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TEAMWORK W issenschaft & P raxis CREW RESOURCE MANAGEMENT SIMULATOR-TRAINING Teams und Trainings - Was gute Zusammenarbeit ausmacht! Universität Duisburg - Essen Februar 2015 Wenn Teamtraining helfen kann, Leben zu schützen Warum es nicht immer „ich“, sondern auch mal „wir“ heißen sollte INTERVIEW mit Ralf Hinkel: Nicken als Feedback klappt nicht

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Teamwork

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Teams und Trainings - was gute Zusammenarbeit ausmacht!

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wenn Teamtraining helfen kann, leben zu schützen

warum es nicht immer „ich“, sondern auch mal „wir“ heißen sollte

inTerView mit ralf Hinkel: nicken als Feedback klappt nicht

Dr. Vera Hagemann, Daniel Veutgen, Lea Parker, Peter Hansen, Lucas Coerdt, Lydia Penkert, Annalena Wiegandt, Fabian Noll, Katharina Sobanski, Tina Hees, Ann-Kathrin Kunze, und Nathalie Dittrich

Editorial

Editorial

Lieber Leserinnen und Leser!

Was verstehen Sie unter einem Team? Oder unter Teamwork? Und wie soll man das Ihrer Meinung nach trainieren? Zumindest zu den Begriffen Team und Teamwork kennt sicherlich jeder den einen oder anderen Spruch. Beispielsweise Umdeutungen wie TEAM = Toll, Ein Anderer Macht‘s oder Teamwork = Ich Team, Du Work. Oder allgemeine Aussagen wie Never change a winning Team. Halford E. Luccock hat einmal gesagt „Niemand kann eine Sinfonie flöten. Es braucht ein Orchester, um sie zu spielen“. Und ein Sprichwort aus der Mongolei lautet Mit einer Hand lässt sich kein Knoten knüpfen. Bei so vielen Weis-heiten aus dem Volksmund scheint es schwer, den Durchblick zu behalten.

Aber allzu sehr wollen wir dieses Durcheinander hier im Editorial noch nicht aufklären – lesen Sie auf den nächsten Seiten lieber selbst. So viel verraten wir hier aber bereits gerne: Teams sind nicht gleich Teams. Die Ziele eines Teams hängen mit seinem Aufgaben-bereich zusammen. In diesem Heft widmen wir uns besonders Hoch-Risiko Bereichen, wie z.B. der Feuer-wehr oder der Polizei, der Luftfahrt oder der Medizin. Branchen, die eine große Verantwortung für sich und andere tragen.

Und das Training? Nun, da geht es nicht um die Op-timierung von beispielsweise Work-Out Plänen wie im Sport. Training versucht immer eine Verbesse-rung oder eine Veränderung zu erzielen. In Bezug auf Teams und Teamwork bedeutet das also: Wie kann

ein Team effektiver zusammenarbeiten? Wie kann es erfolgreicher sein? Und wenn wir Bereiche mit viel Risiko und Verantwortung betrachten: Wie kann ein Team seine Gefahren- und (menschlichen) Fehler-quellen minimieren? Wenn wir über die letzte Frage sprechen kommen wir am sogenannten Crew-Resource-Management nicht vorbei. Eine Trainingsmethode, speziell für Teams, die hohes Risiko oder große Verantwortung haben. Wie ein solches Training aussieht und was seine Schwer-punkte sind, können Sie ebenfalls in dieser Zeitschrift lesen.

Gutes Teamwork ist wichtig. Wir hoffen Sie können einiges von dem, was Sie hier erfahren, auch für sich selbst nutzen und in die Praxis umsetzen. Denn: „Schlechtes Teamwork ist, wenn aus einer To-Do Liste eine „Tu-Du-Liste“ wird“. (Stefan Orac)

Im Rahmen unseres Praxisprojektes „Wissenschaft praxistauglich aufbereitet“ haben wir uns von Okto-ber 2014 bis Februar 2015 unter der Leitung von Frau Dr. Vera Hagemann diesen facettenreichen Themen gewidmet.

Wir, das gesamte Team, wünschen Ihnen nun viel Spaß und neue Eindrücke beim Lesen.

3Wissenschaft & Praxis Februar 2015 3Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Was steckt drin?

Inhalt

Teamwork im Wandel der Zeit S. 6

Kernkompetenzen guten Teamworks - Warum es nicht immer „ich“, sondern auch mal „wir“ heißen sollte S. 9Die effektive und produktive Arbeit in jedem Unternehmen hängt nicht nur von der Qualifikation des Personals oder der gewählten Unternehmensstrategie ab, sondern allem voran auch vom Aspekt des Teamworks. Vier Augen sehen mehr als zwei, und sechs Augen sehen mehr als vier. Vor allem in Hochrisikosituationen ist dies oft-mals der entscheidende Faktor sicheren Handelns.

Ebola im Ruhrgebiet - Was wäre wenn? S. 14

Teamwork und kulturelle Unterschiede S. 18

Es gab ein Kommunikationsproblem! Wird Kommunikation unterschätzt? S.20

Alles Käse ohne Teamwork S. 26

Check UP - kurzer Kommunikationstest S. 30

Comic S.31

Siehst du das denn genauso? S. 32

Teamtraining? Ja aber richtig S. 36

Fakten, Fakten, Fakten S. 48

Von der Technik zum Menschen S. 50

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Inhalt

Crew Resource Management S. 54Das Fliegen zählt zu den sichersten Transportmitteln weltweit.  Der Grund dafür ist nicht nur der technische Fortschritt der vergangenen Jahrzehnte. Die Luftfahrt gilt als Vorreiter auf dem Gebiet des Trainings nicht-technischer Skills, also Fertigkeiten teamarbeitsbezogener Natur. Dadurch sollen Unfälle, bei denen menschliche Fehler eindeutig als Ursa-che identifiziert werden können, verhindert werden und die geringe An-zahl an Unfällen soll möglichst gering gehalten werden.  

Kraftwerksimulatoren - bloß eine teure Spielerei? S. 68

Weitere Anwendungsgebiete von CRM S. 72

Die Zukunft von CRM! S. 76

Interview: Nicken als Feedback klappt nicht S. 82Wir sprachen mit Ralf Hinkel über Simulatortraining, Debriefing und Kommunikation im Cockpit. Er ist ehema-liger Berufsoffizier und F4-Jetpilot der deutschen Luftwaffe, arbeitet als ziviler Fluglehrer (Civil Instructor) und Waffenlehrer mit dem Eurofighter Simulator in Nörvenich und ist Trainer so-wie Assessor für Crew Resource Management (CRM). Er ist für die Erstellung von Eurofighter Simulator Datenbasen zuständig, bildet die Piloten in der Systemnutzung des Flugzeugs aus, entwickelt und evaluiert Taktiken der Waffennutzung und überwacht die Tätigkeiten der Pilo-ten während der Simulatorsessions.

Kreuzworträtsel S. 88

Interview: Blick über den großen Teich S. 90

Veranstaltungskalender S. 94

Buchempfehlungen S. 96

Lösungen des Kreuzworträtsels und des Kommunikationstests & Impressum S.100

5Wissenschaft & Praxis Februar 2015 5Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Teamwork im Wandel der Zeit

Wie die Evolution uns zu Teamplayern

machte

Teamwork im Wandel der Zeit

Während die anderen Zwergman-gusten jagen und fressen, steht eine von ihnen aufrecht da und guckt die ganze Zeit hektisch um sich. Plötzlich nähert sich ein Raubvo-gel. Die aufrecht stehende Zwerg-manguste schlägt Alarm und die

Erdmännchen-ähnlichen Säuge-tiere rennen dicht an dicht in klei-nen Grüppchen in ihren Bau. Der Raubvogel wiederum geht leer aus.

Zwergmangusten haben es nicht immer einfach. Sie haben eine kleine Körpergröße und werden aus der Luft, wie auch vom Boden von Feinden gejagt. Nähert sich ein Feind, besteht ihre einzige Überle-benschance darin, rechtzeitig in ihren Bau zu flüchten. Ob sie dies schaffen hängt davon ab, ob sie den Feind rechtzeitig erkennen, denn da die Feinde zumeist schneller sind, als die Zwergmangusten, brauchen jene stets einen gewissen Vorsprung, um am Leben zu blei-ben. Doch wie schaffen die Zwerg-mangusten es, trotz der schweren Umstände am Leben zu bleiben? Sie schließen sich zu Gruppen zusammen. So lange die Zwerg-mangusten sich außerhalb ihres Baus befinden, um zu jagen oder

zu fressen, übernimmt ein Tier die Rolle des Wächters, um recht-zeitig vor Angreifern zu warnen. In regelmäßigen Abständen wird der Wächter von einem anderen Tier in der Gruppe abgelöst. Greift dann tatsächlich ein Feind an, ver-suchen die Zwergmangusten dicht an dicht mit ihren Artgenossen zu flüchten. Dadurch steigt die indi-viduelle Überlebenschance, da der Angreifer sich nicht auf ein einzel-nes Tier konzentrieren kann.Teamwork lohnt sich also für die Zwergmangusten. Dabei gilt: Je größer die Gruppe, desto größer die Überlebenschance. So werden z.B. Gruppen von Zwergmangus-ten im Schnitt gleich häufig von Raubvögeln gestört, jedoch kommt es bei kleineren Gruppen drei Mal so häufig zu einem tatsächlichen Angriff (der Raubvogel greift also tatsächlich an, anstatt z.B. nur be-drohlich über der Gruppe zu krei-sen). Bei kleineren Gruppen ster-

Abbildung 1: Zwergmangusten stellen sich aufrecht hin, um nach Feinden Ausschau zu halten

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Teamwork im Wandel der Zeit

ben 2/3 der Jungtiere innerhalb der ersten 4 Monate, was sicherlich auch eine Folge der vermehrten Angriffe ist. Dies führt dazu, dass alle kleineren Gruppen mit weni-ger als fünf Mitgliedern innerhalb von drei Jahren ausgelöscht wer-den1.

Altruismus – weil selbstloser Einsatz sich manchmal lohnen kann

Während der Wächter einer Zwergmangustengruppe lediglich eine Warnung von sich gibt, wenn sich ein Feind nähert, schreiten die Arbeiterinnen der Gattung der in Südostasien angesiedelten Cam-ponotus saundersi Ameisen direkt zur Tat. Sie stürzen sich auf den Feind und platzen. Der Angreifer wird dadurch von einem klebrigen Sekret überschüttet. Der jeweili-gen Ameisenarbeiterin scheint die Aktion erst mal wenig zu bringen, denn sie stirbt bei diesem Abwehr-versuch. Ihrer Ameisenkolonie kann sie so jedoch das Leben ret-ten.So ein selbstloses Verhalten zum Vorteil anderer nennt man Altru-ismus. Doch was bringt einem das? Erklären lässt sich dieses Verhalten durch die sogenannte Verwand-tenselektion. Gene werden über die eigene Fortpflanzung, sowie auch über die Fortpflanzung von Verwandten, weiter gegeben. Alt-ruismus lohnt sich also, wenn da-durch mehr der eigenen Gene in die nächste Generation kommen, als durch die eigene Fortpflanzung. Übernehmen die Arbeiterinnen die gefährlichen Arbeiten und un-terstützen die Ameisenkönigin bei der Brutaufzucht, kann die Köni-gin mehr nachkommen zur Welt bringen. Man spricht auch von in-direkter Fitness2.

Rangordnung – weil jeder seinen festen Platz hat

Wie man bereits bei den Ameisen erkennen kann, steht die Königin über den Arbeiterinnen. Noch besser lässt sich dies bei unseren Verwandten, den Schimpansen, erkennen. In Schimpansengemein-schaften hat jeder seinen festen Platz in der Gruppe, es gibt also eine Rangordnung mit dem Al-pha-Männchen an der Spitze. Cha-rakteristisch für eine Rangordnung ist, dass ranghöhere Tiere rangnie-dere dominieren. So hat das Al-pha-Männchen z.B. einen besseren Zugang zu Ressourcen, wie Nah-rung, als das Beta-Männchen. Fühlt sich ein anderes Männchen dem Alpha-Männchen überlegen, kommt es zu einem Rangkampf, der entscheidet wer von den Bei-den nun das Alpha-Männchen bleibt bzw. sein wird.Auffällig ist jedoch, dass es solche Rangordnungen in der Regel nur bei den Männchen gibt. Bei Weib-chen fehlen Rangstrukturen zu-meist.Auch gibt es bei Schimpansen etwas, was essenziell für ein gu-tes Miteinander ist und zeigt, wie „menschlich“ die Schimpansen doch sind: die Versöhnung.

Der Affenforscher F. De Waal be-richtet, dass nach 40% aller aggres-siven Begegnungen, wie z.B. Rang-kämpfen, Schimpansen spätestens nach einer halben Stunde Kontakt zu ihrem Gegner aufnehmen, um sich zu versöhnen. Dabei wird dem Gegner die ausgestreckte, nach oben offene Hand entgegengehal-ten. Gibt es Schwierigkeiten bei der Kontaktaufnahme der beiden Gegner, kann ein Weibchen zwi-schen den beiden vermitteln. Ver-söhnung und Konfliktvermeidung sind also bereits zentraler Bestand-teil von Schimpansengemeinschaf-ten.Doch wozu gibt es überhaupt die Rangordnung? Für die Gruppe an sich bringt sie in Wahrheit keinen Vorteil, sehr wohl aber für die ein-zelnen Individuen einer Gruppe, da so z.B. schwächere Tiere vom starken Alpha-Männchen be-schützt werden können3.

Was bedeutet das für uns Men-schen?

Auch Menschen befinden sich, wie ihre tierischen Verwandten, meist in Gruppen. In vielen Be-reichen lässt sich sogar eine Rang-ordnung erkennen, wie z.B. in der

Abbildung 2: Schimpansen sind uns Menschen in vielerlei Hinsicht sehr ähnlich

7Wissenschaft & Praxis Februar 2015 7Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Teamwork im Wandel der Zeit

Medizin, wo es den/die Chefarzt/ärztin an der Spitze gibt, gefolgt von den Oberärzten/innen, den Fachärzten/innen und den Assis-tenzärzten/innen. Doch Gruppen bei Menschen, bzw. Teams, un-terscheiden sich von den Grup-pen in der Tierwelt. So schreiben Hitzler und Pfadenhauer: „Der »Sprung« aus der [...] Metaphorik der Biologie der »Gemeinschaft« in die Gemeinschaft als einer Form menschlicher Sozialität setzt Le-bewesen voraus, die sich nicht nur (instinktiv) verhalten, sondern die Handlungsprobleme haben – also Akteure.“4

Menschen tun sich also in Teams zusammen, um Probleme zu lösen. War es früher die Arbeitsteilung als Jäger und Sammler, ist es heute das Retten von Menschenleben bei einem Feuerwehreinsatz.Doch noch eine Sache unterschei-det menschliche Teams von den tierischen: Die Kultur. Wieso haben z.B. Menschen un-terschiedlicher Kulturen ein un-terschiedliches Essverhalten? Die einen ekeln sich vor Käfern, für die anderen ist es eine Delikatesse. Die einen essen Schweinefleisch und für die anderen ist es ein Tabu. Auch dies hängt mit unserem Gruppenverhalten zusammen bzw. der Art, wie wir in Gruppen ler-nen. So spricht man von der soge-nannten kulturellen Evolution als „Weitergabe erworbener Fähigkei-ten von Generation zu Generation, das Kopieren von Verhalten von Vorbildern, Lernen und Lehren.“5

Man kann also zusammenfas-sen, dass der Zusammenschluss zu Gruppen bzw. Teams über die Evolution hinweg viele Vorteile mit sich gebracht hat. Der Mensch hat zahlreiche Merkmale aus dem Tierreich übernommen und diese verfeinert, was es ihm ermöglicht

hat das Unmögliche möglich zu machen. Herztransplantationen, die Beförderung hunderter von Menschen in einem Airbus A380 oder die Rettung eines Säuglings aus einem brennenden Gebäude. All das würden wir im Alleingang niemals schaffen.

Nathalie Dittrich

1 Bickel, H., Eckebrecht, D., Krull, H., Loth, U. & Ponzelar-

Warter, E. (1997). Vor- und Nachteile des Zusammenlebens. In

H. Bickel, D. Eckebrecht, H. Krull, U. Loth & E. Ponzelar-Warter

(Hrsg.), Natura – Neurobiologie und Verhalten (S.124-125).

Stuttgart: Ernst Klett Verlag GmbH.

2 Markl, J., Gemballa, S., Heinze, J., Kronberg, I., Michiels,

N., Paulsen, H., Schmid, U., Stöcker, W. & Strauss, R. (2010).

Selbstloses Verhalten kann die Gesamtfitness erhöhen. In J.

Markl, S. Gemballa, J. Heinze, I. Kronberg, N. Michiels, H.

Paulsen, U. Schmid, W. Stöcker & R. Strauss (Hrsg.), Markl

Biologie (S. 466). Stuttgart: Ernst Klett Verlag GmbH.

3 Bickel, H., Eckebrecht, D., Krull, H., Loth, U. & Ponzelar-

Warter, E. (1997). Rangordnung. In H. Bickel, D. Eckebrecht,

H. Krull, U. Loth & E. Ponzelar-Warter (Hrsg.), Natura –

Neurobiologie und Verhalten (S.130-131). Stuttgart: Ernst Klett

Verlag GmbH.

4 Hitzler, R. & Pfadenhauer, M. (2006). Die Okonomisierung

der Produktion von Gemeinschaft. In K. S. Rehberg (Hrsg.),

Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses

der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel. Frankfurt am

Main : Campus Verl.

5 Markl, J., Gemballa, S., Heinze, J., Kronberg, I., Michiels,

N., Paulsen, H., Schmid, U., Stöcker, W. & Strauss, R.

(2010). Kulturelle Evolution ermöglicht es, Erfahrungen

weiterzureichen und zu optimieren. In J. Markl, S. Gemballa,

J. Heinze, I. Kronberg, N. Michiels, H. Paulsen, U. Schmid, W.

Stöcker & R. Strauss (Hrsg.), Markl Biologie (S. 305). Stuttgart:

Ernst Klett Verlag GmbH.

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Kernkompetenzen guten Teamworks

Kernkompetenzen guten Teamworks – Warum es nicht immer „ich“, sondern

auch mal „wir“ heißen sollteDie effektive und produktive Arbeit in jedem Unternehmen hängt nicht nur von der Qualifikation des Personals oder der gewählten Unternehmensstrategie ab, sondern allem voran auch vom Aspekt des Teamworks. Vier Augen sehen mehr als zwei, und sechs Augen sehen mehr als vier. Vor allem in Hochrisikosituationen ist dies oftmals der entscheidende Faktor sicheren Handelns.

Was ist ein Team?

Ideen auszutauschen, Erfahrun-gen zu teilen und einander auf die Sprünge zu helfen, für alle diese Sachen braucht man jemanden an seiner Seite, jemanden der hinter einem steht und der einen unter-stützt. Genauso sollte es natürlich auch in die entgegengesetzte Rich-tung funktionieren, dann ist man ein Team.Doch wie kann man Team definie-ren? Was ist der Kern eines Teams? „Teams sind heutzutage ein wichti-ger Bestandteil vieler unterschied-licher Organisationen“1,S.23, daher ist es relevant genau zu definieren was ein Team ausmacht.Eine Definition stellt diese dar, welche ein Team als „… a set of

two or more individuals who inter-act interdependently and adapti-vely towards a common goal or ob-jective. In addition, team members have specific roles or functions, and the life span of membership is limited“2 ,S.83 beschreibt.

Welche Arten von Teamwork gibt es?

In der Praxis lassen sich verschie-dene Arten von Teamwork iden-tifizieren (siehe unten „Team ist nicht gleich Team“), deren Erfolgs-faktoren in der Wissenschaft mit Hilfe unterschiedlicher Modelle reflektiert wurden. Eines dieser Modelle stellt das so genannte Big-Five-Modell dar3.Die Big Five für Teamwork be-

schreiben die fünf wesentlichen Kernkomponenten des erfolgrei-chen Teamworks. Hierzu zählen die Teamführung, gegenseitige Erfolgskontrolle, unter-stützendes Verhalten, sowie Anpas-sungsfähigkeit und Teamorientie-rung.Als Führungsperson kann man die Aktivitäten der anderen Teammit-glieder leiten und koordinieren und ihre Leistung bewerten. Auch ist man verantwortlich für die At-mosphäre im Team, so liegt es z.B. im Aufgabenbereich der Füh-rungsperson, die anderen Team-mitglieder zu motivieren. Sie weist den anderen Mitgliedern Aufga-ben zu und ist gleichzeitig auch erste Ansprechperson bei Fragen und Problemen.

9Wissenschaft & Praxis Februar 2015 9Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Kernkompetenzen guten Teamworks

Aufgrund der Wichtigkeit der Füh-rungsperson ist die Teamführung eine der Komponenten der Big Five für erfolgreiches Teamwork.Doch natürlich kann die Führungs-person nicht alles selber machen, denn dann würde es sich hierbei auch nicht um ein Team handeln. So überprüfen sich alle Teammit-glieder auch gegenseitig. Es ist äußerst wichtig, dass die Team-mitglieder ein Grundverständnis des Umfelds im Team bekommen, sodass sie angemessene Strategien zur Aufgabenbewältigung entwi-ckeln und sich gegenseitig beob-achten, nicht im Sinne der Über-wachung, sondern im Sinne des Zusammenhalts und der gegen-seitigen Unterstützung. Denn vier Augen sehen ja bekanntlich mehr als zwei. Natürlich ist es auch wich-tig auf die Hilfe und die Tipps der anderen Gruppenmitglieder ein-zugehen und kritikfähig zu sein. Die gegenseitige Erfolgskontrolle ist somit wichtig, um den Erfolg des Teams zu unterstützen.Im Team muss man sich aufeinan-der verlassen können. Gleichzeitig muss man auch einen Sinn dafür entwickeln, welche Bedürfnisse die einzelnen Gruppenmitglieder ha-ben, um sich gegenseitig unter die Arme greifen zu können. Ein Bei-spiel hierfür ist die faire Verteilung von Aufgaben, vor allem während stressiger Phasen, in denen alle Gruppenmitglieder unter großem Druck arbeiten müssen. Teammit-glieder sollten sich somit gegensei-tig in ihren Aufgaben unterstützen, um das beste Ergebnis zu erzielen. Das unterstützende Verhalten ist demnach auch ein wichtiger As-pekt der Big Five.Auch in einem fremden Umfeld sollte man Strategien entwickeln können, die Aufgaben, z.B. durch Umverteilung der Ressourcen im

Team, zufriedenstellend zu bewäl-tigen. Alle Teammitglieder und somit das gesamte Team sollten anpassungsfähig sein. Bei einer Veränderung der Gegebenheiten sollten die Handlungsstrategien und Aufgaben angepasst werden.Anpassungsfähigkeit ist somit der vorletzte Punkt der Big Five.Eine zentrale Komponente wur-de bis jetzt noch nicht beachtet. Jeder weiß, dass ein Team effekti-ver zusammen arbeitet, wenn ein sogenanntes „wir-Gefühl“ da ist. Dies ist erreicht, wenn man sich in Diskussionen z.B. ausreden lässt und sachlich auf die Punk-te der Anderen eingeht. Blüht ein Gruppenmitglied in seinem Team regelrecht auf und stellt die Ziele des Teams über seine persönli-chen Ziele, so ist dieses Gruppen-mitglied im Team angekommen und das „wir-Gefühl“ perfekt. In der Big Five bezeichnet man diese Komponente als Teamorientierung, weil man seine Orientierung bzw. seinen Platz im Team gefunden hat und somit produktiv auf die Ziele des Teams hinarbeiten kann.An dieser Stelle ist das Modell je-doch noch nicht abgeschlossen, denn um den Erfolg des Teams zu garantieren, bedarf es noch dreier sogenannter koordinierender Me-chanismen.Der erste dieser Mechanismen be-steht aus geteilten mentalen Model-len.Kooperative Zusammenarbeit er-fordert ein geteiltes allgemeines Verständnis seiner Umwelt im Team. Auf Basis dieses geteilten Verständnisses können nun Ent-scheidungen getroffen werden. Dabei wird unterschieden zwi-schen Team-bezogenen mentalen Modellen und Aufgaben-bezoge-nen mentalen Modellen. Während sich die Team-bezogenen menta-

len Modelle auf die Funktion des Teams und die zu erwartenden Verhaltensweisen beziehen, bein-halten Aufgaben-bezogene men-tale Modelle Informationen be-züglich der benötigten Materialien oder den Zusammenhang in dem diese Materialien genutzt werden sollen.Der nächste Mechanismus, der ebenfalls essentiell für ein gelunge-nes Teamwork ist, ist das gegenseiti-ge Vertrauen. Man vertraut darauf, dass die anderen Teammitglieder ihre Aufgaben gewissenhaft erfül-len und die Interessen der anderen Mitglieder vertreten. Hierzu ge-hört auch, dass man bereit ist mit den Anderen Informationen zu teilen und auch Fehler eingesteht.Der letzte wichtige Mechanismus für erfolgreiche Teamarbeit ist eine geregelte Kommunikation. Ohne ef-fektive Kommunikation kann ein Team nicht funktionieren. Es muss sichergestellt werden, dass eine In-formation vom/von der Sender/in an den/die Empfänger/in ge-langt. Alles andere würde zu einer Fehlkommunikation und somit zu einem Problem führen (weitere Informationen zu Kommunikati-on finden Sie im Text „Es gab ein Kommunikationsproblem! Wird Kommunikation unterschätzt?“ auf S.20).

Ohne eine enge Kommunikation ist die Sicherheit des Informations-flusses nicht gewährleistet und so-mit der Teamerfolg gefährdet. Thomas Wessel von der Feuer-wehr Dortmund (siehe S. 15) weiß worauf es bei gutem Teamwork ankommt: „Kommunikation ist [eine] der elementaren Sachen“, beteuert er. Nicht immer besteht dabei die Kommunikation aus Worten. Angenommen jemand wird mit dem Rettungswagen in

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Kernkompetenzen guten Teamworks

ein Krankenhaus gebracht. Nicht jeder/jede Arzt/Ärztin wird die Zeit haben sich alles Wichtige von den Rettungssanitätern anhören zu können und selbst wenn, kann es vor allem an einem stressigen Arbeitstag schnell mal passieren, dass man die Informationen, seien sie noch so wichtig, doch vergisst, oder falsch versteht. Um dieser Problematik entgegen zu wirken, muss alles genauestens dokumen-tiert werden. Wessel erklärt: „Wenn im Nachgang, also [zu] Sachen 3-4 Wochen später noch einmal eine Nachfrage kommt, [...] was ist denn da genau gewesen?“ Daher, so Wessel, zählt der Grundsatz: „Alles was da nicht genau doku-mentiert ist, zählt im Prinzip auch nicht.“

Welche Faktoren entscheiden über gutes Teamwork?

Ein geeignetes Modell, um die Ein-flussfaktoren auf den Prozess und die Ergebnisse der Teamarbeit zu erklären bzw. zu beschreiben ist das Input-Prozess-Output (IPO) Modell von J. E. McGrath4.Dieses IPO-Modell sagt aus, dass der Erfolg eines Teams bzw. des-

sen Leistung hauptsächlich davon abhängt welche Faktoren das Team Eingangs beeinflussen (Input). Zudem sind die Prozesse in der Teamarbeit relevant, die die Effek-te des Inputs auf den Output mo-derieren. Diese Teile des Modells können als drei Phasen angesehen werden (siehe Abbildung 1).

Der eingebrachte Input in die Teamarbeit besteht aus verschie-denen Faktoren, welche je nach Ausprägung (positiv oder negativ) darüber entscheiden, wie erfolg-reich die Teamprozesse ablaufen können, bevor im Anschluss daran ein Output entsteht. Zu diesen Input-Faktoren zählen hauptsächlich die individuellen Faktoren der einzelnen Teammit-glieder, die Gruppenfaktoren und die Umwelt-/Organisationsfakto-ren. Bei den individuellen Fakto-ren handelt es sich um Faktoren, die die individuelle Person bedin-gen und beschreiben, wie zum Bei-spiel seine Einstellungen und seine Persönlichkeit. Die Gruppenfakto-ren betreffen die gesamte Gruppe. Hierzu zählen z.B. die Gruppen-größe, das Gruppenziel und die Gruppenzusammenstellung. In diesem Zusammenhang lassen sich

die oben genannten „Big 5“ einord-nen, da anhand der Teamführung, der gegenseitigen Erfolgskontrolle, dem unterstützenden Verhalten, der Anpassungsfähigkeit sowie der Teamorientierung bestimmt wird, inwieweit die Gruppenfaktoren miteinander agieren.Die Umwelt- und Organisations-faktoren beschreiben alle Faktoren die von außen an das Team heran-getragen werden und somit deren Arbeit beeinflussen. Die Aufgabe an sich oder das Trainingssystem sind hierfür geeignete Beispiele. In der nächsten Phase finden die Teamprozesse und die hauptsäch-liche Interaktion des Teams statt. Hier geht es unter anderem darum auf welche Art und Weise kommu-niziert und koordiniert wird, aber auch in welchem kognitiven und gefühlsbetonten Zustand die Mit-glieder des Teams sich befinden. Hier lassen sich unter anderem die koordinierenden Mechanismen, also die geteilten mentalen Mo-delle, das gegenseitige Vertrauen sowie die strukturierte Kommu-nikation einordnen, welche dafür sorgen, dass die Teamprozesse ohne weitere Hindernisse erfolgen können.Diese beiden ersten Phasen und

Abbildung 1: Input-Prozess-Output-Modell der Teamleistung

11Wissenschaft & Praxis Februar 2015 11Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Kernkompetenzen guten Teamworks

ihre Beziehungen untereinander entscheiden über die letzte Phase, den Output. Hier geht es um die jeweilige Ausprägung der Ergeb-nis-Faktoren, wie zum Beispiel die Arbeitszufriedenheit oder die Effektivität der Teamarbeit. Trai-nings von HRTs zielen bspw. dar-auf ab die Kommunikation sowie Koordination für den Ernstfall zu trainieren. Das Ziel ist, dass die Teams auch in Stresssituationen Fehlern in der Arbeit vorbeugen und erfolgreich zusammen arbei-ten.

Team ist nicht gleich Team Wird in der Wissenschaft ein Team beschrieben oder von Teamwork gesprochen, ist es sehr wichtig, dass Unterscheidungen vorgenom-men werden.Eine bestimmte und wichtige Art von Teams stellen die HRT’s – High Responsibility Teams dar. Wieso „High Responsibility“? Ganz einfach: Diese Teams sind „diejenigen, die mit ihrem Han-deln und dessen Konsequenzen eine hohe Verantwortung für das Leben und die Gesundheit von Menschen und für den Schutz der Umwelt tragen.“1 S. 17

Diese Teams mit offensichtlich großer Verantwortung lassen sich im Alltag in verschiedenen Berei-chen finden: So sind Organisationen wie die Berufsfeuerwehr, die Polizei oder Energiekonzerne, welche mit Kernenergie arbeiten als „High Reliability Organizations“ (HROs)5 zu sehen, in denen wiederum „HRT’ s“ arbeiten6.Die Aufgaben von HRTs sind so vielschichtig und unterschied-lich, dass es nahezu unmöglich erscheint diese zu skizieren oder

festzulegen. Doch einige Aspekte haben alle HRTs miteinander ge-mein:So muss ein jedes HRT in der Lage sein den aktuellen Zustand des Teams zu überblicken und jegliche gesammelte Hintergrundinforma-tion über das Geschehen inner-halb des Teams mitteilen. Dieser Informationsaustausch ist als obli-gatorisch anzusehen, um nicht nur vergangene Situationen nachzu-vollziehen, sondern auch um diese in der gegenwärtigen und in zu-künftigen Situationen zu benutzen um mögliche Fehler zu vermeiden, oder die allgemeine Leistung des Teams zu steigern.Die Mitglieder von HRTs müssen außerdem in jeder Situation die-se fokussieren und den nötigen Handlungsbedarf schnell überbli-cken7,8,9. Mit Blick auf dieses differenzierte Aufgabenfeld drängt sich nun die Frage auf, welche Charakteristika eine Person erfüllen sollte um ein geeignetes Mitglied für ein HRT darzustellen. Hier steht nicht etwa das jeweilige medizinische, technische oder ju-ristische Fachwissen der Mitglie-der einer Einheit im Vordergrund. Die nicht-technischen Fertigkeiten wie das Verarbeiten von Zeitdruck und Ungewissheit1,S.18 und eine teamfördernde Art der Kommu-nikation, sowie eine dem Team an-gemessene hierarchische Struktur bedingen meist die Effizienz und die Leistung des Teams.

In der Realität gibt es viele Beispie-le für die Wichtigkeit einer Hierar-chie im Team aber genauso für eine ausgeglichene und angemessene Zusammenarbeit. Im Interview mit dem Hygienebeauftragten der Feuerwehr Dortmund, Thomas Wessel, sagte er zu diesem Thema:

„Die [Menschen in der Desinfek-tion] verlassen sich dann genau darauf, dass die Maßnahmen, die jetzt vorgegeben werden durch den Desinfektor eben dann auch tatsächlich stimmig und mit den Vorgaben aus Recht und Gesetz oder auch mit technischen Regeln konform sind. Diese Maßnahmen müssen dann richtig umgesetzt werden, das heißt es ist dann wie-der so ein Wechselspiel“ (Interview Feuerwehr Dortmund).Ein Wechselspiel im Team und ein wichtiges Verlassen-Können auf die nächste Ebene in der Hi-erarchie des Team stehen also in solchen Notfällen im Vordergrund um Katastrophen zu verhindern.Ein Wechselspiel, welches auch das Interview mit einem leiten-den Oberarzt in einer Duisburger Klinik hervorgeht. So erklärte die-ser im Zusammenhang mit dem nötigen zurechtfinden in einem neuen Team (hier: im Team des Schockraums der Klinik): „Wenn er zum ersten Mal im Schockraum mitmacht. Aber auch der hat dann eine Anästhesiepflegekraft dabei, die schon längere Zeit im Haus ist. Es sind immer Ältere im Team da-bei, die die neuen anleiten“ (Inter-view BGU).Der Informationsaustausch und das unterstützende Miteinander sind offensichtlich unabdingbare Faktoren für das Funktionieren des Teams.Der große Unterschied zwischen HRTs und klassischen Teams ist der Grad der Verantwortung die das jeweilige Team trägt. Mitglieder von HRTs tragen eine hohe Verantwortung für das Leben anderer Personen, aber auch für ihr eigenes Leben. Im Fall eines z.B. misslungenen Einsatzes müssen sie die psychischen und physischen Konsequenzen ihrer Handlungen

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Kernkompetenzen guten Teamworks

für sich selbst oder Dritte tragen. Außerdem ist ein HRT in der Re-gel gezwungen eine angefangene Aufgabe zu vollenden. Nebensäch-lich ist dabei die Befindlichkeit der Mitglieder, da es oftmals darum geht das Leben eines oder mehre-rer Menschen zu retten. Innerhalb eines klassischen Teams ohne die-sen hohen Grad an Verantwortung sind Pausen und Arbeitsunterbre-chungen, ohne große Konsequen-zen befürchten zu müssen, mög-lich. Die Mitglieder von HRTs stehen, vor allem in kritischen Situationen, unter starkem psychischem und oft auch physischem Leistungs-druck1 (S. 27).

Teamwork in der Praxis

Teamwork kommt praktisch über-all vor, doch es gibt Arbeitsberei-che, in denen Teamwork unabding-bar ist. Thomas Wessel weiß: „Ich glaube bei der Feuerwehr würde grundsätzlich gar nichts funkti-onieren, auch im Rettungsdienst nicht, wenn Teamwork nicht ganz groß geschrieben werden würde“, denn „Teamwork ist ja auch eben nur eine Verlässlichkeit.“ Man muss auf einander bauen können und darauf vertrauen, dass das, was der/die jeweils andere macht so richtig ist.Was in diesem Fall bei der Feuer-wehr funktioniert muss natürlich auch bei der Polizei, in der Luft-fahrt und in der Medizin funktio-nieren. Viele Aufgaben sind alleine unmöglich zu meistern, doch mit einem gut geschulten Team an sei-ner Seite macht man das Unmögli-che möglich.

Zusammenfassend ist Teamwork ein Gebilde vereinter Kräfte, meist

unter der Leitung einer Führungs-person. Diese kann, in Abhängig-keit von vielen Faktoren, den Weg für den Erfolg des Teams ebnen. In der Teamarbeit kommt es dabei auf jede einzelne Person an, dass diese ihre Fertigkeiten und Ressourcen in die gemeinsame Arbeit ein-bringt. Teamwork ist das Arbeits-modell der Zukunft, denn gemein-sam schafft man mehr, als allein!

Lea Parker und Annalena Wiegandt

1 Hagemann, V. (2011). Trainingsentwicklung für High Responsi-

bility Teams. Lengerich: Pabst Science Publishers.

2 Cannon-Bowers, J. A. & Salas, E. (1998). Team Performance

and Training in Complex Environments: Recent Findings From

Applied Research. Current Directions in Psychological Science,

7(3), 83-87.

3 Salas, E., Sims, D. E., & Burke, C. S. (2005). Is there a „Big Five“

in teamwork ? Small Group Research, 36 (5), 555-599.

4 Hackman, J. R. (1987). The design of work teams. In J. W.

Lorsch (Hrsg.), Handbook of organizational behavior. Engle-

wood Cliffs, NJ: Prentice-Hall.

5 Weick, K. E. & Sutcliffe, K. M. (2003). Das Unerwartete mana-

gen. Stuttgart : Klett-Cotta.

6 Hagemann, V., Kluge, A. & Ritzmann, S. (2011). High Respon-

sibility Teams - Eine systematische Analyse von Teamarbeits-

kontexten für einen effektiven Kompetenzerwerb. Psychologie

des Alltagshandelns, 4(1), 22-42.

7 Endsley, M. R. & Bolstad, C. A. (1994). Individual differences

in pilot situation awareness. The International Journal of Aviation

Psychology, 4(3), 241-264.

8 Badke-Schaub, P. (2008). Handeln in Gruppen. In P. Bad-

ke-Schaub, G. Hofinger & K. Lauche (Hrsg.), Human Factors:

Psychologie sicheren Handelns in Risikobranchen (S. 114-130).

Heidelberg: Springer Medizin Verlag.

9 Dörner, D. & Schaub, H. (1995). Handeln in Unbestimmtheit

und Komplexität. Zeitschrift für Organisationsentwicklung, 3,

34-47.

13Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Ebola im Ruhrgebiet

Ebola im RuhrgebietWas wäre wenn?

Ebola war bis vor kurzem noch in aller Munde. Auch wenn die Epidemie sich hauptsächlich in Westafrika verbreitet, besteht bei vielen Menschen die Sorge, jemand könnte die Krankheit nach Europa bringen. Die Wahr-scheinlichkeit für einen tatsächlichen Ebola-Aus-bruch in Europa ist gering, dennoch sprachen wir mit Thomas Wessel, Hygiene-beauftragter bei der Berufs-feuerwehr Dortmund, über die Frage: Was wäre wenn?

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Ebola im Ruhrgebiet

Die Feuerwache 4 der Berufsfeu-erwehr in Dortmund Hörde ist auf den ersten Blick ähnlich, wie jede andere Feuerwache. Immer wieder gehen Notrufe ein, die dann über Lautsprecher durch das Gelände hallen. Alle Mitarbeiter/innen wis-sen genau, was zu tun ist und bei welchem Notruf sie wie ausrücken müssen. Dies gilt auch für eher ungewöhnliche Notrufe. „Ein Ebo-la-Verdachtsfall in den städtischen Kliniken“. Thomas Wessel weiß ge-nau, was in diesem Fall, sei er doch eher relativ unwahrscheinlich, zu tun wäre.

Wann spricht man von einem Ebola-Verdachtsfall?

Angenommen man würde eine kranke Person auffinden und es wäre die Vermutung da, es könn-te sich um eine Ebolaerkrankung handeln, dann, so Wessel, sind 3 Punkte entscheidend: Fieberanam-nese - hat der/die Betroffene über 38,5°C Fieber? -, Reiseanamnese – War der/die Betroffene in den letz-ten 21 Tagen in Epidemiegebieten wie Westafrika? – und die Kontakt-anamnese – Hatte der/die Betrof-fene Kontakt zu Ebola-Patienten/innen, Buschfleisch gegessen oder mit Fledermäusen Kontakt gehabt?Wird eine dieser Fragen mit ja be-antwortet, so handelt es sich hier-bei um einen Ebola-Verdachtsfall. Kann keine der Fragen beantwor-tet werden, da die Person nicht ansprechbar ist, oder womöglich gar kein deutsch spricht, handelt es sich ebenfalls um Ebola-Verdacht. Die Diagnose Ebola könnte man jedoch zunächst nicht ausspre-chen, erklärt Wessel, denn „Letzt-endlich belegen kann ich es nur über einen Laborbefund, und den können wir hier in Dortmund eh

nicht ermitteln oder durchführen.“ Das nächst gelegene Labor für die Diagnose befindet sich in Ham-burg und die nächstgelegene Iso-lierstation mit der entsprechenden Schutzstufe befindet sich in Düs-seldorf.

Das Gesundheitsamt als erste In-stanz

Da Ebola meldepflichtig ist, würde nun das Gesundheitsamt infor-miert werden. „Ab dem Zeitpunkt tragen die [das Gesundheitsamt]die komplette Verantwortung da-für“, so Wessel. „Auch alle weite-ren Maßnahmen legen die [das Gesundheitsamt] fest und leiten sie ein.“ Auch, wenn die Zuständig-keit dann in den Bereich des Ge-sundheitsamtes fällt, werden wei-tere Maßnahmen im Rahmen der

Gefahrenabwehr durch die Feu-erwehr durchgeführt, denn sämt-liche Maßnahmen wurden schon im Vorfeld zusammen festgelegt. Das Gesundheitsamt sorgt für die bürokratischen Abläufe und die Feuerwehr für die Umsetzbarkeit, auch eine Form von Teamwork.

Ein spezieller Rettungswagen für Infektionskrankheiten

Wichtig ist in solch einem Fall na-türlich auch, keine anderen Pati-enten/innen zu gefährden. Nicht nur bei der Krankheit Ebola ist die Einhaltung der Hygienevor-schriften wichtig. Das Beispiel Methicillin-resistente Staphylo-coccus aureus (MRSA), ein weit verbreiteter Krankenhauserreger, zeigt, wie wichtig Desinfektion ist. Auch wenn MRSA im Vergleich

Thomas Wessel ist Hygienebeauftragter der Berufsfeuerwehr Dortmund. Zuständig ist er für den Rettungsdienst und die Feuerwehr.Herr Wessel ist 48 Jahre alt und seit 1991 im Bereich der Feuerwehr tä-tig. Seinen Grundlehrgang hat er bei der Feuerwehr Hamm gemacht, später ist er zur Feuerwehr Dortmund gewechselt. Hier war er zunächst als Taucher und Atemschutzgerätewart sowie beim Brandschutz und der Abwehr tätig. 2013 wechselte Thomas Wessel in den Funktionsbereich Hygiene und Desinfektion.

15Wissenschaft & Praxis Februar 2015 15Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Ebola im Ruhrgebiet

zu anderen Erregern relativ banal scheint, müssen stets die richtigen Maßnahmen getroffen werden, denn Wessel weiß: „Patienten, die wir fahren, sind in der Regel dann ja krank. Haben unter Umständen schon ein geschwächtes Immun-system, was für die dann fatale

Folgen haben könnte.“ Bei Ebola wäre die richtige Maßnahme zu-nächst einen Transportstopp zu verhängen. Auch könnte der/die Patient/in nicht einfach in einem normalen Krankenwagen abgeholt werden. Hier käme der sogenann-te IRTW zum Einsatz, der Infek-

tionsrettungswagen der auf der Feuerwache 4 in Dortmund Hörde bei Thomas Wessel steht. Doch was macht den IRTW so besonders? Im Gegensatz zu herkömmlichen Rettungswagen sieht der IRTW recht leer aus: Eine Liege und zwei Sitzmöglichkeiten für die Helfer/innen, außerdem ein doppelter Boden. Alle Utensilien (zB. Ver-bände, Decken, etc.) sind nur von außen zugänglich, damit nicht zu viele Objekte kontaminiert wer-den und dann womöglich entsorgt werden müssen. An dem IRTW ist also außen eine Tür, durch die man sich sämtliche Utensilien mit in den IRTW reinholen kann. Au-ßerdem lässt sich die Tür nur von außen öffnen, nicht jedoch von in-nen, damit der/die Patient/in nicht auf einmal aufgrund einer Panikat-tacke flüchtet, da dies eine Gefahr für andere Menschen darstellen würde. Begleitet würde der Trans-port dieses/dieser Patienten/in von der Polizei, die auch für Absper-rungsmaßnahmen verantwortlich wäre. Es muss somit interdiszipli-när zusammen gearbeitet werden.

Schutz vor Ansteckung auch für die Rettungshelfer/innen

Vor Ort ist es für die Helfer/innen vor allem bei einer so gefährlichen Infektionskrankheit wie Ebola wichtig, bestimmte Sicherheits-maßnahmen einzuhalten. So müs-sen die Helfer/innen Schutzanzüge tragen und sollten, wenn möglich, einen Meter Abstand zu nicht, bzw. nur unzureichend geschütztem, Personal halten. Im IRTW müssen dann drei Leute mitfahren, darun-ter ein ausgebildeter Desinfektor, erklärt Wessel, außerdem würden noch fünf weitere Personen in ei-nem Begleitfahrzeug mitfahren,

Abbildung 1: Von außen sieht der IRTW zunächst einmal aus, wie ein ganz normaler Rettungswa-gen...

Abbildung 2: ...doch von innen sieht man, dass es deutliche Unter-schiede gibt.

16

Ebola im Ruhrgebiet

um bei den Dekontaminations-maßnahmen, wie z.B. dem Auszie-hen des Schutzanzuges, zu helfen. Auch hier ist also Teamwork ge-fragt. Ob der Verdachtsfall begrün-det ist und ob überhaupt ein Trans-port stattfindet obliegt jedoch in Dortmund der Entscheidung des Gesundheitsamtes. „Das muss man einfach auch jeder Stadt zu-gestehen, dass die Vorgehens- und Verfahrensweisen dann immer un-terschiedlich sind“, so Wessel.

Rettungsdienst und Kranken-haus als ein Team

In NRW würde man mit der er-krankten Person nach Düsseldorf fahren, dort verfügt das Univer-sitätsklinikum über eine entspre-chende Isolierstation. Deutsch-landweit gibt es jedoch auch andere Krankenhäuser mit ei-ner solchen Isolierstation, z.B. in Hamburg, Leipzig und Frankfurt. Die Zusammenarbeit zwischen Rettungsdienst und Krankenhaus ist natürlich nicht nur bei Ebola entscheidend. In Dortmund wur-de eigens für den Arbeitsbereich der Desinfektion ein Arbeitskreis gebildet. „Wir nennen das Quali-tätszirkel. Das ist ein Zusammen-schluss des Dortmunder Rettungs-dienstes und der Notaufnahmen der Dortmunder Klinken.“, so Wessel. Letzten Endes, so erklärt er uns, wurde z.B. ein einheitli-cher Hygieneleitbogen entworfen, um festzuhalten, welche Infekti-onskrankheit der/die Patient/in genau hat. Dies ist wichtig, damit solche Sachen nicht nach dem „Stille-Post-Prinzip“ weitergege-ben werden. „Wenn ich das [also alles Rund um den Einsatz] nicht schriftlich festhalte und vernünftig dokumentiere, wird unter Umstän-

den so eine Infektionskrankheit am Ende wieder eine ganz andere oder gar keine mehr sein“, erklärt Wessel. Werden Informationen also nicht richtig dokumentiert und weiter gegeben, kann es also passieren, dass wichtige Informati-onen für die anderen Teammitglie-der verloren gehen.

Bestens vorbereitet für den Ernst-fall

Natürlich wird, wie auf jeder Feu-erwache, auch in Dortmund Hör-de regelmäßig für den Ernstfall trainiert. Es gibt fest angesetzte Übungstage, die vor allem dazu dienen Stress zu reduzieren, er-klärt Wessel, denn angenommen „Man hat gar nichts geübt, und irgendein Mitarbeiter X wird in so einen Anzug reingesteckt und [man] sagt: So, bleib da sitzen, bekommst gleich einen Patienten, aber du schaffst das schon. Das dauert 5 Minuten, dann kollabiert der in dem Anzug, dann weiß der nicht mehr was er machen soll.“ Ohne Training wäre der Stresspe-gel nämlich viel zu groß für jene/n Mitarbeiter/in.Nicht nur in Dortmund verfügt man über spezielle Möglichkeiten für die sogenannten Sonderisolier-transporte, wie z.B. bei Ebola. Al-lein in NRW gibt es noch weitere Wachen mit Infektionsrettungswa-gen in Essen, Düsseldorf und Köln. Sollte es also doch eines Tages ei-nen Ebola-Fall geben, so sind wir in NRW darauf vorbereitet.

Nathalie Dittrich

17Wissenschaft & Praxis Februar 2015 17Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Teamwork & kulturelle Unterschiede

„Vérité en-deca des Pyrénés, erreur au-delá“ 1

- Blaise Pascal, 1623-62

„Es gibt Wahrheiten auf dieser Seite der Pyrenäen, die auf der anderen Unwahrheiten sind“

Teamwork und kulturelle Unterschiede

Während in der westlichen Welt ein nach oben ausgestreckter Daumen eine Geste ist, um mitzuteilen, dass alles gut sei, kommt derselben Geste im Iran die gleiche Bedeutung bei, wie in der westlichen Welt ein aus-gestreckter Mittelfinger. Doch kultu-relle Unterschiede zeigen sich nicht nur in der Verwendung von Ges-ten, sondern auch während einer gemeinsamen Zusammenarbeit. Lassen Sie mich im Folgenden ver-suchen Ihnen einen kurzen Einblick in die Auswirkungen von Kulturen auf Handlungen zu geben:

Zunächst einmal geben nicht nur die individuellen Lernerfahrun-gen und das Vorwissen, sondern auch die kulturellen Umstände den Handlungsspielraum eines je-den einzelnen vor2. Wächst man in einer kollektivistisch gepräg-ten Gesellschaft auf, ist es wenig wahrscheinlich einer Anweisung zu widersprechen. Der niederlän-dische Kulturwissenschaftler Geert Hofstede erkannte fünf universell gültige Dimensionen der Kultur3.

Die erste Dimension ist Individu-alismus oder Kollektivismus. Es beschreibt an Hand zweier Pole, wie kollektivistisch bzw. indivi-dualistisch eine Kultur ausgeprägt ist. Ein hoher Wert auf der Skala geht mit einer hohen individualis-tischen Ausprägung einher: Hier

werden besonders die Rechte des Individuums beschützt. Wichtig sind Selbstbestimmung und Ei-genverantwortung. Eine kollek-tivistische Kultur zeigt hingegen ein hohes Maß an Integrierung in die Gesellschaft, so wie ein all-gemein viel stärker ausgeprägtes „Wir“-Gefühl. D.h. die Ziele des Einzelnen werden denen der Ge-samtheit untergeordnet. Im Allge-meinen zeigen westliche Länder, wie vor allem die USA, sowie Mit-teleuropa eine hohe Ausprägung an Individualität, während Länder wie Guatemala, Pakistan und die südamerikanischen Staaten eine hohe Ausprägung an Kollektivis-mus aufweisen.

Die zweite Dimension ist Maskuli-nität vs. Feminität. Diese Dimensi-on sagt aus, wie stark eine Kultur durch die von Hofstede festgeleg-ten männlichen (Konkurrenzbe-reitschaft, Selbstbewusstsein) oder weiblichen (Fürsorglichkeit, Ko-operation, Bescheidenheit) Werte geprägt ist. Dabei zeigen vor allem Japan und Osterreich eine sehr maskuline Ausprägung, während Norwegen und Schweden eine sehr feminine Ausprägung zeigen.

Die dritte Dimension ist die Un-gewissheitsvermeidung, welche durch eine Skala angibt, wie hoch die Abneigung gegenüber unvor-

hergesehenen Situation ist. Je hö-her die Ablehnung von Ungewis-sem ist, desto mehr Gesetzte und Richtlinien gibt es, um auf unvor-hergesehene Situationen vermeint-lich vorbereitet zu sein. Es herrscht eine hohe emotionale Nervosität bei den Angehörigen der Kultur. Kulturen mit einem niedrigen Wert sind toleranter und haben weniger Regeln, welche auch an die jeweilige Situation angepasst werden können.

Die vierte Dimension ist die lang- oder kurzfristige Orientierung. Um diese Dimension zu messen führte Hofstede auch hier eine Skala ein. Kulturen mit einem ho-hen Messwert besitzen eine lang-fristige Ausrichtung, welche sich durch die Werte Sparsamkeit und Beharrlichkeit ausdrückt. Vor al-lem asiatische Staaten erzielen hier einen hohen Wert, während euro-päische und Entwicklungsländer einen niedrigen Wert erzielen, da sich eine kurzfristige Ausrichtung durch die Werte Flexibilität und Egoismus auszeichnet.

Die fünfte Dimension ist die Machtdistanz. Sie fordert vom Individuum unbedingte Loyali-tät, schützt es im Gegenzug aller-dings gegen äußere Einflüsse wie z.B. andere Kulturen, kriegerische Auseinandersetzungen und ei-

1818

Teamwork & kulturelle Unterschiede

nem Ausstoß aus der Gesellschaft. Die Machtdistanz ist vor allem in kollektivistisch geprägten Kultu-ren stark ausgeprägt, welche hie-rarchisch geprägt sind. Dabei gibt die Hierarchieposition den Hand-lungsspielraum vor: Je weiter un-ten eine Person in der Hierarchie steht, desto geringer ist sein Hand-lungsspielraum, desto geringer ist jedoch auch das Verantwortungs-gefühl für von der Obrigkeit be-fohlene Handlungen. Es entsteht also eine „nicht nachfragen“-Men-talität. Jedoch wird so auch die Kreativität und die Entwicklung eigener Ideen eingeschränkt4, was in manchen Berufsfeldern, wie zum Beispiel der zivilen Luftfahrt, zu Problemen führen kann. Denn sollte ein Flugkapitän eine Fehlein-schätzung oder eine Fehlentschei-dung treffen, ist es von immenser Wichtigkeit, dass er durch seine/n Co-Plioten/in darauf hingewiesen wird und diesem/r auch Gehör schenkt. Ein solcher Fall trat z.B. am 12.07.20005 ein, als ein defektes Fahrwerk den Treibstoffverbrauch eines mit 151 Passagieren vollbe-setzten Airbus A310 der Fluglinie Hapag Lloyd so massiv erhöhte, dass der Zielflughafen Hannover nicht mehr erreicht werden konn-te. Auf Grund der großen Autorität des Flugkapitäns konnte ein junger Co-Pilot seine Bedenken, ob der angestrebte Zielflughafen erreicht werden könnte, nicht äußern und nur durch günstige Wetterbedin-gungen und das fliegerische Kön-nen des Flugkapitäns konnte eine Notlandung auf dem Flughafen Wien-Schwechat durchgeführt werden. Der junge Co-Pilot hätte „vorsichtshalber“ den deutlich nä-heren Flughafen von Zagreb ange-flogen.Nun saßen in diesem Cockpit

deutsche Piloten, und das Hierar-chieproblem lag hier eher begrün-det in den Alters- und Erfahrungs-unterschieden sowie vielleicht dem Verhalten des Kapitäns. Doch un-ter den von Hofstede aufgedeckten kulturellen Unterschieden fällt es nicht schwer zu mutmaßen, wie es wohl tagtäglich in Cockpits mit internationaler Besatzung aussieht. Hätte ein aus dem kollektivistisch geprägten China stammender Co-Pilot überhaupt Bedenken gehabt? Glücklicherweise ist der oben beschriebene Vorfall glimpf-lich geendet. Doch um solchen „Autoritätsbarrieren“ entgegenzu-wirken führen Airlines spezielle Trainings durch6, um weitere Zwi-schenfälle dieser Art zu verhindern und mehr Verständnis für andere Kulturen zu schaffen.Sollten sie also eine geschäftliche oder private Reise planen, beschäf-tigen Sie sich mit der Kultur des anderen Landes. Denn sonst kann es passieren, dass Iraner/innen sehr erbost darüber sind, weil Sie ihnen zeigen wollen, wie gut es Ih-nen geht!

Fabian Noll

1 Pascal, B. (1670). Les Pensées (S. 60). Köln: Anaconda.

2 Thomas, A. (1996). Analyse der Handlungswirksamkeit von

Kulturstandarts. In A. Thomas (Hrsg.), Psychologie interkultu-

rellen Handelns (S. 107-135). Göttingen: Hogrefe.

3 Hofstede, G. (2001). Power Distance. In G. Hofstede (Hrsg.),

Culture‘s Consequences. Beverly Hills CA: Sage Publications.

4 Hofinger, G., Rek, U. & Strohschneider, S. (2006). Menschen-

gemachte Umweltkatastrophen–Psychologische Hintergründe

am Beispiel von Tschernobyl. Umweltpsychologie, 1, 26-45.

5 Unfalluntersuchungsstelle der Republik Osterreich (2006),

Flugunfall mit dem Motorflugzeug Type Airbus A310 am 12. Juli

2000 am Flughafen Wien-Schwechat.

6 Helmreich, R. L., Merritt, A. C. & Wilhelm, J. A. (1999). The

evolution of crew resource management training in commercial

aviation. The International Journal of Aviation Psychology, 9,

19-32.

19Wissenschaft & Praxis Februar 2015 19Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Kommunikation

Jeder kennt es: Jemand sagt etwas und es kommt eine unerwartete Reaktion zurück. Missverständnisse in der Kom-munikation sind ein alltägliches Vorkommen in der Interaktion mit anderen Menschen. Es zeigt uns, dass Kommu-nikation nicht immer einfach ist. Besonders in kritischen Situationen, innerhalb von Hoch Risiko Organisationen, kann fehlerhafte oder fehlende Kommunikation zu fatalen Folgen führen. Analysen zeigen, dass Kommunikation fast immer als beitragender oder verursachender Faktor bei Unfällen identifiziert wird1,S. 132. So wird Kommunika-tion zum wichtigsten Werkzeug in einem Team. Aber wie funktioniert gute Kommunikation und wie kann man gefährliche Zwischenfälle verhindern?

Es gab ein Kommunikationsproblem!Wird Kommunikation unterschätzt?

Was ist Kommunikation?

Kommunikation im allgemeinen Sinne meint die Übertragung von Informationen von einem/r Sen-der/in zu einem/r oder mehreren Empfängern/innen. Die Voraus-setzung dafür ist, dass eine Person einer anderen etwas mitteilen oder von dieser etwas wissen möchte. Diese Informationen können auf

verschieden Ebenen gesendet und verstanden werden.

Nach Schulz von Thun´s „Vier Sei-ten einer Nachricht“2 enthält eine Nachricht vier Botschaften, welche durch die vier Ebenen in ihrer Be-deutung determiniert werden.

Demnach beinhaltet eine Nach-richt Informationen über die Sache

an sich, also den tatsächlichen In-halt einer Nachricht, Informatio-nen über die Beziehung zwischen Sender/in und Empfänger/in, Informationen über den/die Sen-der/in selbst und einen Appell an den/die Empfänger/in. Das bedeu-tet aber auch, dass man sich über diese vier Aspekte Gedanken ma-chen sollte, bevor man eine Bot-schaft sendet:

20

Kommunikation

1. Was sage ich inhaltlich aus?2. Wie behandele ich mein Gegen-über?3. Welche Gefühle gebe ich kund?4. Was soll mein Gegenüber den-ken oder tun?

Da wir Menschen „unabhängige Systeme“ sind, wie es Maturana, Varela und Uribe bezeichnen3, welche sozusagen ihre eigene Welt und damit ein individuelles Wahr-nehmen und Verstehen der Din-ge besitzen, können Probleme in wichtigen Situationen auftreten, indem z.B. die Botschaften auf einer falschen Ebene verstanden werden.

Daher ist Eines unabdingbar: eine gemeinsame Basis bzw. ein Hin-tergrundwissen, welches hilft die Nachricht im richtigen Kontext zu verstehen. Zusätzlich zu dem Wis-sen über die Arbeit eines Team-mitgliedes kann auch ein privates Gespräch oder auch Small Talk dazu dienen Missverständnisse zu vermeiden, dadurch dass man sein Gegenüber besser kennenlernt - „Hierdurch wird eine Brücke zwi-schen den Gesprächspartnern auf-gebaut, die in späteren Konfliktsitu-ationen genutzt werden kann“4,S.100. Es schafft ein mentales Modell, vergleichbar mit einem „Wörter-buch“, welches eine Arbeitsgruppe,

ein Team, miteinander teilt und auf dieser Basis kommuniziert. Gesine Hofinger beschreibt dieses als die Konstruktion einer gemeinsamen Realität1.

“Kommunikation findet zwischen Menschen statt, die jeder ein sub-jektives Modell der Situation und der anderen Person im Kopf ha-ben. Solche mentalen Modelle sind die Grundlage des Handelns. Da jede Person für sich ihre eige-ne Realität konstruiert, kann ko-operatives Handeln nur gelingen, wenn die verschiedenen menta-len Modelle der Einzelnen mitei-nander abgeglichen werden.”1,S.138

Daher sieht Hofinger die gemein-same Realitätskonstruktion als zentrale Funktion von Kommuni-kation.Auch nonverbale Kommunikation kann funktionieren und in ent-sprechenden Situationen effektiv eingesetzt werden, z.B. wenn man in einer Notfallsituation schnell handeln muss und keine Zeit für längere Diskussionen hat. Aller-dings weisen R. Zinke, M. Brenker und C. Felsenreich5 darauf hin, dass es unter Stress schwieriger ist „die kognitiven Ressourcen da-rauf zu verwenden, Emotionen zu verbergen oder jede unserer Gesten zu kontrollieren.“. Das kann dazu führen, dass die nonverbalen Sig-nale, welche verstärkt die eigene, innere Anspannung nach außen tragen, fälschlicherweise als z.B. einen Kontrollverlust interpretiert und somit die weitere Kommu-

Abbildung 1: Die vier Seiten einer Nachricht

Ein Beispiel aus dem Alltag2:

Die Frau sitzt am Steuer eines Wa-gens, der Mann (Beifahrer) ist Sen-der der folgenden Nachricht: „Da vorne ist grün.“

Die möglichen Interpretationen sind folgende:

1) Sachinhalt: Die Empfängerin er-fährt etwas über den Zustand der Ampel: Sie ist grün.2) Beziehung: Der Sender traut der Empfängerin nicht zu, ohne seine Hilfe den Wagen optimal zu steu-ern.3) Selbstoffenbarung: Der Sender gibt etwas über sich selbst kund: Er hat es eilig.4) Appell: Der Sender fordert die Empfängerin auf: Gib Gas, dann schaffen wir es noch

Beispiel:Der Chefarzt […] sagt zur Leiterin des Vertrauensgremiums: „Dafür habe ich keine Zeit“. Dabei tippt er an einer E-mail weiter. Sie in-terpretiert das Verhalten, das sie schon öfter erlebt hat, als Desinte-resse und Arroganz; ein Vorwurf, den der Chefarzt nicht versteht, da er nichts Unhöfliches gesagt habe und doch nur auf später verwiesen habe1, S.136 .

Abbildung 2: Brücken bauen hilft in späteren Konfliktsituationen

21Wissenschaft & Praxis Februar 2015 21Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Kommunikation

nikation und das darauf folgende Handeln in unerwünschter Wei-se beeinflusst werden. In solchen Notfallsituationen sollten alle wis-sen, wie wichtig es ist das Wissen, das man für den Beruf erlernt hat, immer wieder zu wiederholen, um es nicht zu vergessen und anwen-den zu können. Jeder Griff muss sitzen, die Verständigung sollte klar und deutlich sein und von allen verstanden werden. In einer Studie von Sexton und Helmreich (1999)6, in welcher die Beziehung von Sprache und Arbeitsbelastung von Cockpit-Crews besonders in Bezug auf die Kommunikation und auf Leistungs- und Fehlerma-ße untersucht wurden, haben sie z.B. gezeigt, dass die Länge von ge-nutzten Wörtern einen Einfluss auf die Arbeitsleistung hat. So kom-men in der Arbeit bei der Verwen-dung von langen Wörtern mehr Fehler auf als bei der Verwendung von kurzen, prägnanten Wörtern. Beispiele hierfür wären Problem/Ziel anstelle von Herausforderung/Zielsetzung zu verwenden, oder denken anstelle von überlegen.

Funktionen von Kommunikation

Zusätzlich zur Informationswei-tergabe und der gemeinsamen Re-alitätskonstruktion hat Kommu-nikation noch zwei weitere wich-tige Funktionen. Kommunikation dient auch der Strukturierung der Zusammenarbeit und der Koordi-nation von Arbeitsabläufen.

“Teams die sich implizit koordinie-ren können effektiver arbeiten, weil Sie in der Situation weniger kom-munizieren müssen.”1, S.138

Dies bestätigt ebenfalls die Stu-die von Sexton und Helmreich

(1999)6. Daraus geht hervor, dass gute Teams die „Ruhephasen“, also die Phasen in denen die Arbeitsbe-lastung gering ist, nutzen, um Fra-gen und Antworten zu klären. Das bewirkt, dass in stressbelasteten Situationen weniger kommuniziert werden muss und dementspre-chend effizientere Zusammenar-beit auf Basis von impliziter Koor-dination in wichtigen Situationen möglich ist. Dies entspricht der Strukturierung und Koordination der Arbeitsabläufe. Man spricht sich ab, geht even-tuell eine Checkliste durch und plant die weiteren Vorgehens-weisen. Dabei weiß jeder genau was zu tun ist und welche Aufga-ben jeder Einzelne erfüllen muss.

Auch in der Berufs-Genossen-schaftlichen Unfallklinik Duisburg (BGU) werden alle darauf trai-niert, wer was zu tun hat. D.h. jede Rolle in einem Team ist standardi-siert und hat einen festen Ablauf. Zudem ist immer eine Führungs-person da, „die den Hut auf hat“. Frau Dr. Buchmann, Unfallchir-urgin auf der Intensivstation und stellvertretende ärztliche Leitung des Hubschrauberstützpunktes,

erklärte uns das ABC Konzept, nach welchem in der Unfallklinik ein Notfall abgearbeitet und kom-muniziert wird. Damit wird der Unfallmechanismus dargestellt, so das sich Entscheidungsträger/innen ein genaueres Bild vom Un-fall machen können, “Wie ist es mit dem Gefühl der Energie, die einge-wirkt hat, welche Sturzhöhe, wie schnell ist das Auto gefahren, wo ist es gegen gefahren, eventuell mit Fotos, wie stark ist der Wagen defor-miert, um einfach ein Gefühl dafür zu bekommen. Danach wird dann nach dem ABC vorgegangen, also Atmung, Kreislaufsituation, Neuro-logischer Status werden besprochen. Es ist einfach den Standard abzuar-beiten. Was für Medikamente hat der/die Patient/in bekommen, was habe ich gemacht...”. Das verein-facht die Kommunikation und den Ablauf im Schockraum erheblich, vor allem unter einem vertrau-ten Team, welches diese Abläufe gemeinsam trainiert. Auch ein „Team Time Out“, das ist die kur-ze Ruhephase, wird in der Klinik genutzt, um noch einmal durchzu-atmen und zu kommunizieren, ob alles in Ordnung ist, bevor es aus dem Schockraum herausgeht.

Abbildung 3: v.l. Dr. med. Carsten Hermann, Dr. med. Sandra Buchmann und Dr. med. Peter-Michael Hax

22

Kommunikation

„Es gab ein Kommunikations-problem“

Wie schon zu Beginn erwähnt zei-gen Analysen, dass Kommunika-tion fast immer als beitragender oder verursachender Faktor bei Unfällen identifiziert wird1. So auch im medizinischen Bereich. Vor 15 Jahren wurde die Notwen-digkeit von Kommunikationstrai-ning von Personen in diesem Be-reich eher gering eingeschätzt7.

“Kommunikationsseminare für den OP? So ein Blödsinn!”7

Hofinger und Kollegen7 untersuch-ten in Ihrer Studie Kommunikati-on in kritischen Situationen unter Pflegekräften und Chirurgen/in-nen im Anästhesiesimulator mit dem Fokus auf der Analyse von Problemlöseprozessen im sozialen Kontext. Dabei hat sich herausge-stellt, dass Anästhesisten/innen mehr in einem Szenario sprechen als Sie selber erwartet hatten.

“Im Mittelwert sind es 228 Äuße-rungen pro Person; bei einer Sze-narienlänge von durchschnittlich 28 Minuten ergibt das 8,2 Äuße-

rungen pro Minute. Bezüglich der Redemenge gibt es in der Stich-probe keinen Unterschied zwi-schen Männern und Frauen.”7,S.273

Allerdings haben Sie ebenfalls ermittelt, dass Anästhesistinnen besonders gegenüber aggressiv agierenden „Chirurgen“ Probleme hatten, sich sachlich und klar aus-zudrücken. Diese Ergebnisse zeigen, dass Kom-munikationstrainings sehr wohl einen Anlass haben stärker ein-gesetzt und geschätzt zu werden.

Dr. Hermann, leitender Arzt der Intensivstation, der traumatologi-schen Intensivstation und Anäs-thesist von der BGU weiß genau, dass gerade das Thema Kommu-nikation das A und O in der Not-fallversorgung ist - und auch der Schwachpunkt. Heute ist tatsäch-lich allen Mediziner/innen klar, wie wichtig Kommunikation ist.

„Gerade das Thema Kommunika-tion ist nicht „Fishing for Compli-ments“, sondern es ist tatsächlich allen Medizinern klar, dass das der Schwachpunkt in der ganzen Versorgung ist. Wir können das

alles. So eine Notfallversorgung ist technisch relativ einfach. Das Problem der Notfallversorgung ist immer, dass Informationen an der falschen Stelle hängen bleiben.“

Deswegen wird in einem Training beispielsweise auch darauf geach-tet, dass in zwei Richtungen kom-muniziert wird, um möglichst zu verhindern, dass eine Information verloren geht. D.h. wenn der/die Anästhesist/in sagt „Beide Lungen belüftet“ dann sagt der Traumalea-der „Alles klar, beide Lungen be-lüftet.“ „So wissen beide, dass die-se Information angekommen ist” erklärt uns Dr. Hermann. Dieses Vorgehen nennt sich „read-back“ oder „Zwei Wege Kommunikati-on“ und kommt ursprünglich aus der Luftfahrt. Dort ist es Standard und trägt dazu bei, dass der/die Sender/in einer Information über-prüfen kann, was der/die Empfän-ger/in tatsächlich verstanden hat. Sie kennen das wahrscheinlich selbst aus Ihrem Alltag, wenn Sie z.B. Ihre Freundin nach einer Tele-fonnummer fragen. Sie zücken Stift und Papier, oder Ihr Smartphone, und während Sie mitschreiben wiederholen Sie direkt die gehör-ten Zahlen und übermitteln diese so Ihrer Freundin zurück, mit dem Ziel, dass diese Sie sofort verbes-sern würde, wenn Sie etwas ande-res zurückspiegeln als das, was sie Ihnen ursprünglich mitgeteilt hat.

In anderen Fällen wiederum muss auch über Mut zur sachlichen Kommunikation diskutiert wer-den. Nicht selten passieren Fehler, weil man „zu viel“ Respekt vor ei-ner ranghöheren Person hat oder aber tatsächlich eingeschüchtert ist und sich nicht traut seine Meinung zu äußern, selbst wenn diese le-bensnotwendig sein könnte. Ob es

Abbildung 4: Das ABC im Schockraum. Es dient auch der Gedächtnisstütze während eins Notfalls.

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Kommunikation

ein/e Krankenpfleger/in ist, ein/e Copilot/in oder ein/e Rettungsas-sistent/in, sie alle sollten sich nicht abschrecken lassen zu kommuni-zieren, denn auch wenn es nur eine kleine Änderung der Anzeige in einem Gerät ist, kann die Informa-tion wichtig sein und helfen Fehler zu vermeiden.Deshalb hat Kommunikationstrai-ning auch in einem integrierten Human-Factors-Trainings in der Luftfahrt einen festen Platz. Es hat vor allem „die Aufgabe, die zwi-schenmenschliche Basis für tea-morientiertes Verhalten zu schaf-fen“ und „die gezielte Anwendung eigener Verhaltensstärken bzw. die Vermeidung ungünstiger Verhal-tensweisen“ zu fördern.4, S.93

Wer also Kommunikation nicht in sein Training eingebaut hat, sollte wissen ein relevantes Thema unbe-rücksichtigt gelassen zu haben.Zur Vermeidung von Fehlern in der Kommunikation führt H.-U. Raulf4,S.116/117 folgende wichtigen Punkte für die Praxis auf:• Immer klar und deutlich spre-chen (Artikulation und Inhalt) • Stets ein wenig lauter sprechen, als man es für angemessen hält. • Darauf achten, dass man richtig verstanden hat, und man von dem/der Kollegen/in richtig verstanden wird. Deshalb:

• Blickkontakt halten, wann immer es ohne eine Ablenkung möglich ist.• Aufmerksam zuhören.• Mitteilungen der Kollegen/innen durch ein verbales oder nonverba-les Zeichen bestätigen (Zwei Wege Kommunikation)• Ist irgendetwas unklar oder ist man mit irgendetwas nicht einver-standen, so soll es sofort angespro-chen werden.• Unklarheiten müssen sofort und im Ansatz (auch und gerade wenn Sie selbst noch „neu“ sind) geklärt werden.• Konflikte sollen so schnell und so angemessen wie möglich gelöst werden. Nicht zu bereinigende Konflikte sind eine schwere Sicher-heitsbedrohung.

Was ist also gute Kommunikati-on und wie lassen sich Fehler ver-meiden?

Mehrere Faktoren beeinflussen „gute Kommunikation“. Dement-sprechend ist gute Kommunikati-on nicht einfach zu definieren. Je nach Situation kann Kommunika-tion ganz anders aussehen. “Kommunikation heißt, das eigene Denken und Handeln in eine Bezie-hung zu anderen Personen zu brin-gen.”1, S.133

Zumindest ist eines klar: Es geht darum etwas Wichtiges mitzutei-len und die Information in den richtigen Zusammenhang zu brin-gen, um dementsprechend han-deln zu können.In komplexen Arbeitsfeldern kann eine Aussage Leben oder Tod be-deuten. Darum wird dort beson-ders hoher Wert auf das Training der Kommunikation und weiterer Fertigkeiten wie z.B. der Beherr-schung der Standard Operating Procedures (SOP) gelegt, die für Teamabläufe entscheidend sind. In der Luftfahrt sind solche Trai-nings sogar verpflichtend. Im Ver-lauf dieser Zeitschrift werden wir besonders auf das Crew Resource

Abbildung 5: Kommunikation im Kontext einer Vielfalt von Faktoren5

Abbildung 6: Notfall-Puppe der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Duisburg GmbH, direkt nach dem Reanimationstraining.

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Kommunikation

Management Training eingehen (siehe hierzu den Artikel: „Crew Resource Management – Wenn Teamtraining helfen kann, Leben zu schützen“ auf S. 54), in welchem das Training der Kommunikation einen hohen Stellenwert einnimmt.Aber auch anhand der Medizin lässt sich gut erkennen, wie ver-sucht wird Fehler zu vermeiden. Ein zentraler Punkt zur Fehler-vermeidung ist, dass eine Person als Führungsperson interagiert, weiß Dr. Hax, leitender Oberarzt und stellvertretender ärztlicher Direktor an der BGU. „Also was ganz wichtig ist, ist dass da wirk-lich einer die Regie führt und dar-auf achtet, dass alles richtig läuft“. Auch ist eine gute Kommunikati-on entscheidend. So rufen sich die Ärzte/innen gegenseitig Sachen zu, wie „Brustkorb stabil“, damit alle um die aktuelle Situation Bescheid wissen. Diese beiden Punkte, also die Präsenz einer Führungsperson und die richtige Kommunikati-on sind im Bereich des Rettungs-dienstes streng geregelt. So erklärt Dr. Hax’s Kollege Dr. Hermann: „Die Notärzte haben ärztliche Lei-ter Rettungsdienst, die alle erfahre-ne Notärzte sind, aber in der Not-situation überhaupt keine Aufgabe in der direkten Patientenversorgung haben, die ziehen sich gar keine Handschuhe an. Die versorgen gar keine Patienten, sondern die sind nur dafür da, zu kommunizieren.“Auch das regelmäßige Training in Simulatoren ist entscheidend. So erklärt Dr. Hermann, dass die Ärzte/innen in einem bestimmten Simulator, HOTT (Hand-Over-Team-Training) genannt, an einer Puppe trainieren. Simulatoren sind natürlich eine Möglichkeit zu ler-nen mit Stress umzugehen. In der Praxis hat man dann, je nach Er-fahrungsgrad verschiedene Auf-

gabenfelder: „Der Traumaleader ist in der Regel der Erfahrenste im Schockraum, der Oberarzt meis-tens. Und dann gibt es halt die ein-facheren Aufgaben wie Dokumenta-tion oder jemanden, der einfach nur die Aufgabe hat, Blut abzunehmen. Das sind in der Regel die jüngeren Kollegen/innen, die noch nicht so lange im Beruf sind. Das sind dann Aufgaben, die mit weniger Stress behaftet sind, weil auch weniger Verantwortung damit behaftet ist“, erklärt Dr. Buchmann.Zusammenfassend kann man also am Beispiel der Medizin sagen, dass es heutzutage klare Aufga-benverteilungen gibt, damit jeder weiß, was er wann zu tun hat. Alles Relevante muss stets kommuni-ziert werden, damit jeder über den aktuellen Stand Bescheid weiß und sich daraus seine eigenen Hand-lungen ableiten kann.Dies gilt natürlich nicht nur für die Medizin, sondern lässt sich auf alle Hochrisikobereiche übertragen. Und was lernen wir daraus?Gute Kommunikation muss ge-lernt sein.

Katharina Sobanski

1 Hofinger, G. (2008). Kommunikation. In P. Badke-Schaub,

G. Hofinger & K. Lauche (Hrsg.), Human Factors: Psychologie

sicheren Handelns in Risikobranchen (1. Aufl., S. 131-151). Hei-

delberg: Springer Medizin Verlag.

2 Schulz von Thun, F. (2007). Miteinander reden: Störungen und

Klärungen – Allgemeine Psychologie der Kommunikation. Ham-

burg: Rowohlt.

3 Varela, F. G., Maturana, H. R. & Uribe, R. (1974). Autopoiesis:

the organization of living systems, its characterization and a mo-

del. Biosystems, 5(4), 187-196.

4 Raulf, H.-U. (2011). Kommunikation. In J. Scheiderer & H.-J.

Ebermann (Hrsg.), Human Factors im Cockpit: Praxis sicheren

Handelns für Piloten (1. Aufl., S.91-117). Berlin, Heidelberg:

Springer.

5 Zinke, R., Brenker, M. & Felsenreich, C. (2012). In G. Hofin-

ger (Hrsg.), Kommunikation in kritischen Situationen (2. Aufl., S.

213). Frankfurt: Verlag für Polizeiwissenschaft.

6 Sexton, J.B. & Helmreich, R.L. (1999). Analyzing cockpit com-

munication: The links between language, performance, error,

and workload. Proceedings of the Tenth International Symposium

on Aviation Psychology (S. 689-695). Columbus, OH: The Ohio

State University.

7 Hofinger, G., Harms, H., Siegl, C., Grapengeter, M. & Breu-

er, G. (2003). Handlungsorganisation und Kommunikation in

kritischen Situationen im Anästhesiesimulator. In T. Manser

(Hrsg.), Komplexes Handeln in der Anästhesie (S. 261-283). Len-

gerich: Pabst Verlag.

8 Hofinger, G. (Hrsg). (2012). Kommunikation in kritischen Si-

tuationen. (2. Aufl.). Frankfurt: Verlag für Polizeiwissenschaft.

25Wissenschaft & Praxis Februar 2015 25Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Swiss Cheese Modell

Alles Käse ohne Teamwork

Was hat Schweizer Käse mit Tscher-nobyl, Flugzeugabstürzen und sons-tigen Katastrophen gemeinsam? Auf den ersten Blick nicht viel, mag man meinen.Und doch liegt im Schweizer Käse der Schlüssel zu den Ursachen gro-ßer Katastrophen. Natürlich ist hier nicht direkt von dem geruchsinten-siven Milchprodukt die Rede. Viel-mehr geht es um das Swiss Cheese Modell von Reason (1990).

Was ist das Swiss Cheese Modell?

Das Swiss Cheese Modell ist eine Darstellung mit welcher versucht wird Fehler aufgrund menschli-chen Versagens zu erklären1.

Stellen Sie sich ein schönes großes Stück Schweizer Käse vor. In dem Käse haben sich aufgrund sich ausbreitender Gase im Reifungs-prozess Löcher gebildet. Wird der

Käse nun in Scheiben geschnitten sieht man, dass die Löcher über mehrere Scheiben hinweg gehen.Jetzt mögen Sie womöglich Appe-tit auf Käse haben, doch was das Swiss Cheese Modell ist, ist an die-ser Stelle sicherlich noch nicht klar.Stellen Sie sich nun einmal vor, jede Scheibe des Käses wäre eine Sicherheitsebene, sei es nun bei der Feuerwehr, in der Luftfahrt oder in der Medizin. Die Löcher stellen also Schwachstellen im System dar. Diese Schwachstellen können natürlich, wenn sie klein sind, wieder abgefangen werden, doch wenn wir Pech haben, zieht sich ein Loch durch alle Scheiben. Eine Schwachstelle, die sich durch sämtliche Sicherheitsebenen zieht führt im schlimmsten Fall zu ei-nem Unfall, oder sogar zu einer Katastrophe.Wie das in der Praxis verlaufen kann, lässt sich gut am Beispiel Tschernobyl verdeutlichen.

Das Versagen von Tschernobyl

1. Käsescheibe: Testung vor Inbe-triebnahme

Das erste Loch der Käsescheibe im Fall Tschernobyl entstand schon Jahre vor der Katastrophe. Bevor man den Reaktor im Dezember

Abbildung 1: Große Fehler führen zur Ka-tastrophe

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Swiss Cheese Modell

1983 überhaupt in Betrieb genom-men hat, sollte dessen Stromver-sorgung getestet werden. Aus Zeit-gründen kam es jedoch nicht dazu.

Die erste Käse-Scheibe ist somit also das obligatorische Testen vor der Inbetriebnahme und das Loch ist die fehlende Testung vor dem Einsatz des Reaktors.Tatsächlich wurde das Loch sogar erkannt und so sollte der versäum-te Test drei Jahre nach der Inbe-triebnahme des Reaktors, genauer gesagt am 25. April 1986, nachge-holt werden.

2. Käsescheibe: Wahl des Zeit-punkts zum Testen

Die zweite Käsescheibe bzw. ihr Loch mag auf den ersten Blick un-scheinbar wirken und doch nahm hier das Unheil seinen Lauf. Es geht um die Auswahl des Zeit-punkts, wann der Test ausgeführt werden sollte, also besagter 25. Ap-ril 1986. Einerseits herrschte in den sowjetischen Betrieben gegen Mo-natsende stets Hochkonjunktur, da zahlreiche Menschen Überstunden machen mussten, damit der Mo-natsplan der jeweiligen Unterneh-men erfüllt werden konnte. Außer-dem war es kurz vor den damals in der Sowjetunion so wichtigen Mai-feiertagen, für die sich viele Leute mit noch mehr Überstunden ein kleines Feiertagsgeld hinzu verdie-nen wollten. Gerade zu dieser Zeit wurde also viel Leistung von den Kraftwerken des Landes verlangt, um den Strom für die Arbeiter und Maschinen in den zahlreichen Unternehmen aufrecht zu erhalten. Das Loch in dieser Käsescheibe ist also die Nichtbeachtung der Rahmenbe-dingungen bei der Terminwahl.

3. Käsescheibe: Korrekte Wie-der-Inbetriebnahme des Reaktors

Aufgrund des hohen Energiebe-darfs fordert Kiew bereits um 14:00 Uhr, eine Stunde nach Beginn des Tests, mehr Leistung aus Tscher-nobyl. Das eigentlich für den Test geplante herunterfahren des Reak-tors wird angehalten und die Leis-tung des Reaktors sollte vorerst bei 50% bleiben2. Dabei haben die zuständigen Personen etwas Ent-scheidendes außer Acht gelassen, denn die 50%-Marke ist bei Reak-toren ein durchaus kritischer Wert. Verweilt ein Kernreaktor mehrere Stunden bei einer Leistung von ca. 50%, steigt die Wahrscheinlichkeit einer Xenonvergiftung. Xenon ent-steht bei der Kernspaltung, es ist also ein radioaktives Spaltprodukt. Vor allem bei Leistungsänderun-gen im Reaktor steigt die Xenon-konzentration. Kommt es zu einer Xenonvergiftung, ist ein Wieder-hochfahren des Reaktors für meh-rere Stunden kaum noch möglich. Dies ist ein allgemeines Problem bei vielen Kernreaktoren, auch wenn es da von Typ zu Typ Unter-schiede bezüglich der Anfälligkeit für eine solche Xenonvergiftung geben kann3. Eben dies ist auch in Tschernobyl passiert.

Dementsprechend ist die nächste Käsescheibe die korrekte erneute Inbetriebnahme des Reaktors und das Loch die falsche Entscheidung die Leistung bei 50% zu belassen.

Tatsächlich hätte auch dieser Feh-ler noch behoben werden können. Mithilfe der sogenannten Brems- oder Steuerstäbe kann die Xenon-konzentration wieder ausgeglichen und der Reaktor stabilisiert wer-den3.

4. Käsescheibe: Richtiges Han-deln bei einer Xenonvergiftung

Erneut wurde eine falsche Ent-scheidung getroffen, diesmal be-züglich der Behebung der Xenon-vergiftung: Zur Regulation wer-den Bremsstäbe aus dem Reaktor entfernt, jedoch wurden deutlich mehr entfernt, als überhaupt zu-lässig war. Dies führt uns zu der nächsten Käsescheibe: Das richtige Han-deln bei einer Xenonvergiftung. Das Loch ist dementsprechend die Entfernung von zu vielen Brems-stäben.Erst in der Nacht kann der Reak-tor vom Netz genommen und der geplante Test fortgesetzt werden. Der Reaktor wird weiter herunter-gefahren und das Notkühlsystem wird ausgeschaltet.

5. Käsescheibe: Kommunikation zwischen den Mitarbeitern

Als es um Mitternacht zum Schichtwechsel bei den Opera-teuren kommt, werden die neuen Operateure von den vorherigen nicht richtig über den Zustand des Reaktors aufgeklärt. Daraus ergibt sich die nächste Kä-sescheibe: Die richtige Kommuni-kation zwischen den Mitarbeitern der unterschiedlichen Schichten, wobei die unzureichende Kommu-nikation das Loch darstellt.

6. Käsescheibe: Vermeidung zu langer Arbeitszeiten

Doch auch bei den zuständigen Ingenieuren, die für den Reaktor zuständig sind, gibt es Probleme. Aufgrund der Verzögerung des Tests waren die Ingenieure um

27Wissenschaft & Praxis Februar 2015 27Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Swiss Cheese Modell

Mitternacht bereits seit 12 Stunden am Arbeitsplatz. Obwohl sie be-reits übermüdet waren, gab es für die Ingenieure keine Ablösung, sie mussten weiter arbeiten. Die nächste Käsescheibe ist dem-nach die Vermeidung zu langer Arbeitszeiten und das Loch die lange Arbeitsdauer der Ingenieure.

7. Käsescheibe: Ausreichende zeitliche Planung

Da der Test nun schon seit dem Mittag des vorherigen Tages an-dauerte, beschloss man Zeit zu sparen. Man schaltete die Au-to-Steuerung zum Herunterfahren des Reaktors ab und führte das Herunterfahren manuell durch, da dies schneller geht und man sich somit erhoffte Zeit sparen zu kön-nen. Bei der manuellen Steuerung wurde jedoch ein Fehler gemacht und die Leistung fiel auf 1% ab. Die nächste Käsescheibe baut demnach unmittelbar auf den vor-herigen Scheiben auf. Sie dient der ausreichenden zeitlichen Planung. Das Loch ist dabei die lange Her-auszögerung des Tests, was zur fal-schen Entscheidung bezüglich des Zeitmanagements geführt hat.

8. Käsescheibe: Rechtzeitiger Ab-bruch des Tests im Ernstfall

Eine knappe Stunde später, es war bereits 1 Uhr morgens, konnte man die Leistung auf 7% steigern. Normalerweise hätte man unter solchen Umständen den Test sofort abbrechen müssen, da alles unter 20% an Leistung als höchst instabil gilt. Eine Weiterführung des Tests wurde unter diesen Umständen so-gar untersagt, jedoch beschloss der leitende Ingenieur, trotz Einwände

von Seiten der Operatoren, den Test fortzusetzen. Die Käsescheibe ist also der recht-zeitige Abbruch des Tests und das Loch schlichtweg dessen Fortset-zung.

9. Käsescheibe: Technisch kor-rekte Fortführung des Tests

Aufgrund der Fortsetzung des Tests werden alle 8 Pumpen dem Reaktor zugeschaltet, um die Küh-lung im Kern zu unterstützen, wo-bei selbst bei voller Leistung nur 6 Pumpen erlaubt sind. Dies hat zur Folge, dass sich automatisch noch mehr Bremsstäbe aus dem Kern entfernen, was zu einem starken Druckabfall führt, welcher norma-lerweise von dem automatischen Sicherheitssystem ausgeglichen werden würde, jedoch ist dieses aufgrund des Tests ausgeschaltet. Die nächste Käsescheibe ist also die technisch korrekte Fortführung des Tests und das Loch die falsche Entscheidung zu viele Pumpen zu-zuschalten.

10. Käsescheibe: Richtiges Han-deln bei fallendem Dampfdruck

Im Reaktor muss stets ein gewis-ser Dampfdruck vorhanden sein, um die Turbine am laufen zu hal-ten. Aufgrund des Druckabfalls wird beschlossen die Durchlauf-menge des Wassers zu erhöhen. Diese Entscheidung ist jedoch er-neut falsch, da dadurch der Reak-tor weiter abkühlt, was wiederum dazu führt, dass der Dampfdruck fällt. Als Reaktion darauf werden weitere Bremsstäbe entfernt und die Vorrichtung, die bei fallendem Dampfdruck den Reaktor stoppt, wird ausgeschaltet. Dies darf nor-

malerweise nur nach Absprache mit dem Chefingenieur passieren, welche es in dem Fall aber nie gab. Diese Käsescheibe ist also das richtige Handeln bei fallendem Dampfdruck und das Loch ist das falsche Handeln und die zusätzli-che Nichteinhaltung der Vorschrif-ten.

11. Käsescheibe: Konstruktion des Reaktors

Mittlerweile sah es bereits sehr schlecht aus um den Reaktor. Zu viele Bremsstäbe wurden entfernt, zu viele Pumpen mit zu viel Was-ser hinzugefügt und die meisten Sicherheitsvorrichtungen wurden systematisch ausgeschaltet. Als schließlich gegen 1:20 Uhr eines der Dampfrohre geschlossen und somit die letzte Sicherheitsvorrich-tung deaktiviert wird, fangen kurz darauf sämtliche Anzeigen der Si-cherheitssysteme wie wild zu blin-ken an. Bei einem letzten Versuch die Situation zu retten, war es die Art der Konstruktion des Reaktors, die letztendlich zur Katastrophe führte: Die Bremsstäbe sollten in den Kern einfahren, jedoch werden dafür ganze 20 Sekunden benötigt. Viel zu lange, um die Situation noch retten zu können. Durch die starke Hitzeentwicklung waren die Führungskanäle der Stäbe jedoch innerhalb dieser Zeit verbogen und die Bremsstäbe konnten nicht mehr weiter eingefahren werden4.Die letzte Käsescheibe ist also die Konstruktion der Reaktoren und das Loch die lange Zeit zum Ein-fahren der Bremsstäbe.Am 26.04.1986 um 01:24 Uhr ex-plodierte der Reaktor, was zur bis dato größten nuklearen Katastro-phe führte.

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Swiss Cheese Modell

Was bedeutet das für die Praxis?

Regelmäßiges Training und Schu-lungen für die Mitarbeiter/innen sind unerlässlich. Daher gibt es spezielle Simulatoren, an denen Worst-Case-Szenarios trainiert werden können.Wie das in der Praxis tatsächlich aussieht und einen ausführlicheren Artikel hierzu finden Sie auf Seite 68.

Nathalie Dittrich

1 Fahlbruch, B., Schöbel, M. & Domeinski, J. (2008). Sicherheit.

In G. Hofinger, , P. Badke-Schaub & K. Lauche (Hrsg.), Human

Factors – Psychologie sicheren Handelns (S.29ff.). Heidelberg:

Springer Medizin Verlag.

2 Hofinger, G., Reck, U. & Strohschneider, S. (2006). Menschen-

gemachte Umweltkatastrophen – Psychologische Hintergründe

am Beispiel Tschernobyl. Umweltpsychologie, 10, 26-45.

3 Renneberg, W. (2011). Grenzen und Sicherheitsrisiken des

Lastfolgebetriebs von Kernkraftwerken. Studie. Bonn: Renneberg

Consult UG

4 Hofinger, G., Reck, U. & Strohschneider, S. (2006). Menschen-

gemachte Umweltkatastrophen – Psychologische Hintergründe

am Beispiel Tschernobyl. Umweltpsycholog, 10, 26-45.

Kurze Zusammenfassung der Ereignisse von Tscher-nobyl:

25. April 198613:00 Uhr: Beginn des Tests14:00 Uhr: Forderung nach mehr Leistung aus Kiew. Test wird unterbrochen. Und die Leistung des Reaktors auf 50% gehalten, was zu einer Xenonvergiftung führt, weswegen unzulässig viele Bremsstäbe entfernt werden23:10 Uhr: Test wird fortgesetzt. Reaktor wird weiter herunter gefahren und das Notkühlsystem wird ausge-schaltet

26. April 198600:00 Uhr: Schichtwechsel bei den Operateuren. Die Ingenieure arbeiten weiter00:30 Uhr: Abschalten der Auto-Steuerung und Fort-setzen des Prozesses per Hand. Es kommt zu einer Übersteuerung des Reaktorsystems. Die Leistung sinkt auf 1%01:00 Uhr: Leistung steigt auf 7%. Der Test wird fort-gesetzt und alle 8 Pumpen werden zugeschaltet. Wegen der Abkühlung entfernen sich automatisch noch mehr Bremsstäbe. Der Dampfdruck fällt, worauf die Durch-laufmenge des Wassers erhöht wird. Weitere Bremsstä-be werden entfernt und die Sicherheitsvorrichtung für eben diese Situation ausgeschaltet.01:20 Uhr: Schließung der Dampfrohre und somit De-aktivierung des letzten Sicherheitssystems. Bremsstäbe können aufgrund eines Konstruktionsmerkmals nicht mehr eingefahren werden.01:24 Uhr: Explosion des Reaktors

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29Wissenschaft & Praxis Februar 2015 29Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Kommunikationstest

Kommunikation ist ein wichtiger Aspekt in Sachen Teamwork. Damit alles reibungslos klappt müssen einige Punkte sitzen.

Damit Sie herausfinden, ob ihr Team das Zeug zu einem Dream Team hat, kreuzen Sie einfach Ja oder Nein an und zählen Sie die Punkte zusammen, die Sie auf S. 100 als Lösung finden.

Check UP – Haben Sie das Zeug zu einemDream Team?

01 Mich interessiert, was meine Teamkollegen/innen in ihrer Freizeit unternehmen.

2 Ich habe immer recht. 3 Ich benutze kurze und prägnante Wörter.

4 Wenn mich jemand kritisiert, könnte ich Wände hochklettern.

5 Das Team ist im Einsatz immer up to date.

6 In ruhigeren Phasen der Arbeit nutzen wir die Zeit, um Fragen und Antworten zu klären.

07 In Stresssituationen kommuniziere ich lieber mit einem Kopfnicken.

8 Wenn ich etwas nicht weiß, frage ich direkt nach.

09 Wenn einer das Sagen hat, darf man ihm nicht widersprechen.

10 Wenn mir ein Gedanke durch den Kopf geht, behalte ich ihn lieber für mich.

11Wenn mir Abweichungen und/oder Änderungen auffallen, mache ich mein Team direkt darauf aufmerksam.

12 Kommunikationstraining? Das brauche ich nicht.

13 Auch wenn ich bei etwas sicher bin, nehme ich die Anmerkungen der Anderen ernst.

14Ich mag es nicht, wenn man meinen Ablauf stört. Ich arbeite lieber nach dem Standard eins nach dem anderen ab. Was Andere sagen ist mir egal.

15Wenn ich eine wichtige neue Information erhalte wiederhole ich diese laut, damit ich mir sicher bin, dass ich es richtig verstanden habe.

Ja Nein

Auswertung:0-5: Kommunikationstraining scheint für ihr Team eher ein Fremdwort zu sein. Dabei könnte das Team dieses sicherlich gut gebrauchen. Suchen Sie sich einen Tag, an dem Sie mit ihrem Team z.B. mal eine Nachbesprechung oder ein Debriefing abhalten und versuchen Sie doch schon einmal kleine Pausen zu nutzen, um sich auszutauschen.5-10: Die Kommunikation in Ihrem Team funktioniert ja schon ganz gut. Aber noch etwas Training kann sicherlich nicht schaden.10-15: TOP, die Kommunikation befindet sich bei Ihnen im Team auf einem hohen Niveau. Weiter so!

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Comic

31Wissenschaft & Praxis Februar 2015 31Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Wie wichtig es ist, ein gemeinsames Verständnis von etwas zu haben – Die Bedeutung von geteilten mentalen Modellen.

Siehst du das denn genauso?

Geteilte mentale Modelle

Wie wichtig es ist in Ausnahmesi-tuationen miteinander zu sprechen, ist uns vielleicht noch bewusst. Bei Teamarbeit geht es jedoch oft über die reine Kommunikation hinaus. Unerlässlich ist es dann, gemeinsa-me mentale Modelle zu entwickeln und zu teilen. Diese stärken die Ko-ordination, Kommunikation und Leistungsfähigkeit des gesamten Teams.

Was nehmen Sie gerade wahr? Was denken Sie über die Person, die vielleicht gerade neben Ihnen sitzt? Wenn Sie sich darüber Ge-danken machen, sind wir schon beim Thema mentale Modelle. Je-der von uns besitzt solche Modelle. Sie legen fest, wie wir die Situation

oder eine andere Person verstehen. Das hilft uns dabei, unsere Umwelt besser einzuordnen und zwischen einem Normalfall und einer Aus-nahmesituation zu unterschieden. Sie bilden also eine Grundlage un-seres Handelns1. In der Teamarbeit können unter-schiedliche mentale Modelle ein-zelner Teammitglieder allerdings Probleme bereiten. Deswegen soll-te man versuchen, „geteilte menta-le Modelle“ zu entwickeln.

Diese Modelle beziehen sich nicht nur auf das Verständnis, inwiefern sich die Umwelt verändert. Sie die-nen auch dazu, ein gemeinsames Ziel für das ganze Team zu entwi-ckeln, inklusive der dazugehörigen

Strategien, wie dieses zu erreichen ist. Damit ist sichergestellt, dass nicht jedes Teammitglied ein un-terschiedliches Ziel verfolgt oder die Mittel und Wege variieren. Ver-änderungen in der Umwelt dürfen nicht dazu führen, das Ziel aus den Augen zu verlieren.Durch Training oder auch regel-mäßige Nachbesprechungen von Einsätzen oder Ähnlichem ver-suchen die Teammitglieder ihre mentalen Modelle einander anzu-passen. Sie lernen, wie wichtig es ist, miteinander zu kommunizie-ren. Es kommt jedoch nicht darauf an, einfach möglichst viel zu reden. Der Inhalt des Gesagten muss für die Erfüllung der Aufgabe rele-vant sein2. Die geteilten mentalen

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Geteilte mentale Modelle

Modelle beziehen sich nicht nur auf grundlegende Aufgaben, son-dern auch auf das Handeln in be-sonderen Situationen. Das geteilte mentale Modell im Team bildet die Grundlage für ein gemeinsames Vorgehen und Planen1. Es sollte jedem klar sein, wie die Aufgaben verteilt sind und wie wichtig sie für das Ziel des Teams sind. Jedes Teammitglied sollte wissen, was die anderen Mitglieder für ihre Aufgaben benötigen. Diese Mög-lichkeit der impliziten Koordinati-on erhöht die Leistung des Teams. Wir unterschieden zwischen Auf-gaben- und Teambezogenen men-talen Modellen3. Ein Aufgabenbe-zogenes mentales Modell umfasst beispielsweise das Wissen des Feu-erwehrpersonals, ob ein Brand bes-ser mit Wasser oder Löschschaum bekämpft wird. Es beinhaltet also das Wissen, welche Materialien ich benötige und wie ich sie nutze3. Ein Teambezogenes mentales Modell ist auf die Rollen und Fertigkeiten der einzelnen Teammitglieder be-zogen und wie diese interagieren3. Das Feuerwehrpersonal weiß, wer am Löschschlauch steht, wer mit Atemschutzgerät ins Haus geht oder wer die Hubarbeitsbühne be-dient.

Wie entsteht ein mentales Modell

Mentale Modelle entstehen auf-grund von Erfahrungen oder dem, was mir jemand erzählt1. Jeder hat dabei unterschiedliche Erfah-rungen gemacht. Deswegen ist es selten, dass mentale Modelle voll übereinstimmen1. Jede Person er-schafft sich eine eigene Realität.Teams arbeiten effektiver, wenn die Teammitglieder ihre menta-len Modelle teilen. Nur wenn die

Teammitglieder das eigene Wis-sen und die Annahmen über eine Situation untereinander teilen, kann eine gemeinsame Realität errichtet werden1. Ähnliche und untereinander passende Modelle zu entwickeln ist das Ziel effektiver Teamarbeit. Dann spricht man von einem geteilten mentalen Modell. Werden die Modelle nicht abge-glichen, kommt es leicht zu Miss-verständnissen. Schnell gerät das gemeinsame Ziel außer Sicht oder jeder verfolgt eigene Lösungsan-sätze. Die Teammitglieder arbeiten also aneinander vorbei oder im schlimmsten Fall gegeneinander, z.B. wenn ein/e Pilot/in manuell landen möchte, sein/e Co-Pilot/in aber noch den Bordcomputer pro-grammiert.

Um geteilte mentale Modelle zu entwickeln, können verschiede-ne Trainingsmethoden genutzt werden. Am Häufigsten werden Cross-Training, Interpositional Knowledge Training und Simula-tortraining angewandt. (Weitere Informationen zu Trainingsme-thoden können Sie im Artikel „Teamtraining? Ja! Aber richtig!“ auf S.36 finden.) Das Cross-Training wird als „Stra-tegie, in der jedes Teammitglied in den Aufgaben seines/r Teamkolle-gen/in trainiert“4,S.87 definiert. Da-durch soll die Zusammenarbeit des Teams in den Bereichen Kommu-nikation und Koordination verbes-sert werden5. Beim Cross-Training erledigt jedes Teammitglied den Job eines anderen Mitglieds. Bei-spielsweise wird eine Brandschut-zübung durchgeführt, in welcher der Gruppenführer die Rolle des Maschinisten einnimmt5. So erlebt jedes Teammitglied die Anforde-rungen seiner Partner am eigenen

Leib und entwickelt ein besseres Verständnis dafür6.

Interpositional Knowledge Trai-ning hat das Ziel, ein besseres Verständnis für die Aufgaben der anderen Teammitglieder zu entwi-ckeln7. Dabei kann es sich z.B. um die Schulung einer Flugzeugcrew handeln, in der die Aufgaben ei-nes jeden Mitglieds (z.B. Cockpit vs. Kabinenbesatzung) besprochen werden. Es geht dabei nicht da-rum, das Teammitglied ersetzen zu können, sondern ein Verständ-nis für die Aufgabe zu entwickeln, also „Was braucht mein/e Kollege/in? Wie kann ich ihn/sie unterstüt-zen?“. Durch dieses Wissen kann im Ernstfall schneller reagiert wer-den, da weniger direkte Kommuni-kation notwendig ist6.

Simulatortraining ist die Simulati-on einer bestimmten Situation in einer künstlichen Umgebung8. Für eine Flugzeug-Crew wäre dies bei-spielsweise ein plötzlicher Druck-abfall in der Kabine. Das Verhalten während des Notfalls wird dann innerhalb des Simulators geübt. Dabei wird viel gesprochen. Nicht nur in der Luftfahrt, auch in der Medizin, ermöglicht „Lautes Ver-balisieren“ seiner Gedanken, allen Teammitgliedern genau zu verste-hen, warum z.B. der oder die Chi-rurg/in einen bestimmten Hand-griff durchgeführt und welche Handlungen der Teammitglieder sich anschließen. Dies verrieten uns die Mediziner, mit welchen wir im Artikel „Es gab ein Kommu-nikationsproblem! Wird Kommuni-kation unterschätzt?“ auf Seite 20 sprachen. Im Anschluss wird das Verhalten bei einer Nachbespre-chung zusammen mit der Crew/ dem Team betrachtet, dies wird Debriefing genannt. Im Debriefing

33Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Geteilte mentale Modelle

erklärt jede/r Teilnehmer/in sein/ihr Verhalten im Simulator. Dabei stehen vor allem Fragen wie „Was habe ich dabei gedacht?“ oder „Warum habe ich was getan?“ im Vordergrund. Simulatortraining dient dazu, bestimmte Verhaltens-weisen, Regeln oder Fertigkeiten zu erlernen8. Durch wiederholtes Training festigen sich diese Verhal-tensweisen und verbessert sich die Kommunikation, was zu effekti-veren geteilten mentalen Modellen führt8.

Mentale Modelle im Team

Gemeinsame mentale Modelle sind in der Teamarbeit besonders wichtig. Sie dienen zur Regelung des Teamworks in verschiedensten Situationen. Das können z.B. die grundlegenden Routineaufgaben, wie das Verhalten der Crew wäh-rend dem Servieren der Speisen an Bord sein, aber auch die Ko-ordination des Teams in Notfall- und Ausnahmesituationen, wie eine Notlandung wegen zu wenig Treibstoff. Dabei passt das Team sein mentales Modell stets der ak-tuellen Situation an9. Ändert sich die Situation von einer Routine- in eine Notfallsituation wird das ent-sprechende mentale Modell „her-angezogen“.

Im Spezifischen unterscheiden wir zwischen Aufgabenmodellen, Interaktionsmodellen, Equipment-modellen und Teambezogenen Modellen1.

Die Aufgabenmodelle beschäftigen sich mit der Entwicklung von Lö-sungswegen. Sie setzen sich mit den besonderen Umständen in der Umgebung auseinander, bei-spielsweise im Flugzeug wie stark

der Wind ist, oder wie schlecht die Sicht. Das Interaktionsmodell regelt den Ablauf von Kommunikation und Koordination. Es bestimmt wie zum Beispiel ein/e Polizist/in vorgeht, wenn der Funk ausfällt. Bei den Equipmentmodellen müs-sen die Teammitglieder wissen, welches Material oder welche Aus-rüstung sie brauchen. Sie kennen die Schwachstellen oder Grenzen. Das Feuerwehrpersonal weiß z.B. bis zu welcher Höhe die Leiter des Einsatzwagens geht. Das Team-bezogene Modell beinhaltet das Wissen darüber, wie die Aufgaben verteilt sind. Wer im Einsatz mei-ne Situation kennt oder mir helfen kann. Um im Team ein gemeinsa-mes mentales Modell aufzubauen, müssen alle vier Bereiche mitei-nander abgeglichen werden. Nur dieser Abgleich garantiert eine erfolgreiche Zusammenarbeit im späteren Einsatz1.Wie wichtig gemeinsame mentale Modelle sind zeigte Waller (2004) von der Tulane Universität in New Orleans. Werden Flug-Crews im Umgang mit den Maschinen aus-gebildet, erhalten sie ein gutes Ver-ständnis von der Technik. Sie wis-sen, wie sie sich in Situationen, wie z.B. Triebwerksausfall, verhalten sollen. Ohne gemeinsame mentale Modelle fällt es jedoch sehr schwer, das Verhalten zu koordinieren. Mentale Modelle unterstützen Teams in Ausnahmesituationen dabei ihre Aufgaben schnell und korrekt durchzuführen9. So kön-nen beispielsweise die Bedürfnisse der anderen Teammitglieder vor-ausgeahnt werden. Waller (2004) unterschied zwischen leistungs-starken und weniger leistungsstar-ken Crews. Sie stellte fest, dass es deutliche Unterschiede zwischen ihnen gab. Leistungsstarke Crews bemühten sich besonders in Aus-

nahmesituationen stärker um mentale Modelle. Sie redeten häu-figer direkt miteinander und lie-ßen sich nicht durch die Zeit unter Druck setzen. Interessanterweise zeigten sich die Unterschiede be-sonders in Ausnahmefällen, in de-nen gemeinsame mentale Modelle besonders wichtig sind9. Solche Situationen sind beispielsweise der Ausfall eines Triebwerks oder der Kommunikationsgeräte.

Vorteile: Stressresistenz, Leis-tung, Kommunikation

Gelingt es, ein geteiltes mentales Modell für Ausnahmesituationen zu entwickeln, wird die Stressre-sistenz der Gruppe erhöht. Durch eine höhere Stressresistenz können die Aufgaben beim Auftreten ei-ner beanspruchenden Situation im Team besser verteilt werden 1.Zu einem ähnlichen Ergebnis ka-men auch Cannon-Bowers, Salas und Johnston bereits 199710. Sie stellten fest, dass durch geteilte mentale Modelle eine bessere Vor-stellung über die Bedürfnisse der anderen Teammitglieder entsteht. Dieser Vorteil bleibt auch in Stress-situationen erhalten3.Geteilte mentale Modelle erhö-hen die Leistung eines Teams. Das Team macht weniger Fehler bei der Ausführung und der Verteilung von Aufgaben11. Auch im Bereich der Kommunikation treten Fehler oft aufgrund schlecht abgestimm-ter mentaler Modelle auf. Die Teammitglieder geben sich keine Rückmeldung oder haben unter-schiedliche Ziele3.Eine gute Abstimmung im Team hingegen verringert die Anzahl an Fehlern. Die Fehler in der Ar-beit, die womöglich bevorstehen, können bereits früher erkannt und

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Geteilte mentale Modelle

verhindert werden. Dadurch ent-steht Vertrauen in die zukünftige Zusammenarbeit und eine höhere Leistungsfähigkeit des Teams3.

Die Aufrechterhaltung von ge-teilten mentalen Modellen

Um gemeinsame mentale Modelle zu stärken und zu erhalten, ist es u.a. wichtig miteinander zu spre-chen. Hofinger (2008) schreibt in ihrem Buch Human Factors – Psy-chologie sicheren Handelns in Risi-kobranchen den Satz „Vor dem Tei-len steht das Mitteilen“1, S.139. Bevor ein mentales Modell geteilt werden kann, muss demnach vorher über die Situation gesprochen werden. Alles, was nicht mitgeteilt wird, kann nicht Teil des gemeinsamen mentalen Modells werden. Wenn sich die Teammitglieder bereits ein gemeinsames mentales Modell teilen, darf nicht plötzlich jeder verstummen. Um das geteilte mentale Modell aufrecht zu hal-ten, sollten die Mitglieder es regel-mäßig abgleichen. Man kann also nicht von einem einmaligen Ereig-nis sprechen1. Stattdessen sollten erfolgreiche Teams, wie bei einem Computerprogramm, regelmäßige Updates durchführen. Spätestens wenn die Situation sich ändert. Regelmäßiges gemeinsames Trai-ning mit anschließendem Debrie-fing, aber auch Debriefings nach er-folgten Einsätzen, sorgen ebenfalls dafür, geteilte mentale Modelle zu festigen. Durch den Austausch und die Analyse im Debriefing können Verbesserungsmöglichkeiten ge-meinsam erarbeitet werden. Nur dadurch kann ein gemeinsames Verständnis der Situation und der Probleme entstehen.

Daniel Veutgen

1 Badke-Schaub, P., Hofinger, G. & Lauche, K. (2008). Human

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berg: Springer Medizin Verlag.

2 Hofinger, G. (2003). Kommunikation. In G. Hofinger (Hrsg.),

Kommunikation in kritischen Situationen (S. 131 – 151). Frank-

furt a.M: Verlag für Polizeiwissenschaften.

3 Salas, E., Sims, D. E., & Burke, C. S. (2005). Is there a “Big

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7 Levi, D. J. J. (2013). Group Dynamics for Teams. Thousand

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8 Salas, E., Wildman, J. L. & Piccolo, R. (2009). Using Simu-

lation-Based Training to Enhance Management Education.

Academy of Management Learning & Education, 8(4), 559-573.

9 Waller, M. J., Gupta, N. & Giambatista, R. C. (2004). Effects of

adaptive behaviors and shared mental models on control crew

performance. Mangement Science, 50(11), 1534-1544.

10 Salas, E., Cannon-Bowers, J. A. & Johnston, J. H. (1997).

How can you turn a team of experts into an expert team?

Emerging training strategies. In C. Zsambok & G. Klein

(Hrsg.), Naturalistic decision making (S. 359-370). Hillsdale, NJ:

Lawrence Erlbaum.

11 Salas, E., Wilson, K. A., Burke, C. S., Wightman, D. C. &

Howse, W. R. (2006). Crew resource management training

research, practice and lessons learned. Reviews of human factors

and ergonomics, 2(1), 35-73.

35Wissenschaft & Praxis Februar 2015Wissenschaft & Praxis Februar 2015 35

Teamtraining

Das Vorgehen von der Analyse bis zur Evaluation

Teamtraining? Ja! Aber richtig!

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Teamtraining

Immer mehr Aufgaben werden heutzutage in Teams erledigt. Dies bringt viele Vorteile mit sich, wie z.B. eine größere Vielfalt an Ideen und Lösungswegen bei komple-xen Problemen. Allerdings will das richtige und effektive Arbeiten im Team gelernt sein, denn hier kön-nen sich eine Menge Probleme und Fehler ergeben, die nicht nur zeitli-che, qualitative oder finanzielle Ein-bußen zur Folge haben. Besonders in High Reliability Organizations (HRO´s) (wie bereits im Artikel „Kernkompetenzen guten Team-works“ S.9 vorgestellt) kann eine schlechte oder gar fehlerhafte Team-arbeit zu gravierenden Folgen und sogar Verlusten von Menschenleben führen. Bei einer Analyse von 419 Meldungen zu Vorkommnissen im Aufwachraum eines Krankenhauses lag beispielsweise die Ursache der Zwischenfälle in 14% bei mangeln-der Kommunikation1. Daher sind viele Organisationen schon lange dazu übergegangen, ihre Mitarbei-ter/innen in Bezug auf effektivere Zusammenarbeit und Kommunika-tionsvorgänge im Team zu schulen und somit schwerwiegenden Fol-gen vorzubeugen. Dabei wird zum Teil sehr viel Geld in Trainings in-vestiert. Dass es sich auszahlt, im Vorhinein in gute Teamabläufe zu investieren, zeigen diverse Studien2. Allerdings ist Teamtraining nicht

gleich Teamtraining. Die Art, wie es gestaltet und durchgeführt wird, beeinflusst maßgeblich dessen Effek-tivität. Wir möchten in diesem Ar-tikel aufzeigen, worauf es bei gutem Teamtraining ankommt.

Grundlegende Merkmale von Teamtraining

Zunächst soll erst einmal erklärt werden: Was ist unter einem Teamtraining überhaupt genau zu verstehen? Was wird dort explizit trainiert?

Training kann als geplante und sys-tematische Aktivität verstanden werden, bei der das Ziel die Aneig-nung von Wissen, Einstellungen und Verhaltensweisen ist. Es geht also immer um die folgenden Fra-gen: Was sollte man für den jewei-ligen Job wissen/denken, was sollte man tun (können) und wie sollte man sich dabei fühlen/verhalten? 3

Vier wichtige Komponenten des Trainings, die nicht fehlen sollten, sind Anweisungen, Demonstratio-nen, Übungen und zeitnahes Feed-back4. Anweisungen beinhalten le-diglich Informationen und Fakten über die im Training zu erlernen-den Fertigkeiten und werden z.B. in Präsentationen und Vorträgen vorgestellt. Demonstrationen zei-gen den Teilnehmer/innen kon-krete Beispiele des erwünschten Verhaltens oder auch Negativbei-spiele (z.B. in Form von Videos). In Übungen können die Teilnehmer/innen versuchen, das zuvor Wahr-genommene selbst umzusetzen, wofür häufig Simulatortrainings oder Rollenspiele genutzt werden. Anschließend sollten sowohl Feh-ler, die in den Übungen gemacht wurden, als auch gute Umsetzun-gen im Feedback besprochen wer-

den und die Teilnehmer/innen sollten abschließend bestärkt wer-den, das Gelernte in Zukunft im Job umzusetzen. Training in Organisationen ist eine Komplexe Wissenschaft. Erkennt-nisse darüber kommen aus vielen verschiedenen Forschungsberei-chen. Bedeutsame Einflüsse, die auch über die Effektivität des Trai-nings entscheiden können, kom-men z.B. aus Bildung/Erziehung, der Organisationspsychologie und Kognitionsforschung, aber auch aus dem Ingenieurwesen und Wis-senschaften zu organisationalem oder industriellem Management.Training kann sich außerdem auf verschiedene Fertigkeiten bezie-hen, wie z.B. Selbstmanagement, Präsentationsfertigkeiten usw. In diesem Artikel soll der Fokus auf dem Training von Teamwork lie-gen.Teamwork bezeichnet einen Pro-zess der Einbeziehung von Input-variablen über Prozessvariablen zu Outputvariablen.

Inputvariablen sind hierbei in-dividuelle Charakteristika der Aufgaben, der Teams und des Arbeitskontextes (z.B. die Grup-pengröße oder die Dauer der Zu-sammensetzung des Teams). Diese können z.B. einen Einfluss auf die Motivation oder benötigte Zeit für Entscheidungsfindungspro-zesse haben. Denn in größeren Gruppen dauert es z.B. oft länger, eine Entscheidung zu treffen, da-für hat man hier aber auch einen

Abbildung 1: Teamtraining wird immer wich-tiger, um menschliche Fehler zu minimieren. Vorträge sollten jedoch nur ein kleiner Teil sein.

Abbildung 2: Beim Teamwork spielen Input-variablen, Prozessvariablen und Outputvari-ablen eine Rolle (v.l.)

37Wissenschaft & Praxis Februar 2015 37Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Teamtraining

größeren Input an Erfahrungen und Informationen für Problem-lösung. Prozessvariablen sind z.B. die Koordination oder Kommuni-kation im Team, ohne die eine er-folgreiche Zusammenarbeit nicht möglich wäre. Unter Outputvari-ablen versteht man beispielsweise das Wachstum an Produktivität, Zufriedenheit oder auch die Feh-lerreduzierung, welche aus einer effektiven Zusammenarbeit resul-tieren5,6,7.

Wichtig ist jedoch, dass diese Pro-zesse in der Teamarbeit sehr unter-schiedlich sein können, da Teams sehr dynamisch und verschieden sind. Daher ist es auch nicht sinn-voll, einheitliche Trainingsstra-tegien zu entwickeln. Vielmehr müssen für alle unterschiedlichen Bereiche, in denen Teamwork ein-gesetzt wird, die Trainingsstrategi-en individuell angepasst werden.Beispielsweise müssen bei der Feu-erwehr aufgrund der mangelnden Möglichkeit, über Sprache zu kom-munizieren, andere Schwerpunkte gesetzt werden, als beispielsweise bei einem Operationsteam.

Daher werden vor der Planung ei-nes Trainings verschiedene Ana-lysen nötig, die später in diesem Artikel erläutert werden sollen. Gewisse Grundeigenschaften sind jedoch in den meisten Teams in ähnlicher Weise vorhanden und können daher auch ähnlich trai-niert werden. Es hat sich z.B. ge-zeigt, dass man beim Training ge-nerell zwischen Teamwork-Skills und Taskwork-Skills unterschei-den sollte, wobei Teamwork-Skills die sind, die Personen dazu be-fähigen, effektiv miteinander zu arbeiten und Taskwork-Skills die Fähigkeit, Aufgaben zu verstehen und auszuführen8. Besonders un-

ter Druck ist es schwierig, eine effiziente Teamarbeit durchzufüh-ren. Oftmals passiert es, dass sich Teammitglieder dann nur noch auf die Aufgabe selbst konzentrieren und dabei die Teamwork-Anforde-rungen völlig vergessen, wodurch dann der Misserfolg seinen Lauf nehmen kann.

Was im Teamtraining trainiert wird

Welche Fertigkeiten werden nun konkret in Teamtrainings geschult? In einigen Untersuchungen konn-te man acht wichtige Fertigkeiten identifizieren, die unabhängig von der Art des Teams in jeder Team-arbeit wichtig sind9. In Bezug auf die obige Unterteilung in Team-work- und Taskwork-Skills, han-delt es sich hierbei mehrheitlich um Teamwork-Skills.

Hierzu zählt zum einen die An-passungsfähigkeit, Ressourcen und Strategien abhängig von den In-halten der Aufgabe umzustellen. Besonders wichtig ist auch immer eine gute Kommunikationsfertig-keit, um Informationen effizient und ohne Verluste oder Missver-ständnisse auszutauschen. Um die verschiedenen Aktivitäten im Team zu organisieren und eine ge-wisse Synchronität zu erreichen, wird eine gute Koordinationsfertig-keit benötigt.Die meisten Teams müssen wich-tige Entscheidungen fällen. Dazu

gehört, bestehendes Wissen und neue Informationen zusammenzu-führen und aus mehreren Alterna-tiven die Beste auszuwählen. Aber auch die Ergebnisse der gewählten Alternative sollten beurteilt wer-den, um auch aus eventuellen Feh-lentscheidungen zu lernen.Eine wichtige persönliche Fertig-keit ist außerdem, gute Interaktio-nen im Team durch motivierende Techniken und kooperierendes Verhalten zu fördern, was man un-ter dem Begriff der interpersonellen Beziehung zusammenfasst. Weiter-hin braucht jedes Team eine Person mit guten Führungs- bzw. Team-managementqualitäten. Diese sind nötig, um die Aktivitäten im Team zu koordinieren, zu planen und zu organisieren, um die Teammitglie-der zu motivieren und die Leistung zu beurteilen bzw. ggf. zu fördern. Hierfür ist abschließend von hoher Relevanz, angemessenes und kon-struktives Feedback zu verteilen, aber auch die eigene Leistung zu bewerten und Feedback von ande-ren anzunehmen.

Eine große Bedeutung in Teams kommt den sogenannten geteilten mentalen Modellen zu. Darunter versteht man einheitliche Wissens-strukturen von Teammitgliedern, die zur Durchführung gemein-samen Handelns erforderliches, geteiltes Wissen enthalten. Geteil-te mentale Modelle können ein Team dazu befähigen, die Rollen und Aufgaben der Teammitglieder besser zu verstehen, das gemein-same Ziel zu antizipieren sowie sich in komplexen Umgebungen zurechtzufinden und sich implizit zu koordinieren. Das gemeinsa-me Wissen bzw. die gemeinsamen Wissensstrukturen können sich auf das Equipment, die Aufgaben, die Interaktion oder das Team

Abbildung 3: Zu wissen, was der andere denkt, ist nicht selbstverständlich. Die Kommu-nikationsfähigkeit ist eine der wichtigsten zu trainierenden Teamfertigkeiten

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Teamtraining

(bzw. seine Mitglieder) beziehen. (Mehr dazu auch in Artikel „Siehst du das denn genauso“ S. 32 ). Ge-teilte mentale Modelle sind sowohl messbar, als auch trainierbar, so dass sie in Teamtrainings Berück-sichtigung finden sollten10,11.

Die Relevanz dieser Skills kann z.B. beim Einsatz von Notärzten/innen erkannt werden. Denn hier kann sich beispielsweise die gesundheit-liche Situation und Stabilität des/der Patienten/in in kurzen Zeitab-ständen ändern. Daher müssen die Notärzte/innen ihre geplante Be-handlungsstrategie oft sehr kurz-fristig umstellen und in kurzer Zeit und mit beschränkten Informatio-nen entscheiden, welche Strategie die beste ist, um für das (möglichst unbeschadete) Überleben des/der Patienten/in zu sorgen. Hier sind also die Anpassungsfähigkeit und Entscheidungsfindung im Besonde-ren gefragt. Um eine Entscheidung zu treffen, muss ein/e Notarzt/ärz-tin sich zumeist zusätzlichen Rat und Informationen von seinen/ihren Kollegen/innen einholen, wobei nicht selten Konflikte auftre-ten, die schnell und sinnvoll gelöst werden müssen. Hierzu ist effek-tive Führung von interpersonellen Beziehungen von Nöten. Darüber hinaus müssen die Erkenntnisse über die Lage des/der Patienten/in mit der Klinik, in die der/die Pati-ent/in gebracht wird, so kurz aber auch so effektiv wie möglich kom-muniziert werden. Es darf zum einen keine Zeit verloren werden, zum anderen kann aber auch eine nur sehr kleine fehlende Informa-tion dazu führen, dass ein wich-tiges Anzeichen übersehen wird und der/die Patient/in die falsche Behandlung erhält. Eine gute Kom-munikationsfertigkeit kann daher dazu beitragen, gravierende Folgen

zu vermeiden12.Am Beispiel eines Feuerwehrein-satzes kann man weiterhin sehen, wie wichtig geteilte mentale Model-le sein können. Denn hier können die Feuerwehrleute aufgrund des dichten Rauches und der Atem-masken nur sehr eingeschränkt kommunizieren. Daher ist es wich-tig, dass jeder weiß, was genau seine Aufgabe ist und was die Auf-gabe der anderen. Kurze Gesten müssen im Ernstfall genügen, da-mit der andere versteht, was man meint und was nun zu tun ist. Man muss die Abläufe der Teammitglie-der außerdem so weit kennen, dass man Abweichungen darin erken-nen und daraus auf eventuell ge-änderte oder besondere Umstände schließen kann.

Wer, wie, was?! Die Trainingsanaly-se gibt Aufschluss

In verschiedenen Teams können die Schwerpunkte der zu trainie-renden Skills sehr unterschiedlich

verteilt sein. Ein Training sollte daher immer nach den unter-schiedlichen Anforderungen und Bereichen, für die Teamwork ein-gesetzt wird, angepasst werden. Es ist daher von hoher Relevanz, sich vor dem Design des Trainings an-zuschauen, für welche Fertigkeiten und Aufgabengebiete ein beson-derer Trainingsbedarf besteht, was genau die Trainingsziele sein sol-len, also was gelehrt werden soll und wer trainiert werden muss.

Diese Trainingsanalyse soll nun etwas näher erläutert werden13. Es gibt drei Komponenten, aus denen sich die Trainingsanalyse zusam-mensetzt. Die erste ist die Orga-nisationsanalyse. Viele Trainings-programme erreichen nicht ihr Ziel, da im Verlauf Konflikte durch Einschränkungen der Organisati-on auftauchen. Beispielsweise ist die spätere Arbeitsumgebung gar nicht dafür geeignet, es den Teil-nehmern/innen zu ermöglichen, das Gelernte umzusetzen. Dieses wirkt sich negativ auf das Trans-ferklima aus. Eventuell bestehen starre Hierarchien und alteingeses-sene Muster in den Abläufen, die sich nicht so einfach durchbrechen lassen, eventuell wird den Mitar-beitern/innen in der Realität nicht die benötigte Zeit gegeben, erlern-te Abläufe und Fertigkeiten umzu-setzen und/oder die Vorgesetzten halten es für unwichtig und möch-ten lieber bei den alten Verfahren bleiben.

Oft mangelt es aber auch daran, dass die Trainingsziele nicht genau darauf abgestimmt sind, was in der Organisation gefordert wird. So-mit lernt man dann zu vieles, das später gar nicht eingesetzt werden kann und zu wenig, was man gut gebrauchen könnte. Dies kann

Abbildung 4: Feuerwehrleute können durch ihre Atemmasken nur beschränkt kommunizie-ren. Geteilte mentale Modelle sind daher hier besonders wichtig.

Abbildung 5: Eine effiziente Trainingsgestaltung kommt nicht ohne verschiedene Analysen aus

39Wissenschaft & Praxis Februar 2015 39Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Teamtraining

man vermeiden, indem man im Vorhinein Bedürfnisse und even-tuelle Einschränkungen ermittelt und in die Planung des Trainings mit einbezieht. Es sollten dabei die Ziele der Organisation, verfügbare Ressourcen und mögliche Transfe-runterstützungen überprüft wer-den. Die Notwendigkeit dieser Analyse verdeutlichen Studien, in denen z.B. gezeigt werden konnte, dass Organisationsklima und -kul-tur einen deutlichen Einfluss dar-auf haben, wie das Gelernte umge-setzt und beibehalten wird14,15.

Die zweite Komponente ist die Job/Aufgabenanalyse. Dieser Part ist re-levant, um die richtigen Lernziele zu ermitteln und dementsprechend das Training richtig aufzubauen. Es wird dabei genau analysiert, wel-ches Wissen, welche Fertigkeiten und welche Einstellungen im Vor-dergrund stehen, um die betref-fende Arbeit gut auszuführen und außerdem die Bedingungen, un-ter denen der Job ausgeführt wer-den muss. Um die verschiedenen Anforderungen in verschiedenen Arbeitsgebieten genau zu identifi-zieren, wurde in der Wissenschaft das Team-Arbeit-Kontext-Analyse Inventar16 entwickelt, welches auf S. 62 genauer erläutert werden soll.Die kognitive Aufgabenanalyse ist ein Teilgebiet und zugleich ein Werkzeug für die Aufgabenana-lyse. Das Augenmerk liegt hier darauf zu erfassen, welche menta-len Prozesse bei den verschiede-nen Jobs im Vordergrund stehen. Hierbei wird z.B. untersucht, wie Experten/innen Entscheidungen treffen und wie die Trainierten sich das Wissen aneignen und entwi-ckeln17.Bei der personellen Analyse liegt das Augenmerk schließlich auf den zu trainierenden Personen bzw.

deren Eigenschaften. Man betrach-tet, welche Stärken die Mitarbeiter/innen bereits mitbringen, welches die größten Schwächen und Lü-cken sind und welche der Perso-nen geschult werden müssen. Hät-te man genügend Ressourcen für die Durchführung der Trainings, könnte man natürlich einfach je-den trainieren. Da die Ressourcen jedoch begrenzt sind, führt man ein Training am besten nur mit den Personen durch, bei denen der größte Bedarf besteht. Effizientes Training ist also nur durch vorhe-rige Analyse möglich. Doch nicht nur die Analyse und Einbeziehung dieser Umstände verhilft zu einem besseren und wirksameren Team-training. Es gibt eine Reihe weite-rer Faktoren, die vor dem Training einen großen Einfluss darauf ha-ben, wie die Teilnehmer/innen das Gelernte aufnehmen und sich auf das Training einlassen.

Trainingsmethoden

Nun ist die Frage, wie man die Er-kenntnisse aus der vorangegange-nen Analyse in einem passenden Training umsetzten kann. In der Praxis gibt es dazu einige unter-schiedliche Methoden, zwischen denen man beim Teamtraining unterscheiden kann. Dabei kön-nen die Schwerpunkte der trai-nierten Skills und die Eignung für bestimmte Zwecke deutlich variie-

ren. Somit gibt es nicht den einzig richtigen Weg, sondern man muss abwägen, welche Methoden am besten zu den eigenen Anforde-rungen passen.

Eine dieser Trainingsmethoden ist das sogenannte Cross-Training18. Das Prinzip dabei ist folgendes:

Während des Trainings werden nicht nur die individuellen Auf-gaben, für die man im Team vor-gesehen ist, trainiert. Stattdessen schlüpft jeder auch reihum einmal in jede Rolle, die im Team auf-taucht. Beispielsweise übernimmt jede/r Polizist/in in einem solchen Training einmal die Rolle des Ein-satzleiters/der Einsatzleiterin und kann so z.B. sehen, welche Infor-mationen diese/r benötigt, um ei-nen guten Überblick zu haben und wie wichtig es ist, dass sich jeder an seine Vorgaben hält.Durch dieses Training soll also erreicht werden, dass jeder ein besseres Verständnis über die ge-samte Teamfunktion erhält und die Wichtigkeit der anderen Team-mitglieder sowie die Abhängigkei-ten untereinander besser versteht. Hierzu kann z.B. auch gehören, wen man genau im Falle eines be-stimmten Problems ansprechen kann. Durch ein solches Training werden besonders die oben erwähnten ge-teilten mentalen Modelle geschult.

Eine weitere Methode, um diese geteilten Modelle aufzubauen, ist das Pre-mission briefing10. Hierbei handelt es sich zwar im engeren Kontext nicht um Training, den-noch wird das Verständnis des ge-meinsamen Handelns gestärkt: Vor einer gemeinsamen Tätigkeit wird explizit auf die Aufgaben, Abgren-zungen und Gemeinsamkeiten,

Abbildung 6: Die Fähigkeiten der Mitarbeiter/innen werden unter die Lupe ge-nommen, um den Trainingsbedarf zu erfassen

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Teamtraining

erwartete Verhaltensweisen und mögliche Machtdynamiken auf-merksam gemacht. Somit erhalten alle ein gemeinsames Verständnis dessen und haben dieses während der Arbeit stärker im Bewusstsein.

Besonders in Organisationen, in denen die Teams mit hohen Ge-fahrenpotenzialen umgehen müs-sen, wie z.B. in der Luftfahrt oder bei der Feuerwehr, ist es wichtig, Ernstfälle zu simulieren, um nicht nur das Verhalten im Normalfall zu trainieren, sondern auch selte-ne und unerwartete Situationen, in denen es aber besonders auf rich-tiges Handeln ankommt und die man aufgrund der Gefahr nicht in der Realität üben kann. (Auf Simulation im Speziellen werden wird genauer im Interview „Nicken klappt als Feedback nicht“ S. 82 ein-gegangen.)

Bei der Trainingsmethode „Teamkoordinations- und Anpas-sungstraining“19,20 kommt es be-sonders auf die Reduzierung der Kommunikation an. Dies klingt im ersten Moment falsch, wenn man bedenkt, dass die Kommunikati-on eine der wichtigsten Skills im Teamwork ist. Allerdings möch-te man mit Hilfe dieses Trainings erreichen, dass für die Erledigung einer Aufgabe möglichst wenig Kommunikation von Nöten ist, damit man sich auch ohne Worte versteht und jeder weiß, was zu tun ist. Es wird gelehrt, Kommunikati-on auf solche Phasen zu schieben, in denen gerade nicht sehr viel zu tun ist, um diese Zeit dann sinnvoll zu nutzen.Mit dieser Taktik wird die kogni-tive Beanspruchung in stressigen Phasen reduziert und man kann sich in dieser Zeit besser auf wich-tige Entscheidungen oder richtiges

Handeln konzentrieren.Hierzu ist wichtig, die Übergänge von expliziter Kommunikation zu impliziter Kommunikation zu trai-nieren. Z.B. werden Teamleader darin geschult, regelmäßig wäh-rend der Arbeit auf die aktuellen taktischen Prioritäten aufmerksam zu machen. Dies wirkt sich positiv auf die geteilten mentalen Model-le aus und führt dazu, dass allen gleichermaßen die aktuelle Lage bewusst wird. Werden gleichzeitig die anderen Teammitglieder darin geschult, wie sie in welchen Situa-tionen reagieren sollen, führt dies schließlich dazu, dass das Team seine Koordinationsstrategie wäh-rend einer Aufgabe an das Stress-level der Situation anpassen und somit effizienter arbeiten kann21. Aber auch viele weitere wichtige Teamkompetenzen wie Führung, Zielsetzung, Ressourcen Manage-ment und Feedback werden hier besonders erlernt.

Zudem spielt eine weitere Trai-ningsmethode eine wichtige Rolle: Das geführte Team-Selbstkorrektur-training22. Es soll helfen, Probleme, die im Team auftreten, selbst zu er-kennen und ohne Hilfe von außen effektive Lösungen zu finden, wo-durch sich auch bessere Abschät-zungen der Teamabläufe, z.B. auch in Bezug auf die geteilten mentalen Modelle, ergeben sollen. Hierbei wird den Teilnehmern/innen be-sonders beigebracht, auf welche Aspekte des Koordinationsprozes-ses sie genauer achten müssen (z.B. welche Faktoren die optimale Per-formance gefördert oder behindert haben). Außerdem werden sie dar-in geschult, wie sie später Debrie-fings durchführen können bzw. sollten. Im Training wird dazu bei-spielsweise ein Debriefing durch-geführt, bei dem der/die Leiter/in

zeigt, wie das Ganze strukturiert sein sollte, die Diskussionen beob-achtet, das Lernklima fördert, und den Teilnehmern/innen erklärt, wie effektives Feedback gegeben werden sollte und wie sie Durch-setzungsvermögen und Informati-onsaustausch richtig einsetzten.Debriefings untereinander gekonnt selbst durchzuführen ist später im Job besonders wichtig, da man dann auf sich selbst gestellt ist und kein/e Trainer/in einen mehr auf Fehler aufmerksam macht. Falls doch einer geschehen sollte, muss man im Team selbst entscheiden, wie man damit möglichst erfolg-reich umgeht23.

Gute Vorbereitung ist die halbe Miete

Man weiß bspw., dass es Zusam-menhänge zwischen der Trai-ningseffektivität und individuellen Charakteristiken wie z.B. der Per-sönlichkeit oder der Selbstwirk-samkeit gibt24. Daher ist es eben-falls wichtig, solche Faktoren zu erfassen, um das Training an spe-zielle Gruppen wie z.B. Berufsein-steiger/innen oder Führungskräf-te anzupassen. Die Effektivität des Trainings wird z.B. durch die Selbstwirksamkeit (die Überzeu-gung, dass man fähig ist, bestimm-te Aufgaben und Verhaltensweisen zu erfüllen) vergrößert25,26,24. Da-her ist es sinnvoll, die Selbstwirk-samkeit vor und während des Trai-nings positiv zu beeinflussen.

Dies kann z.B. geschehen, indem die zu Trainierenden an vergange-ne Erfolge in Trainings oder im Job erinnert werden oder auch indem man dafür sorgt, dass sie bereits zu frühen Zeitpunkten im Training Erfolgserlebnisse haben.

41Wissenschaft & Praxis Februar 2015 41Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Teamtraining

Natürlich hat auch besonders die Motivation der Teilnehmer/innen einen großen Einfluss darauf, wie gut die Fertigkeiten erlernt, bei-behalten und vor allem auch im Nachhinein im Job angewendet werden. Daher sollten vor jedem Teamtraining die Bedingungen, die Lernumgebung und die Trai-ningseinführung gut durchdacht werden, um Faktoren wie die Moti-vation zu erhöhen. Die Motivation kann z.B. dadurch beeinflusst wer-den, ob ein Training als Pflichtpro-gramm oder zur freiwilligen Teil-nahme ausgeschrieben wird.Außerdem wurde gezeigt, dass die Motivation größer ist, wenn man die Inhalte des Trainings immer wieder in Relation zu seinen eige-nen Anforderungen im Job sieht27. In einer Studie von Sitzmann, Brown, Ely und Kraiger (2009)28 wurde die Motivation der Teil-nehmer/innen über mehrere zeit-lich versetzte Trainingseinheiten beobachtet und gemessen. Dabei fand man heraus, dass die Moti-vation mit steigender Anzahl der Trainingseinheiten z.T. geringer wurde. Daraus schloss man, dass die Teilnehmer/innen frustriert waren, weil sie die gelernten In-halte des Trainings in den Phasen zwischen den Trainings nicht rich-tig anwenden konnten. Man kann also nicht nur das Trai-ning isoliert betrachten, sondern muss, um eine hohe Motivation zu erreichen, auch dafür sorgen, dass die Gegebenheiten nach dem Training die Aufrechterhaltung der Motivation fördern.

Wenn es ernst wird: Bedingungen während des Trainings

In der Forschung konnten einige weitere Charakteristika identifi-

ziert werden, auf die man während des Trainings achten sollte, um es wirksamer zu gestalten: Die zu trainierenden Personen sollten die Ziele, die gewünschten Ergebnis-se und den Zweck des Trainings verstehen und nachvollziehen können29. Der vermittelte Inhalt sollte als bedeutsam wahrgenom-men und Beispiele und Übungen sollten immer in Bezug zum Job gesetzt werden. Zudem sollten die Trainingsteilnehmer/innen immer wieder Rückmeldung erhalten, ob von anderen Teilnehmer/in-nen oder den Trainer/innen, und sollten zu diesem Zweck auch die anderen Teilnehmer/innen bei ihren Aufgaben beobachten und mit ihnen interagieren können. Weiterhin kann man sagen, dass man statt konstanter Wiederho-lungen von Stimulus-Response Paaren - also z.B. den immer glei-chen steif eingeübten Reaktionen auf bestimmte Situationen - besser auf Transferübungen setzen sollte. Solche Übungen können z.B. Rol-lenspiele sein, in denen eine Teil-gruppe bestimmte Aufträge hat, um unerwartete Situationen her-beizuführen, und die andere Grup-pe dann spontan das Erlernte auf diese Situationen anwenden muss. Ebenso können auch Interaktio-nen am Simulator mit gleichzei-tiger Teamkommunikation dafür sorgen, dass man gleichzeitig Task-work - aber auch Teamwork-Skills miteinander kombinieren muss.

Bei solchen Transferaufgaben wer-den die Lerninhalte zwar gegebe-nenfalls etwas langsamer gelernt, dafür bleiben sie jedoch wesentlich länger erhalten und können besser auf die Realität übertragen wer-den30.

Genauso sollte man im Training

nicht zu sehr versuchen, mögli-che Fehler zu vermeiden, sondern die Teilnehmer/innen gezielt dazu bringen, Fehler zu machen und an-schließend dabei zu unterstützen, Korrekturstrategien zu entwickeln. Denn jeder kennt ja die Weisheit „aus Fehlern lernt man“ und dass dies auch in Bezug auf Organisa-tionen und Teammitglieder gilt, konnte in vielen Untersuchungen wiederholend gezeigt werden31,32,33. Zudem können bei diesem soge-nannten Error Training gleichzei-tig Emotionsmanagement-Tak-tiken trainiert werden, um mit kritischen Fehlern im Job besser umzugehen34.

Für das spätere Handeln im tat-sächlichen Arbeitsumfeld ist es zudem sinnvoll, Fähigkeiten wie die Selbstregulation bzw. Selbstbe-obachtung zu schulen, z.B. indem man während des Trainings selbst seinen aktuellen Stand mit den gesetzten Zielen vergleicht. Ob-wohl man davon ausgeht, dass dies selbstverständlich ist, fand man heraus, dass es zu einer Verbesse-rung des Lernfortschritts und auch im Beibehalten des Erlernten über längere Zeit kam, wenn man die Teilnehmer/innen explizit darauf aufmerksam machte, ihre eigenen Fortschritte und Leistungen selbst zu beobachten und zu beurtei-len35,36.

Das Training ist vorbei - war´s das jetzt?!

Genauso wichtig wie die Bedin-gungen während des Trainings, sind auch die nach einem Training. Denn sie entscheiden besonders darüber, ob Fertigkeiten in den Job übernommen und angewendet werden, ob also ein Transfer von

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Teamtraining

dem Trainingsfeld in das Arbeits-feld stattfindet.Und das ist schließlich das, wor-auf es ankommt und wofür man das Ganze überhaupt macht. Denn es bringt niemandem etwas, in einem solchen Teamtraining gut abzuschneiden, wenn später in der Realität die gleichen Proble-me auftreten wie zuvor. Grob lässt sich sagen, dass überhaupt die Ge-währung von Möglichkeiten, das Erlernte auszuführen bzw. erneut zu üben zu einer besseren Über-nahme im Job führen. Ebenso wirken sich soziale Unterstützung der Mitarbeiter/innen z.B. durch Ermutigungen und Erinnerungen, die Methoden anzuwenden, im Job positiv aus. Auch Unterstützung durch Vorgesetzte, die z.B. dafür sorgen, dass weniger Hindernisse und Komplikationen bei der An-wendung des Gelernten auftreten, ist wünschenswert. Beides fasst man unter dem Begriff Trans-ferklima in der Organisation zu-sammen37,15. Zudem kann es helfen, wenn bei der Arbeit weiterhin Feedback be-züglich der Lerninhalte gegeben wird. Teamleiter/innen nehmen aus diesem Grund eine wichti-ge Rolle für die Übernahme von Inhalten aus dem Training in die Arbeit ein und sollten daher in be-sonderer Weise daraufhin geschult werden, die Beschäftigten auch während der Arbeit weiter zu be-obachten und durch Feedback zu unterstützen. Damit man nach ei-nem Training die Inhalte nicht ver-gisst, kann es zudem hilfreich sein, den Teilnehmern/innen Zugang zu Internetseiten, Verzeichnissen usw. zu bieten, in denen die wichtigen Punkte erneut nachzulesen sind. Nichts desto trotz ist es nicht ge-nug, ein Training einmalig durch-zuführen. Um die Einhaltung des

Gelernten zu gewährleisten, sollten die Inhalte in gewissen Abständen auch durch ein Wiederholungs-training aufgefrischt werden.

Ähnlich zum Feedback im Job spielt die Nachbesprechung nach einem Training bzw. nach einzel-nen Übungen, in denen nachvoll-zogen werden kann, was gut gelau-fen ist und wo es weiterhin noch Verbesserungsmöglichkeiten gibt, eine besonders große Rolle. Dabei können u.a. auch Hindernisse zur Übernahme der angeeigneten Fer-tigkeiten in den Job erkannt und beseitigt werden und Übereinstim-mungen getroffen werden, welche Ziele man sich genau für die weite-re Arbeit setzten möchte. Dadurch wiederum kann eine Steigerung der späteren Leistung erreicht wer-den. Da es um Teamarbeit geht, sollte nicht nur jede/r einzelne, sondern auch das Team als Ganzes im Nachhinein evaluiert werden. Die Nützlichkeit von Nachbespre-chungen konnte z.B. in Studien mit Militärführungspersonen und deren Teams gezeigt werden38,39.

Die Teams, die ein effektives De-briefing durchführten, übertrafen Teams ohne Debriefings in nach-folgenden Übungen um bis zu 40%.

Wichtig bei solchen Nachbespre-chungen ist jedoch, dass Feedback nicht nur in Bezug auf Ergebnisse gegeben wird, sondern dass beson-ders darauf geachtet wird, wie und warum sich jemand so verhalten hat, wie er es getan hat40. Nur so kann man wissen, warum man ge-rade effektiv oder ineffektiv gehan-delt hat und aus seinem Verhalten lernen, zukünftige Fehler gering zu halten. Auch die Aufmerksamkeit der Teilnehmer/innen für die Be-

obachtung (eigener und fremder) künftiger Verhaltensweisen im Job wird durch Nachbesprechungen geschult. Feedback sollte immer explizit und konstruktiv sein und Vorschläge für Verbesserungen darbieten. Fehler, die oftmals auf-treten, sind z.B., dass Leiter/innen im Debriefing wesentlich mehr sprechen als das Team und dass sie zu viel Zeit mit positiven Aspekten verschenken, statt stärker auf die Verbesserungsmöglichkeiten von negativem einzugehen23.

Evaluation schafft Klarheit

Nicht nur die Leistungen der Trai-ningsteilnehmer/innen sollten im Nachhinein evaluiert werden, auch das Training selbst. Durch die Be-trachtung, inwieweit Lernziele er-reicht wurden und das Training dazu geführt hat, die Leistung im Job tatsächlich zu verbessern, ist es möglich, die Trainingsmetho-den weiter zu verbessern. Dabei stellt sich die Frage, wie genau man Teamwork und die Effektivität des Trainings messen und bewerten kann. Hierzu muss man Methoden finden, um die Güte der Teamar-beit vor und nach dem Training sowie die Ausprägung der in den Trainingszielen definierten Eigen-schaften (Wissen, Einstellungen und Fähigkeiten) zu messen. Au-ßerdem benötigt man Teamwork Bewertungen z.B. für die Perso-nalauswahl, zur Zertifizierung von Trainings, für die Forschung und für das Feedback für die Lernen-den. Je nach Zweck gibt es unter-schiedliche Bewertungsmethoden, die sich z.B. in der Genauigkeit unterscheiden oder darin, ob ein-zelne Personen oder das Team als Ganzes bewertet werden.Für die Entwicklung der Mess-

43Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Teamtraining

werkzeuge werden einerseits die Lernziele herangezogen, aber z.T. auch Multilevel-Evaluationsmo-delle wie z.B. das von Kirkpatrick41, bei dem zwischen Reaktionen der Lernenden, dem Lernen selbst, tatsächlichen Verhaltensänderun-gen in der täglichen Praxis und daraus resultierenden Ergebnis-sen auf organisationaler Ebene unterschieden wird. Die Reaktio-nen beziehen sich auf Fragen, wie: „Fanden die Teilnehmer/innen das Training gut?“ oder „Denken sie, dass es sinnvoll war?“. Dies ist die häufigste Form der nachträgli-chen Erhebung und wird meist mit Fragebögen durchgeführt. Jedoch lassen Ergebnisse darüber, wie gut Teilnehmer/innen das Training fanden, nicht zwangsläufig darauf schließen, dass auch die Inhalte besser gelernt werden. Daher wird in der zweiten Stufe „Lernen“ un-tersucht, ob Einstellungsverände-rungen und ein Wissenszuwachs in Bezug auf die vermittelten Prinzipien, Fakten und Fertig-keiten stattgefunden haben. Dies geschieht z.B. ebenfalls durch Fra-gebögen, aber auch durch Übung-en oder Wissensabfragen. Bei der Beurteilung der tatsächlichen Ver-haltensänderungen werden Be-obachtungen im Arbeitsumfeld durchgeführt. Hier kann man z.B. sehen, ob die erlernte Selbstregu-lation o.Ä. auch tatsächlich ange-wendet werden. Die höchste Stufe der Evaluation ist dann schließ-

lich, ob das geänderte Verhalten auch zu positiven Resultaten in der Organisation führt, wie z.B. einem Anstieg der Sicherheit oder der Produktivität.

Zur vergleichbaren Bewertung von verschiedenen Trainingsmodulen wurde das Trainings Evaluations Inventar (kurz TEI) entwickelt. Diese Bewertungsmöglichkeit erfüllt verschiedene Ansprüche: Zum einen basiert es auf bisherigen empirischen Befunden und theo-retischen Betrachtungen in Bezug auf die Trainingsevaluation und ist effizient einsetzbar. Dadurch kann man einen möglichst großen (ver-wertbaren) Informationsgehalt aus der Bewertung erhalten. Außerdem funktioniert das TEI unabhängig von dem Inhalt des Trainings und der Trainingsziele, es kann also z.B. in verschiedenen Organisatio-nen oder auch Sparten verwendet werden und erlaubt dennoch einen übergeordneten Vergleich. Zudem berücksichtigt das TEI nicht nur Ergebnisse, die durch das Training entstehen, sondern auch das Trai-ningsdesign und ebenso, inwie-weit das Trainingsdesign sich auf die Ergebnisse auswirkt. Aufgrund dieser Eigenschaften kann das TEI in Organisationen sehr hilfreich für die Trainingsevaluation sein42.

Die zwei Übergeordneten Metho-den zur Messung bei Trainings-bewertungswerkzeugen sind zum einen die Selbstbeschreibung (z.B. in Form von Befragungsstudien) und zum anderen die Beobach-tung, wobei die Selbstbeschrei-bung natürlich hohe Variabilität durch subjektive Werte aufweist. Daher wird zumeist die Beobach-tung gewählt. Hierbei gibt es einige globale Skalen, die verwendet wer-den, z.B. die „behavioral observa-

tion scale“ (BOS)20. In dieser Skala werden durch eine/n Beobachter/in gemessen bzw. gezählt, wie oft der/die Beobachtete das Verhalten ausgeführt hat, das in dem jewei-ligen Statement beschrieben wird. Die Häufigkeit wird dann auf einer Skala von 1-5 eingestuft. Die ver-schiedenen Skalen unterscheiden sich zumeist darin, inwieweit Be-obachter/innen zur Beurteilung benötigt werden, also ob man die Bewertung anhand eines Ergebnis-ses vornehmen kann oder ob die Güte eines Verhaltens durch die Erfahrung einer Beobachtungsper-son eingestuft wird. Nicht zuletzt spielt der Ort, an dem gemessen wird, eine Rolle. Die Messung kann direkt in der Lernumgebung erfol-gen, später im Job oder bei Simu-lationen, wobei man im Job zwar besonders gut den tatsächlichen Transfer überprüfen kann, dafür aber weitaus weniger Kontrolle und standardisierte Messmöglich-keiten hat (wie dies z.B. bei einem Simulator der Fall wäre). Daher sollte man versuchen, die für die Anforderung der Messung richti-gen Situationen zu wählen.

Um es zu erleichtern, all die-se und weitere Punkte in Be-zug auf die Gestaltung des Trainings auch wirklich zu berück-sichtigen, haben Wissenschaftler/innen eine Checkliste entwickelt, bei der die einzelnen Aspekte über-prüft und abgehakt werden kön-nen43. Eine abgewandelte Form dieser Checklis-te13 gliedert sich in drei Bereiche: Vor dem Trai-ning, während

Abbildung 7: Lernen ist die zweite Stufe in Kirkpatricks Evaluationsmodell

Abbildung 8:Check-listen können Hilfreich sein, um alle wichtigen Punkte der Trainings-gestaltung zu berücksichtigen

44

Teamtraining

des Trainings und nach dem Trai-ning. Auf dieser und der folgenden Seite finden Sie einige Auszüge aus dieser Checkliste. Doch trotz Hil-fen wie eben solcher Checklisten ist es in der Praxis immer noch häufig der Fall, dass Trainingsprogram-me schlecht gesteckte Ziele haben oder ihre Ziele verfehlen und die Trainingsteilnehmer/innen die Inhalte im Job nicht oder nicht ausreichend anwenden (können). Dadurch treten weiterhin Fehler in der Teamarbeit auf, welche eigent-lich durch das Training vermieden werden sollten. Häufig liegen die Probleme darin begründet, dass in der Industrie das Wissen über die nötigen Bausteine zum nachhalti-gen Vermitteln von Inhalten nicht berücksichtigt wird. Oftmals kommen die Übungen und das Feedback zu kurz und das Training beschränkt sich zum größten Teil auf die Trainingskom-ponenten der Information und Demonstration (z.B. durch Videos, Präsentationen usw.)44.Doch hier wird an der falschen Stelle gespart, denn von einer gro-ßen Anzahl an Untersuchungen wissen wir, dass das Lernen (und vor allem das spätere Behalten

und Anwenden) hauptsächlich von den Komponenten der prak-tischen Übung und des Feedbacks abhängt. Z.B. konnte eine Studie45 am Beispiel eines Selbstbehaup-tungstrainings zeigen, dass bei dem Training ohne Übungen und Feedback in einer anschließenden Team-Transferübung keinerlei Ef-fekte im Verhalten zu sehen waren. Leider fehlt es zu einem umfassen-den Training oft an finanziellen und organisatorischen Mitteln.Außerdem ist den Trainern/innen und Trainierten oftmals nicht ge-nau bewusst, welche Fertigkeiten genau für den jeweiligen Aufga-benbereich von Nöten sind, was sich aus einer mangelhaften vor-angestellten Analyse des Arbeits-kontextes ergibt46. Genauso un-terschätzt wird oft die Rolle des Debriefings bzw. Feedbacks wäh-rend und nach dem Training. Doch wenn man nur übt, ohne danach ausführlich zu besprechen, was gut und was weniger gut gelaufen ist, kann sich falsches Verhalten ein-schleichen und später im Job über-nommen werden. Oder andersher-um werden Inhalte, die man nicht abschließend noch einmal Revue passieren lässt, sehr schnell wieder

vergessen. So kommt es zu dem Ergebnis, dass trotz hoher Kos-ten, die durch Teamtrainings oder auch Task-Skill Trainings entstan-den sind, immer noch eine Menge Fehler gemacht werden, weil das Trainierte entweder nicht gut ver-mittelt wurde, oder nicht ausrei-chend in den Job transferiert wer-den konnte.In einigen Bereichen wie z.B. der Luftfahrt, dem Militär oder der Medizin können solche Fehler, die z.B. aufgrund mangelhafter Kom-munikation im Team entstehen, besonders gravierende Folgen ha-ben. Denn hier geht es um Men-schenleben. Daher wurden z.B. be-stimmte Teamtrainings entwickelt, die speziell für die Luftfahrt zu-geschnitten sind. Diese Speziellen Kurse werden Crew Resource Ma-nagement genannt und sind mitt-lerweile Pflicht in allen Fluggesell-schaften47. Auch in der Feuerwehr, der Medizin oder dem Militär wer-den sie in abgewandelter Form z.T. langsam eingeführt48,49. Auf den Nächsten Seiten erfahren Sie mehr über dieses spezielle Teamtraining und die Wissenschaft dahinter.

Tina Hees

Schritt Aktionen Ergebnisse

Organisationsanalyse Strategische Schwerpunkte, die Organisationskultur, Normen, Ressourcen, Limitationen und Unterstüt-zungsmöglichkeiten erschließen

Ermöglicht strategische Ressour-cen-Verteilungs-Entscheidungen

Bestimmen, ob Grundsätze und Prozeduren am Ar-beitsplatz das Training unterstützen

Erkennen, wie die Arbeitsumgebung die Trainingsziele unterstützen oder behindern kann

Tutoren/Tutorinnen und Leiter/innen vor-bereiten

Leiter/innen so vorbereiten, dass sie die Arbeitnehmer/innen richtig unterstützen und die richtigen Signale bezüglich des Trainings senden können

Die Motivation der Teilnehmer/innen zum Lernen im Training erhöhen

… … …

Checkliste: Schritte, die vor dem Training durchgeführt werden sollten

45Wissenschaft & Praxis Februar 2015 45Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Teamtraining

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Schritt Aktionen Ergebnisse

Die richtige Mentalität bei den Trainingsteil-nehmern herstellen

Das Training in einer Form darbieten, die den Glauben der Teilnehmer/innen an ihre Lernfähigkeit und das gekonnte Anwenden der Fertigkeiten fördert.

die Motivation verbessern und das Durchhaltevermögen bei der An-wendung im Job erhöhen

• Selbstwirksamkeit aufbauen

Die Performance während des Trainings stärken

• Fehler im Training einbauen

Die Teilnehmer/innen ermutigen, Fehler im Training zu machen, dabei aber sicherstellen, dass Hilfestellung beim managen und korrigieren der Fehler gegeben wird

Transfer des Trainings verbessern und Teilnehmer/innen mit der Fähigkeit ausstatten, mit kritischen Situationen im Job umzugehen

… … …

Schritte Aktionen Ergebnisse

Den Transfer des Trai-nings sicherstellen

• Hindernisse für den Transfer ent-fernen

Sicherstellen, dass Teilnehmer/innen ausreichend Zeit und Möglichkeit haben, um das, was sie gelernt haben, auch anzuwenden

Den Trainingstransfer erhöhen und Wissensverfall reduzieren

Arbeitnehmermotivation und Selbstwirksamkeit aufrechterhalten

Trainingsevaluation auf verschiedenen Levels betrachten

Reaktionen, Lernen, Verhalten und Auswirkungen betrachten

Erlaubt gut begründete Entschei-dungen bezüglich des Trainings inklusive eventuell nötigen Verän-derungen

Präzise affektive-, kognitive-und/oder Verhaltensin-dikatoren verwenden, um die angestrebten Trainings-ergebnisse, die während Anforderungseinschätzung aufgedeckt wurden, zu messen

Führt dazu, dass effektives Training weiterhin unterstützt wird

… … …

Checkliste: Schritte, die während des Trainings durchgeführt werden sollten

Checkliste: Schritte, die nach dem Training durchgeführt werden sollten

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47Wissenschaft & Praxis Februar 2015 47Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Sie wollen Zahlen, Statistiken und Klartext? Dann haben wir hier ein paar Schaubil-der für Sie:

Fakten, Fakten, Fakten

Fakten

CRM Trainings stammen aus der Luftfahrt, werden aber inzwischen auch in anderen Bereichen wie Feu-erwehr, Atomindustrie, Ol-Industrie oder Medizin

angewandt1.

Untersuchungen zeigen, dass mithilfe von CRM-Trai-nings ein positiver Wandel in der Einstellung und im Verhalten im Cockpit erreicht wird. Dies führt auch

zu mehr Sicherheit2.

Erinnern Sie sich an die spektakuläre Landungauf dem Hudson River? Alle 150 Passagiere

konnten gerettet werden, vor allem Dank desguten CRM der beiden Piloten3.

Vorsprung durch CRM & Debriefing! - Militärisches Führungspersonal und ihre Teams übertrafen andere

Teams die kein gutes Debriefing durchführten in ihren Leistungsergebnissen um bis zu 40%4.

Simulatortraining ist nicht gleich Simulatortraining. Es kann verschiedene Schwerpunkte haben. Es ist

regelbasiert, wissensbasiert oder fertigkeitsbasiert5.

Vier wichtige Komponenten des Trainings, dienicht fehlen sollten, sind Aktivierung von Vorwissen, Demonstrationen von

Inhalten, Übungen und zeitnahes Feedback6.

1 Flin, R., O’Conner, P. & Crichton, M. (2008). Safety at the Sharp End. A Guide to Non-Technical Skills. Aldershot: Ashgate.

2 Salas, E., Wilson, K. A., Burke, C.S. & Wightman, D. C. (2006). Does crew resource management training work? An update, an extension and some critical needs. Human Factors, 48, 392-412.

3 National Transportation Safety Board (2009). Aircraft Accident Report : Loss of Thrust in Both Engines After Encountering a Flock of Birds and Subsequent Ditching on the Hudson River.

4848

Fakten

Ein Mensch kann statistisch gesehen 14.000 Jahre unfallfrei fliegen7. In dieser Zeit könnte man fast 2,5

Millionen Mal die Erde umkreisen.

Hierarchie ist ein schwieriges Thema innerhalb des Teams. Besonders, wenn sich niedriger gestellte

Teammitglieder mit guten Fertigkeiten bei einer stark ausgeprägten Hierarchie nicht trauen, ihre Ansicht

mit den höhergestellten Teammitgliedern zu teilen8.

Halt dich kurz! Nutzen Sie oft lange Wörter mit sechs oder mehr Buchstaben, hat das eine schlechte Aus-

wirkung auf die Leistung im Team und die Kommu-nikation und führt zu einer erhöhten Fehlerrate9.

Unglücke und Katastrophen, die auf mangelnde Kommunikation und schlechtes Management zu-

rückzuführen sind, gibt es viele. Eines der tragischs-ten Unglücke ist mit Sicherheit die Reaktorkatastro-

phe in Tschernobyl.

Menschen machen Fehler. Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 70% -80% aller Unfälle in ziviler und militärischer Luftfahrt aufgrund sogenannter “Hu-

man-Errors” passieren10.

Human Errors können auch im medizinischen Bereich große Folgen haben. Untersuchungen zu

Zwischenfällen im Krankenhaus ergaben, dass in den USA jährlich mehr als 44.000 Patienten/innen durch

vermeidbare Fehler zu Tode kommen11.4 Tannenbaum, S., Smith-Jentsch, K. A. & Behson, S. (1998). Training team leaders to facilitate team learning. In J. Cannon-Bowers & E. Salas (Eds.), Making decisions under stress: Implications for

individual and team training. Wash DC: APA Press.

5 Rasmussen, J. & Jensen, A. (1974). Mental procedures in real-life tasks: A case study of electronic troubleshooting. Ergonomics, 14, 293-307.

6 Merrill, D. (2002). First Principles of Instruction. Educational Technology Research and Development, 50, 43-59.

7 Handelsblatt (2013). Welches Verkehrsmittel ist das sicherste? Zugriff am 27.01.2015 unter http://www.handelsblatt.com/technologie/

das-technologie-update/frage-der-woche/auto-flugzeug-bahn-welches-verkehrsmittel-ist-das-sicherste/8479152.html

8 Kluge, A. & Hagemann, V. (2009). Professionelle Zusammenarbeit: Neue Trainingskonzepte für High-Performance-Teams. Wirtschaftspsychologie aktuell , 3, 36-40.

9 Sexton, J. B. & Helmreich, R. L. (2000). Analyzing cockpit communications: The links between language, performance, error, and workload. Human Performance in Extreme Environments , 5(1), 63–68.

10 O’Hare, D., Wiggins, M., Batt, R. & Morrison, D. (1994). Cognitive failure analysis for aircraft accident investigation. Ergonomics, 37(11), 1855-1869.

11 Corrigan, J., Kohn, L. T. & Donaldson, M. S. (1990). To Err Is Human: Building a Safer Health System. National Academic Press.

49Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Von der Technik zum Menschen

Entwicklung von Crew Resource Management

Von der Technik zum Menschen

Die Luftfahrt gilt aktuell als die si-cherste Transportmittelbranche. Im-mer wieder werden zahlreiche Sta-tistiken dazu genannt. Laut Zahlen des Statistischen Bundesamtes1 wurden pro eine Milliarde Reiseki-lometer bei Flugreisen, innerhalb von vier Jahren, nur 0,3 Menschen verletzt. Um die Zahl der Reisekilo-meter zu verdeutlichen, 1 Milliarde Kilometer entsprechen in etwa 1250 Mal der Strecke zum Mond hin und zurück. Und um einen Vergleich zu einem anderen gängigen Transport-mittel darzubieten: in der gleichen Zeitspanne und Anzahl an Reiseki-lometern wurden 276 Menschen bei der Nutzung eines Autos verletzt.

Allerdings gilt das Jahr 2014 als ein schwarzes Jahr der Luftfahrt, da im Vergleich zum Vorjahr fast viermal mehr Menschen tödlich verunglückt sind (970 in 2014, 251 in 2013). Diese auf den ersten Blick abschreckende Zahl lässt Zweifel an der Sicherheit im Luftverkehr aufkommen. Trotz des hohen An-stiegs sind diese Zahlen, wenn sie in Relation mit Reisekilometern gesetzt werden, dennoch die nied-rigsten von allen Transportmitteln weltweit2. Somit belegen diese Statistiken die enorme Sicherheit im Flugbe-trieb und sind unter anderem ein Merkmal dafür, dass die Luftfahrt eine High Reliability Organisation (HRO, für mehr Informationen lesen Sie auch „Kernkompetenzen

guten Teamworks“ S. 14) darstellt3,4.Damals, Anfang der 70er Jahre häuften sich allerdings Flugzeu-gunglücke, welchen als Hauptfeh-lerursache menschliches Versagen zu Grunde gelegt werden konnte. Aufgrund dessen wurde die For-schung zum Aspekt des Team-works intensiviert, durch Insti-tutionen wie das NTSB: National Transportation Safety Board oder GAO: Government Accounting Office. Der Faktor Mensch erwies sich als ein relevanter Verursacher in über der Hälfte der analysierten Flugunfälle von 1983-1985. Die Tatsache, dass akzeptiert wurde, dass Teams nicht automatisch ef-fektiv sind, sondern trainiert wer-den müssen, war ein Meilenstein in der Luftfahrt. Auf dieser Basis begann eine große Investition in Teamtrainings und letztendlich die Implementierung und Etablierung von Crew Resource Management (CRM).

Was ist Crew Resource Manage-ment?

Wie der Begriff schon vermuten lässt, ist das Ziel von CRM die Be-satzung (die Crew) darauf zu trai-nieren alle möglichen Ressourcen die ihnen zu Verfügung stehen ef-fektiv zu nutzen.Konkret wird CRM definiert als Instruktionsstrategien, um Crews und Teams in HROs a) in der ef-

5050

Von der Technik zum Menschen

fektiven Nutzung aller verfügbaren Ressourcen (sowohl Menschen, Ausrüstung als auch Informati-onen) zu trainieren, b) um ihre Zusammenarbeit zu verbessern und damit ihre Leistung zu erhö-hen und c) um so die Wahrschein-lichkeit möglicher menschlicher Fehler mit tragischen Konsequen-zen für Mensch und Umwelt zu reduzieren.5.,S.3,6 Wann aber wurde dieser Begriff das erste Mal ge-nutzt und wer hatte diese Ideen? Als Geburtsstunde des CRM-Trai-nings lässt sich ein Workshop der NASA „Resource Management on the flightdeck“ in 1979 festlegen7.In diesem Zusammenhang wur-den Piloten/innen interviewt und eine detaillierte Analyse von Flu-gunfällen zwischen 1968 und 1976 erstellt. Dabei fiel auf, dass oft das technische Wissen bei Schulungen im Vordergrund stand, allerdings soziale Fertigkeiten nicht gezielt angesprochen wurden.Die darauffolgende Entwicklung von CRM (wird seit 1981 prakti-ziert) war in den zurückliegenden Jahrzenten sehr vielseitig und der Fokus lag auf unterschiedlichen Aspekten, welche im folgendem erläutert werden. Diese durchlau-fenen Veränderungen lassen sich fünf Generationen von CRM-Trai-nings einteilen7.

Die fünf Generationen von CRM-Trainings

Die erste Generation von CRM-Trainings wurde von pri-vaten Fluggesellschaften, haupt-sächlich United Airlines aus den USA, entwickelt und umgesetzt. In den Anfängen bezog sich das C von CRM noch auf Cockpit, da es ausschließlich für die Piloten/in-nen angedacht war. Der Fokus lag

hauptsächlich auf einer individuel-len und psychologischen Analyse des Verhaltens während des Flu-ges, sowie generellen Konzepten des Führungsstils, welchen Pilo-ten/innen gegenüber ihren Kolle-gen/innen anwenden sollten.

Die zweite Generation änderte und erweiterte den Begriff von CRM hin zu Crew Training, sodass CRM nicht mehr exklusiv nur für Piloten/innen war, sondern jetzt auch das Kabinen-Personal mit einbezogen wurde. Dieser Wech-sel gründete auf einem erneuten NASA Workshop zu dieser The-matik. In den neuen Programmen, entwickelt von Delta Airlines, ging es verstärkt um spezifische flug-bezogene Konzepte, wie beispiels-weiße die Art von Entscheidungen, die in einer Katastrophe enden können. Der Schwerpunkt der Trainings verlagerte sich hin zur Teamorientierung, begleitet durch intensive Seminare, in welchen Konzepte wie Gruppenstrukturen, Briefing-Strategien, Stress-Ma-nagement und Situationsaufmerk-samkeit trainiert wurden.

In der dritten Generation, An-fang der 1990er, entwickelten sich CRM-Trainings in unterschiedli-che Richtungen. Aspekte wie Or-ganisationskultur wurden als aus-schlaggebend für die Sicherheit an Bord erkannt. Gleichzeitig be-gann eine konkrete Analyse über relevante soziale Fertigkeiten des Cockpit- und Kabinen-Personals. Aus diesem Grund fanden auch die ersten combined CRM-Trai-nings statt, da die Wichtigkeit der Kommunikation und Koordinati-on zwischen Cockpit und Kabine erkannt wurde. In der vierten Generation, Ende der 1990er wurde das Advanced

Qualification Programm (AQP) ins Leben gerufen. Es ging nicht mehr nur darum auf Basis von CRM zu trainieren, sondern auch um „Line-oriented Flight Training‘s“ (LOFT). LOFT ist im Grunde ein Simulationstraining. In den Simu-lationen sollen Fertigkeiten erwor-benen werden und bereits Gelern-tes in die Tat umgesetzt werden. Anschließend wird das Verhalten in einem Debriefing analysiert.

In der fünften und momentan ak-tuellen CRM-Generation ist be-sonders die Tatsache hervorzuhe-ben, dass akzeptiert wurde, dass menschliche Fehler unvermeidbar sind. Deshalb wird aktuell mehr Wert auf Error-management ge-legt. Die zentrale Fragestellung ist: Wie gehe ich mit einer Situa-tion um, die aus einer Fehlreak-tion entstanden ist? D.h. zum ei-nen, wie soll reagiert werden, aber auch der Part des aktiven Agierens wird beachtet. Ein Beispiel wäre, dass ein Copilot seinem autoritär übergeordnetem Arbeitskollegen in seinen Entscheidungen nicht wiederspricht (obwohl er anderer Meinung ist), aus Angst es könnte eine Meinungsverschiedenheit mit negativen Konsequenzen für ihn entstehen.Besonders relevant in der Ent-wicklung von CRM ist die, bereits oben erwähnte, Erweiterung der Zielgruppe. Die Frage: wer wird trainiert?, lässt sich nun nicht nur mit „Pilot/in“ beantworten. Ak-tuell spielt das Training der Ca-bin Crew eine zentrale Rolle, aber auch „Mantainence in Aircraft“ und „Air traffic Controll“ sind in-volviert8. Zudem gibt es auch hier sogenannte combined CRM-Trai-nings, in denen z.B. Piloten/innen und Air Traffic Controller gemein-sam trainieren.

51Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Von der Technik zum Menschen

CRM Trainings werden in allen Fluggesellschaften durchgeführt. Weltweit sind Airlines dazu ver-pflichtet ein solches Training vor dem ersten Flug für ihr Personal anzubieten und dieses in jährli-chen Wiederholungsschulungen zu trainieren9. Allerdings existiert keine standartisierte Methodolo-gie zur Gestaltung von CRM-Trai-nings, vielmehr sind die Trainings spezifisch auf die Fluggesellschaft zugeschnitten, befolgen aber den-noch internationale Richtlinien.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Entwicklung von CRM in kurzer Zeit viele Veränderungen durchgemacht hat. Unter anderem sind CRM-Trainings ausschlag-gebend dafür, dass die Sicherheit in der Luftfahrt über die letzten zwanzig Jahre hinaus so stark stei-gen konnte.

Die Akzeptanz gegenüber der Durchführung von und der Teil-nahme an CRM-Trainings hat sich im Laufe der Jahre deutlich verbes-sert, wie es z.B. in dem Gespräch mit Herrn Winnikes (siehe S. 57) ersichtlich wird. CRM hat sich im Alltag eines/r Piloten/in etabliert.

Lydia Penkert

1 Handelsblatt (2013). Welches Verkehrsmittel ist das sicherste?

28. November, 2014: http://www.handelsblatt.com/techno-

logie/das-technologie-update/frage-der-woche/auto-flug-

zeug-bahn-welches-verkehrsmittel-ist-das-sicherste/8479152.

html

2 Spiegel online (2015). Unfalltote bei Abstürzen: 2014 - ein

schwarzes Jahr für die Luftfahrt. 6. Januar, 2015: http://www.

spiegel.de/reise/aktuell/flugzeugunglueck-bilanz-2014-zahl-

der-toten-stieg-ums-vierfache-a-1011414.html

3 Burke, C. S., Wilson, K. A. & Salas, E. (2005). Teamwork at

35,000 feet: enhancing safety through team training. In D. Har-

ris & H.C. Muir (Hrsg.), Contemporary Issues in Human Factors

and Aviation Safety (S. 155 - 180). Aldershot: Ashgate.

4 Weick, K. E. & Sutcliffe, K. M (2001). Managing the Unexpec-

ted: Assuring High Performance in an Age of Complexity. San

Francisco: Jossey-Bass.

5 Hageman, V., Kluge, A. & Ritzmann, S. (2011). High Respon-

sibility Teams – Eine systematische Analyse von Teamarbeits-

kontexten für einen effektiven Kompetenzerwerb. Journal

Psychologie des Alltagshandelns, 4(1), 22-42.

6 Salas, E., Wilson, K. A., Burke, C. S. & Wightman, D. C.

(2006). Does crew resource management training work? An

update, an extension and some critical needs. Human Factors,

48, 392-412.

7 Helmreich, R. L., Merritt, A. C. & Wilhelm, J. A. (1999). The

evolution of crew resource management training in commercial

aviation. The International Journal of Aviation Psychology, 9,

19-32.

8 Flin, R., O’Conner, P. & Mearns, K. (2002). Crew resource

management: improving team work in high reliability indust-

ries. Team Performance Management: An International Journal,

8(3/4), 68-78.

9 Luftfahrt-Bundesamt (2011). JAR-OPS, Betriebsvorschriften

für den Verkehr mit Flugzeugen und Helikopter. 1. Februar, 2015:

http://www.lba.de/SharedDocs/Downloads/DE/B/B2_Flugbe-

trieb/ B2_Allgemein/VO_1332_2011.html?nn=569538

52

Crew Resource Management

Crew ResourceManagement- Wenn Teamtraining helfen kann,

Leben zu schützen-

5454

Crew Resource Management

Etwa jede/r Fünfte unter uns hat laut einer Studie des Marktforschungsinstituts „GFK“ Angst zu fliegen. Da-

bei werden jährlich mehr als vier Milliarden Menschen sicher auf dem Luftweg transportiert. Bei einem Flugzeu-gabsturz tödlich verunglückt sind hingegen beispielsweise

im Jahr 2008 etwa 500 Menschen weltweit. Damit liegt laut einer Studie der International Air Transport Association die Wahrscheinlichkeit mit einem Flugzeug abzustürzen bei

etwa 0,000012 Prozent1. Das Fliegen zählt somit zu den sichersten Transportmitteln weltweit2. 

- Wenn Teamtraining helfen kann, Leben zu schützen-

55Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Crew Resource Management

Der Grund dafür ist nicht nur der technische Fortschritt der vergan-genen Jahrzehnte. Die Luftfahrt gilt als Vorreiter auf dem Gebiet des Trainings nicht-technischer Skills, also Fertigkeiten teamar-beitsbezogener Natur. Dadurch sollen Unfälle, bei denen mensch-liche Fehler eindeutig als Ursache identifiziert werden können, ver-hindert werden und die geringe Anzahl an Unfällen soll möglichst gering gehalten werden  Im folgenden Unfall-Beispiel wur-den unter anderem die Kommuni-kation innerhalb des Cockpits und mit dem Bodenpersonal, sowie Probleme mit der Hierarchie als Flugunfallursache angeführt3,4. Am 28. Dezember 1978 startete ein nahezu ausgebuchter Flug der Uni-ted Airlines mit 181 Passagieren vom Startflughafen Denver zum Zielflughafen Portland. An Bord befanden sich zwei Pi-loten, ein Flugingenieur und vier Flugbegleiter/innen. Der Kapitän der UAL 173 war der 52-jährige Malburn McBroom, der seit 27 Jahren Pilot war und mit mehr als 27.000 Flugstunden einer der er-fahrensten Piloten der United Air-lines war. Sein Copilot und Erster Offizier an Bord war der 45-jährige Roderick Beebe, der seit 14 Jahren für United flog. Flugingenieur und zweiter Offizier war der 41-jähri-ge Forrest Mendenhall, der seit elf Jahren für United flog und die Ma-schine genauso gut kannte wie der Kapitän. Obwohl Besatzungsteams regelmäßig rotieren, war diese Cockpit-Besatzung vergleichswei-se gut miteinander vertraut. Die Vorbesprechung ergab, dass das Wetter und der Wind keine größeren Verzögerungen vermu-ten ließen und der Flug lief wie geplant, bis sich die Maschine um 17.14 Uhr Ortszeit im Landean-

flug befand. Zu diesem Zeitpunkt verfügte das Flugzeug über Kraft-stoffreserven für etwa 60 Minuten. Nach dem Ausfahren des Fahr-werks stellte der Kapitän fest, dass nur eine der drei grünen Fahr-werksanzeigen leuchtete und das Flugzeug nach rechts zog, was da-rauf hinwies, dass es ein Ungleich-gewicht gab. In Absprache mit dem Anfluglotsen am Boden sollte die UAL 173 Warteschleifen fliegen, bis das Problem behoben ist. 

Die gesamte Cockpit-Crew kon-zentrierte sich daraufhin auf das Problem mit dem Fahrwerk, statt die Aufgaben angemessen auf das Team zu verteilen und ließ die Kraftstoffanzeige außer Acht, bis die Reserven fast komplett aufge-braucht waren. Diese Aufgaben-verteilung führte zu einer schlech-ten Situation Awareness im Team. 

Der letzte Funkspruch der United 173 lautete: „United eins sieben drei heavy, Mayday, unsere Trieb-werke sind ausgegangen, wir gehen runter, wir schaffen es nicht mehr bis zum Flughafen.“  Danach stürzte die Maschine in einem bewaldeten Gebiet ab. Von den 181 Passagieren an Bord star-ben acht durch den Aufprall und 21 weitere wurden schwer verletzt. Der Flugingenieur und die Purse-rin Joan Wheeler starben ebenfalls.  Der Unfallbericht ergab, dass das Hauptfahrwerk beim ersten Lan-deanflug vollständig ausgefahren war und eine Landung möglich ge-wesen wäre. Der Kapitän McBroom trägt laut Bericht die Hauptschuld, da er weder auf die Hinweise sei-ner Crew, noch auf den Treibstoff geachtet hatte. Außerdem wurden Beebe und Mendenhall dafür kri-tisiert, den Kapitän nicht deutlich

genug auf den Treibstoffstand auf-merksam gemacht zu haben. Die-se Umstände weisen auf Probleme mit einer zu steilen Hierarchie und zu schlechten Führungsqualitäten des Kapitäns, sowie einer schlech-ten Situation Awareness hin. Der erfahrene Kapitän musste genau gewusst haben, dass eine Treibstoffmenge von 5.000 Pfund eine Landung innerhalb von 20 Minuten erfordert und die beiden Offiziere mussten davon ausgehen können, dass der Kapitän die Lage kennt.  Der Copilot Beebe erkannte zu-erst den Treibstoffmangel anhand seiner eigenen Anzeige und fragte daraufhin zwei Mal im Abstand von zehn Minuten den Flugingeni-eur Mendenhall zur verbleibenden Menge, obwohl er die Antwort be-reits kannte.  

Er wagt es nicht, seine Sorge deut-lich genug auszusprechen und den Kapitän zur Landung aufzufor-dern.  Die Luftfahrt hat auf solche und ähnliche Fehler entsprechend re-agiert und zunächst das Cockpit Resource Management entwickelt, um die Kommunikation und das Teamverhalten im Cockpit zu ver-bessern (siehe auch „Von der Tech-nik zum Menschen“ S. 50). Es han-delt sich dabei um ein Training, das auf nicht-technische Fertig-keiten, wie z.B. Entscheidungsfin-dung, abzielt. Schnell wurden sol-che Trainings weiterentwickelt und man begann, die gesamte Crew des Flugzeugs einzubeziehen5. Heuti-ger Standard ist das Crew Resource Management, welches unter ande-rem auch das Training an Simula-toren beinhaltet.   

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Crew Resource Management

Dieser Artikel gibt Ihnen nun ei-nen Überblick über das Crew Re-source Management und erklärt Ihnen den Aufbau verschiedener Trainings innerhalb der zivilen Luftfahrt. Es werden Ihnen zudem weitere Einsatzgebiete von CRM und (z.T. kritische) Betrachtun-gen zur Forschung und Evaluation vorgestellt. Unterstützt wird dieser Artikel durch Informationen und Anmerkungen aus dem Interview mit einem aktiven Piloten.

Die Kommunikation während ei-nes Fluges

Wie zu Beginn dieser Zeitschrift bereits nachzulesen war, benötigt die Arbeit in einem Team, und so auch bei einer Flugzeug-Crew, eine grundlegende Voraussetzung: Kommunikation. Diese ist nicht nur wichtig in Routine-Situatio-nen, um einen sicheren Ablauf zu gewährleisten, sondern insbeson-dere in den Fällen, in denen eine unerwartete Situation auftaucht. Allerdings ist die Kommunikati-on ein komplexer Prozess, in dem schnell Probleme auftreten kön-nen. Diese können beispielsweise die Weitergabe fehlerhafter Infor-mation sein, eine nicht stattfin-dende Informationsübermittlung, Missverständnisse oder aber eine durch Hierarchieebenen unter-drückte Kommunikation6.

Um diese Probleme möglichst ge-ring zu halten, ist es wichtig, dass die Interaktionspartner über ein gemeinsames mentales Modell verfügen (siehe Artikel auf S. 32). Dieses Modell beschreibt ein ge-meinsames Verständnis der In-teraktionspartner, das situations-spezifisch durch die Annahmen und Erwartungen der Einzelper-sonen aufgebaut wird, sodass alle ein möglichst ähnliches Bild von der Situation haben. Vor diesem gemeinsamen Hintergrund kann eine effektivere Kommunikation zur Erreichung des Kommunikati-onsziels stattfinden7.

Herr Winnikes betont ebenfalls die Wichtigkeit dieser gemeinsamen Gedankenmodelle, da durch sie die Kommunikation insbesonde-re mit neuen Kollegen/innen ver-einfacht wird. Mit Hilfe von stan-dardisierten Vorgaben, wie den Standard Operating Procedures, können Modelle zur Kommuni-kation innerhalb der Crew aufge-baut und unterstützt werden. Ne-

ben der Kommunikation ist auch der Prozess der Entscheidungs-findung ein häufiger Fehlerherd. Denn z.B. unter Stress fällt es oft schwer, alle möglichen Alternati-ven zu betrachten und einen küh-len Kopf zu bewahren. Um dies zu erleichtern, wurde ein Modell zur Entscheidungsfindung, das FOR-DEC-Modell, eingeführt. Es steht für Facts (Fakten), Options (Opti-onen), Risks and Benefits (Risiken und Nutzen), Decision (Entschei-dung), Execution (Ausführung) und Check (Überprüfung)8. Diese Schritte werden nacheinander im Team ausgeführt. Der Ablauf sieht dann folgendermaßen aus: Zuerst werden die Fakten zur Situation gesammelt, dann die möglichen Optionen zur Situation durchge-gangen. Anschließend werden die Risiken gegen Nutzen abgewogen, um die Entscheidung mit dem größten Vorteil zu wählen. Diese wird dann ausgeführt und direkt überprüft, ob sie denn die richtige war. Für den Fall, dass sie es nicht

Marc Winnikes, 40, wohnt in Frank-furt und ist Pilot (genauer gesagt Se-nior First Officer) bei einer deutschen Fluggesellschaft.

Aufgewachsen ist er in Afrika, kam mit 17 Jahren wieder nach Deutschland und machte sein Abitur in der Nähe von Mainz. Danach fing er zunächst bei der Luftwaffe an, da es aufgrund des Irak-Krieges zu dieser Zeit einen Ausbildungs- und Aufnahmestopp im zivilen Sektor gab. 10 Jahre lang flog er Kampfflugzeuge und arbeitete währenddessen auch im Bereich Aus-bildung, bis er 2004 doch noch in die Zivilluftfahrt wechselte. Bis 2012 arbeitete er dort als Fluglehrer, Ausbilder und Prüfer und später auch im Bereich Grundlagenausbildung bei Flugzeugführern. Aktuell fliegt er als Senior First Officer auf einem Langstreckenflugzeug und hat uns im Interview Rede und Antwort gestanden.

Abbildung 1: Bei der Weitergabe von Informa-tionen können häufig Fehler auftreten

57Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Crew Resource Management

war, beginnt der Durchlauf des Modells wieder von vorne.

Ähnliche Modelle wie das FOR-DEC Modell zur Entscheidungs-findung gibt es auch für Kommu-nikationsprozesse. Denn hier kann es sonst häufig zu Missverständ-nissen kommen, wenn eben kein gemeinsames Bild der Situation besteht.

Herr Winnikes stellt fest, dass ins-besondere die Kommunikation zwischen Cockpit und Kabine an-fälliger für Kommunikationspro-bleme ist, da hier die räumliche Distanz und der fehlende Blick-kontakt eine Barriere für den In-formationskanal darstellen.

Ein Beispiel aus einem seiner CRM-Trainings war eine Situati-on, in der aus einem Paket in der Kabine Flüssigkeit austrat und es zu einer Rauchentwicklung in der Kabine kam. Für diesen Fall gibt es eine Liste, in der jedes umweltge-fährdende Material, das befördert werden darf, mit einer vierstelli-gen Nummer aufgeführt ist. Diese Liste war vorhanden. Die jeweilige Nummer ist auf dem Paket ver-merkt, und der/die Mitarbeiter/in muss diese ans Cockpit weiter-geben, damit klar ist, um welches Material es sich handelt. Nun ge-schah es in diesem Fall so, dass die Kollegin die Nummer auf dem Paket nicht fand, sondern nur eine fünfstellige Zahl. Der Pilot wusste, dass es eine vierstellige Zahl sein musste, die Kollegin jedoch wuss-te dies nicht und fand daher nicht die richtige Nummer. So musste dieses Problem auf eine andere Art gelöst werden. Diese Beispielsitua-tion veranschaulicht, dass es in der Kommunikation überaus wichtig ist, dass sehr detailliert Informati-

on übermittelt wird, und man sich bewusst ist, dass das Gegenüber nicht zwingend das gleiche Bild von derselben Situation hat, wie man selbst. In diesem Falle hätte zum Beispiel besser explizit nach einer vierstelligen Nummer gefragt werden sollen, was die Situation wahrscheinlich vereinfacht hätte.

Neben der Kommunikation ist die Koordination der Arbeitsprozesse ebenfalls eine wichtige Aufgabe im Cockpit, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten.

„Kommunikation und Koordinati-on sind zwei gleichwertige Säulen, die ineinander greifen“.

Koordination erfolgt überwiegend über direkte Kommunikation un-tereinander, da so eine effektive und zuverlässige Ausführung der jeweiligen zugeteilten Aufgaben gewährleistet werden kann. Auch für die Koordination der Aufgaben sind feste Vorgaben in den Stan-dard Operating Procedures enthal-ten, wodurch das gemeinsame Bild im Team wieder gestärkt wird. Das sind Operation Manuals (OM), die die Koordination der Aufgaben und ihre Verteilung vorgeben. Die-se können sich beispielsweise auf generelle Maßnahmen, auf einen speziellen Flugzeugtyp oder aber auf Länderbestimmungen bezie-hen. Länderbestimmungen sind nationale Regelungen, die sich von

den Regularien der internationalen Luftfahrtorganisation unterschei-den. So gelten zum Beispiel in den USA andere Verfahren im Fall von Lost-Communications (verlore-nem Funkkontakt), als in anderen Nationen. Zur Erleichterung der Kommu-nikation und Koordination dient außerdem ein Briefing, welches vor dem Flug durchgeführt wird. Es gibt separate Briefings für das Cockpit und die Kabine und an-schließend werden noch einmal beide zusammengeführt. Im Cock-pit-Briefing erhält die Crew ein di-gitales Briefing-Paket mit nötigen Angaben über den bevorstehen-den Flug, wie z.B. die erforderli-che Betriebsstoffmenge, welche Landebahnen nicht in Betrieb sind oder die zu erwartenden Wetterbe-dingungen am Zielflughafen. Aber auch Dinge, die die bevorstehende Zusammenarbeit betreffen, kön-nen hier besprochen werden. Dazu kann z.B. zählen, dass der/die Pilot/in die Crew auffordert, sich nicht zu scheuen, ihn/sie auf mögliche Fehler hinzuweisen. Warum dies sehr wichtig sein kann, können Sie im nächsten Kapitel erfahren. Im Allgemeinen sei die Zusam-menarbeit mit Kollegen/innen, die man zum ersten Mal trifft, sehr ein-fach, weil alle das gleiche standardi-sierte Training durchlaufen haben. Dadurch ergebe sich eine ähnliche Art im Umgang miteinander, die im Zusammenspiel mit den Stan-dard Operating Procedures eine kooperative Arbeit gewährleiste.

Organisation der Teamarbeit

Dass nicht nur eine einzige Per-son dafür verantwortlich ist, dass ein Flugzeug nach Plan seinen

Abbildung 2: Wegen eines Verständnisproblems wurde die falsche Nummer eines Paketes weiter gegeben

58

Crew Resource Management

Zielflughafen erreicht, sondern eine komplexe Arbeit eines Teams dahinter steht, ist bekannt. Aber wie sieht die Organisation inner-halb dieses Teams aus? Herr Win-nikes verschafft uns hier einen Einblick in das Cockpit. Dieses ist immer mit zwei Piloten/innenbe-setzt, auf ausgewählten Langstre-cken sind drei Piloten/innen dabei, wobei eine/r, mit Ausnahme von Start, Anflug und Landung, jeweils pausieren kann. Die drei Positio-nen, die zusammen die Crew bil-den, sind der/die Kapitän/in, der/die Senior First Officer sowie der/die Copilot/in. Der/die Kapitän/in steht in der Hierarchie an oberster Stelle, denn er/sie ist der/die ver-antwortliche Luftfahrzeugführer/in und hat die rechtliche Gewalt und die Entscheidungsgewalt an Bord. Fällt diese/r aus irgendwel-chen Gründen aus, so geht die Ent-scheidungsmacht an den/die ihm unterstellten Senior First Officer, der/die ein/e erfahrene/r Copilot/in ist. Der/die Copilot/in bildet die unterste Position dieser Hier-archie.Innerhalb der Kabine gibt es eben-falls eine Hierarchie. Hier über-nehmen die Purser (P), oder die Kabinenchefs die Koordination der Kabinenbesatzung. Bei Flugge-sellschaften gibt es den/die P2, der/die gesamtverantwortlich für den gesamten Bereich der Kabine ist, und den/die P1, der/die unter ihm steht, und nur für einen bestimm-ten Teilbereich verantwortlich ist. Ihnen untersteht der Rest der Ka-binenbesatzung. Innerhalb solcher Hierarchien steht die Frage im Raum, ob die Grenzen zwischen den Positionen die Kommunikation von unten nach oben beeinflussen.

Denn würde sich beispielswei-se ein/e Copilot/in trauen, eine Handlung des/der Kapitäns/in zu hinterfragen, wen diese ihm frag-würdig vorkommt?

Herr Winnikes beschreibt die Hi-erarchie innerhalb der Arbeit im Cockpit als sehr flach. Das meiste sei durch die Standard Operating Procedures abgedeckt, an die sich gehalten werde, sodass die Erwar-tungshaltung an den/die andere/n Piloten/in klar sei. Sollte nun aber doch der/die Kapitän/in eine ab-weichende Handlung durchfüh-ren, so würde Winnikes ihn/sie darauf hinweisen. Darüber hinaus werde diese Einstellung auch von manchen Kapitänen/innen inner-halb des Cockpit-Briefings vor dem Flug ermutigt, indem sie ihre Copiloten/innendazu auffordern, etwas zu sagen, falls ihnen etwas auffalle. Die Einstellungen und das Verhal-ten in einem Rollengefüge inner-halb einer Hierarchie sind aller-dings nicht überall identisch, denn es gibt kulturelle Unterschiede be-züglich der Handlungsweisen in Hierarchien.

So ist es in den asiatischen und la-teinamerikanischen Ländern oft etabliert, dass ein besonders star-kes Hierarchiegefälle besteht. In diesen Kulturen werden die Hand-lungen der höhergestellten Perso-nen nicht hinterfragt, da dies res-pektlos wäre9.

Unter diesen Bedingungen ist es fraglich, ob ein/e Copilot/in den/die Kapitän/in auf etwas Sicher-heitskritisches aufmerksam ma-chen würde.

Ein Beispiel, indem der Copilot sich aus solchen Hierarchiegefäl-le-Gründen nicht mit seinen Be-denken an den Kapitän wandte, ist der Absturz eines Flugzeuges der Firma Birgenair im Jahre 1996, die von der Dominikanischen Repub-lik nach Deutschland fliegen sollte. Die Crew bestand aus einem er-fahrenen Kapitän und einem weni-ger erfahren Copiloten. Kurz nach dem Start machte der Geschwin-digkeitsmesser des Kapitäns feh-lerhafte Angaben, woraufhin die Kontrolle an den Copiloten hätte übergeben werden müssen. Dies machte der Kapitän jedoch nicht, und der Copilot wies ihn nicht da-rauf hin. Der Kapitän ignorierte den Fehler und schaltete auf den Autopiloten. Außerdem beachtete er weiterhin die Warnungen der Systeme, doch wenn Zweifel an der Richtigkeit der technischen Geräte bestehen, sollte unbedingt manu-ell gesteuert und eben nicht mehr auf die (womöglich fehlerhaften) Systeme vertraut werden. In die-sem Fall handelte der Pilot somit erneut entgegen den Richtlinien. Auch diesbezüglich widerspricht der Copilot nicht, sondern unter-nimmt nur am Ende der kritischen Situation zaghafte Versuche, den Kapitän wieder auf den richtigen Handlungsweg zu bringen.

Diese Versuche reichten jedoch nicht, sodass schlussendlich die Passagiere sowie die Besatzung bei dem Absturz in den Atlantischen Ozean ums Leben kamen10.

Abbildung 3: Die Hierarchie im Cockpit (oben) und der Kabine (unten)

59Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Crew Resource Management

Um genau solche Probleme und derartige Katastrophen, die durch menschliche Fehler entstehen, zu vermeiden, führte die Luftfahrt die CRM Trainings ein, welche die nicht-technischen Fertigkei-ten, wie z.B. Kommunikation, Führungsverhalten, situative Auf-merksamkeit und Entscheidungs-findung verbessern sollen. Damit Sie sich für den weiteren Verlauf ein Bild von solchen Trainings ma-chen können, wollen wir im fol-genden Abschnitt zunächst auf die Abläufe und Inhalte dieser Trai-ningsform eingehen.

Was macht man überhaupt in ei-nem CRM Training?

Es ist schwer zu beschreiben, wie ein typisches CRM-Training ab-läuft. Dazu müsste man zuerst de-finieren, was genau ein typisches CRM-Training ist. Hier wird es

schon schwierig, da es bisher kei-ne einheitlich angewandte und standardisierte Methode für die Durchführung eines CRM-Trai-nings gibt und beispielsweise die Airlines ihre Trainings flottenspe-zifisch ausrichten11. Die Inhalte, welche vermittelt wer-den, sind jedoch häufig sehr ähn-lich. Sie „sind entworfen für das Wissen, die Fertigkeiten und Mo-tive, die mit kognitiven Prozessen und interpersonalen Beziehungen zusammenhängen“12. Klingt erst-mal kompliziert, was kann man sich darunter vorstellen? Typische Kernelemente sind Teamwork, Führung, situative Aufmerksam-keit, Entscheidungsfindung, Kom-munikation und die Grenze der menschlichen Fähigkeiten13. Also z.B. wie viele Informationen kann ich gleichzeitig verarbeiten? Wie lange bleiben Informationen in meinem Kurzzeitgedächtnis? Da das CRM-Training so viele ver-schiedene Trainingsschwerpunkte hat, sind auch die Lehrmethoden vielseitig.

CRM-Trainings beinhalten Vor-träge, Diskussionen, Rollenspiele, Fallstudien, Unfallanalysen, Nach-stellungen von Unfällen anhand von Videomaterial oder Simulat-ortrainings13.

Herr Winnikes erzählte uns, wie

sich die wiederkehrenden Trai-ningsereignisse im Rahmen der Lizenzverlängerung darstellen. Dazugehören zunächst die im Flugsimulator gebundenen „Re-fresher-“ und „Check-Events“, aber auch CRM- und Emergency Semi-nare.Bei den Refresher- und Checkflü-gen im Simulator liegt der Schwer-punkt auf der cockpitgebundenen Arbeit, die Zusammenarbeit mit der Kabinenbesatzung wird ange-sprochen, aber nicht ausgeführt13. „Das Simulator-Training beginnt eine Stunde vor dem Simulatorslot mit dem Briefing“. Hier werden die von der Cockpitbesatzung bereits vorbereiteten Themenkomplexe angesprochen, welche im Simula-tor trainiert werden. Im Anschluss daran wird die Cockpitbesatzung im Simulator selbst mit verschiede-nen Szenarien konfrontiert, welche die Durchführung von Verfahren und Prozeduren, sowie eine Ent-scheidungsfindung durch den/die Kapitän/in, in Zusammenarbeit mit First Officer oder Senior First Officer erfordern. Verantwortlich für die Durchführung dieser Aus-bildung ist der für diese Zwecke speziell geschulte Trainingskapi-tän.

Die CRM- und Emergency Semi-nare werden zunehmend häufiger zusammen mit Flugbegleitern/in-

Abbildung 4: Die verheerenden Folgen eines Flugzeugabsturzes gilt es durch CRM Training möglichst zu vermeiden

Abbildung 5: Ansicht eines Flugsimulators von außen und von innen

60

Crew Resource Management

nen durchgeführt. „Da sind dann drei bis vier Piloten/innen und ca. 16-20 Flugbegleiter/innen.“ Es werden allgemeine Verhaltens-weisen trainiert, wie beispielswei-se das Verhalten beim Einsteigen oder Aussteigen der Passagiere oder aufgabenbezogene Fertig-keiten wie das Offnen der Türen und Notausgänge. Weitere wichti-ge Punkte seien der Transport von Gefahrengütern oder die Feuerbe-kämpfung, denn wenn ein Feuer in der Maschine ausbricht, bleibt nur sehr wenig Zeit zum Handeln.

Dabei werden die Themen zuerst in der Theorie besprochen, und im Anschluss im „Mockup“, „das ist im Prinzip eine Kabine mit Cock-pit aber am Boden stehend“ simu-liert (siehe Abbildung 6).

Das kombinierte Training von Cockpit- und Kabinenkollegen/in-nen dient vor allem dazu, die Zu-sammenarbeit zu verbessern. Er-kenntnisse aus diesen Schulungen werden regelmäßig in Verfahrens-weisen verarbeitet.

Wie hat sich CRM über die Luft-fahrt hinausverbreitet?

CRM findet sich nicht nur in der Luftfahrtbranche, sondern auch in der Ol-und Gasförderung (Offsho-re-Oil-Industry). Denn genau wie in der Luftfahrtbranche ist in der Ol- und Gasförderung eine um-fangreiche Teamarbeit unersetz-lich. So stellte sich heraus, dass die meisten Unfälle, welche ebenfalls schwerwiegende Konsequenzen für Mensch und Umwelt bedeuten, auf menschliches Versagen zurück zu führen sind.

O‘Connor und Flin (2003) stellten fest, dass die häufigste Unfallursa-che laut einer Umfrage auf sechs britischen Olplattformen eine „mangelnde Sorgfalt mit der Hy-giene und Aufmerksamkeit“ ist. Ein CRM-Training für Ol-&Gas-plattformen zeigte positive Effekte in Bezug auf die Entscheidungs-findung und die Einschätzung der persönlichen Grenzen14. Ein beispielhaftes CRM-Training auf solch einer Offshore-Anla-ge wurde von O’Connor und Flin (2003) durchgeführt14. Das Semi-nar dauerte zwei Tage und enthielt sechs verschiedene „Packages“, also Themenschwerpunkte. Am ersten Tag waren die Themenschwer-punkte situative Aufmerksamkeit, Entscheidungsfindung und Kom-munikation. Der zweite Tag be-schäftigte sich mit Team Koordina-tion, Müdigkeit und Schichtdienst sowie Stress.

Ein weiteres Anwendungsgebiet des CRM ist die Berufsfeuerwehr. Einige Berufsfeuerwehren nutzen das Team Resource Management (TRM), welches eine zielgrup-penspezifische Variante des CRM ist. Personen der Berufsfeuerwehr,

Piloten/innen Ärzte/innen oder Schiffspersonal sind in sogenann-ten High Responsibility Teams (HRT) organisiert. Diese Teams unterliegen einem hohen Gefahr-potential mit gleichzeitiger Ver-antwortung für das eigene Leben, sowie das Leben Dritter. Aufgrund ihrer dynamischen, oft unvorher-sehbaren Arbeitsbedingungen und anspruchsvollen Arbeitszusam-menhängen, in denen technische Störungen schwerwiegende Folgen für den Menschen und die Umwelt

Abbildung 6: In diesem „Mockup“ kann beispielsweise die Zusammenarbeit zwischen Cockpit und Crew trainiert werden

Abbildung 7: Auch auf Olplattformen kann CRM Training positive Effekte erzielen

61Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Crew Resource Management

haben, ist TRM unerlässlich18. Auch im medizinischen Bereich werden komplexe Entscheidungen getroffen, die bei Fehlentschei-dungen besonders schwerwiegen-de Auswirkungen haben können. Es müssen z.B.Entscheidungen im Kontext eines intensiven Zeit-drucks getroffen werden. Um hier menschlichen Fehlern entgegen zu wirken, entwickelte der Wis-senschaftler Gaba (2001)15 das so-genannte ACRM (Anesthesia Cri-sis Resource Management). Das ACRM ist die abgeleitete Form des CRM Trainings für Anästhesisten/innen. Das Besondere am ACRM ist, dass es äußerst realistische Si-mulationsszenarien beinhaltet, die gerade die komplexen Entschei-dungsfindungen und die Interak-tion mit mehreren Personen trai-niert.

Zu Beginn eines solchen Trainings wird eine Einführung zu den The-menschwerpunkten des Trainings gegeben15. Danach wird der Grup-pe der Simulator präsentiert und die medizinischen Geräte vor Ort werden erklärt. In einer Gruppen-arbeit werden Videobänder von Eingriffen gemeinsam analysiert. Die analysierten Eingriffe sind Po-sitiv- oder Negativbeispiele. Die Teilnehmer/innen sollen in den Gruppen überlegen: „Was lief gut oder schlecht beim Eingriff? War-um hatte das Team Erfolg oder wo hat es Fehler gemacht?“. Im An-schluss daran erfolgt das Training im Simulator. Dabei gibt es ver-schiedene realistische Situationen mit unterschiedlichen Komplexi-tätsniveaus. Der simulierte Eingriff wird auf Video aufgezeichnet und direkt im Anschluss im Debriefing besprochen15. Die Verbesserungen durch den Einsatz von ACRM-Trainings in

der Anästhesiologie führten dazu, dass man das ACRM an den wich-tigsten Gesundheitseinrichtung der Welt vorfindet16. Gerade das Simulation Based Training auf Ba-sis von CRM-Grundsätzen wird aktuell in vielen medizinischen Einrichtungen, wie z.B. im Univer-sitätsklinikum Essen und Dresden, eingesetzt.

Ein weiteres Anwendungsgebiet des CRM ist das sogenannten Brid-ge Resource Management (BRM), welches die maritime Version (lat. maritimus, ‚zum Meer gehörig‘) des Crew Resource Managements (CRM) ist und wird seit über ei-nem Jahrzehnt erfolgreich in der maritimen Industrie genutzt17. BRM wurde ursprünglich entwi-ckelt, um die Beziehung zwischen Kapitän und den Piloten (ein Nau-tiker bzw. Seemann, der an Bord kommt, um ein Schiff durch ge-fährliche oder überlastete Gewäs-sern zu führen) zu verbessern.Der Erfolg des CRM und seiner Varianten und die damit verbunde-nen vielfältigen Potenziale führen zu einer ständigen und branchen-übergreifenden Weiterentwick-lung. Wie sich das CRM in den nächsten Jahren weiterentwickeln wird, kann man nicht genau sagen.

Jedoch steht fest, dass das CRM eine effektive Ausbildungsergän-zung zur Erhöhung der Zuver-lässigkeit und Sicherheit in Hoch Risiko Organisationen ist, die zielgruppenspezifisch in weite-re HROs und Branchen adaptiert werden kann.

Wie man an den Beispielen adap-tierter CRM-Trainings erkennen kann, gibt es zahlreiche Über-schneidungen in den Trainings-schwerpunkten. Bisher haben an-dere Bereiche lediglich versucht, die Inhalte aus den Trainings der Luftfahrt auf ihr eigenes Aufga-benfeld zu übertragen19. Um eine einheitliche Methode für die Er-stellung von CRM-Trainingsein-heiten für alle HRO-Bereiche zu entwickeln haben Hagemann, Kluge und Ritzmann (2009) das „Duisburger CRM-Modell“ (siehe Abbildung 9) und das Team-Ar-beit-Kontext-Analyse-Inventar (TAKAI) entwickelt18,19. Das TA-KAI dient dazu, das Arbeitsumfeld anhand von Fragestellungen in vier verschiedenen Bereichen stan-dardisiert zu erfassen. Es wird also von den Angestellten der HROs bearbeitet. „Die vier Bereiche sind Komplexität, Kontextkriterien, adaptives Verhalten und Shared Mental Model“19,S.251, also geteilte

Abbildung 8: Das Duisburger CRM Modell

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Crew Resource Management

mentale Modelle. Komplexität be-schreibt, wie umfangreich die zu erledigenden Aufgaben sind, also beispielsweise welche Informatio-nen ich von wem brauche oder be-nötige, um sie zu erfüllen, oder auf wen und was mein Handeln Aus-wirkungen hat19. Die Kontextkri-terien beschreiben beispielsweise, wie stark die Hierarchie innerhalb des Teams ist oder welche Umwelt-faktoren auf das Team einwirken, also z.B. die Wetterlage. Das adap-tive Verhalten beschreibt z.B. wie anpassungsfähig ein Team in einer neuen Situation ist19. Geteilte men-tale Modelle werden auf Seite 32 genauer erklärt. Darunter versteht man beispielsweise gleiches Wis-sen aller Teammitglieder über die verwendete Ausrüstung, wie das Wissen des Feuerwehrpersonals, für wie viele Minuten der Sauer-stoff in den Flaschen reicht. Nach der Auswertung der TA-KAI-Fragebögen werden die Ergebnisse auf das Duisburger CRM-Modell übertragen19. Bei diesem Modell handelt es sich um einen „idealisierten Teamarbeits-prozess“. Es zeigt also, wie ein Team zusammenarbeiten würde, wenn alles perfekt liefe. In der Realität ist das aber oft leider nicht der Fall. Die Ergebnisse des TAKAI-Fra-gebogen können zeigen, wo die Schwachstellen in der Teamarbeit liegen. Stellt sich beispielswiese heraus, dass „die Hierarchie in ei-ner HRO stark ausgeprägt [ist], hat dies Auswirkungen auf den Wis-sensabgleich im Team und somit auf die Ausbildung eines SMM und einer Shared Situation Aware-ness“19,S.256, also der geteilten men-talen Modelle und der geteilten si-tuativen Aufmerksamkeit. Bei der Entwicklung eines CRM-Trainings für dieses HRT sollte der Schwer-punkt dann auf der Bildung geteil-

ter mentaler Modelle und geteilter situativer Aufmerksamkeit liegen19. Je nach Anforderung kann also das CRM-Training für ein HRT ange-passt werden.

Bringt CRM wirklich Verbesse-rungen?

Dass die Luftfahrt CRM Trainings bereits seit ca. 20 Jahren als Pflicht-programme eingeführt hat (nach-dem sie auf freiwilliger Basis schon deutlich länger praktiziert wer-den)20 zeigt, dass man dort an die Wirkung und die Notwendigkeit dieses Trainings glaubt, bzw. posi-tive Effekte verspürt.

Zu den Veränderungen durch CRM Trainings sagt Marc Win-nikes: „Also es gibt immer wieder mal solche Situationen, wo man im Simulator sitzt und sich denkt: „Da hatte ich ja ein völlig anderes Ver-ständnis“ oder auch: „Mensch, gut dass ich das mal geübt habe.“ Au-ßerdem ist jede prozedurale / orga-nisatorische Veränderung, die wir im Flugablauf vornehmen, von der Trainingsabteilung umfangreich diskutiert worden und es wurde lange mit der Änderung gearbei-tet, bevor sie dann angenommen wurde. Jede Änderung, die disku-tiert wurde und dann auch in den Flugbetrieb übernommen wurde, ist sinnvoll.“

„Und allein die Tatsache, dass wir mit so vielen Menschen (also fünfeinhalbtausend verschiedene Piloten/innen) jeden Tag zusam-mengewürfelt werden können und miteinander arbeiten können, heißt schon, dass das Crew Resour-ce Management, das wir betreiben, zum Erfolg führt.“ Doch kann man die Wirksamkeit

solcher Trainings auch empirisch belegen? Eine Reihe von Wissenschaftlern/innen beschäftigt sich mit diesem Thema und es gibt Befunde, die darauf hindeuten, dass CRM tat-sächlich Erfolge erzielt9,18,21,22.

Bei solchen Evaluationen bezüg-lich der Wirksamkeit von CRM Trainings wird häufig mit Kirkpa-tricks Modell der vier Stufen der Evaluation gearbeitet, welches be-reits auf Seite 44 erläutert wurde.

Zur Erinnerung: die vier Stufen sind (bei der niedrigsten begin-nend) Reaktionen, Lernen, Verhal-ten und Ergebnisse auf organisati-onaler Ebene. Reaktionen beziehen sich darauf, wie die Teilnehmer/in-nen das Training empfunden und beurteilt haben. Lernen bedeutet, ob Wissenszuwachs und Einstel-lungsveränderungen in Bezug auf Prinzipien, Fakten oder Fertigkei-ten stattgefunden haben. Verhalten meint, ob das Gelernte auch bei der Arbeit angewendet wird und Ergebnisse auf organisationaler Ebene beziehen sich schlussend-lich darauf, ob sich für die Organi-sation Veränderungen beobachten lassen, wie z.B. eine Erhöhung der Sicherheit oder Produktivität oder Senkung von Fehlern und Kos-ten23.

In vergangenen Untersuchungen konnte vor allem gezeigt werden, dass CRM grundsätzlich positive

Abbildung 9: Die 4 Stufen der Evaluation

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Crew Resource Management

Reaktionen erzeugt, dass Lernen stattfindet, was hauptsächlich da-mit zusammenhängt, dass es zu einem Einstellungswandel kommt, und dass es ebenfalls zu den er-wünschten Verhaltensänderungen im Cockpit führen kann. Was je-doch zumindest empirisch noch nicht ausreichend bestätigt werden konnte, ist, dass CRM Training zu einem Anstieg der Sicherheit führ-te. Dies begründet sich aber zum großen Teil dadurch, dass nur sehr wenige Untersuchungen vorhan-den sind, die sich (ausschließlich) mit der 4. Stufe befassen, da diese generell schwieriger zu erfassen ist20. Warum werden Sie später se-hen.

Salas und Kollegen/innen (2006)20 betrachteten 28 bestehende Studi-en, die sich mit der Wirkungsweise und Effektivität von CRM Training beschäftigten. Diese Studien be-trafen nicht nur CRM Trainings in der Luftfahrt, sondern z.B. auch in der Medizin, dem Militär, oder in der nuklearen Energieerzeugung. Von diesen 28 Studien evaluier-ten 13 die Stufe 1 von Kirkpatricks Modell, nämlich Reaktionen. Für die Evaluation ausschließlich auf dieser Stufe wurden mehrheitlich positive Ergebnisse gefunden. Al-lerdings sagt dieses Level am we-nigsten über die Effektivität von CRM aus. Am besten sollte man immer möglichst viele der Stufen in eine Evaluation mit einbeziehen, um ein repräsentatives Ergebnis zu erzielen. Jedoch wird oftmals aus praktischen Gründen nur die erste und/oder zweite Stufe betrachtet. Von den insgesamt 28 Studien un-tersuchten 12 die zweite Stufe: Ler-nen und Einstellungsänderungen. Daten werden hierzu in den meis-ten Fällen mit Selbstreport-Studi-en gesammelt, die z.B. den Cockpit

Management Attitudes Questi-onnaire (CMAQ)24,25 beinhalten. Studien, die sich ausschließlich mit dieser Stufe beschäftigten, konnten ebenfalls positive Ergebnisse auf-zeigen. Viele dieser Studien bezo-gen sich zusätzlich auf (eine) wei-tere Stufe(n) und in diesen Fällen wurden eher gemischte Ergebnisse gefunden. Die Stufe 3 (Verhalten-sänderungen in der Praxis) wurde von 16 der 28 Studien untersucht, ebenfalls oft in Kombination mit anderen Stufen. Erfasst werden die Daten dieser Stufe zumeist durch Beobachtungen in Simulationen. Nun kommt die Problematik: Die letzte Stufe (Ergebnisse auf orga-nisationaler Ebene) wurde nur in 5 Fällen untersucht, von diesen 5 beschäftigte sich eine isoliert mit dieser 4. Stufe.

Die geringe Anzahl der Unter-suchungen auf Stufe 4 geht z.T. darauf zurück, dass generell nur selten Unfälle in den untersuch-ten Bereichen passieren und dass es hier aufgrund der langen Zeit und mangelnden Informationen schwierig ist, Daten zu erheben und diese dann auch ursächlich mit dem CRM Training in Verbin-dung zu bringen.

Eine Studie im Bereich Schifffahrt fand zwar einen positiven Ef-fekt des CRM Trainings auf einen Rückgang der Verletzten und eine Reduzierung der Versicherungs-prämien, jedoch kann man nicht sicher sagen, ob nicht weitere Fak-torenwie bspw. die Veränderung der Technik oder der Unwetter-häufigkeit und nicht nur das CRM Training zu diesen Veränderungen geführt haben19. Häufig ist aus der Literatur außerdem nicht zu ent-nehmen, welche Trainingsmetho-den genau bei dem evaluierten

CRM Training angewandt wurden, wie viele Teilnehmer es pro Gruppe gab oder ähnliche Merkmale, die einen Einfluss auf die Wirksamkeit haben könnten. Dies erschwert den einheitlichen Vergleich meh-rerer Studien. Ein weiterer Punkt ist, dass das CRM Training in der Luftfahrt nun schon viele Jahre existiert und durchgeführt wird. Daher ist es heute schwierig zu ver-gleichen, inwiefern die Luftfahrt mit dem Training im Vergleich zu der Zeit ohne Training sicherer ge-worden ist. Denn in all den Jahren, in denen es schon CRM Training gibt, haben sich auch viele andere Faktoren an den Flugzeugen ver-ändert. Marc Winnikes erinnert sich: „Seit ich Teil der Luftfahrt bin, seit 1997, gab es schon immer Crew Resource Management, bzw. damals hieß es ja noch Cockpit Re-source Management.“

„Deshalb fühl ich mich schon immer sehr sicher mit dem, was ich da ma-che.“

Die Entwicklung des CRM muss dennoch weiter gehen und in den vergangenen Jahren hat sich das CRM Training auch bereits weiter verbessert und angepasst: „Es war schon immer ein Prozess, Proze-duren und Arbeitsabläufe auch zu hinterfragen. Und die Trainings passen sich auch deshalb an, weil Flugzeuge sich verändern, die Technik sich verändert und damit auch die Form der Kommunikati-on und Information. Früher hat-te man im Flugzeug noch Uhren, heute, mit vielen verschiedenen Displays ist viel mehr Information für mich vorhanden. Allein des-halb mussten ja die Formen der Arbeit schon angepasst werden. Und das ist glaub ich auch ein Pro-zess, des sich in der Sicherheit nie-

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derschlägt und der über die Jahre stattgefunden hat.“ Auch wenn es schwierig ist, em-pirische Belege für die letzte Stufe von Kirkpatricks Modell zu erzie-len, lässt die aktuelle Entwicklung in jedem Fall darauf schließen, dass CRM Trainings als wirkungs-voll angesehen werden. Denn auch in anderen Bereichen außerhalb der Luftfahrt, wie z.B. der Medizin, der offshore-Ol Produktion oder nuklearen Energieerzeugungs-bereichen wird nun immer mehr CRM Training implementiert und eingesetzt20.

In der Luftfahrt zweifelt bereits kaum einer mehr an der Sinn-haftigkeit der Trainingseinheiten. Marc Winnikes sagt außerdem, dass die Akzeptanz sowieso vor-handen sei, da CRM Training dazu beiträgt, dass alle auf der gleichen Grundlage agieren und somit Missverständnisse gering gehalten werden. „Es ist in den Standard Operating Procedures festgelegt und somit halte ich mich einfach daran. Das Verständnis für die Lo-gik eines bestimmten Verfahrens steht hinter der Notwendigkeit für die Standardisierung dieses Ver-fahrens. Wenn sich jeder daran hält, werden die Missverständnisse gering gehalten:

Das Verständnis für die Arbeit des Anderen und für die Organisation der Cockpitarbeit ist dann einfach da, meine Erwartungshaltung wird bestätigt und damit kann man si-cher auf den Flug gehen.“

Man kann hoffen, dass auch in den anderen Bereichen bald eine sol-che selbstverständliche Akzeptanz und routineartige Durchführung der CRM Trainings stattfindet.

Was kann man an CRM noch ver-bessern?

Trotz zahlreicher empirischer Be-lege, wie den zuvor aufgeführten, lässt sich ein gewisses Maß an Ver-besserungsvorschlägen äußern.Die fundamentale Frage, wie be-reits an vorherigen Studien (siehe weiter oben im Text: empirische Belege)22 gezeigt, ist es, herauszu-finden, ob CRM Trainings über-haupt sinnvoll sind. Dies wurde zum Teil belegt, allerdings ist in je-der Studie darauf zu achten, welche Variablen als Kriterium zur Über-prüfung genutzt werden. Eine erste spontane Antwort des/der Lesers/in könnte die Anzahl der Flugun-fälle sein. Wenn sich Flugzeugun-fälle über die Jahre hinweg ver-ringern, dann sei CRM wirksam. Ganz so einfach ist es allerdings nicht. Unfälle oder Abstürze kom-men in geringen Maßen vor und können durch die Kombination von vielen verschiedenen Variab-len entstehen, sodass es nicht mög-lich ist, von der Anzahl der Un-fälle auf die Effektivität von CRM Trainings zu schließen9. Deshalb wird in den meisten Studien davon ausgegangen, dass das Verhalten an Bord und die Einstellungsän-derung sowie die Akzeptanz der Trainings gültige Kriterien sind. Allerdings sind bei solchen Evalua-tionen auch die Kontextvariablen zu beachten; Eine Person verhält sich oft zu Beginn einer Simulation nicht genauso, wie in einer realen Stresssituation, obwohl es bei der Durchführung von Simulationen ebenfalls zur Entwicklung von Stress kommen kann. Somit kann festgestellt werden, dass es unter-schiedliche Kriterien zur Messung der Wirkung von CRM Trainings geben kann, Akzeptanz und Ein-stellungsänderung sind nur zwei

von weiteren möglichen.Des Weiteren spielen Variablen wie Persönlichkeit der teilnehmen-den Personen, Fertigkeiten des/der Trainers/in und die Gruppendy-namik bei der Absolvierung eines CRM Trainings eine entscheiden-de Rolle. Besonders die Dynamik innerhalb der Gruppe hat einen großen Einfluss darauf, in welche Richtung sich die Einstellung und Akzeptanz gegenüber CRM entwi-ckelt26. Auch Konzepte wie soziale Identität oder sozialen Kategori-sierung scheinen einen Einfluss auf das Kommunikations- und Koor-dinationsverhalten der CRM-Teil-nehmenden zu haben27. Um dies an einem Beispiel zu verdeutli-chen: Man stelle sich eine junge Pilotin vor, die gerade neu bei ei-ner Airline anfängt. Sie absolviert einige CRM Trainings und findet den Inhalt durchaus sinnvoll. Als sie aber auf einige Kollegen/innen, schon älteren Piloten/innen trifft, spotten diese: „ach, musstest du gerade das CRM Training machen? Du Arme!“.Da sich unser/e neue/r Pilot/in nicht direkt den Kollegen/innen entgegenstellen und so zum Au-ßenseiter/in werden möchten, ver-zichtet er/sie darauf, das gelernte auch tatsächlich anzuwenden oder konkret anzusprechen.Diese Situation zeigt deutlich auf, welchen Einfluss die vorherrschen-de Meinung und die Akzeptanz, außerhalb des Trainings, auf die tatsächliche Anwendung haben kann (siehe auch Artikel „Team-training? Ja! Aber richtig!“ S. 36).Zusammenfassend kann also fest-gestellt werden, dass eine Vielzahl von Faktoren CRM Trainings be-einflussen können.Kritisch sind auch die unterschied-lichen Schwerpunkte in CRM Trai-nings zwischen Airlines zu betrach-

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ten. Einerseits ist das Eingehen auf die Unterschiede innerhalb der Unternehmen positiv, anderseits ist es aber auch fraglich inwieweit diese Unterschiede relevant sind. Auch hier sollte mehr psychologi-sche Forschung betrieben werden, um die CRM Trainings besser an die jeweiligen Fluggesellschaften anzupassen28.Aufgrund neuer Erkenntnisse und Forschungsansätze wurden und werden CRM Trainings kontinu-ierlich weiterentwickelt und er-weitert, mit dem Ziel, deren Effek-tivität zu steigern. Besonders die Interaktion und Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Personengruppen (der Kabinen-crew und der Cockpitcrew) steht im Vordergrund der Veränderun-gen (siehe auch „Von der Technik zum Menschen“ S. 50). Denn es fehle den Kabinenkollegen/innen laut Winnikes oftmals auch an Ver-ständnis dafür, welche Informatio-nen in welcher Flugphase relevant seien und für welche man in stres-sigen Phasen, wie dem Start, keine Zeit habe:

„Zu Verbesserungsmöglichkeiten für CRM Training, würde ich ein-deutig zählen dass es sinnvoll wäre, wenn öfter mal Kabinen Kol-legen bei Simulator Events mit drin sitzen. […] um das Verständnis für die Arbeitsintensität in bestimmten Situationen, Flugphasen oder auch bei Notverfahren zu kultivieren. In diesem Zusammenhang würde beispielsweise während des Starts oder der Landung (Phasen hoher Arbeitsintensität) ein Anruf wegen Feuers in der Kabine sehr hilfreich sein, also Situationen, die unmittel-bar die Sicherheit des Flugzeuges be-treffen, alles andere ist erstmal nicht interessant.“Im Bereich des Trainings für Cock-

pit kombiniert mit Kabine sei in den letzten Jahren aber auch im-mer mehr dazu gekommen. Diese Form eines CRM Trainings nennt man „combined CRM“. Es eignet sich besonders, um auf die ver-schiedenen Anforderungen in der Arbeit sowie Vorstellungen und Denkweisender Personengruppen aufmerksam zu machen.

„Also als ich vor 10 Jahren ange-fangen habe, gab es die kombi-nierten Seminare noch nicht, also offensichtlich hat man dann wohl an irgendeinem Punkt festgestellt: Es ist wohl ganz sinnvoll wenn die beiden Gruppen außerhalb ihrer Arbeit sich aufeinander abstimmen können. Es [die Weiterentwicklung von CRM] ist ein ständiger Prozess, es werden Dinge erkannt, die nicht funktionieren, und in entsprechen-den Trainings dann aufgearbeitet. Verbesserungsmöglichkeiten gibt es natürlich immer, aber konkret wird daran ständig gearbeitet.“

Winnikes zeigt uns somit seine Seite von CRM in der Luftfahrt auf. Da CRM aktuell auch auf andere Branchen angewandt wird (siehe auch weiter vorne in diesem Arti-kel und auf Seite 78), sind auch dort gewisse Entwicklungen kritisch zu betrachten. Es gibt aktuell wenige empirische Untersuchungen, in welcher Art das CRM der Luftfahrt abgewandelt werden muss, um auf andere Berufsfelder angemessen eingehen zu können19. Organisa-tionen sollten noch stärker darauf achten, den Teamarbeitskontext für neue Konzeptionen der Trai-nings standardisiert zu erheben, zum Beispiel durch das TAKAI (siehe S. 62). Auch ein Austausch zwischen den unterschiedlichen HRO’s ist relevant, um CRM Trai-nings gemeinsam, und nicht etwa

unabhängig oder sogar in Konkur-renz voneinander zu entwickeln29.Abschließend ist es wichtig zu ver-stehen, dass CRM keine Lösung ist, um Fehler und Risiken aus der Luftfahrt oder anderen Branchen komplett zu entfernen, auch nicht durch Verbesserungen in naher Zukunft. Es ist kein Wundermittel gegen Unfälle, Missverständnisse oder Abstürze. Fehler sind unver-meidliche Resultate der natürli-chen Limitationen des mensch-lichen Verhaltens9. Trotz dieser Limitationen können menschliche Fehler durch adäquates Training deutlich minimiert werden. Tina Hees, Lydia Penkert, Ann-Kathrin Kunze, Peter Hansen, Lucas Coerdt, Daniel Veutgen

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Crew Resource Management

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28 Flin, R., O’Conner, P. & Mearns, K. (2002). Crew resource

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29 Hagemann, V., Kluge, A. & Ritzmann, S. (2011). High

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67Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Kraftwerkssimulatoren

Kraftwerkssimulatoren – bloß eine teure Spielerei?Es gibt viele Arten von sogenann-ten High Reliability Organisations (HROs), wie etwa die Feuerwehr, die Polizei und die Kernkraftindust-rie. Kernkraftwerke sind ein starker Repräsentant der HROs, da ein Feh-ler gravierende Ausmaße annehmen kann, die die gesamte Umwelt und alle Menschen im Umfeld noch über Jahre gefährden können, wie man am Beispiel von Tschernobyl sehen kann (siehe hierzu: „Alles Käse ohne Teamwork S.26).

Allerdings geschehen solche Kata-strophen nicht innerhalb von Se-kunden, wie es bspw. bei Notärzte/innen oder in der militärischen Luftfahrt der Fall sein kann. Bei Kraftwerken sind Katastrophen oft frühzeitig absehbar und durch gut geschultes Personal abwendbar.Daher wird sehr viel Wert auf das kontinuierliche Training des ge-samten operativen Personals, so-wie des verantwortlichen Schicht-personals, also der Schichtleiter/in und der Reaktorfahrer/in in Kraftwerken gelegt. Diese müssen

im Umgang mit den Worst-Ca-se-Scenarios geschult werden. Die üblichste Trainingsstrategie von HROs ist das sogenannte „On-The-Job-Training“, bei dem das Lernen unterstützt durch Experten/innen in der tatsächlichen Arbeitsumge-bung stattfindet1. Dies ist jedoch durch das hohe Risiko für die Um-welt bei Kernkraftwerken nicht möglich. Welche Möglichkeit gibt es also, um die Angestellten best-möglich auf alle Eventualitäten vorzubereiten?

Abbildung 1: Leitwarte eines Kernkraftwerks im Simulatorzentrum KSG/GfS in Essen-Kupferdreh

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Kraftwerkssimulatoren

Die Antwort heißt Simulatortrai-ning:Wie der Name erahnen lässt, wer-den alle erdenklichen Situatio-nen, auf die das verantwortliche Schichtpersonal vorbereitet und trainiert werden sollen, in Form von Szenarien simuliert.

Dieses Training ist für die Betrei-ber/innen von kommerziellen Kraftwerken, wie Kohlekraftwerke von z.B. E.ON nicht verpflichtend. In der Branche der Kernenergie ist dies allerdings aufgrund der hohen Risiken, die von den Kernkraft-werken ausgehen, der Fall.

Nach der Katastrophe von Fukus-hima beschloss die deutsche Bun-desregierung im März 2011 ein dreimonatiges Memorandum zur Abschaltung der sieben ältesten Kernkraftwerke und im Juli 2011 die Novellierung des Atomgeset-zes zum tatsächlichen Ausstieg bis 20222. Zurzeit sind in Deutschland noch an sieben Standorten acht Kernkraftwerksblöcke in Betrieb. Alle diese acht Kraftwerke, sowie ein holländisches Kernkraftwerk namens Borssele, halten regelmä-ßig ihr Simulatortraining im Simu-latorzentrum KSG/GfS in Essen Kupferdreh ab.Dort stehen 1:1 Nachbauten der Messwarten, die von den jeweili-gen Betreibern/innen finanziert wurden. Das heißt jedes dieser Kernkraftwerke hat in den Räum-lichkeiten des Simulatorzentrums seinen eigenen, individuellen Si-mulator, in dem das verantwortli-che Schichtpersonal in seiner ver-trauten Arbeitsumgebung trainie-ren und lernen kann.

Der Bau eines solchen Simulators beläuft sich auf etwa 20-40 Millio-nen Euro.

Was sind also Gründe, die für eine Investition in Simulatoren spre-chen?Zur Klärung dieser Frage sprach ich mit Herrn Dietmar Dusmann, der als Abteilungsleiter für Strate-gische Geschäftsentwicklung und Fachkunde/Didaktik für das Si-mulatorzentrum KSG/GfS arbei-tet. Herr Dusmann ist dort bereits set rund 25 Jahren angestellt, hat zwanzig Jahre Erfahrung als Simu-latortrainer und beschäftigt sich u.a. mit der Ausbildung der eige-nen Mitarbeiter/innen. Nachdem er sein Elektrotechnik Studium in Hannover als Diplomingenieur abschloss, begann er bei KSG/GfS seine Ausbildung zum Simulator-trainer. In dieser Zeit arbeitete er unter anderem ein halbes Jahr in einem Kraftwerk und trainierte im entsprechenden Simulator. Diese Erfahrung machen alle Simulator-trainer/innen während ihrer Aus-bildung. Dadurch sollen sie sich technisch auf einem Niveau mit den Schichtleitern/innen befin-den und in der späteren Ausübung ihres Berufs die Arbeit der Teil-nehmern/innen nachempfinden können. Die Prüfung, mit der die Ausbildung abgeschlossen wird, ist vergleichbar mit der abschließen-den Prüfung der Schichtleiteraus-bildung.

KSG/GfS bietet viele verschiedene Arten von Trainings an. Zum Bei-spiel Kurse zur Erstausbildung des Schichtpersonals, spezielle Kurse für Führungskräfte, Sonderkurse für beispielsweise Handwerker/innen eines Kraftwerks oder An-gehörige von Behörden, um diesen ein Verständnis für die Abläufe in-nerhalb der Warte zu vermitteln. Bei den Trainings, die über das Jahr verteilt am häufigsten abge-halten werden, handelt es sich um

Wiederholungskurse. Das verant-wortliche Schichtpersonal besucht diese zwei Mal pro Jahr für jeweils eine Woche.

Diese Wiederholungskurse wer-den in Kooperation und Rück-sprache mit den verantwortlichen Ausbildungsleitern der Kraftwerke vorbereitet. Nach etwa 10 Wochen sind die Kursvorbereitungen fer-tig. Pro Simulatortrainer/in und Jahr finden rund zehn bis zwan-zig Wiederholungskurse statt. Der Rahmen eines solchen Trainings ist zum Teil gesetzlich vorgegeben, allerdings besteht Raum für den Fokus auf gewisse Abläufe. Diese Schwerpunkte können sowohl aus der Auswertung vorheriger Trai-ningseinheiten, also von Seiten der Trainer/in, sowie aus den Be-obachtungen der verantwortlichen Ausbildungsleiter/innen der Kraft-werke oder auch aus Betriebser-fahrungen hervorgehen. Diese Be-triebserfahrung entsteht durch die Beobachtung von menschlichen und technischen Vorkommnis-sen in anderen Kraftwerken. Dort gemachte Fehler sollen auf diese Weise im Simulatorkurs themati-siert werden.

An jedem Training nehmen ein/e Schichtleiter/in, ein/e Schicht-leiter-Vertreter/in, zwei bis drei Reaktorfahrer/innen bzw. Opera-teure/innen und manchmal auch ein/e Elektromeister/in, sowie ein bis zwei Simulatortrainer/innen teil, die im Hintergrund sitzen und die Simulation steuern, sowie das Verhalten der Gruppe beobachten, dokumentieren und auswerten.

Im ersten Ausbildungsjahr ab-solviert das Schichtpersonal etwa 14 bis 18 Kurswochen, was über dem gesetzlich vorgeschriebenen

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Kraftwerkssimulatoren

Pensum von 6 bzw. 7 Wochen liegt. Diese Zeit ermöglicht es den Auszubildenden sich in der Warte zurecht zu finden, Dinge auszupro-bieren und Fehler zu machen. Eine Messwarte hat bis zu ca. 30.000 Input-/Output-Punkte, die über-wiegend analog und durchweg re-levant sind. Vereinfachte, digitale Anzeigen dürfen bei kritischen Entscheidungen nicht als Entschei-dungsgrundlage dienen. Daher ist es von allergrößter Wichtigkeit, dass die Auszubildenden lernen, wie die Technik funktioniert und welche Bedeutung die zahlreichen Anzeigen haben.

Zudem sollen sie die Ausübung der Regeln, die im Betriebshand-buch niedergeschrieben sind, ler-nen und nicht-technische Fertig-keiten, wie die Kommunikation,

im Arbeitsalltag anwenden ohne darüber nachzudenken. Während eines Trainings und innerhalb ei-nes Teams herrscht in der Regel eine vertrauensvolle Atmosphäre, denn das Schichtpersonal bleibt oft über längere Zeit in derselben For-mation zusammen und sie bauen durch die gemeinsame Ausbildung Vertrauen auf. Das schafft eine ab-geflachte Hierarchie, in der alle frei sprechen können.

Das Schichtpersonal sieht die Tage, die es in Essen-Kupferdreh ver-bringt als Abwechslung zum Alltag und als Möglichkeit zu Verbesse-rung, denn im „On-The-Job“-Trai-ning, also in der Realität sind die Trainingsmöglichkeiten und der Raum für Fehler gering. Im realen Arbeitsumfeld werden lediglich das Standardprozedere durchge-

führt, sowie einige Systemtests, um zu prüfen, ob Sicherheitssysteme, die selten oder nie genutzt werden, im Anforderungsfall noch funktio-nieren.

Das Simulatorzentrum hingegen bietet die Möglichkeit vier Arten von Szenarien zu simulieren: Stan-dardsituationen, wie das Anfahren des Kraftwerks, und anormale Si-tuationen wie beispielsweise der Ausfall einer von zwei Speisewas-serpumpen. Anormale Situationen werden meist durch systemseitige Mechanismen aufgefangen, es be-steht jedoch ein gewisser Entschei-dungsspielraum. Weitere Szena-rien sind Störfalle, bei denen die Reaktion weitestgehend automa-tisiert abläuft, sowie auslegungs-überschreitende Ereignisse wie die Katastrophe von Fukushima 2011,

Abbildung 2: Simulatorzentrum KSG/GfS in Essen-Kupferdreh

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Kraftwerkssimulatoren

die Handmaßnahmen erfordern.Die jeweilige Schulungsrelevanz dieser Szenarien lässt sich wiede-rum an Hand von vier Kategorien beurteilen: Selten, belastend, kom-plex und sensibel.Sensibel meint Szenarien, in denen ein kleiner Fehler große Folgen ha-ben kann.

Herr Dusmann bot mir die Mög-lichkeit selbst zu erfahren, wie sich ein belastendes Szenario im Simu-lator anfühlt: Über den gesamten Raum verteilt blinken Anzeigen auf und es ertönen Alarmtöne. Es erschien mir als Laie unmöglich, einen Überblick über diese Rei-züberflutung zu bekommen und alle einströmenden Informationen zu verarbeiten.Wenn die Teilnehmer/innen ei-nes der oben genannten Szenarien durchlaufen haben, gibt es in der Regel im direkten Anschluss ein Debriefing, also eine Rückmeldung über die Ergebnisse des Trainings und den Beobachtungen des/r Trainers/in. Das Debriefing findet außerdem nach jedem Tag, sowie zum Abschluss einer Trainingswo-che im Simulatorzentrum statt.

Zunächst gibt der/die Trainer/in eine technische Zusammenfas-sung, um ein gemeinsames Ver-ständnis der Übung zu schaffen und es werden Fehler angespro-chen, die das Team gemacht hat. Das heißt sowohl in der Ausfüh-rung der Regeln des Betriebshand-buchs, sowie nicht-technische Feh-ler, wie eine schlechte Kommuni-kation oder schlechtes Führungs-verhalten. Die Schlüssel für ein möglichst erfolgreiches Debriefing sind unter anderem eine gute und vertrauensvolle Atmosphäre, das Stellen offener Fragen, offene Dis-kussionen und positive Verstär-

kung3.

Nach diesem Einblick in das Si-mulatortraining beim Simulator-zentrum KSG/GfS stellt sich also wieder die Frage: Handelt es sich bei Simulatortraining bloß um eine teure Spielerei? Die Antwort lautet eindeutig nein. Und um es mit den Worten von Dietmar Dusmann auf den Punkt zu bringen: „Simulatortraining ist richtig und wichtig.“

Denn zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Simulatortrai-ning eine ganze Menge von Mög-lichkeiten bereithält: Durch den 1:1 Nachbau der Leitwarte bleibt der Transferaufwand beim Um-setzen des Gelernten für die Teil-nehmer/innen gering. Sie können im Simulator lernen sich zu Recht zu finden, können Fehler machen, um diesen in der Realität vorzu-beugen, bekommen Routine in Standardabläufen und werden auf Ausnahmefälle vorbereitet.Die Betreiber/innen der Kraftwer-ke können das Leistungsniveau ih-res verantwortlichen Schichtperso-nals messen, sowie Schwächen und Stärken in den Fokus rücken. Da-durch können sie die Einhaltung von Standards garantieren. Außer-dem können sie neue Prozeduren, sowie technische Änderungen am Kraftwerk, auf alle Eventualitäten und möglichen Störfälle hin testen und ihr Betriebshandbuch darauf-hin verbessern.Davon abgesehen liegen die durch-schnittlichen Kosten für den Aus-fall eines Kernkraftwerks bei etwa einer Million Euro pro Tag und unterstreichen damit die Notwen-digkeit in das Simulatortraining zu investieren.

Lucas Coerdt

1 Kluge, A. (2008). Simulatortrainings für Prozesskontrolltätig-

keiten am Bsp. von Raffinerien: Psychologische Trainingsprin-

zipien für die Praxis. Zeitschrift für Arbeitswissenschaft, 62(2),

97-109.

2 Bundestag beschließt Atomausstieg und Energiewende. 02.

Februar 2015, URL: http://www.bundestag.de/dokumente/text-

archiv/2011/34938007_kw26_de_energiewende/205804

3 Rall, M., Manser, T. & Howard, S. K. (2009). Key elements of

debriefing for simulator training. European Journal of Anaesthe-

siology, 17(8), 516-517.

71Wissenschaft & Praxis Februar 2015 71Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Anwendungsgebiete von CRM

Weitere Anwendungsge-biete von CRM

Durch den Erfolg des CRM’s in der Luftfahrt (Crew Resource Management, mehr zu dem Thema finden Sie im gleichnamigen Artikel auf S.54), ist CRM von einer Reihe anderer Branchen übernommen worden. Doch welche Branchen sind das? Hauptsächlich handelt es sich hierbei um Branchen, denen ein hohes Maß an Zuverlässigkeit und Teamarbeit abverlangt wird, also Branchen wie die Medizin, die Ölförderung, dem zivilen Schiffsverkehr, die Feuerwehr, die Polizei und die Flugverkehrskontrolle1.

Die Wissenschaftler/innen O‘Connor und Flin (2003) haben festgestellt, dass CRM-Schulungen bspw. von Vorteil für die Arbeit auf Ol-und Gasplattformen (Offsho-re-Oil-Industrie) sein könnten. Denn genau wie in der Luftfahrt ist auch auf Ol- und Gasplattfor-men eine umfangreiche Team-arbeit gefragt, die genau wie die Luftfahrt durch sehr gefährliche Zustände gekennzeichnet ist. In ihrer Umfrage, betreffend die Belegschaft auf sechs britischen Olplattformen, waren sich 70% der Arbeitnehmer/innen einig,

dass die meisten Unfälle auf menschliches Versagen zurück zu führen sind. Darüber hin-aus gaben über ein Drittel der Befragten an, dass „mangelnde Sorgfalt und Aufmerksamkeit“ die häufigsten Unfallursachen sind. Die Untersuchung von 1268 Vorfällen auf Ol- & Gas-plattformen hat gezeigt, dass menschliche Fehler auf Offsho-re-Anlagen auftreten können1. Doch was macht die Arbeit auf einer Olplattform so besonders? Die Arbeit auf einer Olplattform ist gekennzeichnet durch z.B. 12-Stunden Schichten in einem

beengten Arbeitsumfeld unter klimatischen Extrembedingun-gen. So können z.B. eine man-gelnde Sorgfalt bei Routinear-beiten und eine vorherrschende Übermüdung zu verlangsamten kognitiven Prozessen bzw. Re-aktionsvermögen der Arbeiter/innen führen. Eine falsche oder nicht vorhandene Reaktion des/r Arbeiters/in auf bspw. das Erklingen eines Brandmelders oder das Missachten sicher-heitsrelevanter Handlungen, kann verheerende Auswirkun-gen haben. O‘Connor und Flin (2003) fanden heraus, dass sich

7272

Anwendungsgebiete von CRM

ein Teil der 1268 Vorfälle auf sechs CRM-Kernbereiche zu beziehen scheint: Teamarbeit, Führung, Situationsbewusstsein, Entscheidungsfindung, Kommu-nikation und Bewusstsein der persönlichen Grenzen. O‘Con-nor und Flin (2003) stellten fest, dass ein 3-Tages CRM-Training für Ol-& Gasplattformen, wel-ches sich auf diese sechs The-menbereiche stütze, positive Ef-fekte auf die Entscheidungsfin-dung und auf die Einschätzung der persönlichen Grenzen der Teammitglieder hat1.

Anwendungsgebiet Gesundheits-wesen

Ein weiteres Anwendungsfeld dieser sicherheitsförderlichen Trainings ist das Gesundheits-wesen. Ähnlich wie in der Luftfahrt werden auch im Ge-sundheitswesen schwierige Ent-scheidungen getroffen, die bei Fehlentscheidungen besonders schwerwiegende Auswirkungen (für die Patenten/innen) haben können. Wir alle kennen die Berichte bei denen das falsche Knie durch eine Seitenverwech-selung operiert oder sogar am-putiert wurde. Doch wie entste-hen solch gravierende Fehler? Schaut man sich das Arbeits-umfeld im Gesundheitswesen an, fällt besonders auf, dass es sich um eine dynamische Ar-beitsumgebung handelt, in der komplexe Entscheidungen ge-troffen werden müssen2. In der Absichts-und Handlungsor-ganisationstheorie von Dör-ner und Schaub (1994) sind menschliche Fehler in komple-xen Situationen auf kognitive und auf motivationale Ursa-

chen zurück zu führen3. Die kognitiven Ursachen sind zum einen durch die begrenzte Ver-arbeitungskapazität des Den-kens und zum anderen durch die begrenzte Kapazität des Ge-dächtnisses bedingt. Die moti-vationale Ursachen sind auf die Überwertigkeit des aktuellen Motivs und den Schutz des ei-genen Kompetenzempfindens zurück zu führen3. Es herrscht in den meisten Fällen ein in-tensiver Zeitdruck, bei dem von jeder Person in kürzester Zeit die vollste Aufmerksamkeit und Arbeitsbereitschaft verlangt wird. Zudem müssen sich Per-sonen oft schnell in ungewohn-ten Situationen und fremden Teams organisieren, ohne vorab die Möglichkeit gehabt zu ha-ben, sich ausreichend in die Ar-beitsabläufe und in die gesamte Arbeitssituation einzuarbeiten.

Der Wissenschaftler Gaba (2001) erkannte diesen poten-ziellen „Human Factor“ in den 1990er Jahren im Bereich der

Anästhesiologie und entwickel-te das sogenannte Anaesthesia Crisis Resource Management (ACRM).

Das ACRM ist die abgeleitete Form des CRM Trainings für die Anästhesiologie. Dabei wur-de die Trainingsphilosophie des ACRMs dem der bestehenden Gesundheitsversorgung ange-passt. Das Besondere am ACRM ist, dass es äußerst realistische Simulationsszenarien beinhal-tet, die gerade die komplexen Entscheidungsfindungen und die Interaktion mit mehreren Personen trainiert4. Dazu dient mitunter die Durch-führung von Szenarien an Trai-ningspuppen, welche gefilmt werden können.

„Simulatortraining ist gut eta-bliert, um technische und nicht-technische Fertigkeiten in kritischen Situationen zu ver-bessern.“5 „Durch die intensive Auseinandersetzung mit ent-sprechenden realitätsnahen Ver-

Abbildung 1: CRM ist auch im Gesundheitswesen unerlässlich. Gaba entwickelte hierfür das soge-nannte ACRM

73Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Anwendungsgebiete von CRM

haltensanforderungen bewirken Simulatortrainings in der Anäs-thesie außerdem Verbesserungen ACRM-relevanter Einstellungen und Kompetenzen; d.h. die Teil-nehmer fühlen sich Zwischenfäl-len im OP in Zukunft besser ge-wachsen.“6

Die Videobänder der durchge-führten Simulationen werden anschließend dazu verwendet, die getroffenen Entscheidungen der Probanden/innen zu ana-lysieren und gemeinsam zu be-sprechen. „Wichtig ist zu betonen, dass der Simulator selbst nur ein Werk-zeug ist. Der Lerneffekt wird durch die geschickte Gestaltung der Simulation und v. a. in den Nachbesprechungen (Debriefing) erzielt. Ein Simulator ohne einen guten, auch CRM-geschulten In-struktor, ist nichts.“7 Die Verbesserungen durch den Einsatz von ACRM-Trai-nings in der Anästhesiologie führten dazu, dass dieser Trai-ningsansatz in weiteren Ge-sundheitsbereichen, wie in der Not-und Unfallmedizin und in der Intensivpflege eingesetzt wird. Heutzutage findet man das ACRM in den wichtigsten Gesundheitseinrichtungen der Welt vor. Gerade das Simulati-on Based Training auf Basis von CRM-Grundsätzen wird aktuell in vielen medizinischen Ein-richtungen, wie z.B. im Univer-sitätsklinikum Essen und Dres-den, eingesetzt6.

CRM auf hoher See

Auch das sogenannten Bridge Resource Management (BRM), welches die maritime Version

(lat. maritimus ,zum Meer ge-hörig’)8 des CRMs ist, wird seit über einem Jahrzehnt in der maritimen Industrie genutzt9. BRM wurde ursprünglich ent-wickelt, um die Beziehung zwi-schen Kapitän und den Piloten (ein Nautiker bzw. Seemann, der an Bord kommt, um ein Schiff durch gefährliche oder überlastete Gewässer zu führen) zu verbessern und wurde 2006 in den Lehrplan der Surface Warfare Officers (SWO) einge-führt10. Doch was sind SWOs? SWOs sind US-Marineoffiziere und bilden das Rückgrat z.B. der Flottenführung der US-Na-vy. Sie unterstützen die Luft-kriegsführung und sind an Ver-sorgungsmissionen beteiligt9. Das Marine BRM Training wur-de ausgehend vom zivilen BRM Training an das der US-Navy angepasst. Doch ist das BRM überhaupt wirksam? Die Menge der Literatur über die generelle Anwendung der BRM Ausbil-dung und ihrer Effekte auf die Teamleistung ist viel kleiner, als die Menge der Literatur der CRM-Schulungen in der Avia-tik9 . Zudem gibt es nur drei Be-wertungen, die die Wirksamkeit von BRM Ausbildungen darstel-len, von denen jedoch keines in Fachzeitschriften veröffentlicht wurde. Byrdorf (1998) berich-tet, dass über einen Zeitraum von vier Jahren die BRM Aus-bildung mit den behandelten Themen „Ressourcenmanage-ment“, „Durchsetzungsvermö-gen“, „Kommunikation“, „Team-arbeit“ und „Stressbewältigung“ zu einer Verringerung der (nau-tischen) Unfallrate und zu einer Reduktion der Versicherungs-beiträge von insgesamt 15% ge-führt hat12.

CRM in der Feuerwehr

Ein weiteres Anwendungsfeld von CRM ist die Berufsfeuer-wehr (Ein Interview zu die-sem Thema mit der Feuerwehr Köln finden Sie im „Die Zukunft von CRM“ auf Seite 76). Die Berufsfeuerwehr gehört eben-falls zu den Branchen, denen ein hohes Maß an Zuverläs-sigkeit und Teamarbeit abver-langt wird, denn menschliche Fehler und Teamprobleme wie z.B. Kommunikationsstörun-gen, Probleme in den Koordi-nationsprozessen oder Fehler bei der Entscheidungsfindung gelten als Hauptursachen von Unfällen und Störungen13. Um diesen Schwachstellen in der Arbeit entgegen zu wirken wer-den Teamtraining-Interventio-nen, wie bspw. das sogenannte Team Resource Management, eingesetzt. Für diese Teams ist es ebenfalls sehr wichtig, dass in Einsatzsituationen relevante Informationen aus der Umwelt so schnell wie möglich mit den anderen Teammitgliedern ge-teilt und ausgetauscht werden können13. Hagemann und Klu-ge (2013) stellten fest, dass das Team Resource Management ähnliche Effekte aufweist wie das etablierte Crew Resour-ce Management aus den An-wendungsgebieten wie z.B. der Luftfahrt oder der Olförderung. Bezüglich einer in den Ar-beitsalltag integrierten Debrie-fing-Methode, ließ sich zudem feststellen, dass diese einen po-sitiven Effekt auf die Reaktionen und eigene Bewertung des Ler-nerfolgs hatte. Hagemann und Kluge (2013) zeigten diesbezüg-lich, dass über einen Zeitraum von sieben Monaten das Aus-

74

Anwendungsgebiete von CRM

maß des erworbenen Wissens zwar nicht konstant gehalten werden konnte, aber die Team-mitglieder immer noch deutlich mehr Wissen aufwiesen, als vor dem Training. Somit konnte eine langfristige Wirkung der TRM Intervention demonst-riert werden13.

Das Crew Resource Manage-ment ist eine auf die Praxis aus-gerichtete Teamtrainingsstrate-gie, welche weltweit eingesetzt wird. Obwohl es noch einige Probleme in der Anwendung wie z.B. beim BRM der SWOs gibt, ist eine Erhöhung der Si-cherheit in gefahrenbasierten Branchen durch die Minimie-rung der Human Factors be-dingten Fehler und Unfälle mit Hilfe dieser Trainingsstrategi-en weiterhin sinnvoll. Der Er-folg und die damit verbunde-nen vielfältigen Potenziale des CRMs führen zu einer ständi-gen und branchenübergreifen-den Weiterentwicklung. Die Philosophie des CRMs sollte ein grundlegender Antrieb für alle Hoch Risiko Organisatio-nen sein, um kritischen Situati-onen vorzubeugen und Unfälle auf das gewünschte Ziel „Null“ zu reduzieren1.

Peter Hansen

1 O’Connor, P. & Flin, R. (2003). Crew Resource Management

training for offshore oil production teams. Safety Science, 41,

591–609.

2 Antoni, C. & Hertel, G. (2009). Team processes, their antece-

dents and consequences: Implications for different types of

teamwork, European Journal of Work and Organizational

Psychology, 18(3), 253-66.

3 Dörner, D. & Schaub, H. (1994). Errors in planning and deci-

sion-making and the nature of human information processing.

Applied Psychology: An International Review, 43(4), 433-453.

4 Gaba, D. M., Howard, S. K., Fish, K. J., Smith, B. E. & Sowb, Y.

A. (2001). Simulation-based training in anesthesia crisis resour-

ce management. Simulation & Gaming, (32)2, 172-193.

5 Müller, M. et al. (2009). Excellence in performance and stress

reduction during two different full scale simulator training courses:

A pilot study. Resuscitation, 80(8), 919-924.

6 Schaper, N., Bayer, Y., Röhricht, C., Bernhard, G. & Grube, C.

(2005). Ist ACRM- Training beim Umgang mit anästhesiologi-

schen Zwischenfällen wirklich effektiv? In K. Karrer, B. Gauss,

& C. Steffens (Hrsg.), Mensch- Maschine-Systemtechnik aus For-

schung und Praxis (S. 333-350). Düsseldorf: Symposion.

7 Rall, M., Schaedle, B., Zieger, J., Naef, W. & Weinlich, M.

(2002). Neue Trainingsformen und Erhöhung der Patientensi-

cherheit, Sicherheitskultur und integrierte Konzepte. Unfallchir-

urg, 105(11), 1033-1042.

8 maritim(Adjektiv). 2. Januar 2015, unter: http://de.wikipe-

dia.org/wiki/Maritim%28Adjektiv%29

9 O‘Connor, P. (2011). Assessing the Effectiveness of Bridge Re-

source Management Training, The International Journal of Avia-

tion Psychology, 21(4), 357-374.

10 O’Connor, P., Hahn, R. & Salas, E. (2010). The U.S. Navy’s

Crew Resource Management program: The past, present, and

recommendations for the future. In P. O’Connor & J. Cohn

(Eds.). Human performance enhancements in high-risk environ-

ments: Insights, developments, and future directions from military

research (pp. 90–105). Santa Barbara, CA: ABC- Clio.

11 Americas Navy, 2. Januar 2015, unter: https://www.navy.

com/careers/engineering-applied-science/surface-warfare- o f -

ficer.html#ft-key-responsibilities

12 Byrdorf, P. (1998). Human factors and crew resource manage-

ment: An example of successfully applying the experience from

CRM programmes in the aviation world to the maritime world.

Paper presented at the 23rd Conference of the European Associ-

ation for Aviation Psychology, Vienna, Austria.

13 Hagemann, V. & Kluge, A. (2013). The effects of a scienti-

fically-based team resource management intervention for fire

service teams. Human Factors and Ergonomics, 2(2/3),

196-216.

75Wissenschaft & Praxis Februar 2015

CRM in der Feuerwehr

Über die Einführung von CRM in der Kölner Berufsfeuerwehr

Die Zukunft von CRM!Lässt sich CRM auf andere High Reliability

Organisationen übertragen?

In Deutschland gibt es im Jahr mehr als 3,5 Millionen Einsätze für die Feuerwehr, die sich auf 102 Berufs-feuerwehren und 24 000 Freiwillige Feuerwehren verteilen1. Der Aufga-benbereich der Feuerwehr deckt ein großes Spektrum an Tätigkeiten ab. Zum einen wird bei Unglücksfällen Hilfe geleistet, wie z.B. technische Hilfe, sowie bei Schadensfeuern die Brandbekämpfung. Eine weitere Aufgabe ist der Einsatz bei öffent-lichen Notfällen, die beispielsweise durch Naturkatastrophen hervorge-rufen werden. Außerdem stellt der Rettungsdienst eine Tätigkeit dar, die von der Feuerwehr und unter-stützend durch die Hilfsorganisatio-nen (u.a. Malteser, Arbeiter-Sama-riter-Bund, Deutsches Rotes Kreuz, Johanniter-Unfall-Hilfe) bereit-gestellt wird. Eine unentbehrliche Funktion der Feuerwehr ist nicht nur der tatsächliche Einsatz, bei dem ausgerückt werden muss, son-dern ebenfalls die Prävention, z.B. durch den vorbeugenden Brand-schutz zur Vorbeugung von Brän-den. Hierzu zählen unter anderem die Brandschutzer ziehung sowie die Brandschutz aufklärung2. Die Tätigkeiten und Hauptaufgaben sind gleichberechtigt. Die Einsatz-

häufigkeit in den verschiedenen Be-reichen ist aber unterschiedlich. In Köln werden mehr als die Hälfte der Rettungsdienst Einsätze von der Be-rufsfeuerwehr Köln übernommen.1

Mit über 1100 Mitarbeiter/innen ist sie die größte Berufsfeuerwehr Nordrhein-Westfalens, und außer-dem die viertgrößte in Deutschland. Dort steht der Rettungsdienst mit ca. 110 000 Einsätzen jährlich an erster Stelle, wohingegen der Brand-schutz, die Hilfeleistung und der Ka-tastrophenschutz mit 13 000 Einsät-zen pro Jahr weniger häufig sind3.

Feuerwehr als High Reliability Organisation

Die Feuerwehr ist eine Organisa-tion, in der die Arbeit durch eine hohe Verantwortung in gefahrvol-len Situationen sowie unter Zeit-druck gekennzeichnet ist. Unter diesen Bedingungen kann es auf-grund von z.B. fehlerhafter Kom-munikation oder Versäumnissen in der Situationswahrnehmung zu Fehlern in der Arbeitsweise, Arbeitsdurchführung und Aus-übung eines Einsatzteams kom-men, insbesondere auf der Ebene

der Teamprozesse. Die Folgen von Fehlern innerhalb dieser Abläufe können zur Reduzierung der Pati-enten- sowie Einsatzkraftsicherheit führen. Um diese mögliche Fehler-quote, die nicht technischer Natur ist, gering zu halten oder zu elimi-nieren, ist es sinnvoll, ein Bewusst-sein der teaminternen Prozesse zu schaffen. Aus diesem Grund wird seit Anfang dieses Jahres ein Crew Resource Management (CRM) Training im Rettungsdienst Köln durch die Berufsfeuerwehr Köln geschult. Mit dem dort erworbe-nen Wissen, z.B. auf welche Details in welchen Situationen verstärkt geachtet werden muss, können zielgerichtete und sichere Hand-lungsweisen im Einsatz unterstützt werden. Im Folgenden soll ein erstes gegenwärtig entwickeltes Schulungskonzept für die Einfüh-rung von CRM in einer deutschen Berufsfeuerwehr innerhalb des Rettungsdienstes vorgestellt wer-den. Für Informationen über die Einführung von CRM bei der Feu-erwehr Köln innerhalb der Fortbil-dung von Rettungsdienstlern/in-nen stand uns ein Mitarbeiter der Berufsfeuerwehr Köln zur Verfü-gung. Seine Aufgabe als Ausbilder

7676

CRM in der Feuerwehr

im Führungs- und Schulungs-Zen-trum der Berufsfeuerwehr Köln ist u.a. die Planung, Ausarbeitung und Durchführung der Fort- und Weiterbildung innerhalb der Feu-erwehr und des Rettungsdienstes Köln.Auch die Feuerwehr zählt neben der Luftfahrt zu den High Re-liability Organisations (HRO), Hoch-Zuverlässigkeits-Organisa-tion, in denen unter gefährlichen Umständen gehandelt wird und in denen technische Fehler fata-le Folgen haben können, sodass eine möglichst hohe Sicherheit gewährt werden sollte. Da dies ein hohes Maß an Verantwortung von Seiten der Mitarbeiter/innen vo-raussetzt, werden die Teams auch High Responsibility Teams (HRT), Hoch-Verantwortungs-Teams, ge-nannt. Denn sie sind sowohl ver-antwortlich für die eigene Sicher-heit, als auch die der Menschen, mit denen sie in ihrer Arbeit zu tun haben. Die besondere Charak-teristik eines HRTs ist das ständi-ge Einstellen auf unbekannte und dynamische Situationen, in denen es besonders wichtig ist, den Infor-mationsfluss und die Kommunika-tion untereinander zu koordinie-ren4.Wenn wir über die Feuerwehr sprechen, so sollten wir zunächst klären, welche Hauptaufgaben in der Feuerwehr erfüllt werden. Zum einen gibt es den Brandschutz, das ist das, was sich die Allgemein-heit unter der Feuerwehr vorstellt, also die Bekämpfung von Brän-den und technische Hilfe. Einen anderen Arbeitsbereich stellt der Rettungsdienst dar, also das Ret-tungsdienstpersonal (Rettungsas-sistent/in, Rettungssanitäter/in), welches im Rettungswagen zum Einsatzort fährt und medizini-sche Versorgung leistet. Ein dritter

Aufgabenbereich in der Arbeit der Berufsfeuerwehr Köln ist die Leit-stelle. Dort sitzen die Disponen-ten/innen, welche die eingehenden Notrufe mit der Notrufnummer 112 entgegennehmen, und anhand der Informationen, die sie vom/von der Anrufer/in erhalten, die nötigen Einsatzmittel disponieren. Die Alarmierung erfolgt mit Hilfe einer Durchsage an die Feuer- und Rettungswachen, woraufhin die benötigten Einsatzkräfte zum Ein-satzort ausrücken.

CRM bei der Feuerwehr in Theo-rie und in Praxis

Da das CRM-Training ursprüng-lich aus der Luftfahrt stammt und nun auf die Feuerwehr übertra-gen wird, galt es eine spezifische Trainingsmethode für den Kon-text der Feuerwehr zu entwickeln. Dafür wurde von Vera Hagemann anhand von Beobachtungen von HRTs sowie Interviews mit Mitar-beitern/innen aus diesem Bereich das Team-Arbeit-Kontext-Analy-se-Inventar (TAKAI) entwickelt, das es ermöglicht die jeweiligen Arbeitskontexte systematisch zu erfassen. Diese Erhebung bildet die Grundlage, auf der die Lernzie-le für ein CRM-basiertes Training festgelegt werden, und an denen die Trainingsinhalte ausgerichtet werden5.

Im Fokus für die Feuerwehr ste-hen nach dem Einsatz des TAKAI drei Lernziele, die im Rahmen ei-nes Crew Resource Management Trainings bei der Feuerwehr er-reicht werden sollen. Da die Feu-erwehr in Teams arbeitet, spricht Hagemann hier von Team Resour-ce Management (TRM) Training. Zum einen ist es wichtig, dass in dem jeweiligen Einsatz alle wichti-gen Informationen zur Umgebung und Situation gesammelt werden. Ist dies der Fall ist Situation Awa-reness, ein Situationsbewusstsein vorhanden. Das zweite Lernziel ist das interpositionale Wissen. Das bedeutet, dass den Teammit-gliedern bewusst ist, wie sie ihre Kollegen/innen unterstützen, in-dem sie die Informationen, die sie zur Situation gesammelt haben, mit ihnen teilen. Daraus soll am Ende ein Shared Mental Model, geteiltes mentales Modell, unter den Teammitgliedern aufgebaut werden, das auch in unbekannten und stressigen Situationen erzeugt wird. Es besteht darin, dass alle durch die Situation Awareness ge-filterten und relevanten Informati-onen aufgenommen und kommu-niziert werden, sodass innerhalb des Teams ein gemeinsames Bild über die Situation und die Ziele entsteht. Damit diese Lernziele er-reicht werden, ist es auch sinnvoll eine Nachbesprechung durchzu-führen. Diese Nachbesprechung heißt After-Action-Review (AAR),

Abbildung 1: Im Notfall ist 112 oft die erste Wahl

Abbildung 2: Geteilte mentale Modelle erzeu-gen im Team ein gemeinsames Bild über die Situation und Ziele

77Wissenschaft & Praxis Februar 2015

CRM in der Feuerwehr

die eine spezielle strukturierte Me-thode des Debriefings nach einem Einsatz darstellt. Einsatznachbe-sprechungen bei der Feuerwehr sind Standard, allerdings liegt hier der Fokus auf den technischen De-tails des Einsatzes. Das AAR geht jedoch darüber hinaus, da inner-halb dieses Debriefings ebenfalls die nicht-technischen Fertigkeiten thematisiert werden. Das bedeutet, es findet eine Evaluation der Team-leistung statt, was zu einer Ausei-nandersetzung mit den Prozessen innerhalb dieses Teams führt6.Wenn wir im Folgenden über die Einführung von CRM-Training bei der Feuerwehr Köln sprechen, hier wird der Begriff CRM statt TRM verwendet, so bezieht sich das in diesem Fall auf den Bereich des Rettungsdienstes. CRM wird hier seit Januar 2015 geschult. CRM-basierte Inhalte, wie z.B. die Durchführung eines AARs, wer-den in der 30-stündigen Rettungs-dienstfortbildung vermittelt, die jede/r Rettungsdienstmitarbeiter/in in Nordrhein-Westfalen jähr-lich absolvieren muss7. Innerhalb dieser 30-stündigen Fortbildung werden medizinische Themen, wie

beispielsweise Pneumologie (Lun-genheilkunde) behandelt, die im Vordergrund stehen. Aber auch nicht-medizinische Themen, wie CRM, sind ein Bestandteil dieser Fortbildungen. Somit stellt das CRM-Training nur einen Schwer-punkt unter mehreren dar, sodass es eine Herausforderung ist, den Teilnehmern/innen die dem CRM zugrunde liegenden Grundsätze innerhalb sehr kurzer Zeit näher zu bringen. Das Groblernziel be-steht darin, dass die Teilnehmer/innen zunächst ein Grundwissen über das CRM aufbauen. Zum einen werden im CRM-Training sieben Leitfragen zur Durchfüh-rung von AARs besprochen, damit die Teilnehmer/innen eine Nach-besprechung dieser Art abhalten können. Dazu dient als praktische Übung im Training das Durchfüh-ren von AARs anhand von Fallbei-spielen. Zum anderen werden die 15 Leitsätze nach Rall und Gaba8 besprochen, die Handlungsanwei-sungen bieten, die den Themen der CRM-Theorie, also Situation Awareness, interpositionales Wis-sen und Kommunikation, Shared Mental Modeling, sowie dem AAR

entstammen, damit ihre Inhalte besser im CRM-Training ein- und umgesetzt werden können. Zu diesem Zweck erhalten die Teil-nehmer/innen diese Leitsätze und AAR-Fragen ausgedruckt, um die-se stets als „To-Do-Liste“ griffbe-reit zu haben und besser verinner-lichen zu können.

Das After-Action-Review bei der Feuerwehr Köln

Für die Durchführung eines AARs im Rettungsdienst Köln wurden die acht Stufen des AARs, wie Hagemann (2011)6 sie für eine CRM-basierte Intervention bei ei-ner Feuerwehr festlegte, in sieben Fragen umgewandelt, die im Rah-men des Debriefings abgearbeitet werden sollen. Diese Fragen sehen wie folgt aus:1. Was war das beabsichtigte Er-gebnis/Ziel des Einsatzes?2. Wer hat was wahrgenommen?3. Was war letztendlich das Ergeb-nis des Einsatzes? 4. Gab es einen/eine Punkt/Situ-ation, an dem die SA (Situation Awareness) nicht mehr vorhanden war?5. Konnten CRM-Leitsätze zur Problembehebung angewandt wer-den?6. Gab es positive wie negative Ver-haltensweisen der Teammitglie-der?7. Welche Stärken und Schwächen des Teams können umgesetzt wer-den, um zukünftige Einsätze zu verbessern?Diese Fragen können innerhalb des Einsatzteams nach Abschluss eines Einsatzes beantwortet wer-den. Das AAR erfolgt freiwillig und unter Berücksichtigung des Einsat-zaufkommens, der Notwendigkeit und dem Umfang der Wiederher-

Maik Holtz, 38 Jahre alt, wohnt in Köln und ist seit 2000 bei der Berufsfeuerwehr Köln beschäftigt. Nach seinem Schulabschluss machte er zunächst eine Berufsausbildung zum Flug-zeug- und Hubschraubermechaniker und arbeitete für die nächsten zwei Jahre in der Luftfahrt. Anschließend machte er sein Abitur und bewarb sich 1999 bei der Berufsfeuerwehr. Nach seiner Ausbildung zum Brandmeister arbeitete er sowohl im

24-Stundendienst des Brandschutzes und des Rettungsdienstes. Mitte 2011 wechselte er in das Führungs- und Schulungs-Zentrum der Be-rufsfeuerwehr Köln, wo er seitdem als Ausbilder für die Fort- und Wei-terbildung des Brandschutz- und Rettungsdienstpersonals zuständig ist.

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CRM in der Feuerwehr

stellung zur Einsatzbereitschaft. Einsatznachbesprechungen nach Einsätzen sowohl im Rettungs-dienst als auch im Brandschutz sind nicht neu. Das AAR mit den sieben Leitfragen bietet aber durch seine vorgegebene Struktur eine effektive und zeitlich ökonomische Möglichkeit den Rettungsdien-steinsatz im Team zu reflektieren. So konnten schon positive Ergeb-nisse mit dieser Methode erreicht werden schildert Herr Holtz. Er führte nach einem Einsatz zusam-men mit seinen zwei Kollegen ein AAR durch. In den nachfolgenden Einsätzen hatte sich die Perfor-mance des Rettungswagen-Teams deutlich verbessert.

CRM-Leitsätze bei der Feuer-wehr Köln

Die 15 Leitsätze sind dazu gedacht, die Handlungssicherheit in kriti-schen Situationen zu erhöhen. Sie stellen eine Leitschnur dar, welche Verhaltensweisen während eines Einsatzes besonders wichtig sind und beachtet werden können. Das bedeutet, sie werden innerhalb der Schulung (kennen)gelernt, damit sich im Idealfall im Arbeitsalltag daran orientiert werden kann. Trotzdem ist es erforderlich hier darauf hinzuweisen, dass das reine Wissen um diese Prinzipien nicht bedeutet, dass diese Handlungs-weisen direkt in der Arbeitshal-tung gelebt werden. Außerdem be-deutet selbst die strikte Befolgung der Leitsätze keinen Einsatzerfolg. Denn sie sollen nicht eine Garantie schaffen, sondern prägnant dar-stellen, wie die Kommunikation und Entscheidungsfindung inner-halb eines Teams verbessert wer-den kann.Das Aufbauen einer Situation Awa-

reness kann unterstützt werden, z.B. bei Beachtung der Leitsätze 1: „Kenne deine Arbeitsumgebung.“ und 14: „Lenke Deine Aufmerk-samkeit bewusst.“. Auch der aktive Aufbau des interpersonalen Wis-sens kann möglicherweise durch gezielte Kommunikation, wie bei-spielsweise Leitsätze 7: „Kommu-niziere sicher und effektiv – sag was Dich bewegt“ und 13: „Achte auf gute Teamarbeit – andere un-terstützen und sich koordinieren“, gefördert werden. Und diese Fak-toren können dazu beitragen, dass innerhalb des Einsatzteams ein ge-teiltes mentales Modell aufgebaut wird, wodurch die teaminterne Ar-beit begünstigt werden kann.Im Rahmen der 30 Stunden Ret-tungsfortbildung für das Ret-tungsdienstpersonal sollen die Grundsätze von CRM detailliert und strukturiert geschult werden, sodass die Teilnehmer/innen ver-stehen und verinnerlichen, was mit CRM gemeint ist. So berichtet Herr Holtz, dass in der Rettungs-dienstfortbildung zunächst erst einmal drei Leitsätze besprochen werden, um diese später für die Praxis anwenden zu können.Eine Komponente, die zusätz-lich zu den 15 Leitsätzen hinzu-gefügt wurde, ist das 10-Sekun-den-für-10-Minuten-Prinzip, kurz 10-für-10-Prinzip (s. Abbildung 3 CRM-Leitsätze nach Rall & Gaba Punkte 5 und 12). Entstanden ist dieses Prinzip aus der Beob-

achtung, dass es auch innerhalb fachkundiger Teams zu Fehlern kommen kann, die jedoch teilwei-se schon direkt nach dem Einsatz erkannt werden. Dabei kann ein Grund sein, dass es versäumt wird, notwendiges Wissen abzurufen und anzuwenden. Ursache dafür können der empfundene Zeit-, Handlungs- und Entscheidungs-druck sein, die in Situationen, in denen eine unmittelbare Reaktion erfolgen muss, schnell entstehen können9. „Bedingt durch die Notfallsitua-tion entsteht der Eindruck, man müsse sofort reagieren und intui-tiv das Richtige tun. Dabei kommt es dann zu Versäumnissen, An-wendung in falscher Reihenfolge, Nichtabfragen des Teamwissens etc.“9, S.354

Unter diesen Bedingungen kann die Anwendung des 10-für-10-

CRM Leitsätze nach Rall & Gaba8:

1.0 Kenne deine Arbeitsumgebung.2.0 Antizipiere und plane voraus.3.0 Fordere Hilfe an – lieber früh als spät.4.0 Übernimm die Führungsrolle oder sei 04. ein gutes Teammitglied mit Beharrlich- 04. keit.5.0 Verteile die Arbeitsbelastung. (10-für-05. 10-Prinzip)6.0 Mobilisiere alle verfügbaren Ressour- 90. cen. 7.0 Kommuniziere sicher und effektiv – sag 07. was dich bewegt.8.0 Beachte und verwende alle vorhande-08. nen Informationen.9.0 Verhindere und erkenne Fixierungsfeh-09. ler.10. Habe Zweifel und überprüfe genau. 10. (Double Check; nie etwas annehmen!)11. Verwende Merkhilfen und schlage 11. nach.12. Re-evaluiere die Situation immer wie-12. der. (10-für-10-Prinzip)13. Achte auf gute Teamarbeit.14. Lenke deine Aufmerksamkeit bewusst.15. Setze Prioritäten dynamisch. Abbildung 3: CRM Leitsätze nach Rall & Gaba8

Abbildung 4: Das 10-für-10 System hilft dabei, spontane Reaktionen zu vermeiden

79Wissenschaft & Praxis Februar 2015

CRM in der Feuerwehr

Prinzips die Fehlerwahrscheinlich-keit unter Umständen reduzieren. Das Prinzip besagt, 10 Sekunden Pause machen, in der alle Team-mitglieder die Arbeit unterbrechen und die Situation analysiert wird. Dies soll dazu dienen, spontane Reaktionen zu vermeiden, und stattdessen eine Strategie zur Be-arbeitung konzipieren. Danach folgen die Arbeitsverteilung und anschließend die Arbeitsausfüh-rung anhand der verfolgten Stra-tegie. Die Arbeit wird 10 Minuten durchgeführt, dann erfolgt erneut eine 10-sekündige Pause, in der evaluiert wird, ob das beabsichtige Ziel mit dieser Strategie weiterhin verfolgt wird oder aber ein Wech-sel der Strategie oder der Arbeits-belastung notwendig ist. Anschlie-ßend wird die Arbeit fortgesetzt, entweder so wie vorher, oder mit einer anderen Arbeitsweise, da

die Strategie geändert wurde. Die angegebenen Zeitwerte sind nicht vorgeschrieben, sondern fungie-ren lediglich als Symbole für das dahinterstehende Konzept. Beson-ders sinnvoll ist der Einsatz die-ser Methode zu Einsatzbeginn, in Situationen, in denen keine Fort-schritte erzielt werden können, und immer dann, wenn Unruhe und Hektik ausbrechen9.

Evaluation des CRM-Trainings bei der Feuerwehr Köln

Bei jeder Rettungsdienstfortbil-dung kann der/die Teilnehmer/in mit Hilfe eines Evaluationsbogens sein/ihr Feedback zu der Veran-staltung abgeben. Nach den ersten drei Veranstaltungen mit insge-samt ca. 120 Teilnehmern/innen ist die Rückmeldung meist positiv.

Das Thema CRM wird interessiert aufgenommen und man sei auf einem guten Weg. Einige Teilneh-mer/innen halten den Umfang des CRM Unterrichtes innerhalb der Fortbildung für zu umfangreich. Auch einige wenige negative Aus-sagen gibt es, die sich darauf bezie-hen, dass man es nicht brauche, da es nichts wirklich Neues darstelle.

Die Zukunft von CRM bei der Feuerwehr Köln

Da das CRM-Training nun erst seit kurzer Zeit Bestandteil der Tätig-keiten und der Weiterbildung in-nerhalb des Rettungsdienstes ist, gilt es vor allem den Blick in die Zukunft zu richten. In den nächs-ten Jahren liegt das Ziel laut Herrn Holtz darin, dass diese Art des Unterrichts in der Rettungsfortbil-

Abbildung 5: Rettungswagen der Berufsfeuerwehr Köln im Einsatz wegen eines Verkehrsunfalls

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dung von allen Mitarbeitern/innen angenommen und akzeptiert wird. Dabei spielt das rein theoretische Verständnis eine untergeordnete Rolle, denn viel wichtiger ist es, dass die CRM-Inhalte mit dem er-worbenen Wissen aktiv gelebt und umgesetzt werden können. Und dies ist ein Prozess, der eine gewis-se Zeit in Anspruch nehmen wird. Des Weiteren steht die Fra-ge im Raum, ob und wie das CRM-Training auch im Bereich des Brandschutzes und der Leit-stelle integriert werden kann. Die Grundlagen des CRMs werden die gleichen bleiben, aber da sich die Aufgabenbereiche durchaus in den verschiedenen Bereichen der Feu-erwehr unterscheiden, wird auch das jeweilige CRM-Training dort angepasst werden müssen. Außerdem gilt es für die nächsten Jahre festzustellen, inwiefern das CRM-Training eventuell in ande-ren Berufsfeuerwehren eingesetzt wird oder werden kann. Dabei könnte man aus den Erfahrungen der Kölner Feuerwehr schöpfen, die mit wenigen anderen die erste ist, die mit CRM arbeitet. Für den Moment besteht jedoch noch kein

Kontakt zu anderen Feuerwehren diesbezüglich. Trotzdem wäre es in den folgenden Jahren eine gute Idee, die gesammelten Erfahrun-gen zu teilen, sodass im Endeffekt sowohl die Feuerwehrleute als auch die Bürger/innen davon pro-fitieren können.

Ann-Kathrin Kunze

Abbildung 6: Das Führungs- und Schulungszentrum der Berufsfeuerwehr Köln sowie die angren-zende Leitstelle auf dem Gelände der Feuerwache 5 in Köln-Weidenpesch

1 Planet Wissen (2011). Feuerwehr. 03. Februar, 2015: http://

www.planet-wissen.de/politik_geschichte/organisationen/be-

rufsfeuerwehr/

2 Stadt Feuerwehr Verband Herne (2002-2015). Lexikon: Auf-

gaben der Feuerwehren. 08. Februar, 2015: http://www.feuer-

wehr-herne.net/lexikon/inhaltsverzeichnis/aufgaben-und-orga-

nisation-der-feuerwehr/aufgaben-der-feuerwehren/

3 Stadt Köln (2015). Mehrere Stellen Brandoberinspektorin be-

ziehungsweise Brandoberinspektor bei der Berufsfeuerwehr Köln.

03. Februar, 2015: http://www.stadt-koeln.de/politik-und-ver-

waltung/arbeiten-bei-der-stadt/stellenangebote/mehrere-stel-

len-brandoberinspektorin-beziehungsweise-brandoberinspek-

tor-bei-der-berufsfeuerwehr-koeln

4 Hagemann, V., Kluge, A. & Ritzmann, S. (2009). Arbeits-

kontextspezifische Übertragung von Crew Resource Manage-

ment-Trainings aus der Aviatik auf andere Hoch-Risiko-Or-

ganisationen. In M. Grandt & A. Bauch (Hrsg.), Kooperative

Arbeitsprozesse (S.245-277). Braunschweig: Deutsche Gesell-

schaft für Luft- und Raumfahrt Lilienthal-Oberth e.V..

5 Hagemann, V. & Kluge, A. (2013). The effects of a scientifical-

ly-based team resource management intervention for fire service

teams. International Journal Human Factors and Ergonomics,

2(2), 196-220.

6 Hagemann, V. (2011). Trainingsentwicklung für High Responsi-

bility Teams. Lengerich: Pabst Science Publishers.

7 Recht.NRW (2015). Fortbildung des nichtärztlichen Personals

in der Notfallrettung und im Krankentransport. 08. Februar, 2015:

https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?anw_nr=1&gld_

nr=2&ugl_nr=2129&bes_id=508&val=508&ver=7&sg=0&auf-

gehoben=N&menu=1

8 Rall, M., Koppenberg, J., Hellmann, L. & Henninger, M.

(2013). Crew Resource Management (CRM) und Human

Factors. In H. Moecker, H. Marung & S. Oppermann (Hrsg.),

Praxishandbuch Qualitäts- und Risikomanagement im Rettungs-

dienst: Planung, Umsetzung, Zertififzierung (S.149-157). MWV

Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft.

9 Rall, M. & Lackner, C. K. (2010). Crisis Resource Management

(CRM): Der Faktor Mensch in der Akutmedizin. Notfall Ret-

tungsmed, 13, 349-356.

Interview Simulatortraining

„Nicken als Feedback klappt nicht“

Wissenschaft & Praxis: Herr Hin-kel, Sie arbeiten als Civil Instruc-tor, können sie uns kurz einen Überblick geben, worin Ihre Auf-gaben bestehen?Ralf Hinkel: Ein Civil Instructor entspricht einem militärischen Fluglehrer. Er bildet die Piloten in der Systemnutzung des Flugzeugs aus. Er überwacht die Tätigkeiten des Piloten während des Simulator-fluges. Eine Simulator Mission be-ginnt mit einem Briefing, in dem der „Plan“ besprochen wird. Danach folgt die Durchführung der Mission. Am Ende gibt es ein „Debriefing“‘, in dem die Durchführung mit dem Plan verglichen wird, bewertet wird, was gut und was weniger gut war. Es wird also nicht nur kritisiert, es wird auch gelobt. In der Ausbildung werden Trai-ningsmodule/ -abschnitte abge-handelt, vielleicht können Sie uns da mal kurz erzählen was typische Module sind.

Typische Module sind zum einen die fliegerische „Grund“-Ausbil-dung in den USA, gefolgt von der Umschulung auf das jeweilige Ein-satzmuster. Für den Eurofighter findet diese Umschulung (System-schulung) in Laage statt. Nach der Systemumschulung folgt die weitere Ausbildung zur Nutzung / Einsatz des Flugzeugs in verschiedenen Modulen, wie z.B. der Einsatz des Flugzeugs auf der Alarmrotte (Bal-tikum).

Welche Module werden während der Ausbildung in den USA trai-niert? Hier findet die fliegerische Grund-ausbildung statt. Man könnte sie auch mit einer „Fahrausbildung“ vergleichen. Es werden Fertigkeiten „wie fliege ich“, „wie bewege ich ein Flugzeug unter Sichtbedingungen“ und „wie bewege ich ein Flugzeug unter Instrumentflugbedingungen“ geschult.

Was ist das typische Anforde-rungsfeld an einen Kampfpilo-ten und haben diese sich in den letzten Jahren im Wesentlichen verändert oder sind die Anforde-rungen statisch geblieben? Ja, aus meiner Sicht hat sich das Anforderungsfeld an den Piloten verändert. Die Luftwaffe betreibt mittlerweile im Bereich Eurofigh-ter ein Flugzeug mit Single-Cock-pit. Davor war es mit der F4-F ein Zwei-Mann-Cockpit. Also ist der Tätigkeitsbereich des Piloten mas-siv ausgeweitet worden. Das zeigt sich unter anderem beim Task-Ma-nagement. Das Flugzeug „befeuert“ den Piloten während des Fluges mit einer Vielzahl an Informationen. Diese sollte man am besten zeit-gleich wahrnehmen. Daher ist das Anforderungsprofil ein Stück weit intensiviert wurden. Multi-Tasking ist jetzt noch mehr gefragt! Sie ha-ben im Jet eine HUD (Head-up Display), in der Fluginformationen

Wir sprachen mit Ralf Hinkel über Simulatortraining, De-briefing und Kommunikation im Cockpit. Er ist ehemali-ger Berufsoffizier und F4-Jetpilot der deutschen Luftwaffe, arbeitet als ziviler Fluglehrer (Civil Instructor) und Waf-fenlehrer mit dem Eurofighter Simulator in Nörvenich und ist Trainer sowie Assessor für Crew Resource Management (CRM). Er ist für die Erstellung von Eurofighter Simulator Datenbasen zuständig, bildet die Piloten in der Systemnut-zung des Flugzeugs aus, entwickelt und evaluiert Taktiken der Waffennutzung und überwacht die Tätigkeiten der Pi-loten während der Simulatorsessions.

„Im Prinzip ist es ein Handwerk“

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Interview Simulatortraining

transparent dargestellt werden. Sie haben weitere drei Displays im un-teren Sicht-Bereich, in denen weite-re Informationen abzugreifen sind und müssen zeitgleich den Flugweg beobachten. Sind sie dann auch For-mationsführer, haben sie noch die Formationsflieger zu überwachen. Diese Aufgaben sind insgesamt nichts Neues, allerdings macht diese jetzt ein einzelner Pilot.

Hat sich denn die Kommunikati-on im Cockpit verändert?Die Arbeitsweise hat sich grund-sätzlich nicht verändert, allerdings gibt es keine In-Cockpit Kommu-nikation mehr, da der Pilot alleine ist. Es gibt eine Team / Inter-Team Kommunikation. Diese ist ebenfalls nichts Neues. Neu ist, dass die Din-ge, die in einem Zwei-Mann-Cock-pit im Cockpit besprochen wurden, mittlerweile zwischen den „Flug-zeugen“ besprochen werden. Diese Kommunikation umfasst z.B. Din-ge, die der eine Pilot sieht, der ande-re aber nicht, oder Kommunikation bei einem Systemausfall. In einer Formation fliegen meist 2 bis 4 Ma-schinen (2-4 Piloten). Die Ausnah-me ist ein Pilot/ein Flugzeug.

Also kontrollierte Aggressivität? Kontrollierte Aggressivität in Bezug auf „ich will Entscheidungen fällen“, „ich will gewinnen“. Von daher ist es auch aus meiner Sicht kein Job, sondern ein Beruf. Den Unterschied sehe ich klar in dem Wort Beruf, Be-rufung.

Also doch Berufung? Berufung war es in meinem Fall garantiert. Ich habe 20 Jahre mei-nes Lebens mein Hobby zum Beruf gehabt, wer kann das schon sagen?! Sie müssen vollends dahinter stehen.

Sie arbeiten generell mit dem

EF-Simulator. Seit wann stehen Sie mit dem Gerät in Kontakt und seit wann trainieren Sie da-mit andere Piloten? Ich bin seit gut sieben Jahren mit dem Simulator in Kontakt und wir trainieren hier seit 2009, sprich jetzt 5 Jahre.

Wieso ist ein reines „On-The-Job“-Training nicht möglich und warum verwendet man einen Si-mulator? Es kostet einfach zu viel.

Bezieht sich das Simulatortrai-ning ausschließlich auf den Pilo-ten oder werden weitere Bereiche, wie der Tower oder das Rollfeld, mit einbezogen? Tower und Rollfeld eher nein. Was wir machen ist ein Simulatortrai-ning mit zwei Piloten. Dabei wird der Simulator vom Civil Instructor über eine Konsole bedient. Im Inter Team trainieren wir mit den Nut-zern der Bodenradargeräte, dem sog. „Ground Control Intercept„(G-CI). Hier wird im Simulator ein „re-aler“ Flug durchgeführt. Der Vorteil liegt bei der Präsenz aller Beteilig-ten, die im realen Flugbetrieb nicht gegeben ist.

Geschieht diese Form des Trai-nings Regelmäßig? Leider nicht. Es wird jedoch ange-strebt.

Welchen Stellenwert wollen sie den Trainingsmethoden, die an-geboten werden denn geben? Ich denke im Vergleich zur Medizin und zur Feuerwehr sind wir einen großen Schritt voraus. Die Luftwaf-fe führt jährliche, meist auf theore-tischer Art, nachweispflichtige CRM Trainings durch. Dass das nicht unbedingt freiwillig ist, brauche ich ihnen nicht zu sagen.

Kleines Flieger Einmaleins:

Alarmrotte: Das sind 2 Flugzeuge (+2 Piloten natürlich), die 24 Stun-den Bereitschaft haben und inner-halb einer gewissen Zeit in der Luft sein müssen

ASTA (Aircrew Synthetic Trai-ning Aids): Ist das System mit dem in der Luftwaffe trainiert wird. Es besteht aus einem Full Mission Si-mulator, in dem alles sehr detail-getreu dargestellt ist, und einem Cockpit Simulator. Letzterer ver-fügt über ein kleineres Sichtfeld und etwas weniger Funktionen

Bold Face: Wird so genannt, weil die Buchstaben dieser Bereiche in der Checkliste „Bold“sprich „Fett“ gedruckt sind

Civil Instructor: Ein militärischer Fluglehrer

DMO (Distributed Mission Ope-rations) /DMT (Distributed Mis-sion Training): Events, bei denen Piloten über weite Entfernungen hinweg zusammen in einer virtu-ellen Umgebung trainieren. Die USA sind hier führend und kön-nen ihre Simulatoren sogar welt-weit verknüpfen

Eurofighter Simluator Datenba-se: Simulierte Missionen werden alle digital erstellt. In der Daten-base befinden sich alle Szenarien, die von den Informatikern erstellt wurden

Feedback-Loop: Eine Feed-back-Schleife, das bedeutet, dass auf eine Anfrage immer eine Ant-wort kommen muss. Bleibt die Antwort aus muss die Anfrage wiederholt werden, bis eine Ant-wort kommt

83Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Interview Simulatortraining

Wir bieten eine Verzahnung des CRM Trainings mit dem Simulator Training. In einer CRM Trainings Mission haben wir die Möglichkeit direkt gewünschte Soft-Skills anzu-sprechen. Es können Situationen erzeugt werden, die z.B. Task Ma-nagement erfordern, zuweilen zu Task Saturation führen. Dies lässt sich daran erkennen, dass z.B. keine Kommunikation mehr stattfindet.

Kommt der Kommunikations-ausfall durch die hohe Belastung zustande?Ja, durch die hohe Aufgabeninten-sität und die relativ zügige Abfolge verschiedener Entscheidungspro-zesse entsteht der Effekt, dass keine Entscheidungen mehr getroffen wer-den können. Dabei ist jedoch nicht der körperliche Ausfall gemeint. Die körperlichen Effekte die z.B. bei ei-nem Kurvenflug auf den Körper in Form der sogenannten G-Belastung wirken, werden hier nicht trainiert. Z.B. entsprechen 5-G dabei dem fünf-fachen des eigenen Körperge-wichts.

Wieso ist es überhaupt wichtig, dass Piloten regelmäßig nach der Ausbildung trainieren? Gewisse Grundfertigkeiten wer-den in jedem Flug trainiert, sprich starten, landen und das generische Fliegen. Gewisse Aspekte werden nicht so häufig trainiert, wie z.B. die Luftbetankung. Dafür gibt es dann sogenannte „Currencies“, die statis-tisch erfasst werden. Insgesamt ist es wichtig, dass Verfahrensabläufe in gewissen Zeitabständen regelmäßig trainiert werden, um nicht ‚einzu-rosten‘. Sie können es sich nicht leis-ten, ein halbes Jahr nichts zu tun. Dazu ist das Business zu komplex und zu gefährlich.

Findet das Fliegen unbewusst statt? Ja, gewisse Aspekte des Fliegens fin-den unbewusst statt, wie z.B. das Handwerk des reinen Fliegens von A nach B, das Kurvenfliegen, das Steigen und Sinken. Die Handlun-gen werden geplant durchgeführt, sind aber „second nature“. Es ist vergleichbar, wie das Erlernen des Autofahrens. Erst suchen sie die Kupplung und später denken sie nicht mehr darüber nach. Die Start und Landephasen hingegen sind High-Tense-Regionen, bei denen auch in der zivilen Luftfahrt die meisten Unfälle passieren und die viel Aufmerksamkeit erfordern.

Es gibt ja die skill-based Trai-nings, also das fertigkeitsbasier-te Training. Welche Fertigkeiten werden durch das Training abge-deckt? Bspw. die Informations-verarbeitung und eine schnelle Auffassungsgabe?Ist das denn Skill? Fertigkeiten sind Dinge, die man trainieren kann, wie z.B. die Nutzung des Systems. Das heißt, ich weiß z.B. wo ich in Micro-soft Word eine Funktion finde, um die Wörter zu zählen. Solche techni-cal-skills werden hier trainiert. Soft Skills werden in die einzelnen Sze-narien mit eingebaut. Z.B. triggern wir Task Management und Situati-onal Awareness, indem wir die Teil-nehmer in Situationen stecken, die neu für sie sind oder die sie lange nicht mehr erlebt haben.

Die Unterscheidung von Skills ist also nicht einfach nur eine Unterscheidung zwischen techni-cal-based und soft-skills? Es ist nicht so einfach zu unter-scheiden wie in der Theorie. Und das Schöne an unserem Beruf ist, dass so viel zusammenkommt. Das Flugzeug fliegt sich sehr einfach, das

heißt das Fliegen ist vergleichbar mit einem Flugsimulator am PC. Das muss aber auch so sein, denn die Arbeit drum herum ist so for-dernd, dass es nicht gut wäre, wenn Sie sich zu sehr auf das Fliegerische konzentrieren müssten.

Was für einen Stellenwert hat die Kommunikation und wie fließt diese ins Training ein? Wer kom-muniziert mit wem und kann man die Kommunikation über-haupt trainieren? Der Pilot kommuniziert mit seiner Außenwelt. Das umfasst alle, die bei einem beliebigen Flug beteiligt sind. Am Boden ist es der Tower-Lot-se, im kontrollierten Luftraum der Luftverkehrslotse, im speziellen Luftraum bestimmte Militärstellen, dann noch die Mitglieder der eige-nen Formation. Kann man das trai-nieren? Ja und das muss man auch. Dafür gibt es im fliegerischen Be-reich bestimmte Phrasen, die einzu-halten sind. Man kann nicht einfach sagen „komm mal nach links“. Da-für gibt es bestimmte Phrasen, die die Kommunikation vereinfachen, wenn man sie denn kennt. Bei der Kommunikation wird auch Wert darauf gelegt, dass eine Art Feed-back-Loop entsteht. Soll heißen, ich mache einen Funkspruch, der wie-derum beantwortet werden sollte. Geschieht dies nicht habe ich diesen Funkspruch zu wiederholen, bis ich eine Antwort erhalte. Hier gilt der schöne englische Satz: „A call not answered is a call not made.” Nicken als Feedback klappt nicht. Die Kom-munikation wird in der Flugnach-besprechung bewertet.

Man kennt ja aus Kernkraftwer-ken die dicken Ordner gefüllt mit Vorgehensweisen für Notfälle. Gibt es etwas Vergleichbares auch im Cockpit?

84

Interview Simulatortraining

Nicht ganz so dick, aber es gibt auch etwas Vergleichbares im Cockpit. Sollte ein Notfall eintreten, unter-scheiden wir im Prinzip zwei Arten: einer dringlichen und einer nicht ganz so dringlichen. Ein dringlicher Notfall ist gegeben, wenn ich eine sogenannte bold face durchfüh-ren muss, d.h. eine Aktion, die ich ohne zu Hilfenahme der Checkliste oder sonstigen Dingen durchführen muss, z.B. Triebwerksausfall beim Starten ist eine solche Aktion, bei der man einfach beide Triebwer-ke auf Vollleistung stellt und dann trotzdem starten kann. Bei weniger dringlichen Notfällen gibt es dazu eine Checkliste. Das Flugzeug zeigt, welche Systeme ausgefallen sind und anhand dieser Anzeigen kann ich in die dementsprechende Check-liste „abbiegen“ und den Notfall oder das Problem mit der Checkliste abarbeiten.

Und die Checkliste ist auch im Si-mulator und im Flugzeug?Die Checkliste ist theoretisch auch im Flugzeug verfügbar. Die Check-liste wird in Papierform mitgeführt um sicherzustellen, dass in jeder Si-tuation die passende Prozedur an-gewandt werden kann.

Können Sie uns denn generell zum Simulator erzählen, was typische Missionen sind? Wird immer etwas besonders schweres genommen, das eine Ausnahme-situation darstellt oder eher ty-pische Missionen, wie etwa den Flugraum überprüfen? Es hängt davon ab, was der Einzel-ne trainieren will/soll. Wir können grundsätzlich ein weites Trainings-spektrum abdecken. Typische Missi-onen sind bspw. das Trainieren von Anflügen an fremden Flugplätzen. Es gibt Notverfahren-Simulatoren, bei denen der Schwerpunkt auf ge-

wissen Flugzeugsystembereichen liegt. Das Flugzeug hat grundsätz-lich verschiedene Systeme, die wir alle wahlweise in der Simulation ausfallen lassen können: Der Avi-onikbereich, der Fuelbereich, der Triebwerksbereich, der Hydrau-likbereich, um einige zu nennen. Weitere Beispiele für Trainingsmis-sionen sind der reine Luftkampf, in dem Grundfertigkeiten trainiert werden, wie z.B.: Wie manövriere ich das Flugzeug am besten? Dann gibt es die Abfangjagd, also das Ab-fangen bekannter oder unbekannter Flugzeuge.

Abfangen bedeutet also quasi „begleiten“ und nicht zwangsläu-fig „abschießen“?Abfangen heißt erst mal nur, dass ich an ein Flugzeug ran fliege und schaue, welcher Flugzeugtyp es ist. Jedes Flugzeug hat normalerweise eine Kennung, die ich weitergebe. Abgeschossen wird hier nicht. Der Einsatz von Waffen wird eben-falls trainiert.

Welche Gefahrenbereiche gibt es denn noch, die trainiert werden können? Abfangen ist zunächst erst mal kein Gefahrenbereich, das ist ein Trai-ningsbereich.

Unter Gefahrenbereich stellen wir uns -als Laien- Kampfsituati-onen vor. Was sind für Sie denn Gefahrenbereiche? Das „Abfangen“ ist für uns kei-ne Gefahrensituation, das ist für uns das Daily Business, also unser Beruf. Eine solche Situation kann natürlich auch gefährlich sein. Für mich sind Gefahrenbereiche z.B., ein tatsächlicher Defekt eines Flug-zeugs oder wenn ich einem anderen Flieger aus Versehen zu nah kom-me. Das sind Dinge, die weder ge-

GCI (Ground Control Intercept): Die Nutzer der Bodenradargeräte High-Tense-Region: Regionen, in denen die Piloten unter besonde-rer Anspannung stehen

HUD (Head-up Display): Ein Display, das die Fluginformationen transparent ins Sichtfeld des Pilo-ten projiziert, so dass dieser seine Blickrichtung beibehalten kann

Points to ponder: Lerngebiete, in denen Fehler aufgetreten sind, und die ggf. nochmal wiederholt wer-den

Situational Awareness: Beschreibt das Situationsbewusstsein, also den Zustand, seine Umgebung richtig wahrgenommen und inter-pretiert zu haben

Soft-Skills: Andere Bezeichnung ist auch „Social Skills“. Gemeint sind soziale Kompetenzen

Task Management: Aufgabenma-nagement, welches festlegt, wie man eine bestimmte Aufgabenstel-lung bearbeitet

Technical-Skills: Das Wissen und die Fertigkeiten, die dazu benötigt werden, um eine Aufgabe zu erfül-len

85Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Interview Simulatortraining

plant, noch gewollt sind.

Genau da möchte ich einsteigen. Wir haben gelesen, dass man mehrere Simulatoren vernetzen kann. Wie genau findet das statt, also wer kommuniziert mit wem und geschieht das länderüber-greifend? Wir können leider noch nicht län-derübergreifend vernetzen. Wir können das nur innerhalb dieses Gebäudes, aber auf mittlere Sicht hoffe ich, dass wir uns innerhalb Deutschlands vernetzen können. Die Amerikaner sind uns hier vo-raus. DMO (Distributed Mission Operations) /DMT (Distributed Mission Training) ist da ein wich-tiges Stichwort. Die Amerikaner können Simulatoren auf der ganzen Welt miteinander vernetzen.

Wo ist da in Deutschland das Problem? Ist es ein technisches oder finanzielles Problem? Da bin ich leider überfragt. Es ist sicherlich ein technisches Problem und bestimmt auch ein sicher-heits-technisches Problem. Denn wenn ich mich vernetze, muss ich Daten, außerhalb eines sicheren Be-reiches, nach außen übermitteln.

Über die Grenzen hinweg wird aber nicht vernetzt oder? Also bspw. Deutschland mit Polen. Nein im Jet-Bereich noch gar nicht.

Wenn mehrere Piloten miteinan-der vernetzt sind, werden dann andere Schwerpunkte als beim Einzeltraining gesetzt? Wird eher das Gruppensystem an sich be-trachtet oder die einzelnen Pilo-ten? Wird das Debriefing dann in der Gruppe oder einzeln durch-geführt?Die Trainingsschwerpunkte hängen von der Mission ab. Die ist unab-

hängig, ob ich vernetzt fliege oder nicht. Das Debriefing wird immer gemeinsam durchgeführt. Darin wird auf individuelle sowie Team Aktionen eingegangen. Diese wer-den bewertet und im Falle eines Fehlers werden Lösungsmöglichkei-ten aufgezeigt.

Also es werden dann keine beson-deren Schwerpunkte gelegt, z.B. drei Piloten waren gut, und einer war nicht so gut?Es werden gute und schlechte Punkte angesprochen. Es wird auch sehr viel Wert auf Kommunikation gelegt. Gerade bei besagten Phrasen, der standardisierten Kommunikation. Hierauf wird sehr viel Wert gelegt. Gerade Dinge wie „Kam das an?“, „Hast du das gehört?“, „Warum hast du nicht geantwortet?“. Gemeinsa-mer Einsatz von Waffen: „Hast du dich an die Taktik gehalten? Hast du dich an den Game-Plan gehal-ten“ solche Aspekte werden im De-briefing untersucht. Dazu werden zu jedem Flug einzelne Objectives, also Zielvorgaben, die ich erreichen möchte, vorher festgelegt. Anhand dieser Objectives wird in der Nach-besprechung bewertet. “ Es werden nach jedem Flug „Lessons Learned“ ermittelt oder Points-to-ponder Areas dargestellt, also Gebiete in de-nen ich mich verbessern kann.

Gibt es denn generell Unterschie-de zwischen dem Debriefing ei-nes erfahrenen Kampfpiloten oder eines Piloten, der gerade aus der Ausbildung kommt? Klar. Die Trainings/Themenschwer-punkte sind ganz andere. Ich werde den jungen Mann nicht mit Sachen behelligen, die er absolut nicht lösen kann. Das Training wird daher auf den jeweiligen Protagonisten ange-passt und wird auch dementspre-chend debrieft.

Läuft der Flug hierarchisch ab oder kann jeder Pilot unabhängig entscheiden? Gibt es beispiels-weise einen „Voranflieger“? Ja den gibt es. Es gibt einen Forma-tionsführer, der grundsätzlich alle Entscheidungen fällt, die die Flug-zeuge seiner Formation betreffen. Darüber hinaus gibt es noch die Hierarchie innerhalb der Formati-on. Im Falle einer Notsituation ist es möglich, dass sich diese Hierarchie kurzzeitig ändert.

Gibt es denn Diskussionen bei den Debriefings, wo Piloten bei-spielsweise sagen „Das sehe ich anders“? Ja klar. Das ist normal und auch ge-wünscht. Jeder bringt seine Punkte/Sichtweisen vor. Am Ende schließt der Formationsführer das Debrie-fing mit einer/mehreren ‚Lessons learned‘.

Die Taktiken werden auch trai-niert im Simulator?Ja.

Kommen wir zu Ihren persönli-chen Erfahrungen. Halten Sie je-den für gleich geeignet den Job zu machen? Nein. Die Bundeswehr leistet sich einen ganzen Apparat, um die In-teressenten zum einen medizinisch, auf den Kopf zu stellen. Zum an-deren macht sie das auch psycholo-gisch.

Sind denn die Simulatortrainings für jeden Teilnehmer gleich effek-tiv? Zieht jeder denselben Nutzen daraus? Wahrscheinlich nicht. Ein sehr Er-fahrener wird aus einer relativ ein-fachen Mission weniger ‚mitneh-men‘ als ein Pilot, der gerade aus der Ausbildung kommt.

86

Interview Simulatortraining

Sie persönlich haben sicherlich im Simulator schon drin geses-sen. Was waren denn Ihre besten Momente? Gibt es so etwas? Wie vergleichen Sie es mit dem echten Fluggefühl?Fliegen ist um hundert Längen besser. Es ist nicht vergleichbar. Es wäre vermessen zu sagen, der Simu-lator wäre besser als das Flugzeug. Fragen Sie die Piloten. Das Fliegen macht um rund 1000% mehr Spaß, als das Simulatorfliegen. Was man aber wirklich sagen muss, der Simu-lator, den wir hier haben, ist eine Wucht. Ich kenne andere Systeme, andere Flugzeuge, ältere Flugzeuge, ältere Simulatoren. Diese sind mit dem ASTA nicht vergleichbar.

Welche Rolle gefällt Ihnen denn besser, die des Trainers oder des Teilnehmers? Ähm... (überlegt), hab ich keine Präferenz, tatsächlich. Ich mag beides gerne. Also mir macht es jetzt weniger aus, nicht mehr zu fliegen als früher.

Sehen Sie denn generell Verbes-serungsmöglichkeiten im Simu-lator?Verbesserungen sind immer mög-lich. Ich hoffe, dass in absehbarer Zeit die Möglichkeit besteht, die einzelnen ASTA Simulatoren mitei-nander zu vernetzen.

Wo sehen Sie das Simulatortrai-ning in den nächsten Jahren? Im-mer näher am Fliegen?Mein Gefühl ist, dass es nicht mehr näher geht. Es gibt Simulatoren, die Beschleunigungskräfte simulieren können. Aus meiner Sicht ist es den Aufwand nicht wert. Und ein biss-chen was muss auch noch für die „reale“ Welt übrig bleiben.

Würden Sie das als Nachteil des Simulatortrainings bezeichnen? Dass die körperliche Belastung und die fliegerischen Fertigkei-ten nicht gemeinsam simuliert werden können?Wenn ich eine 100% Lösung anstre-be, muss ich ja sagen. Hier werden keine physiologischen Belastungen, im Sinne von G-Kräften, trainiert. Einen kleinen Bruchteil dessen, was draußen passiert, können Sie ein-fach nicht simulieren.

Kann man durch gutes Training der Angst entgegenwirken?Sie können durch Training der Angst entgegenwirken, indem Sie bei der Person die „confidence“ schaffen. Confidence, sprich Vertrauen, in sich selbst, dass sie ähnliche Situati-onen schon erlebt hat und dadurch ein Gefühl der Sicherheit entsteht, auch diese Situation zu meistern.

Haben Sie eine solche Situation schon einmal erlebt? Ja, aber denken Sie besser nicht dar-über nach. Was man sich vorstellen kann ist beispielsweise: Es ist Nacht-flug, also richtig, richtig dunkel. Mein Wingman, also mein Mitflieger, hat einen Notfall und mein Sprit geht zu Neige. Mein Wingman macht gerade die letzte Landebahn vor mir dicht. Was mache ich? Auf der Au-tobahn fahr ich rechts raus(lacht). Das können wir hier ansprechen und fragen: „Welche Optionen ha-ben Sie? Was können Sie machen?“ Aber im Endeffekt müssen Sie es erleben. Beziehungsweise müssen Sie nicht, ich wünsche es keinem. Diese Erfahrungen können Sie aber nur im richtigen Flugzeug „erleben“.

Vielen Dank für das interessante Gespräch.

Peter Hansen, Daniel Veutgen, Lucas Coerdt

87Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Kreuzworträtsel

Kreuzworträtsel

Fragen:

1. Wofür stand das C in CRM früher einmal?2. Was wird in der 3. Stufe von Kirkpatricks Evaluationsmodell überprüft?3. Kommunikation heißt, das eigene Denken und Handeln in eine [?] zur anderen

Person zu bringen4. Welcher Analyseteil fehlt hier für die Trainingsplanung? Aufgabenanalyse,

Personalanalyse und [?] ?5. Man unterscheidet zwischen Teamwork-Skills und [?]-Skills.6. Welche Trainingsstrategie kann bei Kraftwerken nicht genutzt werden, da das

Risiko einer Katastrophe zu groß ist?7. Was bleibt für die Teilnehmer von Simulatortraining geringer, wenn die Szenarien

sehr realitätsnah gestaltet werden?8. Eine Trainingsmethode für geteilte mentale Modelle ist [?]-Training.9. Man unterscheidet zwischen [?]- und Teambezogenen mentalen Modellen.

10. CRM soll Koordinations- und [?]-Verhalten beeinflussen.11. Der Begriff CRM wurde in einem [?]- Workshop das erste Mal genutzt.12. Sie werden zum effektiven Training eingesetzt. Piloten/Pilotinnen nutzen diese, Anästhesisten/Anästhesistinnen noch andere.13. Was für eine Methode ist das After Action Review?14. Was baut man auf, wenn man in einer Situation alle Informationen aus der Umwelt sammelt? Situation [?].15. Ordnung innerhalb eines Teams16. Salas und Co schrieben über die Big [?] in Teamwork.17. Im Swiss Cheese Modell stellt jede Käsescheibe eine [?] dar.18. Laut Schulz von Thun kann eine Nachricht 4 verschiedene [?] haben.19. Unabdingbar für gegenseitiges Verständnis ist ein gemeinsames [?].20. Wie wird das CRM Training in der Anästhesiologie genannt?21. Die höchste Unfallursache auf Olplattformen ist laut einer Umfrage mangelnde Sorgfalt und [?].

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Kreuzworträtsel

Fragen:

1. Wofür stand das C in CRM früher einmal?2. Was wird in der 3. Stufe von Kirkpatricks Evaluationsmodell überprüft?3. Kommunikation heißt, das eigene Denken und Handeln in eine [?] zur anderen

Person zu bringen4. Welcher Analyseteil fehlt hier für die Trainingsplanung? Aufgabenanalyse,

Personalanalyse und [?] ?5. Man unterscheidet zwischen Teamwork-Skills und [?]-Skills.6. Welche Trainingsstrategie kann bei Kraftwerken nicht genutzt werden, da das

Risiko einer Katastrophe zu groß ist?7. Was bleibt für die Teilnehmer von Simulatortraining geringer, wenn die Szenarien

sehr realitätsnah gestaltet werden?8. Eine Trainingsmethode für geteilte mentale Modelle ist [?]-Training.9. Man unterscheidet zwischen [?]- und Teambezogenen mentalen Modellen.

10. CRM soll Koordinations- und [?]-Verhalten beeinflussen.11. Der Begriff CRM wurde in einem [?]- Workshop das erste Mal genutzt.12. Sie werden zum effektiven Training eingesetzt. Piloten/Pilotinnen nutzen diese, Anästhesisten/Anästhesistinnen noch andere.13. Was für eine Methode ist das After Action Review?14. Was baut man auf, wenn man in einer Situation alle Informationen aus der Umwelt sammelt? Situation [?].15. Ordnung innerhalb eines Teams16. Salas und Co schrieben über die Big [?] in Teamwork.17. Im Swiss Cheese Modell stellt jede Käsescheibe eine [?] dar.18. Laut Schulz von Thun kann eine Nachricht 4 verschiedene [?] haben.19. Unabdingbar für gegenseitiges Verständnis ist ein gemeinsames [?].20. Wie wird das CRM Training in der Anästhesiologie genannt?21. Die höchste Unfallursache auf Olplattformen ist laut einer Umfrage mangelnde Sorgfalt und [?].

Lösungswort:

Die Auflösung finden Sie auf Seite 100.

89Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Simulatortraining in den USA

Blick über den großen Teich

Im Verlauf dieser Zeitschrift wurde viel darüber gesprochen, wie das Team-Training in den verschie-densten High Reliability Organi-sationen in Deutschland abläuft. Das heißt, wo liegen in den vielen verschiedenen Branchen jeweils die Schwerpunkte und was für einen Stellenwert hat beispielsweise das Simulatortraining. Ein besonderer Fokus lag dabei auf dem Training von Piloten/innen. Haben Sie sich beim Lesen vielleicht gefragt, wie das in anderen Ländern aussieht?Das folgende Kurzinterview wurde mit einem Amerikaner geführt, der ehemals als Pilot tätig war und sich heutzutage mit dem Training von Piloten/innen beschäftigt.Das Interview soll Ihnen einen Ein-druck über das Simulatortraining in den USA verschaffen

Biography

Could you introduce yourself real quick?My name is Stan and I’m a career pilot and aviation/airline manager.

What does your career look like? How long have you worked in the field of Simulation Training and what did you do before?I used to be a US Navy pilot and of-ficer for 13 years and flew helicop-ters, turboprops and jets. Addition-ally I’ve worked as an airline pilot and airline manager, Director of Operations/Chief Pilot and more for 14 years. Since one year I’m work-ing for a government civil aviation authority.Overall I’ve worked in the field of simulation training for 28 years.

The training in detail

Can you give me a quick overview of the simulator training? Who

takes part in it? Which kind of simulations do you use? What are the central skills that are meant to be used in skill-based trainings like simulation-training?I’ve primarily worked with full mo-tion pilot flight simulators, static trainers like door trainers, cabin smoke and emergency evacuation trainers. I did that with some pilots and flight attendants.Most of the time cabin crew and pilot training is done separately, except for classroom CRM. Central skills used in simulation training are stick and rudder, instrument fly-ing, headwork, airwork and CRM. During all flight sims, whether on or off motion we are looking at and evaluating CRM.

What do you mean with head-work and airwork?Headwork is a term we use to evalu-ate a pilot’s judgement. For instance, if we give a pilot an engine fire we expect him to follow the emergency checklists to fight the fire but we also

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Simulatortraining in den USA

expect him to turn toward the near-est airport immediately while he is “fighting the fire”. An example for “bad headwork” is a crash over the ocean where the plane turned out to sea to fight a cabin fire when they should have performed an emergen-cy descent and landed at the nearest airport while they first learned they had a fire.Airwork is a term we use to evaluate a pilots flying ability. That means how does he/she handle all aspects of actually flying the airplane.For instance an instructor might say “Billy, your airwork was really good today. You flew outstanding instru-ment approaches but your head-work was bad when you landed on the wrong runway”.

How important is the training of technical skills?Technical skills are very important. They are the foundation for what we do. Most pilots would not reach the level of piloting (FAA Part 121 US Airlines) without good techni-cal skills. I feel these skills are being eroded or not taught as much due to increasing automation.

When does the simulation-train-ing take place?Simulation-Training takes place after all ground training is com-plete. That means pilots have to do it before their actual first flight and throughout their whole time as an active pilot, because airlines in the US are either under the traditional Proficiency Check/ Recurrent Check timetable syllabus or the advanced Qualification Program (AQP). AQP is more day-to-day line flying ori-ented.

What kind of situations are simu-lated? Only dangerous and excep-tional situations?

No, training is on all aspects of a flight from when a pilot arrives in the cockpit and begins running checklists, normal takeoffs and in-strument approaches (precision and non-precision).A precision approach is an ILS (Instrument Landing System) ap-proach. It gives vertical and hor-izontal guidance to a pre-deter-mined height above the runway. A non-precision approach only gives horizontal guidance. Vertical guid-ance is determined by a published procedure that pilots must fly.

Can you give me an example of a typical and an exceptional situa-tion?A typical situation is a normal take-off. An exceptional situation is a V1 Cut where we simulate an engine failure on takeoff.

How do cultural differences affect the behavior in the cockpit and in the cabin?The only place I’ve seen this is when I was the Director of operations for a Barbados startup airline. We had american pilots and caribbean pi-lots. It was more of a language prob-lem than a cultural problem. There is not much cultural difference in the cockpit at the level I am at.

The necessity of Simula-tion-Training

Do you think CRM-/Simula-tion-Training is necessary in the field of civil aviation. If so, why?CRM is extremely important. It’s critical to safe flying as much as the engines, the wings, etc.In the old days the Captain was king and ruler. That was very unsafe as the rest of the crew was afraid to speak up. Now the whole crew is

involved and a good Captain, F/O (First Officer) or F/A (Flight Atten-dant) will use all the resources avail-able to accomplish a safe flight.In some Asian cultures CRM is still not practiced as well as it could be due to the cultural nature and up-bringing in those countries. (Für mehr Informationen dazu: „Team-work und kulturelle Unterschiede“ S. 18 )

What do pilots and all others who are involved think about the training? Do they see an advan-tage or is it just something they have to do?Pilots know it’s important. No one likes to be observed and criticized closely. I like it as much as going to the dentist. You don’t want to go but you know it’s necessary.

Why is it important for the par-ticipants to take part in simulator trainings regularly?For the participants it’s import-ant to keep their skills sharp. For the airlines it’s important to check standardization of procedures, their pilots, etc. Also simulator-training makes it possible to train on new equipment or new procedures.

How many people are involved in the training of one pilot or a member of the cabin crew?To train one pilot, F/O or Captain you need one other pilot and a sim-ulator instructor. To check a pilot the simulator instructor must be a check airman and the instructor must be an APD for a type rating. Europe calls APDs (aircrew pro-gram designees) TREs (type rating examiners).

91Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Simulatortraining in den USA

Debriefing

What does the debriefing look like?Debriefing is usually fairly short un-less there are major problems. Most debriefing is done immediately fol-lowing a maneuver or procedure in the simulator. For checking, the de-briefing is done in a formal setting in a debriefing room since you are not allowed to do debriefing during the check.

How important is the debriefing?Extremely important so the pilots know what they did wrong and can correct their mistakes. Self reflection is very important so that a pilot can improve and won’t make the same mistake again.

Is there room for discussion in case there is more than one solu-tion to a simulated situation or do the participants have to follow their instructions step-by-step?There is room for discussion but gen-erally the instructor’s comments are gospel. They are more experienced generally and do a lot of training.

Personal experience with Simula-tion-Training

Can you tell me about your per-sonal experience with simula-tors? Did you have to complete it back when you were working as a pilot?Yes, I constantly do training and checking. It’s never ending so that pilots remain proficient and stan-dardized.

What are your central tasks and how does a normal workday look like for you?

Every day is different for me since I am involved in conducting surveil-lance and ensuring compliance with the regulations by the airlines.

You worked as a pilot for several years- did the job and its require-ments change in the past years?Yes, automation has changed flying a great deal. For good and bad. On the one hand it’s less workload for the pilot, on the other hand there is too much reliance on automation, pilots are getting complacent and eroding stick and rudder skills.

What do you like the most: Being a pilot or a trainer – and why?I like both because I don’t like doing one thing very long. I like a variety.

Space for improvement and out-look

CRM-/Simulation-Training is making its way to other High Re-liability Organizations (e.g. fire-fighters, power stations). Do you think this is a good evolution?I think it is. It will be interesting to see how it is received.

Where do you see space for im-provement?The automation training should be the same, but we need to increase the hand flying and get back to more hand flying during the simulator pe-riods.

What do you think about the de-velopment and importance of simulation-training in aviation and other areas of work?I think it is great. It has saved many lives and property. It would be too expensive to train pilots in an actual aircraft. I think it will be great for

other professions and endeavors for the same reasons.

Thank you for the interview.

Lucas Coerdt

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Veranstaltungskalender

Sie haben noch nichts vor und wollen sich selbst ein Bild machen? Wir haben einige Termine rund um die Themen Flugsicherheit, CRM und Teamtraining für Sie zusammenge-stellt

Veranstaltungstipps für 2015

Wann? Was? Wo?

24. - 27. März Global Aviation Training & Trainair plus Symposium der International Civil Aviation Organization :Gemeinsame Diskussion über die Entwicklung der Aufgaben und Möglich-keiten in der Luftfahrt sowie zukünftige Trainingstechnologien.

Dublin, IE

30. - 31. März Crew Resource Management: 2-day National Symposium der Great Lakes Division zusammen mit der Regional Alliance for Firefighter Training:Zweitägige Veranstaltung, die dem Austausch über CRM innerhalb der Feu-erwehr dient.

Novi, US

15. - 17. April 18. Plattform Jahresworkshop Menschen in komplexen Arbeitswelten: Hu-man Factors in der digitalen Welt: Workshop mit zwei Themenbereichen: Wie hilft und unterstützt uns die digitale Welt, Komplexität besser zu handhaben? Und: Führen Technik und Werkzeuge der digitalen Welt zu einer Komplexitätserhöhung und wie gehen wir damit um?

Köln, DE

26. - 29. April International Symposium on Human Factors and Ergonomics in Health Care von der Human Factors and Ergonomics Society: Konferenz der Human Factors and Ergonomics Society, die eine der wich-tigsten Organisationen im Bereich Humanfaktoren sind. Schwerpunkte sind menschliche Fehler und Leistung im Bereich der Medizin.

Baltimore, US

28. - 30. April The International Forum for the Military Training, Education and Simulation Sectors:Große Messe, auf der neue Simulatoren und Trainingsmethoden für den militärischen Bereich präsentiert werden.

Prag, CZ

29. April - 01. Mai 17th Annual Patient Safety Congress von der National Patient Safety Founda-tion: Kongress, der sich mit der Sicherheit von Patienten/innen beschäftigt und wie man diese erhöhen kann.

Austin, US

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Wann? Was? Wo?

24. - 27. März Global Aviation Training & Trainair plus Symposium der International Civil Aviation Organization :Gemeinsame Diskussion über die Entwicklung der Aufgaben und Möglich-keiten in der Luftfahrt sowie zukünftige Trainingstechnologien.

Dublin, IE

30. - 31. März Crew Resource Management: 2-day National Symposium der Great Lakes Division zusammen mit der Regional Alliance for Firefighter Training:Zweitägige Veranstaltung, die dem Austausch über CRM innerhalb der Feu-erwehr dient.

Novi, US

15. - 17. April 18. Plattform Jahresworkshop Menschen in komplexen Arbeitswelten: Hu-man Factors in der digitalen Welt: Workshop mit zwei Themenbereichen: Wie hilft und unterstützt uns die digitale Welt, Komplexität besser zu handhaben? Und: Führen Technik und Werkzeuge der digitalen Welt zu einer Komplexitätserhöhung und wie gehen wir damit um?

Köln, DE

26. - 29. April International Symposium on Human Factors and Ergonomics in Health Care von der Human Factors and Ergonomics Society: Konferenz der Human Factors and Ergonomics Society, die eine der wich-tigsten Organisationen im Bereich Humanfaktoren sind. Schwerpunkte sind menschliche Fehler und Leistung im Bereich der Medizin.

Baltimore, US

28. - 30. April The International Forum for the Military Training, Education and Simulation Sectors:Große Messe, auf der neue Simulatoren und Trainingsmethoden für den militärischen Bereich präsentiert werden.

Prag, CZ

29. April - 01. Mai 17th Annual Patient Safety Congress von der National Patient Safety Founda-tion: Kongress, der sich mit der Sicherheit von Patienten/innen beschäftigt und wie man diese erhöhen kann.

Austin, US

Veranstaltungskalender

05. - 07. Mai Cabin Operations Safety Conference der International Air Transport Associ-ation:Themenschwerpunkt der Konferenz ist effektives, effizientes und sicheres Arbeiten im Flugzeug.

Paris, FR

06. - 09. Mai Work, Stress and Health 2015: Sustainable Work, Sustainable Health, Sustain-able Organizations von der American Psychology Association:Im Fokus stehen Arbeitnehmer. Interessant sind der Umgang mit Stress und die Verbesserung der Sicherheit für die Arbeitnehmer.

Atlanta, US

19. - 21. Mai European Business Aviation Convention & Exhibition:Große Messe, die sich an den Geschäftsflugverkehr richtet. CRM im Speziel-len wird nicht behandelt.

Genf, CH

02. - 05. Juni Science of Team Science Conference 2015:Austausch zu den neuesten Erkenntnissen der Forschung bezüglich der Effi-zienz und Effektivität von Teams.

Bethesda, US

25. - 27. August The Pacific and Australian CRM Developers’ and Facilitators’ Forum 2015 - CRM and Aviation Human Factors Conference: Die dreitätige Konferenz beschäftigt sich mit CRM in der Luftfahrt. Sie bietet u.a. Workshops in den Bereichen Debriefing oder Coaching für PilotenIn-nen.

Brisbane, AU

14. - 16. Oktober Human Factors and Ergonomics Society Europe Annual Meeting:Treffen des europäischen Ablegers der Human Factors and Ergonomics Soci-ety. Themen sind HROs, Training, Ergonomie und Humanfaktoren.

Groningen, NL

26. - 30. Oktober The Human Factors and Ergonomic Society Annual Meeting:Eine der wichtigsten Konferenzen im Bereich Humanfaktoren. Oft mit be-kannten und im Gebiet führenden Rednern wie z.B. Eduardo Salas.

Los Ange-les, US

30. November - 04. Dezember

Interservice/ Industry Training, Simulation and Education Conference:Weltweit größte Modellbildungs-, Simulations- und Trainings-Konferenz. Bietet neben Präsentationen, Tutorials und einer Ausstellungshalle auch pro-fessionelle Workshops an. Wird organisiert von der National Training and Simulation Association.

Orlando, US

07. - 09. Dezember Crew Resource Management Implementation:Dreitägiger Kurs der International Air Transport Association. Vermittelt Strategien zur besseren Nutzung des Equipments und Anleitungen zur Ver-meidung von Fehlern während des Fluges.

Frankfurt, DE

95Wissenschaft & Praxis Februar 2015 95Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Buchempfehlungen

Wenn Sie noch tiefer in die Materie Teams, Training & CRM eintauchen möchten, haben wir hier ein paar Empfehlungen für Sie:

Noch nicht genug Informationen?

Titel: Human Factors: Psy-chologie sicheren Handelns in RisikobranchenHerausgeberinnen: Petra Badke-Schaub, Gesine Ho-finger, Kristina Lauche Verlag: SpringerJahr: 2012Seitenzahl: 365Preis: 52,99€ISBN: 978-3-64219-885-4Sprache: deutsch

Das Buch bildet ein Überblickswerk zur Psycholo-gie der Sicherheit in Risikobranchen. Es widmet sich dem Menschen als Risikofaktor in Luftfahrt, chemi-scher Industrie, Medizin und Militär. Aktuelle Kon-zepte werden verständlich und handlungsnah erklärt. Dabei wird zwischen dem Risikofaktor Mensch und dem Risikofaktor Organisation unterschieden. Dar-auf aufbauend bietet das Buch konkrete Maßnahmen für die Praxis. Es geht insbesondere darum, Risikofel-der sicherer zu gestalten und Prozesse zu optimieren.

Titel: To Err is Human: Building a Safer Health SystemHerausgeberinnen: Janet Corrigan, Molla Donald-son, Linda KohnVerlag: National Acade-mies PressJahr: 2000Seitenzahl: 312Preis: 38,55€ISBN: 978-0-30926-174-6

Sprache: englischDas Buch stellt einen Bericht des U.S. Institute of Me-dicine vor. Die Ergebnisse aus dem Jahr 1999 waren schockierend: zwischen 44.000 und 98.000 PatientIn-nen starben in den Vereinigten Staaten aufgrund ver-meidbarer medizinischer Fehler. Wieso diese Fehler auftraten, und wie man die Sicherheit der PatientIn-nen durch eine breitere Wissensbasis erhöhen kann, werden im Buch thematisiert. In späteren Kapiteln geht es darum, ein System zu etablieren, das Fehler frühzeitig erkennt und in Gesundheitsorganisationen eingesetzt werden kann.

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Buchempfehlungen

Titel: Safety at the Sharp End: A Guide to Non-Technical SkillsAutorin: Rhona FlinVerlag: Ashgate PublishingJahr: 2008Seitenzahl: 317Preis: 29 €ISBN: 978-0-75464-600-6Sprache: englisch

Flin konzentriert sich in ihrem Buch auf die kogniti-ven und sozialen Fertigkeiten, die für effiziente und sichere Erfüllung einer Aufgabe notwendig sind. In-halte sind alle sogenannten „CRM-Fertigkeiten”, also beispielsweise situative Aufmerksamkeit, Entschei-dungsfindung, Kommunikation oder Zusammen-arbeit im Team. Das Buch richtet sich an alle, die sich mit nicht-technischen Fertigkeiten beschäftigen möchten. Relevante Figuren und Tabellen sind gut illustriert. Durch einen gewissen Sinn für Humor lo-ckert Flin die Kapitel angenehm auf. Zum Ende ihres Buches werden Trainingsmethoden für die erwähnten Skills vorgestellt.

Titel: Trainingsentwick-lung für High-Responsibi-lity-TeamsAutorin: Vera HagemannVerlag: PabstScienceJahr: 2011Seitenzahl: 296Preis: 25 €ISBN: 978-3-89967-765-2Sprache: deutsch

CRM-Trainings kommen aus der Luftfahrt und sind darauf optimiert. Wie können nun andere HRTs, wie Polizei oder Feuerwehr, ihre CRM-Trainings indi-viduell anpassen? Dieser Frage widmet sich Hage-man in ihrem Buch. Sie entwickelt ein Vorgehen, CRM-Trainings systematisch und wissenschaftlich auf die einzelnen HRTs zu übertragen. Mithilfe der Erkenntnisse aus dem Vorgehen führte sie eine Studie mit Feuerwehrteams durch. Innerhalb dieser Studie wurde der Nutzen eines angepassten CRM-basier-ten Seminars in Verbindung mit einem After Action Review wissenschaftlich bewertet. Ein interessantes Buch, vor allem für Praktiker/innen, die die Ergeb-nisse auch für ihre eigene Organisation nutzen möch-ten.

Titel: Die Logik des Miss-lingens. Strategisches Den-ken in komplexen Situatio-nen (11. Auflage)Autor: Dietrich DörnerVerlag: Rowohlt-Taschen-buch-VerlagJahr: 2012Seitenzahl: 346Preis: 9,99 €ISBN: 978-3-49961-578-8Sprache: deutsch

In schwierigen Handlungssituationen ist unser Ge-hirn oft überfordert. Eine gute oder richtige Entschei-dung zu treffen gelingt dann oft nicht. Wir versuchen einen Knoten zu öffnen, sehen aber das Netz zu dem der Knoten gehört nicht. Dörner zeigt in seinem ori-ginellen und teils sogar witzigen Buch anhand ver-schiedener Beispiele und Experimente, wo besonders große Fettnäpfchen liegen. Dazu stellt er zuerst die Grundprinzipien des menschlichen Handelns vor und gibt dem/r LeserIn einige Werkzeuge an die Hand, so dass aus Entscheidungen keine Fehl-Entscheidungen werden.

Titel: Theories of Team-Co-gnition: Cross- Discipli-nary PerspectivesHerausgeber: Stephan Fiore, Michael Letsky, Eduardo Salas Verlag: RoutledgeJahr: 2012Seitenzahl: 638Preis: 80€ISBN: 978-0-41587-413-7

Sprache: englischIm Buch wird ein interdisziplinärer Ansatz zu Denk-prozessen im Team gegeben. Neben Kognitions- und Sozialwissenschaften spielen auch Ingenieurs-, Mi-litärs- und Organisationswissenschaften, Human Factors, Medizin und Kommunikation eine Rolle. Das Buch vereint Ergebnisse aus diesen Bereichen, und hilft, sie im richtigen Kontext einzuordnen. Es werden verschiedene Modell, Ideen, Theorien und Konzepte vorgestellt. Fiore, Letsky und Salas stel-len heraus, worauf es bei Denkprozessen im Team wirklich ankommt, zeigen aber auch Felder auf, zu denen noch weitere Forschung notwendig ist.

97Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Buchempfehlungen

Titel: The Acquisition of Knowledge and Skills for Taskwork and Teamwork to Control Complex Technical SystemsAutorin: Annette KlugeVerlag: SpringerJahr: 2014Seitenzahl: 196Preis: 106,99€ISBN: 978-9-40075-049-4

Sprache: englischKluge bildet mit ihrem Buch einen neuen Ansatz-punkt. Sie schließt die Lücke zwischen traditionellen Lerntheorien und der Entwicklung des Trainings für ArbeiterInnen in komplexen Systemen. Indem zuerst ein guter Überblick über bestehende Lerntheorien, Wissensstrukturen und benötigte Fertigkeiten gege-ben wird, kann anhand dieses Wissens ein Training für ArbeiterInnen in komplexen Systemen entworfen werden. Für die Entwicklung des Trainings wird im Buch ein theoretisches Modell vorgestellt, von wel-chem sich benötigte Trainingsprinzipien ableiten las-sen. Ein gutes Buch für PraktikerInnen und alle, die selbst Trainings oder Instruktionsstrategien entwi-ckeln möchten.

Titel: Group Dynamics for TeamsAutor: Daniel LeviVerlag: SageJahr: 2013Seitenzahl: 365Preis: 72€ISBN: 978-1-41297-762-3Sprache: englisch

Im Buch werden die psychologischen Grundlagen der Dynamik im Team behandelt. Es hilft den LeserInnen auch im alltäglichen Arbeitsleben effektiver und effi-zienter im Team zu arbeiten. Es geht also nicht unbe-dingt um Teams in Risikobereichen, sondern auch um Arbeitsgruppen, wie beispielsweise studentische Pro-jektgruppen. Es werden Ziele, Regeln, Kommunikati-on und Kooperation im Team untersucht und natür-lich die „Klassiker” der Teamaufgaben, wie Konflikte, Problemlösungen und Entscheidungsfindung. Neben „normalen“ Teams werden in der vierten Auflage auch zum ersten Mal virtuelle Teams aufgeführt.

Stornoregelung: Bei Absage bis zum 04.03.2015 wird der Tagungsbeitrag erstattet. Bei späterer Absage nur bei Benennung eines Ersatzteilnehmers.

Herzliche Einladung zum

18. Plattform Jahresworkshop 2015

Human Factors in der digitalen Welt vom 15. – 17. April 2015 im Mediapark in Köln

Die digitale Welt beeinflusst mit sozialen Medien, Vernetzung und erhöhter Kapa-zität der Datenverarbeitung unser Denken, Entscheiden und Handeln auch in kom-plexen Arbeitswelten. Im Workshop beschäftigen wir uns mit zwei komplementä-ren Themenbereichen:

Wie hilft und unterstützt uns die digitale Welt, Komplexität besser zu handhaben? Beispiele für Themen:

Transparenter Informationsaustausch in Krisenorganisationen Soziale Medien in Krisensituationen Verbessertes Patientenmanagement Entscheidungen durch vernetzten Produktionsprozess (Industrie 4.0) Autonome Assistenzsysteme und kognitive Ressourcen

Führen die Technik und Werkzeuge der digitalen Welt zu einer Komplexitätserhöhung und wie gehen wir damit um? Beispiele für Themen:

Risiken und Chancen durch Verfügbarkeit und Schnelligkeit von Informationen im Netz

Veränderung der Arbeitswelt durch digitale Medien Unterschiedlicher Umgang der Generationen mit der digitalen Welt? Handlungsfähigkeit bei Ausfall der digitalen Ressourcen Kontrollerfordernisse bei Unternehmen (Datensicherheit, Industriespiona-

ge etc.) und Reaktionen auf die möglichen Gefahren

Call for Papers Wir freuen uns über Ihre Beitragseinreichung für Arbeitsgruppen, Vorträge, Kurz-vorträge und Poster bis zum 15. Dezember 2014. Abstracts: Maximal eine DIN A 4 Seite an [email protected]. Bitte stellen Sie bei Arbeitsgruppen auch Ihre geplante Methode dar.

Tagungsort Medienpark in Köln, Unterkunft im angrenzenden Motel One. Zimmer aus unse-rem Kontingent können mit diesem Abrufformular bis zum 04.03.2015 reserviert werden. Der Preis ermäßigt sich auf 78,50 Euro bei Nachweis des beruflichen Auf-enthalts. Nachweis bei Buchung oder vor Ort.

Tagungsbeitrag Die Tagungskosten incl. Mahlzeiten am Donnerstag und Freitag betragen:

250 € für Mitglieder der Plattform 350 € für Nicht-Mitglieder Frühbucherrabatt: 30 Euro bei Anmeldung bis zum 15.01.2015.

Anmeldung Bitte melden Sie sich bei der Geschäftsstelle unter [email protected] an. Oder online hier.

Veranstalter Die Plattform „Menschen in komplexen Arbeitswelten“ e. V. ist eine inter-disziplinäre Arbeitsgemeinschaft von Praxis und Wissenschaft. Human Factors Initiativen aus Bereichen wie Medizin, Luft- und Seefahrt, Risikoorganisationen und -industrien, Polizei und Krisenmanagement stehen im Erfahrungsaustausch mit Psychologie, Arbeitswissenschaft und Organisationstheorie. Die Bedeutung und die Gemeinsamkeiten der „Human Factors“ in verschiedenen Arbeitswelten sind Mit-telpunkt der nach außen gerichteten Aktivitäten (Workshops, Publikationen). www.plattform-ev.de

Titel: Crew Resource Ma-nagement HerausgeberInnen: Robert L. Helmreich, Barbara Kanki, Earl WienerVerlag: Academic PressJahr: 2010Seitenzahl: 524Preis: 86€ISBN: 978-0-12374-946-8Sprache: englisch

Das Buch wurde von Pionieren des CRM geschrie-ben und richtet sich an Luftfahrt-Interessierte. Es beschäftigt sich mit der Koordination und der Kom-munikation innerhalb der Flugzeugcrew. Es bietet interessante Einblicke in das Training der militäri-schen und zivilen Luftfahrt aus Sicht der Wissen-schaft, Regierungsorganisationen, Pilotenvereini-gungen und der Technologie. Die zweite Auflage enthält als Erweiterung Informationen zu kulturellen Aspekten des CRM sowie die Entwicklung und Ein-führung des Line-Oriented Flight Trainings (LOFT). Für AusbilderInnen im Bereich CRM bietet das Buch Zugang zu einer Onlinedatenbank mit Bildmaterial.

Titel: Kommunikation in kritischen SituationenAutorin: Gesine HofingerVerlag: Verlag für Polizei-wissenschaftenJahr: 2012Seitenzahl: 237Preis: 19,80€ISBN: 978-3-86676-241-1Sprache: deutsch

Dieses Buch ist das Ergebnis eines Workshops aus PraktikerInnen und WissenschaftlerInnen. Wie im Titel bereits ersichtlich, geht es in erster Linie um Kommunikation. Inhalte sind Kommunikationsmo-delle, die Rolle der Kommunikation für das Handeln in Teams, typische Fallen und Fehler in der Kommu-nikation oder Regeln für sichere Kommunikation. Die anschaulichen Texte, die oft von Fallbeispielen begleitet werden, sind leicht verständlich. Viele In-halte lassen sich auch auf die Kommunikation im Alltag übertragen. In Bezug auf Kommunikation von Teams und Organisationen wird sich beim Lesen si-cherlich das ein oder andere „aha-Erlebnis” einstellen.

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Titel: Risikomanagement und Fehlervermeidung im KrankenhausAutor: Walter MerkleVerlag: Springer Berlin HeidelbergJahr: 2014Seitenzahl: 196Preis: 59,99€ISBN: 978-3-64238-045-7Sprache: deutsch

Dieses Buch ist für Ärzte/innen und Verwaltungsper-sonal interessant. Es bietet einen praktischen Ansatz für Fehlermanagement in der Medizin: Fehler vor-ausahnen, vermeiden, oder wenn sie passiert sind, Wiederholungen vermeiden. Neben Teamarbeit, Ent-scheidungsfindung, Kommunikation und Führung werden auch menschliche Faktoren, also Müdigkeit oder Stress, angesprochen. Die Verwaltungen dürften besonders die Vermeidung rechtlicher und finanziel-ler Folgen interessieren. Das Buch beschreibt alle re-levanten Systeme für Risiko- und Fehlermanagement, darunter auch Crew Resource Management.

Daniel Veutgen

Titel: Entwicklung und Evaluation von Crew Re-source Management Trai-ning für Flight AttendantsAutorin: Sandrina Ritz-mannVerlag: PabstScienceJahr: 2012Seitenzahl: 580Preis: 50€ISBN: 978-3-89967-834-5Sprache: deutsch

Der Inhalt des Buches setzt sich mit dem Entwick-lungsprozess eines CRM-Trainings für Flugbegleite-rInnen auseinander und lässt sich in drei Teile auf-teilen: Der erste Teil ist die Trainingsbedarfsanalyse. Hier werden die Kompetenzen und Einschränkungen in der Arbeit der FlugbegleiterInnen hergeleitet. Im zweiten Teil, der Traininigsgestaltung- und entwick-lung, geht es vor allem um die Umsetzung des Trai-nings. In der letzten Phase werden die Ergebnisse des Trainings überprüft. Ein Buch, welches inhaltlich großen praktischen Nutzen bietet und deren Konzep-te auch auf andere Bereiche außerhalb der Luftfahrt übertragen werden können.

Buchempfehlungen

Stornoregelung: Bei Absage bis zum 04.03.2015 wird der Tagungsbeitrag erstattet. Bei späterer Absage nur bei Benennung eines Ersatzteilnehmers.

Herzliche Einladung zum

18. Plattform Jahresworkshop 2015

Human Factors in der digitalen Welt vom 15. – 17. April 2015 im Mediapark in Köln

Die digitale Welt beeinflusst mit sozialen Medien, Vernetzung und erhöhter Kapa-zität der Datenverarbeitung unser Denken, Entscheiden und Handeln auch in kom-plexen Arbeitswelten. Im Workshop beschäftigen wir uns mit zwei komplementä-ren Themenbereichen:

Wie hilft und unterstützt uns die digitale Welt, Komplexität besser zu handhaben? Beispiele für Themen:

Transparenter Informationsaustausch in Krisenorganisationen Soziale Medien in Krisensituationen Verbessertes Patientenmanagement Entscheidungen durch vernetzten Produktionsprozess (Industrie 4.0) Autonome Assistenzsysteme und kognitive Ressourcen

Führen die Technik und Werkzeuge der digitalen Welt zu einer Komplexitätserhöhung und wie gehen wir damit um? Beispiele für Themen:

Risiken und Chancen durch Verfügbarkeit und Schnelligkeit von Informationen im Netz

Veränderung der Arbeitswelt durch digitale Medien Unterschiedlicher Umgang der Generationen mit der digitalen Welt? Handlungsfähigkeit bei Ausfall der digitalen Ressourcen Kontrollerfordernisse bei Unternehmen (Datensicherheit, Industriespiona-

ge etc.) und Reaktionen auf die möglichen Gefahren

Call for Papers Wir freuen uns über Ihre Beitragseinreichung für Arbeitsgruppen, Vorträge, Kurz-vorträge und Poster bis zum 15. Dezember 2014. Abstracts: Maximal eine DIN A 4 Seite an [email protected]. Bitte stellen Sie bei Arbeitsgruppen auch Ihre geplante Methode dar.

Tagungsort Medienpark in Köln, Unterkunft im angrenzenden Motel One. Zimmer aus unse-rem Kontingent können mit diesem Abrufformular bis zum 04.03.2015 reserviert werden. Der Preis ermäßigt sich auf 78,50 Euro bei Nachweis des beruflichen Auf-enthalts. Nachweis bei Buchung oder vor Ort.

Tagungsbeitrag Die Tagungskosten incl. Mahlzeiten am Donnerstag und Freitag betragen:

250 € für Mitglieder der Plattform 350 € für Nicht-Mitglieder Frühbucherrabatt: 30 Euro bei Anmeldung bis zum 15.01.2015.

Anmeldung Bitte melden Sie sich bei der Geschäftsstelle unter [email protected] an. Oder online hier.

Veranstalter Die Plattform „Menschen in komplexen Arbeitswelten“ e. V. ist eine inter-disziplinäre Arbeitsgemeinschaft von Praxis und Wissenschaft. Human Factors Initiativen aus Bereichen wie Medizin, Luft- und Seefahrt, Risikoorganisationen und -industrien, Polizei und Krisenmanagement stehen im Erfahrungsaustausch mit Psychologie, Arbeitswissenschaft und Organisationstheorie. Die Bedeutung und die Gemeinsamkeiten der „Human Factors“ in verschiedenen Arbeitswelten sind Mit-telpunkt der nach außen gerichteten Aktivitäten (Workshops, Publikationen). www.plattform-ev.de

99Wissenschaft & Praxis Februar 2015

Lösungen & Impressum

Impressum

Wissenschaft & Praxis - Magazin im Rahmen des Praxisprojekts „Wissenschaft praxistauglich aufbereitet“ im Wintersemester 2014/15 im Fachgebiet für Wirt-schafts- und Organisationspsy-chologie der Universität Duisburg Essen Thema: Teams & Trainings - was gute Zusammenarbeit ausmacht

Erscheinungsdatum: 20. Februar 2015

Leitung:Dr. phil. Vera Hagemann

Redaktion:Lucas CoerdtNathalie DittrichTina HeesPeter HansenAnn-Kathrin KunzeFabian NollLea ParkerLydia PenkertKatharina SobanskiDaniel VeutgenAnnalena Wiegandt

Anschrift:Fachgebiet Wirtschafts- und Orga-nisationspsychologieUniversität Duisburg-EssenAbteilung für Informatik und An-gewandte KognitionswissenschaftLotharstr. 65 (LE 206)D-47057 Duisburg

Des Rätsels Lösungen:Hier finden Sie die Auflösung des Kommunikationstests von Seite 30Für jede Antwort gibt es einen Punkt, wenn Sie folgendes angekreuzt haben:

Hier finden Sie die Auflösung des Rätsels von Seite 88

Liebe Leserinnen und Leser,

Sie sind nun am Ende der Zeitschrift angekommen. Wir hoffen, Sie konn-ten viel wissenswertes und praktisches aus den vorangegangenen Arti-keln mitnehmen und hatten Spaß beim Lesen der Artikel.

Vielen Dank für Ihr Interesse!

Das Wissenschaft & Praxis Team

1: Ja2: Nein3: Ja4: Nein

5: Ja6: Ja7: Nein8: Ja

9: Nein10: Nein11: Ja12: Nein

13: Ja14: Nein15: Ja

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