Wir sind die sprache

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Soziologisches Seminar der Rheinischen Friedrich – Wilhelms – Universität Bonn Veranstaltung: Neuere Konzepte der Lebensstilforschung (Übung für Fortgeschrittene) Leitung: Dr. Horst Schulze Wir sind die Sprache! – Wie die Jugend der Banlieues ihr eigenes Französisch erfindet Ibrahim Mazari Sinziger Str. 9 50968 Köln Soziologie, Psychologie, Islamwissenschaften [email protected] SS 1998

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Soziologisches Seminar der Rheinischen Friedrich – Wilhelms – UniversitätBonn Veranstaltung: Neuere Konzepte der Lebensstilforschung (Übung für Fortgeschrittene) Leitung: Dr. Horst Schulze

Wir sind die Sprache! – Wie die Jugend der Banlieues ihr eigenesFranzösisch erfindet

Ibrahim MazariSinziger Str. 950968 Köln

Soziologie, Psychologie, Islamwissenschaften [email protected] SS 1998

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Inhalt

Einleitung (S. 3)

1. Jugendsprachen (S.5) 2. Sprachstile der Banlieues (S.5)

3. Genese der Sprachstile (S.6)

4. Gesellschaftliche Reaktionen (S.7)

5. Von Subkultur zum Lebensstil (S.9)

6. Fazit (S.10)

7. Literatur (S.11)

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Einleitung

Meine Arbeit thematisiert einen Lebensstil. Die Postmoderne gebar viele Lebensstile, die

heute in kaum zu übersehene Anzahl existieren. Es ist hinlänglich beschrieben worden, daß

sich Milieus und Subkulturen auflösen und statt dessen Lebensstile entstehen, die brüchiger

und kurzlebiger sind.

Prozesse der Klassen- und Gruppenbildung zeigen sich besonders im Erscheinungsbild der

Städte, denn sie sind der zentrale Vergesellschaftungsraum der modernen Gesellschaft.

Schon zu allen Zeiten waren die Städte Orte, in denen soziale Mobilität und Segregation

besonders deutlich ausgeprägt waren. Doch erst mit dem Aufkommen der industriellen

Revolution und der damit verbundenen sozialen Frage (Massenarmut, Landflucht und

vermehrte Urbanisierung) wurde die Stadt als ein eigenständiges soziales Gebilde betrachtet.

Es ist kein Zufall, daß die Etablierung der Soziologie als Wissenschaft genau in diese Zeit

fällt. Die Stadt als soziales Gefüge gestaltet einen anderen Lebensrythmus, als es das

traditionelle, ländliche Lebensmuster bietet. Dies hängt mit der erhöhten Dichte zusammen,

die Anonymität und somit größeren Raum für unterschiedliche Formen der

Vergemeinschaftung zur Folge hat. Die traditionellen Strukturen verlieren immer mehr an

Bedeutung und weichen spezifischen Klassen- und Gruppenbildungen, die letztlich zur

Ausbildung vieler Lebensstile führten. Nach Beck (1986) ist davon auszugehen, daß die

moderne Gesellschaft eine Entwicklung von den traditionellen Beziehungsstrukturen weg zur

sogenannten Individualisierung hin vollziehe, die durch keine Klassen- und Gruppenbildung

kompensiert werde. So sei festzustellen, daß in den traditionellen Arbeitervierteln die Klasse

der Arbeiter nicht mehr auszumachen sei; vielmehr existierten zahlreiche, zumeist

voneinander unabhängige Gruppierungen, die ihren Ausdruck in den verschiedenen

Lebensstilen fänden.

Lebensstile kennzeichnen sich u.a. dadurch aus, daß sie sich schnell wandeln und daß sie

kurzlebig sind. Sie werden zwar auch von bestehenden Milieus geprägt, doch sie müssen nicht

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in ihnen beheimatet sein. Ökonomische Faktoren, die bei der Entstehung der Milieus

maßgeblich sind, spielen bei den Lebensstilen eine untergeordnete Rolle, obschon man ihre

Bedeutung auch nicht allzusehr unterschätzen darf.

Lebensstile sind nach Dubiel (1987) „nachtraditionelle Gemeinschaftsbildungen“, die ihre

Bindungsenergie nicht mehr aus wirtschaftlichen oder politischen Ressourcen bezögen,

sondern aus symbolischen Quellen. Augenfällig sind hier natürlich die Kleidung, die Sprache

(Soziolekt) und ritualisierte Handlungen, die unter Umständen den gesamten Alltag

bestimmen können. So kann es mitunter feinfühlige Differenzen in der „Kleiderordnung“

geben, deren Verletzung zu einem Ausschluß aus der Gruppe führen oder eben signalisieren,

daß der betreffende nicht zur Gruppe gehört. Das erschwerende ist, daß sich diese Codes im

ständigen Wandel befinden und kaum Einblick gewähren, wie sie sich in naher Zukunft

entwickeln könnten. Komplexe Begrüßungsrituale versinnbildlichen besonders das, was

Dubiel symbolische Quellen nennt. Wieviel der einzelne z.B. verdient, spielt keine Rolle.

Allein die Kenntnis der gemeinsamen Codes und die Identifikation mit dem entsprechenden

Lebensstil bestimmen die Zugehörigkeit. Der normative Druck, der durch diese Gruppen

gegeben ist, ist deutlich höher, als man erwarten könnte, wenn man die These Becks, wonach

sich die Gesellschaft immer mehr individualisiere, ernst nimmt. Die Komplexität der

normativen Strukturen der unterschiedlichen Lebensstile ist im Vergleich zu den der

traditionellen Lebensmuster nicht geringer. Die Beständigkeit und ein

gesamtgesellschaftlicher Konsens über die Gültigkeit und Legitimität der Normen und Werte,

in den einzelnen Lebensstilen gelten, sind jedoch nicht gegeben.

Auch in den Banlieues ist der Übergang von einer Subkultur zu einem Lebensstil zu erkennen,

mit allen dazugehörigen Prozesse wie die der Vermarktung. Dennoch stellt sich auch in

diesem Fall die Frage, inwieweit ein Lebensstil frei gewählt werden kann und inwieweit wir

nicht durch Anlage und Erziehung für einen Stil prädestiniert sind.

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Ich glaube, daß die Entwicklung in den französischen Vorstädten zeigt, wie wesentlich der

soziale Status ist. Es wird aber auch zu zeigen sein, wie sich dieser Stil, zunächst gebunden an

Milieu und Subkultur, sich langsam löst und ein Eigenleben entwickelt.

1. Jugendsprachen

In allen Ländern gibt es Jugendsprachen. Jugendliche modifizieren die gängige Sprache

derart, daß sie sich abhebt; dennoch kann sie für gewöhnlich auch von Erwachsenen

verstanden werden.

Sprache ist ein wichtiger Indikator für Lebensstile, wie für jede menschliche Gemeinschaft

auch. Sie weist jemanden als Mitglied oder als Fremder aus, sie dient der Identitätsstiftung.

Da Jugendliche sich von erwachsenen abgrenzen möchten, tun sie dies auch über die Sprache.

Sie verändern sie. In Frankreich ist in letzter Zeit eine Entwicklung zu beobachten, die

einmalig in Europa sein dürfte. Die Jugendlichen der Banlieues sind dabei, ihre eigenen

Sprachen zu entwickeln. Und diese haben mit dem heutigen offiziellen Französisch kaum

noch etwas zu tun. Eine große Gruppe droht sich dadurch aus der Gesellschaft zu

verabschieden. Es handelt sich hier also um eine gravierende Entwicklung, die man nur mit

den Gettos der schwarzen Bevölkerung in den amerikanischen Großstädten vergleichen kann,

wo sich ja ebenfalls eine spezifische Sprache herausgebildet hat, der Slang. Dieser Soziolekt

wird von der Mehrheit der Amerikaner nicht verstanden, so daß diejenigen, die den Slang in

den Gettos gelernt haben, weiter in den Gettos bleiben. Es ist somit ein Teufelskreis.

2. Sprachstile der Banlieues

Es existiert nicht nur eine Jugendsprache. Vielmehr entwickeln sich in allen Vorstädte solche

Stile, die sich überhaupt nicht ähnlich sind. Das Wesen dieser Sprachstile ist, daß sie regional

stark beschränkt sind, so daß die Sprachen eigentlich nur von den Bewohnern der einzelnen

Trabantenstädte verstanden werden. Wichtige Sprachstile sind Charabia, Sabir

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(Kauderwelsch), Argot (Gaunersprache), Patois (Mundart), Verlan (das Umgedrehte) und

Adolang (die Sprache der Heranwachsenden).

Diese Sprachen entsprechen nicht den Vorschriften der traditionellen französischen Sprache,

so wie es die Académie Francaise gefordert wird.

3. Genese der Sprachstile

Die Sprachen entstanden aus dem Französischen. Ich zeige hier anhand des Verlan

exemplarisch die Entstehung der Banlieue – Sprachen, die mittlerweile auch Forschungsfeld

für Linguisten sind.

Zunächst werden lange Ausdrücke wie z.B. „appartement“ (Wohnung) oder „petit déjeuner“

(Frühstück) zu „appart“ und „petit déj“ oder „petdéj“ gekürzt.

Die Abkürzungen wurden mittlerweile teilweise in die offizielle Sprache übernommen. Die

Jugend versucht sich dementsprechend abzugrenzen, indem sie die vorhandene Sprache

heranzieht und verballhornt. Im Falle des Verlan geschieht das durch Umkehrung der Silben

und Buchstaben.

So wird aus:

café féca

bizarre zarbi

viens yienv

mère reum

Die Modifikationen sind ihrerseits ständigen Veränderungen ausgesetzt, so daß jeder versuch

einer Klassifizierung mißlingt. Wörterbücher, die es mittlerweile gibt, sind deshalb auch

schon veraltet, wenn sie gedruckt sind.

Die Jugend der Banlieues ist nicht nur französisch, sondern auch arabisch (maghrebinisch)

und afrikanisch geprägt. Denn dort leben viele Nachkommen von Einwanderern aus

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Nordafrika. Dieses Erbe fließt in die neu geschaffene Sprache ein. „J‘ ai la hach“ bedeutet

„ich schäme mich“, wobei „hach“ aus dem arabischen „hachma“ für „Scham“ stammt.

Aber auch die eigene Sprachschaffung wird von den Jugendlichen bewußt karikiert und

überspitzt, so daß es nicht nur eine Verballhornung im Sinne des Verlan, sondern auch ein

Kürzen der Anfänge und eine künstlichen Verlängerung des Gekürzten gibt. So wird aus

„problème“ ein kurzes „blème“, aus „controlleur“ zunächst „leur“, das dann auf „leurleur“

verlängert wird.

4. Gesellschaftliche Reaktionen

Die Jugendlichen übernehmen die Sprache, gestalten sie nach Gutdünken, und dies in einem

Land, in dem die Académie seit Jahrhunderten das Monopol der Sprachpflege innehat.

Die Akademie reagiert dementsprechend besorgt, auch wenn das Problem nicht als allzu groß

gesehen wird.

Die Jugendlichen ihrerseits, die z.B. Verlan sprechen, empfinden es als befremdlich, wenn sie

Jugendliche im Fernsehen das traditionelle Französisch sprechen hören. Hier zeigt sich, wie

weit die Abgrenzung geht, die sich zu einer Ausgrenzung entwickelt.

Die Gesellschaft reagiert unterschiedlich auf dieses Phänomen. Jene, die den Bestand der

französischen Sprache, Kultur und Nation gefährdet sehen, natürlich mit Entrüstung, Wut und

Kulturpessimismus. Sie rufen nach staatlicher Reglementierung, was ja auch geschieht.

Demnach dürfen in Fernseh- und Radiosendungen nur eine bestimmte Anzahl von

Anglinismen verwendet werden, Bei Zuwiderhandlung drohen hohe Geldstrafen.

Andere Menschen versuchen auf diese Entwicklung mit Verständnis zu reagieren, sie sind

bemüht, die Ursachen herauszufinden und das Gespräch zu suchen. Lehrer, Sozialarbeiter und

Eltern sind vor Ort mit jungen Menschen konfrontiert, die in den Schulen und auf dem

Arbeitsmarkt versagen, weil ihre Sprachkenntnisse des offiziellen Französisch mangelhaft

sind. Das Verlan und andere Banlieues – Sprachen sind ja im Grunde völlig fremde Sprachen,

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so daß nicht nur eine Abgrenzung erfolgt, sondern die Kommunikation zwischen den

Generationen für viele Menschen ganz abreißt.

Die Öffentlichkeit in Frankreich beschäftigt sich sehr mit diesem Phänomen, es gibt heftige

Debatten über mögliche Ursachen und Vorgehensweise. Das Interesse ist so groß, daß sich

sogar Wörterbücher für Verlan besser verkaufen als das Dictionnaire der Académie, das

französische Pendant zum Duden.

Doch die Annäherungsversuche seitens Erwachsener löst bei den Jugendlichen eine weiteren

versuch der Rebellion aus, indem einfach die Sprache sich so schnell wandelt, daß ein

Erwachsener mit seinem hart erkämpften Wortschatz des Verlan schnell antiquiert erscheint.

„Der Witz dieser Sprache ist ja gerade, daß sie kodiert ist und hermetisch bleibt.“1

Und Adil Jazouli, ein Banlieue – Forscher, zitiert einen Jugendlichen: „Wir sind nicht wie die

und wir reden auch nicht ihre Sprache. Sie sprechen das alte Französisch, wir das

umgekehrte.“

Viele Politiker weisen darauf hin, daß diese sprachen eine Integration verhindern. Christian

Bachmann, ein von Gsteiger zitierter Soziolinguist, weist jedoch darauf hin, daß diese

Sprachen Produkt einer ausgeschlossenen Jugend ist, und nicht ihre Ursache.

„Der Soziolinguist Christian Bachmann spricht von einem Soziolekt, geschaffen von

jugendlichen, die ,wirtschaftlich und kulturell den Kontakt zur Norm verloren haben‘, sich

ausgeschlossen fühlen, deshalb die Sprache der macht und der Intelligenzija ablehnen und

lieber ihre eigene basteln. Dabei genügt es ihnen nicht, bloß Wörter zu verändern, sie

krempeln zugleich Betonung, Sprachfluß und Syntax um.“

1 Fredy Gsteiger „Wir sind die Sprache!“ in: Kursbuch JugendKultur, Mannheim 1997

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5. Von Subkultur zum Lebensstil

Verlan und die anderen Sprachstile sind alle in den Banlieues entstanden, als Produkt einer

wirtschaftlich unterdrückten Jugend. Den Banlieues kann man eindeutige Milieus zuweisen.

Es sind zumeist Immigrantenkinder, aber auch Kinder von sozial schwachen Familien, die

sich nur die Mieten in de Trabantenstädten leisten können. In diesem urbanen Mikrokosmos

entsteht dann Verlan.

Doch nun droht Verlan vereinnahmt zu werden, weil in der Banlieue, und nicht mehr in den

Innenstädten, die Kreativität zu finden ist. Dies ist auch der Grund, warum immer mehr

Jugendliche der Bourgeoisie so sprechen. Mit der Medialisierung und Kommerzialisierung

findet Verlan den weg in die Pop – Welt und somit Zugang zu einem breiteren Publikum. Die

Gruppe MC Solaar ist der berühmteste Vertreter eines Pop – Künstlers, der mit Adolang,

einem Sprachstil, experimentiert.

Verlan und die anderen Sprachen mögen anarchisch wirken, da es die regeln der traditionellen

Sprache verletzt, doch es übt einen genauso großen Druck auf seine Sprecher aus, denn wie

jede andere Sprache, so ist man bei Verlan nur Teil der Sprachgemeinschaft, wenn man die

Sprache beherrscht. Bei den Sprachstilen der Banlieues kommt erschwerend dazu, daß sie sich

permanent verändern, so daß man auch ständig hinzu lernen muß, wenn man „dran bleiben“

will. Wer die Sprache nicht versteht, ist ein Außenseiter. Und da keiner der Jugendlichen von

seiner Peer - Gruppe ausgegrenzt werden möchte, lernen sie die Sprache eifrig,

vernachlässigen dabei aber das offizielle Frankreich.

Adil Jazouli weist auch darauf hin, daß die Mobilität der jugendlichen in den Banlieues

äußerst begrenzt ist, so daß sie in ihrer Gegend aufwachsen. So kommt es vor, daß einige nur

das Verlan sprechen, aber nicht das Französisch, das notwendig wäre, um eine Ausbildung zu

bekommen.

Die Sprachstile sind also stark regional beschränkt, so daß ein Jugendlicher aus Marseille die

Sprache eines Jugendlichen aus einem Pariser Vorort nicht verstehen kann. So gibt es etliche

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Synonyme für „Polizist“: „kisdé“ (Pariser Vorort), „dek“ (Lyon), „condé“ (Marseille),

„Chtars“, „Dulars“, „Bleues“, „Rangers“.

Somit ist nicht nur die Kommunikation zwischen Jugendlichen und dem öffentlichen Leben

(Kultur, Wirtschaft und Politik) gestört, sondern auch zwischen den einzelnen Banlieues.

Opfer dieser Entwicklung sind jene Jugendlichen, die diese Sprache kennenlernen und sie

„nachplappern“, ohne des Französischen richtig mächtig zu sein. Jene, die diese Sprache als

Akt der Kreativität erschaffen, verfügen notwendigerweise über gute Kenntnisse des

offiziellen Französisch und sind somit nicht aus dem öffentlichen Leben ausgeschlossen.

Ein Manko der Sprachstile liegt im beschränkten Wortschatz, der zwar viele Synonyme für

Geschlechtsteile und den Liebesakt kennt, aber keine für Computer. Dies darf auch nicht

verwundern, handelt es sich hier doch vornehmlich um eine Sprache, die von

Heranwachsenden gesprochen wird, so daß der Wortschatz ihre Belange und Interessen

berücksichtigt, auch wenn sich die Jugendlichen dadurch aus der modernen Welt

verabschieden, wie es Gsteiger sieht.

6. Fazit

Sicherlich ist eine einheitliche Sprache notwendig, um soziale Mobilität zu ermöglichen. Das

Leben in modernen Staaten ist anders auch nicht zu organisieren. Dennoch muß man sich

dafür hüten, die Jugendlichen zu verteufeln. Vielmehr sollte man diese Stile als Bereicherung

und authentische Lebensentwürfe sehen. Es gibt mittlerweile auch Gedichte im Verlan. Aber

andererseits sollte man bemüht sein, den Jugendlichen den Zugang zum offiziellen

Französisch zu ermöglichen, und dies kann nur geschehen, wenn man die wirtschaftliche und

politische Benachteiligung dieser Jugendlichen abschafft. Erst wenn die Gesellschaft erkennt,

daß diese Jugendlichen von ihr enttäuscht sind, kann es eine Annäherung geben. Aber dies

bedeutet nicht, daß es keine Abgrenzung mehr gibt, denn schließlich sind Jugendsprachen

nicht nur ein Ausdruck von Protest gegen ökonomische Unterdrückung, sondern auch Protest

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junger Menschen gegen die Werte der Erwachsenen. Und dieses Recht sollte man den

Jugendlichen lassen.

7. Literatur

Fredy Gsteiger „Wir sind die Sprache!“ in: Kursbuch JugendKultur, Mannheim 1997

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