mann, der hier in England auf Land saß, an Land und Vieh hielt und

was es für einen Geldwert hatte.

Er ließ es so genau aufnehmen, dass es keine einzige Hufe gab, kein Yard (gyrde) Land – ja

nicht einmal ein Ochse, eine Kuh oder ein Schwein wurden ausgelassen (obgleich es

beschämend ist, dies zu berichten, aber für ihn war es offensichtlich nicht beschämend es zu

tun) -, die nicht in seiner Aufzeichnung festgehalten wurden. Alle Aufzeichnungen wurden

anschließend zu ihm gebracht.“300

298 Vgl. BATES David: William the Conqueror. S. 297ff. 299 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 278. 300 Zitiert nach PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 279.

76

Das Eintreiben dieser Informationen stellte sich als schwieriger dar, als vom König

angenommen. Viele Grafen und Fürsten der untersuchten Landesteile leisten Widerstand gegen

die teilweise brutale Vorgehensweise der königlichen Kommissionen und nicht selten kam es

zu blutigen Auseinandersetzungen.301

Das Doomsday Book hatte aber nicht nur die praktischen Gründe, wie die Landvermessung und

steuerliche Einordnung von Grafschaften. Wie schon oft lag dem Plan Wilhelms nicht nur ein

realer Nutzen, sondern auch symbolträchtige Überlegungen zu Grunde. Neben dem

offensichtlichen praktischen Nutzen, den diese Aufzeichnung darstellte, schaffte es Wilhelm

durch seine Kommissare auch, dass sein Name auch noch im letzten Winkel seines

Königreiches bekannt war. Etwa zwanzig Jahre nach seiner militärischen Eroberung erneuerte

er mit dem Doomsday Book seine königliche Autorität und sorgte dafür, dass jedem

potenziellen Aufständischen die Macht seines Königs eindrucksvoll vor Augen gehalten wurde.

Das Verhältnis zwischen Wilhelm und der damals noch ausschließlich katholischen Kirche in

Europa ist geprägt von Veränderungen über die Jahre der Regentschaft des Königs. Schon als

Herzog der Normandie forderte er immer wieder die Kirche und ihre Würdenträger heraus,

bekam am Ende jedoch immer die Unterstützung, die er wollte. Trotz des Kirchenbanns, mit

dem er nach seiner Heirat mit Mathilde von Flandern belegt wurde,302 konnte sich Wilhelm die

Gunst des Papstes im Verlauf seiner Herrschaft als Herzog der Normandie sichern.

Der Unterstützung der Kirche konnte sich Wilhelm speziell in den ersten Jahren seiner

königlichen Regentschaft in England sicher sein. Vor allem deswegen, weil sein Halbbruder

Odo der Bischof einer wichtigen normannischen Diözese war und Wilhelm mit Gottfried von

Coutances einen weiteren geistlichen Würdenträger zu seinen Beratern zählen konnte.

Mit dem Segen des Papstes und der damit einhergehenden Anerkennung seines Anspruches auf

die englische Krone, trat Wilhelm mit seinem Invasionsheer 1066 die Überfahrt nach England

an. Auch nach der Eroberung der Insel und seiner Krönung wurde Wilhelm von der Kirche

unterstützt, was auch seinem guten Verhältnis zum damaligen Papst Alexander II geschuldet

war.303

Im Laufe der Jahre besetzte Wilhelm die wichtigen kirchlichen Positionen Englands fast

vollständig mit aus der Normandie stammenden geistlichen Würdenträgern, wobei er anfangs

301 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 279f. 302 Vgl. STREIBER Hildburg: Wilhelm der Eroberer. S. 8. 303 Vgl. VOLLRATH H. FRYDE N. (Hrsg.): Die englischen Könige im Mittelalter. Von Wilhelm dem Eroberer

bis Richard III. S.53.

77

nicht offensichtlich versuchte, englische Würdenträger zu ersetzen. Nur dann, wenn ein hohes

geistliches Amt durch Tod oder Absetzung neu besetzt werden musste, stellte der König sicher,

dass normannische Geistliche diese Machtpositionen bekamen.304

Die Tradition aus der Normandie wollte Wilhelm auch für sein neues englisches Königreich

beibehalten. Mit dieser Politik verschaffte er den Klöstern und der Kirche der Normandie

großen Grundbesitz in England.305

Besonders hervorzuheben ist auch das Verhältnis zwischen Wilhelm I. und dem Erzbischof von

Canterbury Lanfranc von Bec, dessen Amtszeit sich zwischen 1070 bis 1081 erstreckte.306

Ab 1068 forcierte Wilhelm aber, ähnlich wie im weltlichen Bereich, Personalentscheidungen,

die es ihm einfacher machen würden, zu regieren. Das Bewusstsein, dass der Papst und nicht

Wilhelm als König die endgültige Entscheidung über Ernennung und Absetzung von

kirchlichen Würdenträgern hatte, missfiel ihm jedoch.307 Mit Alexander II. saß ein Mann auf

dem Stuhl Petri, der durchaus großes Interesse an einer guten Zusammenarbeit mit dem

normannischen Herrscher hatte.

Dies zeigen die Episode der de facto zweiten Krönung zu Ostern 1070 und die zwei Synoden

desselben Jahres, bei der es zur Absetzung von verschiedenen Bischöfen kam. Diese

freigewordenen Ämter wurden ausschließlich mit Männern besetzt, die aus Nordfrankreich

stammten und zum engsten Umfeld des Königs zählten.308

Einen Streitpunkt und längeren Konflikt stellten die Rangfolge innerhalb der Machtpositionen

in England dar. Bereits unter Edward dem Bekenner gab es die Vormachtstellung der Bischöfe

gegenüber den Earls. Diese Ordnung behielt Wilhelm während seiner Regentschaft bei, doch

schickte sich Lanfranc an, die Rangfolge unter den Bischöfen neu zu klären. Der Erzbischof

von Canterbury stand traditionell an der Spitze der englischen Bischöfe, doch war diese

Hierarchie nirgends festgeschrieben. Nach langen Diskussionen einigte man sich auf einer

Kirchenversammlung 1075 auf folgende Rangordnung:

304 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 300f. 305 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 302f. 306 Vgl. BATES David: William the Conqueror. S. 460f. 307 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 300f. 308 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 300f.

78

An der Spitze sollte der Erzbischof von Canterbury stehen, gefolgt vom Erzbischof von York.

Die drittwichtigste Position beanspruchte der Bischof von London und die Nummer vier in der

Kirchenhierarchie der englischen Bischöfe nahm der Bischof von Winchester ein.309

Die Reform der englischen Kirche wurde direkt und indirekt von Wilhelm beeinflusst. Durch

das Einsetzen von Bischöfen, die auf dem Kontinent geboren und kirchlich sozialisiert waren,

änderte sich auch die organisatorische Verwaltungsebene der englischen Bistümer.310

So verlegten viele der neuen normannischen Bischöfe ihre Bischofskirchen von kleineren

Dörfern in größere Städte in der Region, was ihre angelsächsischen Vorgänger nicht unbedingt

getan haben.311 Ebenso war die Einteilung der Gebiete des Bistums in Erzdiakonate eine

Neuerung auf organisatorischer Ebene, die einerseits eine neue Vielzahl an

verwaltungstechnischen Aufgaben mit sich brachte, und anderseits dazu führte, dass es leichter

wurde, Gemeinden zu organisieren. Die neu geschaffenen Organisationsstrukturen trugen

maßgeblich dazu bei, dass die Kirchenreform in dieser Form durchgeführt werden konnte.312

Die gregorianische Reform des 11. und 12. Jahrhunderts, die vor allem darauf abzielte,

Ämterkauf, priesterliche Ehen und die Laieninvestitur zu unterbinden, wurde im englischen

Königreich vor allem durch den Erzbischof von Canterbury, Lanfranc, vorangetrieben.

Lanfranc war sich seiner Stellung, aber auch seines Förderers und VertrautenWilhelm bewusst

und ging in seinen Reformbestrebungen immer nur so weit, dass Wilhelms herrschaftliche

Interessen nicht eingeschränkt wurden.313

Der Papst verlangte unter anderem einen Treueeid und die Erlaubnis seitens des englischen

Königs, dem Bischof von Canterbury jederzeit eine Reise nach Rom zu gewähren.314 Dieser

Forderung kam Wilhelm nicht nach, und auch sein enger Vertrauter Bischof Lanfranc kam den

päpstlichen Einladungen nach Rom nicht nach.

Der Erzbischof von Canterbury stimmte zwar dem Papst in den Grundzügen seiner Forderungen

nach außen hin zu, blieb aber zumindest in der Frage der Laieninvestitur auf der Seite seines

309 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 302. 310 Vgl. DOUGLAS David C: Wilhelm der Eroberer. Herzog der Normandie – König von England 1028-1087, S.

335f. 311 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 302-305. 312 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 305. 313 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 305. 314 Vgl. VOLLRATH H. FRYDE N. (Hrsg.): Die englischen Könige im Mittelalter. Von Wilhelm dem Eroberer

bis Richard III. S.53.

79

Königs.315 Die Konsequenzen dieser Weigerungen waren aber kaum relevant. Nachdem

Wilhelms Position als Herrscher der Normandie und unumstrittener König in England sehr stark

gefestigt war, konnte der Papst keinen Bruch mit dem König riskieren.

Da der Investiturstreit mit dem römisch-deutschen Kaiser Heinrich IV. des Papstes volle

Aufmerksamkeit verlangte, beließ er es dabei, den englischen König mehrfach zum Treueeid

aufzufordern, eine Weigerung blieb jedoch ohne echte Konsequenzen. Ebenso wurde die

Thematik der Einsetzung von Äbten und Bischöfen durch Laien von päpstlicher Seite nicht

weiterverfolgt.316

Lanfranc versuchte jedoch in anderen Bereichen, die englische Kirche zu reformieren. Die

Vereinheitlichung der Liturgie, der korrekte Ablauf der Taufe und die Tatsache, dass eine Ehe

nur dann Gültigkeit haben sollte, wenn sie von einem Priester geschlossen wird, waren nur

einige seiner Anliegen.317

Die gegenseitige Unterstützung der beiden Würdenträger zeigte sich auch darin, dass Wilhelm

sich nach Kräften bemühte, die Vorhaben Lanfrancs zu unterstützen. Er begann eine teilweise

Trennung der weltlichen und geistlichen Jurisdiktion einzuführen, die es Laien verbieten sollte,

sich in kirchliche Rechtsprechung einzumischen. Die weltliche Gerichtsbarkeit sollte die

Urteile der bischöflichen Entscheidungen annehmen und unterstützen.318

315 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 306f. 316 Vgl. DOUGLAS David C: Wilhelm der Eroberer. Herzog der Normandie – König von England 1028-1087, S.

346ff. 317 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 308. 318 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 308f.

80

5.3. Der Tod des Königs

Wilhelm der Eroberer, Herzog der Normandie und König von England starb am 9. September

1087 in seiner Heimat, der Normandie. Im Gegensatz zu seinen Gegnern um die englische

Krone, Harold und Harald Hardrada, ließ Wilhelm nicht auf dem Schlachtfeld sein Leben,

sondern verstarb an einer Krankheit. Mit 59 Jahren führte er noch selbst, obwohl fettleibig,

unbeweglich und vom Leben gezeichnet, einen Feldzug gegen den französischen König Philipp

an, als er schwer erkrankte und schließlich in einer Kirche in Rouen verstarb.319

Sein Herrschaftsgebiet wurde unter seinen Söhnen aufgeteilt. Sein ältester Sohn Robert II.,

genannt Kurzhose, bekam die Herrschaft über die Normandie zugesprochen und sein dritter

Sohn Wilhelm II., genannt „Rufus“, wurde König von England.320 Erst als beide älteren Brüder

starben, übernahm mit Heinrich I. wieder ein Machthaber die Herrschaft über beide Teile des

normannischen Imperium, so wie es das Ziel seines Vaters gewesen war.321

319 Vgl. DOUGLAS David C: Wilhelm der Eroberer. Herzog der Normandie – König von England 1028-1087, S.

366f. 320 Vgl. BATES David: William the Conqueror. S. 483-485. 321 Vgl. BATES David: William the Conqueror. S. 490-494.

81

6. Resümee

Die Biografie des normannischen Herzogs und späteren Königs von England kann

zweifelsohne als herausragend bezeichnet werden. Durch die Taten seines Vaters, der während

seiner Regierungszeit den Einfluss der Normandie erweiterte, wurde der junge Wilhelm in eine

sehr kriegerische Welt hineingeboren. Aufgrund der sozialen Unterschiede, die zwischen

Robert I. und der Mutter von Wilhelm, Herleva aus Falaise, bestanden, war an eine offizielle

Hochzeit der Eltern des Eroberers nicht zu denken.322

Kurz nach der Geburt von Wilhelm gelang es Robert I., die Mutter Wilhelms mit Herluin, dem

Vizegrafen von Conteville, zu verheiraten und so ihren Lebensunterhalt zu sichern. Aus dieser

Verbindung gingen die beiden Halbbrüder von Wilhelm, Odo, der spätere Bischof von Bayeux

und Robert, der später Graf von Mortain hervor. Die Lebenswege der Halbbrüder sollten im

Verlauf der Herrschaft von Wilhelm eng mit ihm und seinem Schicksal verbunden sein.323

Durch die Kinderlosigkeit der regulären Ehe seines Vaters und dem frühen Tod des Herzogs

der Normandie, wurde Wilhelm mit etwa sieben oder acht Jahren, der neue Herrscher des

mächtigen Herzogtums im Norden Frankreichs.324

In seinen jungen Jahren wurde er zum Spielball der einflussreichen Grafen der Normandie und

entkam häufig nur knapp dem Tod. Obwohl Robert I. vor seiner Abreise ins Heilige Land alle

Grafen und Fürsten schwören ließ, den jungen Wilhelm als Herzog anzuerkennen, hielten sich

einige der Grafen nicht daran. So wuchs der junge Herzog in eine kriegerische und intrigante

Welt hinein, die sein Leben prägen sollte.325

Im Laufe seines Lebens mauserte sich Wilhelm zu einem klugen, taktisch versierten und

weitsichtigen Herrscher. Schon früh stellte er sein Geschick auf dem Schlachtfeld zur Schau

und schaffte es nicht selten, mit einer Kriegslist seine Feinde zu besiegen. In seinen jungen

Jahren in der Normandie erkannte er die Vorteile, die eine Burg zur Sicherung der Macht

innerhalb eines umkämpften Gebietes brachte. Vor allem davon wird seine Herrschaft in

England geprägt sein.326

322 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 94f. 323 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 94. 324 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 96. 325 Vgl. DOUGLAS David C: Wilhelm der Eroberer. Herzog der Normandie – König von England 1028-1087, S.

46ff. 326 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 104f.

82

Die Verbindungen, die zwischen englischer Krone und der Normandie bestanden, und dem

Herzog schlussendlich die Argumentation lieferten, Thronansprüche stellen zu können, kamen

noch aus der Herrschaftszeit seines Vaters Robert I. als Herzog der Normandie.327

Edward der Bekenner verbachte Teile seiner Jugend am Hof seiner Onkel, den Herzögen der

Normandie. Nach der Thronbesteigung von Edward blieben die engen Beziehungen mit der

Normandie bestehen, und auch Wilhelm hielt an der Verbindung zur englischen Krone fest 328

Bei einer Reise in die Normandie im Jahr 1051 soll Edward Wilhelm zu seinem Nachfolger

bestimmt haben. Dieser Umstand war für den Anspruch Wilhelms auf die englische Krone

ausschlaggebend und bildete den Grundstein für die spätere Eroberung Englands, die dem

Herzog seinen Beinamen einbrachte. 329

Es gibt einige Argumente dafür, dass Wilhelm den Beinamen, der ihm von der

Geschichtsschreibung zugesprochen wurde, durchaus verdient hat und diesen zu Recht trägt.

Als erster Punkt können getrost die kriegerischen Auseinandersetzungen genannt werden, die

Wilhelm zeitlebens zu führen hatte. Im Laufe seiner Herrschaft in der Normandie vergrößerte

er seinen herzoglichen Einflussbereich und eroberte vor allem in den Konflikten mit dem

französischen König Gebiete in Nord- und Westfrankreich bis vor die Stadtgrenzen von Paris.

Während der gesamten Zeit, von seinem Antritt der Herrschaft bis zu seiner Invasion in

England, hatte Wilhelm es mit Kämpfen in und um sein Herzogtum zu tun. Letztendlich ging

er aber immer siegreich aus all den Konflikten hervor, die er vor 1066 bestritt. Erfolgreich

verteidigte er seine Herrschaft, egal wer die Widersacher waren: der französische König oder

die Grafen von Anjou.330

327 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 129. 328 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 133ff. 329 Vgl. STREIBER Hildburg: Wilhelm der Eroberer. S. 625. 330 Vgl. Kapitel: Herzog der Normandie, S. 36.

83

Durch seine Heirat mit Mathilde von Flandern schaffte es Wilhelm auch, die östliche Grenze

abzusichern und so seine Macht weiter auszubauen.

Die Ehe zwischen Wilhelm und Mathilde war geprägt von einer tiefen Zuneigung, und bereits

bei den ersten Treffen eroberte Wilhelm auch das Herz der schönen Tochter des Grafen von

Fladern. Wie aus den Tagebuch-Aufzeichnungen der Herzogsgemahlin zu lesen ist, war die

Liebe zwischen den Eheleuten sehr innig331, und aus dieser Verbindung gingen auch insgesamt

10 Kinder hervor.332 In der Liebesbeziehung zu seiner Frau und der „Eroberung“ ihres Herzens

lässt sich also mit etwas Fantasie ein zweiter Grund für den Beinamen „der Eroberer“ finden.

Mit der Festigung seiner Macht und dem Sieg über die Kontrahenten auf dem Festland, fühlte

sich Wilhelm, in der Blüte seines Lebens stehend, bereit für eine weitere Ausdehnung seiner

Macht. In den Jahren ab 1060 wuchs die Macht und das Vermögen von Wilhelm stetig, auch

durch Reformen im Bereich der Kirchenpolitik und in der Verwaltung seines Herzogtums.333

Wilhelms Blick richtete sich nach außen, vor allem auf das nahe England, in dem sein

Verwandter Edward der Bekenner regierte. Im Jahr 1064 trat der spätere Kontrahent Wilhelms

um den englischen Thron, Harold Godwinson, eine Reise in die Normandie an, die für die

normannische Geschichtsschreibung von zentraler Bedeutung sein wird. Warum Harold diese

Reise angetreten hat, darüber lassen sich leider keine gesicherten Aussagen finden.334

Bekannt ist lediglich, dass der Teppich von Bayeux eindrucksvoll den Eidschwur Harolds auf

heilige Reliquien zeigt. Die normannischen Chronisten nehmen dies zum Anlass, Harold später

als eidbrüchig darzustellen und so die Invasion des Herzogs zu rechtfertigen.335

Die Vorbereitungen auf die Eroberung Englands waren sehr umfangreich und langwierig. Noch

nie hatte es ein so großes fremdes Invasionsheer gegeben, welches nach England übersetzte und

die Insel eroberte. Tatsächlich gab es insgesamt nur wenige Versuche einer militärischen

Kanalüberquerung und noch weniger, die dieses Vorhaben erfolgreich abgeschlossen hatten.

Die erste bekannte Überquerung, die eine Invasion zum Ziel hatte, unternahm Caesar mit seinen

römischen Truppen, um Britannien zu erobern, was ihm schließlich auch gelang. Etwa 1000

Jahre später überquerte Wilhelm erfolgreich den Kanal und eroberte England.

331 Vgl. STREIBER Hildburg: Wilhelm der Eroberer. 359ff. 332 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 417. 333 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 135. 334 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 138f. 335 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 142f.

84

Es sollte dann wieder knapp 400 Jahre dauern, bis eine weitere erfolgreiche militärische

Kanalüberquerung stattfand, diesmal allerdings von England kommend Richtung Frankreich.

Tatsächlich waren Caesar und Wilhelm die einzigen Feldherren, die vom Kontinent aus

erfolgreich nach England übersetzen.

Alle anderen Überquerungen fanden in die entgegengesetzte Richtung statt. Die jüngste und

vielleicht bekannteste Überquerung und Invasion war die Operation Overload, besser bekannt

als D-Day am 6. Juni 1944.

Die Eroberung Englands und damit der englischen Krone stehen als Hauptargument dafür,

warum Wilhelm seinen Beinamen erhalten hat.

Wie im Untertitel der Arbeit formuliert, ist es nicht ganz einfach, Wilhelm einen tatsächlichen

Beinamen zu verleihen.

Die Geschichtsschreibung bildet in einem Großteil der Quellen die Geschichte aus Sicht der

Sieger ab. Für die normannischen Chronisten, wie Guido von Amiens, Wilhelm von Jumièges

oder Wilhelm von Poitiers, war es natürlich wichtig, ihre Geschichten so zu berichten, dass die

Taten des Herzogs in einem guten Licht dargestellt werden. Auch der Teppich von Bayeux

spiegelt, wie der Name vermuten lässt, die Historie aus normannischer Sicht wider.

Aus der Position Wilhelms und aus seinem Selbstverständnis heraus ist er der legitime

Thronerbe der englischen Krone. Durch die Kinderlosigkeit von Edward und das

verwandtschaftliche Verhältnis zwischen den beiden ist dieses Argument nicht von der Hand

zu weisen. Rückenwind für diese Version der Geschichte erhält der Herzog der Normandie auch

aus Rom, vom Papst selbst, der seinen Anspruch auf die englische Krone durch die Zusendung

des päpstlichen Banners und Segens quasi legitimiert, jedoch ohne Wilhelm explizit seine

Unterstützung zu geben.336

336 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 168.

85

Doch auch Harold Godwinson hatte aus seiner Sicht gute Argumente dafür, dass er selbst der

neue König Englands werden sollte. Durch die Macht, die die Godwinsons in England über

Jahre hinweg hatten, dürfte er sich, auch aus seinem eigenen Verständnis heraus, als zweiter

Mann im Land und Vizekönig verstanden haben. Auch durch die, am Sterbebett Edwards

erfolgte Bestimmung der Nachfolge, bezeugt durch die angelsächsischen Würdenträger, sah

Harold seine Krone als legitim an.337

Der dritte Kontrahent, Harald Hardrada, nahm für sich in Anspruch, den Thron von England

aufgrund einer getroffenen Abmachung mit Tostig, dem exilierten Bruder König Harolds, zu

beanspruchen.338

Von den drei Gegnern hatte der norwegische König wahrscheinlich die unhaltbarste

Argumentation für einen Anspruch auf das Königreich. Die vermeintliche Abmachung und

Einladung von Tostig ist ein Produkt späterer, norwegischer Geschichtsschreibung und findet

sich auch in zeitgenössischen norwegischen Quellen nicht.339

Die Frage, wen Edward der Bekenner zu seinem Nachfolger bestimmen wollte, wird nicht mehr

zu klären sein, möglicherweise hat er sich auch im Laufe seines Lebens umentschieden. Fakt

ist, dass sowohl Harold Godwinson, als auch Wilhelm, jeder aus seiner Sicht, gute Argumente

für den Anspruch auf die Krone hatten.

Die Zuschreibung „Thronerbe“ und „Eroberer“ für Wilhelm lassen sich also gut argumentativ

begründen. Und auch der Terminus „Reichsgründer“ kann getrost auf Wilhelm angewandt

werden.

Einerseits war er der Herrscher Englands, der seine Macht auf der Insel weiter ausbauen konnte

als kein König jemals zuvor und anderseits begründete er die Verbindung zwischen England

und der Normandie, die über Jahrhunderte hinweg, die Politik in Nordeuropa prägen sollte. Da

Wilhelm als Gründer des Normannischen Imperiums tituliert wird, lässt sich auch die

Zuschreibung eines „Reichsgründers“ gut argumentieren.

Die Frage, ob der Beiname der Geschichtsschreibung „der Eroberer“ ein missverständliches

Bild von Wilhelm I. erzeugt, lässt sich auf jeden Fall mit ja beantworten.

337 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 160f. 338 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 200f. 339 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 201.

86

Die grundsätzliche Problematik, die ein Herrscherbeiname aufwirft, ist jene, dass es sich immer

um eine Verkürzung handelt. Ein Feldherr, König oder Kaiser wird, möglichst eingängig, mit

einem Beinamen versehen, der in den meisten Fällen eine Eigenschaft seines Charakters oder

Aussehens suggeriert.340

Ausnahmefälle bilden die Beinamen „der Große“, so wie es bei Karl dem Großen oder

Alexander dem Großen der Fall ist. Hierbei scheint der Respekt vor dem Herrscher so groß

gewesen zu sein, dass sich die Chronisten und Geschichtsschreiber dazu entschlossen haben,

die Fülle der herrschaftlichen Taten nicht durch eine charakterliche oder visuelle Zuschreibung

zu verkürzen.

Im Grunde genommen bildet eine solche Zuschreibung immer nur einen Aspekt der Herrschaft

ab und lässt alle anderen Facetten außer Acht. Es erscheint nicht besonders fair und

ausgeglichen, Wilhelm den Beinamen „der Eroberer“ zuzuweisen, war er doch viel mehr als

„nur“ ein Eroberer. Möglicherweise bildet die Invasion und Eroberung Englands einen solchen

Einschnitt in die Argumentation von Historikern, dass diese Leistung es notwendig erscheinen

lässt, sie als Name hinzuzufügen.

Geschichte wird, wie schon erwähnt, immer von den Siegern geschrieben, und so ist es aus

historischer Sicht wenig verwunderlich, dass die Eroberung Englands als so herausragend

empfunden wurde, dass sie Eingang in den Beinamen finden musste.

Aus der Sichtweise der zeitgenössischen angelsächsischer Bevölkerung, war Wilhelm bestimmt

nicht der Thronerbe des englischen Throns, sondern ein Eroberer aus einem nahen und trotzdem

fremden Land, der ihre englische Heimat eroberte. Er wurde aber von der

angelsächsisch/englischen Bevölkerung wahrscheinlich auch als Reichsgründer

wahrgenommen, denn seine Reformen des Landes und der Gesellschaft bildeten einen

nachhaltigen Einschnitt im sozialen Gefüge des Königreichs.

Normannische Quellen werden von einem legitimen Thronerben sprechen, der der Normandie

zu großem Ruhm und Reichtum verhalf und dafür sorgte, dass man eine ernstzunehmende

Konkurrenz für das französische Königreich darstellte.

340 Vgl. Kapitel Einleitung, S. 3

87

Wie der Teppich von Bayeux eindrucksvoll veranschaulicht, wurde Wilhelm auch von den

Normannen als Eroberer und Reichsgründer gesehen, allerdings mit anderen Voraussetzungen.

Als Herzog der Normandie war er Eroberer, jedoch nicht im selben Verständnis des Wortes,

wie es im angelsächsischen England der Fall war.

Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hätte es Beinamen gegeben, die den Charakter

der Herrschaft Wilhelms oder seiner Person besser beschrieben hätten. Es wäre zwar etwas

vermessen, ihn auf eine Stufe mit anderen Herrschern, die den Beinamen „der Große“ trugen,

zu stellen, jedoch könnte man auch diese Zuschreibung argumentieren. Die außergewöhnliche

Größe des Herzogs und auch die in späteren Jahren stattliche Körperfülle341 würden einen rein

visuellen Aspekt liefern. Auch die Summe seiner Taten, gewonnen Schlachten und Reformen

könnte als Grund genannt werden, um ihm diesem Beinamen zu geben.

Im Hinblick auf seine kriegerischen Aktivitäten, die sein ganzes Leben geprägt und gezeichnet

haben, bleibt „der Eroberer“ wohl eine bessere Alternative als beispielsweise „der Streitbare“

oder „der Krieger“.

Es lässt sich keine endgültige Entscheidung treffen, welche der möglichen Zuschreibungen am

passendsten auf den Herzog der Normandie und König von England anzuwenden ist. Denn

Wilhelm war von allem etwas: Er war Thronerbe, Eroberer und Reichsgründer in einer Person.

341 Vgl. PELTZER: 1066. Der Kampf um Englands Krone. S. 283.

88

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[Zuletzt abgerufen am 22.10.2019]

Teppich von Bayeux Online - https://www.bayeuxmuseum.com/en/the-bayeux-

tapestry/discover-the-bayeux-tapestry/explore-online/ [Zuletzt abgerufen am 08.08.2021]

90

8. Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Teppich von Bayeux, Szene 36 ............................................................................ 7

Abbildung 2: Teppich von Bayeux, Szene 15 .......................................................................... 11

Abbildung 3: Teppich von Bayeux, Szene 23 .......................................................................... 13

Abbildung 4: Teppich von Bayeux, Szene 45 .......................................................................... 15

Abbildung 5: Teppich von Bayeux, Szene 48 .......................................................................... 16

Abbildung 6: Teppich von Bayeux, Szene 57 .......................................................................... 18

Abbildung 7: Teppich von Bayeux, Szene 58 .......................................................................... 19

Abbildung 8: Teppich von Bayeux, Szene 17 .......................................................................... 20

Abbildung 9: Die Verteilung der Graftschaften Englands im Jahr 1045 ................................. 45

Abbildung 10: Die Verteilung der englischen Grafschaften zwischen 1062 und Oktober 1065

.................................................................................................................................................. 47

Abbildung 11: Stationen im Leben König Haralds von Norwegen ......................................... 52

Abbildung 12: Die Truppenaufstellung bei der Schlacht von Hastings ................................... 59

Abbildung 13: Teppich von Bayeux, Szene 53 ........................................................................ 60

Abbildung 14: Teppich von Bayeux, Szene 55 ........................................................................ 61