Wissenschaftliche Auswertung ausgewählter Gebäude ... · Modul Nutzen und Betreiben (BNB_BB)...

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Wissenschaftliche Auswertung ausgewählter Gebäude bezüglich der Nachhaltigkeit in der Nutzungsphase Endbericht Forschungsprogramm Zukunft Bau Projektlaufzeit Juni 2014 bis Dezember 2014 Aktenzeichen 10.08.17.7-14.30 im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) vorgelegt von Dr. Günter Löhnert, sol·id·ar planungswerkstatt, Barstr. 10, 10713 Berlin

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Wissenschaftliche Auswertung ausgewählter Gebäude bezüglich der Nachhaltigkeit in der

Nutzungsphase

Endbericht

Forschungsprogramm

Zukunft Bau

Projektlaufzeit

Juni 2014 bis Dezember 2014

Aktenzeichen

10.08.17.7-14.30

im Auftrag

des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR)

vorgelegt von

Dr. Günter Löhnert, sol·id·ar planungswerkstatt, Barstr. 10, 10713 Berlin

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Wissenschaftliche Auswertung ausgewählter Gebäude bezüglich der Nachhaltigkeit in der Nutzungsphase Endbericht 2014

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Kurzfassung

Ziel des Forschungsprojektes war die wissenschaftliche Auswertung von drei ausgewählten Bauten der öffentlichen Hand hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit in der Nutzungs- und Betriebsphase. Dies erfolgte anhand von 42 Schlüssel-Indikatoren (Key Performance Indicators, KPI) in Vorbereitung der SB Challenge im Rahmen der globalen Konferenz „World Sustainable Building WSB 2014“ in Barcelona. Die Ergebnisse wurden im Rahmen der WSB14 im Oktober vorgestellt.

Die Bundesregierung macht seit vielen Jahren Nachhaltigkeit zu einem Grundprinzip ihrer Politik. Die Vorbildrolle Deutschlands im Bereich des Nachhaltigen Bauens soll durch eine fortführende Teilnahme an den „Sustainable Building“ Regional- und Weltkonferenzen, und damit auch der World Sustainable Building Konferenz 2014 (WSB) in Barcelona, weiterhin gesichert werden. Eine Nebenveranstaltung der WSB ist die Sustainable Building Challenge (SBC), auf der internationale Best Practice-Gebäude präsentiert werden. In 2014 lag der Fokus auf nachhaltigen Gebäuden im Betrieb, von denen sowohl Bedarfsannahmen (Daten aus der Planung) als auch Verbrauchswerte (Daten aus der Phase des Nutzen und Betreiben) vorliegen.

Im Rahmen der Forschungsprojektes Zukunft Bau wurden drei deutsche Gebäude der öffentlichen Hand ausgewählt, um an der SBC teilzunehmen. Mit Hilfe von eigens durch die Organisatoren der SBC konzipierten Schlüsselindikatoren (KPI) konnten die jeweiligen Daten erfasst und gegenüber gestellt werden. Im Ergebnis sollte eine tabellarische Übersicht die Abweichungen der Performance zwischen dem Betrieb, der Planung und erhobenen Referenzwerten aufzeigen. Darüber hinaus sollte ein Bezug zu dem Modul „Nutzen und Betreiben“ des Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen hergestellt werden. Die Präsentation der Ergebnisse erfolgte anhand von jeweils drei Postern auf dem Stand der SB Challenge sowie in einer Session auf der WSB in Barcelona.

Das Forschungsprojekt verdeutlicht, wie wichtig das Vorhalten differenzierter Bedarfs- und Verbrauchsdaten für die Optimierung des Gebäudebetriebes ist. Unerlässlich ist dabei, die Ergebnisse der Datenauswertung in den Kontext der spezifischen Rahmenbedingungen und Besonderheiten des jeweiligen Gebäudes zu stellen.

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Abstract

The aim of the research project is a scientific evaluation of three selected public buildings in terms of their sustainability during the utilisation phase. This is done in preparation of the SB Challenge, in the framework of the World Sustainable Building Conference 2014 (WSB14) in Barcelona, based on 42 Key Performance Indicators (KPI). The results have been presented there in October.

The Federal Government has been making sustainability to its fundamental principle of policy since many years. The pioneering role of Germany in the field of sustainable building shall be preserved by a continuous participation at the "Sustainable Building" regional and international conferences and thus also at the World Sustainable Building Conference 2014 in Barcelona. International Best Practice Buildings have been presented at the SB Challenge, which is a side event of the WSB. In 2014 the focus was on buildings in their utilisation phase that can provide both data on their actual performance in use and the performance that was predicted at the design stage.

As part of the research project "Zukunft Bau", three German public buildings had been selected to participate in the SB Challenge. With the help of the KPI, developed by the organizers, the respective data was collected and compared. As a result, a summary table should show the differences between the values of the design stage, the actual performance and collected benchmarks. In addition, a comparison between the KPI system and the module "Use and Operation" of the Assessment System of Sustainable Building (BNB) should be made. The results were each visualised on three posters at the SBC booth within the WSB in Barcelona.

The research project shows the importance of providing differentiated demand and consumption data, to optimise building operation. It is essential to place the results of the data analysis in context with the specific conditions and characteristics of each building.

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Inhalt

1 Veranlassung ................................................................................................................................ 6

2 Projektbeschreibung .................................................................................................................... 7

2.1 Arbeitsgrundlage ..................................................................................................................... 7

2.2 Projektauswahl ........................................................................................................................ 8 3 Datenerhebung und Visualisierung .......................................................................................... 12

3.1 Datenerhebung ...................................................................................................................... 12

3.2 Visualisierung ........................................................................................................................ 13 4 SB-Challenge Präsentationsformat auf der WSB14 ................................................................ 16

4.1 Ausstellungstand ................................................................................................................... 16

4.2 Session 95 und 144 ............................................................................................................... 16 5 Zusammenfassung und Resultat .............................................................................................. 18

5.1 Abweichung der Betriebsdaten von den Referenzwerten ..................................................... 18 5.2 Abweichung der Betriebsdaten von den Planungswerten ..................................................... 19

6 Fazit .............................................................................................................................................. 22

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Paul-Wunderlich-Haus ................................................................................................... 8 Abbildung 2: Hauptzollamt Hamburg ................................................................................................ 10 Abbildung 3: Bundesbauministerium ................................................................................................ 11 Abbildung 4: BMUB, individuelles Übersichtsposter (Poster 1) ........................................................ 14 Abbildung 5: BMUB, Allgemeine Informationen (Poster 2) ............................................................... 14 Abbildung 6: BMUB, Konzepte (Poster 3) ........................................................................................ 15 Abbildung 7: BMUB, KPI und weitere Erläuterungen (Poster 4) ...................................................... 15 Abbildung 11: Projektposter auf der SBC ........................................................................................... 16 Abbildung 12: Referent Nikolas Kerz in der Session 144 ................................................................... 17

Quellenangabe:

Ad Abb. 1: © Martin Duckek Ad Abb. 2: © C. Gebler Fotodesign Gebler Ad Abb. 3: © BMUB, Florian Profitlich Ad Abb. 4-9: © sol·id·ar planungswerkstatt

Diagrammverzeichnis

Diagramm 1: Abweichung der Betriebsdaten von Referenzwerten .................................................. 19 Diagramm 2: Abweichung der Betriebswerte von den Planungswerten ........................................... 21 Diagramm 3: Herstellungskosten der SBC Teilnehmer in Bezug auf den Primärenergieverbrauch 23

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Übersicht aller KPI der SBC .......................................................................................... 7

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1 Veranlassung

Bereits seit Mitte der 1990er Jahre macht die Bundesregierung Nachhaltigkeit zu einem Grundprinzip ihrer Politik. Um den zukünftigen Anforderungen an ganzheitlich optimierte Gebäude gerecht zu werden, hat das Bundesbauministerium für Bundesgebäude verbindliche Qualitätsvorgaben erarbeitet, die im Leitfaden Nachhaltiges Bauen und im Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) fortentwickelt werden. 2013 wurde der Leitfaden Nachhaltiges Bauen u.a. um die „Empfehlungen zum nachhaltigen Nutzen und Betreiben“ ergänzt. Parallel wurde auch das Modul „Nutzen und Betreiben“ des Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen eingeführt. Dem Anwender stehen nun folgende Module zur Verfügung:

Modul Neubau (BNB_BN)

Modul Komplettmodernisierung (BNB_BK)

Modul Nutzen und Betreiben (BNB_BB)

Damit kann ein Gebäude über den gesamten Lebenszyklus von der Planung über das Bauen und Nutzen hin zur Modernisierung einer Nachhaltigkeitsbewertung unterzogen werden.

Sind Gebäude als „nachhaltig“ zertifiziert, erfolgt die Bewertung hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit bisher vorwiegend in der Planungsphase basierend auf Bedarfsannahmen. Die Zertifikate berücksichtigen bislang selten die tatsächliche Performance der Gebäude im Betrieb. Ein Gebäude ist jedoch nur so nachhaltig, wie es nachhaltig genutzt und betrieben wird. Die wissenschaftlich-inhaltliche Zielstellung dieses Forschungsprojektes ist daher die Untersuchung bereits nachhaltig geplanter Gebäude hinsichtlich ihrer entsprechenden Nachhaltigkeit in der Phase der Gebäudenutzung. Im Mittelpunkt steht dabei der Vergleich der in der Planung ausgewiesenen Bedarfsannahmen mit den tatsächlich im Betrieb gemessenen Werten/Daten von drei ausgewählten Bauten der öffentlichen Hand. Dies erfolgt in Vorbereitung der SB Challenge im Rahmen der globalen Konferenz „World Sustainable Building WSB 2014“ in Barcelona.

Die Idee der SBC ist die Präsentation von internationalen Best Practice Gebäuden, die von verschiedenen Teams anhand definierter Indikatoren analysiert werden. Im Jahr 2014 lag der Fokus erstmalig auf der Performance von nachhaltigen Gebäuden in der Nutzungsphase. Mit der Teilnahme an der SB Challenge 2014 beteiligte sich das Bundesbauministerium am internationalen Diskurs zum nachhaltigen Nutzen und Betreiben.

Von den Organisatoren der SBC wurden 42 Schlüsselindikatoren (Key Performance Indikatoren, KPI) entwickelt, die dem Vergleich der Daten aus Planung und Betrieb dienen.

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2 Projektbeschreibung

Im Zuge des Forschungsprojektes sollten drei Gebäude der öffentlichen Hand, das Paul-Wunderlich-Haus in Eberswalde, das Hauptzollamt Hamburg-Stadt und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit in Berlin, auf KPI-Basis hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit im Betrieb untersucht werden. Neben der Datenerhebung stand die Analyse von ggf. auftretenden Differenzen zwischen Planungs- und Betriebsphase im Mittelpunkt.

2.1 Arbeitsgrundlage

Die Veranstalter der SB Challenge haben für den internationalen Vergleich Schlüsselindikatoren (Key Performance Indicators, KPI) entwickelt, anhand derer nachhaltig geplante Gebäude hinsichtlich ihrer entsprechenden Nachhaltigkeit in der Phase der Gebäudenutzung untersucht werden sollen. Die insgesamt 42 KPIs werden in die sieben Hauptgruppen „Grundstück „Energie und Emissionen“, „Wasser“, „Innenraumqualität“, „Nutzungsfaktoren“, Ökonomie“ und „Material und Abfall“ unterteilt. Dabei wurden 26 als obligatorisch und 16 als optional eingestuft.

E1 Gesamtbezug elektrische EnergieE2 Gesamtbezug fossile EnergieE3 Gesamtbezug andere EnergienE4 Erneuerbare elektrische Energie (erzeugt)E5 Erneuerbare Energie (erzeugt)E6 Eingespeiste EnergieE7 Gesamtenergieverbrauch im BetriebE8 Netto-Energiebezug

E9 Treibhausgas-Emissionen(durch Energieverbrauch)

E10 Energieverbrauch Heizen, Lüften, KühlenE11 Energieverbrauch BeleuchtungE12 Energieverbrauch TrinkwarmwasserE13 Energieverbrauch Geräte E14 Energieverbrauch Außenbereiche

W1 Trinkwasserjahresbezug (ohne Betriebswasser)

W2 Regen- und GrauwassernutzungW3 Brutto-Jahreswasserverbrauch pro Nutzer

W4 Wasserverbrauch pro m² konditionierter Fläche

W5 Wasserverbrauch Nutzer (Toiletten, …)

W6 Wasserverbrauch Technikpro m² konditionierter Fläche

W7 Wasserverbrauch Außenanlagen

Q1 Tageslichtquotient

Q2 Visueller Komfort(Beleuchtungsstärke)

Q3 Lufttemperatur (operative Temp.)Q4 Thermischer KomfortQ5 Akustische Qualität

Q6 Innenraumluftqualität (CO2-Konzentration)

Q7 Feinstaubkonzentration

Was

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OF1 Durchschnittliche Nutzeranzahl pro Tag

OF2 Durchschnittliche Anwesenheitszeit pro Jahr

OF3 Jährliche Nutzungsintensität bei einem typischen Betriebszustand

OF4 Durchschnittliche Betriebszeiten (pro Woche)

OF5 Anzahl der Betriebstage im Jahr

$1 Herstellungskosten (ohne Grundstück)$2 Inbetriebnahmekosten$3 jährliche Wasserkosten$4 jährliche Energiekosten

S1 Fläche der "natürlichen Lebensräume"

S2 Flächenanteil an Grünflächen / hochreflektierende Flächen

S3 Anteil des abgeführten Regen- / Schneewassers

M1Bauabfall,der nicht zur Deponie geht

M2Menge an wiederverwendeten /recycelten Materialien

obligatorisch

optional

Tabelle 1: Übersicht aller KPI der SBC

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Abgefragt werden sowohl kalkulierte Werte aus der Entwurfsphase der Gebäude als auch die gemessenen Werte aus dem Betrieb. Damit der Betrachter die Ergebnisse im internationalen Vergleich einordnen kann, ist für die meisten KPI darüber hinaus der entsprechende deutsche bzw. projektspezifische Referenzwert anzugeben. Im Ergebnis werden die Abweichungen in Prozent angegeben. Als Arbeitsmittel dient ein Excel-Arbeitsblatt, welches durch den Organisator zur Verfügung gestellt wurde. Des Weiteren sollten die für das BNB-Modul „Nutzen und Betreiben“ erforderlichen Daten bzw. Nachweise bei der Erhebung der KPI-Daten berücksichtigt werden.

Für die internationale Präsentation im Rahmen der SB Challenge 2014 waren die ermittelten Daten zur Gebäudeperformance und die sich ergebende Kongruenz hinsichtlich der Planungs- und Betriebsphase tabellarisch darzustellen und zusammen mit weiteren Gebäudeinformationen auf Postern aufzubereiten.

2.2 Projektauswahl

Für die Auswahl der Projekte kamen aufgrund des Fokus des BNB-Systems auf Bundesbauten nur Gebäude der öffentlichen Hand als Bauherr in Frage. Die Auswahl berücksichtigt insbesondere Gebäude mit einer Nachhaltigkeitszertifizierung als Neubau oder mit hohen Nachhaltigkeitsstandards sowie Gebäude, die möglichst fundierte Erkenntnisse aus dem Betrieb vorweisen können. Daher wurden folgende drei Gebäude für die Analyse ausgewählt:

Paul-Wunderlich-Haus, Eberswalde (PWH) Das Paul-Wunderlich-Haus ist der Standort der Kreisverwaltung Barnim und liegt im Zentrum der Kreisstadt Eberswalde. Der Entwurf für den Neubau ist Ergebnis eines europaweit ausgeschrieben Architektur-Wettbewerbs und wurde durch die Forschungsinitiative Energie Optimiertes Bauen (EnOB) des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) gefördert. Das Gebäude zeichnet sich vor allem aus durch das ambitionierte Energiekonzept, die Nutzerfreundlichkeit und die hohe wirtschaftliche Qualität.

Abbildung 1: Paul-Wunderlich-Haus

Das Paul-Wunderlich-Haus setzt das traditionelle Verständnis von einem Verwaltungsgebäude außer Kraft. Statt langer, dunkler Flure stellt sich das Gebäude als transparenter, zukunftsorientierter Arbeitsplatz dar. Das Gebäude besteht aus vier kompakten Gebäuden mit glasüberdachten Innenhöfen, die um den ehemaligen Pavillonplatz gruppiert sind. Jedes Gebäude besitzt seine eigene Identität und seine eigene Infrastruktur, sodass im Fall der Notwendigkeit, jeder Gebäudeteil separat genutzt werden kann – mit eigenem Eingang und eigener Energiezentrale. Neben Dezernaten und dem Bereich Landrat beherbergt das PWH auch Kultur- sowie Handels- und

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Dienstleistungseinrichtungen. Darüber hinaus werden regelmäßig Veranstaltungen jeglicher Art im PWH ausgetragen.

Als Förderprojekt von EnOB unterlag die Planung folgenden Auflagen:

Jährlicher Heizwärmebedarf < 40 kWh/m²NGF

Jährliche Gesamt-Endenergie < 70 kWh/m²NGF

Jährlicher Gesamt Primärenergiebedarf < 100 kWh/m²NGF

Dezentrale Erzeugung von Energie mit erneuerbaren Energieträgern

Verzicht auf den Einsatz flächendeckender Kühlung

Um den Auflagen Folge zu leisten und die weiteren ambitionierten Planungsziele zu erreichen, lag der Planung ein umfangreiches Energiekonzept zugrunde, welches passive Gebäudestrategien mit einigen ausgewählten Aktivkomponenten verbinden sollte.

Eine Optimierung der Fassade soll den sommerlichen Wärmeschutz unterstützen und Wärmeverluste im Winter minimieren. Die gründungsbedingten Bohrpfähle sind mit Absorberregistern versehen und nutzen die Erdwärme zum Heizen im Winter und geben im Sommer die Wärme der Speichermassen des Gebäudes an das Erdreich ab. Eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung (bei einer Bereitstellung von 80 Prozent) und ein Heizungssystem über Radiatoren unterstützen das Heizen im Winter. Im Sommer sorgt die Nachtlüftung zum zusätzlichen "Entwärmen" des Gebäudes. Ein außen liegender, automatisch gesteuerter Sonnenschutz und ein innen liegender, manuell zu bedienender Blendschutz, sowie Dreifach-Verglasung schützen den Innenraum vor der Aufheizung und gleichzeitig für einen hohen visuellen Komfort für die Nutzer. Aufgrund der Transparenz der Wände zu den innen liegenden Kombizonen kann das Tageslicht optimal genutzt werden. Stehleuchten, ausgestattet mit einem Beleuchtungsstärkesensor und Präsenzerkennung ergänzen das Tages- und Kunstlichtkonzept. Wasserfreie Urinale, sowie Toiletten mit Wasserspartastern und Armaturen mit Mengenbegrenzern sollen den Wasserverbrauch minimieren. In allen Sanitärräumen wird auf Warmwasser verzichtet.

Zum PWH gehört auch der sogenannte Kopfbau, ein in der diagonalen Verlängerung des bebauten Karrees weiteres Gebäude mit mehrgeschossigem Parkhaus, dessen Südfassade und Dach mit einer ca. 1.000 m² großen Photovoltaikanlage versehen ist.

Das PWH wurde neben 15 weiteren Neubauten 2009 als erstes Gebäude nach dem Deutschen Gütesiegel Nachhaltiges Bauen (DGNB) bewertet und zertifiziert. Es erhielt das Zertifikat in Gold, zunächst als Neubau mit einem Gesamterfüllungsgrad von 89,5 Prozent und 2013 nochmal als Bestandsgebäude mit 90,8 Prozent. Darüber hinaus wurde das PWH der Pilotzertifizierung des BNB Moduls Nutzen und Betreiben unterzogen.

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Hauptzollamt, Hamburg (HzA HH) Der Neubau des Hauptzollamts Hamburg befindet sich im Stadtentwicklungsgebiet der Hafencity. Eine hohe energetische Qualität der Gebäudehülle, eine gute Ökobilanz und niedrige Bau- und Lebens-zykluskosten sind die besonderen Merkmale des Gebäudes. Dies wurde realisiert durch eine effektive und integrale Kooperation aller Planungsbeteiligten von Beginn des Projektes.

Abbildung 2: Hauptzollamt Hamburg

Durch den küstennahen Standort werden hohe Anforderungen an die Gebäudefassade gestellt. Die Gründung war sehr aufwendig, da die Tragfähigkeit des Bodens Bohrpfähle erforderte. Darüber hinaus befindet sich eine Gasdrainage unter dem Gebäude, die hohe Anforderung an den Lärm- und Korrosionsschutz stellt.

Das Zollamt Post im Erdgeschoss hat einen separaten Eingang über die Lobby und kann separat betreiben werden. Die Kassenhalle - als Kern des Gebäudes - befindet sich in der ersten Etage und erstreckt sich über die oberen Stockwerke, sodass er über ein verglastes Atriumdach mit Tageslicht versorgt wird. Die Büroräume sind um die Halle angeordnet.

Bei der Planung des Gebäudes wurde schon in der Wettbewerbs- und Vorentwurfsphase ein integratives Energiekonzept entwickelt. Ziel war es, die in der aktuell anwendbaren EnEV geforderten Mindestwerte hinsichtlich Transmissionswärmeverlust und Jahresprimärenergiebedarf um 30 bis 50 Prozent zu unterschreiten.

Das Gebäude bezieht Fernwärme; diese Tatsache hat einen erheblichen Einfluss auf die Gesamtbilanzierung. Ein wesentlicher Beitrag zur Energieeinsparung wird durch eine natürliche Belüftung der Büros und mit Betondecken als Wärmespeicher erreicht. Nur einige Büroräume verfügen über ein mechanisches Belüftungssystem mit Wärmerückgewinnung. Der außen liegende Sonnenschutz wird durch eine Einfachverglasung vor Wind geschützt. Die Büroleuchten sind mit Präsenzmeldern ausgestattet und verfügen über Tageslichtsteuerung. Das Dach des HzA HH wurde für eine nachträgliche Installation von Photovoltaik-Modulen vorbereitet.

Als eines der ersten Verwaltungsgebäude wurde der Bau im Februar 2012 nach dem BNB mit dem Zertifikat Silber ausgezeichnet. Das Gebäude erreichte hervorragende Resultate bezüglich der ökologischen und ökonomischen Qualität. Laut Angaben des Energiebedarfsausweises benötigt das Gebäude 68 Prozent weniger Primärenergie als die EnEV vorgibt. Die Bewertung nach BNB erfolgte nach der Fertigstellung des Gebäudes.

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Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB), Berlin Die besondere Herausforderung des neuen Standorts für das BMUB war es, ökologisch vorbildliche Konzepte in einem städtebaulich historischen Kontext zu realisieren. Der bestehende Altbau des damaligen Landwirtschaftsministeriums von 1916 wurde renoviert und um einen Neubauteil erweitert. Als Ergebnis hat das BMUB als erstes Ministerium seinen Sitz in einem Altbau als Niedrigenergie- und einem Neubau als Passivhaus und stellt ein herausragendes Beispiel für modernes, d.h. ökologisches nachhaltiges und innovatives Bauen dar.

Abbildung 3: Bundesbauministerium

Das Ziel, für den Neubau den Passivhaus-Standard zu erreichen, erwies sich als eine sehr ehrgeizige Herausforderung. Die bei Passivhäusern normalerweise erhoffte Wärmezufuhr durch die Sonne lässt sich in einer engen, verschatteten Innenstadt wie Berlin nicht realisieren. Umso mehr musste auf andere Faktoren geachtet werden: vor allem auf eine hohe Wärmedämmung, aber auch auf Luftdichtheit und auf die bedarfsgerechte Lüftung mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung. Auch um den Strombedarf – zum Beispiel für Beleuchtung, Lüftung und Bürotechnik – zu minimieren, wurden große Anstrengungen unternommen.

Bei der Energie- und Wärmeversorgung wurden innovative Wege eingeschlagen und eine ganze Palette moderner Umwelttechnologien angewandt. Brennstoffzellen und Photovoltaik, Fernwärme und Fernkälte aus Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung, Geothermie und Abwasserwärmenutzung sind Elemente des zugrunde liegenden Planungskonzeptes. Einige dieser Technologien wurden bewusst zu Demonstrationszwecken installiert. Für den Bezug der Wärme- und Kälteenergie bot sich die benachbarte Energiezentrale für den Potsdamer Platz an, was sich als nachhaltiger erwies, als eine eigene Energiezentrale auf der Basis eines Blockheizkraftwerkes zu bauen.

Im Pflichtenheft waren, neben dem angestrebten Passivhaus-Standard, unter Anderem folgende Ziele festgelegt worden:

• Sparsamer, effizienter Energieeinsatz bei gleichzeitig gesundem und behaglichem Raumklima • Angenehme Beleuchtung bei weitgehender Nutzung von Tageslicht • Verzicht auf Warmwasser in Büroräumen und WC-Bereichen • Im Regelfall auch Verzicht auf maschinelle Kühlung • Begrenzung des Stromverbrauchs auf unter 25 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr • Verminderung des Heizenergiebedarfs im Altbau um mindestens 60 Prozent

Gerade der reduzierte Wärmebedarf für den Altbau erwies sich bei der Sanierung als hochgestecktes Ziel. Eine wesentliche Energieeinsparung wurde durch die Optimierung der Außenhülle des Gebäudes erreicht: Einbau einer kompakten Wärmedämmung an zuvor ungedämmten Außenwänden, Innendämmung der denkmalgeschützten rückwärtigen Fassade, aufwändige Dämmung der

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Dachflächen und Drei-Scheiben-Isolierverglasung. Zusätzlich wurde der Innenhof des Bestandsgebäudes überdacht und in ein gedecktes Atrium umgewandelt.

Dem Neubau des BMUB wurde das Zertifikat "geprüftes Passivhaus" durch das Zentrum für Energie, Bauen, Architektur und Umwelt verliehen. Evaluiert wurden die Planung und die Bauweise sowie die kalkulierten Performancedaten bezüglich des Energiebedarfs und der Luftqualität.

3 Datenerhebung und Visualisierung

Zielsetzung war es, möglichst alle obligatorischen KPI, soweit vom zeitlichen und monetären Aufwand angemessen, zu bedienen und darüber hinaus die Ursachen für eine unplanmäßige Performance herauszuarbeiten. Für die SB Challenge sollten im Resultat für jedes Projekt drei Poster erarbeitet werden, die neben der Übersicht der KPI auch Hintergrundinformation zu den jeweiligen Gebäuden beinhalten sollten.

3.1 Datenerhebung

Zur Erfüllung des Projektziels wurde im Vorfeld das vorliegende KPI-Arbeitsblatt ins Deutsche übersetzt. Im Zuge dessen war eine Überprüfung notwendig, inwieweit sich die KPI mit deutschen Erfassungsstandards decken. Falls erforderlich, erfolgte eine entsprechende Modifizierung und Übersetzung auf deutsche übliche Standards. Das KPI-Arbeitsblatt wurde für eine intuitive Bearbeitung aufbereitet und an die jeweiligen Ansprechpartner der Gebäude für die Datenerhebung versandt.

Datenerfassung und –aufbereitung Als Ergebnis der ersten Datensichtung wurde analysiert, welche der Indikatoren nicht ermittelbar bzw. nicht in einem angemessenen Kostenrahmen messbar sind. Daraus resultierend und in Abstimmung mit dem AG entfielen die Indikatoren zu Material und Abfall (M1 und M2), die Betrachtung der Kosten für die Inbetriebnahme ($2) sowie nachträgliche Messungen zum thermischen Komfort (Q4), zur akustischen Qualität (Q5) und zum Feinstaubaufkommen (Q7). Die Streichungen waren neben der projektspezifische Datenlage auch auf die Standards in Deutschland zurückzuführen. So werden beispielsweise Kosten für die Inbetriebnahme eines Gebäudes in Deutschland nicht erfasst, da eine gesonderte Beauftragung Dritter in der Regel nicht erfolgt und somit keine expliziten Kosten entstehen.

Erhoben wurden die in der Planung ausgewiesenen Bedarfsannahmen und die tatsächlich im Betrieb gemessenen Werte. Die Folgearbeit fokussierte sich auf Plausibilitätsprüfungen der zur Verfügung gestellten Daten sowie Kalkulationen zur Aufbereitung der Daten. Daran schlossen sich die Performanceanalyse und die Darstellung der spezifischen Rahmenbedingungen für jedes Projekt in enger Absprache mit den jeweiligen Betreibern und dem AG an. Abschließend erfolgte die Erarbeitung der Kommentierungen für die KPI, die einer Erläuterung u.a. hinsichtlich Herkunft oder etwaiger Abweichungen von der KPI-Definition bedurften.

Parallel zu der Erhebung der Gebäudedaten wurden in Zusammenarbeit mit dem AG die jeweiligen Referenzwerte bzw. Standards zu den Indikatoren festgelegt. Als Quelle dienten folgende einschlägige Verordnungen, Richtlinien und weiteren Quellen:

Bewertungssystem Nutzen und Betreiben (BNB)

Arbeitsstättenrichtlinie (ASR)

Office Service Charge Analysis Report 2012 (OSCAR 2012)

Baukosteninformationszentrum (BKI)

Verein Deutscher Ingenieure (VDI)

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Die Planungs-, Betriebs- und Referenzwerte wurden für die KPI-Tabellen aller drei Projekte (Anlage 01) aufbereitet und - sofern erforderlich - kommentiert.

Durchführung von Messungen In Absprache mit dem AG wurde entschieden, für alle drei Projekte, soweit nicht schon vorhanden, Messungen für den Tageslichtquotienten (Q1) und CO2-Konzentration (Q6) durchzuführen bzw. zu veranlassen. Für Q2 (Beleuchtungsstärke) wird statt einer Messung erläutert, dass die ASR für Bundesgebäude durch die Kombination Tageslicht und automatisierte Leuchten grundsätzlich eine Beleuchtungsstärke von 500 Lux gewährleistet. Der Indikator Q5 (Akustische Qualität) wird aufgrund des unverhältnismäßigen Aufwandes für die Messung nicht betrachtet. Die optionalen KPI Q4 (Thermischer Komfort) und Q7 (Feinstaub) werden ebenfalls vernachlässigt.

Durchführung von Befragungen Die Organisatoren der SBC 14 haben neben den KPI auch Vorlagen für die Befragung von Nutzern, Planern und Betreibern des Gebäudes entwickelt. Diese sollen Auskunft über den tatsächlichen Komfort eines Gebäudes geben. Für das PWH und HzA HH wurde eine solche Befragung durchgeführt. Hierbei beteiligten sich bezüglich des PWH neun Nutzer, zwei Facility Manager und drei Planer, beim HzA HH ein Nutzer und ein Manager. Eine Befragung der Beteiligten des BMUB wurde nicht durchgeführt, jedoch standen hier Interviews mit dem Energiebeauftragten der Bundesregierung und dem Architekten zur Verfügung. Die gewonnen Kenntnisse aus den Befragungen trugen dazu bei, die Performance der Gebäude besser deuten zu können.

BNB-Modul Nutzen und Betreiben und KPI im Vergleich Die Auseinandersetzung mit den Kriterien der SBC sollte auch dafür genutzt werden, Art und Umfang der im BNB-Modul „Nutzen und Betreiben“ verwendeten Kriterien zu diskutieren. In Kooperation mit Prof. Dr.-Ing. habil. Thomas Lützkendorf (Karlsruher Institut für Technologie, Ökonomie und Ökologie des Wohnungsbaus) wurden daher die Kriterien des BNB Moduls Nutzen und Betreiben mit den KPI hinsichtlich ihrer Kongruenz (Gemeinsamkeiten und Unterschiede) untersucht. Der prinzipielle Ver-gleich macht deutlich, dass mit den Kriterien von SBC naturgemäß eine andere Frage- und Ziel-setzung verfolgt wird, sich dennoch etliche Berührungspunkte und Überlappungsbereichen ergeben. Im Rahmen eines detaillierten Vergleiches wurden die Kriterien beider Ansätze unmittelbar gegenüber gestellt, um Überschneidungen und Lücken zu identifizieren. Die Ergebnisse wurden tabellarisch zusammengestellt und in einer Grafik für Poster 09 „Assessment System – BNB / BNB-Module: Use and Operation“ auf dem BMUB Stand zusammengefasst. Darüber hinaus wurde der Aufwand zur Datenbeschaffung einer Ampelbewertung unterzogen (Anlage 03).

3.2 Visualisierung

Neben der KPI-Tabelle wurden mithilfe der jeweiligen Ansprechpartner weitere Gebäudeinformationen, Energie- und Gebäudekonzepte zusammengestellt. Für die Visualisierung der Ergebnisse wurde zu jedem der teilnehmenden Gebäude ein Postersatz erstellt (Anlage 02):

Poster 1: Übersichtsposter aller SBC Teilnehmer mit Hervorhebung des Bezugsgebäudes

Poster 2: Allgemeine Informationen und Grundrisse

Poster 3: Energie-, Wasser- und Gebäudekonzepte

Poster 4. KPI-Tabelle mit Erläuterungen und Umfrageergebnisse

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Abbildung 4: BMUB, individuelles Übersichtsposter (Poster 1)

Abbildung 5: BMUB, Allgemeine Informationen (Poster 2)

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Abbildung 6: BMUB, Konzepte (Poster 3)

Abbildung 7: BMUB, KPI und weitere Erläuterungen (Poster 4)

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4 SB-Challenge Präsentationsformat auf der WSB14

Die Ausstellung der SB-Challenge fand vom 28. bis 30. Oktober 2014 im Palau de Congressos de Catalunya in Barcelona statt.

4.1 Ausstellungstand

Neben den drei deutschen Gebäuden nahmen 17 weitere Projekte (9 aus Canada, 3 aus Japan und jeweils ein Projekt aus Mexico, China, Singapur, Belgien, UK) an der SB Challenge auf der WSB 14 in Barcelona teil. Die Präsentation der Ergebnis-Poster fand auf einer circa 20 m² großen Ausstellungs-fläche statt. Die kanadische Delegation präsentierte ihre Ergebnisse an einem eigenen Stand.

Abbildung 8: Projektposter auf der SBC

4.2 Session 95 und 144

Neben der Poster-Ausstellung fanden zwei jeweils eineinhalbstündige Sessions in englischer Sprache zum Thema SB Challenge „Do Our Buildigs Perform as Intended?“ statt. In kurzen Impulsvorträgen von 10 Minuten wurden die untersuchten Gebäude vorgestellt und Erfahrungen aus der KPI-Erhebung diskutiert. Beworben wurden die Sessions im Vorfeld auf dem Stand des Ministeriums.

Das kanadische Team debütierte am 29. Oktober in der Session 95 von 17:00 bis 18:30. Nach der Kurzvorstellung der 9 Gebäude (5 Unterrichts-, 3 Bürogebäude und eine Bibliothek) schlossen Vorträge zu den wichtigsten Erkenntnissen aus der Datenerfassung und –auswertung bezüglich Nutzungsintensivität und Innenraumqualität die Session ab.

So sind unkommentierte Gebäudedaten insbesondere für eine Gegenüberstellung von mehreren Gebäuden nicht geeignet. Die projektspezifischen Rahmenbedingungen müssen genauer betrachtet und bei der Datenauswertung entsprechend berücksichtigt werden, um die Gebäudeperformance bestmöglich deuten zu können. Dabei spielen Nutzungsart bzw. -intensität eine Schlüsselrolle, die abhängig vom Gebäudetyp in unterschiedlichem Maße vorhersehbar sind. So ist die Nutzungsintensivität von Bürogebäuden aufgrund der geregelten Frequentierung wesentlich besser zu kalkulieren ist als die Nutzung z.B. von Unterrichtsgebäuden.

Am dritten Konferenztag fand von 12:00 – 13:30 die zweite SBC-Session (144) mit der Präsentation der drei deutschen Projekte sowie der Gebäude des Vereinigten Königreichs und Belgiens statt. Organisiert und moderiert wurde die Session von Andreas Rietz, Referatsleiter im BBSR.

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Nach der Einführung wurden die Gebäude von den folgenden Referenten vorgestellt:

Dipl.-Ing. Gerd Schablitzki

Referatsleitung Innerer Dienst,

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB), Deutschland

"BMUB Berlin, Deutschland"

Dipl.-Ing N. Kerz / Leiter der Geschäftsstelle Nachhaltiges Bauen im BBSR

„HzA Hamburg, Deutschland“

Dr.-Ing. G. Löhnert / Geschäftsführer sol·id·ar planungswerkstatt berlin

„PWH Eberswald, Deutschland”

T. Possemiers / CENERGIE

„Aeropolis II Brüssel, Belgien“

R. Atkins / atkins-architecture

„Norton Park Edinburgh, UK“

Analog zu den Ergebnissen des kanadischen Teams war ein wesentliches Fazit, dass die Kenntnis über projektspezifische Rahmenbedingungen notwendig ist, um Daten richtig einordnen und inter-pretieren zu können. Variiert die Nutzungsintensität, werden Abweichungen bei der Gebäudeperfor-mance zu erwarten sein. Auch überschlägige Bedarfsermittlungen, die sich auf Erfahrungswerte und nicht auf konkrete Planungen stützen, können Ursache für Abweichungen zwischen den Bedarfsannahme und dem tatsächlichen Verbrauch sein. Die Erfahrungen des belgischen Teams zeigten, dass die Verwendung unterschiedlicher Simulationssoftware zur Bedarfskalkulationen auch zu deutlich unterschiedlichen Ergebnissen führen kann. Darüber hinaus dauert es in aller Regel zwei bis drei Jahre, bis die Gebäudeleittechnik ideal auf die passiven Gebäudeelemente, die TGA-Komponenten und die Nutzungsfaktoren eingestellt ist. Eine systematische Inbetriebnahme fehlt in der Regel, die diesen Prozess verkürzen kann.

Abschließend gab der Organisator der SB Challenge Nils Larsson (iiSBE Canada) einen kurzen Überblick zu 6 weiteren Teilnehmer aus China, Singapur, Japan, und Mexiko mit dem Hinweis auf den Stand der SBC. Die Session war mit rund 30 Teilnehmern gut besucht. Ein Session-Paper gibt einen Überblick zu den Gebäuden und ihren Konzepten sowie ein erstes Fazit (Anlage 05).

Abbildung 9: Referent Nikolas Kerz in der Session 144

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5 Zusammenfassung und Resultat

Ein objektiver Vergleich der Performance der drei Gebäude ist nicht sinnvoll, da sie, wie in Kapitel 2.2. beschrieben, unterschiedlichen Rahmenbedingungen unterliegen und verschiedene Anforderungen an sie gestellt werden.

So handelt es sich beim PWH in Eberswalde und dem HzA in Hamburg um reine Neubauten, beim BMUB dagegen um einen unter Denkmalschutz stehenden sanierten Altbau, der um einen Neubauteil erweitert wurde. Neben den baukonstruktiven Unterschieden spielt auch der Standort eine wesentliche Rolle. Das BMUB liegt in einer dichten Bebauung mitten in der Berliner Innenstadt, während das PWH von niedrigen umliegenden Gebäuden kaum beeinflusst wird. Nicht zuletzt ist auch das Nutzerverhalten nicht zu normieren, das die Performance von Gebäuden bekanntlich entscheidend beeinflusst. Diese spezifischen Rahmenbedingungen und Anforderungen des jeweiligen Gebäudes gilt es bei der Interpretation der Ergebnisse zu berücksichtigen.

Im Hinblick auf eine Optimierung des Gebäudebetriebs ist es jedoch - für jedes Gebäude getrennt - möglich und sinnvoll, die Betriebswerte den Planungs- und Referenzwerten gegenüberzustellen und daraus Rückschlüsse für die Betriebsoptimierung zu ziehen.

5.1 Abweichung der Betriebsdaten von den Referenzwerten

Die nachfolgende Grafik zeigt die prozentuale Abweichung der Indikatoren des Betriebs der jeweiligen Projekte von dem zugehörigen Referenzwert. Besonders positiv fallen hierbei die geringen Werte für die Treibhausgas-Emissionen auf (E9). Aber auch der Verbrauch für Wasser pro Quadratmeter beheizter Fläche (W4) und die damit verbundenen Kosten ($3) unterschreiten den Referenzwert deutlich. Insgesamt lässt sich im Vergleich der Betriebs- und Referenzwerte feststellen, dass die Gebäude auch im Betrieb den Anforderungen an ein nachhaltiges Gebäude gerecht werden.

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Diagramm 1: Abweichung der Betriebsdaten von Referenzwerten

5.2 Abweichung der Betriebsdaten von den Planungswerten

Die vergleichende Analyse der in der Planung ausgewiesenen Bedarfsannahmen und der tatsächlich im Betrieb gemessenen Werte zeigen auf, dass die Projekte die ambitionierten Ziele aus der Planung in den ersten Betriebsjahren nicht immer erreichen konnten. Dies trifft neben den deutschen Projekten auch im internationalen Vergleich zu. Bei der Analyse müssen jedoch die projektspezifischen und methodenbedingten Hintergründe für die Abweichungen betrachtet werden. Der Verbrauch von Energie beispielsweise fällt in der Regel höher aus als der Bedarf, da dieser neben den Nennverbräuchen der Systeme auch stark vom Nutzerverhalten abhängt. Eine Bedarfsannahme ist folglich nur bedingt möglich.

Allgemein lässt sich feststellen, dass die wesentlichen Differenzen zwischen der Planung und dem Betrieb bezüglich des Ressourcenverbrauchs auftreten. Die Innenraumqualität entspricht in aller Regel den Planungsvorgaben.

Paul-Wunderlich-Haus Das Planungsziel, ein hochwertiges Gebäudedesign und eine maximale Performance bei gleichzeitiger Energie- und Materialeffizienz und geringen Kosten zu erreichen, konnte hauptsächlich durch die Gebäudeform, Gebäudedämmung, intelligente Tageslichtnutzung und durch Speichermassen im Gebäudeinneren erreicht werden.

Der deutlich höhere Energie- und Wasserverbrauch und die damit verbundenen Kosten für Energie- und Wasserbezug hat seine Ursache in der deutlich erhöhten Anzahl der Veranstaltungen, die im

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PWH stattfinden. Ursprünglich war die Durchführung von ca. 10 Veranstaltungen pro Jahr geplant, derzeit finden jährlich über 400 Veranstaltungen im PWH statt. Trotzdem liegen die Verbräuche unter den vorgegeben Referenzwerten.

Im Rahmen des Förderprogramms EnOB wurde neben den Auflagen zur Begrenzung des Energiebedarfs auch ein Intensiv-Monitoring über zwei Jahre vorgeschrieben und im PWH von der BTU Cottbus durchgeführt. Diese Monitoring-Daten dienten als Grundlage für die Zusammenstellung der KPI-Daten in der Betriebsphase

Hauptzollamt Hamburg Das Gebäude des Hauptzollamtes Hamburg wurde nicht explizit im Hinblick auf eine Bewertung mit dem Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen BNB geplant, dann aber nachträglich als Pilotprojekt einer Nachbewertung mit dem BNB unterzogen.

Die tatsächliche Performance des Hauptzollamtes weicht auf den ersten Blick positiv von der Planung ab, da die tatsächlich im Betrieb gemessenen Werte zumeist unter den angenommenen Werten in der Planung liegen, was den allgemeinen Erfahrungen eigentlich widerspricht. Bei dieser vergleichenden Betrachtung, vor allem bei der Betrachtung der Energie- und Wasserverbräuche bzw. –kosten, sollte beachtet werden, dass die Kalkulationen für das Gebäude in der Planungsphase nur sehr grob - und damit vermutlich nicht an einer optimierten Planung, sondern an Erfahrungswerten traditioneller Gebäudeplanung orientiert - vorgenommen wurden, was zu diesen Abweichungen führt. Da für das Hauptzollamt Hamburg neben den üblichen Betriebsanalysen kein Monitoring eingerichtet ist, liegen für das Gebäude keine differenzierten Energie- und Wasserverbrauchsdaten vor.

BMUB In der Planungsphase des BMUB fand eine intensive Beratung zur Energieeffizienz und Nachhaltigkeit statt. Bei der vergleichenden Betrachtung der Planungs- und Betriebsdaten ist für das BMUB generell der noch nicht endgültig eingestellte Betrieb zu berücksichtigen. Für das Monitoring wurde ein umfangreiches Messsystem installiert, das an rund 350 Datenpunkten Temperatur, Feuchtigkeit, Volumenströme und Stromverbrauchswerte ermittelt. Auch Stromkreise, Heiz- und Kühlkreisläufe, Schaltbefehle und Regelungszustände stehen unter permanenter Beobachtung. Die Messergebnisse werden in einem Monitoring-Programm analysiert, um die Systeme gegebenenfalls nachzusteuern. Eine Auswertung des Verbrauchs für das Monitoring ist erst seit dem Jahr 2013 möglich und wird 2015 abgeschlossen sein. Erst mit der differenzierten Verbrauchsanalyse (daher sind die KPI für E10-E14 nicht verfügbar) wird es möglich sein die einzelnen Ursachen näher zu betrachten und eine Optimierung des Betriebsprozesses vorzunehmen.

Werden die Werte aus 2012 und 2013 miteinander verglichen, so zeigt sich, dass sich bereits erste Reduzierungen des Verbrauches für Heizen, Kühlen, Elektrizität und Wasser in 2013 ergeben haben.

Die Abwasserwärmepumpe (KPI E5) arbeitete im Betrieb nicht wie geplant. Dies ist einer der Gründe für den Anstieg des Bezugs von Fernwärme (KPI E3, und analog dazu die THG Emissionen E9 und die Energiekosten $4) gegenüber den Planungsannahmen, wenngleich der Wärmeenergieverbrauch rund 30 Prozent geringer ist als der Referenzstandard für Ministerien laut EnEV 2009.

Der Wasserverbrauch (KPI W1-W6, analog die jährlichen Wasserkosten $3)sind gegenüber der Annahme aus der Planung wesentlich höher, wenngleich rund 30 Prozent geringer als der Durchschnittsverbrauch Berliner Bundesbauten.

Die hohen Bauwerkskosten begründen sich unter anderem in den Mehrkosten für die Qualitäten eines Passivhausstandards, die Sanierung des Bestandsgebäudes, schwierige Bodenverhältnisse und im gehobenen Standard für Ministerien im Allgemeinen.

Die nachfolgende Grafik zeigt die Abweichungen der Betriebsdaten von den Planungsdaten in Prozent. Dabei stellt die Null-Linie die Planungsdaten dar.

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Diagramm 2: Abweichung der Betriebswerte von den Planungswerten

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6 Fazit

Die analysierten Gebäude zeigen, dass sie den Titel Best Practice-Gebäude nicht nur hinsichtlich der Neubauplanung, sondern auch während der Nutzungsphase verdienen. Nichtsdestotrotz wird deutlich, dass die Gebäude eine gewisse Zeit benötigen, bis sie nahezu so betrieben werden können, wie in der Planung vorgesehen.

Energiebedarf und Energieverbauch Die meisten Länder setzen ein Limit für den Bedarf und alle (neuen) Gebäude sollen diesem Standard gerecht werden. Gebäude, bei denen bereits in der Planung die Nachhaltigkeit im Vordergrund steht, liegen mit den Bedarfsannahmen meist weit unter diesem oberen Grenzwert oder sehen vor, einen Teil der Energie mithilfe von regenerativen Energien dezentral zu generieren. Auch die vorgestellten Gebäude folgen dieser Maxime.

Allerdings ist bei diesen drei Gebäuden, analog zum internationalen Vergleich, der Energieverbrauch im Betrieb wesentlich höher, verglichen mit den Kalkulationen des Planungsstandes. Dies ist ein häufiger und „natürlicher“ Effekt innerhalb der ersten Betriebsjahre. Neben der Tatsache, dass Systemwirkungsgrade in der Planung schwer zu kalkulieren sind, ist vor allem die Intensität der Nutzung von Gebäuden ein wesentlicher Faktor für Differenzen zwischen Planung und Betrieb.

Monitoring Mithilfe eines Energiemonitorings kann die Einhaltung der ambitionierten Anforderungen im Gebäudebetrieb überprüft werden. Ein anspruchsvolles Monitoring zeigt dabei die Schwachstellen der Systeme sehr differenziert auf und hilft dem Betreiber im Optimierungsprozess. Für eine erfolgreiche Funktionsanalyse sollte während der Planung bereits ein möglichst differenziertes Monitoring-Konzept erarbeitet werden, das neben allen gebäudespezifischen Verbrauchern auch zusätzliche Endgeräte unterscheiden kann. Darüber hinaus sollte es den thermischen und visuellen Komfort z.B. in Fragen der operativen Temperatur, der Beleuchtungsstärke und des Tageslichtquotienten analysieren. Zusätzlich ist es essentiell, Planungsunterlagen lückenlos und kontinuierlich zu führen, um die Aussagekraft der Monitoring-Daten zu unterstützen.

Betriebsoptimierung Das Gebäudemonitoring liefert die Daten zur Gebäudeperformance. Diese dienen als Grundlage für die Optimierung des Gebäudebetriebes, sodass die Ziele aus der Planung tatsächlich erreicht werden können. Ein stetiger Vergleich der Soll- und Ist-Werte ist nicht nur für die Zeit der Inbetriebnahme sondern auch darüber hinaus fortlaufend notwendig, um die Erwartung an einen Standard für Energie und Komfort für den gesamten Lebenszyklus zu erfüllen.

Die Grundlage für ein sinnvolles Monitoring bildet eine systematische Inbetriebnahme von Gebäuden. Erst durch die Sicherstellung, dass alle Systeme wie geplant funktionieren, wird eine Referenzsituation für ein Gebäudemonitoring geschaffen.

Materialien und Abfall Zur Verwendung von recycelten Materialien in Bauvorhaben besteht noch Forschungsbedarf. Ein Grund dafür könnten fehlendende Verordnungen, Richtlinien oder Leitfäden sein. Die Verwendung von recycelten Materialien wird jedoch immer mehr in Betracht gezogen, besonders seit der Einführung der ganzheitlichen Bewertung eines Gebäudes.

Für die Erfassung des Abfalls existieren, abgesehen von der Aufnahme des Abfallvolumens und der Rechnungen für die Entsorgung, keine Konzepte. Es ist aber üblich, Abfall möglichst zu vermeiden. Mülltrennung ist dabei Selbstverständlichkeit.

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Gebäudenutzer Aus Nutzersicht sind die wichtigsten Themen nachhaltiger Gebäude im Betrieb insbesondere die Luftqualität, der thermische und akustische Komfort, die auch ein wesentliches Merkmal der vorgestellten Projekte auf der SBC sind. Es hat sich gezeigt, dass es nicht ausreicht, sich ausschließlich auf die Monitoring-Ergebnisse zu verlassen. Vielmehr müssen die Nutzer eines Gebäudes befragt und in die Optimierung der Gebäudeperformance mit einbezogen werden.

Nachhaltigkeitsbewertung Die Ergebnisse der SBC zeigen, dass Gebäude nicht zwangsläufig bezüglich ihrer Nachhaltigkeit bewertet werden müssen, um nachhaltig zu sein. Dies zeigt sich beim HzA HH und beim PWH, da beide Projekte nicht von Beginn an einer Nachhaltigkeitsbewertung unterzogen wurden. Dennoch wird empfohlen, Zertifizierungssysteme von Anbeginn der ersten Projektphase als Begleitinstrument zu implementieren, um Potentiale voll auszuschöpfen und die vereinbarten Planungsziele über die weiteren Planungs- und Umsetzungsphasen nicht aus dem Fokus zu verlieren.

Darüber hinaus ist die sehr frühe Projektbegleitung eines Experten zum Thema Nachhaltiges Bauen und Integrale Planung empfehlenswert. Auf diese Weise wird das Erreichen der Projektziele vereinfacht und die Implementierung eines Integralen Planungsprozesses erleichtert, der für die Entwicklung komplexer und nachhaltiger Gebäude unentbehrlich ist.

Kosteneffizienz Der Vergleich aller Kosten der vorgestellten Gebäude zeigt darüber hinaus, dass ein Gebäude nicht teurer sein muss, um nachhaltig zu sein. Zur Verdeutlichung werden im nachfolgenden Diagramm 3 die Herstellungskosten der an der SB Challenge teilnehmenden Projekte im direkten Bezug zu ihrem Primärenergieverbrauch dargestellt, soweit dazu Daten vorlagen.

Diagramm 3: Herstellungskosten der SBC Teilnehmer in Bezug auf den Primärenergieverbrauch

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Ausblick Die SB Challenge bot eine gute Plattform, um die Relevanz einer geplanten und konsequenten Begleitung der Nutzungsphase eines Gebäudes unter Zuhilfenahme eines Bewertungssystems wie das BNB-Modul Nutzen und Betreiben aufzuzeigen. Vor dem Hintergrund, dass nachhaltige Gebäude den ambitionierten Zielen aus der Planung im Gebäudebetrieb aktuell nicht in allen Bereichen gerecht werden können, gibt es noch erheblichen Handlungs- und Forschungsbedarf hinsichtlich der Nachhaltigkeit der Nutzungs- und Bewirtschaftungsprozesse von Gebäuden.

Eine nachhaltige und erfolgreiche Gebäudeperformance erfordert ebenso wie die ganzheitliche Betrachtung in der Planungsphase, eine Beachtung aller auf den Betrieb einwirkenden Faktoren. Für die fortlaufende Evaluierung der Gebäudedaten liefert z.B. das KPI System eine adäquate Grundlage, da eine kontinuierliche Gegenüberstellung der Soll- und Istwerte erfolgen kann. Hierfür ist eine lückenlose und kontinuierliche Erfassung der Daten genauso unerlässlich wie eine systematische Inbetriebnahme.

Eine Analyse der Ursachen für Abweichungen kann Bauherren helfen, ihre Gebäude hinsichtlich ihrer Performance zu optimieren und Korrekturen zu priorisieren. Des Weiteren erhalten Gebäudebetreiber eine Rückmeldung über die Qualität der Umsetzung ihrer implementierten Strategien aus der Betriebspraxis für ihre zukünftige Planungspraxis und wertvolle Informationen darüber, in welchen Bereichen zukünftig Korrekturen vorzunehmen bzw. Alternativen zu entwickeln sind.