Wissenschaftssprache (n) – Unterschiede zur Alltagssprache ( nach : Gruber et al. 2009: 67ff)

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1 Wissenschaftssprache(n) – Unterschiede zur Alltagssprache (nach: Gruber et al. 2009: 67ff) Gliedern der Arbeit Exakter Umgang mit Quellen Exakte Differenzierung zwischen Vermutungen und belegbaren Fakten Präzises Denken, schlüssige Argumentation und begriffliche Genauigkeit Überdurchschnittliche Satzlänge und hohe Komplexität des Satzbaus Häufige Verwendung fachsprachlicher Termini

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Wissenschaftssprache(n) – Unterschiede zur Alltagssprache (nach: Gruber et al. 2009: 67ff)

Gliedern der Arbeit Exakter Umgang mit Quellen Exakte Differenzierung zwischen Vermutungen und belegbaren

Fakten Präzises Denken, schlüssige Argumentation und begriffliche

Genauigkeit Überdurchschnittliche Satzlänge und hohe Komplexität des Satzbaus Häufige Verwendung fachsprachlicher Termini

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Seltene Verwendung des Pronomens “Ich” (Ich-Tabu) Keine direkte Anrede der Leserin/des Lesers Häufige Verwendung von Nomina, insbesondere

Nominalkomposita sowie von Passivkonstruktionen

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“Ich-Tabu”

Es geht um den wohlüberlegten Umgang mit der eigenen Position in einem wissenschaftlichen Text.

Es geht nicht darum ob, sondern darum wann und wie die eigene Perspektive ausdrücklich in einen wissenschaftlichen Text einfließen kann.

Beispiel: In die folgenden Überlegungen fließen auch meine Erfahrungen als Projektmanagerin des „Dialog Projekts“ in Ex Jugoslawien im Auftrag der ‐ ‐Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) mit ein, das unter wissenschaftlicher Leitung von Joseph Marko stand, sowie meine wissenschaftliche Arbeit in den Jahren 1989 bis 2002 im Bereich „Minderheiten und Autonomien“ an der Europäischen Akademie Bozen unter Leitung von Joseph Marko (Graz) und Sergio Ortino † (Florenz).

Vorsicht ist auch beim professoralen “wir” angebracht.

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Die eigene Meinung im wissenschaftlichen Text

Abschwächungen (“Immunisierungen”) – genau beachten:

Man kann davon ausgehen/Es ist davon auszugehen, dass… In dieser (der vorliegenden) Arbeit wird die Auffassung vertreten,

dass… möglich, möglicherweise, vielleicht

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Gelungenes Beispiel

Einige Schlüsse können aus den Erfahrungen mit dem Europäischen Währungssystem (EWS), das es bereits seit 1979 gibt, gezogen werden. Der „Vorläufer“ der WWU war ein Erfolg: Das EWS schuf eine Zone der relativen Währungsstabilität in Europa, indem Leitkurse zwischen den Währungen vereinbart wurden, die innerhalb festgelegter Bandbreiten schwanken durften.

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Fremde Perspektiven einfließen lassen

Müller (2005:56) zufolge… Folgt man Maier in ihrer Darstellung …(Maier 2001:185).

Beim Referieren mehrerer AutorInnen, sollte der größere Zusammenhang erkennbar sein, in dem diese stehen: Während Müller auf dem Standpunkt steht,….vertritt Maier die

Position…

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Die theoretischen Annahmen des Autors Maier (1956) erscheinen aufgrund neuerer, von Müller (2010) vorgelegten Daten nicht mehr plausibel.

Auch wenn Müller (2010) den Zusammenhang zu der Theorie von Maier (1956) nicht herstellt, lässt sich dieser leicht erkennen.

Auch wenn Müller (2010) keinen Bezug zur Position von Maier (1956) herstellt, erscheinen mir die theoretischen Annahmen von Maier unter Berücksichtigung der von Müller vorgelegten Daten nicht mehr plausibel.

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Wertungen

Allgemeine Aussagen zum Fachbereich (Vorsicht: Polemik): Denn gerade die von den Cultural Studies zentral untersuchten

Themen wie Macht, Medien und Kultur bilden ja natürlich das Fundament jeder modernen Gesellschaft!

Hegemonie ist bei Gramsci ja so zu verstehen, dass… Diese Arbeit hat weder die Absicht Staaten oder ähnliche Akteure in

ein schlechtes Licht zu rücken (…), jedoch sollte bei dieser Gelegenheit kurz auf einen naiven und/oder leichtgläubigen Blick in Bezug auf den Entwicklungskontext aufmerksam gemacht werden (…).

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Wertungen nur dann, wenn Sie diese sicher belegen können:

Es ist hinlänglich bekannt, dass abgelegene, kleingekammerte Gebirgsräume günstige Bedingungen für den Erhalt von ethnischen Gruppen bieten.

Seit jeher bildet die regionale Differenzierung der Bevölkerung nach Entwicklung, Verteilung, Sprache und Struktur eine wichtige Forschungsfrage der Humangeographie.

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Nomina oder Verben?

Die Nominalisierung verwandelt einen Prozess, der durch ein Verb ausgedrückt wird, in eine stabile Einheit, die durch ein Nomen ausgedrückt wird und als solches in Folge auch näher bestimmt werden kann. Solche stabilen Einheiten können leichter in Kategorien eingeteilt und weiter differenziert werden als Verben und sind daher für das Wissenschaftsdeutsche besonders geeignet.

Dennoch sollte die Arbeit flüssig lesbar und verständlich sein, daher sollte auch Verben entsprechend eingesetzt werden.

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Beispiel – Aufbau von Argumentation

Menschen verstehen sich idR. schwer. (Verb) Sprachbarrieren führen dazu, dass Menschen sich missverstehen.

(Verben)

Die menschliche Kommunikation ist idR. geprägt von Verständnisschwierigkeiten. (nominalisiert)

Sogenannte Sprachbarrieren haben ein Missverstehen oder ein Nichtverstehen des Kommunikationspartners zur Folge. (nominalisiert)

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Beispiel – Darstellung von Komplexität

Wir haben empirisch untersucht, wie ethnische Minderheiten in kleingekammerten Gebirgsräumen überleben. In der folgenden Darstellung werden wir einige Beobachtungen referieren.

Die folgende Darstellung umfasst einige Beobachtungen, die wir in einer empirischen Untersuchung zu den Überlebensstrategien von ethnischen Minderheiten in kleingekammerten Gebirgsräumen gemacht haben.

Die Beobachtungen, auf denen die folgende Darstellung basiert, sind im Rahmen von empirischen Untersuchungen zu den Überlebensstrategien von ethnischen Minderheiten in kleingekammerten Gebirgsräumen gemacht worden.

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Verwendung von Passivkonstruktionen

1. Funktion von Passivkonstruktionen, die wie Nominalisierungen typisch für das Wissenschaftsdeutsch sind: Eine Aussage wird entpersonalisiert, dadurch wirkt sie objektiver. Handelnde Personen, AkteurInnen werden nicht genannt.

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Beispiele

Menschen verstehen sich meist schwer. (aktiv) Die menschliche Kommunikation ist meist von

Verständnisschwierigkeiten geprägt. (passiv)

ForscherInnen setzen dazu speziell entwickelte Messinstrumente, meist in Form von Fragebögen, ein (aktiv)

Dazu werden speziell entwickelte Messinstrumente, meist in Form von Fragebögen, eingesetzt. (passiv)

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2. Durch die Passivkonstruktion wird das eigene Tun neutraler dargestellt, im besten Fall so, als wäre es eine logische, ja sogar notwendige Konsequenz, über die man sich einig ist.

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Im folgenden Abschnitt werde ich mögliche Methoden zur Erfassung der Lebensqualität vorstellen und ich werde zeigen, dass Interviews dafür als ein geeignetes Instrument empfunden werden.

Im folgenden Abschnitt werden mögliche Methoden zur Erfassung der Lebensqualität vorgestellt, und es wird aufgezeigt, dass Interviews dafür ein geeignetes Instrument empfunden werden.

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3. Die erste Stelle im Satz (vor dem Verb) ist im Deutschen betont. Sie erweckt im besonderen Maße die Aufmerksamkeit der LeserInnen und tritt somit in den Vordergrund.

Die Internationalisierung des Finanzsektors und der Kapitalströme, die nicht politischer Motivation entsprang, sondern von den Märkten selbst eingeleitet wurde, gewann zunehmend an Bedeutung.

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Beispiele, Beispiele, Beispiele

Konnte Müller (2010) noch feststellen/konstatieren/anmahnen, dass…, so hat sich heute die Situation im Alpenbogen deutlich verändert:….

Dabei sind neben dem objektiven geographischen Befund ebenso subjektive Ethnizitätsfaktoren zu berücksichtigen.

Mit dem zuletzt genannten Aspekt hängt auch der gegenwärtige feststellbare Rückgang der ethnolinguistischen Diversität im Alpenraum zusammen.

Das Raumbild wird schließlich durch amtliche Verordnungen (…) weiter verkompliziert.

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Beispiele, Beispiele, Beispiele

Damit/somit versteht sich die vorliegende Arbeit als ein Beitrag zu einer problemorientierten Gesamtschau über die autochthonen Minderheiten im Alpenraum.

Um die inner- und interethnische Komplexität erfassen zu können, werden neben einer theoretische Betrachtung und Bestandsaufnahme auch Problembiographien ausgewählter sprachlicher Minderheiten diskutiert.

Den Abschluss bildet die Darstellung möglicher Zukunftsbilder über die Ethnodiversität in den Alpen.

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Beispiele, Beispiele, Beispiele

Diese Studie basiert größtenteils auf Auswertungen des bisherigen Forschungsstandes, wobei dafür die Vorarbeiten von Innsbrucker Geographen eine wesentliche Grundlage bilden.

Demographische und sozioökonomische Informationen/Daten ließen/lassen sich über die jeweilige amtliche Statistik abrufen.

Zunächst erscheint es notwendig, den bereits mehrfach verwendeten Begriff „ethnische Minderheit“ zu erörtern. Abgesehen von der Schwierigkeit, eine „Minderheit“ befriedigend zu definieren (Literaturangaben), ist es unmöglich, den politischen Ausdruck „ethnische Minderheiten“ allgemein gültig zu definieren/bestimmen/anzugeben/beschreiben (Literaturangaben).

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Beispiele, Beispiele, Beispiele

Den folgenden Ausführungen liegt das mitteleuropäische Begriffsverständnis zugrunde. Dementsprechend…

Weitere Faktoren/Aspekte, die….erhöhen, verringern, sind…. Für die Darstellung der vielschichtigen Minderheitenproblematik

eignet sich das relativierte konstruktivistische Ethnizitätskonzept, wie es auch Heller (2007) und mit ihm Sallanz (2007) für ihre Forschungen in Südosteuropa verwendet haben. Ethnizität wird demnach als…..verstanden/erklärt/dargestellt.

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Beispiele, Beispiele, Beispiele

Dass die dreisprachigen Dolomitenladiner (…) sogar an Sprechern gewonnen haben, lässt auf eine Rückbesinnung und Rückwanderung in die Täler schließen, nicht zuletzt aufgrund der günstigen wirtschaftlichen Entwicklungen im Bereich des Tourismus.

Es sind jedoch weniger diese terminologischen Auseinander-setzungen als vielmehr Tendenzen einer „diffusen Ethnizität“, die im Süden der Alpen ein ethnogeographisches Problem bilden.

Diese Dimension wird im folgenden Kapitel näher ausgeführt.

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Beispiele, Beispiele, Beispiele

Eine ausführliche Diskussion darüber findet sich bei Maier (2010). Als weitere Faktoren/Aspekte/Phänomene sind ferner…zu nennen.

Alle Beispiele aus:

Steinicke, Ernst et al. (2011): Ethnolinguistische Minderheiten in den Alpen. Erhalt und Bedrohung autochthoner Gruppen. In: Mitteilungen der Österreichischen Geographischen Gesellschaft, Jg. 153, S. 75-100

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Literatur:

Gruber, Helmut/Huemer, Birgit/Rheindorf, Markus (2009): Wissenschaftliches Schreiben. Ein Praxisbuch für Studierende der Geistes- und Sozialwissenschaften. Wien u.a.: Böhlau (hier Kapitel 4 „Wissenschaftliches Schreiben“, siehe Homepage Risse)

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Aufzählungen, Anschlüsse

darüber hinaus, weiters, außerdem, zudem und, sowie obgleich, obwohl, trotzdem (nicht am Satzanfang), wenngleich so schließlich, letztendlich, zusammenfassend, schlussendlich, folglich,

demzufolge, im Folgenden jedoch angesichts (Gen.), aufgrund (Gen.)

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Bei doppelteiligen Junktoren, den zweiten Teil nicht vergessen:

nicht nur…sondern auch; zwar…aber; dann…wenn; einerseits…andererseits, zum einen…zum anderen