WISSENSGRUNDLAGE: PARTIZIPATIVE … · (formale, verbindliche Rolle in der Entscheidungsfindung)...
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Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen e. V. 1
WISSENSGRUNDLAGE: PARTIZIPATIVE QUALITÄTSENTWICKLUNG IN GESUNDHEITSFÖRDERUNG UND PRÄVENTION
Wiebke Sannemann
01.02.2018
Praxisworkshop Partizipative Methoden aus Gesundheitsförderung und Prävention praktisch erproben! Von der Bestandsaufnahme bis zur Evaluation
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Grundlagen zu Partizipation –
Partizipation und Qualitätsentwicklung
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Grundlagen zu Partizipation
Was ist Partizipation?
• Teilnahme und Teilhabe
• Entscheidungsmacht bei allen wesentlichen Fragen der
Lebensgestaltung
Je mehr Einfluss jemand auf einen Entscheidungsprozess
einnimmt, umso größer ist ihre/seine Partizipation.
Warum Partizipation?
1. Ottawa-Charta/Gesundheitswissenschaften
2. Stadtentwicklung
3. Bildung
Folie 3
www.gesundheit-nds.de Folie 4
Partizipative Gesundheitsförderung bedeutet
einen Perspektivwechsel!
Partizipation in der Gesundheitsförderung I
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Partizipation in der Gesundheitsförderung II
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Konventionelle Arbeitsweise Partizipative Arbeitsweise
Hilfesuchender aus der definierten Zielgruppe
als Klient (Hilfeempfänger)
Hilfesuchender als Nutzer von Angeboten, als
Partner (Mitgestalter)
Mitarbeiter als Experte, der Probleme
definiert und löst (Bedarfsbestimmung)
Mitarbeiter als Katalysator, der
Problemdefinition und -lösungen anregt
Arbeit ist eine beratende, behandelnde,
erzieherische Tätigkeit
Arbeit ist eine aktivierende, unterstützende,
fordernde Tätigkeit
Maßnahme wird in einer Kommstruktur
angeboten (Eigenverantwortung)
Maßnahme wird in einer Gehstruktur (z. B.
durch aufsuchende Arbeit) angeboten
Angebote sind normativ in Sprache und
Zielsetzung
Angebote sind lebensweltorientiert in
Sprache und Zielsetzung (Setting-Ansatz)
Ziel der Arbeit/Maßnahme ist es, bestimmte
Verhaltensweisen zu bewirken
Ziel der Arbeit ist es, ein selbstbestimmtes
Handeln und gesundheitsförderliche
Verhaltensweisen zu unterstützen
(Empowerment)
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Stufen der Partizipation
Quelle: Stufen der Partizipation. Wright, 2011
Folie 6
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Keine Partizipation
Stufe 1: Instrumentalisierung
• Die Belange der Zielgruppe spielen keine Rolle.
• Entscheidungen werden außerhalb der Zielgruppe getroffen.
• Die Interessen der Entscheidungsträger stehen im Mittelpunkt.
• Zielgruppenmitglieder werden als „Dekoration“ angesehen.
Stufe 2: Anweisung
• Die Lage der Zielgruppe wird wahrgenommen.
• Das Problem wird ausschließlich aus der Sicht der Entscheidungsträger
(Professionellen/Geldgeber) definiert.
• Die Meinung der Zielgruppe wird nicht berücksichtigt.
• Die Kommunikation ist direktiv ausgerichtet.
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(Einbeziehung der Sichtweise der Zielgruppe nicht vorhanden)
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Vorstufen der Partizipation
Stufe 3: Information
• Die Entscheidungsträger teilen der Zielgruppe mit, welche Probleme bestehen
und welche Handlungsmöglichkeiten es aus ihrer Sicht gibt.
• Verschiedene Handlungsmöglichkeiten werden empfohlen, das Vorgehen der
Entscheidungsträger wird erklärt und begründet.
• Die Sichtweise der Zielgruppe wird berücksichtigt, um die Akzeptanz zu erhöhen.
Stufe 4: Anhörung
• Die Entscheidungsträger interessieren sich für die Sichtweise der Zielgruppe.
• Die Mitglieder der Zielgruppe werden angehört, sie haben jedoch keinen Einfluss
darauf, ob und wie ihre Sichtweise berücksichtigt wird.
Stufe 5: Einbeziehung
• Die Entscheidungsträger lassen sich von Vertretern aus der Zielgruppe beraten.
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(zunehmend starke Einbindung ohne direkten Einfluss auf Entscheidungsprozesse)
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Partizipation
Stufe 6: Mitbestimmung
• Die Professionellen halten Rücksprache mit den Vertretern der Zielgruppe, um
wesentliche Aspekte einer Maßnahme abzustimmen.
• Die Zielgruppenmitglieder haben ein Mitspracherecht, jedoch keine verbindliche
Entscheidungsbefugnis.
Stufe 7: Teilweise Übertragung von Entscheidungskompetenz
• Die Zielgruppe hat ein Beteiligungsrecht im Entscheidungsprozess.
• Die Entscheidungskompetenz ist auf bestimmte Aspekte beschränkt.
Stufe 8: Entscheidungsmacht
• Die Zielgruppe ist verbindlich in alle Entscheidungen bei der Planung,
Umsetzung und Bewertung einer Maßnahme eingebunden.
• Es existiert eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten.
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(formale, verbindliche Rolle in der Entscheidungsfindung)
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Über Partizipation hinaus
Stufe 9: Selbstorganisation
• Eine Maßnahme wird von den Mitgliedern der Zielgruppe selbst initiiert und
durchgeführt.
• Die Entscheidungen treffen die Zielgruppenmitglieder eigenständig und
eigenverantwortlich.
• Alle Entscheidungsträger sind Mitglieder
der Zielgruppe.
Selbstorganisation geht folglich über
die anderen Stufen der Partizipation
hinaus.
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(alle Formen der Eigeninitiative)
Quelle: Wright (2011)
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Murmelphase
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Anspruch vs. Wirklichkeit
„Studien zeigen, dass zwischen den Selbstbeschreibungen der Praxis
sowie ihren eigenen Ansprüchen und dem Alltag [z. B.] in den
Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe große Diskrepanzen bestehen“
(AGJ e.V. 2009. o. S.)
• Strukturen nicht ausreichend beteiligungsfreundlich
• Führungskräfte beteiligen nicht mit selbstverständlicher Haltung
• Beteiligung wird nicht genügend eingefordert
• nicht genügend Raum, personelle Ressourcen und Zeit für Beteiligung
• partizipative Methoden nicht ausreichend bekannt und etabliert
• Aus- und Weiterbildung in Partizipation nicht ausreichend
Zusätzlich gibt es ein „Partizipationsdilemma“
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Herausforderungen bei Partizipation
• Partizipation „ernst“ nehmen (Haltung)
• Konkrete Partizipationsmöglichkeiten erkennen und schaffen
(Strukturen)
• Partizipationsmethoden kennen und anwenden
• Zusätzliche Ressourcen für Fachkräfte einplanen (finanzielle, zeitliche
und personelle Ressourcen)
• Macht abgeben, aber Verantwortung weiter übernehmen
• Zielgruppenangemessen beteiligen und Transparenz über
Beteiligungsmöglichkeiten schaffen
• Schwer erreichbare Zielgruppen erreichen (Empowerment als
Grundlage für Partizipation)
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Chancen bei Partizipation
• Angebote werden am Bedarf der Zielgruppen ausgerichtet.
• Akzeptanz der Angebote erhöht sich, weil Menschen eher umsetzen,
was sie mitgestalten können (Nachhaltigkeit).
• Potenziale und Ressourcen werden genutzt, die neue Perspektiven
ermöglichen, eine Zusammenarbeit wird gestärkt und die Projektarbeit
verbessert.
• Partizipation hat die größte Bedeutung „für den Entwurf, die
Durchführung und die Qualitätssicherung zielführender Interventionen
… [und] Schlüsselgröße erfolgreicher Prävention.“
(Sachverständigenrat Gesundheit 2007, S. 823).
• Erlernen von partizipativen Methoden fördert die eigenen
Kompetenzen und trägt zur Qualitätsentwicklung der eignen Arbeit bei.
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Resümee: Partizipation als Element zur
Qualitätsentwicklung
• Partizipation ist kein „Entweder/Oder“, sondern ein
Entwicklungsprozess (in alle Richtungen, Schritt für Schritt).
• Partizipation ist je nach Praxis- und Lebensbedingungen der
Zielgruppe unterschiedlich realisierbar.
• Die Aufgabe besteht darin, die den Bedingungen und Strukturen
entsprechend passenden Stufen der Partizipation zu finden.
• Partizipation ist ein Merkmal von Qualitätsentwicklung in der
Gesundheitsförderung.
Die Verankerung von Partizipation in allen Phasen des Public Health
Action Cycles ist Partizipative Qualitätsentwicklung.
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Partizipative Qualitätsentwicklung
Folie 16
Quelle: PQ-Zyklus, www.partizipative-qualitaetsentwicklung.de (Abruf: 31.01.2018)
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Partizipation konkret – Vorgehen vor Ort
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Rahmenbedingungen für Partizipation
• freiwillig
• niedrigschwellig
• verständlich
• konkret
• alltagsnah mit unmittelbarem Bezug und Einfluss
• bildend, befähigend, empowernd
• kultur- und gendersensibel
• ressourcenschonend
• wertschätzend und vertrauensvoll
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Fragen im Vorfeld einer partizipativen Arbeitsweisen
• Was? z.B. Angebot Früher Hilfen, Angebot für Senior*innen
• Wozu? Zweck/Ziel der Beteiligung, z.B. Entwicklung von Angeboten und
Qualitätsmerkmalen; Bewertung von Qualität
• Wer? Zielgruppe der Beteiligung, z. B. Eltern, Arbeitslose, Kinder
• Wo? Ort/Einrichtung/Kontext, z. B. Beratungsstelle, Stadtteil,
Seniorentreff
• Wie? Methode(n) der Beteiligung
• Mit wie viel Einfluss? Beteiligungsstufe (warum? – Reflexion)
• Wie viele? Anzahl beteiligte Eltern, Kinder, älteren Menschen
• Wann? Wie lange? Zeitrahmen der Beteiligung (kurzfristig, punktuell,
projektbezogen, langfristig, begleitend, dauerhaft)
• Womit? Ressourcen, z. B. Personal, Material, Räume, Moderation
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Methoden der Partizipativen Qualitätsentwicklung
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Stärker partizipativ
weniger partizipativ
Nutzerbeirat
Open Space Angeleitete Arbeitsgruppe
Planning for real
Fokusgruppe
Blitzbefragung
Erfassung von Anliegen
Beobachtung
Bedarfserfassung über Soziometrie und Dialoge
Quelle: Grad der Partizipation der Methoden im Vergleich (eigene
Darstellung nach www.partizipative-qualitätsentwicklung.de)
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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