Wirtschaft der Region Thun Ausgangslage und...

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Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 1 von 107 Wirtschaft der Region Thun Ausgangslage und Entwicklungsmöglichkeiten Ein Arbeitspapier für die Diskussionen unter Politik, Verwaltung und Wirtschaft. Verfasser: Philippe Häberli Lorenz Zellweger Mitverfasser: Nicole Berner Melchior Buchs

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Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 1 von 107

Wirtschaft der Region Thun Ausgangslage und Entwicklungsmöglichkeiten

Ein Arbeitspapier für die Diskussionen unter Politik, Verwaltung und Wirtschaft.

Verfasser: Philippe Häberli Lorenz Zellweger

Mitverfasser: Nicole Berner Melchior Buchs

0.

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0.1. Management summary

Thun hat Potenzial. Die Führung der Stadt Thun hat die Absicht, dieses Potenzial zu nutzen und die

wirtschaftliche Entwicklung der Region mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu unterstützen. Um

Wirtschaft, Politik und Verwaltung auf gleichem Informationsstand in die Diskussion einbeziehen zu

können, hat die Abteilung Stadtmarketing die vorliegende Studie als breit zugängliche

Informationsgrundlage verfasst.

Geschichte, Fakten und Möglichkeiten:

Die Wirtschaft der Region Thun wurde ein gutes Jahrhundert von der Rüstungsindustrie und ihrem

Umfeld geprägt. Bis in die „Belle Epoque“ hinein war Thun auch ein bedeutender Tourismusort. Die

Identifikation mit der Armee hat in der Bevölkerung seit den sechziger Jahren laufend abgenommen und

die Rüstungsaktivitäten sind anfangs der neunziger Jahre eingebrochen. Der prägende

Wirtschaftsbereich ist stark geschrumpft und durch nichts mit gleich grosser Bedeutung ersetzt worden.

Thun fehlt heute die wirtschaftliche Identität.

Thun ist es über lange Zeit immer gut gegangen, die konstante Auslastung der Bundesbetriebe hat für

eine hohe wirtschaftliche Stabilität gesorgt. Thun wurde in den vergangenen hundert Jahren

wirtschaftlich nie wachgerüttelt, wie dies zum Beispiel Biel mit Krise der Uhrenindustrie in den siebziger

Jahren widerfahren ist. Ein kräftiger Ruck war mit der „Thuner Rüstungskrise“ anfangs der neunziger

Jahre zwar spürbar, für das Auslösen einer nachhaltigen Aufbruchsstimmung reichte es jedoch nicht aus.

Thun war nie gezwungen, konsequent und strukturiert eine neue Wirtschaft anzusiedeln und zu pflegen.

Entsprechend hat sich in Thun keine aktive Wirtschaftskultur entwickelt.

Auch Zahlen zeigen auf, dass gesellschaftliche Dynamik nicht die herausragende Eigenschaft der Region

Thun ist. Sehr tiefe Ausländeranteile (Wirtschaftsraum Thun WRT 15%, CH 21%) und sehr wenig

Fremdsprachige in der Region deuten auf einen geringen „Austausch mit der Aussenwelt“ hin. Der

Austausch im engeren Raum hingegen ist intensiv: 36% der Arbeitstätigen pendeln aus dem WRT, von

aussen in den WRT pendeln 26%.

Zahlen zeigen auch auf, dass durch die exportierende Maschinen- und Metallindustrie und mit den

Pendlerlöhnen das Geld in die Region fliesst, welches die lokale Wirtschaft (Gewerbe, Dienstleistung, ...)

am Laufen hält. Diese Export-Unternehmen sind in ihren Disziplinen weltweit führend. Um weiter

erfolgreich zu sein, sind sie auf sehr kompetente Mitarbeiter und auf ein Umfeld angewiesen, das eine

dynamische Entwicklung unterstützt.

Die Bildungsstruktur des WRT ist sehr speziell: Wie nirgendwo in der Schweiz ist der Anteil der

Berufsleute mit abgeschlossener Lehre ohne Weiterbildung so hoch und der Anteil Personen mit

weiterführender Bildung im schweizerischen Vergleich tief. Ist das ein Hinweis auf eine allgemeine

Genügsamkeit und / oder auf ein schwaches Weiterbildungsangebot?

Die im nationalen Vergleich hohe Steuerlast scheint oberflächlich betrachtet nicht zu schmerzen, denn

weder Private noch Unternehmen verlassen die Region. Längerfristig führt die Steuerlast jedoch

unweigerlich zu einer wirtschaftlichen Verarmung der Region. Die unbestritten hohe Lebensqualität

reicht nicht aus, um die Steuererträge auf lange Zeit hinaus hoch zu halten.

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Dem Tourismus in der Region Thun wird mit Recht erhebliches Wachstumspotenzial zugeschrieben. Eine

klare Positionierung (z.B. Shopping und Tagesausflüge) ist nicht erkennbar. Um die Touristen länger als

einige Stunden in Thun zu halten, fehlen die passenden Übernachtungsmöglichkeiten.

Pointiert ausgedrückt heisst das, dass Thun

- das verloren hat, was über mehr als ein Jahrhundert seine Identität ausgemacht hat,

- das Potenzial dessen, was künftig die Identität prägen kann, noch nicht erkannt hat und

- Bildungs-, Steuer- und Mentalitäts-Ausprägungen aufweist, die einer kräftigen Entwicklung im

Wege stehen.

Die Ausgangslage für die Wirtschaftsregion kann auch positiv betrachtet werden: Die Region verfügt

über starke Exportunternehmen, über ein leistungsfähiges Gewerbe und ein breites

Dienstleistungsangebot. Dazu kommt, dass die hohe Lebensqualität einen Wert darstellt, der von

anderen Regionen auch mit riesigen Investitionen kaum erreicht werden kann. Die räumliche

Kompaktheit bewahrt auch längerfristig vor enormen Investitionen in Verkehrsinfrastruktur. Die Nähe

zu Bern sichert den Zugang zu den grossen Verkehrsnetzen und bietet einen grossen Pool an stabilen

Verwaltungsarbeitsplätzen.

Thun hat das Potenzial. Thun kann

- auf vorhandene, ausgewiesene und gut verwurzelte Stärken bauen,

- auf eine starke Facharbeiterschaft zählen und

- einen ausgesprochen attraktiven Arbeits- und Lebensraum bieten.

Thun ist grundsätzlich ein hervorragender Standort, um in den starken Export-Bereichen erfolgreich

wirtschaften zu können.

Was fehlt zur Umsetzung?

Erstens fehlt die Ausrichtung auf jene Aktivitäten, welche die Region „füttern“. Diese Exportbereiche

brauchen Entwicklungsraum und Bildungsinfrastruktur.

Zweitens braucht es die Bereitschaft, in Thun Neues zu schaffen. Thun hat dann grosse Chancen sich

wirtschaftlich zu entwickeln, wenn jene, die beim Versuch, Neues zu schaffen, scheitern, nicht mehr

süffisant belächelt, sondern als für die Region wichtige Akteure anerkannt werden – denn nächstes Mal

könnte es klappen.

Drittens braucht es die Identität. Sie wird mit der Umsetzung der ersten beiden Schritte von selbst

erkennbar. Die Stadt. Lieben. Leben. - das trifft auf Thun bestimmt zu, ist aber auch für jede andere

Stadt nicht falsch. Thun muss mehr wollen.

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0.2. Vorworte

0.2.1. Zielgerichtet entwickeln

Der Gemeinderat hat sich zum Ziel gesetzt, die Stadt Thun wirtschaftlich zu stärken und

Voraussetzungen für die Ansiedlung neuer Betriebe und die Entstehung neuer, qualifizierter

Arbeitsplätze zu schaffen. Die Abteilung Stadtmarketing hat u.a. die Aufgabe, zusammen mit den

kantonalen und regionalen Institutionen Wirtschaftsförderung zu betreiben und bestehende Firmen bei

der möglichen Expansion und potenzielle neue Unternehmen bei einer allfälligen Neuansiedelung zu

unterstützen. Dazu ist das Wissen über die aktuelle Wirtschaftssituation von grosser Bedeutung.

Ein attraktiver Wirtschaftsstandort entsteht nicht von selber und auch nicht von heute auf morgen. Es

braucht Anstrengungen und Investitionen im Vorfeld, um die Grundlagen für eine positive

wirtschaftliche Entwicklung zu schaffen. Um die Mittel wirksam einsetzen zu können, bedarf es der

Kenntnisse über die vorherrschende Wirtschaftstruktur mit den dazu gehörenden Stärken und

Schwächen. Zusammen mit dem Thuner Unternehmensberater Lorenz Zellweger, der ehemaligen Swiss

Economic Forum SEF-Projektleiterin Nicole Berger und dem ehemaligen Gemeinderat Melchior Buchs

haben wir im Rahmen dieser Studie die wichtigsten verfügbaren Daten über den Wirtschaftsstandort

Thun erhoben. Diese Grundlagendaten sollen aufzeigen, welches Wirtschaftsgesicht uns die Stadt und

Region Thun heute zeigt und wo allenfalls nutzbares Potenzial vorhanden ist. Ziel ist auch, diese

Grundlagen für eine weitere Vertiefung in einem neuen Projekt mit einer Universität zu nutzen.

Philippe Haeberli

0.2.1. Mit Zahlen und Fakten Bilder schaffen.

Wenn zu einer messbaren Sache keine nützlichen Zahlen vorliegen, so riskiert die Diskussion sich in der

Beliebigkeit zu verlieren. Zahlen und Fakten ermöglichen eine Auseinandersetzung mit einem umfang-

reichen Thema auf einer gemeinsamen Grundlage. Zur Auseinandersetzung gehören auch der kritische

Umgang mit den hier vorliegenden Informationen und eine sorgfältige Interpretation des Materials.

Absicht des gewählten Vorgehens war es, mit einem vertretbaren Aufwand möglichst viel Information

über die Wirtschaft in der Stadt Thun und im Wirtschaftstraum Thun WRT verständlich zur Verfügung zu

stellen. Dieses Vorgehen setzt einen gewissen Mut zur Lücke voraus, was zur Folge hat, dass die Arbeit

keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Wissenschaftlichkeit erheben kann. So wird die Information

auch mehr in groben Bildern dargestellt. Die gewonnenen Bilder sind teilweise auch für die Verfasser

überraschend – so zum Beispiel die auffällige Bedeutung einzelner Branchen, die spezielle

Bildungsstruktur oder der geringe Anteil fremdsprachiger Personen.

Es ist nicht möglich, in ein paar Wochen eine neue Wirtschaftsidentität für eine Stadt und eine Region zu

schaffen. Mit den hier neu beschriebenen Angaben lassen sich jedoch einige Ansätze skizzieren, in

welche Richtung eine Entwicklung gelenkt werden könnte, um damit ein erkennbares Wirtschaftsbild

entstehen zu lassen.

Ich freue mich auf eine kritische und facettenreiche Auseinandersetzung zur weiteren wirtschaftlichen

Entwicklung der Stadt und Region Thun.

Lorenz Zellweger

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Inhalt

0. 1

0.1. Management summary ........................................................................................................... 2 0.2. Vorworte ................................................................................................................................. 4

0.2.1. Zielgerichtet entwickeln .................................................................................................. 4

0.2.1. Mit Zahlen und Fakten Bilder schaffen. .......................................................................... 4

1. Einleitung ....................................................................................................................................... 10

1.1. Ausgangslage - Thun, eine Stadt zwischen Zentren? ............................................................ 10 1.2. Zielsetzung ............................................................................................................................. 10

1.2.1. Zweck der Studie ........................................................................................................... 10

1.2.2. Zielpublikum .................................................................................................................. 10

1.3. Vorgehensansatz der Studie .................................................................................................. 10 1.3.1. Mit Zahlen und Fakten Grundlagen schaffen ................................................................ 10

1.3.2. Mechanismen aufzeigen ............................................................................................... 11

1.3.3. Weitere mögliche Schritte aufzeigen ............................................................................ 11

1.4. Inhalt und Aufbau .................................................................................................................. 11 1.4.1. Zahlenmaterial............................................................................................................... 11

1.4.2. Gliederung ..................................................................................................................... 11

1.4.3. Kurzfassung ................................................................................................................... 11

1.4.4. Darstellungen und Formen ............................................................................................ 11

1.5. Der Wirtschaftsraum Thun –WRT ......................................................................................... 12 1.5.1. Kurzbeschreibung .......................................................................................................... 12

1.5.2. Begriffshandhabung Thun / WRT .................................................................................. 12

2. Geschichte der Thuner Wirtschaft ................................................................................................ 13

2.1. Entstehung und Entwicklung der Thuner Wirtschaft bis 1990 .............................................. 13 2.2. Thuner Wirtschaft 1990 bis heute ......................................................................................... 14

2.2.1. Schicksalsjahr 1991 ........................................................................................................ 14

2.2.2. Wirtschaftliche Strukturveränderungen ....................................................................... 14

2.2.3. Gesellschaftliche Strukturveränderungen ..................................................................... 14

2.2.4. Das (Wirtschafts-)Gesicht von Thun .............................................................................. 14

2.3. Kommen und Gehen der grossen Unternehmen in Thun ..................................................... 15

3. Fakten heute.................................................................................................................................. 16

3.1. Bevölkerungswachstum ........................................................................................................ 16 3.1.1. Bevölkerungswachstum der Schweiz ............................................................................ 16

3.1.2. Bevölkerungsentwicklung im Kantonsvergleich ............................................................ 17

3.1.3. Bevölkerungsentwicklung im Städtevergleich .............................................................. 17

3.1.4. Bevölkerungsentwicklung der Berner Regionen und Städte......................................... 18

3.1.5. Bevölkerungswachstum im WRT ................................................................................... 19

3.2. Bevölkerungszusammensetzung ........................................................................................... 20 3.2.1. Altersgruppen ................................................................................................................ 20

3.2.2. Bildungsstruktur ............................................................................................................ 23

3.2.3. Haushaltsgrössen .......................................................................................................... 26

3.2.4. Ausländer-Anteile .......................................................................................................... 27

3.3. Pendler-Bewegungen ............................................................................................................ 28 3.3.1. Pendlerbewegung der Schweiz ..................................................................................... 28

3.3.2. Pendlerbewegungen im Kanton Bern ........................................................................... 29

3.3.3. Pendlerbewegungen im Städte-Vergleich ..................................................................... 29

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3.3.4. Pendler im WRT ............................................................................................................. 30

3.4. Steuerbelastung .................................................................................................................... 31 3.4.1. Kantone im Vergleich .................................................................................................... 31

3.4.2. Steuerlast für Private und für Unternehmen ................................................................ 32

3.4.3. Steuerbelastung in % des Arbeitseinkommens ............................................................. 33

3.5. Wirtschaftsleistung ................................................................................................................ 34 3.5.1. Wirtschaftsleistung der Region Thun im Kanton ........................................................... 34

3.5.2. Export-Anteile nach Region und Bereich ....................................................................... 34

3.5.3. Tourismus als Export-Faktor .......................................................................................... 35

3.6. Mittelfluss im WRT ................................................................................................................ 37 3.6.1. Betrachtung nach Anzahl Arbeitsplätzen ...................................................................... 37

3.6.2. Quantifizierung .............................................................................................................. 38

3.6.3. Steuereinnahmen .......................................................................................................... 38

3.7. Branchen und Arbeitsplätze .................................................................................................. 39 3.7.1. Arbeitsplätze WRT nach Wirtschaftssektoren ............................................................... 39

3.7.2. WRT-Profil nach Arbeitsplätzen innerhalb des Kantons ............................................... 40

3.7.3. Export-Sektoren des WRT ............................................................................................. 41

3.7.4. Arbeitsplatzprofile der Gemeinden innerhalb des WRT ............................................... 42

3.7.5. Maschinenbau – vertiefte Betrachtung ........................................................................ 43

3.7.6. Bauindustrie- und Gewerbe – vertiefte Betrachtung .................................................... 43

3.7.7. Dienstleistungen – vertiefte Betrachtung ..................................................................... 44

3.7.8. Tourismus – vertiefte Betrachtung ............................................................................... 45

3.7.9. Verbände – vertiefte Betrachtung ................................................................................ 45

3.7.10. Verwaltung – vertiefte Betrachtung .............................................................................. 46

3.7.11. Ergänzung zur Binnenwirtschaft.................................................................................... 48

3.8. Bildungsstätten ...................................................................................................................... 49 3.9. Unternehmen der Region ...................................................................................................... 50

3.9.1. Die grossen Unternehmen ............................................................................................ 50

3.9.2. Gliederung der Export-Industrie.................................................................................... 51

3.9.3. Fach-Kompetenzen der Export-Industrie ...................................................................... 51

3.9.4. Spezielle Kompetenzen im WRT .................................................................................... 52

3.10. Verwaltung und Verbände .................................................................................................... 53 3.11. Regionen-Marketing .............................................................................................................. 55 3.12. Flächen und Distanzen .......................................................................................................... 56

3.12.1. Areal-Entwicklung .......................................................................................................... 56

3.12.2. Zentralität ...................................................................................................................... 57

3.13. Raumplanung, Infrastruktur .................................................................................................. 59 3.13.1. Planungsstellen.............................................................................................................. 59

3.13.2. Laufende Projekte ......................................................................................................... 59

3.13.3. Spezielle Infrastruktur ................................................................................................... 60

3.14. Innovationsstandort Schweiz ................................................................................................ 61 3.14.1. Bedeutung der Innovation ............................................................................................ 61

3.14.2. Innovative Schweiz ........................................................................................................ 61

3.14.3. Innovation am Standort Thun ....................................................................................... 62

3.14.4. Statements zum Thema Innovation .............................................................................. 62

3.15. Vergleich mit anderen Regionen ........................................................................................... 63 3.15.1. Thun – Biel – Uster ........................................................................................................ 63

3.15.2. Städte-Ranking BILANZ 14/09 ....................................................................................... 63

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4. Identität – wer ist Thun heute? ..................................................................................................... 64

4.1. Definition Identität und Kultur .............................................................................................. 64 4.1.1. Identität ......................................................................................................................... 64

4.1.2. (Wirtschafts-)Kultur ....................................................................................................... 64

4.2. Bedeutung und Notwendigkeit einer Identität ..................................................................... 65 4.3. Prägung durch die Geschichte ............................................................................................... 66

4.3.1. Politik … ......................................................................................................................... 66

4.3.2. Aufbau der Industrie ..................................................................................................... 66

4.3.3. Stabilität über mehr als hundert Jahre .......................................................................... 66

4.3.4. Geschichten des Niedergangs ....................................................................................... 66

4.4. Verzerrte Wahrnehmung der Wirtschaftsthemen ................................................................ 67 4.4.1. Persönlicher Blickwinkel ................................................................................................ 67

4.4.2. Bedeutung der Exportbereiche ..................................................................................... 67

4.4.3. Bedeutung der Steuersituation ..................................................................................... 67

4.4.4. Tiefer Informationsstand ............................................................................................... 67

4.5. Generelle Werteverschiebung .............................................................................................. 68 4.5.1. Von der Industrie zur Dienstleistung ............................................................................. 68

4.5.2. Technikfeindlichkeit ...................................................................................................... 68

4.5.3. Militär und Rüstungsindustrie ....................................................................................... 68

4.6. Aussagen aufgrund von Fakten und Zahlen .......................................................................... 68 4.7. (Wirtschafts-)Identität Thun 2009 ......................................................................................... 69

4.7.1. Selbstbild ....................................................................................................................... 69

4.7.2. Selbstwert ...................................................................................................................... 69

4.7.3. Kontrollinstanz............................................................................................................... 69

4.8. Wirtschaftskultur Thun 2009 ................................................................................................. 70 4.8.1. Werte ............................................................................................................................. 70

4.8.2. Anlässe und Traditionen ................................................................................................ 70

5. Folgerungen – was geschieht in Zukunft? ..................................................................................... 71

5.1. Null-Lösung – was geschieht, wenn es wie bisher weiter geht? ........................................... 71 5.1.1. Grundsätzliches ............................................................................................................. 71

5.1.2. Wirtschaftswachstum .................................................................................................... 71

5.1.3. Folgen für die Bevölkerung ........................................................................................... 71

5.1.4. Hilfe von aussen ............................................................................................................ 71

5.2. Ansprüche und Interessen – welche Veränderungen sind erwünscht? ................................ 72 5.2.1. Zielsetzungen der Stadt Thun ........................................................................................ 72

5.2.2. Interessen der Unternehmen ........................................................................................ 73

5.2.3. Interessen potenzieller Zuzüger (Unternehmen) .......................................................... 74

5.2.4. Interessen potenzieller Zuzüger (Privatpersonen) ........................................................ 74

5.3. Einflüsse von aussen – welche Trends wirken auf die Region Thun? ................................... 75 5.3.1. Megatrends ................................................................................................................... 75

5.3.2. Regionale und spezifische Trends ................................................................................. 76

5.4. Randbedingungen – was schränkt die Möglichkeiten ein? ................................................... 77 5.4.1. Finanzielle Mittel ........................................................................................................... 77

5.4.2. Geografie und Infrastruktur .......................................................................................... 77

5.4.3. Trägheit der grossen Strukturen ................................................................................... 77

5.4.4. Demografische Trägheit ................................................................................................ 77

5.4.5. Fremdbestimmung wesentlicher Unternehmen ........................................................... 77

5.4.6. Mentalitäts-Trägheit ...................................................................................................... 77

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5.4.7. Zeit-Horizonte ................................................................................................................ 78

5.5. Was geschieht in der Wirtschaft? ......................................................................................... 78 5.5.1. Konjunktur ..................................................................................................................... 78

5.5.2. Branchen ....................................................................................................................... 78

5.5.3. Regionen ........................................................................................................................ 80

5.5.4. Trend-Impact der aktuellen Wirtschaftskrise ................................................................ 80

5.5.5. Trends für den Maschinenbau ...................................................................................... 81

5.5.6. Trends Tourismus .......................................................................................................... 82

5.5.7. Trends Verwaltung und Verbände ................................................................................ 83

5.6. Wie entwickeln sich Bevölkerung und Infrastruktur? ........................................................... 84 5.6.1. Wachstumsprognosen ................................................................................................... 84

5.6.2. Dynamik und Ausländeranteile ..................................................................................... 84

5.6.3. Raumplanung ................................................................................................................ 84

5.6.4. Infrastruktur .................................................................................................................. 84

6. Potenziale – was kann getan werden? .......................................................................................... 85

6.1. Stärken und Ansatzpunkte für eine starke Identität ............................................................. 85 6.1.1. Stabile Arbeitsplätze ...................................................................................................... 85

6.1.2. Facharbeiterschaft ......................................................................................................... 85

6.1.3. Maschinenbau auf hohem Niveau ................................................................................ 85

6.1.4. Position im Tourismus ................................................................................................... 85

6.1.5. Verkehrsanschluss ......................................................................................................... 85

6.1.6. Lebensqualität ............................................................................................................... 85

6.1.7. Auf dem Sprung in die Urbanisierung ........................................................................... 85

6.2. Systematik zur Ordnung der Möglichkeiten und Ziele .......................................................... 86 6.2.1. Schritte zur Variantenfindung ....................................................................................... 86

6.2.2. Umgang mit Stärken und Schwächen und Potenzialen ................................................ 86

6.2.3. Mehreres ist möglich ..................................................................................................... 86

6.2.4. Wollen vor Können ........................................................................................................ 87

6.2.5. Wunsch und Realität ..................................................................................................... 87

6.3. Argumentations-Wege .......................................................................................................... 88 6.3.1. Analytisch-ökonomischer Ansatz .................................................................................. 88

6.3.2. Startpunkt Steuererträge .............................................................................................. 88

6.3.3. Startpunkt soziale Gesellschaft ..................................................................................... 89

6.4. Hauptelemente eines Massnahmenplans ............................................................................. 90 6.4.1. Auf (Export-)Stärken setzen .......................................................................................... 90

6.4.2. Schwächen umgehen .................................................................................................... 90

6.4.3. (Export-)Potenziale im Auge behalten / aufbauen ........................................................ 90

6.4.4. Binnenwirtschaft qualitativ entwickeln ......................................................................... 90

6.4.5. Offen bleiben für anderes ............................................................................................. 90

6.4.6. Unterstützende Massnahmen ....................................................................................... 91

6.4.7. Initiale Massnahmen ..................................................................................................... 91

6.5. Mögliche Massnahmen nach Bereichen ............................................................................... 92 6.5.1. Initiale Massnahmen ..................................................................................................... 92

6.5.2. Maschinenbau ............................................................................................................... 92

6.5.3. Bauindustrie .................................................................................................................. 93

6.5.4. Pendler .......................................................................................................................... 93

6.5.5. Tourismus ...................................................................................................................... 93

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 9 von 107

6.5.6. Schwächen-Management .............................................................................................. 93

6.5.7. Bereiche mit Potenzial ................................................................................................... 94

6.5.8. Bildungsstruktur ............................................................................................................ 95

6.5.9. Netzwerke und Plattformen .......................................................................................... 95

6.5.10. Infrastruktur .................................................................................................................. 95

6.5.11. Raum- und Verkehrsplanung ......................................................................................... 96

6.5.12. Unternehmenssuche ..................................................................................................... 96

7. Fazit – Thuns Gesicht von morgen ................................................................................................ 97

7.1. Vier Hauptpfeiler der wirtschaftlichen Entwicklung ............................................................. 97 7.2. Identitätsansätze für den WRT 20XX ..................................................................................... 98

7.2.1. Industriegeschichte nicht leugnen, zu den Stärken stehen .......................................... 98

7.2.2. Nachbarn Bern und Interlaken ...................................................................................... 98

7.2.3. Tourismus schafft Lebensqualität ................................................................................. 98

7.2.4. Sicht nach vorne ............................................................................................................ 98

7.2.5. Offenheit und Konventionsfreiheit ............................................................................... 98

7.3. 10-Punkte-Fazit der Studie .................................................................................................... 99 7.3.1. Potenzial ist da – im WRT handeln ................................................................................ 99

7.3.2. Maschinenintegratoren ................................................................................................. 99

7.3.3. Integratoren sind Multiplikatoren ................................................................................. 99

7.3.4. Themen vertikal ergänzen ............................................................................................. 99

7.3.5. Handwerk schafft „goldenen Boden“ ............................................................................ 99

7.3.6. Pendler an Region binden ............................................................................................. 99

7.3.7. Tourismus positionieren ................................................................................................ 99

7.3.8. Ausbildung ist ein Muss ................................................................................................. 99

7.3.9. Thun wächst .................................................................................................................. 99

7.3.10. Thun ist anders .............................................................................................................. 99

8. Anhang ........................................................................................................................................ 100

8.1. Priorisierung der Wirtschaftsbereiche ................................................................................ 100 8.1.1. Innerhalb der Grenzen der Einflussnahme .................................................................. 100

8.1.2. Binnenwirtschaft und Exportwirtschaft ...................................................................... 100

8.1.3. Differenzierung Industrie und Gewerbe...................................................................... 100

8.1.4. Auf Multiplikatoren setzen .......................................................................................... 100

8.1.5. Kompetenzen statt Branchen ...................................................................................... 101

8.1.6. Synergien und Cluster-Potenzial nutzen ..................................................................... 101

8.1.7. Feste Trends antizipieren ............................................................................................ 102

8.1.8. Nachhaltigkeit schaffen ............................................................................................... 102

8.1.9. Köpfe statt Institutionen ............................................................................................. 102

8.1.10. Die Kiste verlassen (thinking out of the box) .............................................................. 103

8.2. Wachstumsbeiträge nach Branchen ................................................................................... 104 8.3. Erläuterungen „Systemintegrator“...................................................................................... 105 8.4. Literaturverzeichnis ............................................................................................................. 106 8.5. Verfasser .............................................................................................................................. 107

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1. Einleitung

1.1. Ausgangslage - Thun, eine Stadt zwischen Zentren? Liegt Thun im Schatten der grossen Hauptstadt Bern und der weltweit bekannten Tourismusdestination

Interlaken? Vielleicht zeichnen neben Verwaltung und Tourismus noch andere Ausprägungen das

Wirtschafts-Gesicht dieser Region.

Wie schaut das Wirtschafts-Gesicht von Thun aus? Ist es ein Gesicht, das nicht nur einzigartig, sondern in

der weiteren Region, national, international hervorragend ist? – Wenn nicht, bestehen allenfalls die

Potenziale dazu? Wo sind diese Potenziale – und wie können sie genutzt werden?

1.2. Zielsetzung

1.2.1. Zweck der Studie

Ziel der Studie ist es, die heutige Position sowie Möglichkeiten und Unmöglichkeiten der

wirtschaftlichen Entwicklung der nächsten 15 bis 20 Jahre aufzuzeigen.

Die Studie soll dazu dienen, die politische Diskussion der Wirtschaftsentwicklung im Speziellen und auch

der regionalen Entwicklung im Allgemeinen anhand von Fakten und mit gemeinsamer Terminologie zu

führen.

Damit soll

a) eine zielgerichtete Wirtschaftsentwicklung ermöglicht werden,

b) die Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung des Kantons konkretisiert werden,

c) der Aufwand für wenig aussichtsreiche Aktivitäten reduziert werden und

d) das Verständnis für die Arbeit der Abteilung für Stadtmarketing in Verwaltung, Politik und

Bevölkerung verbessert werden.

1.2.2. Zielpublikum

Das Zielpublikum des vorliegenden Berichtes sind die Verwaltungen der WRT-Gemeinden, Vereine und

Verbände, Politiker aus Stadt und Kanton sowie Privatpersonen, welche sich mit der Entwicklung der

regionalen Wirtschaft auseinandersetzen.

Die Studie soll so weit verständlich und informativ verfasst werden, dass sie für die breite politische

Diskussion, Aufklärung und Meinungsbildung genutzt werden kann.

1.3. Vorgehensansatz der Studie

1.3.1. Mit Zahlen und Fakten Grundlagen schaffen

Die Studie soll Zahlen, Fakten und Argumentationen zusammentragen, die für Grundsatzdiskussionen

notwendig sind. Dazu gehören auch die Aufbereitung (Strukturierung und Bereinigung) der

Informationen und die Formulierung möglicher Folgerungen.

Die in kurzer Zeit verfasste Studie zum Thema Wirtschaftsentwicklung soll eine breite Informationsbasis

zur Verfügung stellen. Die Verfasser erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit der Informationen. So

wurden auch durchwegs nur die aktuell verfügbaren, oft älteren Zahlen verwendet und auf unsichere

Zahlenanpassungen wurde bewusst verzichtet. Aus diesem Grund ist es auch nahe liegend, dass in der

Folge einige Themen weiter vertieft werden müssen.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 11 von 107

1.3.2. Mechanismen aufzeigen

Neben Zahlen soll die Studie aufzeigen, welche Rolle welchen Akteuren (Branchen,

Wirtschaftsbereichen) zukommt und über welche Akteure die wirtschaftliche Entwicklung allenfalls

gelenkt werden kann.

1.3.3. Weitere mögliche Schritte aufzeigen

Aus Fakten und Zusammenhängen lassen sich die möglichen Wege in die Zukunft aufzeichnen. Die

Studie soll sich darauf beschränken, diese Wege mit Chancen und Risiken neutral zu beschreiben, ohne

eine Empfehlung abzugeben. Die Wertung der verschiedenen Wege und daraus folgende Entscheide

sind Aufgabe der Politik.

1.4. Inhalt und Aufbau

1.4.1. Zahlenmaterial

Das Zahlenmaterial stammt hauptsächlich aus den Erfassungen des Bundesamtes für Statistik und aus

Auswertungen des beco (Berner Wirtschaft – économie bernoise). Die Quellen der verwendeten Zahlen

sind im jeweiligen Abschnitt angegeben, ein Verzeichnis der verwendeten Quellen ist im Anhang zu

finden.

1.4.2. Gliederung

In einem ersten Teil (Kapitel 2 bis 4) werden mit der Geschichte und der Situation heute bekannte

Fakten zusammengestellt. Der Abschnitt zur Identität stellt den Versuch dar, aus diesen Fakten ein

Gesicht des WRT zu skizzieren.

Im zweiten Teil (Kapitel 5 bis 7) folgt nach einem allgemeinen Blick in die Zukunft, eine

Zusammenstellung der wesentlichen Potenziale, die sich aus der heutigen Situation mit der möglichen

Zukunft ergeben. Daraus abschliessend folgt ein kurzes Kapitel mit dem Fazit.

1.4.3. Kurzfassung

Der vorliegende Bericht enthält die vollständigen Daten und Resultate der Studie. Als übersichtliche

Lektüre-Variante wird eine Kurzfassung verfasst.

1.4.4. Darstellungen und Formen

Am Ende eines Kapitels sind in blau und orange hinterlegten Feldern eine konzentrierte Aussage des

Inhaltes und die wesentlichen Interpretationen aufgeführt:

Konzentrierte Aussage

Interpretation

Bei der Verwendung der männlichen Form ist die weibliche Form jeweils mitgemeint.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 12 von 107

1.5. Der Wirtschaftsraum Thun –WRT

1.5.1. Kurzbeschreibung

Der Wirtschaftsraum Thun (WRT)

besteht aus zwölf Gemeinden und ist

mit ca. 100‘000 Einwohnern und einer

Fläche von 157 km2 eine bedeutende

Wirtschaftsregion im zentralen Raum

der Schweiz.

Die Region verfügt über Gastronomie,

Einkaufsmöglichkeiten, kulturelle

Institutionen und Veranstaltungen

sowie über ein breites Angebot an

Freizeit- und Sportmöglichkeiten. Die

4‘400 Betriebe stellen ca. 40'000

Arbeitsplätze zur Verfügung.

1.5.2. Begriffshandhabung Thun / WRT

Soweit nicht anders vermerkt beziehen sich alle Aussagen und Zahlen im vorliegenden Bericht auf den

gesamten Wirtschaftsraum Thun (=WRT).

Um den Text lesbar zu halten und dem Leser Wortkonstrukte wie WRT-ler oder Thuner

Wirtschaftsräumler zu ersparen, ist zwischendurch auch von Thunern die Rede, auch wenn eigentlich

alle WRT-Einwohner gemeint sind. Es wird davon ausgegangen, dass es an den betreffenden Stellen

ersichtlich ist, wenn mit Thunern alle angesprochen sind.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 13 von 107

2. Geschichte der Thuner Wirtschaft Wo ist der Ursprung der nicht rein gewerblichen Wirtschaft in der Region und wie

hat sich diese Wirtschaft bis heute entwickelt? Was hat geprägt?

2.1. Entstehung und Entwicklung der Thuner Wirtschaft bis 1990

Rüstungsbetriebe – Arbeitgeber und Katalysator

1819 wählte die Tagsatzung der alten Eidgenossenschaft Thun zum eidgenössischen Waffenplatz.

1850 erliess der Bundesrat die Vorschrift, Schweizer Truppen einheitlich auszurüsten.

1863 wurde in den Laboratorien (Munition) und in den Reparaturwerkstätten (Geschütze und

Fuhrwerke) der Betrieb aufgenommen, 1874 erfolgte die Umbenennung in Eidgenössische

Konstruktionswerkstätte.

Die untenstehende Grafik zeigt lückenhaft, aber eindrücklich den Verlauf der Anzahl Arbeitsplätze von

- K+W (ursprünglich Konstruktionswerkstätten, danach SW, seit 1999 Ruag Land Systems) und

- M+F (ursprünglich Munitionsfabrik, danach SM, seit 1999 Ruag Ammotec)

Quellen: (12) Eidg. Konstruktionswerkstätte Thun 1863 – 1963, Hans Siegenthaler, 1963; VBS – Personalentwicklung 1999; Personalwesen RUAG Holding

Mit dem Entscheid, die Rüstungsunternehmen in Thun aufzubauen, wurde der wesentliche Impuls zur

Industrialisierung der Region gegeben. Diese Unternehmen zogen Zulieferer in die Region, mit der Zeit

entstand ein ausgedehntes Netzwerk an industriellen und handwerklichen Zulieferbetrieben.

Beispiel Selve: Die Firma Selve kam nach Thun, weil die Munitionsfabrik als grosser Buntmetall-

Abnehmer für die Hülsenproduktion vor Ort war. Die Selve AG produzierte nicht nur für die

Munitionsfabrik, sondern lieferte in die ganze Welt. Um die Buntmetall-Bänder in der Selve-Produktion

zu schneiden, entwickelte und baute die Firma Nobs die Bandschneid-Anlagen.

0

200

400

600

800

1000

1200

1400

1600

1800

1860 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000

Anzahl Mitarbeiter in Thun In den Jahren 1860 bis 2010

K+W

M+F

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 14 von 107

2.2. Thuner Wirtschaft 1990 bis heute

2.2.1. Schicksalsjahr 1991

1991 wurde der Entscheid gefallt, die Aktivitäten der Rüstungsbetriebe in Thun zu reduzieren. Dadurch

wurde eine Strukturänderung in der Thuner Wirtschaft ausgelöst: Arbeitsplätze der damaligen

Munitionsfabrik und der Konstruktionswerkstätten fielen weg und ihre Zulieferer verloren entsprechend

an Umsatz. In den neunziger Jahren sind ca. 1800 Bundesstellen verloren gegangen. Im selben Zeitraum

wurde die Selve definitiv geschlossen, von Roll verlagerte die Seilbahn-Aktivitäten nach Bern, Nobs

wurde verkauft, Studer wurde verkauft. Damit war die Ära der grossen, eigenen Thuner Industrie zu

Ende.

2.2.2. Wirtschaftliche Strukturveränderungen

Dank grossen Anstrengungen, vor allem auch von politischer Seite, konnte ein grosser Stellenschwund

abgewendet werden. Wie die Statistik aufzeigt, wurde die Anzahl Arbeitsplätze in der Region erhalten,

jedoch konnte keine im selben Mass tragende Struktur gehalten oder geschaffen werden: Die

verlorenen Arbeitsplätze von einem guten Dutzend Grossfirmen wurden von mehreren hundert neuen

kleinen Betrieben aufgefangen. Das heisst, viele kleine Unternehmen mit unterschiedlichen

Ausrichtungen traten an die Stelle von wenigen, die operativ oder geschichtlich miteinander verknüpft

waren.

Aus diesen Initiativen entstanden auch die EMPA Thun (ursprüngliches Wissenschaftler-Team der

Munitionsfabrik) oder das ZUT (Zentrum für Umwelttechnik) in Steffisburg.

2.2.3. Gesellschaftliche Strukturveränderungen

Der Schock anfangs der neunziger Jahre hat auch gesellschaftlich viel bewegt. Die alte Kruste ist

aufgebrochen, gesellschaftlich/kulturell wurde Neues gewagt – inspiriert dadurch, dass wirtschaftlich

Neues gewagt wurde, gewagt werden musste:

- Das Thun wurde mit der „Selve“ zum Treffpunkt für Jugendliche aus der ganzen Schweiz

- Der Abbruch der Mühle (1988) schuf Raum für eine sprunghafte Attraktivitätssteigerung der

Innenstadt

- SEF, Seespiele, Künstlerbörse

2.2.4. Das (Wirtschafts-)Gesicht von Thun

Thun im 19. Jahrhundert – eine Stadt zwischen Tourismus und Militär (aktuelle Ausstellung im

Schlossmuseum Thun) – dieses Bild wirkte bis in die vergangenen neunziger Jahre: Wirtschaftliches

Hauptstandbein ist die Rüstungsindustrie, gleich nebenan sind die Kasernen.

Mit dem Umbruch anfangs der neunziger Jahre wurde dieses Bild jedoch jäh zerzaust. Was bisher als

sicherer, massiver Sockel galt (Rüstungsindustrie, Militär), war nur noch ein recht wackeliges Standbein.

Zwar schaffte man es, weiter aufrecht zu stehen – worauf man stand, war jedoch schwer auszumachen.

Das alte, hundertjährige Bild taugt nicht mehr, ein neues Bild entsteht nicht einfach in ein paar Jahren.

Seit dem Umbruch sind nun 15 Jahre vergangen, eine für diese Betrachtung recht kurze Zeit. Trotzdem

hat sich in diesem Zeitraum gezeigt, welche Bereiche sich behaupten konnten und in welche Richtungen

sich die wirtschaftlichen Entwicklungen bewegen.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 15 von 107

2.3. Kommen und Gehen der grossen Unternehmen in Thun Die untenstehende Grafik verschafft einen Überblick über die Lebensdauer der grossen Unternehmen,

deren Geschichte direkt oder indirekt mit der Geschichte der Rüstungsbetriebe verknüpft ist (andere

wesentliche Unternehmen der Region wie Frutiger, Duscholux, … sind nicht aufgeführt).

Quelle: diverse

Auffallend sind einerseits das Alter der Thuner Industriegeschichte, welches tief ins 19. Jahrhundert

zurückreicht und andererseits die Umbruchphase in den achtziger und neunziger Jahren nach einer

langen stabilen Zeit.

Die Thuner Industrie ist vor anderthalb Jahrhunderten um die Rüstungsbetriebe entstanden und daraus gewachsen. Vor dreissig Jahren begann eine Phase erheblicher Veränderung in fast allen grossen Unternehmen.

Wenn lange Zeit alles in den gleichen Bahnen verläuft und sich dann alle Akteure plötzlich verändern, so verliert diese Industrie das vertraute Bild.

1850 1860 1870 1880 1890 1900 1910 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010

KW-MF / Ruag

Selve

Habegger

Nobs

Studer

Meyer Burger

Rychiger

Schleuniger

Hoffmann

Ursprüngliche Form Neue Form andere Aktivität / Schwierigkeiten

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 16 von 107

3. Fakten heute Was wissen wir heute?

3.1. Bevölkerungswachstum

3.1.1. Bevölkerungswachstum der Schweiz

Zur ständigen Wohnbevölkerung zählen alle Personen, deren Wohnsitz während des ganzen Jahres in

der Schweiz liegt. Nebst den schweizerischen Staatsangehörigen zählen auch alle ausländischen

Staatsangehörigen mit einer Niederlassungsbewilligung oder einer Anwesenheitsbewilligung, aber auch

internationale Funktionäre, Diplomaten und deren Familienangehörige dazu. Die ständige

Wohnbevölkerung umfasste Ende 2007 7’593’494 Personen.

Quelle: Bundesamt für Statistik, Erhebungen Bevölkerungsanzahl 2007

Nebenstehende Grafik stellt das

kontinuierliche und gleichmässige

Wachstum der Schweizer

Wohnbevölkerung dar.

Hochrechnungen des Bundesamtes

für Statistik zeigen auf, dass ein

Rückgang ab dem Jahr 2020 zu

erwarten ist.

6 000 000

6 500 000

7 000 000

7 500 000

8 000 000

8 500 000

1970 1980 1990 2000 2010 2020 2030 2040 2050

Wachstum der ständigen Wohnbevölkerung

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 17 von 107

3.1.2. Bevölkerungsentwicklung im Kantonsvergleich

Im Kanton Bern leben knapp

eine Million Personen bzw. 13

% der schweizerischen

Bevölkerung. Damit ist der

Kanton Bern

bevölkerungsmässig der

zweitgrösste Kanton nach

Zürich und gefolgt vom

Kanton Waadt.

Das unterdurchschnittliche

Wachstum des Kantons Bern

(2.6%) ist auf die geringe Zuwanderung zurückzuführen. Von den 962‘982 Einwohnern des Kantons Bern

leben 385‘000 in den Städten. Das Bevölkerungswachstum in den nicht-städtischen Regionen des

Kantons Bern beträgt im Durchschnitt ca. 1.7%. Gemäss dem beco kann man damit rechnen, dass die

Bevölkerungszahl im Kanton Bern bis 2030 im Vergleich zum Jahr 2007 um 4% (+ 40‘000 Einwohner)

ansteigen wird.

3.1.3. Bevölkerungsentwicklung im Städtevergleich

Bevölkerungswachstum der Städte mit über 20‘000 Einwohnern, 1997 bis 2007:

Quelle: (17) Statistik der Schweizer Städte 2009

Thun wächst im schweizerischen Vergleich mittelmässig, innerhalb der Region (Espace Mittelland) stark.

Eine (kalkulatorische) Stadt Thun/Steffisburg/Spiez „ThunSS“ würde sogar über der dem Mittel der

Region Leman liegen!

Die Städte des Espace Mittelland und um Luzern wachsen schwächer als jene der Regionen Zürich und Leman.

Das Wachstum des WRT ist an das Potential der Region gebunden. Das für die Region überragende Wachstum von ThunSS weist auf Standortvorteile hin.

Zürich

Winterthur

Uster Rapperswil

Zug

Dietikon Dübendorf

Bern Biel

Thun Köniz

Fribourg

Neuchâtel

Genf Lausanne

Vernier Lancy

Montreux

St.Gallen

La Chaux de Fonds

Schaffhausen

Chur Sion Yverdon

Frauenfeld

ThunSS

Steffisburg

Luzern Emmen

Kriens

-10

-5

0

5

10

15

20

10'000 100'000 1'000'000

Region Zürich Region Basel Esp. Mittelland

Region Leman andere Region Luzern

Log. (Region Zürich) Log. (Esp. Mittelland) Log. (Region Leman)

Riehen

Basel

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 18 von 107

3.1.4. Bevölkerungsentwicklung der Berner Regionen und Städte

Ständige Wohnbevölkerung des Kantons Bern 2007 nach Regionen / Stadtregionen Quellen: beco, K+S-Bulletin 1-2009

Beo- :

Berner Oberland ohne WRT

Berner Mittelland- :

Region Bern-Mittelland ohne VRB

(Verein Region Bern)

Biel-Seeland:

Region Biel-Seeland ohne

Stadtregion Biel

Wachstum der Regionen / Stadtregionen von 1997 bis 2007 (ständige Wohnbevölkerung)

Die anderen Wachstumsregionen

des Kantons Bern liegen

ausserhalb der Agglomeration.

Das Berner Oberland ohne WRT

wächst nicht!

Das Wachstum 1997 bis 2007 in den grösseren Städten/Stadtregionen des Kantons Bern:

Auch andere Städte im Kanton

Bern wachsen zum Teil sogar

stärker als der WRT.

Innerhalb des WRT wachsen

Steffisburg (+12.5%) und Spiez

(+6.8%) stärker als Thun (+5.7%).

Die Bedeutung des WRT im

Kanton liegt vor allem in dessen

absolutem Wachstum.

Die WRT-urban = Thun+Steffisburg+Spiez,

Mü-Worb = Münsingen+Worb,

Biel+ = Biel+Nidau,

Interlaken+ = Interlaken+Unterseen

Andere Berner Städte wachsen prozentual ebenso wie Thun.

Nicht nur Thun ist attraktiv – Thun steht in Konkurrenz auch zu kleineren Städten.

Der WRT ist die einzige städtische Region im Kanton Bern mit einem wesentlichen Wachstum.

Ist Thun attraktiv?

-3000

-2000

-1000

0

1000

2000

3000

4000

5000

6000

-6

-4

-2

0

2

4

6

8

10

12

Wac

hst

um

ab

solu

t [A

nz.

Ein

wo

hn

er]

Wac

hst

um

in %

% abs.

98'674

103'23

0

316'287

42'132

94'975

62'205

116'938

77'185

51'356 WRT

Beo-

VRBern

Bern Mittelland -

Stadtregion Biel

Biel-Seeland -

Emmental

Oberaargau

Jura

0

1

2

3

4

5

6

7

8

Wac

hst

um

in %

WRT

Beo-

VRBern

Bern Mittelland -

Stadtregion Biel

Biel-Seeland -

Emmental

Oberaargau

Jura

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 19 von 107

3.1.5. Bevölkerungswachstum im WRT

Wachstum der WRT-Gemeinden 1997 bis 2007 in %

Fünf von zwölf Gemeinden

wachsen über dem

schweizerischen Durchschnitt

(7.0%).

Drei der ländlichen

Gemeinden wachsen deutlich

unter dem Schnitt.

Quelle: BFS

Geburtenüberschuss der WRT-Gemeinden 1997 bis 2007 in %

Der Geburtenüberschuss

zeigt das Wachstum der

Gemeinde ohne

Wanderungssaldo auf.

Aus dem Vergleich beider

Grafiken kann der

Wanderungssaldo gelesen

werden:

Wanderungssaldo in % Uttigen 15.2 Oberhofen 14.3 Steffisburg 12.9 Hilterfingen 12.8 Sigriswil 9.9

Quelle: BFS

In den Regionen um Thun Nord ist in den letzten Jahren ein starkes Wachstum zu verzeichnen. Auf der rechten Seeseite wird der stark negative Geburtenüberschuss durch hohe Zuwanderung mehr als kompensiert.

Verkehrslage und Wohnattraktivität bestimmen die Zuwanderung.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 20 von 107

3.2. Bevölkerungszusammensetzung

3.2.1. Altersgruppen

Übersicht Schweiz

Der Altersaufbau der Bevölkerung hat sich im

Lauf des 20. Jahrhunderts massiv verändert.

Der Anteil der unter 20-Jährigen sank von

40,7% (Jahr 1900) auf 21,5% (Jahr 2007); bei

den über 64-Jährigen stieg er von 5,8% auf

16,4% und bei den Hochbetagten, das heisst bei

den über 80-Jährigen, ist der Anstieg besonders

ausgeprägt und beläuft sich von 0,5% auf 4,7%.

Dieser demografische Alterungsprozess ist eine

Folge der steigenden Lebenserwartung und vor

allem der abnehmenden Geburtenhäufigkeit.

Quelle: BFS

Dieselbe Entwicklung anders dargestellt zeigt der Verlauf der Quotienten (Jugendquotient: Anteil der

Bevölkerung unter 20 Jahre – Altersquotient: Anteil über 64 Jahre):

Quelle: Bundesamt für Statistik, 2009

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 21 von 107

Städte-Vergleich

Interessant ist der Vergleich der grössten 16 Schweizer Städte (alle über 30‘000 Einwohner). Wenig

jüngere bedeutet nicht mehr ältere Einwohner. Wenig von beiden deutet auf einen hohen Anteil an

Einwohnern im erwerbsfähigen Alter hin:

Quelle: Bundesamt für Statistik, 2000

Lesebeispiele zur obigen Grafik: In Luzern sind 16% aller Einwohner jünger als 20 Jahre, 21.8% älter als 64 Jahre. In Thun sind 20.2% aller Einwohner jünger als 20 Jahre, 19% älter als 64 Jahre; in Städten

über der roten Linie ist der Anteil der Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter tiefer als in Thun, darunter grösser.

Den grössten Anteil Einwohner zwischen 20 und 64 Jahre weisen die Städte Zürich, Genf und Freiburg auf.

- - - - Gemeinden auf der roten Linie weisen einen gleich grossen Anteil an Personen im arbeitsfähigen Alter auf (in Thun leben anteilsmässig weniger Personen im erwerbsfähigen Alter als in der gesamten Schweiz!).

Thun weist einen eher hohen Anteil Älterer (>64 Jahre) auf. Auffallend ist der vergleichsweise geringe Anteil Einwohner im erwerbstätigen Alter von 20 bis 64 Jahre (60.8%); als Stadt liegt Thun damit sogar unter dem gesamtschweizerischen Mittelwert von 61.8%

Im Interesse der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit muss mit geeigneten Massnahmen (z.B. Siedlungsplanung) der Anteil der arbeitsfähigen Bevölkerung erhöht werden.

Zürich

Genf

Basel

Bern

Lausanne Winterthur

St. Gallen

Luzern

Biel Thun

Köniz

La Chaux-de-Fonds

Schaffhausen

Freiburg

Chur

Neuenburg

Schweiz

14

15

16

17

18

19

20

21

22

23

14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24

Alt

ers

qu

oti

en

t: B

evö

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run

gsan

teile

ält

er

als

64

Jah

re

Jugendquotient: Bevölkerungsanteile bis 20 Jahre in %

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 22 von 107

Altersstruktur im WRT

Anteil Personen über 64 Jahre

im Jahr 2000:

Quelle: Bundesamt für Statistik, 2000

Signifikant ist die Ballung älterer

Einwohner am rechten

Thunerseeufer, wobei in

Oberhofen und Hilterfingen der

Anteil Kinder und Jugendliche

sehr tief, in Sigriswil mässig tief

ist.

Anteil Kinder und Jugendliche

unter 20 Jahren im Jahr 2000:

Die „Kinder- und Jugendlichen-

Region“ liegt im Norden des

WRT.

Auffällig ist Wattenwil mit sehr

grossem Anteil an jungen

Einwohnern und trotzdem

mässig viel Älteren. Somit leben

in Wattenwil weniger Einwohner

im erwerbsfähigen Alter.

Quelle: BFS

Die Altersstruktur innerhalb des WRT ist inhomogen. Grob betrachtet lässt sich der WRT in eine ältere Region (rechtes Seeufer), einen ausgeglichenen Stadtbereich (Thun, Steffisburg, ev. Spiez) und eine jüngere Region (Nordwest-Gemeinden) gliedern.

Welche Entwicklung ist aus Sicht der Wirtschaftsentwicklung erwünscht? Eine weitere Segmentierung oder eine Homogenisierung?

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 23 von 107

3.2.2. Bildungsstruktur

Definition

Die in diesem Bericht beschriebene Bildungsstruktur beschreibt die Anteile dreier Ausbildungsstufen,

gemessen an der Anzahl Personen im Erwerbsalter.

Ausbildungsstufe Höchster Abschluss

Max. Sekundarstufe I Höchstens obligatorische Schule absolviert

Sekundarstufe II Berufsausbildung nach obligatorischer Schulzeit, Matura

Tertiäre Ausbildung Weiterbildung oder Studium, aufbauend auf sekundäre Berufsbildung (Lehre oder Matura)

Bedeutung

Zwischen Bildung und volkswirtschaftlichem Nutzen besteht ein enger Zusammenhang:

Hohe Bildung hohe berufliche Position hoher Lohn hohe Steuerleistung

Die Bildungsstruktur ist auch ein Abbild der Wirtschafts- und Unternehmensstruktur in der betreffenden

Region. Im Hinblick auf die verfügbaren personellen Kompetenzen ist die Bildungsstruktur ein

wesentlicher Faktor bei der Standortwahl neu zuziehender Unternehmen.

Bildungsstruktur im Vergleich zu den grossen Schweizer Städten

Quelle: BFS

Die stark positive Abweichung Thuns im Bereich der Sekundarstufe II (Handwerker, Berufsleute) fällt auf.

Die Grafik auf der folgenden Seite ermöglicht es, Thuns „Bildungsposition“ etwas differenzierter zu

erläutern.

-15

-10

-5

0

5

10

15

Abweichung vom gesamtschweizerischen Mittelwert in %, Stand 2000

max. Sekundarstufe I CH: 22.9%

Sekudarstufe II CH: 61.8%

Tertiärer Abschluss CH: 15.4%

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 24 von 107

Quelle: BFS, Volkszählung 2000

Beim Lesen dieser Grafik ist Folgendes zu beachten:

- Bei den Zählungen konnten nicht alle Personen erfasst werden. Der Anteil nicht erfasster

Personen liegt zwischen 5 bis 10%, in Genf sogar 16%. Entsprechend lässt sich aus dieser Grafik

der Anteil der schwächer Gebildeten nicht exakt ablesen.

- In den französischsprachigen Kantonen (grüne Punkte) ist der Anteil der Maturanden erheblich

grösser, damit sind mehr Personen der tertiären Stufe zugeordnet als in der Deutschschweiz.

Die grünen Punkte müssten zum direkten Vergleich nach unten rechts korrigiert werden.

Wo liegt Thun? Verglichen mit den anderen Schweizer Städten ist in Thun der Anteil Personen …

- mit einer abgeschlossenen Lehre (Sek. I) sehr gross (Thun ist mit Abstand führend),

- mit höherer Ausbildung (tertiär) sehr klein (nur in Biel und La Chaux-de-Fonds tiefer) und

- ohne berufliche Ausbildung sehr gering (nur in Köniz tiefer)

Folgende Faktoren könnten zur heutigen Bildungsposition geführt haben:

- Die ansässigen Unternehmen haben diese Qualifikationen favorisiert.

- Das mangelnde Bildungsangebot bremst das Aufsteigen von Sek. II in die tertiäre Stufe.

- Hoher gesellschaftlicher Stellenwert des Berufsausbildung (mit einer Lehre ist man wer) mit der

damit verbundenen Genügsamkeit (mehr braucht man nicht).

Sehr viele Thuner verfügen über eine solide Bildung.

Sehr wenig solide Gebildete absolvieren eine tertiäre Ausbildung

In Anbetracht des wachsenden Bedarfs an höher qualifizierten Arbeitskräften, insbesondere der Exportindustrie, muss Thun Massnahmen ergreifen, damit diese Personen auf dem Arbeitsmarkt verfügbar sind. Mit dem soliden Bildungsstand sind die allgemeinen Voraussetzungen dazu gut.

Um einen höheren Anteil tertiär gebildeter Personen zu erreichen, reicht ein vergrössertes Bildungsangebot alleine nicht aus. Aber es ist eine notwendige Voraussetzung.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 25 von 107

Bildungsstruktur innerhalb des WRT

Quelle: BFS

Über den WRT betrachtet fällt der grosse Anteil höher Gebildeter in Hilterfingen und Oberhofen auf, alle

anderen Gemeinden entsprechen mehr oder weniger stark ausgeprägt dem Bild des gesamten WRT.

Wenn die Frage gestellt wird, wo die Personen

mit höherer Bildung sind (z.B. um ein neues

Unternehmen zu platzieren), so interessiert

nicht der prozentuale Anteil, sondern die

absolute Anzahl (der potenziellen Mitarbeiter).

Bundesamt für Statistik, Volkszählung 2000 – WRT total 18‘000 Personen mit tertiärer Bildung

Unter diesem Aspekt bilden Thun und

Steffisburg das Zentrum. In Uetendorf,

Heimberg und Hilterfingen wohnen gleich viele

Personen mit tertiärer Bildung.

Eine Zuordnung der Bildungsstufen nach Branchen ist mit dem verfügbaren Zahlenmaterial nicht einfach

möglich. Naheliegend ist, dass die fachliche Aufteilung den Anteilen der ansässigen Branchen (Pendler

zu berücksichtigen) entspricht. Es ist denkbar, dass einzelnen Branchen überproportional viele Personen

einer bestimmten Bildungsstufe zugeordnet werden können. Diese Information wäre in einer vertieften

Studie zu erarbeiten.

Am rechten Seeufer ist der Anteil an Personen mit höherer Bildung zwar am grössten, absolut betrachtet wohnen die meisten Personen mit tertiärer Bildung in Thun, Steffisburg und Spiez.

Die Art der Verteilung der Personen mit tertiärer Bildung im WRT ist für die wirtschaftliche Entwicklung der Region wenig relevant.

-15.0

-10.0

-5.0

0.0

5.0

10.0

15.0

20.0Abweichung vom gesamtschweizerischen Mittelwert in %, Stand 2000

Sek I - Sek II Tertiär

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 26 von 107

3.2.3. Haushaltsgrössen

Die Zusammensetzung der verschiedenen Haushaltsgrössen liefert Hintergrundinformationen zur

gesellschaftlichen Struktur einer Region. Für die Beurteilung der wirtschaftlichen Positionen und

Potenziale ist sie von untergeordneter Bedeutung.

Es wird nach folgenden privaten Haushaltsarten unterschieden (Zahlen CH 2000)

- Einzelpersonen-Haushalte 36 %

- Paarhaushalte ohne Kinder 27 %

- Elternpaare mit Kindern 29 %

- Elternteile mit Kindern 5 %

- Einzelpersonen mit Eltern(teil) 1 %

- Nichtfamilien-Haushalte (Wohngemeinschaften, …) 2 %

Quelle: BFS

Thun fällt allenfalls durch einen hohen Anteil an Paarhaushalten ohne Kinder auf. Dieser Anteil ist in den vergangenen 30 Jahren gewachsen.

Die Struktur der Haushaltsanteile liefert für die Entwicklung der Region keine relevanten Informationen.

0.00

10.00

20.00

30.00

40.00

50.00

60.00Haushalts-Anteile im Jahr 2000 in % Einzelpersonen

Paare ohne KinderPaare mit Kinder

-20.00

-15.00

-10.00

-5.00

0.00

5.00

10.00

15.00

20.00

25.00Veränderung der Haushaltsanteile von 1970 bis 2000 in %

EinzelpersonenPaare ohne KinderPaare mit Kinder

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 27 von 107

3.2.4. Ausländer-Anteile

Ausländeranteile der Berner Städte (Gemeinden mit mehr als 10‘000 Einwohnern):

Ein wesentlicher Grund für den niedrigen Ausländeranteil ist die Tatsache, dass Thun als Garnisonsstadt

mit staatlicher Rüstungsindustrie in den vergangenen hundert Jahren wenige Arbeitsplätze für

Ausländer geboten hat.

Einen Hinweis auf den Grad der „interkulturellen Öffnung“ gibt auch der Anteil fremdsprachiger

Einwohner im Vergleich mit den grossen Schweizer Städten:

Quelle: Schweizerischer Städteverband, Statistik der Schweizer Städte 2009

In der Region Thun sind der Ausländeranteil und der Anteil fremdsprachiger Einwohner sehr tief.

Die geringe sprachliche und kulturelle Durchmischung ist Zeugnis davon, dass die Wirtschaft in Thun ohne grosse Dynamik verlaufen ist.

WRT

Bern

Biel

Thun

Köniz

Steffisburg

Burgdorf

Ostermundigen

Langenthal Uster

Muri

Spiez

Worb

Münsingen

Lyss

Ittigen

0

5

10

15

20

25

30

10'000 20'000 40'000 80'000

Au

slän

de

ran

teil

20

07

Ständige Wohnbevölkerung 2007 (logarithmisch)

Kanton Bern 12.3 %

Schweiz 20.7 %

0.0

5.0

10.0

15.0

20.0

25.0 Anteil fremdsprachige Einwohner in % (alle Sprachen ausser Deutsch und Französisch)

Trendlinie der Berner Städte

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 28 von 107

3.3. Pendler-Bewegungen

3.3.1. Pendlerbewegung der Schweiz

Zahlen

Pendlerstatistik für die gesamte Schweiz (Bundesamt für Statistik, Volkszählung 2000) Wegpendler (in der Schweiz wohnhafte Personen, die ihre Wohngemeinde zur Arbeit verlassen)

934‘974

Zupendler (Personen, die in eine Schweizer Gemeinde pendeln) 1‘080‘835

Pendlersaldo (Differenz gesamthaft) 145‘861

Pendlerzeiten

Herr und Frau Schweizer nehmen durchschnittlich 20 Minuten pro Arbeitsweg in Kauf.

Nur 2 Prozent sind länger als eine Stunde unterwegs, dieser Anteil der „Weitpendler“ hat sich nicht

markant vergrössert.

Der Anteil mit kurzem Arbeitsweg (maximal 15 Min.) scheint sich nicht zu verändern. Offenbar arbeiten immer weniger Personen direkt am Wohnort und haben dafür einen längeren Arbeitsweg als 15 Min.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 29 von 107

3.3.2. Pendlerbewegungen im Kanton Bern

Wie die Volkszählung 2000 aufzeigt,

fallen Wohn- und Arbeitsort der

Bevölkerung zunehmend auseinander. Im

Kanton Bern waren im Jahr 2000 über

500'000 Personen erwerbstätig. Rund 9

von 10 Erwerbstätigen verlassen ihren

Wohnort, um zu ihrem Arbeitsort zu

gelangen. Dies entspricht dem Schweizer

Mittel. Nur 26'000 Personen bzw. 5

Prozent der Berner Erwerbsbevölkerung

arbeiten ausserhalb des Kantons. 83

Prozent bzw. 420'000 Personen im

Kanton Bern sind so genannte

Binnenpendler, d.h. sie pendeln innerhalb

des eigenen Kantons.

Der Pendlersaldo des Kantons Bern

beträgt im Jahr 2000 plus 13‘332

Personen.

Quelle: BFS, Volkszählung 2000

3.3.3. Pendlerbewegungen im Städte-Vergleich

Pendlerzahlen des WRT, der Region Biel und des Vereins Region Bern, in absoluten Zahlen:

und relativ zur gesamten in der Region wohnhaften, erwerbstätigen Bevölkerung:

Quelle: Bundesamt für Statistik, Volkszählung 2000

Der WRT ist eine Pendlerregion. Der WRT ist nicht nur eine Schlafregion, sondern auch eine Arbeitsregion mit annähernd so vielen Zupendlern wie Wegpendlern

Wie wächst Thun weiter? Mit Pendlern oder mit eigenen Arbeitsplätzen? Die Gefahr, zur Schlafstadt zu werden, ist nicht abgewendet.

- 50'000 100'000 150'000 200'000 250'000 300'000 350'000 400'000

VRBern

Region Biel

WRT Wegpendler Lokale Zupendler

7

22

36

93

78

64

31

3

26

- 20 40 60 80 100 120 140

Region Bern…

Region Biel…

WRT…

-

2'000

4'000

6'000

8'000

10'000

12'000

14'000Pendler von/in andere Kantone

BFS 2000

Zupendler

Wegpendler

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 30 von 107

3.3.4. Pendler im WRT

Pendlerherkunft und Destinationen im Jahr 2000

Aus dem WRT wird hauptsächlich nach

Bern, in den WRT aus den ländlichen

Regionen um den WRT gependelt.

Die Region Interlaken hat als

Pendelpartner eine untergeordnete

Rolle. Alle andern, inkl. Biel, Burgdorf,

Langenthal sind in der Gesamtzahl kaum

erkennbar.

Quelle: Bundesamt für Statistik, Volkszählung 2000

(Im Jahr 2000 gab es noch keine Pendler

durch den Lötschberg-Basistunnel)

Veränderung der Pendlerbewegungen von 1990 bis 2000 in %

Im Jahr2000 wurde mehr gependelt als

1990. Verglichen mit der Situation im

Jahr 1990 hat sich zum Jahr 2000 die

Veränderung in den ländlichen

Regionen (inkl. Interlaken) und in die

Regionen nördlich von Bern negativ

entwickelt (= mehr Weg- als Zupendler).

Positiv verschoben hat sich die

Veränderung gegenüber Bern und

entfernteren Regionen (West-/Ost-

Schweiz), wobei letztere in absoluten

Zahlen nicht ins Gewicht fallen

Quelle: Bundesamt für Statistik, Volkszählung 2000, 1990

Weitere Entwicklung der Pendlerbewegungen

Die Entwicklung der Pendlerbewegungen hängt von der Entwicklung der Arbeits- und

Wohnmöglichkeiten und dem Ausbau der Verkehrsinfrastruktur ab. Der Pendlersaldo entwickelt sich

positiv, wenn die Verwaltungs-Arbeitsstellen in den WRT verlagert werden können (weniger

Wegpendler) und wenn die Zentrums-Bedeutung des WRT in der weiteren Region zunimmt (mehr

Zupendler). Auch wenn die Zahlen im gesamten Rahmen gering sind, werden die Auswirkungen der

neuen direkten Verbindung nach Visp auf die Pendlerzahlen interessant zu verfolgen sein.

Bern ist die dominante Destination der WRT-Pendler. Die Pendlerbewegungen nehmen laufend zu.

Die Gefahr, zur Schlafstadt zu werden, hängt mit den Bern-Pendlern zusammen. Zur Verringerung müssten Berner Arbeitsplätze in den WRT verlagert werden – es ist nicht möglich, aus dem Nichts im WRT neue Arbeitsplätze für die heutigen Bern-Pendler zu schaffen.

-

2'000

4'000

6'000

8'000

10'000

12'000

Zupendler

Wegpendler

- 50 100 150 200

Ländl. Gebiete

Bern

Interlaken

BE-nord

CH Osten

CH Westen

Zupendler

Wegpendler

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 31 von 107

3.4. Steuerbelastung

3.4.1. Kantone im Vergleich

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 32 von 107

3.4.2. Steuerlast für Private und für Unternehmen

Quelle: beco, K+S-Bulletin 1-2009; Zahlen 2006

Quelle: beco, K+S-Bulletin 1-2009; Zahlen 2006

Die Besteuerung der natürlichen Personen ist hoch. Ein differenzierteres Bild vermittelt die Darstellung

auf der folgenden Seite.

Die Steuerlast für Unternehmen liegt unter dem schweizerischen Mittel und ist bei einer Standortwahl

kaum ein Grund gegen den Kanton Bern.

- 50.0 100.0 150.0

Zug

Tessin

Schwyz

Nidwalden

Zürich

Thurgau

Aargau

Genf

Basel-Landschaft

Appenzell I. Rh.

Waadt

Graubünden

Basel-Stadt

Schaffhausen

St. Gallen

Solothurn

Luzern

Wallis

Appenzell A. Rh.

Bern

Freiburg

Jura

Glarus

Neuenburg

Uri

Obwalden

Totalindex der Einkommens- und Vermögenssteuer der natürlichen

Personen

- 50.0 100.0 150.0

Obwalden

Zug

Appenzell I. Rh.

Nidwalden

Thurgau

Schwyz

Appenzell A. Rh.

Luzern

Wallis

Bern

Glarus

Solothurn

Zürich

Tessin

St. Gallen

Schaffhausen

Jura

Waadt

Freiburg

Uri

Aargau

Basel-Landschaft

Neuenburg

Basel-Stadt

Genf

Graubünden

Totalindex der Reingewinn- und Kapitalbelastung der Aktiengesellschaften

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 33 von 107

3.4.3. Steuerbelastung in % des Arbeitseinkommens

Verheirateter mit zwei Kindern (Zahlen 2008):

Quelle: BFS Dokument 78883

Das obenstehende Bild ist für Standort-Promotoren im Kanton Bern ernüchternd. Auch wenn die Zahlen

der Stadt Bern nicht für alle Gemeinden des Kantons gelten, so stimmt dennoch bedenklich, dass nur

Neuenburg und Delsberg heissere Steuerhöllen sind.

Störend ist vor allem, dass die Situation nicht nur für Grossverdiener unattraktiv ist, sondern auch für

jene Personen, auf welche unsere Unternehmen bauen. So zahlen mittlere bis obere Kader und

Spezialisten im Lohnbereich zwischen CHF 70‘000.- und 150‘000.- bereits hohe Steuern.

Eine Verringerung der Steuerlast für Privatpersonen liegt im Kanton Bern zwar nicht im direkten

Wirkungsbereich des WRT. Auch wenn kurzfristig Anstrengungen nur darauf ausgerichtet werden

können, mit diesem Nachteil bestmöglich umzugehen, so muss längerfristig unbedingt eine

Verbesserung bewirkt werden.

Die Steuerbelastung für Unternehmen ist moderat. Für Private ist die Steuerlast bereits für mittlere Einkommen sehr hoch.

Die hohe Steuerlast führt langfristig unweigerlich zur Verarmung – nicht durch Abwanderung, sondern durch Nicht-Zuwanderung. Nicht-Zuwanderung ist aber schlecht messbar. Wie weit die Thematik im eigenen Einflussbereich liegt, ist nicht relevant, eine nachhaltige Senkung muss langfristig erwirkt werden.

-

2

4

6

8

10

12

14

16

18

20

0 50'000 100'000 150'000 200'000 250'000

Arbeitseinkommen pro Jahr

ZürichBernSchwyzSarnenZugFreiburgSolothurnChurBellinzonaLausanneNeuenburgDelsbergMittelwert

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 34 von 107

3.5. Wirtschaftsleistung

3.5.1. Wirtschaftsleistung der Region Thun im Kanton

Gut 50% der Leistung werden in der Region Bern erbracht (53%); die Leistung des WRT (7.5%) liegt in

der Grössenordnung der Region Biel (9%).

Der WRT (7.5%) erbringt mehr als die Hälfte der Wirtschaftsleistung des Berner Oberlandes (13.8%).

3.5.2. Export-Anteile nach Region und Bereich

Quelle: beco K+S-Bulletin 1-2009

Bern; 2913

Biel-Seeland;

4354 BEO; 1116

Emmental; 1877

Oberaargau; 1597

Jura; 1191

Exportleistungen der Regionen in Mio. CHF, Jahr 2007

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 35 von 107

Quelle: beco, K+S-Bulletin 1-2009

Die Bereiche Maschinen/Apparate/Elektronik erbringen im WRT mit grossem Abstand die höchste Exportleistung.

Wirtschaftlich von aussen betrachtet ist der WRT eine Maschinen/Apparate/Elektronik-Region

3.5.3. Tourismus als Export-Faktor

Wirtschaftsleistung des Tourismus im Vergleich zum Export

Für eine fundierte Gegenüberstellung von Exportleistungen und den Tourismus-Leistungen fehlt das entsprechende Zahlenmaterial. Die Annahme, dass die Export-Leistung des Gastgewerbes je Mitarbeiter und Jahr CHF 100‘000.- im Berner Oberland und CHF 50‘000.- in den andern Regionen des Kantons beträgt, ist in Anlehnung an eine empirische Studie plausibilisierbar. Quellen: beco, Bericht zur Wirtschaftslage 2009 Empirische Ermittlung Tourismusanteile 2007

Das Berner Oberland und der WRT sind in Grössenordnung gleich kräftige Exporteure. In der Art des Exportes sind sie jedoch sehr unterschiedlich.

Eine Förderung der Exportwirtschaft muss im Berner Oberland und im WRT völlig andere Wege gehen.

Der Anteil der verschiedenen Tourismus-Leistungsbereiche innerhalb des WRT ist noch zu klären.

-

5

10

15

20

25

30

35

Bern-Mittelland

BielSeeland

(BernerOberland)

WRT Beo- Emmental Oberaargau Jura

Exportleistung pro erwerbstätige Person in 1'000 CHF pro Person 2007

Land, Forst, Fisch Papier und Grafik

Chemie + Metalle

Masch/App/Elektronik Fahrzeuge

Präzisionsinstrumente Energie … Erden

übrige

0

100

200

300

400

500

600

700

800

900

1000

WRT Beo -

Jährliche Exportleistung in Mio. CHF

Maschinen +MetalleExport andere

Tourismus

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 36 von 107

Gliederung der Tourismusleistungen

Der Tourismus erbringt in verschiedenen Bereichen einen volkswirtschaftlichen Nutzen:

Alle Güter und Dienstleitungen

Nicht tourismusspezifische Produkte

Tourismusspezifische Produkte

(und Leistungen)

Tourismusverwandte Produkte

Tourismuscharakteristische Produkte

Beherbergung Verpflegung und Gaststätten

und Hotels Passagierverkehr Kultur Sport und Unterhaltung Verschiedene Dienstleistungen

Nebenstehende Grafik für

die gesamte Schweiz zeigt

auf, dass die Leistung des

Tourismus nicht auf die

Bereiche der Beherbergung

und Verpflegung reduziert

werden darf, dieser Anteil

macht klar weniger als 50 %

der Gesamtleistung aus.

Bedeutung des Berner Oberlandes als Schweizer Tourismus-Region

Quelle: beco, K+S-Bulletin 1-2009

Das Berner Oberland ist bezüglich Logiernächte einer der drei wichtigsten Akteure der Schweiz.

Logiernächte ist nicht gleich Umsatz – aber mit Logiernächten sind die Touristen immerhin schon mal vor Ort.

35.1

0.0 1.5

31.5

14.2

3.1

0.0

5.0

10.0

15.0

20.0

25.0

30.0

35.0

40.0

Logiernächte je Einwohner CH-weit

Beo

WRT

BE-

GR

VS

andere

3'615

1 1'159

5'976

4'245

19'474

Anteil Logiernächte CH-weit (in 1'000 Logiernächte)

Beo

WRT

BE-

GR

VS

andere

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 37 von 107

3.6. Mittelfluss im WRT

3.6.1. Betrachtung nach Anzahl Arbeitsplätzen

Quelle: BFS, Betriebszählung 2005

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 38 von 107

3.6.2. Quantifizierung

Die schematische Darstellung nach der Anzahl Arbeitsplätze (s. vorderen Abschnitt) sagt zu wenig

Genaues über den Geldfluss in die Region aus. Sicher wäre es interessant, die detaillierten

Zusammenhänge zu kennen. Die entsprechende Analyse würde den Umfang der vorliegenden

Grobstudie jedoch sprengen.

Die folgende Tabelle mit Grafik soll dennoch in Grössenordnungen aufzeigen, woher das Geld in die

Region fliesst. Dabei wurde berücksichtigt, dass neben den Lohnzahlungen direkte Aufträge an das

lokale Gewerbe, Verpflegungen über Mittag, etc. Kapital in die Region bringen. So bringen eine

Pendlerstelle den Netto-Lohn in den WRT, ein Industriearbeitsplatz erheblich zusätzliches Kapital.

Weiter ist zu berücksichtigen, dass Zupendler ihren Lohn nicht im WRT lassen.

Die in der Tabelle eingefügten Leistungen pro

Export-Arbeitsplatz sind Schätzwerte, entsprechend sind

die Resultate zu interpretieren.

Quelle: BFS, Betriebszählung 2005; Schätzwerte Zellweger

Der Geldfluss in die Region durch die Löhne der Pendler liegt in derselben Grössenordnung wie der (Lohn-)Kapitaleintrag durch die exportierenden Unternehmen.*

Pendler „füttern“ die Region ebenso wie die Exportunternehmen.

* Diese Aussage ist für eine allfällige weiterreichende Verwendung zu verifizieren

3.6.3. Steuereinnahmen

Der Steuerertrag der Stadt Thun stammt zu 95% von natürlichen Personen.

Die Stadt Thun ist abhängig von privaten Personen – ein Unternehmensanteil von 20% würde den Handlungsspielraum der Stadt erheblich vergrössern.

Bereiche Anzahl Arbeitsplätze

Leistung pro Arbeitsplatz (Schätzung) [CHF/Jahr]

Gesamte Leistung [Mio. CHF pro Jahr]

Ind. + Gew. 6‘600 150‘000 990 Tourismus 1‘400 80‘000 112 Dienstleistung 300 100‘000 30 Pendler 17‘000 60‘000 1‘020

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 39 von 107

3.7. Branchen und Arbeitsplätze

3.7.1. Arbeitsplätze WRT nach Wirtschaftssektoren

Total Arbeitsplätze primär (grün), sekundär (blau) und tertiär (orange)

Äusserer Kreis: Total Anzahl Arbeitsplätze je Sektor (42‘300 Arbeitsplätze)

Innerer Kreis: Anzahl exportwirksamer Arbeitsplätze (insgesamt 8‘300 Arbeitsplätze)

Quelle: BFS, Betriebszählung 2005

Landwirtschaft

Metalle

Maschinen

Bau

Verschiedene

Handel

Gastgewerbe Verkehr + Nachrichten

Kredit + Versicherung

Immobilien IT + F&E

Unternehmens-DL

Öff. Verw. + Landesvert.

Unterricht

Gesundheit+Soziales

Div. DL

Landwirtschaft Holz Nahrung + Bekleidung Papier + Chemie

Metalle Maschinen Feinmechanik Uhren

Fahrzeugbau Energie + Wasser (Bau-) Kunststoffe Glas + Beton

Bau Verschiedene Handel Gastgewerbe

Verkehr + Nachrichten Kredit + Versicherung Immobilien IT + F&E

Unternehmens-DL Öff. Verw. + Landesvert. Unterricht Gesundheit+Soziales

Div. DL

total

Export

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 40 von 107

3.7.2. WRT-Profil nach Arbeitsplätzen innerhalb des Kantons

Kreis 2: Branche ist doppelt so stark vertreten wie im Kantonsmittel

Kreis 1: entspricht dem Kantons-Mittelwert

Kreis 0.5: Halb so stark vertreten wie im Kanton

Quelle: BFS, Betriebszählung 2005

Die Bedeutung des Maschinenbaus für den WRT zeigt sich nicht nur in der Anzahl Arbeitsplätze, sondern auch in der starken Präsenz innerhalb des Kantons.

Die relative Stärke der Sektoren Bau und Handel lässt sich hauptsächlich durch die Zentrumslage erklären.

Bau-Kunststoffe und Glas+Beton heben sich als regionale Stärke ab, sind aber aufgrund des geringen Volumens von untergeordneter Bedeutung.

Das Berner Oberland weist ein ganz anderes Profil als der WRT auf.

Im produzierenden Bereich unterscheidet sich das Profil der Region Biel (Uhren, Feinmechanik) von jenem des WRT (Maschinenbau).

0.125

0.25

0.5

1

2

4

Landwirtschaft

Holz

Nahrung + Bekleidung

Papier + Chemie

Metalle

Maschinen

Feinmechanik

Uhren

Fahrzeugbau

Energie + Wasser

(Bau-)Kunststoffe

Glas + BetonBau

Verschiedene

Handel

Gastgewerbe

Verkehr + Nachrichten

Kredit + Versicherung

Immobilien

IT + F&E

Unternehmens-DL

Öff. Verw. + Landesvert.

Unterricht

Gesundheit+Soziales

Div. DL

Regionen-Profile: WRT / Beo ohne WRT / Biel-Seeland Abweichung vom Kantonalen Durchschnittswert ohne Gewichtung

Kanton Bern

WRT

Beo-

BielSL

Lesebeispiel:

Im Beo- arbeiten 3-mal mehr

Personen im Gastgewerbe als im

Durchschnitt des Kantons Bern

Duscholux

Glas Troesch

Pilkington

Studer

Ruag Landsystems

Meyer Burger

Schleuniger

Rychiger

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 41 von 107

3.7.3. Export-Sektoren des WRT

Quelle: BFS, Betriebszählung 2005

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 42 von 107

3.7.4. Arbeitsplatzprofile der Gemeinden innerhalb des WRT

Die WRT-Gemeinden unterscheiden sich in der Anzahl und der Bereichs-Zuordnung der Arbeitsplätze

erheblich.

Gemeinden mit anteilsmässig wenigen

Arbeitsplätzen sind in einem höheren

Mass Wohngemeinden.

Interessant, wenn auch nicht

überraschend ist die geografische

Clusterung der Wirtschaftsbereiche. Je

tiefer im Oberland, desto grösser die

Bedeutung des Tourismus. Je tiefer im

Westamt, desto grösser die Bedeutung

der Landwirtschaft und

Holzverarbeitung.

Die industriellen und gewerblich

produzierenden Aktivitäten sowie der

Handel sind in der eigentlichen

Zentrumsregion angesiedelt.

Quelle: BFS

Die wirtschaftliche Struktur des WRT ist sehr heterogen, geografisch jedoch ist die Region nach Wirtschaftsbereichen geordnet.

Industrie und produzierendes Gewerbe können von kurzen Distanzen zueinander profitieren.

0

10

20

30

40

50

60 Anzahl Arbeitsplätze pro 100 Einwohner

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 43 von 107

3.7.5. Maschinenbau – vertiefte Betrachtung

Im Jahr 2005 wurden dem Bereich Maschinenbau 2‘700 Arbeitsplätze zugeordnet. Die fünf grössten

Maschinenbauer der Region (Ruag Land Systems, Studer, Meyer Burger, Schleuniger und Rychiger)

stellen den Hauptanteil dieser Arbeitsplätze zur Verfügung.

Die Produkte dieser Unternehmen haben auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun, die

Kernkompetenzen sind unterschiedlich (gepanzerte Fahrzeuge, Schleifprozess, Bearbeitung harter

Materialien, Kabelverarbeitung, Stanzen und Versiegeln). Betrachtet man jedoch die Kompetenzen,

worauf diese fünf Unternehmen bauen, so fallen grosse Gemeinsamkeiten auf. Alle fünf Unternehmen

sind Systemintegratoren in den Disziplinen der anspruchsvollen Mechanik, Elektrik und Maschinen-

Software, auch sind alle hauptsächlich auf internationalen Märkten aktiv.

Das bedeutet auch, dass diese Top5-Fachkräfte mit denselben Fähigkeiten beschäftigen. Auch wenn dies

zu einer Konkurrenzsituation auf dem Arbeitsmarkt führt, hat es auch den Vorteil, dass diese Kompetenz

gemeinsam weiterentwickelt werden kann.

Darüber hinaus, dass der Maschinenbau im WRT den Grossteil der Export-Arbeitsplätze stellt, zeichnet sich diese Branche durch die ausgeprägte Stärke als Systemintegratoren aus.

Systemintegration erfordert interdisziplinäre Kompetenz auf hohem Niveau – erfolgreiche Integratoren sind die „Umsetzer“ auf dem Werkplatz Schweiz.

Die WRT-Maschinenindustrie unterhält ein grosses Lieferanten- und Partnernetz.

3.7.6. Bauindustrie- und Gewerbe – vertiefte Betrachtung

Bau-Hauptgewerbe Gross-Unternehmen Grössere Unternehmen Mittlere und kleinere Unternehmen

Frutiger Helmle, Läderach-Weibel, Zaugg ca. 500 (total NOGA Klasse F)

Die Frutiger AG unterhält als einzige Thuner Baufirma grössere Unternehmensteile an Standorten

ausserhalb des WRT und kann mit ihren Spezialisten-Leistungen in der ganzen Schweiz zum Teil als

Thuner Exportunternehmen betrachtet werden.

Nachdem bis vor zehn Jahren die Bauunternehmen praktisch ausschliesslich in ihrer Region tätig waren,

sind heute die WRT-Baufirmen auch im Oberland und in der Region um Bern unterwegs. Da in

ähnlichem Umfang auswärtige Unternehmen im WRT bauen wie WRT-Unternehmen ausserhalb, kann

weniger von Export-Aktivitäten als von einer Durchmischung gesprochen werden.

Trotzdem hebt sich die Thuner-/WRT-Bauindustrie positiv ab: Anders als vor einigen Jahren hat die

Bauindustrie keine Probleme, ihre Lehrstellen zu besetzen, 90% bis 95% der WRT-Maurerlehrlinge

bestehen die Lehrabschlussprüfung (Region Bern 70%), nur 5% brechen ihre Lehre ab (Region Bern

40%). Diese Fakten zeigen auf, dass die hiesigen Unternehmen es geschafft haben, sich mit

gewinnendem Auftritt und guter Leistung in eine Position zu bringen, die sich mittelfristig bestimmt

auch als Wettbewerbsvorteil nutzen lässt.

Bau-Nebengewerbe

Neben den zahlreichen kleineren und mittleren Unternehmen des Bau-Nebengewerbes sind folgende

grössere Unternehmen in Thun tätig:

- Duscholux, Gwatt (Herstellung und Export von Duschwänden und Bad-Ausrüstungen)

- Pilkington Glas Thun AG, Gwatt (Bauglas; Hauptquartier in England)

- Glas Trösch AG, Steffisburg (Bauglas; Hauptquartier in Bützberg)

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 44 von 107

3.7.7. Dienstleistungen – vertiefte Betrachtung

Dienstleister unterstützen andere Unternehmen (und Privatpersonen) bei der Erbringung ihrer

Leistungen. Für die Standortpositionierung ist es interessant zu wissen, inwieweit der

Dienstleistungssektor nötige Unterstützung für die ansässigen Gesellschaften und Personen leistet und

in welchem Umfang diese Leistungen nach aussen verkauft werden (Export).

Art der Leistung Beispiele Standort-Gebundenheit Arbeitsplätze 2005

(A) Standort-gebunden

Stadt-, Kantons-, Bundes-Verw.; Verkehr & Nachrichten; Kredite & Versicherungen; Immobilien; lokales Gesundheitswesen

Gross Leistungen direkt an Standort gebunden Export-Potenzial < 1%

total 16‘572 unabhängig 166

(B) DL für Privatpersonen und lokale Gesellschaften

Treuhand; Rechtsberatung; Informatik-Beratung; Sicherheitsdienste

Gross Export-Potenzial < 5%

total 1‘089 unabhängig 56

(C) Stabs-Funktionen, Outsourced jobs, Services

Sekretariat; Personalvermittlung; Call-Center; Reinigung

Gross Export-Potenzial < 10%

total 489 unabhängig 50

(D) Bau-nahe DL regional

Architekten und Ingenieure; Maschinenvermietung

Mittel bis gross Export-Potenzial < 20%

total 1‘117 unabhängig 240

(E) Dienstl. überregionale

Unternehmensberatung; PR, Werbung;

Mittel – sehr untersch. Export-Potenzial ~ 50

total 294 unabhängig 150

(F) Produkt-analoge DL

Software-Entwicklung Gering Export-Potenzial > 90%

total 161 unabhängig 161

Quelle: BFS, Betriebszählung 2005; Schätzung des Exportpotenzials durch Zellweger

Die heute ansässigen Dienstleister sind direkt an die hiesigen Strukturen und Unternehmen gebunden.

Der Bereich Software-Entwicklung wird weiter wachsen – es sind jedoch keine Anzeichen ersichtlich, dass dies gegenüber anderen Standorten überdurchschnittlich erfolgen könnte.

Der WRT ist in der heutigen Konstellation klar kein Dienstleistungs-Standort.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 45 von 107

3.7.8. Tourismus – vertiefte Betrachtung

Die nebenstehende Darstellung

veranschaulicht die Bedeutung des

Tourismus in verschiedenen

Bereichen.

Da die Grafik nur Anteile aufzeigt,

darf nicht auf eine absolute

Bedeutung geschlossen werden:

4% des Bau-Umsatzes sind in CHF

bestimmt mehr als die 32% der

Kultur.

Unter übrigem Personenverkehr

wird auch die Schifffahrt erfasst.

Quelle: (10)

Lesebeispiel:

65% der Hotellerie-Umsätze können dem

Tourismus zugeordnet werden (oranger

Punkt), die Unsicherheit beträgt ca. +/- 8%

(kleine schwarze Punkte).

Erläuterungen s. Quelle

Der Tourismus-Umsatz kann nicht einfach wenigen Branchen zugeordnet werden.

3.7.9. Verbände – vertiefte Betrachtung

In der Region Thun gibt es nur sehr wenige nationale Verbände. Die folgende Tabelle führt die in der

Region ansässigen Verbände auf:

Im WRT ansässige nationale/ internationale Verbände Gemeinde

Schweiz. Grosshandelsverband der Sanitären Branche (USGBS) Thun Schweizerischer Verband der Sozialversicherungs-Fachleute (SVS) Oberhofen Verband FGS Fachleute Geomatik Schweiz Steffisburg Internationaler Skiverband Oberhofen

Die Verbände als Arbeitgeber haben demnach in der Region Thun kaum eine Bedeutung.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 46 von 107

3.7.10. Verwaltung – vertiefte Betrachtung

Der Bericht zur Wirtschaftslage 2009 des Kantons Bern führt verschiedene Vergleichswerte zur

Beschäftigungssituation in der Bundes- und Kantonsverwaltung auf. Anfangs 2009 gab es im Kanton

Bern knapp 43'000 vollzeitäquivalente Arbeitsstellen in der öffentlichen Verwaltung. Davon waren

knapp 18'000 bzw. 42% bei der Bundesverwaltung, knapp 25'000 bzw. 58% bei der Kantonsverwaltung

beschäftigt.

Zahlen Kanton Bern Bundesverwaltung Kantonsverwaltung ohne VBS VBS Total ohne

Lehrkräfte Lehrkräfte Total

2009 Beschäftigte 13'710 5'903 19'613 18'711 15'220 33'931

VZÄ 11'929 5'625 17'554 14'815 10'177 24'992 Quelle: Bericht zur Wirtschaftslage 2009, beco; VZÄ: Vollzeitäquivalente

Die nebenstehende

Grafik zeigt die

regionale Verteilung

der Beschäftigten in

der öffentlichen

Verwaltung im

Kanton Bern im Jahr

2009.

Quelle: Bericht zur Wirtschaftslage 2009, beco

Aus der folgenden Tabelle ist unter anderem ersichtlich, dass das VBS mit 25.6% einen

überdurchschnittlich hohen Beschäftigungsanteil im Berner Oberland aufweist.

Bundesverwaltung Kantonsverwaltung ohne VBS VBS Total ohne

Lehrkräfte Lehrkräfte Total

Bern-Mittelland

absolut 11'606 3'581 15'187 10'883 3'587 14'470

Anteil 97.3 % 63.7 % 86.5 % 73.5 % 35.3 % 58.0 %

Berner Oberland

absolut 43 1'441 1'484 969 2'097 3'066

Anteil 0.4 % 25.6 % 8.5 % 6.5 % 20.7 % 12.3 %

Emmental/ Oberaargau

absolut 6 291 297 1'028 2'126 3'154

Anteil 0.1 % 5.2 % 1.7 % 6.9 % 20.9 % 12.6 %

Biel-Seeland/ Berner Jura

absolut 242 312 554 1'935 2'367 4'302

Anteil 2.0 % 5.5 % 3.2 % 13.1 % 23.3 % 17.2 %

Kanton Bern absolut 11'929 5'625 17'554 14'815 10'177 24'992

Anteil 100 % 100 % 100 % 100 % 100 % 100 % Quelle: Bericht zur Wirtschaftslage 2009, beco

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 47 von 107

Beim Rüstungsbetrieb RUAG und bei der BLS sieht die Verteilung mit Beschäftigungsanteilen von 73

bzw. 46% im Berner Oberland deutlich anders aus, wie aus nachfolgender Grafik ersichtlich ist:

Quelle: Bericht zur Wirtschaftslage 2009, beco

Auch bei den Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung liegt das Schwergewicht ganz klar auf der

Region Bern-Mittelland.

Vergleicht man die Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung anteilsmässig mit dem Total der

Beschäftigten im 2. + 3. Sektor, zeigt sich folgendes Bild für den Kanton und die einzelnen Teilregionen:

Region Beschäftigte 2. + 3. Sektor Beschäftigte öffentliche Verwaltung (VZÄ)

Anteil in %

Kanton Bern 478'573 43'000 9 % Bern-Mittelland 234'596 29'657 13 % Berner Oberland 81'750 4'550 6 % Quelle: Bericht zur Wirtschaftslage 2009, beco - eigene Berechnung

Bern-Mittelland hat auch gemessen an allen Beschäftigten im Kanton Bern im 2. + 3. Sektor den

höchsten Anteil an Verwaltungsangestellten mit 13%. Der Kanton Bern kommt auf einen Anteil von rund

9%, während er für das Berner Oberland rund 6% beträgt.

Die verfügbaren statistischen Daten lassen für die Region WRT keine Unterteilung der Verwaltung in die

Bereiche Bundesverwaltung, kantonale Verwaltung und Stadt-, respektive Gemeindeverwaltung zu.

Lediglich die Einteilung der Branchen nach NOGA gibt die Möglichkeit, einige weitere Aussagen zur

Bedeutung der öffentlichen Verwaltung in der Region Thun als Arbeitgeber zu machen.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 48 von 107

7

7

15

19

21

26

26

31

36

279

303

0 200 400 600 800 1000

Seftigen

Thierachern

Hilterfingen

Uttigen

Oberhofen

Wattenwil

Sigriswil

Uetendorf

Heimberg

Steffisburg

Spiez

Thun2311

Anzahl Beschäftigte in der öffentlichen Verwaltung, Verteidigung und Sozialversicherung im WRT für das

Jahr 2005:

Quelle: BFS, Betriebszählung 2005

Der WRT weist nicht überdurchschnittlich viele Arbeitsstellen der Verwaltung oder der Unternehmen von Bund oder Kanton auf.

Die RUAG ist der grösste bundeseigene Arbeitgeber im WRT

Bund und Kanton sind wesentliche Arbeitgeber im WRT – deren Bedeutung ist jedoch nicht entscheidend grösser als in anderen Regionen.

3.7.11. Ergänzung zur Binnenwirtschaft

Struktur der Binnenwirtschaft

Wie aus der Übersichtsgrafik (Kapitel 3.7.1) entnommen werden kann, sind mehr als 80% aller

arbeitenden Personen in Branchen tätig, die der Binnenwirtschaft zugeordnet werden. Im WRT arbeiten

etwa 40‘000 Personen in ca. 4‘500 Unternehmen.

Diese Unternehmen sind vorwiegend in privatem Besitz und werden mit langfristiger Ausrichtung

geführt. Dadurch gefährden kurze Krisenphasen diesen Wirtschaftsbereich wenig.

Die KMU-Struktur in kleinen Einheiten wirkt stabilisierend auf die Wirtschaft des WRT.

Steuerbeitrag der Binnenwirtschaft

Der Beitrag der Binnenwirtschaft an die Steuereinnahmen ist sehr gering.

Wirtschafts-Gesicht der Region Thun

Binnenwirtschaften in verschiedenen Städten unterscheiden sich von aussen betrachtet wenig; sie

decken die jeweiligen Bedürfnisse der Privatpersonen, der Verwaltungen und der Exportwirtschaft ab.

Das WRT-Gesicht wird für den aussenstehenden Betrachter vor allem durch die Exportwirtschaft

geprägt. Aus diesem Grund steht in den folgenden Überlegungen zur Identität der Region die

Exportwirtschaft im Vordergrund.

Das Wirtschafts-Gesicht wird von den nach aussen wirkenden Aktivitäten geprägt.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 49 von 107

3.8. Bildungsstätten

Schulen Primarstufe, Sek I Sekundarstufe II Tertiäre Stufe

Volksschulen (Zahlen nur Stadt Thun)

17 Schulen, 222 Klassen, 4042 Schüler, 486 Lehrpersonen

Gewerblich- industrielle Berufsfachschule Thun (Kanton)

Berufsfachschule, Berufsmaturitässchule,

Fort- und Weiterbildungszentrum, Freifachkurse

Gymnasium und Fachmittelschule Seefeld Thun (Kanton)

Matur Fachmittelschule mit Fachmaturität

Gymnasium und Handelsmittelschule Thun Schadau (Kanton)

Matur Kaufmännische Ausbildung mit Diplom und Berufsmaturität

Wirtschaftsschule Thun (Kanton)

KV, Verkauf, BMS Weiterbildungszentrum

Volkshochschule Thun (Kanton)

Weiterbildungs-Angebote

Berntorschule Thun (privat)

Sekundarschule Handelsdiplom Weiterbildung

Rudolf Steiner Schule Steffisburg (privat)

Kindergarten bis Oberstufe

Noss Spiez (privat) 9. und 10. Schuljahr Berufsvorbereitende Lehrgänge, KV, Hotelhandel, Handelsschule

Hotelfachschule Thun (Schweiz. Hotelier-Verein)

Höhere Fachschule für Hoteliers und Restaurateure

HSO Schulen Thun Bern AG (privat)

Sprachen, Handels- und Kaderschule, höhere Fachschule für Wirtschaft

Quelle: www.thun.ch/bildung, Stand Oktober 2009

Bis und mit der Sekundarstufe II wird in der Region Thun ein sehr breites Spektrum abgedeckt. Im tertiären Bereich fehlen die Angebote für die in Thun starken Branchen Maschinen, Metall und Bau.

Längerfristig müssen Wege gefunden werden, auch in der Region selbst. Weiterbildungsmöglichkeiten.in den für den WRT wesentlichen Fachgebieten anzubieten (wachsende Anforderungen, lebenslanges Lernen, Berufswege mit Veränderungen).

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 50 von 107

3.9. Unternehmen der Region

3.9.1. Die grossen Unternehmen

Die grössten Unternehmen nach Anzahl Mitarbeiter:

Name Branche Anz. MA Besitz-Verhältnisse WRT total*

AVAG Thun Dienstleistung 90 Gemeinden

Colasit Anlagebau 83 privat

Duscholux AG Bau-Nebenbranche 200 privat

EMPA Thun Dienstleistung 30 Bund (EDI)

Frutiger AG Bau (400) 2000 privat, Management

Gafner Transporte Dienstleistung 60 privat

Glas Trösch AG Bau-Nebenbranche 50 Glas Trösch Holding

Hoffmann Neopac AG Anlagenbau, Volumenproduktion

400 600 privat

Labor Spiez Dienstleistung 100 Bund (VBS)

MeyerBurger AG Maschinenbau 400? Meyer Burger Technology AG, Baar; börsenkotiert

NRS Printing Solutions AG

Dienstleistung 40 privat

Pilkington Glas Thun AG Bau-Nebenbranche 90 Pilkington-Gruppe

Rychiger AG Maschinenbau 140 privat

RUAG Landsystems AG Maschinenbau 500? RUAG Holding AG – Bund (VBS)

RUAG Ammotec AG Prozesstechnik, Volumenproduktion

400? RUAG Holding AG – Bund (VBS)

Schleuniger AG Maschinenbau 250? Metall Zug Gruppe

Fritz Studer AG Maschinenbau 700 Schleifring-Stiftung, D Export-Industrie Bau Wissenschaft Dienstleister

Grosse öffentliche Arbeitgeber Stadtverwaltung Verwaltung XXX öffentlich

Spital STS Thun Gesundheitswesen XXX 1700 öffentlich * Angabe für Unternehmen mit Hauptsitz in Thun

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 51 von 107

3.9.2. Gliederung der Export-Industrie

Im Kapitel 3.5.2 (Export-Anteile) ist ersichtlich, dass „Maschinen/Apparate/Elektronik“ gut ¾ der Export-

Leistung des WRT ausmacht. Unter den WRT-Top 20 können folgende acht Unternehmen diesem

Bereich Zugeordnet werden:

Diese Unternehmen stellen insgesamt ca. 3‘000 Arbeitsplätze im WRT. Das entspricht ca. 90% des

Bereiches Maschinen/Apparate/Elektronik.

3.9.3. Fach-Kompetenzen der Export-Industrie

Unabhängig von Firmenbezeichnungen und Produkten ist es interessant, zu betrachten, auf welche

Kompetenzen (Skills) die Wirtschaft der Region baut. Dazu werden folgende Gruppen von Kompetenzen

unterschieden:

Kompetenz Erläuterung Beispiele

Organisation und Administration

Management, Prozess- und Administrations-Disziplinen

Führung, Marketing, Prozessmanagement, Qualitätssicherung; Finanzen, Personal, Logistik, interne Informatik, Liegenschaftsunterhalt, …

Allgemeine Fachkompetenz

Universelle Disziplinen, Grunddisziplinen

Physik, Chemie, Maschinenbau, Elektrotechnik, Software, Produktionstechnik,

Spezial- Fachkompetenz

Für das Produkt zentrale Kompetenzen

Schleiftechnologie (Studer), Umformtechnik (Hoffmann), Heiss-Siegeln (Rychiger), …

Organisations- und Administrationskompetenzen sind in allen Unternehmen notwendig, sind

selbstverständlich vom Marktumfeld und von der jeweiligen Unternehmenskultur geprägt,

unterscheiden sich inhaltlich jedoch wenig. Über diese Kompetenzen kann sich ein Unternehmen in

einem Markt auf hohem Niveau keine Vorteile verschaffen oder sich wesentlich differenzieren.

Bei der Betrachtung der allgemeinen Fachkompetenz fällt auf, dass die Maschinenbauer (Studer, Meier

Burger, RUAG LS, Schleuniger, Rychiger) durchwegs auf die gleichen Skills setzen (Maschinenbau,

Elektro- uns Steuerungstechnik, Software-Programmierung, Benutzer-Interaktion, Systemintegration,

Betriebs- und Unterhaltsdienstleistungen). Für die Massenproduktions-Unternehmen steht die Prozess-

Beherrschung im Vordergrund, die Maschinenbauer-Skills werden unterstützend genutzt.

Über die Spezial-Fachkompetenzen verfügen höchstens Unternehmen im selben Markt. Da keines der

Unternehmen mit einem anderen in Konkurrenz steht, haben die acht Unternehmen hier wenig bis gar

keine Gemeinsamkeiten.

Die fünf grossen Maschinenbau-Unternehmen nutzen dieselben allgemeinen Fachkompetenzen.

Qualifizierten Arbeitskräften steht der Weg zu verschiedenen Arbeitgebern offen. Die Unternehmen haben Zugang zu einem breit abgestützten Arbeitsmarkt.

0 100 200 300 400 500 600 700 800

Fritz Studer AG

Hoffmann-Neopac

Meyer Burger AG

RUAG Land Systems

RUAG Ammotec

Schleuniger AG

Rychiger AG

Colasit

Anzahl Arbeitsplätze:

Maschinenbau

Massenproduktion

Anlage-Komponenten

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 52 von 107

3.9.4. Spezielle Kompetenzen im WRT

Exklusive Kompetenzen, welche (weltweit) nur an wenigen Orten gepflegt werden, haben über die

heutige Anzahl Arbeitsplätze hinaus allenfalls das Potenzial, sich aus dieser Position stark weiter zu

entwickeln:

Labor Spiez Weltweit führende Institution des Bundes, Thema mit grossem Entwicklungspotenzial, bisher keine wesentlichen weiterführenden Nutzungen der Kompetenzen in anderen Unternehmen.

EMPA Thun Für Thun wichtige Zugangs-Stelle zu den ETH-Institutionen, die Zukunft der EMPA in Thun wird weitgehend politisch bestimmt.

Versteckte Kompetenzen werden in den gängigen Wirtschaftsstatistiken nicht als solche ausgewiesen.

Armee In ihren Schulen in Thun beschäftigt die Armee eine grosse Anzahl gut geschulter Erwachsenen-Ausbildner in teilweise technisch sehr anspruchsvollen Bereichen.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 53 von 107

3.10. Verwaltung und Verbände

Im Folgenden sind Verwaltungsstellen und Verbände aufgeführt, die sich im Kanton Bern und im WRT

mit der wirtschaftlichen Entwicklung befassen. Die Aufzählung beschränkt sich auf Institutionen, für die

diese Zielsetzung eine zentrale Aufgabe bildet.

Name Zielsetzung Link

Verwaltungsstellen Kanton

Amt für Gemeinden und

Raumordnung

Raumplanung

Agglomerationsprogramme

www.jgk.be.ch/site/agr/

Berner Wirtschaft (beco)

Tourismus und

Regionalentwicklung

(TouReg)

Tourismus und Regionalentwicklung www.vol.be.ch/site/bec

o

Berner Wirtschaft (beco)

Wirtschaftsförderung

Kanton Bern (WFB)

Unterstützung Berner Unternehmen

Vermarktung Wirtschaftsstandort Bern im

Ausland

www.berneinvest.com/

2056/3145/2127.asp

Verwaltungsstellen WRT

Geschäftsstelle WRT Firmengründungen

Firmenansiedlung

Standortvermittlung

www.wrt.ch

Abteilung Stadtmarketing

der Stadt Thun

Wirtschaftsförderung

Stadtmarketing

Stadtentwicklung

www.thun.ch/stadtver

waltung/aemterfachst

ellen/abteilung-

stadtmarketing.html

Region Thun-InnertPort (TIP) Regionalentwicklung

Raumplanung

Verkehr

Agglomerationsprogramm Thun

www.region-tip.ch

Organisationen Kanton

innoBE AG/ Bern Neuunternehmerberatung

Innovationsberatung

Cluster- / Netzwerkförderung

www.innobe.ch/

Volkswirtschaft Berner

Oberland

Förderung nachhaltige Entwicklung des

Wirtschafts- und Lebensraumes Berner

Oberland

Pflege Unternehmen im Berner Oberland

www.volkswirtschaftbe

o.ch/

Handels- und

Industrieverein des Kantons

Bern

Gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen

Services für Mitglieder

www.hiv-bern.ch

Berner KMU Gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen

Services für Mitglieder

www.bernerkmu.ch/

Bürgschafts-

Genossenschaften

Erleichterte Beschaffung von Fremdkapital

bei Banken und Finanzinstituten für KMU

www.bgm-ccc.ch/

Unitectra Wissens- und Technologietransfer /

Innovationsförderung

www.unitectra.ch/

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Telematikcluster Bern Stärkung Branche

Netzwerk

Standortpromotion

www.tcbe.ch

Medizinalcluster Bern Stärkung Branche

Netzwerk

Standortpromotion

www.medical-

cluster.ch

Wirtschaftsberatungscluster

Bern-Espace Mittelland

Stärkung Branche

Netzwerk

Standortpromotion

www.wbcb.ch

Organisationen WRT

innoBE AG/ Filiale Thun siehe oben www.innobe.ch/wrt

Regionale

Wirtschaftskoordination

(RWK)

Förderung wirtschaftliche

Rahmenbedingungen und Standortgunst

Thunersee Tourismus Marketing für Tourismusregion Thunersee www.thunersee.ch

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 55 von 107

3.11. Regionen-Marketing

Wie werden die verschiedenen Wirtschaftsregionen vermarktet?

Welche Vorzüge werden in den Vordergrund gestellt?

Die folgende Tabelle enthält die per Website zugänglichen Kerninformationen:

WRT Biel Leman* Uster www.thun.ch www.wrt.ch

www.biel-bienne.ch www.region-du-leman.ch www.lausanne.ch

www.uster.ch

Natur, Tradition und Moderne

Uhren-Weltmetropole Kommunikationsstadt

Innovation, Dynamik, wirtschaftliche und Investitions-entwicklung Hohes Bildungsniveau Lebensqualität

Industrie- und Technologieregion mit langer Tradition

Tor zum Berner Oberland Alpenlandschaft Thuner See Schloss Altstadt

3-Seen-Landschaft Am Fuss des Juras Im Herzen des Mittellandes

Genfersee-Region Tor zum Zürcher Oberland Greifensee Hügellandschaft

Moderne Geschäfts- und Wohnbauten; Charme; Überschaubare Grösse; Hoher Freizeitwert Förderung von Jungunternehmen

Internationale Veranstaltungen Museumsmeile Biel Sehr produktiv (32,6% der Berner Exporte); Kompetitive Unternehmens-Besteuerung; Terrainreserven Ausbildungszentren Technologie, Kommunikation und Sport

Gemeinsame Struktur für die Promotion der Region und die Akquisition von Unternehmen im Ausland Nähe zu Verkehrs-Knotenpunkt Genf mit Flughafen Internationale Institutionen (IOC, UNO in Genf)

Kulturelle Auszeichnungen für eigene Identität; Hohe Wohnqualität Sportinfrastrukturen; Bildungsinstitutionen; Studienangebote in Zürich (Universität und ETH) und die Zürcher Hochschule Winterthur Nähe zu Zürich Zentrum und Flughafen.

* Region du (Lac) Leman mit Schwerpunkt Lausanne

Tradition ist nicht mit Wirtschaft verknüpft, Thun heute hat nichts Grosses vorzuzeigen.

Zur Jungunternehmer-Förderung fehlen kommunizierbare Fakten.

Zentrumsnähe zu Bern lässt sich nicht als Wirtschaftsvorteil verkaufen.

Charme und Freizeit sind nicht primär wirtschaftliche Vorteile.

Thun fehlt das griffige Wirtschaftsprofil.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 56 von 107

3.12. Flächen und Distanzen

3.12.1. Areal-Entwicklung

Die Arealstatistik gibt Aufschluss über die räumliche Nutzung eines Gebietes. Gebäudeareal Erholungs- und

Grünanlagen Industrieareale, bes. Siedlungsflächen

Verkehrsflächen

Wohngebäude Landwirtschaftliche Gebäude Spitäler Schulen und Anstalten

Offene Sportplätze Golfplätze, Campingplätze, Schrebergärten, Friedhöfe, öffentliche Parkanlagen und ähnliches; Wald, Felder, …

Ver- und Entsorgungsanlagen, Abbau und Deponie, Baustellen und Ruinen

Flächen für ruhenden und bewegten Verkehr auf Strasse, Schiene und in der Luft

Arealanteile der Gemeinde Thun, total 2'159 ha (Daten 2005) Veränderungen 1979/85 (innerer Kreis), 1992/97 (Mitte), 2004/2009 (aussen) Die Veränderungen der vergangenen dreissig Jahre entspricht dem allgemeinen Trend. Grünfläche weicht Gebäuden, Industrie und Verkehr. Eine Aussage mit direkten Vergleichen und über absolute Zahlen ist wenig zweckmässig, da z.B. ein (zufälliger) grosser Waldanteil einer Gemeinde das Zahlengerüst unverhältnismässig beeinflusst.

Quelle: BFS

Aus der Arealentwicklung lassen sich keine Schlüsse zur Wirtschaftsentwicklung ziehen.

Gebäude Indusrie

Verkehr Grün+Erholung

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 57 von 107

3.12.2. Zentralität

Verkehrs-, Wirtschafts- und Raumentwicklung stehen in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis.

So ist die Erreichbarkeit einer Region ein wichtiges Element des Standortwettbewerbs.

Die Zentralität wird anhand der Distanz zu den nächsten Zentren sowie an deren Grösse gemessen. Für

den Kanton Bern gilt das nationale Zentrum Bern. Als kantonale Zentren sind Biel und Thun vermerkt.

Regionale Zentren von kantonaler Bedeutung sind Langenthal, Burgdorf und Interlaken.

Aufgrund der hohen Infrastrukturinvestitionen ins Strassen- und Schienennetz in den letzten

Jahrzehnten verbesserten sich die Erreichbarkeiten generell deutlich. Die einzelnen Regionen sind somit

näher zusammengerückt.

Verbindungen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln

Thun verfügt über ein gut ausgebautes Verbindungsnetz im öffentlichen Verkehr. Bern, das kantonale

Zentrum, kann alle 20 Minuten mit einer Fahrzeit von rund 20 Minuten erreicht werden. Durch den Bau

des Lötschberg-Basistunnels ist die Verbindung zum Wallis deutlich verbessert worden.

Die untenstehende Grafik zeigt die Fahrzeit zum nächsten Zentrum (Bern, Genf, Basel Zürich, Lugano)

mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Interessant ist der grüne Streifen zwischen Thun und Bern.

Vergleich von Fahrzeiten und Anzahl Verbindungen pro Stunde (Abfahrten zw. 07.00 und 08.00h):

Destination Bern HB Zürich HB Basel SBB [h:min] [Anzahl] [h:min] [Anzahl] [h:min] [Anzahl]

Thun 19 30

4 2

1:22 1:50

2 2

1:20 1:45

2 2

Biel 27 36

2 2

1:10 1:40

2 2

1:04 1:17, 1:36

1 1, 1

Uster 1:21 1:45

2 2

14 21

4 4

1:21 1:41

2 1

Thun (Bahnhof) liegt mindestens so nahe an Zürich HB wie jede andere Stadt im Kanton oder öV-

Anschlüsse Berner Vorortgemeinden.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 58 von 107

(Zeitliche) Zentrumsnähe mit dem motorisierten Individualverkehr

Die Fahrzeitenverteilung mit dem motorisierten Individualverkehr fällt deutlich flacher aus als jene mit

den öffentlichen Verkehrsmitteln. Da der WRT verkehrstechnisch hauptsächlich Richtung Bern

ausgerichtet ist, heisst das, dass nicht nur in den Regionen mit grossem Abstand zum Bahnhof Thun,

sondern auch im Norden des WRT die Attraktivität des Individualverkehrs gross ist.

Warentransporte

Die Zentrumsnähe rechnet sich für den Warentransport auf der Strasse gleich wie für den privaten

Individualverkehr. Innerhalb des WRT hängt die Attraktivität der Lage von der Distanz zu den

Autobahnanschlüssen und der Erschliessung für schwerere Fahrzeuge ab.

Für den schweren Warentransport auf der Schiene bestehen folgende Anschlüsse:

Hauptstrecken: Güterbahnhof Thun, Kleine Allmend (RUAG-Areal), Bahnhof Gwatt, Bahnhof Spiez

Nebenstrecken: Bahnhof Uetendorf, Bahnhof Steffisburg, Heimberg Bahnhof und Dornhalte

Thun kann seine Zentralität nur in Verbindung mit der Bahnhofsnähe oder der Autobahnnähe nutzen.

Der Zentralitätsvorteil nimmt jedoch deutlich ab bei zunehmender Distanz zum eigenen Bahnhof -> Beispiel Sigriswil.

Thuns Verkehrslage ist nicht zentral, kann für Unternehmen ohne hohe Ansprüche an schnelle Logistik als gut bezeichnet werden.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 59 von 107

3.13. Raumplanung, Infrastruktur

3.13.1. Planungsstellen

Folgende kantonale und regionale Stellen befassen sich mit der Planung von Raum und Infrastruktur:

Kurzname Bezeichnung Bemerkung

Kanton

TBA, OIK I Tiefbauamt Kanton Bern

Oberingenieurkreis I (Berner Oberland)

Strassenbau

Wasserbau

AGG Amt für Grundstücke und Gebäude Grundstücke und Gebäude des Kantons

Bern (Planung, Bauherrschaft, Verkauf)

AöV Amt für öffentlichen Verkehr Angebot und Infrastruktur öffentlicher

Verkehr

AGR Amt für Gemeinden und Raumordnung Kantonale Raumentwicklung, Aufsicht über

regionale und kommunale Raumplanung,

Genehmigung von Zonenplänen,

Überbauungsordnungen

AGI Amt für Geoinformation Koordination und Bewirtschaftung der

Geodaten

LANAT Amt für Landwirtschaft und Natur Vollzug der Agrar- und Naturschutzpolitik

von Bund und Kanton

Region

TIP Region Thun-InnertPort Regionale Planungen

(Siedlung, Verkehr, Landschaft)

RVK OW Regionale Verkehrskonferenz Oberland

West

Angebot öffentlicher Verkehr

3.13.2. Laufende Projekte

Im Bereich Raumplanung und Infrastruktur sind folgende bedeutende überkommunale Projekte im WRT

im Gang:

Projekte Ziele/ Hinweise

Bypass Thun Nord www.bypassthunnord.ch/

Regionales Gesamtverkehrs- und

Siedlungskonzept

Abstimmung von Gesamtverkehr und Siedlungsentwicklung

auf Stufe Region

Landschaftsprojekte Landschaftsprojekte gemäss Landschaftsrichtplan

Regionaler Teilrichtplan ökologische Vernetzung

Regionale Naturpärke Umsetzung der Regionalen Naturpärke Thunersee-Hohgant,

Gantrisch und Diemtigtal

Agglomerationsprogramm Thun Umsetzung Infrastrukturprojekte motorisierter Verkehr,

Langsamverkehr, öV

Gemeinsame Siedlungs- und Mobilitätsplanung

Überkommunale Nutzungsplanung Gemeinsame Suche und Festlegung von geeigneten

Arbeitsstandorten in der engeren Agglomeration Thun

Entwicklungsschwerpunkt (ESP)

Thun Nord

Überarbeitung Richtplan

Arealentwicklung

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 60 von 107

3.13.3. Spezielle Infrastruktur

Die Zusammenstellung aussergewöhnlicher Infrastruktur soll allfällige Potenziale und „versteckte

Werte“ aufzeigen.

Umwelttechnik im weiteren Sinne

- Moderne KVA

- Nitrochemie AG, Wimmis

- Labor Spiez

Mobilität

- Verkehrssicherheitszentrum Stockental

- Panzerpiste

- Einrichtungen zur Fahrzeugerprobung Armee und RUAG

Ausbildung

- Ausbildungsanlagen der Armee

Logistik

- Bahnanschlüsse auf der Achse Basel-Mailand

Spezielle Industrie-Bauten

- Munitions-Fabrikation Anlage „Boden“

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3.14. Innovationsstandort Schweiz

3.14.1. Bedeutung der Innovation

Innovation: Fähigkeit, neue Produkte und Leistungen zu schaffen, die sich gegenüber Bestehendem

nicht durch Optimierung, sondern durch ihre Andersartigkeit unterscheiden.

Innovative Produkte und Leistungen ermöglichen es, gegenüber Niedriglohn-Ländern konkurrenzfähig

zu bleiben und damit den hohen Lebensstandard zu erhalten.

Die Schweiz kann ihren Lebensstandard halten, solange sie sich mit neueren und besseren Produkten und Leistungen immer den nötigen Vorsprung verschafft.

3.14.2. Innovative Schweiz

Ein Blick auf die Position der Schweiz im Vergleich mit anderen Europäischen Staaten zeigt Interessantes

auf. Die untenstehende Grafik zeigt die Leistungsfähigkeit auf,

a) neue Ideen zu finden (x-Achse) und

b) Ideen zu einem Produkt umzusetzen und das Produkt zu vermarkten (y-Achse).

Quelle: UNU-MERIT - European Innovation Scorecard 2007

Die Schweiz hat europaweit aufgrund ihrer intellektuellen Leistungsfähigkeit weitaus die besten Voraussetzungen, um mit Innovationen / innovativen Produkten Wohlstand zu schaffen – nutzt die Möglichkeiten jedoch bei weitem nicht.

Die Schweiz braucht auch Umsetzer.

Als Ursachen für die verhältnismässig schlechte Umsetzungsleistung werden in der Studie der UNU-

MERIT folgende Punkte aufgeführt:

- Fehlende Entrepreneurship-Kultur (z.B. werden Misserfolge nicht toleriert)

- Schlechte Verfügbarkeit von Aufbau-/Risikokapital

- Administrative Hürden

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3.14.3. Innovation am Standort Thun

Wie die Studie im vorderen Kapitel aufzeigt, braucht die Schweiz eher einen „Ideen-Umsetzer“-Standort

Thun als einen „Ideen-Generator“-Standort Thun.

Ganz wichtig für jeden Umsetzer ist der direkte und enge Kontakt mit den Ideen-/Technologie-

/Wissensgeneratoren an Universitäten, Fachhochschulen und Grossunternehmen. Seit Jahrzehnten fehlt

es nicht an nationalen (KTI), kantonalen (WFB) und regionalen (ZUT) Institutionen. Erfolgreiche

Zusammenarbeiten entstehen jedoch erst, wenn der direkte persönliche Kontakt von Forscher- und

Unternehmerseite gesucht und gepflegt wird.

Mit den EMPA-Aktivitäten in Thun ist ein derartiger direkter Link zum ETH-Bereich gegeben. Weitere

Ableger von Universitäten oder Fachhochschulen bestehen heute in der Region Thun nicht.

3.14.4. Statements zum Thema Innovation

Die Schweiz ist nach Deutschland der attraktivste Wirtschaftsstandort der Welt. Ausländische Manager

schätzen die politische Stabilität und die Rechtssicherheit sowie die Lebensqualität und das soziale Klima

der Schweiz, wie eine Studie der Beratungsfirma Ernst & Young deutlich macht. Nachholbedarf hat die

Schweiz dagegen bei Innovation und Unternehmergeist.

Quelle: SDA – bluewin-News 10:50 21.09.2009

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3.15. Vergleich mit anderen Regionen

3.15.1. Thun – Biel – Uster

Kriterium Stadt Thun Stadt Biel Stadt Uster

Wachstum der Anzahl stetiger Einwohner in % 1997-2007

Ausländer-Anteil in %

Alterstruktur (Abweichung vom CH-Mittel) 0-19, 20-64, 64+

Bildung (Abweichung vom CH-Mittel) Tief, mittel, hoch

Wirtschaftsprofil Maschinen, Rüstung Uhren,

Präzisionsmechanik Elektrik, Textil

Wirtschafts- Förderung

Akquisition von Neuunternehmen

Erfolgreich durch Landreserven

Fokus Gesundheit (?)

Quelle: bfs

Nach demografischen Zahlen erscheint Thun deutlich attraktiver als Biel, schwächer als Uster.

Thuns schwächeres Wirtschafts-Image als Biel kann nicht durch diese Zahlen erklärt werden.

3.15.2. Städte-Ranking BILANZ 14/09

Stadt Thun Stadt Biel Stadt Lausanne Stadt Uster

Rangordnung 94 79 41 5

Arbeitsmarkt 47 39 58 70 Dynamik 89 111 93 16 Erholungswert 16 22 62 17 Öffentl. Verkehr 60 17 8 21 Reichtum 118 123 89 41 Sozialstruktur 100 112 62 42 Steuerbelastung 125 118 99 25 Tourismus 35 46 19 80 Zentralität 90 36 16 8 Quelle: Bilanz (16)

Auch wenn das Bilanz-Ranking populärwissenschaftliche Züge aufweist, so sind doch dieselben Schwachstellen wie in anderen Analysen erkennbar.

5.7

-0.9

14.2

-505

1015

11.1

27.2 21.6

0

10

20

30

-2.8 -4.1

-0.7 -1 -0.2

3.2 3.6

4.3

-2.6 -5

0

5

-2

4.5

-2.9

8.1

-3.4

1.1

-3.9 -4.2

2.1

-5

0

5

10

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 64 von 107

4. Identität – wer ist Thun heute? Welches Bild gibt Thun heute ab?

4.1. Definition Identität und Kultur

4.1.1. Identität

Der Begriff der Identität wird von Frey/Hausser (1987) für den Menschen nach den Teilbereichen

Selbstkonzept, Selbstwertgefühl und Kontrollinstanz beschrieben. Mit diesem Ansatz kann auch die

(Wirtschafts-)Identität einer Region zweckmässig aufgezeigt werden.

Selbstkonzept oder Selbstbild: Wie nehmen wir uns selber wahr? Wie sieht sich die Thuner Wirtschaft?

Selbstwertgefühl: Ist das Schloss einfach da, weil es jemand mal gebaut hat, oder ist es eines unserer

Wahrzeichen, auf welches wir stolz sind? Schämen wir uns für unseren Waffenplatz, akzeptieren wir ihn

als Teil unserer Geschichte oder betrachten wir ihn als wertvolles Element im Thun von heute und

morgen?

Kontrollinstanz: Bestimmt die Region Thun über ihre Zukunft oder lebt man mit der Bestimmung durch

andere? Liegt Thun hilflos im Schatten der Bundeshauptstadt Bern und der Tourismusstadt Interlaken

oder hat Thun seine Rolle selber in der Hand?

Identität kann nicht einfach kreiert und mit einem Slogan verordnet werden. Nicht einmal das beste

Marketingteam macht Thun zum Heart of Europe. Hingegen ist ebenso einleuchtend, dass in Kenntnis

der Stärken, mit dem Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und mit klarer Sicht auf die vorhandenen

Möglichkeiten deutlich mehr erreicht werden kann als mit ziellosen Ansätzen und defaitistischer

Haltung.

4.1.2. (Wirtschafts-)Kultur

Die Kultur beschreibt, welche Werte hochgehalten werden, welche Glaubenssätze gelten, welche

Normen befolgt werden und mit welchen Riten die Kultur zelebriert wird. Diese Begriffe mögen

theatralisch wirken, es sind jedoch diese Elemente, welche auch eine Wirtschaftskultur beschreiben.

Werte: Welche Branchen werden hoch geachtet?

Glaubenssätze: An welchen Positionen wird nicht gerüttelt? Es kann durchaus sinnvoll sein, gewisse

Positionen nicht dauernd zu hinterfragen.

Normen: Welche formellen oder informellen Vorgaben hat man sich selber gegeben?

Riten: Mit welchen Anlässen und (standardisierten) Verhaltensweisen tritt die Kultur in Erscheinung?

Nebst den qualitativen Ausprägungen kann nach mehreren Kriterien die „Stärke“ einer Kultur

beschrieben werden. Die Prägung zeigt auf, wie stark das Individuum in seinem Denken und Handeln

von der Kultur beeinflusst wird. Die Diffusion (Verbreitung) sagt aus, wie viele Personen die Kultur

aufnehmen. Mit dem Tiefeneffekt wird die Wirkung auf die verschiedenen gesellschaftlichen

Gruppierungen beschrieben. Die Persistenz (Dauerhaftigkeit) ist das Kriterium für die Lebensdauer einer

Kultur.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 65 von 107

4.2. Bedeutung und Notwendigkeit einer Identität Identität kann als die Gesamtheit der Fähigkeiten und Merkmale/Eigenheiten bezeichnet werden. Darin

ist neben dem „was man hat und was man kann“ auch das „wie man damit umgeht“ enthalten. Zur

Identität gehören also auch Aspekte wie Fortschrittlichkeit, Veränderungsbereitschaft,

Naturverbundenheit, …

Wie jede Person hat jede Region eine Identität. Nicht überall ist die Identität in gleichem Masse fassbar.

Wie die Identität einer Person bei jeder Begegnung eine wichtige Rolle spielt, so trifft dies auch auf die

Identität einer Region in der Kommunikation mit anderen Regionen, gegenüber dem Kanton oder den

Bürgern zu. Wenn man weiss, mit wem man es zu tun hat, so kommt man auch schneller zusammen ans

Ziel.

Identität wirkt nach aussen, aber auch nach innen. Wenn eine Stadt oder eine Region ein treffendes und

verständliches Bild von sich selber skizziert, so können alle angesprochenen Akteure ihr Tun darauf

ausrichten – das gilt für Auswärtige wie für Privatpersonen und Unternehmen aus der Region. Wie das

analog auch für Individuen gilt: Erst wenn ich weiss, wer ich bin, kann ich wissen, was ich tun soll.

So ist es einleuchtend, dass eine eigene Identität / ein eigenes Gesicht für die Region Thun von grossem

Nutzen ist. Sei es für die Vermarktung nach aussen, sei es für den Tourismus, für die Ansiedlung neuer

und das Halten ansässiger Unternehmen wie auch zur Gewinnung steuerzahlender Privatpersonen.

Die Stadt. Lieben. Leben. - das mag zutreffen, beschreibt die Identität der Region bestimmt nicht

vollständig und ist als Bild zur Gewinnung neuer und Stärkung bestehender Unternehmen auch wenig

nützlich.

Thun hat eine Geschichte und eine Gegenwart. Bei aufmerksamer Betrachtung sind Züge eines

Gesichtes erkennbar. Ziel der auf den Bericht folgenden Arbeit muss es auch sein, ein auf diesen Zügen

basierendes Gesicht zu zeichnen, das der Thuner Wirtschaft / den Thunern zur Identifikation dient und

gleichzeitig eine für die zukünftige Entwicklung nützliche Vision beinhaltet.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 66 von 107

4.3. Prägung durch die Geschichte

4.3.1. Politik …

Thun war nie ein bedeutendes politisches Zentrum. Auf nationaler Ebene war Thun immer auf zweiter

Stufe. Die Nähe zu Bern war auch immer der Grund, weshalb Thun nicht zu einem selbstständigen

regionalen Zentrum geworden ist, Thun ist auch nicht das Zentrum des Berner Oberlandes.

Thun hat politisch wenig Bedeutung

4.3.2. Aufbau der Industrie

Die Wahl vun Thun als eidgenössischer Waffenplatz war für Thun von grosser Bedeutung. Es war ein

Entscheid von aussen. Der Bund hat den Waffenplatz aufgebaut, der Bund hat die Rüstungsbetriebe

nach Thun gebracht, die Familie von Selve aus Deutschland hat das einst grösste private Unternehmen

in Thun aufgebaut.

Es scheint, als wäre alles Wesentliche in Thun von aussen gebracht worden

4.3.3. Stabilität über mehr als hundert Jahre

Über mehr als ein Jahrhundert ist die Wirtschaft stabil gewachsen – über sehr lange Zeit ohne

existenzielle Krise, ohne Umbrüche und ohne grosse Sprünge. Diese Stabilität schafft Vertrauen und

bringt Ruhe. Man war über Generationen nie dazu gezwungen, ganz Neues zu schaffen und

wirtschaftliche Risiken einzugehen. In dieser wohligen Lage ist eine Haltung der Genügsamkeit

entstanden. Es ist nicht nur so, dass es keinen triftigen Grund für die Entstehung einer

Veränderungskultur gegeben hat, sondern allfällige Veränderungen stören auch die Ruhe. Bis heute ist

auch auf politischer und kultureller Ebene feststellbar, dass Neuem gegenüber eher Unbehagen als

gespannte Erwartung entsteht.

Thun hatte immer seine Ruhe. Das lehrt einen nicht, sich dynamisch zu bewegen.

4.3.4. Geschichten des Niedergangs

Innert weniger als zwanzig Jahren sind fast alle grossen Unternehmen der Region verschwunden (Selve,

Habegger Seilbahnen) oder von einem grossen Partner übernommen worden (Studer, Rychiger, Nobs).

In der gleichen Zeitspanne wurden die Rüstungsunternehmen (Konstruktionswerkstätten und

Munitionsfabrik) massiv reduziert und in eine privatrechtliche Gesellschaft überführt, womit diese

Unternehmen erheblich grösseren Risiken ausgesetzt sind als als reiner Bundesbetrieb.

Innert sehr kurzer Zeit sind fast alle wesentlichen Unternehmen verschwunden, wurden verkauft oder wie die Rüstungsbetriebe in Volumen und Kompetenzen zusammengestutzt.

Die Aufbauarbeiten in den neunziger Jahren vermochten die Anzahl Arbeitsplätze zu erhalten. Es sind

daraus jedoch keine neuen, tragenden Unternehmen entstanden.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 67 von 107

4.4. Verzerrte Wahrnehmung der Wirtschaftsthemen

4.4.1. Persönlicher Blickwinkel

Von 100‘000 Einwohnern des WRT arbeiten nur 8‘000 in Exportunternehmen. Die wenigsten nehmen

wahr, wie sich insbesondere die Maschinenbauunternehmen entwickeln. Wer im Unternehmen A

arbeitet, weiss auch wenig über das Unternehmen B. Die Exportunternehmen sind in ihrer Aktivität

hauptsächlich nach aussen orientiert und kommunizieren wenig an die breite Bevölkerung. Aus diesen

Gründen können die Leistungen dieser Unternehmen nicht angemessen erkannt werden.

Es besteht auch die Gefahr, dass Politik und Verwaltung, die vornehmlich aus lokalen Personen besteht,

ohne Beiträge von aussen ebenfalls aus diesem persönlichen Blickwinkel argumentieren und handeln.

4.4.2. Bedeutung der Exportbereiche

Die Differenzierung zwischen Export- und Binnenwirtschaft ist sicher nicht neu, aber sie ist nicht üblich.

Aus der Geschichte ist in Thun auch ein sehr leistungsfähiges und lebhaftes Gewerbe entstanden, das

gesellschaftlich und politisch sehr gut vertreten ist. Industrievertreter hingegen sind oft Auswärtige oder

haben aus ihrer Tätigkeit wenige Verknüpfungen mit dem gesellschaftlichen Leben in der Region.

Nebst dem, dass die Exportbereiche wenig erkannt werden, sind sie auch schwach vertreten.

4.4.3. Bedeutung der Steuersituation

Die langfristigen Folgen zu hoher Steuersätze werden nicht erkannt, der Mechanismus wird zu wenig

verstanden. Die Tatsache, dass auch für viele Gutverdiener in der Region die Lebensqualität vor dem

Steuervorteil steht, ist ein Blender-Argument. Wenn heute die hier Verwurzelten nicht wegziehen, heisst

das nicht, dass längerfristig genug Personen hierher ziehen, um überhaupt das aktuelle Niveau zu

halten.

4.4.4. Tiefer Informationsstand

Die Bevölkerung weiss wenig über Unternehmen und die wirtschaftlichen Grössen und

Zusammenhänge. Sogar die Unternehmen selber wissen wenig voneinander, die Verwaltung weiss

wenig von Unternehmen. Das gilt bestimmt auch für andere Regionen, in diesem Bereich den

Informationstand zu erhöhen, ist aber auch nicht sehr schwierig.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 68 von 107

4.5. Generelle Werteverschiebung

4.5.1. Von der Industrie zur Dienstleistung

Dass der Dienstleistungssektor wächst, ist unbestritten. Noch vor nicht allzu langer Zeit war vom

Dienstleistungsstandort Schweiz die Rede davon, wie die industrielle Tätigkeit innert kurzer Zeit hier

ganz verschwinden wird. Darunter hat das Image der Industrie gelitten, insbesondere das Image der

traditionellen Bereiche (Maschinen, Metalle, Anlagen).

4.5.2. Technikfeindlichkeit

Technik wird mit Umweltbelastung in Verbindung gebracht: Maschinen verschmutzen. In der Werkstatt

ist es schmutziger als im Büro.

4.5.3. Militär und Rüstungsindustrie

Die Bedeutung des Militärs hat sich seit den sechziger Jahren verändert, seit dem Mauerfall wird vieles

immer wieder in Frage gestellt. Seit dem Mauerfall steht auch die Rüstungsindustrie vor einem ganz

anderen Hintergrund, diese Industrie wird heute im Wesentlichen eher wegen ihrer wirtschaftlichen

Bedeutung als aus sicherheitspolitischen oder gar patriotischen Überlegungen verteidigt.

Das sind alles Entwicklungen, die es den Thunern nicht einfach machen, auf ihre Industrie von gestern wie auch von heute stolz zu sein.

4.6. Aussagen aufgrund von Fakten und Zahlen Wachstum: Der WRT ist die einzige städtische Region des Kantons, die wächst.

Thun zieht mittelständische Familien an.

Ausländer: Sehr geringer Anteil

Altersstruktur: Geringer Anteil im arbeitsfähigen Alter

Bildung: Gute, breite Berufsbildung – wenig mit höherer Bildung

Arbeitsplatz und Wohnort: Viele Zu- und Wegpendler

Mittelfluss: Geld in die Region fliesst ½ durch die Pendler, ¼ Maschinenindustrie

und ¼ Bau, Tourismus, Dienstleistung und anderes.

Steuern: Für Private jeder Einkommensklasse abschreckend / belastend

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 69 von 107

4.7. (Wirtschafts-)Identität Thun 2009

4.7.1. Selbstbild

Thun war Garnisonsstadt mit stolzen militärischen Betrieben – in Thun wurden sogar Flugzeuge gebaut!

Die Industrie, welche mit diesen Betrieben gewachsen ist, ist unterdessen verschwunden oder wurde

verkauft. Thun hat versucht, sich zu einem Dienstleistungsstandort zu entwickeln, davon ist bis heute

noch nichts erkennbar. Die angesiedelten Unternehmen aus interessanten Branchen sind teilweise recht

erfolgreich, bringen aber nicht eine grosse Zahl von Arbeitsplätzen. In Thun will nichts richtig Fuss

fassen, von Thun lässt sich kein klares Wirtschaftsbild zeichnen.

Die Stadt. Lieben. Leben.

Hingegen verfügt der WRT über ein lebhaftes, gut organisiertes Gewerbe. Oberflächlich wird unter

„Wirtschaft der Region Thun“ wohl meist dieser attraktive Binnenteil der Wirtschaft verstanden

(Innensicht).

4.7.2. Selbstwert

Thun hat im Bereich Wirtschaft nichts Grosses, worauf man auf Thuner stolz sein könnte. Positive

Meldungen von Meyer Burger, Robidog, Duscholux und anderen werden sicher würdigend

aufgenommen, daraus ergibt sich jedoch nicht ein Ganzes, mit dem sich die Region identifizieren

könnte.

Wie gross ist der Selbstwert, wenn man nichts hat und niemand ist?

Auch hier unterscheiden sich Aussensicht und Innensicht: Wegen der aktuellen Situation haben wohl die

wenigsten ein Selbstwertproblem – auch hier werden in der breiten Bevölkerung Handel und Gewerbe

als „Wirtschaft“ wahrgenommen – da fehlt es an kaum etwas.

4.7.3. Kontrollinstanz

Seit 1850 führt der Bund die Wirtschaft in Thun. Meyer Burger wird von Baar (ZG) aus, Studer von

Deutschland aus kontrolliert. Ein Drittel der Thuner arbeitet in Bern. Thun wirtschaftet nicht, Thun wird

gewirtschaftet.

Wirtschafts-Thun weiss heute nicht, wer es ist, wohin es will und ob es überhaupt will. Überhaupt liegt es nicht in der Kraft Thuns, das Wirtschafts-Geschick Thuns beeinflussen zu können.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 70 von 107

4.8. Wirtschaftskultur Thun 2009

4.8.1. Werte

Militär und Bundesbetriebe, Selve und andere waren bis in die achtziger Jahre die „Werte“ der Thuner

Wirtschaft. Fast alle sind verschwunden oder haben sich gewandelt. Neues, Prägendes scheint nicht

entstanden zu sein.

Alte Werte sind verschwunden und neue Werte sind nicht da oder nicht erkannt.

4.8.2. Anlässe und Traditionen

Welche sind die hervorragenden Zeugnisse einer Wirtschaftskultur? OHA? Das einzige Happening mit

beachtlicher Wirkung über die WRT-Grenzen hinweg ist das Swiss Economic Forum, der Anlass, der sich

mangels Infrastruktur mittelfristig von Thun verabschieden muss.

Ein letztes, klangvolles Zeugnis der Thuner Wirtschaftsgeschichte ist die Blaskapelle SELVE.

Thun kann sich mit einer vielseitigen, wertvollen Gewerbekultur wohl rühmen, aber Thun hat heute keine sichtbare Wirtschaftskultur.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 71 von 107

5. Folgerungen – was geschieht in Zukunft? Was bedeutet die heutige Situation? Was wird erwartet? Was wird kommen?

5.1. Null-Lösung – was geschieht, wenn es wie bisher weiter geht?

5.1.1. Grundsätzliches

Auch in diesem Abschnitt werden unter Wirtschaft jene Aktivitäten verstanden, die von aussen sichtbar

sind und den WRT von anderen Regionen unterscheidet. Binnen-Aktivitäten wie lokaler Handel und

Gewerbe sind selbstverständlich auch Teil der Wirtschaft, haben aber wenig Möglichkeit, die Identität

der Wirtschaftsregion zu prägen.

Es ist schwierig, ohne das Bewusstsein für die Art und Bedeutung der (Export-)Wirtschaft deren

Bedürfnisse richtig zu erkennen und zu decken oder sie gar weiter auszubauen. Diese nach aussen

gerichteten Unternehmen organisieren sich ihre Partnerschaften selber und sehen von sich aus keinen

Anlass, Synergiemöglichkeiten innerhalb der Region zu nutzen. Sie entwickeln sich eigenständig und

geben damit kein „ganzes Bild“ ab.

Im Bereich des Tourismus wird ohne klare, kommunizierbare Strategie kein Weg aus der heutigen

Blockade gefunden. Die guten Ideen brauchen zusätzliche Infrastruktur – für Infrastrukturinvestitionen

können die Ideen nie gut genug sein, solange es nur einzelne gute (und sehr gute) Ideen sind, die nicht

zusammen als Ganzes erkannt werden können. Thun bleibt ein „Irgendwas“ am Thunersee mit wenig

Hotels.

Auf den höheren Bildungsstufen ist eine starke regionale Konzentration der Bildungsangebote

erkennbar. Solange im WRT eine thematische Ausrichtung fehlt, fehlt auch die Unterstützung des

Kantons. Dadurch werden auch private Institutionen keine breit zugänglichen Angebote machen

können.

5.1.2. Wirtschaftswachstum

Das Wachstum hängt an den Unternehmen, die bereits im WRT aktiv sind. Aufgrund der heutigen

Sachlage und ohne kommunizierbare Perspektiven gibt es für potenzielle Zuzüger kaum Gründe für den

WRT. Es ist deshalb davon auszugehen, dass das wirtschaftliche Wachstum weiterhin unstrukturiert und

schwach ausfallen wird.

5.1.3. Folgen für die Bevölkerung

Wenn wegen der schwachen wirtschaftlichen Position weniger Mittel zur Verfügung stehen, werden

Investitionen der öffentlichen Hand in Infrastruktur immer schwieriger. Auch Private können weniger in

ihre Liegenschaften investieren. Die Wohnlage an sich wird nicht weniger attraktiv, deshalb wird das

Bevölkerungswachstum weiter anhalten; aber die schleichende Verarmung der Region reduziert

bestimmt die Lebensqualität für alle Bevölkerungsschichten.

5.1.4. Hilfe von aussen

Der Kanton Bern tut sich schwer damit, gute Lösungen für die wirtschaftliche Entwicklung des WRT

einzubringen. Der Schwerpunkt lag in der vergangenen Zeit hauptsächlich in der Region Biel, wo das

beco auch ein eigenes Büro eröffnet hat.

Es ist nicht davon auszugehen, dass Kanton oder Bund Thuns Wirtschaftsprobleme löst.

Thun muss sich selber helfen. Thun muss auch selber die Grundlagen dazu erarbeiten.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 72 von 107

5.2. Ansprüche und Interessen – welche Veränderungen sind erwünscht?

5.2.1. Zielsetzungen der Stadt Thun

Allgemein

Allgemein formuliert setzt die Stadt Thun mit den Legislaturzielen 2007 - 2010 auf qualitatives

Wachstum. Thun will mit seiner sehr hohen Lebensqualität sein Potenzial nutzen und weniger gegen

aussen als vielmehr gegen innen wachsen.

Konkret

Mit der auf drei Legislaturperioden hinaus formulierten Strategie Stadtentwicklung heisst das:

- Den Wirtschaftsstandort Thun und die Wertschöpfung stärken

- Private und öffentliche Arbeitsplätze erhalten und ausbauen

- Die Lebensqualität durch zeitgemässe Erneuerung und den Ausbau des Wohnungsangebots

aufwerten

- Die Finanzkraft der Stadt über eine Stärkung der Steuerkraft und eine haushälterische

Ausgabenpolitik verbessern

- Siedlung, Landschaft und Verkehr durch angepasste Planung bestmöglich ordnen

Oberste Priorität

Oberstes Ziel von Gemeinderat und Stadtrat für die nächsten Jahre ist ein ausgeglichener Finanzhaushalt

bei konkurrenzfähiger Steueranlage und stabiler Verschuldung.

Dabei sind die Schwerpunkte in den Bereichen Wirtschaft und Arbeiten:

- Bessere Abgeltung der Zentrumslasten

- Standortsicherung der drei wichtigen Anlässe SEF, Künstlerbörse und Seespiele

- Mittel- und längerfristige Nutzung des Casinosaals

- Entwicklung der Arbeitszone ESP Thun Nord Steffisburg und des Wirtschaftsparks Thun Schoren

- Entwicklung Gebiet Bahnhof West

- Bewältigung des Agglomerationsverkehrs

Schwerpunktprojekt Wirtschaft im WRT

Mit den grösseren Agglomerationsgemeinden erarbeitet die Stadt Thun einen überregionalen

Zonennutzungsplan mit dem Ziel, die wirtschaftliche Entwicklung in Bezug auf die Entwicklung von

bestehenden und die Ansiedelung von neuen Unternehmen in Zukunft koordiniert und qualitativ hoch

stehend zu fördern.

Steuern

Das Steuersubstrat besteht heute zu ca. 95% aus den Privathaushalten. Es ist das Ziel, das

Steueraufkommen von Unternehmen zu erhöhen und damit den finanziellen Spielraum der Stadt Thun

zu verbessern.

Die detaillierten Beschreibungen zu den Zielen findet man im Dokument Legislaturziele 2007 - 2010 sowie im Dokument Strategie Stadtentwicklung.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 73 von 107

5.2.2. Interessen der Unternehmen

Industrie

Die folgende Übersicht wurde aufgrund der Aussagen von Führungskräften von grösseren und mittleren

WRT-Unternehmen erstellt.

Generell wünscht sich die Industrie ein stärkeres Bekenntnis und die entsprechende Wertschätzung

von/durch Politik, Verwaltung und Bevölkerung.

Konkret haben oberste Priorität:

- Rasche Umsetzung administrativer Anliegen (Baubewilligungen)

- Bau-/Expansionsmöglichkeiten

Die Anforderungen an die Mitarbeiter praktisch aller Bereiche nehmen zu. Die Einstellung von

ausreichend qualifiziertem Personal wird zunehmend schwierig. Es fehlen in der Region

(berufsbegleitende) Ausbildungsmöglichkeiten auf den Stufen der höheren Fachschulen und der

Fachhochschulen. Das Fehlen der Ausbildungsmöglichkeiten ist mit ein Grund, weshalb zu viele

Mitarbeiter mit Potenzial auf eine Weiterbildung verzichten.

Nicht erwünscht sind marktfremde Förderungsmassnahmen, welche unter dem Strich vor allem

Aufwand generieren und keine klar erkennbare Wirkung erzielen.

Erwünscht sind einfache, zielgerichtete Koordinationsimpulse zur besseren Vernetzung der nach aussen

orientierten Export-Unternehmen des WRT (Innovationszirkel, …).

Gewerbe

Der WRT darf nicht zur Schlafregion werden, Thun nicht zur Schlafstadt. Pendler decken ihren Bedarf an

Produkten und Dienstleistungen (Lebensmittel, Autokauf, Arztbesuch) vermehrt in der Arbeitsregion

und nicht mehr am Wohnort. Dadurch fallen dem hiesigen Gewerbe Kunden weg.

Ein Anliegen des Baugewerbes ist es, bei Projekten der öffentlichen Hand angemessen berücksichtigt zu

werden. An den Prinzipien des offenen Marktes ist konsequent festzuhalten, dennoch stellt man fest,

dass andere Regionen ihr Gewerbe stärker zu unterstützen vermögen.

Tiefere Steuern sind vor allem für Privatpersonen wünschenswert. Grundsätzlich ermöglichen tiefere

Steuern mehr Konsum und weiter bedeuten höhere Steuern tendenziell weniger Zuzüge kaufkräftiger

Personen.

Allgemein erwünscht sind eine unkomplizierte und professionelle Zusammenarbeit mit Behörden,

möglichst wenig Handelshindernisse und transparente Vorgaben und Richtlinien.

Tourismus

Der Fokus der regionalen Touristiker liegt in der Positionierung und Vermarktung einer

„Tourismusregion Thunersee“. Eine separate Vermarktung einer Destination Thun scheint nicht

zweckmässig.

Innerhalb der Tourismusregion Thunersee fällt der Destination Thun als regionales Zentrum mit

spezifischen Attraktionen (Shopping, Stadtleben, Schloss, Kultur, …) eine entsprechende Rolle zu.

Eine klar erkennbare Identität und Positionierung der Stadt Thun (WRT) würde es ermöglichen, diese

Rolle konkret und attraktiv zu gestalten.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 74 von 107

Unbestritten ist unter Tourismus-Fachleuten der Bedarf an zusätzlicher Hotelkapazität im oberen

Segment.

5.2.3. Interessen potenzieller Zuzüger (Unternehmen)

In chronologischer Reihenfolge der Abklärung:

- Ansprechstelle für die Gesamtregion (WRT)

- Transparenz des Angebotes (Raum, Infrastruktur, Partner, Steuern)

- Qualität des Angebotes

o Vielseitiges Raumangebot

o Bestehende (oder zumindest realisierbare) Infrastruktur

o Kompetente Arbeitskräfte in der Region / Region für Arbeitskräfte attraktiv

o Leistungsfähige Partner und Zulieferer vor Ort

o Geringe Steuerlast

- Kompetenz der „Betreuung“

- Rasche Umsetzung der Formalitäten

5.2.4. Interessen potenzieller Zuzüger (Privatpersonen)

- Arbeitsplatz

- Übersicht Wohnmöglichkeiten, attraktiver Wohnraum

- Kinderbetreuung

- Freizeit-, Sport-, Erholungs- und Kulturangebot

- Tiefe Steuern, übersichtliche Steuersituation

- Rasche Integration in das gesellschaftliche Umfeld

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 75 von 107

5.3. Einflüsse von aussen – welche Trends wirken auf die Region Thun?

Verschiedene Entwicklungen der Zukunft sind in mehr oder weniger groben Zügen

vorhersehbar. Welche sind diese Trends und welchen Einfluss können sie auf die

Entwicklung der Region haben?

5.3.1. Megatrends

Einige Entwicklungen dauern über mehrere Jahrzehnte an. Haben diese Entwicklungen Auswirkungen

auf alle Lebensbereiche, spricht man von „Megatrends“. Auch wenn die Forschungen um Megatrends

wenig wissenschaftlich sind, zeigen sie doch eindrücklich und weitgehend einleuchtend wesentliche

Entwicklungen auf.

Megatrends in der

Gliederung nach

Matthias Horx*

Trend Erläuterung Chancen für die Region Thun

Alterung Mit der höheren Lebenserwartung nimmt der Anteil älterer Personen zu.

Know-How-Träger werden länger arbeiten – in Thun … Senioren als Steuerzahler.

Neue Frauen Der Anteil arbeitstätiger Frauen nimmt zu, der geschlechterbedingte Rollenunterschied nimmt ab.

Pro-aktiv familien-/frauenfreundliche Infrastrukturen aufbauen (Kinderhorte).

New York Gearbeitet wird unabhängig von einer festen Zeit und einem festen Ort.

Thun als attraktiver Arbeitsort für ortsflexible Arbeitskräfte.

Individualisierung

Jeder nimmt sich zunehmend als Individuum wahr und stellt die entsprechenden Ansprüche.

Sehr vielseitiges Freizeitangebot als Standortvorteil ausspielen.

Mobilität Mobilitätsanspruch steigt. Know-How, Skills und Infrastruktur ideal einsetzen.

Digitalisierung Information ist überall vorhanden. Geografische Distanzen verlieren teilweise an Bedeutung.

Globalisierung Unternehmen agieren weltweit, Abhängigkeiten der Märkte bestehen weltweit.

Kommunikation der Synergie Tourismus-Freizeit-Wirtschaft-Industrie.

Neo-Ökonomie

Ökologische, nachhaltige Lebensweise und Produkte erhalten für breite Bevölkerungsschichten grosse Bedeutung.

Unversehrte Landschaft als Trumpf (auch ein Trumpf zum Thema Gesundheit).

Gesundheit Gesundheitsbewusstsein nimmt zu. Bedürfnis nach medizinischen Dienstleistungen und medizinaltechnischen Produkten.

Bildung Bildung als Eintrittskarte ins Berufs-/Gesellschaftsleben; mit laufend neuen Technologien und Produkten ist Lernen lebenslang wichtig.

Bildungsnachfrage steigt – vielseitiges Angebot an attraktiver Lage bieten.

* Matthias Horx, Quelle (13)

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 76 von 107

Alterung und Neue Frauen werden unbestritten einen grossen Einfluss auf die demografische

Entwicklung haben, damit auch auf die Raum- und Verkehrsplanung.

New York, Individualisierung, Digitalisierung und Mobilität werden bestimmen, wann, wo und wie wir

arbeiten.

Neo-Ökonomie und Gesundheit werden unser Konsumverhalten und unsere Freizeitgestaltung prägen.

Bildung ergibt sich schon alleine als Notwendigkeit aus den obigen Entwicklungen.

So unwissenschaftlich und populistisch Trendforschung zu einem grossen Teil sein mag, lässt sich nicht

bestreiten, dass die beschriebenen Entwicklungen/Veränderungen langfristig ganz erhebliche

Auswirkungen auf unsere Gesellschaft der kommenden Jahrzehnten haben wird.

5.3.2. Regionale und spezifische Trends

Andere langfristige Entwicklungen sind vielleicht nur von regionaler Bedeutung, haben aber auf die

betroffene Region ganz erheblichen Einfluss.

Ausbildung, „Bologna-Reform“

Konzentration der Ausbildungsstandorte: Mittelfristig besteht wenig Aussicht auf zusätzliche Fachhochschul-Standorte. Akademisierung nicht-akademischer Berufe: Mittelfristig werden Anpassungen notwendig sein, die auch auf private Bildungsangebote bauen.

Regionalisierung Entgegen der Globalisierung wird der Nutzen regionaler Netzwerke mit kurzen Distanzen und persönlicher Kommunikation zunehmend erkannt.

Rüstungsindustrie auf dem Rückzug

Gleichzeitig gehen die Ausgaben des Bundes für die Rüstung zurück und die Exportauflagen verschärfen sich.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 77 von 107

5.4. Randbedingungen – was schränkt die Möglichkeiten ein? Verschiedene Mechanismen liegen ausserhalb unserer Einflussmöglichkeiten und setzen uns in der

Gestaltung der WRT-Zukunft Grenzen.

5.4.1. Finanzielle Mittel

Die Stadt Thun verfügt über begrenzte finanzielle und personelle Mittel. Aufgrund der ungenügenden

Ertragslage besteht die Gefahr, dass diese Mittel unter politischem Druck weiter gekürzt werden, falls

der Nutzen einer Wirtschaftsförderung nicht glaubhaft dargelegt werden kann.

Die Wirtschaftsförderung des Kantons Bern hat keinen eigenen Massnahmenplan zur Förderung der

Region Thun. Der Umfang einer allfälligen Unterstützung hängt im Wesentlichen von der Qualität eines

Antrages an die Wirtschaftsförderung ab.

5.4.2. Geografie und Infrastruktur

See, steiles Gelände und „Landwirtschaft-gebundene“ Zonen grenzen die wirtschaftlich nutzbare Fläche

klar ein. Bestehende Nutzungen, Verkehrsachsen und Aare lassen nicht viele Varianten für eine

langfristige Nutzungsplanung offen. Günstiges Industrie- und Gewerbeland fehlt.

5.4.3. Trägheit der grossen Strukturen

Die aktuellen Planungsstrukturen (Regionen, Thun-Innertport, Gemeinden, …) entsprechen nicht einer

für die Wirtschaftsplanung zweckmässigen Struktur. Die Vertreter aktueller Regionen/Strukturen

müssen vom Nutzen neuer Modelle und Strukturen erst überzeugt werden. Eine überregionale Raum-

und Nutzungsplanung ist von zentraler Bedeutung. Die Bildung tragfähiger Strukturen ist deshalb eine

zeitkritische Aktivität im Prozess der Wirtschaftsentwicklung.

5.4.4. Demografische Trägheit

Die Bildungsstrukturen lassen sich nur langfristig verändern. Der Grad der Überalterung lässt sich

hingegen zuverlässig voraussagen, die langfristige Entwicklung der Altersstruktur hängt stark vom Inhalt

und der Dynamik der Wirtschaftsentwicklung ab.

5.4.5. Fremdbestimmung wesentlicher Unternehmen

Die (geldbringende) Exportwirtschaft ist im Besitz von Privatpersonen oder ist Teil grosser

Unternehmensgruppen mit Hauptsitz ausserhalb der Region. Verschiedene Gründe können Anlass dazu

sein, Arbeitsplätze im WRT in grossem Stil zu reduzieren oder Unternehmen ganz zu schliessen. Ebenso,

wenn auch besser absehbar, verhält es sich mit Unternehmen oder Verwaltungsbereichen des Bundes.

Natürlich kann solchen Veränderungen politisch oder gewerkschaftlich begegnet werden,

schlussendlich bleiben die Arbeitsplätze jedoch nur dann in der Region, wenn die Region objektive

Vorteile bietet und die Aktivität eine Zukunft hat (z.B. Rüstungsindustrie in der Schweiz).

5.4.6. Mentalitäts-Trägheit

Wem es (zu) lange gut geht, der mag sich nicht bewegen. Die Tugend, Probleme eher auszusitzen als

anzupacken, ist auch im WRT spürbar. Wer verändern will, darf nicht auf breite Unterstützung hoffen;

wenn hingegen etwas umgesetzt wird, kommen die positiven Aspekte der hiesigen Mentalität zum

Tragen: Dann wird es gründlich und professionell getan!

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 78 von 107

5.4.7. Zeit-Horizonte

Man darf sich keine Illusionen darüber machen, wie viel Zeit wirtschaftliche oder gar demografische

Entwicklungen in Anspruch nehmen. Entsprechend sind Ziele und Zwischenschritte dahin in vernünftig

langen Etappen zu planen.

5.5. Was geschieht in der Wirtschaft?

5.5.1. Konjunktur

Laut den aktuellen Konjunkturprognosen wird sich die Wirtschaft ab dem Jahr 2010 langsam von der

Finanzkrise erholen. Die Erholung kann sich über mehrere Jahre hinziehen.

Die Exportunternehmen der Region können mit den hiesigen Lohnkosten nur bestehen, wenn sie

weltweit beste Produkte anbieten können. Da in Bedeutung der aktuellen Krise zurzeit fast überall

Überkapazitäten bestehen, ist die Forderung nach neuen Lösungen noch grösser: Die Kunden brauchen

noch eine Weile keine Maschinen und Geräte, um Kapazitäten zu erhöhen, sie kaufen nur Produkte, die

ihnen erlauben, besser oder schneller zu sein. Wer über die besseren Produkte verfügt, für den zieht die

Konjunktur früher an.

5.5.2. Branchen

Bedeutung der Branchen bisher

Prognosen werden meist nach Branchen erstellt. Um die folgenden Betrachtungen ins richtige Licht zu

stellen, soll die untenstehende Grafik aufzeigen, welche Branchen seit dem Jahr 1992 bis und mit 2007

welchen Anteil zum Wachstum der Schweizer Wirtschaft beigetragen haben:

Quelle: bfs

-2.0%

-1.0%

0.0%

1.0%

2.0%

3.0%

4.0%

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Arbeitsproduktivität nach Branchen Prozentpunkte kumuliert von 1992 bis 2007

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 79 von 107

Wachstumsbranchen 2009-2015:

Untenstehende Grafik zeigt, wie viele Arbeitsplätze in den kommenden Jahren im WRT entstehen

respektive verloren gehen. Die Veränderungen beziehen sich auf die Prognose des beco je Branche,

betrachtet über den gesamten Kanton. Aufgrund der Prognose-Unsicherheit kann die Aussage dieser

Grafik nur indikativ (in die Richtung weisend) gewertet werden.

Quelle: beco K+S bulletin 1-2009

Der Maschinenbau ist die wachsende, treibende Branche der Region.

Der Wirtschaftszweig „Immobilien – Informatik – F&E – DL für Unternehmen“ kann in dem Masse wachsen, wie er Aufgaben der hiesigen Unternehmen übernehmen kann, er hängt damit direkt am Wachstum der exportierenden Industrie. Dank dem attraktiven Arbeitsort könnten sich diese Dienstleister allenfalls in der Region für Kunden ausserhalb tätig sein (Export).

Gemäss Prognose wird das für Thun wichtige Baugewerbe schrumpfen.

Dem Maschinenbau müssen Wachstumsmöglichkeiten offen gelassen werden.

Die Baubranche muss sich qualitativ von der Konkurrenz ausserhalb der Region abheben können, um ihre Grösse halten zu können.

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Veränderung der Anzahl Arbeitsplätze im WRT über 7 Jahre (2009-2015)

EXPORT total

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 80 von 107

5.5.3. Regionen

Wachstumsprognosen kurzfristig nach Wirtschaftsregionen:

Quelle: beco K+S bulletin 1-2009

Die Prognosen für die kommenden Jahre sehen im kantonalen Vergleich ein erheblich geringeres Wachstum für das Berner Oberland voraus.

Aufgrund der stark unterschiedlich ausgeprägten Wirtschaftsstruktur von WRT und „Rest-Oberland“ ist es hingegen fraglich, wie weit diese Prognose für den WRT zutrifft:

5.5.4. Trend-Impact der aktuellen Wirtschaftskrise

Die Finanz- und Wirtschaftskrise seit 2008 schafft nicht eigentlich neue Trends, vielmehr beschleunigt

diese Destabilisierung des Wirtschaftssystems die Umsetzung seit Jahren anstehender Trends. Viele

Entwicklungen wurden durch die operative Hektik, hohe Renditen und die Tatsache, „dass es so wie es

jetzt ist, ja auch geht“, zurückgehalten. Jetzt geht es eben so nicht mehr – die Wirtschaftswelt wird in

den kommenden zehn Jahren möglicherweise nicht wie in den vergangenen zehn Jahren aussehen.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 81 von 107

5.5.5. Trends für den Maschinenbau

Risiken der ansässigen Maschinenindustrie

Allgemeine Risiken

Die Schweizer Maschinenindustrie ist stark exportorientiert. Schwankungen der globalen Konjunktur

schlagen deshalb direkt auf den Auftragseingang dieser Unternehmen. Die schon seit Jahren übliche

kurzfristige Planung führt vielerorts dazu, dass in guten Zeiten zu wenige Reserven geschaffen werden

und deshalb die Krisenzeiten die Unternehmen in grosse Schwierigkeiten bringen.

Spezifische Risiken

Abhängigkeiten von spezifischen Technologie-Entwicklungen (z.B. Verfahren zur Herstellung von

Solarzellen) oder von rüstungspolitischen Entscheiden bergen ein schwer kalkulierbares Risiko in sich.

Unternehmer-Risiken

Besitzerwechsel, Konjunkturveränderungen, starkes Wachstum und anderes mehr können die

Management und Inhaber in Konflikte führen, durch welche das Unternehmen grossen Schaden erleidet

oder gar von der Landkarte verschwindet.

Die grosse Bedeutung des Maschinenbaus im WRT stellt ein bedingtes Klumpenrisiko dar. Reduziert wird das Risiko durch die Heterogenität der Kunden/Märkte der grossen Maschinenbauer.

Potenziale der ansässigen Maschinenindustrie

Industrie und produzierendes Gewerbe haben in der Zeit seit anfangs der neunziger Jahre den grössten

Anteil zum Wirtschaftswachstum geleistet (siehe Anhang 8.2 Grafik Wachstumsbeiträge). Nachdem das

Umfeld für Finanzdienstleistungen schwieriger geworden ist, wird die Bedeutung der Industrie als

Wachstumsmotor steigen.

Die grossen Unternehmen der Region haben in den vergangenen Jahren auf die äusseren

Anforderungen reagiert und ihre Produkte und Leistungen immer wieder angepasst. Sie werden auch

die Potenziale der nächsten Jahre nutzen.

Neben den „BIG 5“-Maschinenbauern haben auch kleinere, jüngere Unternehmen das Potenzial, an

Bedeutung für die Region zu gewinnen. Heute noch kleinere Akteure wie Meridian (www.meridian.ch,

Lasergeräte für Augenoperationen) und Tofwerk (www.tofwerk.com, Massenspektrometer) sind

Maschinenbau-nahe Unternehmen mit Produkten einer neuen Generation; kompaktere Maschinen

respektive Geräte mit noch mehr Technologie. Diese Unternehmen bauen heute Kompetenzen auf, die

sich weiter entwickeln lassen. Daraus können neue, attraktive Arbeitsplätze entstehen.

Die Maschinenindustrie gilt als sehr konservative Industrie. Die konservative Haltung bringt Stabilität,

versperrt jedoch die Sicht auf neue Lösungen. Der WRT ist übersichtlich genug, um im gegenseitigen

Austausch von neuen Lösungen zu profitieren; die Tatsache, dass die WRT-Maschinenbauer nirgends

direkt in Konkurrenz zueinander stehen, vereinfacht eine Zusammenarbeit dieser Art.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 82 von 107

5.5.6. Trends Tourismus

Positionierung

Durch den weiter zunehmenden Konkurrenzdruck werden sich Destinationen noch klarer und über

grössere Distanzen positionieren müssen. Das heisst, dass sich kleinere Destinationen zur einer

finanzierbaren Vermarktung zusammenschliessen und gemeinsam als Region auftreten. So wird die

Tourismus-Destination Thun mit ihren Leistungen einen Sektor in der Tourismus-Region „Berner

Oberland“ abdecken.

Inhalte

Den Megatrends folgend werden die Themen Natur/Gesundheit/Nachhaltigkeit von grosser Bedeutung

sein. Auch die weitere Individualisierung und Alterung der Gesellschaft wird die Entwicklung der

touristischen Angebote massgebend beeinflussen.

Projekte

Die Konstituierung der Tourismus-Region Thunersee ist im Gange. Um den Thunersee sind verschiedene

Projekte in Vorbereitung (Sieben Brücken, …). In der Region Thun werden Anstrengungen

unternommen, das Hotelangebot auszubauen; der Schadausaal wird für zusätzliche Kongress- und

Kulturanlässe erweitert.

Bedeutung des Tourismus

Tourismus ist nicht nur direkter Umsatzbringer. Die touristischen Angebote und vor allem die allgemeine

Aufwertung von Verkehrs- und Erholungsarealen steigern die Wohnqualität für die heutigen Bewohner

und sind beste Werbung für potenzielle Neuzuzüger. Im Weiteren bringt der Tourismus Leute an den

Thunersee und nach Thun, welche sich später bei ihren beruflichen Tätigkeiten wieder an die Region

erinnern.

Je mehr die Themen Natur/Gesundheit/Nachhaltigkeit an Bedeutung gewinnen, desto grösser wird die

Bedeutung des Tourismus als allgemeine wirtschaftsfördernde Massnahme.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 83 von 107

5.5.7. Trends Verwaltung und Verbände

Bei der kantonalen Verwaltung ist seit längerer Zeit eine Zentralisierung und Konzentration im Gange.

Im Grundsatz profitiert die Region Thun davon, weil dezentrale Verwaltungsstellen für das Berner

Oberland in Thun konzentriert werden. Daher baut der Kanton ein neues Verwaltungsgebäude auf dem

Selve-Areal. Für die wirtschaftliche Entwicklung sind diese Verwaltungsstellen in Thun aber eher von

untergeordneter Bedeutung.

Andererseits sind auch früher dezentrale Aussen-Fachstellen (z.B. Amt für Gemeinden und

Raumordnung) in Bern konzentriert worden, was für die Entwicklung der Region als eher nachteilig zu

bewerten ist.

Im Gegensatz zur Region Biel gibt es im WRT keine Filiale der Wirtschaftsförderung des Kantons Bern

(WFB). Mit der Eröffnung einer Filiale der innoBE AG in Thun hat der Kanton eine gewisse Korrektur für

diese Situation geschaffen. Zudem hat die WFB der Volkswirtschaft Berner Oberland einen

Leistungsauftrag in der Wirtschaftsförderung erteilt. Die Umsetzung dieses Auftrages teilt sich die

Volkswirtschaft Berner Oberland mit dem WRT.

Eine Konzentration ist auch bei den regionalen Organisationen im Gange. Die Region Thun-Innertport

mit 42 Gemeinden wird sich zusammen mit der Region Kandertal, der Region Obersimmental-

Saanenland, der Regionalen Verkehrskonferenz Oberland West und der Regionalen Kulturkonferenz

Thun zur Regionalkonferenz Thun-Oberland West zusammenschliessen. Diese Organisation wird sich

schwergewichtig mit der überkommunalen Siedlungs-, Verkehrs- und Landschaftsplanung, dem Angebot

des öffentlichen Verkehrs, der wirtschaftlichen Regionalentwicklung, der Energieberatung und der

Kulturförderung beschäftigen.

Im Gange sind auch Bestrebungen, im Raum Thunersee das Standortmarketing integral für den

Tourismus, die Wirtschaft und das Wohnen in einem grösseren regionalen Kontext zu betreiben.

Der Trend zu grösseren Organisationseinheiten ist bei allen öffentlichen und halböffentlichen Aufgaben

spürbar. Die Umsetzung ist jedoch mit zahlreichen Hindernissen versehen.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 84 von 107

5.6. Wie entwickeln sich Bevölkerung und Infrastruktur?

5.6.1. Wachstumsprognosen

Aufgrund des anhaltenden und starken Bevölkerungswachstums und der Wachstumsprognosen für die

Schweiz im Allgemeinen gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Bevölkerung im WRT auf

absehbare Zeit nicht wachsen sollte.

Das konkrete Wachstum wird hauptsächlich von der globalen konjunkturellen Entwicklung und von der

Standortattraktivität innerhalb des Kantons Bern (Steuerlast) abhängen.

Wo, wie und wie stark das Wachstum im WRT ausfallen wird, hängt in diesem Rahmen davon ab, wie

a) Möglichkeiten zur Aufnahme zusätzlicher Mitbürger geschaffen werden (Anzahl Arbeitsplätze,

Wohnraum / verfügbares Bauland, Verkehrswege) und

b) wie attraktiv das Leben im WRT in Zukunft ist (Art der Arbeitsplätze, Lebensqualität)

Folgender pragmatischer Ansatz dürfte realistisch sein:

In den kommenden dreissig Jahren wird die Einwohnerzahl (von heute 100‘000) bestimmt um mehr als

10‘000, sicher um weniger als 40‘000 wachsen.

5.6.2. Dynamik und Ausländeranteile

Ein hoher Anteil gut qualifizierter Zuwanderer, Ausländer im Speziellen, ist Zeugnis eines attraktiven

Standortes mit Dynamik; attraktiv in welcher Art auch immer. Wenn man beachtet, dass aktuell

Secondos und „Domizil-Touristen“ die aktivsten Firmengründer sind (moneyhouse, 02.09.2009), so wird

ersichtlich, dass im WRT mit überdurchschnittlich viel Anstrengung Dynamik entfacht werden muss. Hier

fehlen diese Ausländer.

5.6.3. Raumplanung

Von mindestens 10‘000 zusätzlichen Einwohnern ausgehend stellt sich die Frage, wo diese Leute

arbeiten und wohnen werden. Aufgrund der Topografie und der bestehenden Verkehrsstrukturen lassen

sich die möglichen Varianten verhältnismässig einfach aufzeichnen.

So vermag das rechte Thunerseeufer kaum zusätzliches Wohnvolumen aufnehmen. Standorte für

industrielle Aktivitäten sind aus praktischen Gründen auch weitgehend gegeben. Um das regions-interne

Verkehrsaufkommen niedrig zu halten, sollen Wohn- und Arbeitsorte nicht zu weit auseinander liegen.

Diese Gedanken zeigen auf, dass eine gemeindeübergreifende Zusammenarbeit unumgänglich ist.

5.6.4. Infrastruktur

Nachdem eine langfristige, WRT-weite Raumplanung festgelegt ist, können die entsprechenden

Verkehrs- und Versorgungssysteme definiert werden. Wer weiss, wie lange diese Projekte vom

Planungsstart bis zur Inbetriebnahme dauern, erkennt auch die Dringlichkeit dieser langfristigen

Planungsarbeit.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 85 von 107

6. Potenziale – was kann getan werden? Welche Möglichkeiten ergeben sich ausgehend von der heutigen Situation

(Kapitel 3) unter Berücksichtigung der absehbaren Entwicklungen (Kapitel 0)?

6.1. Stärken und Ansatzpunkte für eine starke Identität

6.1.1. Stabile Arbeitsplätze

Pendlerarbeitsplätze in der Verwaltung sind stabile Arbeitsplätze. Allenfalls können einige dieser

Arbeitsplätze nach Thun geholt werden, respektive es kann auch vom Wohnort aus gearbeitet

werden.

6.1.2. Facharbeiterschaft

Solide Facharbeiterschaft, Möglichkeiten zur Weiterbildung schaffen und nutzen.

6.1.3. Maschinenbau auf hohem Niveau

Maschinenbau auf höchster Integrationsstufe. Weltweit führende Unternehmen!

6.1.4. Position im Tourismus

Zentrale Position im Tourismus. Am Eingang zum Berner Oberland und am Tor zum Wallis.

6.1.5. Verkehrsanschluss

Guter (nicht bester) Verkehrsanschluss – nützt nur, wenn Wirtschaftsstandorte richtig platziert

werden.

6.1.6. Lebensqualität

Attraktive Wohnlage, hohe Lebensqualität – hier bringt man alle Leute hin.

6.1.7. Auf dem Sprung in die Urbanisierung

Thun ist auf der Kippe zur richtigen Stadt – der Drang zum Umbruch kann genutzt werden.

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6.2. Systematik zur Ordnung der Möglichkeiten und Ziele

Wie können mit allen Anforderungen, Möglichkeiten und den vielen

Abhängigkeiten die systematisch besten Lösungen gefunden werden?

6.2.1. Schritte zur Variantenfindung

Analytisch korrekt würden alle Stärken und Schwächen allen möglichen Zukunftsentwicklungen

gegenübergestellt und daraus Chancen und Risiken in verschiedenen Szenarien erarbeitet. All diese

Kombinationen würden in jedem Szenario einander gegenübergestellt und bewertet, damit am Ende

eine beste Lösung gefunden wird. Die konsequente Umsetzung dieser Arbeit würde den Umfang dieser

Studie um ein Vielfaches aufblähen und kaum zu einem verständlichen Resultat führen.

Da „alles ein wenig von allem“ abhängig ist (Standort-Attraktivität, Anzahl Arbeitsplätze,

Steuereinnahmen), ist eine eindimensionale, triviale Argumentation nicht zielführend.

Deshalb wurden, wie im folgenden Kapitel aufgeführt, verschiedene Argumentationswege ausgeführt,

die schliesslich zu teilweise gemeinsamen Schlüssen führen. Liefert dieser pragmatische Ansatz

ausreichend Gemeinsamkeiten für alle Betrachtungsweisen, so sind die Chancen für einen breiten

politischen/gesellschaftliche Konsens gross. Ergeben sich auf den verschiedenen Argumentationswegen

mehr Widersprüche als Gemeinsamkeiten, so sind konkrete Umsetzungsmöglichkeiten trotz zahlreicher

Fakten in weiter Ferne.

6.2.2. Umgang mit Stärken und Schwächen und Potenzialen

Es ist unverhältnismässig einfacher, Stärken weiter auszubauen, als Schwächen zu Stärken zu machen.

So ist es zweckmässig, eine zukünftige Entwicklung primär auf vorhandene Stärken (z.B. Maschinenbau)

aufzubauen und Wege zu finden, wo einen die Schwächen (z.B. Steuerlast) möglichst wenig behindern.

Selbstverständlich muss langfristig darauf hingearbeitet werden, Schwächen zu verringern und neue

Stärken aufzubauen. Nur muss diesen Aktivitäten ausreichend Zeit zugestanden werden und sie dürfen

kein grosses Gewicht in der Planung des mittelfristigen Vorgehens (Strategie) haben.

Dieser Ansatz kann auch mit „Wachsen von innen nach aussen“ bezeichnet werden.

6.2.3. Mehreres ist möglich

Es ist weder notwendig, noch nützlich, alles auf eine Karte zu setzen. So können mehrere Standbeine

nebeneinander aufgebaut werden. Solange sich diese Ausrichtungen nicht gegenseitig behindern und

ausreichend Ressourcen zur Verfügung stehen, ist nichts dagegen einzuwenden.

Sollte der Entscheid fallen, bestimmte Branchen oder Themen im WRT gezielt zu fördern, heisst das

noch lange nicht, dass alle andern interessierten Zuzüger nicht auch freundlich empfangen werden

sollen.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 87 von 107

6.2.4. Wollen vor Können

Unbestrittene Stärken, klare Möglichkeiten und beste Ideen zur Umsetzung nützen nichts, solange die

Bereitschaft zur Veränderung nicht vorhanden ist.

- Sollen Thun und der WRT wachsen oder die aktuelle Grösse beibehalten?

- Will man sich ausdrücklich zukunftsorientiert verhalten oder lieber das Bestehende pflegen?

- Will man in der Region Thun einen Bildungssprung herbeiführen oder es bei der aktuellen

Bildungsstruktur belassen?

Es verhält sich für den WRT nicht anders als für ein Individuum, für eine Sportmannschaft oder für ein

Unternehmen:

- Ist man auf einem Weg und konstruiert sich ein passendes Ziel, oder

- hat man ein Ziel und ist bereit, den besten Weg dahin zu gehen?

Bevor über die Vorschläge der folgenden Kapitel diskutiert wird oder gar entsprechende Entscheide

gefällt werden, muss zu obigen Fragen (Zielen) ein breiter Konsens erreicht werden.

6.2.5. Wunsch und Realität

Alle haben Stärken und Schwächen und die Möglichkeiten eines jeden sind beschränkt. So verhält es

sich auch beim WRT. Dies ist bei den Argumentationen in den folgenden Kapiteln und in den auf die

Studie folgenden Diskussionen zu beachten.

Es ist nicht sinnvoll, Wunschziele anzustreben, die nicht erreichbar sind. Allenfalls kann hohen Zielen der

passende Zeithorizont zugeordnet werden.

Es ist nichts gegen Wünsche und Träume einzuwenden, für ihre Realisierung müssen jedoch immer

zuerst plausible Voraussetzungen geschaffen werden.

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6.3. Argumentations-Wege

6.3.1. Analytisch-ökonomischer Ansatz

Aspekt/Thema Konsequenz für die Wirtschafts-Entwicklung

Einflussgrenzen Der WRT kann nur Massnahmen in seinen Plan aufnehmen, die innerhalb seines Einflussbereiches sind. Grenzen erkennen, WRT stärken, mehr Einfluss gegenüber Kanton

Binnen- und Exportwirtschaft

Die Exportwirtschaft fördern, damit wird die Binnenwirtschaft belebt. Der Binnenwirtschaft Hindernisse aus dem Weg räumen. Maschinenbau, Bau-Export, Tourismus und Dienstleistungen mit Potenzial

Multiplikatoren Es sollen vorab jene Bereiche direkt gefördert werden, die ihrerseits Auftraggeber für weitere Unternehmen in der Region sind (Integratoren) Integratoren haben oberste Priorität

Kompetenzen statt Branchen

Die Aufteilung nach Branchen orientiert sich an Marktbereichen. Langfristig interessanter als wen man beliefert ist, was man kann. Kompetenzen bestimmen das Zukunftspotenzial. Integratoren und spezifische Fähigkeiten, auch Ausbildung

Synergien und Cluster

Synergien finden und Austausch initiieren. Potenzial innerhalb der Region nutzen

Trends Trends aufarbeiten und Impact berücksichtigen und nutzen. Langfristplanung aufsetzen

Nachhaltigkeit An den wirksamen Hebeln ziehen, auch wenn sie unmittelbar keine Wirkung zeigen. Langfrist-Planung laufend aktualisieren, kommunizieren und umsetzen

Köpfe statt Institutionen

Auf kompetente, begeisterte und begeisternde Personen setzen. mit starken Leuten Institutionen beleben, nicht umgekehrt

Kiste verlassen Konsequent auch neue Wege gehen. Pionier-Klima fördern

Ausführliche Beschreibung der einzelnen Aspekte siehe Anhang 8.1

6.3.2. Startpunkt Steuererträge

Thema Argumentation

Steuereinnahmen 1. Thun nimmt 95% des Steuerertrages von Privatpersonen ein Erträge von Unternehmen erhöhen Zahlungskräftige Privatpersonen in die Region bringen (/hier halten) 2. Thun ist für Private mit hohem Einkommen kein Steuerparadies. 3. Thuns Verkehrslage ist nicht dazu prädestiniert, sehr Vermögende ohne berufliche Bindung mit einem Pauschalsteuer-Angebot anzuziehen. Arbeits- und Wohnmöglichkeiten eher für viele Gutverdiener als wenige Topverdiener bereitstellen(für lokal Arbeitende wie für Pendler).

Fokus auf Export Gutverdienende Zuzüger sind vor allem dann interessant, wenn ihr Einkommen auf einer florierenden Export-Tätigkeit in der Region basiert. Der Binnenmarkt wächst nur mit der Exportleistung der Region. Zur Erläuterung: Es braucht nur mehr Bäcker, wenn auch mehr Geld da ist, um Brote zu kaufen; andernfalls verdienen alle bisherigen Bäcker weniger – und zahlen weniger Steuern. Exportsektoren mit Bedarf an Hochqualifizierten (=Gutverdiener) fördern

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 89 von 107

Export bestimmt Branchenwahl

Maschinenbau und Bauindustrie sind die Exportstärken der Region Thun. Glas und Beton sind vorab aufgrund der zentralen Lage in der Region präsent; Bau-Export wird fast ausschliesslich durch eine einzige Firma (Frutiger) getragen. Der Bausektor weist beschränktes Wachstumspotenzial und ein gewisses Klumpenrisiko auf. Der Maschinenbau ist zumindest mittelfristig der einzige Wachstumssektor mit (volumenmässig) ausreichend Potenzial.

Alterssegmente Für welche potenziellen neuen Steuerzahler ist Thun attraktiv? Thun als Arbeitsort ist nicht für alle Alterssegmente gleichermassen interessant. Für junge Topshots ohne Bindung zu Thun ist die Region zu provinziell. Für Arbeitskräfte mit Familie hingegen hat Thun grosse Vorzüge. Somit sind „hype“ Branchen (Softwareentwicklung o.ä.) in Thun eher schwierig hochzuziehen. Generalisten und erfahrene Spezialisten sind Arbeitskräfte 35+. Stellen für Export-Generalisten und –Spezialisten schaffen

6.3.3. Startpunkt soziale Gesellschaft

Thema Argumentation

Lebensqualität für alle

Geringe Armut, hohes Durchschnittseinkommen, hoher Erholungswert, Bildung, Sicherheit Leistungsfähige Städte und Gemeinden

Finanzierung Leistungen werden privat oder von der öffentlichen Hand erbracht. Privat kann nur leisten, wer etwas verdient; ebenso kann die öffentliche Hand mit Steuern versorgen nur, wer etwas verdient. finanziell attraktive Arbeitsplätze

Angebot an guten Arbeitsplätzen

Anzahl und grundsätzlich auch Qualität der (Binnen-)Arbeitsplätze wachsen mit dem Umfang der durch die Exportwirtschaft und die Pendler erbrachten Leistung. Die Leistungsfähigkeit der Exportwirtschaft ihrerseits hängt auch von der Effizienz seiner lokalen Zulieferer und Dienstleister so wie von geeigneter Infrastruktur ab. Export- und Pendlerleistung effizient unterstützen und fördern

Export und Pendler Export und Pendler müssen Binnengewerbe am Laufen halten

Infrastruktur Voraussetzung für erfolgreiche Exporteure und Pendler müssen geschaffen werden; für Pendler müssen Gelegenheiten für den Tageseinkauf bestehen.

Zentrale Gemeinsamkeiten über alle Ansätze:

Hohe Lebensqualität des Einzelnen wie Handlungsspielraum von Städten und Gemeinden bauen auf ausreichend attraktiven Arbeitsplätzen.

Motor einer prosperierenden Region sind die Exportwirtschaft und die Pendler.

Die Leistungsfähigkeit der Exportwirtschaft baut vorab auf die Kompetenz ihrer Mitarbeiter, die Zusammenarbeit mit ihren (regionalen) Partnern und auf passende Randbedingungen.

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6.4. Hauptelemente eines Massnahmenplans

6.4.1. Auf (Export-)Stärken setzen

- Integratoren-Kompetenz der Maschinenbauer

- exportierende Bauindustrie (Frutiger) und Bau-Nebengewerbe (Glas Trösch, Pilkington,

Duscholux)

- stabile Pendler-Arbeitsplätze in der Verwaltung

- Tourismus mit innerhalb des Berner Oberlandes und der Tourismusregion Thunersee

differenziertem Angebot

6.4.2. Schwächen umgehen

Es besteht wenig Spielraum, um innerhalb des Kantons Bern die Steuersituation (im kantonalen

Vergleich) wesentlich zu verändern. Es sind deshalb Wege zu finden, auf welchen die Berner Steuerlast

nicht zu einem wesentlichen Hindernis wird.

Thuns Verkehrslage ist nicht dermassen gut, dass die Region für Unternehmen mit hohen Logistik-

Anforderungen attraktiv ist.

6.4.3. (Export-)Potenziale im Auge behalten / aufbauen

Es entstehen immer wieder neue Technologien und Geschäftsmöglichkeiten, die auf den in der Region

vorhandenen Kompetenzen bestens gedeihen können. Entstehen aus diesen neuen Entwicklungen neue

Unternehmen oder neue Aktivitäten bestehender Unternehmen, so sollen sie frühzeitig auf die

Möglichkeiten der Wirtschaftsregion Thun aufmerksam werden.

Beispiele solcher Unternehmen sind Tofwerk, Meridian oder der Technologie-Dienstleister EMPA.

6.4.4. Binnenwirtschaft qualitativ entwickeln

Binnenwirtschafts-Unternehmen sind einerseits wichtige Zulieferer (Teilefabrikation, …) und

Dienstleister (Bau, Treuhandwesen, …) der Exportwirtschaft und andererseits mit Handel und Gewerbe

Dienstleister für Private. Für die Region ist es wichtig, dass diese Leistungen effizient erbracht werden,

da Ineffizienz Mittelverlust für die Region bedeutet. Entsprechend sind der Binnenwirtschaft alle

unnötigen Hindernisse aus dem Weg zu räumen und gesunde Wettbewerbsvoraussetzungen zu

schaffen.

6.4.5. Offen bleiben für anderes

Die im Bericht aufgeführten Überlegungen legen im Sinne einer Ökonomie der Mittel und

Berücksichtigung der Kompetenzen und Landreserven eine Fokussierung auf bestimmte Aktivitäten

nahe. Es ist selbstverständlich, dass – auch wenn andere Aktivitäten nicht mit Nachdruck gesucht

werden – interessierte Zuzüger und Investoren ebenso freundlich empfangen werden. Es ist immer

möglich, dass die Fokussierung zu eng gewählt wurde, unterdessen neue Erkenntnisse vorliegen oder

sich Randbedingungen wesentlich verändert haben.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 91 von 107

6.4.6. Unterstützende Massnahmen

Neben den oben erwähnten kurz-und mittelfristigen Aktivitäten ist es wichtig, das Umfeld für diese

Tätigkeiten laufend zu verbessern. Dazu gehören sehr langfristige Bestrebungen zur Hebung des

Bildungsniveaus und einer ausgeglichenen Altersstruktur sowie die Schaffung der nötigen Wohn-,

Versorgungs- und Verkehrsinfrastruktur.

Kurzfristig wirksam können Anstrengungen zur regionsinternen Kommunikation oder spezifische

Weiterbildungs-Angebote sein.

6.4.7. Initiale Massnahmen

Eine wirtschaftliche Ausrichtung geht einher mit der Gestaltung oder zumindest der Formulierung der

regionalen Identität. Es ist ein breiter politischer und gesellschaftlicher Konsens notwendig, damit alle

oben genannten Anstrengungen die nötige Unterstützung erhalten und nicht immer wieder bei der

operativen Umsetzung zum Stehen gebracht werden. Der Weg muss verständlich kommuniziert werden

und dermassen überzeugen, dass sich die wesentlichen Kräfte in diesem „neuen“ Bild erkennen können.

Erst dann werden die zur Umsetzung nötigen Mittel und Kräfte frei.

Dieser Konsens ist auch notwendige Voraussetzung für eine regionale Zusammenarbeit in Fragen der

Raumplanung. Eine WRT-weite Raum- und Nutzungsplanung ist eine wichtige Massnahme für eine

erfolgreiche Wirtschaftsentwicklung.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 92 von 107

6.5. Mögliche Massnahmen nach Bereichen

6.5.1. Initiale Massnahmen

Der WRT erscheint aufgrund der geografischen Gegebenheiten, strukturellen Entwicklung (Industrie und

verarbeitendes Gewerbe) und aufgrund der Lage der anderen Zentren (Bern, Interlaken) als

zweckmässiger Raum zur Planung und Führung der Wirtschaftsentwicklung. Entsprechend bietet es sich

an, diese Plattform zu nutzen, sie allenfalls in ihrer Struktur den aktuellen und kommenden

Anforderungen anzupassen.

Es ist anzustreben, dass die Kommunikation politisch und auf Stufe Verwaltung WRT-weit intensiviert

wird. Wenn die politischen Parteien einen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung leisten wollen,

müssten auch sie sich WRT-weit organisieren.

Zentrales Element der Wirtschaftsentwicklung ist die WRT-weite Raum- und Nutzungsplanung. Ohne sie

bleiben alle Aktivitäten in der Konzeptphase stecken. Dazu ist ein breiter Konsens über Gemeinden und

politische Parteien hinweg notwendig.

6.5.2. Maschinenbau

In vertiefenden Gesprächen sind die Verwandtschaft der Aktivitäten der grossen

Maschinenbauunternehmen (Studer, Ruag Land Systems, Meyer Burger, Schleuniger, Rychiger) und

auch deren gemeinsame Interessen jenseits von Steuern und Infrastruktur zu eruieren. Daraus lässt sich

ein schärferes Bild des WRT-Maschinenbaus zeichnen.

Aufgrund dieses heutigen Profils lassen sich mögliche Entwicklungen in die weitere Zukunft aufzeichnen.

Wie schauen unsere Unternehmen in Zukunft aus? Welche bereits ansässigen Unternehmen könnten

sich in Zukunft ebenfalls zu einem der Grossen entwickeln (Meridian, Tofwerk, …)?

Unternehmen welcher Art würden in Zukunft in die Region passen? Wie heissen diese Unternehmen?

Welche Pläne haben diese Unternehmen? Kennen sie Thun? …

Ausserhalb, aber nahe den WRT-Grenzen sind Unternehmen, deren Aktivitäten jenen der „Thuner

Maschinenbauer“ ähnlich sind, ohne gegeneinander in Konkurrenz zu stehen und mit Potenzial zu

beidseitigem Nutzen. Welche Interessen und Möglichkeiten bestehen, diese Unternehmen zur Stärkung

des WRT mit einzubeziehen?

Bezüglich Vernetzung mit Partnern und Lieferanten im WRT besteht im Maschinenbausektor Potenzial.

Informations- und Kommunikationsplattformen können alle Beteiligten stärken und steigern

unbestritten auch die Attraktivität der Region für mögliche Zuzüger. Der zahlreichen wuchernden

Netzwerke und Plattformen ist man auf grosser Breite überdrüssig! Deshalb ist darauf zu achten, diese

Aktivitäten sehr schlank, transparent und professionell zu halten.

Dem Thuner Maschinenbau soll entsprechend seiner Bedeutung der richtige Platz in der öffentlichen

Wahrnehmung zukommen. Dadurch kommt auch den vertretenen Berufsständen die richtige

Wertschätzung zu.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 93 von 107

6.5.3. Bauindustrie

Exportaktivitäten der lokalen Bauunternehmen sollen erkennbar gemacht werden, damit sie neben den

offensichtlichen Exporteuren nicht vergessen werden.

Falls die WRT-Bauunternehmen herausragende Leistungen erbringen, z.B. in der Ausbildung, sollen

Möglichkeiten geprüft werden, dies nach aussen auch sichtbar zu machen.

6.5.4. Pendler

Die wirtschaftliche Bedeutung des Pendelns ist gross. Negative Aspekte wie Verkehrsbelastung, Kosten

und Auswärtskonsum sind offensichtlich. Um mit dem Thema sachlich und effektiv umgehen zu können,

wäre eine vertiefte Studie über Kosten, Nutzen, Potenziale, Abhängigkeiten und Veränderbarkeit

zweckmässig.

Parallel dazu können konkrete Ideen, wie zum Beispiel „open spaces“ um den Raum Bahnhof bereits

geprüft werden.

In Raum- und Verkehrsplanung sollen die Interessen der Pendler berücksichtigt werden. Dabei dürfen

neben den Wegpendlern die Zupendler nicht vergessen werden.

6.5.5. Tourismus

Der mehrfache Nutzen des Tourismus soll auf breiter Front verständlich gemacht werden. Tourismus ist:

- direkter Export-Umsatz

- Attraktivitätssteigerung für Einheimische (Lebensqualität)

- Steigerung des Bekanntheitsgrades zu weiterem wirtschaftlichem Nutzen (Marketing-Element)

Die Tourismuspotenziale der Region sollen strukturiert werden:

- Welchen Kundensegmenten (Matrix nach Alter und Ansprüchen) können in der Region Thun

welche Leistungen und Attraktionen angeboten werden?

- Wie können diese Angebote als ideale Ergänzungen innerhalb der Tourismusregion Thunersee

und des Oberlands angepasst und ausgebaut werden?

- Wie können diese Leistungen allenfalls die Identität der Region unterstreichen?

Der Bedarf an Erneuerung und Erweiterung der Infrastruktur ist unbestritten. Wie gross ist er?

Von welchen Grössenordnungen wird gesprochen?

Die Interessen des Tourismus sollen rasch in die Raumplanungsarbeiten einfliessen, inklusive Ansprüche

für Hotelkapazitäten, Shopping, (touristische) Verbindungselemente wie Fähren etc.

6.5.6. Schwächen-Management

Steuerlast

Die Steuerbelastung für Unternehmen ist im Kanton Bern in der Regel kein direkter

Wettbewerbsnachteil. Anders sieht es mit der Besteuerung von Privatpersonen aus, vor allem höhere

Einkommen werden sehr stark belastet. Aus diesem Grund ist es wenig sinnvoll, Strategien zu verfolgen,

die auf den Zuzug von Personen mit (sehr) grossen Einkommen bauen.

Um dennoch einen möglichst hohen Steuerertrag zu erreichen, müssten Arbeitsplätze für mittlere bis

obere Kader angeboten werden können.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 94 von 107

Je attraktiver und spezieller die Arbeit an sich ist, desto eher ist die Steuerhölle auch mit hohem Lohn zu

ertragen. Je anspruchsvoller und je zukunftsgerichteter ein Job ist, desto grösser ist der Anteil an

Enthusiasten und Freaks – da sind Inhalte wichtiger als Lohn und Steuern. Hingegen sind Jobs, die in

jeder Region angeboten werden (auch im Steuerhimmel Zug), auch in finanzieller Hinsicht vergleichbar

und im WRT entsprechend weniger attraktiv.

Zwar ist Tatsache, dass kaum jemand wegen der Steuern aus der Region wegzieht – Tatsache ist aber

auch, dass wegen der Steuern niemand in die Region zieht.

Auftreten als Wirtschaftsstandort

Für einen selbstbewussten Auftritt als Wirtschaftsstandort fehlt Thun, wie in den vorhergehenden

Kapiteln erläutert, heute die entsprechende Identität. Der Schlüssel zu gestärktem Selbstbewusstsein

liegt im Wissen um die eigenen Fähigkeiten. Deshalb ist es nicht nur wichtig zu wissen, wie wir leben

und geniessen (Die Stadt. Lieben. Leben.), sondern auch wichtig zu wissen, was wir erschaffen und

worauf wir selber stolz sein dürfen.

Welchen Einfluss die hiesige Mentalität auf die Wirkung unserer Auftritte hat, kann an anderer Stelle

erörtert werden. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, sich immer vor Augen zu halten, dass

a) die Wahrnehmung von aussen eine andere ist und

b) jedermann versucht ist, sich Vorurteile bestätigen zu lassen

Mit einem überzeugenden Auftritt und einer gewinnenden Haltung allein ist noch kein gutes Geschäft

gemacht – mit schwachem Auftritt und fahler Haltung kommt das beste Geschäft nicht in Gang.

6.5.7. Bereiche mit Potenzial

Nächste Integratoren

Neue Technologien bringen neue Produkte. Welche Produkte werden in den kommenden Jahren

„integriert“? Neben schweren Maschinen von heute sind es möglicherweise Produkte in der Art wie

Operationsgeräte von Meridian, Messausrüstungen von Tofwerk oder Lösungen im Bereich der

Umwelttechnologie. Mit dem Fokus auf die Integratoren-Kompetenz kann eine Suche nach neuen

Unternehmen für die Region zielgerichtet erfolgen.

Neue Zulieferer

Integratoren brauchen starke Zuliefer-Partner. Kann sich die Region mit ihrer Integratoren-Kompetenz

profilieren, so wird der Standort auch attraktiv für deren Zulieferer sowie für Unternehmen mit vor-

oder nachgelagerten Aktivitäten.

Dienstleister

Auch wenn heute der (Export-)Dienstleistungsbereich in der Region kaum entwickelt ist, so besteht

dennoch Potenzial. Am ehesten können Dienstleistungsaktivitäten, welche sich an den Standortstärken

orientieren, aufgebaut werden. Auch Bildung ist Dienstleistung – hier besteht im Bereich der höheren

technischen Bildung ein grosses Manko, entsprechend gross ist das Wachstumspotenzial (s. tertiäre

Bildung im folgenden Abschnitt).

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 95 von 107

6.5.8. Bildungsstruktur

Der Bedarf an tertiären Bildungsangeboten wird mittel- und langfristig zunehmen. Einerseits wegen der

laufend steigenden Anforderungen und andererseits, weil mit dem unweigerlich steigenden

Pensionsalter neue Aufgabenfelder (für ältere Mitarbeiter) entstehen, die entsprechende Ausbildungen

verlangen.

Ausbildungsthemen im Umfeld der Exportaktivitäten erscheinen im Zusammenhang mit der

vorliegenden Studie im Vordergrund, aber auch alle anderen Leistungsträger bauen auf Kompetenz.

Bildungsmöglichkeiten in geografischer Nähe sind attraktiv, diese Angebote sind auch für das

Standortmarketing interessant.

Weiter ist zu überlegen, wie für Ausbildungsangebote im Bereich des Tourismus die zentrale Lage Thuns

im Berner Oberland und direkt an der Linie ins Wallis genutzt werden kann.

6.5.9. Netzwerke und Plattformen

Informationsplattform

Anders als im Gewerbe sind die exportierenden Unternehmen des WRT unter sich nicht stark vernetzt.

Viel Nützliches vor der Haustüre ist nicht bekannt. Eine einfache Informationsplattform kann die

Verbindung zu Zulieferern, Dienstleistern nach Fachthemen und auch zu Ausbildungsangeboten

vereinfachen.

Lokaler Erfahrungsaustausch

Die grossen Unternehmen der Region sind in unterschiedlichen Märkten präsent und pflegen wenig

gemeinsame operative Aktivitäten. Der Nutzen eines intensivierten Austausches auf regionaler Ebene

scheint zumindest prüfenswert.

6.5.10. Infrastruktur

Mit neuen und mit wachsenden Unternehmen kommen neue Mitarbeiter in die Region. Möglicherweise

kommen die Unternehmen nur, wenn auch die Mitarbeiter mitziehen. Mitarbeiter sind meist einfacher

an einen neuen Arbeitsort zu motivieren als deren Familie. Die Rolle der Familie, in den meisten Fällen

die Rolle der Ehefrau, wird zu oft unterschätzt.

Aus diesem Grund ist es notwendig, neben einem allgemein attraktiven Angebot fürs Wohnen und für

die Freizeit Infrastrukturen für die Betreuung von Kindern aufzubauen.

Nicht nur die Kaderleute und Spezialisten müssen freundlich empfangen werden, sondern auch und vor

allem deren Familien.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 96 von 107

6.5.11. Raum- und Verkehrsplanung

Was geschieht, wenn man für die WRT-Raumplanung von einer Bevölkerungszahl von 110‘000 bis

140‘000 Einwohnern ausgeht? (Diese Zahlen sind zu erhärten.)

1) Wo wollen/können diese Leute wohnen?

2) Wo wollen/können diese Leute arbeiten?

3) Welche Versorgungs-Infrastruktur ist dazu notwendig?

4) Welche Verkehrsinfrastruktur ist dazu notwendig, wenn man berücksichtigt, dass langfristig

allenfalls andere Verkehrsmittel zum Einsatz kommen?

Diese Überlegungen werden insbesondere dann interessant, wenn sich zum Beispiel vor dem

Hintergrund höherer Energiekosten langsame und neue Verkehrsmittel (Fahrräder, Elektroroller, leichte

Elektromobile) weiter verbreiten. Arbeits- und Wohnräume in der Ebene, die ohne grosse Steigungen

erreicht werden, gewinnen an Attraktivität.

6.5.12. Unternehmenssuche

Wie dieser Bericht aufzeigt, kann die Suche nach neuen WRT-Unternehmen strukturiert und auf

bestimmte Branchen fokussiert erfolgen. Was ist wichtig? Hierzu zusammengetragene Gedanken:

- Die gewinnende Botschaft ist zentral: Thun ist … (z.B. die sonnige Region für die innovative

Wirtschaft, …).

- Dokumentationen müssen schlank und klar strukturiert sein (wer sucht, wird oft mit

unübersichtlichen und unzweckmässigen Unterlagen überschwemmt).

- Sobald die wesentlichen Vorabklärungen erledigt sind, ist der Kontakt Chefsache.

- Interessenten nach Thun bringen. Die sichtbar hohe Lebensqualität ist die beste Motivation, um

beste Mitarbeiter zu gewinnen, auf starke Mitarbeiter bauen starke Unternehmer. Das macht

Thun attraktiv.

- Konkrete Möglichkeiten (Räume, freie Flächen) müssen mit Preis und Termin der Verfügbarkeit

aufgezeigt werden können.

- Selbstverständlich muss die formelle Betreuung klappen. Mit einer spezifisch-fachlich

kompetenten Betreuung können grosses Vertrauen und bereits erste persönliche Kontakte zur

Thuner Community geschaffen werden: Für den Besuch eines Anlagebauers kann ein

Anlagebauer aus der hiesigen Szene eingeladen werden. An Interessenten wird es kaum

mangeln.

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7. Fazit – Thuns Gesicht von morgen Was kann in Thun geschehen? Welche Möglichkeiten stehen offen?

7.1. Vier Hauptpfeiler der wirtschaftlichen Entwicklung

Technik Technisch hochstehende Produkte mit hohem Integrationsgrad (Maschinen- und Anlagebau) für verschiedene Märkte.

Verwaltung Stabile Arbeitsplätze in der Verwaltung von Bund und Kanton, als Pendler-Arbeitsplätze in Bern und zunehmend im WRT

Tourismus Klar positionierter Thuner Tourismus – als Teil der Destination Thunersee

Gewerbe Überdurchschnittlich leistungsfähiges Gewerbe

Aufbauend auf

- Geschichte der Region

- Starke Facharbeiterschaft

- Hohe Lebensqualität

- Bildungs-Engagement

- Unterstützung durch Politik und Verwaltung

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 98 von 107

7.2. Identitätsansätze für den WRT 20XX

7.2.1. Industriegeschichte nicht leugnen, zu den Stärken stehen

Aus Militär und Rüstung hat sich eine hohe technologische Kompetenz entwickelt, die heute zur

Herstellung von weltweit führenden Produkten genutzt wird.

(Früher hervorragende Schwerter, heute beste Pflugscharen …)

Ziel: Nirgends kann man technologisch hochstehende Produkte besser und schneller entwickeln als in

Thun.

7.2.2. Nachbarn Bern und Interlaken

Verwaltungsarbeitsplätze sind an sich wertvoll und sie sind stabil. Auch die privaten Unternehmen im

Raum Bern bieten attraktive Arbeitsplätze für die WRT-Einwohner. Deshalb ist die Nähe zu Bern

grundsätzlich ohne Vorbehalte als positiv zu werten.

Es besteht kein Grund, sich als Thuner, Steffisburger, … für die Nähe zum grossen Bern zu schämen!

Schliesslich hat dies niemand hier verschuldet. Vielmehr soll der WRT das Heft der „Arbeitsplatz-

Beziehungspflege“ in die Hand nehmen und mit Verweis auf die Entlastung der Verkehrsinfrastruktur

und auf neue technologische Möglichkeiten Wege suchen, finden und begehen, „Pendlerarbeitsplätze“

in den WRT zu bringen.

Gegenüber Interlaken als Tourismusstadt muss sich Thun ein klares, eigenes Tourismus-Profil schaffen

(auch bezüglich Kongress- und Seminar-Tourismus). Unabdingbar ist auch, dass in Thun die Tourismus-

Aktivitäten denselben Professionalitätsgrad erreichen wie ihn Interlaken vorgibt.

7.2.3. Tourismus schafft Lebensqualität

Richtig gestalteter Tourismus ist ein Gewinn für alle. Tourismus bringt nicht nur Geld in die Region und

macht den WRT bei möglichen Investoren und Unternehmen bekannt, sondern Tourismus macht die

Region auch für Einheimische attraktiver. Es besteht kein Grund zur Angst vor überfluteten

Einkaufsstrassen, zügellosem Verkehrsaufkommen oder ungesteuertem Leerwohnungsbau.

Ziel: Thun ist die schönste Stadt, um etwas zu tun. Für zwei Tage, eine Woche, (17 Wochen ) oder

eben auf unbestimmte Zeit …

7.2.4. Sicht nach vorne

Zu den Bildern (z.B. hervorragende Industrie, stabile Arbeitsplätze, Lebens-Stadt, etc.) braucht es auch

eine zeitliche Perspektive. Vertrauen in die Zukunft macht heute Mut. Aus diesem Grund sind klare und

starke Bekenntnisse zur Bildung und zur Stadtentwicklung (Urbanisierung) wichtig.

7.2.5. Offenheit und Konventionsfreiheit

Wer sich von Konventionen lösen kann, hat mehr Bewegungsfreiheit. Wer Bewegungsfreiheit hat, kann

etwas tun.

Thun kann.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 99 von 107

7.3. 10-Punkte-Fazit der Studie

7.3.1. Potenzial ist da – im WRT handeln

Der WRT ist der richtige Rahmen, um Potenziale zu nutzen. Die gemeinsame Raumplanung ist die

notwendige Grundlage dieser Entwicklung und hat hohe Priorität.

7.3.2. Maschinenintegratoren

Maschinenbau ist Ursprung, Geschichte und heutige Stärke der Region. Technologien und Produkte

mögen sich ändern - die Fähigkeit, anspruchsvolle, fertige Maschinen und Geräte entwickeln, bauen und

vertreiben zu können, soll weiter erhalten und genutzt werden.

7.3.3. Integratoren sind Multiplikatoren

Integratoren ziehen Zulieferer und Dienstleister an, diese wiederum schaffen ein attraktives Umfeld für

weitere Integratoren und Unternehmen mit vor- und nachgelagerten Aktivitäten.

7.3.4. Themen vertikal ergänzen

Maschinen, Geräte, Anlagen werden meist in einem umfangreicheren Prozess eingesetzt (z.B.

Drahtsägen im Bau von Solarzellen). Unternehmen, welche Ausrüstungen für andere Prozessschritte

bauen (z.B. Zusammenbau der Solarzellen), gehören auf die Kontaktliste der Wirtschaftsförderer.

7.3.5. Handwerk schafft „goldenen Boden“

Das langjährige Ausbildungs-Engagement der grossen Unternehmen, positive Rückmeldungen aus der

Baubranche und Aussagen der Statistik zeigen es auf: Thun ist die Region der Fachkräfte. Darauf kann

man bauen – gleichzeitig ist die solide Fachausbildung Grundlage für fortführende Ausbildungen.

7.3.6. Pendler an Region binden

Thun darf keine Schlafstadt werden. Thun muss attraktiv sein, damit Pendler ihre Freizeit in Thun

verbringen und auch ihre Einkäufe in der Region und nicht am Arbeitsplatz tätigen.

7.3.7. Tourismus positionieren

Tourismus bringt mehrfach Nutzen. Im WRT ist das Tourismusangebot nur spezifisch ausbaubar. Stadt

und Umgebung müssen die passende Rolle im grösseren Verbund finden.

7.3.8. Ausbildung ist ein Muss

1) Lebenslanges Lernen, und das immer mehr. 2) Wo ausgebildet wird, da lässt man sich nieder. Deshalb

soll die Region das Entstehen und den Ausbau von Ausbildungsstätten nach Möglichkeit fördern (bevor

zur Ausbildung weggepilgert wird).

7.3.9. Thun wächst

Die Region Thun kann einem Wachstum und der damit verbundenen Urbanisierung nicht ausweichen.

Die Frage kann nur sein, ob und wie man diese Entwicklung gestalten will.

7.3.10. Thun ist anders

Thun und WRT weisen ganz deutlich andere Wirtschaftsstrukturen auf als das Berner Oberland oder die

Region Thun Innertport.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 100 von 107

8. Anhang

8.1. Priorisierung der Wirtschaftsbereiche

Ausführliche Beschreibung des analytisch-ökonomischen Ansatzes zur Selektion

und Priorisierung der verschiedenen Wirtschaftsbereiche.

8.1.1. Innerhalb der Grenzen der Einflussnahme

Die Stadt/Region Thun kann nur in einem Bereich fördern, wo sie direkt oder indirekt innert nützlicher

Frist ausreichend Einfluss nehmen kann.

8.1.2. Binnenwirtschaft und Exportwirtschaft

Es soll unterschieden werden, welche Bereiche Mittel in die Region bringen (Exporteure wie Industrie,

Tourismus, …) und welche Bereiche die Mittel in der Region umsetzen oder abfliessen lassen

(Binnenwirtschaft wie Gewerbe, Handel, …).

Um die gesamte Wirtschaft zu fördern, müssen primär die exportierenden Bereiche gefördert werden.

Im Binnenbereich sorgt ein freier Markt für gute Leistungen.

Das Geld muss zuerst reinkommen, bevor es zirkulieren kann.

Das heisst nicht, dass die Binnenwirtschaft ausser Acht gelassen werden kann. Werden der

Binnenwirtschaft unnötige Hindernisse in den Weg gelegt, verliert sie an Effizienz und die Produkte und

Leistungen werden von ausserhalb der Region bezogen. Damit verlieren die Region als Ganzes und die

einzelnen Leistungserbringer gegenüber ihren Kunden an Attraktivität. Ein starkes Gewerbe ist eine

starke Stütze für die Exportwirtschaft.

8.1.3. Differenzierung Industrie und Gewerbe

Die Industrie hat ihre Konkurrenz meist ausserhalb der Region, die Gewerbetreibenden konkurrenzieren

sich innerhalb der Region.

Der Gewerbebereich ist weitgehend selbstregulierend: Wenn es zu wenig Bäcker oder Maler hat,

werden die bestehenden wachsen oder neue kommen hinzu. Mit der Industrie verhält sich dies anders:

Wenn es keine Toasterfabrik hat, kommt nicht eine Toasterfabrik von selbst.

Industrie muss aktiv gewonnen werden, Gewerbe kommt von selbst.

Mit städtischer Wirtschaftsförderung oder –einflussnahme müsste (aufgrund der Gleichbehandlung)

allenfalls ein gesamter Gewerbebereich gestützt werden.

8.1.4. Auf Multiplikatoren setzen

Ein Unternehmen A, das auswärts Rohmaterial (z.B. Eisenstangen) einkauft und fertige Teile (z.B.

Spezialschrauben) in alle Welt verkauft, unterhält wertvolle Arbeitsplätze, schafft aber in der Region

keine weiteren industriellen Arbeitsplätze.

Ein Unternehmen B, das Baugruppen und Module zu einem wesentlichen Teil in der Region einkauft und

zu einem Produkt integriert erhält die eigenen Arbeitsplätze und entsprechende Arbeitsplätze bei den

Lieferanten.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 101 von 107

Integratoren schaffen auch Arbeitsplätze ausserhalb ihres Unternehmens.

Im Interesse der Region setzen Fördermassnahmen bei Unternehmen an, die nebst den eigenen

Umsatzsteigerungen auch weitere Aktivitäten in der Region auslösen.

8.1.5. Kompetenzen statt Branchen

Man spricht von Wissensgesellschaft und geht davon aus, dass künftig das Wissen und weniger der

Besitz von Rohstoffen oder Produktionskapazitäten für den Erfolg einer Region oder eines Staates

entscheidend sein wird. Längerfristig wird eher nach Können und Wissen als nach Ausrüstung gefragt –

Ausrüstungen kann man innert Monaten beschaffen, Wissen nicht.

Unternehmen unterschiedlicher Branchen (z.B. Lebensmittel und Rüstungstechnologie) bauen

möglicherweise zu einem grossen Teil auf dieselben Kompetenzen – sie sind sich viel verwandter, als

dies von aussen erscheint. Andererseits haben Unternehmen aus derselben Branche oft überhaupt

nichts miteinander zu tun (z.B. Automobilgewerbe und Automobil-Zulieferer).

Die Region kann sich langfristig über Kompetenzen positionieren.

Die Betrachtung nach Kompetenzen eröffnet auch Potenziale für den regionalen Informationsaustausch

und für effiziente Ausbildungsmodelle und –strukturen.

Industrie ist weltweit tätig. Um sich über Kompetenzen wirklich positionieren zu können, müssen die

Kompetenzen auf einem Niveau liegen, das international auch erwähnt werden darf.

8.1.6. Synergien und Cluster-Potenzial nutzen

Interessensgemeinschaften und Cluster gibt es bereits seit langer Zeit, länger schon als man von Clusters

spricht. Ihre Entstehung und Entwicklung ist sehr unterschiedlich motiviert. Grössere Gemeinschaften

(>10 Akteure) laufen Gefahr sich zu wenig austauschen zu können und/oder ein kleines, motiviertes

Team zieht/fokussiert die Aktivitäten auf das Feld ihres (eher partikulären) Interesses.

Es sind sich alle einig darin, dass man gemeinsam mehr erreichen kann. Die lokalen

Industrieunternehmen konkurrenzieren sich am Markt nicht (Produkte sind zu unterschiedlich) – die

Tatsache, dass man auf dem Arbeitsmarkt sehr wohl im Wettbewerb steht und die eher zurückhaltende

Mentalität scheinen eine intensivere Kommunikation zu hemmen. Erfahrungen haben gezeigt, dass

(ausser auf Stufe Geschäftsführung) kaum Kontakte zu anderen Unternehmen bestehen. Da wird

gleichzeitig in derselben Region am selben Problem rumgeknobelt, jeder für sich.

Gedankenaustausch und informelle Zusammenarbeit erhöhen die Effizienz und

schaffen bessere Produkte.

Es bedarf einer externen Stelle, um diesen Bann zu brechen und die Cluster-Bildung zu initiieren. Es ist

nahe liegend, dass diese Initiierungs-Aufgabe der Stadt Thun zufällt.

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 102 von 107

8.1.7. Feste Trends antizipieren

Die Welt dreht sich. Jeden Tag. Die Zukunft lässt sich nicht voraussagen, aber es können nützliche Bilder

entworfen werden, die für eine längerfristige Planung sehr nützlich sind.

Die Entwicklungen der Zukunft sind absehbar. Sehen wir hin!

Entscheidend ist weniger der Genauigkeitsgrad dieser Abschätzungen als vielmehr das Engagement, sich

systematisch mit den möglichen Entwicklungen auseinanderzusetzen, sich nicht mit der erst-besten Idee

zufrieden zu geben oder sich von den kurzfristigen, gefälligen Mainstream-Bedürfnissen nicht

vereinnahmen zu lassen. Es ist erstaunlich, was wir von der Zukunft alles wissen können.

Unternehmen entwickeln Produkte mit einer Lebensdauer von schätzungsweise zehn Jahren; die

Entwicklung dauert etwa drei Jahre – was heute angepackt wird, muss in gut einem Dutzend Jahren

noch passen! Für die Entwicklung einer Region ist ein Horizont von 15 bis 25 Jahren angezeigt. Es ist an

der Zeit, sich mit der Zukunft auseinander zu setzen.

8.1.8. Nachhaltigkeit schaffen

Langfristig bedeutet für eine Wirtschaftsregion ein Horizont von 15 bis 25 Jahren. Über diesen Zeitraum

hinaus sollen die hier entworfenen Schritte Wirkung zeigen. In diesem Rahmen ist die Forderung nach

„Nachhaltigkeit“ per definitionem bereits enthalten.

Mit Massnahmen in folgenden Bereichen kann auf die Wirtschaftsentwicklung auf lange Frist Wirkung

erzielt werden:

- Ausbildung (Kompetenzen schaffen)

- Raumplanerische Massnahmen (Gesamtplanung, Industrie- und Gewerbeland definieren)

- Steuerliche und administrative Randbedingungen

- Fachlich, kommerziell, administrativ, kommunikativ und sozial kompetente Betreuung der

Unternehmen

Nachhaltige, effektive Wirtschaftsentwicklung braucht Systematik,

Hartnäckigkeit und Geduld.

Eine langfristige Planung muss sich an einem Langfristziel (oder an einer Vision) orientieren, die

Legislaturziele können innerhalb dieser Planung definiert werden.

Durchdachte Lösungen und kompetente Umsetzung sind gefragt (Aktivismus kostet nur Geld, Zeit,

Nerven und Vertrauen).

8.1.9. Köpfe statt Institutionen

Die wirtschaftliche Entwicklung einer Region soll nicht sich selber überlassen werden, jemand muss sie

führen. Dazu brauchet es Personen, die immer wieder die Initiative ergreifen, Veränderungsprozesse in

Gang setzen und auf dem richtigen Weg halten. Um diese Leute herum, die Neues bringen und

umsetzen müssen die Institutionen geschaffen oder angepasst werden.

Es sind immer Menschen, die etwas bewegen – nicht Institutionen.

Eine Institution zu beauftragen und dabei zu hoffen, auf einen motivierten Kopf zu treffen ist praktisch,

aber wenig aussichtsreich.

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Es gibt ausreichend qualifizierte Persönlichkeiten, denen eine prosperierende Zukunft der Region ein

echtes, persönliches Anliegen ist. Diese Personen können deutlich mehr inhaltliche Substanz und „feu

sacré“ einbringen als jede ausgewiesene Wirtschaftsförderungs-Institution.

Dazu kommt, dass, wer von Berufs wegen Wirtschaft fördert, verständlicherweise immer wieder mit

denselben Ansätzen dieselben Werkzeuge einsetzt. Je länger und je erfolgreicher, desto ausgeprägter

kommt dieser Mechanismus zum Tragen.

8.1.10. Die Kiste verlassen (thinking out of the box)

Ist alles perfekt, besteht kein Grund zur Veränderung. Besteht Verbesserungsbedarf, ist eine

Veränderung unausweichlich.

Ohne Anspruch, besser zu sein, kann man die anderen kopieren (und sollte dabei die unterschiedlichen

Voraussetzungen berücksichtigen).

Wer etwas besser als die anderen und/oder anders als die anderen machen will, muss Neues finden.

Die erfolgreiche Zukunft liegt nicht auf der Extrapolation der Vergangenheit.

Das Neue liegt jedoch nicht in der Kiste, in der man sich in der Vergangenheit immer bewegt hat. In

dieser Kiste kennt man sich natürlich bestens aus und am liebsten würde man die neuen Lösungen hier

drin suchen (s. Gebiss von Dällenbach Kari). Der Schritt out of the box ist mühsam, aber logisch zwingend

(selbstverständlich ist die Verlockung gross, gleich in eine andere Box, die „Box der vorbereiteten

Lösungen“, zu hüpfen).

Out of the box heisst nicht nur, die bestehenden Lösungen zu hinterfragen, sondern sich für neue

Lösungen unabhängig von bestehenden Prozessen und Organisationen zu öffnen; neue Prozesse und

Organisationen werden sich von selbst (in Abhängigkeit der neuen Lösung) ergeben.

ACHTUNG: „thinking out of the box“ ist ein heikler Prozess. Sehr wenige Personen sind es gewohnt, in

zeitlich weit reichenden Räumen und ausserhalb des Gewohnten zu denken. Für direkt betroffene

Personen kommt zu den Unsicherheiten bezüglich künftiger Position und Arbeitsinhalte das Unbehagen,

den Überlegungen zu deren zukünftigen Gestaltungsmöglichkeiten nicht folgen zu können. Ein

ungeschickt angegangener und kommunizierter Veränderungsprozess kann sehr schnell stecken bleiben.

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8.2. Wachstumsbeiträge nach Branchen Welche Branchen haben in den vergangenen Jahren einen wesentlichen Beitrag zum Wachstum der

Schweizer Wirtschaft beigetragen?

Hier die Auswahl der Branchen mit den grössten Beiträgen und Bewegungen:

Quelle: bfs

-0.02

-0.015

-0.01

-0.005

0

0.005

0.01

0.015

1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006p

2007p

Wachstumsbeiträge Schweiz nach %-Punkten in den Jahren 1992 bis 2007

Industrie, verarbeitendes Gewerbe Baugewerbe

Verkehr und Nachrichtenübermittlung Kreditgewerbe

Versicherungsgewerbe Immobilien, Vermietung, Informatik, F&E,Dienstleistungen für Unternehmen

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 105 von 107

8.3. Erläuterungen „Systemintegrator“ Neben fachlichen Kompetenzen charakterisiert die Integrationsstufe des jeweiligen Produktes ein

Unternehmen. Je mehr Disziplinen gleichzeitig beherrscht werden müssen, desto mehr Aufwand muss

zu deren Integration getrieben werden, desto mehr Generalisten kommen zum Einsatz. Je aufwändiger

und facettenreicher ein Produkt ist, desto grösser ist auch der Aufwand zur Betreuung der Kunden.

Die folgende Tabelle soll die Unterschiede in drei Integrationsstufen veranschaulichen:

Komponenten und Baugruppen

Module und Systeme Systemintegration

Beispiel Kolben Motor Fahrzeug Bedürfnis des Kunden

Produktanforderungen können sehr exakt beschrieben werden (Zeichnungen, …).

Leistung, Preis, Dimensionen und Schnittstellen des Produktes können eindeutig beschreiben werden.

Produkt muss ein vielseitiges Bedürfnis befriedigen, inkl. Design, …

Leistung (Entwicklung), Produktion und Lieferung

Entwicklung, Produktion und Lieferung

Entwicklung, Produktion, Lieferung, Kundenbetreuung

Garantie gemäss Auftrag gemäss Auftrag Haftung für das gesamte Produkt

Planungs-horizont

kurz (1 bis 3 Jahre) mittel weit (5 bis 15 Jahre)

Kompetenz-Vielfältigkeit

gering mittel hoch

Produkt-Komplexität

tief bis sehr hoch mittel bis sehr hoch hoch bis sehr hoch

*Beispiele von Unternehmen in den Bereichen des Maschinen- und Gerätebaus (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) Im WRT

Hoffmann Neopac RUAG Ammotec Proto GmbH Primaform K. Schären Resax Tibram IST Nobs Kurt Schneider

Fritz Gyger Berger Lasag

Studer RUAG Land Systems Meyer Burger Schleuniger Rychiger Tofwerk Meridian Rotor

Am Rand des WRT

Wandfluh Produktion

Wandfluh Hydraulik Bieri Pumpen

Liechti, Langnau Remp, Oberdiessbach Kern, Konolfingen Insys, Münsingen

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System-Integratoren zeichnen sich dadurch aus, dass sie

- benutzerbereite Produkte am Markt anbieten und sich dazu mit den vielseitigen Anforderungen

der Kunden, des Bedienpersonals, Normen und Gesetzgebungen auseinander-setzen,

- weltweit Verkaufs- und Unterhaltsorganisationen unterhalten,

- verschiedene Disziplinen koordinieren und ein breites Wissen aufrecht erhalten,

- eine Vielzahl von Lieferanten und Partnern unterhalten und

- viel Raum für Montagen, Prüfungen und Spedition beanspruchen.

Integratoren-Kompetenz …

- wird über Jahrzehnte aufgebaut und kann nicht „einfach eingekauft“ werden,

- baut auf erfahrene Generalisten und

- ist womöglich die Schlüsselkompetenz der Schweizer (Maschinen-)Industrie.

8.4. Literaturverzeichnis 1) Gurtner, M. (07.10.2008). Standort steht zur Diskussion (Climateforum). bernerzeitung.ch , 6, 22,

23.

2) Haeberli, P. (August 2008). Die neue Abteilung Stadtmarketing. Thun.

3) Imboden, M. (07.10.2008). Arbeitsplätze sind gefährdet (RUAG). bernerzeitung.ch , 23.

4) Kummer, C. (21.01.2009). Zwischen Zuversicht und Sorge (Wirtschaftslage 2009).

bernerzeitung.ch , 21.

5) Neuenburg, U., & GR/SDA. (23.01.2009). Stadtbevölkerung wächst wieder. bernerzeitung.ch , 6.

6) Ramel, D. (04.11.2008). Bern verkauft sich zuwenig gut. bernerzeitung.ch , 35.

7) Siegenthaler, H. (1963). Eidg. Konstruktionswerkstätte Thun 1863 - 1963. Thun: Fritz Weibel AG

Thun.

8) Beco, K+S-Bulletin 1-2009, Konjunktur- und Strukturdaten des Kantons Bern Februar 2009

9) beco, Bericht zur Wirtschaftslage 2009 10) beco – im Auftrag von, Schlussbericht Empirische Ermittlung von Tourismusanteilen einzelner

Wirtschaftszweige Tourismusgemeinden der Region Berner Oberland 11) BFS, Satellitenkonto Tourismus der Schweiz (2001 und 2005); Thomas Baumann, Philippe Küttel,

Ueli Schiess, Tagung von 18. November 2008 12) Stadt Thun; Strategie Stadtentwicklung – 14 Teilstrategien des Gemeinderats zur

Stadtentwicklung Thun, Mai 2009 13) Matthias Horx; Zukunft machen; Campus 2007 ISBN 978-3-593-38468-9 14) Credit Suisse, Swiss Issues Regionen - Standortqualität: Welche Region ist die attraktivste?

August 2009 15) Maastricht Economic and social Research and training centre on Innovation and Technology

(UNU-MERIT), EUROPEAN INNOVATION SCOREBOARD 2007 16) BILANZ 14/09, Die besten Städte, S. 50 ff 17) Schweizerischer Städteverband; Statistik der Schweizer Städte 2009, Statistisches Jahrbuch des

Schweizerischen Städteverbandes, 70. Ausgabe

Wirtschaftsenwicklung-Thun_1.00 November 2009 Seite 107 von 107

8.5. Verfasser

Namen Kontakt Beiträge

Philippe Häberli Betriebsökonom FH

Leiter Stadtmarketing Thun [email protected]

Leitung der Studie

Lorenz Zellweger Dipl.-Ing. ETH / BWI

Zellweger Ing.-Gmbh, Thun 033 223 49 11 [email protected]

Informationserfassung, -Aufarbeitung und -Interpretation

Nicole Berner Betriebsökonomin FH

Osec, Zürich [email protected]

Marketing-Banchmarks Demografie-Studien

Melchior Buchs Dr. rer. pol.

Impulsa AG, Thun [email protected]

Raumplanung und Infrastruktur, Verwaltung und Verbände