Wissen - Anton Fichtlmeier - Anton Fichtlmeier...Allein zu Haus Nicht immer kann ich ein Auge auf...

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Mein Hund & ich 43 Fotos: Ilja van der Kasteele 42 Mein Hund & ich Mehr Sicherheit für Welpen Stromkabel, Treppenstufen oder Kinderspielzeug – es gibt zahlreiche Gefahren für Junghunde im Alltag. So beugen Sie richtig vor und schützen Ihren Liebling Text: Aline Müller Achtung, Entdeckungsreise Welpen unterschätzen die Gefahren des Alltags, erst im Laufe des Lebens werden sie umsichtiger. Vorher müssen wir Menschen für ihre Sicherheit sorgen und die Augen stets offen halten ch mach mir die Welt, wie sie mir gefällt.“ Wie kleine Kinder erkunden auch Welpen ihre Umwelt voller Neugier und oft ohne Scheu. Sie nehmen das Leben mit allen Sinnen wahr. Da wird geschnuppert, getastet, gestupst und geleckt. Nichts ist vor den tapsigen Fellknäueln sicher. Alles wird angeknabbert, einiges angebellt, und manchmal haben junge Hunde den Kopf regelrecht in den Wolken. Ob Haushalt, Garten oder das Leben außerhalb der eigenen vier Wände: Im Alltag lauern zahlreiche Gefahren auf den Junghund. Risiko: Haushalt „Welpen sind unbedarft und extrem neugierig“, erklärt unser Experte Martin Rösler. „Häufig fressen sie alles, was sie finden, oder kauen zumindest darauf herum.“ Stellen Sie sich nun Ihre Woh- nung oder Ihr Haus vor: Hier ein Strom- kabel, eine Packung Tabletten auf dem Nachttisch, ein kleiner Deko-Vogel mit I Wissen „Oft reicht schon ein kleiner Augenblick, und der Junghund ist in eine unschöne Situation geraten“ >> ein kleiner Augenblick, und der Junghund ist in eine unschöne Situation geraten.“ Folgenreich können auch Stürze sein. Ungesicherte Treppen oder offene Treppenstufen bergen ein hohes Verletzungsrisiko, wenn der Hund stol- pert, die Treppe nicht sieht oder auf- grund seiner fehlenden Erfahrung die Höhe nicht richtig einschätzen kann. Besonders im turbulenten Spiel, mit oder ohne Artgenossen, gucken die Kleinen nicht nach links und rechts. Gefährliche Expedition Wird der Welpe nicht beaufsichtigt, macht er sich gern auf zu einer Expedi- tionsreise. Besonders beliebt: die frische Luft. Eine offene Tür oder Öffnungen in Zäunen und Mauern bieten dem Plastikfedern im Blumenkübel und auf dem Boden ein Puzzle der Kinder. Oft übersehen wir, wie viele gefährliche Situationen entstehen könnten. Knab- bert der Hund am Kabel, droht ein Stromschlag, Medikamente können zu Vergiftungen führen, die unter Umstän- den tödlich enden. Nicht zu unterschät- zen sind in diesem Zusammenhang auch Putzmittel, Insektenschutzmittel oder sonstige chemische beziehungs- weise ätzende Flüssigkeiten. Wenn der Junghund durstig ist, sucht er nach einer Erfrischung. Das abgestandene Wasser im Putzeimer oder das Wasser in der Kloschüssel ist aber nicht die gesündeste Alternative. Vorsicht, Kleinteile Gegenstände, die zur Dekoration dienen, Kinderspielzeug oder sonstige kleine Teile sind gefährlich, da der Hund sie verschlucken kann. „Im Prin- zip kann alles, was herumliegt, zu einer Gefahr werden“, sagt unser Experte. Auch Süßigkeiten oder Essensreste sind vor den Vierbeinern nicht sicher. „Es ist gerade bei Welpen extrem wichtig, sie nicht unbeobachtet zu las- sen. Oft reicht schon Welpen und kleine Kinder in einem Haushalt verlangen von den Eltern ein wachsames Auge. „Grundsätzlich dürfen kleine Kinder und Hunde nicht allein gelassen werden“, so unser Experte Martin Rösler. Speziell im Zusammenhang mit Futter oder anderen Ressourcen müssen die Eltern gut beobachten, ob es Konflikte gibt. Sichert der Hund Sachen, die ihm wichtig sind? Zeigt er Drohverhalten und knurrt? Oder wird er eifersüchtig? „Nehmen Sie professionelle Hilfe in Anspruch, und bestrafen Sie den Hund nicht pauschal für sein Verhalten.“ Vor- sicht auch bei Kinderspielzeug: Es besteht oft aus kleinen Teilen oder Materialien, die der junge Hund verschlucken oder zerkauen kann. Der Welpe braucht immer eine Rückzugs- möglichkeit, und der gemeinsame Haushalt muss auch für den Hund „gefahrenfrei“ sein. Kinderstube mit Zwei- und Vierbeinern T I P P P R A X I S MEIN HUND & ich

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Mehr Sicherheit für Welpen

Stromkabel, Treppenstufen oder Kinderspielzeug – es gibt zahlreiche Gefahren für Junghunde im Alltag. So beugen Sie richtig vor und schützen Ihren Liebling Text: Aline Müller

Achtung,Entdeckungsreise

Welpen unterschätzen die Gefahren des Alltags, erst im Laufe des Lebens werden sie umsichtiger. Vorher müssen wir Menschen für ihre Sicherheit sorgen und die Augen stets offen halten

ch mach mir die Welt, wie sie mir gefällt.“ – Wie kleine Kinder er kunden auch Welpen ihre Umwelt voller Neugier und oft ohne Scheu.

Sie nehmen das Leben mit allen Sinnen wahr. Da wird geschnuppert, getastet, gestupst und geleckt. Nichts ist vor den tapsigen Fellknäueln sicher. Alles wird angeknabbert, einiges angebellt, und manchmal haben junge Hunde den Kopf regelrecht in den Wolken. Ob Haushalt, Garten oder das Leben außerhalb der eigenen vier Wände: Im Alltag lauern zahlreiche Gefahren auf den Junghund.

Risiko: Haushalt „Welpen sind unbedarft und extrem neugierig“, erklärt unser Experte Martin Rösler. „Häufig fressen sie alles, was sie finden, oder kauen zumindest darauf herum.“ Stellen Sie sich nun Ihre Woh-nung oder Ihr Haus vor: Hier ein Strom-kabel, eine Packung Tabletten auf dem Nachttisch, ein kleiner Deko-Vogel mit

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ein kleiner Augenblick, und der Junghund ist in eine unschöne Situation geraten.“ Folgenreich können auch Stürze sein. Ungesicherte Treppen oder offene Treppenstufen bergen ein hohes Verletzungsrisiko, wenn der Hund stol-pert, die Treppe nicht sieht oder auf-grund seiner fehlenden Erfahrung die Höhe nicht richtig einschätzen kann. Besonders im turbulenten Spiel, mit oder ohne Artgenossen, gucken die Kleinen nicht nach links und rechts.

Gefährliche ExpeditionWird der Welpe nicht beaufsichtigt, macht er sich gern auf zu einer Expedi-tionsreise. Besonders beliebt: die frische Luft. Eine offene Tür oder Öffnungen in Zäunen und Mauern bieten dem

Plastikfedern im Blumenkübel und auf dem Boden ein Puzzle der Kinder. Oft übersehen wir, wie viele gefährliche Situationen entstehen könnten. Knab-bert der Hund am Kabel, droht ein Stromschlag, Medikamente können zu Vergiftungen führen, die unter Umstän-den tödlich enden. Nicht zu unterschät-zen sind in diesem Zusammenhang auch Putzmittel, Insektenschutzmittel oder sonstige chemische beziehungs-weise ätzende Flüssigkeiten. Wenn der Junghund durstig ist, sucht er nach einer Erfrischung. Das abgestandene Wasser im Putzeimer oder das Wasser in der Kloschüssel ist aber nicht die gesündeste Alternative.

Vorsicht, KleinteileGegenstände, die zur Dekoration dienen, Kinderspielzeug oder sonstige kleine Teile sind gefährlich, da der Hund sie verschlucken kann. „Im Prin-zip kann alles, was herumliegt, zu einer Gefahr werden“, sagt unser Experte. Auch Süßigkeiten oder Essensreste sind vor den Vierbeinern nicht sicher. „Es ist gerade bei Welpen extrem wichtig, sie nicht unbeobachtet zu las-sen. Oft reicht schon

Welpen und kleine Kinder in einem Haushalt verlangen von den Eltern ein wachsames Auge. „Grundsätzlich dürfen kleine Kinder und Hunde nicht allein gelassen werden“, so unser Experte Martin Rösler. Speziell im Zusammenhang mit Futter oder anderen Ressourcen müssen die Eltern gut beobachten, ob es Konflikte gibt. Sichert der Hund Sachen, die ihm wichtig sind? Zeigt er Drohverhalten und knurrt? Oder wird er eifersüchtig? „Nehmen Sie professionelle Hilfe in Anspruch, und bestrafen Sie den Hund nicht pauschal für sein Verhalten.“ Vor-sicht auch bei Kinderspielzeug: Es besteht oft aus kleinen Teilen oder Materialien, die der junge Hund verschlucken oder zerkauen kann. Der Welpe braucht immer eine Rückzugs-möglichkeit, und der gemeinsame Haushalt muss auch für den Hund „gefahrenfrei“ sein.

Kinderstube mit Zwei- und Vierbeinern

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„Welpen sind unbedarft und neugierig“

INTERVIEW

Experte Martin Rösler,Hundetrainer aus Bornheim

www.hundeschule-roesler.de

Allein zu HausNicht immer kann ich ein Auge auf meinen Welpen haben. Wie kann ich für Sicherheit sorgen, wenn ich nicht in seiner Nähe bin? Generell bietet sich die Gewöhnung an eine Box an. Sie ist eine sichere Rück-zugsmöglichkeit und ein ruhiger Schlaf-platz für den jungen Hund. In der Regel lieben Welpen ihre Höhle und warten dort entspannt auf die nächste Aktivi-tät. Sie können dort in Ruhe ihren Kauknochen verzehren, ohne dass ihnen jemand den Platz streitig macht.Wie kann ich nachts ruhig schlafen, ohne Angst haben zu müssen, dass mein Welpe die Wohnung erkundet? Wenn die Box so steht, dass der Mensch hört, wenn der Welpe unruhig ist, eignet sie sich auch für die Nacht. Dadurch etabliert sich das Meldever-halten des Hundes, und es ist deutlich leichter, ihn stubenrein zu bekommen. Was sollte ich beachten, bevor ich meinen Welpen allein lasse? Auch wenn der Welpe in der Box geschützt ist und keinen „Blödsinn“ anstellen kann – man darf ihn nicht einfach „wegsperren“. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Hund vorher sein Geschäft erledigt hat und die Box nicht als Strafe, sondern als Rück-zugsort, an dem er sich wohlfühlt, empfindet. Machen Sie ihm den Platz schmackhaft und lassen Sie ihn in seiner Höhle von den Erlebnissen träumen. Kauknochen, die so klein sind, dass der Welpe sie schlucken kann, soll-ten Sie allerdings entsorgen und einen neuen nehmen, vor allem, wenn der Hund damit eine Zeit lang allein bleibt.

Junghund den Eintritt in die große weite Welt. Im Garten können der Gartenteich oder der Swimmingpool tödliche Fallen sein. Oft ist der Rand des Pools sehr glatt oder nass. Der Hund kann die Situation nicht einschätzen und rutscht auf dem glitschigen Unter-grund aus. Im Teich und drum herum gibt es oft viel zu entdecken. Tiere, Pflanzen und Geräusche wecken den Forscher im Hund. Leider führt ein Sturz in den Teich oft dazu, dass der Welpe allein nicht mehr herauskommt,

„Plötzlich kam er angelaufen und hatte eine Glasscherbe im Maul!“ Der kleine Dalmatiner Denver war knapp fünf Monate alt, sehr neugierig und gleichzeitig sehr verfressen, fast wie ein Staubsauger. An einem sonni-gen Tag – Denver lief zehn Meter voraus – ging er plötzlich mit der Schnauze zum Boden. Ich rief ihn zurück und sah entsetzt, dass er schwanzwe-delnd eine Glasscherbe zwischen den Zähnen trug. Zum Glück waren die

Ränder nicht mehr scharf, und ich konnte sie ihm rechtzeitig aus dem Maul nehmen. Ilja van de Kasteele, Chefredakteur von „Mein Hund & ich“

weil er an den folierten Teichwänden keinen Halt findet. Bieten Sie Ihrem Vierbeiner Sicherheit, indem Sie mit ihm gemeinsam die Welt kennenlernen. Hunde brauchen Um-weltreize, ob Gerüche, Geräusche, ver-schiedene Untergründe oder wechselnde Licht- und Wetterverhältnisse. Ein jun-ges Tier wegzusperren, damit ihm nichts passiert, widerspricht einer artgerechten Aufzucht. Aber der Mensch braucht zwei wachsame Augen. Und muss den Hund langsam an Dinge gewöhnen. Und natürlich gehören auch mehr oder weniger negative Erfahrungen zum Leben und Lernen.

Nicht überfordernDer Hund wird vielleicht mal ein paar Treppenstufen herunterkullern oder in einen Bach plumpsen. Aber in diesen Momenten sind Sie als Helfer dabei und können die Situation entschärfen. Achten Sie darauf, dass sich Ihr Hund langsam an sein Umfeld gewöhnt. „Ins-gesamt werden Welpen häufig völlig

Gewöhnen Sie Ihren Hund daran, Straßen nicht blind zu überqueren

überfordert“, so Martin Rösler „Reiz-überflutung und ständige Aktionen lassen ihn nicht zur Ruhe kommen. Zu einer guten Früherziehung gehören laut unserem Experten also auch gezielte Pausen und das Setzen von Grenzen. „Bälle, Zerr- und Quietschspielzeuge oder ständiges Toben mit anderen Hun-den sorgen dafür, dass die Welpen immer wieder mit Bewegungsreizen konfrontiert sind und es nicht mehr schaffen zu beobachten, ohne selbst aktiv werden zu müssen.“

Spiel- und EntdeckerstundenGenauso, wie es gemeinsame „Entde-ckerstunden“ gibt, sollten Sie auch „Spielstunden“ einplanen. Sie beginnen das Spiel, zum Beispiel mit einem Bällchen, und beenden es auch. Ebenso sollten Sie Ihren Welpen gezielt mit anderen Hunden laufen lassen und nicht einfach frei auf die Hundewiese schicken, denn den vermuteten „Wel-penschutz“ gibt es nicht. „Viele denken, sie könnten ihren Welpen zu jedem

Egal ob im Haushalt oder draußen: Behalten Sie den

Überblick und entfernen Sie Gefahrenquellen wie

verschluckbare Kleinteile

Hund laufen lassen. Aber ein nicht sozialverträglicher Hund wird nicht zwingend Rücksicht nehmen“, erklärt unser Experte. Der Angriff eines anderen Hundes kann den jungen Vier-beiner nicht nur körperlich verletzen, sondern auch traumatisieren.

Sicher im StraßenverkehrBeim Spazierengehen kann sich der Welpe vor lauter neuen Dingen nur selten allein auf seinen Menschen kon-zentrieren. Viel zu spannend ist all das, was drum herum passiert. Da hüpft hier ein Vogel, dort liegt etwas am Weges-rand, und auf der anderen Straßenseite riecht es verführerisch nach Essen. Warten Sie mit Ihrem Hund an Fuß-gängerüberwegen und Ampeln. Er soll sich an die Pausen gewöhnen und nicht zu nah an die Straße herangehen. Blei-ben Sie mit genügend Abstand stehen, denn es kann immer sein, dass der Kleine nach vorne oder zur Seite springt. Und so schnell kann kein Auto- oder Fahrradfahrer reagieren.

Verletzungen vermeidenBeim Gang durch den Wald und über Feld und Wiesen sollten Sie Ihren Vier-beiner immer in Sichtweite haben, auch wenn große, weite Flächen zum Tollen und Rennen einladen. Stacheldrahtzäu-ne können zu starken Verletzungen füh-ren, wenn der Hund versucht, darunter herzurennen, wenn er sie gar nicht rich-tig wahrnimmt oder sogar hineinbeißt. Hier und da liegen Scherben oder sons-tige scharfe Gegenstände auf dem Bo-den, die Schnitte in den Pfoten und tiefe Wunden verursachen können. Viele Tipps gelten nicht nur für Junghunde, sondern bleiben auch im weiteren Hun-deleben eine Gefahrenquelle, jedoch lernen die Tiere mit der Zeit, Situatio-nen richtig einzuschätzen. Sie knabbern nicht mehr alles an, wissen, dass man die Treppe besser vorsichtig herunter-geht und dass auf der Straße eben Autos fahren. Bis der Welpe aber seine Erfah-rungen gemacht hat, kommt er mit Ihrer Hilfe und vier statt zwei Augen einfach sicherer durch die Welpenzeit.

Knabbern an Steckdosen und Kabeln ist gefährlich

Plastikfolie gehört nicht ins Hundemaul

Auch eine Hunde-Schwimmstunde muss beaufsichtigt werden

Trugschluss: Es gibt keinen Welpenschutz

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