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LIEBE MITBRÜDER UND MITSCHWESTERN,

LIEBE VERWANDTE UND FREUNDE

DER ABTEI ST. HILDEGARD!

„Cum bono animo“ – in guter Gesinnung – oder in anderer

Übersetzung: frohen Herzens und guten Mutes. Dieses Wort

aus dem fünften Kapitel der Benediktsregel stellte Mutter

Clementia zu Beginn des neuen Kirchenjahres als Leitwort

über das Jahr. In gewisser Weise war dies eine Antwort auf die

auch für uns so bedrängende Vertrauens,- und Glaubwürdig-

keitskrise der Kirche und der Orden, die uns - wie viele andere

Gläubige - im vergangenen Jahr so bewegt und umgetrieben

hat. In Zeiten der Krise gilt es, sich auf das Wesentliche zu

besinnen, der eigenen Berufung konsequent zu folgen und aus

der Hoffnung zu leben, so wie sie uns in unserem Profess-

gesang, dem „Suscipe“, ins Herz geschrieben wird.

Eine solche Hoffnung war für uns unter anderem der Besuch

des Heiligen Vaters in Deutschland. Wir waren bewegt und

beeindruckt von den Ansprachen und Predigten des Papstes

und ließen uns aufrütteln von seinen Worten der Mahnung und

Wegweisung. Gleichwohl wurde uns bei dieser Pastoralvisite

aber auch einmal mehr schmerzlich bewusst, wie wenig

präsent unsere Orden im öffentlichen Bewusstsein der Kirche

heute noch sind. Haben wir uns vielleicht von der so oft und

immer neu beschworenen Krise der Orden und von den

vielerorts sichtbaren Verlusten zu sehr ängstigen und in die

Defensive drängen lassen? Oder haben uns die eben auch

spürbaren geistlichen Krisenerscheinungen dazu verführt, uns

auf das Negative zu fixieren anstatt unseren Visionen zu

folgen und aus der Mitte unserer Berufung heraus den

Aufbruch in die Zukunft zu wagen?

Zwei Dinge, man könnte auch sagen, zwei prophetische

Zeichen wären vielleicht notwendend: zum einen die Rück-

besinnung auf die zeichenhaft eschatologische Dimension

unseres Ordenslebens, denn nur diese öffnet den Blick über

die Welt und alle innerweltlichen Glücksverheißungen hinaus

und hält den suchenden Menschen den Himmel wirklich offen;

zum anderen das nie erlahmende Bemühen um ein wahrhaft

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„gemeinsames Leben als Gleichnis“, wie Enzo Bianchi es in

seinem neuesten, sehr lesenswerten Buch formuliert hat. Das

gemeinsame Leben bedarf stets der Erneuerung und Neuaus-

richtung aus dem Wort der Heiligen Schrift. Es ist Geschenk,

Arbeit und Aufgabe zugleich. Es ist ein Feuer, das wir immer

neu entfachen und hüten müssen. Möge diese Chronik ein

wenig davon widerspiegeln, wie wir im vergangenen Jahr

versucht haben, dieses Feuer am Brennen zu halten und

weiterzugeben.

UNSERE MÜTTER UND „VÄTER“

Mutter Clementia

Mutter Clementia nahm ihre vielen Verpflichtungen im Orden,

im Konvent, im Freundeskreis und in unserer Stiftung auch in

diesem Jahr mit nie ermüdendem Eifer und hoffentlich auch

mit ebensolcher Freude wahr. Am Hildegardisfest hielt sie in

Eibingen erstmals die Festansprache zur Reliquienprozession

und erreichte mit ihrem Thema „Hildegard von Bingen –

Hoffnungsgestalt der Kirche“ die Herzen der Pilger und auch

die des zahlreich gekommenen Klerus. Hoffnung wider alle

Hoffnung – Mut, Vertrauen und Glaubensfreude, das ist es,

was unsere Zeit und unsere Kirche, wie es scheint, vor allem

braucht. Wie kaum eine andere kann die hl. Hildegard hier

Wegweiserin und Lehrmeisterin sein. „Schau auf zum Herrn

und die Welt wird neu, weil du sie mit neuen Augen siehst“ –

dieses Wort Hildegards war und ist ein Schlüssel zur Hoff-

nung. Dass die Menschen diese Worte verstanden haben und

von ihnen berührt wurden, spürten und hörten wir an

zahlreichen Reaktionen auf die Festansprache.

Zu Beginn der Fastenzeit hielt Mutter Clementia einen

Einkehrtag für die Mitglieder des Freundeskreises zum Thema

„Öffnen wir unsere Augen dem göttlichen Licht“

(Benediktsregel Prolog 9). Die Teilnehmer und Teilnehmer-

innen waren sehr offen und nahmen die Impulse in lebendigem

Austausch gerne auf. Im Juni fuhr Mutter Clementia zur

jährlichen Deutschen Ordensobernkonferenz (DOK) nach

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Vallendar und zu den Sitzungen des Regimen (Rat des

Abtpräses), das sich mehrmals im Jahr trifft. Zur kollegialen

Beratung traf sie sich einige Male mit anderen Äbten und

Äbtissinnen in Neuburg. Dieser Austausch wird von allen als

besonders hilfreich und fruchtbar für den Alltag erfahren.

Vom 22.-29. Oktober nahmen Mutter Clementia und Sr.

Katharina am 25. Generalkapitel der Beuroner Kongregation

teil, das in diesem Jahr in Nütschau stattfand. Die herzliche

und großzügige Gastfreundschaft der Mitbrüder und die

Möglichkeit, am Stundengebet der Gemeinschaft teilzu-

nehmen, trugen zu einem guten Gelingen dieses General-

kapitels bei. In einem intensiven Austausch konnten wichtige

Fragen und Anliegen der Kongregation besprochen werden.

Ein Schwerpunkt der Gespräche war die Beschäftigung mit

der Situation der jüngeren Mitschwestern und Mitbrüder sowie

das Miteinander in unseren Gemeinschaften und zwischen den

Klöstern der Beuroner Kongregation. Diese Themen werden

unseren Konvent auch in der kommenden Zeit sicher noch

weiter beschäftigen und Grundlage für verschiedene Konvent-

gespräche sein.

Der Kontakt mit den anderen Klöstern unserer Kongregation

ist traditionsgemäß ebenso eng wie vielfältig. Neben den

notwendigen Arbeitstreffen gibt es deshalb – Gott Dank –

auch immer wieder gute Gründe zu feiern. So nahm Mutter

Clementia zusammen mit Sr. Scholastica und Sr. Gisela gern

an der Feier des Goldenen Priesterjubiläums von Abt Norbert

Stoffels OSB in Neresheim teil. Abt Norbert, der zum

Urgestein der Beuroner Kongregation zählt, deren Geschichte

er wie kaum ein zweiter jederzeit präsent hat und zum Besten

geben kann, ist uns seit Jahrzehnten eng verbunden und hat

uns auch oftmals mit Rat und Tat zur Seite gestanden.

Unvergessen sind für uns bis heute die Konventexerzitien, die

er uns im Jahr 2007 gehalten hat. Am 12. November nahm

Mutter Clementia auch an der Weihe des neuen Erzabtes von

Beuron, P. Tutilo Burger OSB, teil. Sr. Beatrix und Sr.

Katharina begleiteten sie und überbrachten die Glück- und

Segenswünsche des Konventes.

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Am 03. Oktober, dem elften Jahrestag von Mutter Clementias

Äbtissinnenweihe, dankten wir Gott für ihr Sein und Wirken

in unserer Gemeinschaft. Zur Feier des Tages trafen wir uns

nach der Vesper zu einem gemeinsamen Abendessen im

Konventzimmer. An festlich gedeckten Tischen, begleitet von

erlesener Tafelmusik am Klavier, nahmen wir das Festtags-

menü ein. Die einzelnen Gänge wurden umrahmt von gemein-

sam gesungenen Liedern und geistlichen Texten, die das

Thema Mahlgemeinschaft umkreisten.

Mutter Edeltraud

Unsere Altäbtissin Mutter Edeltraud vollendete in diesem Jahr

ihr 89. Lebensjahr und schaut schon von Ferne aus nach dem

großen Fest im nächsten Jahr. Sie ist nach wie vor sehr rüstig

und nimmt wach und interessiert Anteil an allem, was im

Konvent und in unserer Kongregation passiert. Sie begleitet

mit nie erlahmendem Interesse Menschen auf ihrem Weg und

ist stets bereit zu Exerzitienbegleitungen und Einzelge-

sprächen mit Suchenden und Fragenden, die an unsere

Klosterpforte klopfen. Am 28. April eröffnete Mutter

Edeltraud den Reigen der Jubiläen mit ihrem Diamantenen

Professaniversarium Wir begingen diesen Tag – ganz zu

Mutter Edeltrauds Vorlieben passend - mit Mozart-Musik und

Rilke-Texten. Es gab außerdem eine erlesene Tischlesung zum

Thema „Schönheit und Wahrheit“, das Mutter Edeltraud

besonders liebt. Wir gedachten an diesem Tag aber auch

unserer im Vormonat heimgegangenen Sr. Lioba, die ihr

Goldenes Professjubiläum nun in der Ewigkeit feierte.

Nur vier Tage nach ihrem Jubiläum wurde Mutter Edeltraud

eine besondere Ehre zuteil: unser Bischof Franz-Peter Tebartz-

van Elst verlieh ihr in Limburg die Georgs-Plakette des

Bistums, die alle zwei Jahren an Persönlichkeiten vergeben

wird, die sich für das Bistum besonders verdient gemacht

haben. Mutter Clementia, Sr. Ancilla und Sr. Thekla begleite-

ten die Geehrte zu dem Festakt, der in der Michaelskapelle,

dem offiziellen Kapitelsaal des Domkapitels von Limburg,

stattfand. Die Laudatio hielt der Domdekan und frühere

Generalvikar Dr. Günther Geis. Acht junge Sänger der Dom-

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Kantorei rahmten die Feier mit Gesängen ein. Nach der

Ehrung wurde im Dom ein Pontifikalamt aus Anlass des

Patroziniums der Diözese zu Ehren des hl. Georg gefeiert.

Unsere beiden Äbtissinnen wurden dabei zur Teilnahme an der

Hl. Messe ins Chorgestühl des Hohen Doms eingeladen.

Neben Lichtvollem gab es für Mutter Edeltraud in diesem Jahr

aber auch schmerzliche Verluste zu beklagen: so starb am 12.

November in Freiburg der Verleger Dr. Hermann Herder, mit

dem und dessen Frau Mechtild sie seit drei Jahrzehnten

freundschaftlich verbunden ist. Unsere Abtei hat dem Verlag

Herder und dem Verleger persönlich viel zu danken, wurde

doch dort in den Jahren 1988/89 unser Psalterium gedruckt,

aus dem wir bis heute unser Stundengebet beten. Zur

Beisetzung fuhr Mutter Edeltraud gemeinsam mit Sr. Philippa,

die auf diese Weise ihrem hochgeschätzten früheren Chef die

letzte Ehre erweisen konnte.

Unsere Geistlichen

Am 11. Mai erreichte uns aus Maria Laach die Nachricht, dass

P. Radbert Kohlhaas OSB, unser Spiritual über 29 Jahre

hinweg, von Gott heimgerufen worden war in die Ewigkeit. Er

wurde 88 Jahre alt. Wir haben P. Radbert sehr viel zu

verdanken. Er war ein vorbildlicher Mönch und weiser

Ratgeber für unsere Äbtissinnen. Er lebte ganz für die Liturgie

und aus der Hl. Schrift; seine besondere Vorliebe gehörte den

liturgischen Orationen, die er uns je neu übersetzte und

interpretierte. Eines seiner für uns unvergesslichen Schlüssel-

worte, das er uns immer wieder zu Beginn der Hl. Messe

zusprach, war: „Gott ist in unserer Mitte!“. Damit war und ist

alles wie in einem Brennglas zusammengefasst – das ganze

Geheimnis der unaussprechlichen Liebe und Nähe Gottes zu

uns Menschen - in der Liturgie wie im Alltag.

In den langen Jahren seines Hierseins war P. Radbert auch fest

im Rheingau verwurzelt und vielen Menschen im Umkreis

bekannt und vertraut. Jahrelang gehörte er der Rhabanus-

Maurus-Gilde an. Von seiner hohen Musikalität - er spielte

ausgezeichnet Flöte und Spinett - gab er uns leider nur selten

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Kostproben. Dafür aber sang er täglich das Hochamt. Er

übersetzte viele Bücher für den Herder-Verlag – „seine“

Autoren waren vor allem Carlo Maria Kardinal Martini und

Henri Nouwen. Deren Texte und Gedanken stellte er uns dann

oft in Konferenzen vor. Da P. Radbert ein reiches und sehr

interessantes Leben hatte, besonders auch vor seinem

Klostereintritt, ließ er sich im hohen Alter noch überzeugen,

seine Memoiren zu schreiben, von denen er uns oftmals mit

großem Vergnügen Kostproben zum Besten gab. Leider

konnte er seine Erinnerungen nicht mehr vollenden. In den

letzten Jahren lebte P. Radbert zurückgezogen in der

Infirmerie von Maria Laach, von wo aus er uns aber immer

wieder einmal besuchte. St. Hildegard war für ihn, wie er nie

müde wurde zu betonen, sein eigentliches Zuhause. Mutter

Clementia und fünf Mitschwestern gaben P. Radbert das letzte

Geleit. Möge er Aufnahme finden in die himmlischen

Wohnungen und ruhen in Gottes ewigem Frieden. Als

bleibende Erinnerung an den Verstorbenen schenkte Abt

Benedikt unserer Mutter Clementia nach der Beerdigung P.

Radberts kostbare Altblockflöre. Wir werden sie dankbar in

Ehren halten!

Zu Gott heimgerufen wurde in diesem Jahr auch Prälat Dr.

Walter Seidel, der frühere Leiter des Erbacher Hofes in Mainz,

der uns seit vielen Jahren in besonderer Weise verbunden war.

Er hatte maßgeblichen Anteil an der großen Hildegard-

Ausstellung anlässlich des Jubiläumsjahres 1998 und stand uns

auch sonst in vieler Hinsicht mit Rat und Tat zur Seite.

Unvergessen bleiben uns seine Vorträge und geistlichen

Impulse, in denen er uns nicht nur Kostproben seines weiten

geistigen und geistlichen Horizonts gab, sondern auch auf

unnachahmliche Weise den verstorbenen Mainzer Bischof,

Hermann Kardinal Volk, imitieren konnte. Am feierlichen

Pontifikalrequiem im Hohen Dom zu Mainz nahmen Sr.

Scholastica und Sr. Philippa teil, die in diesem Jahr –

sozusagen in den Fußstapfen von Prälat Seidel wandelnd –

auch regelmäßig zu den Treffen der Mainzer Komturei der

Ritter vom Heiligen Grab zu Jerusalem eingeladen waren. Wir

freuen uns, dass die gute Tradition und Verbindung zwischen

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unserer Abtei und dem Ritterorden vom Heiligen Grab damit

weiter Bestand hat.

Unser derzeitiger Hausgeistlicher, Pfarrer Tumaini Ngonyani

aus dem Bistum Songea/ Tanzania, schreibt derweil weiter an

seiner liturgiewissenschaftlichen Dissertation und hat zum

Wintersemester an der Universität Münster noch zusätzlich

das Fach Kirchenrecht belegt. Während seiner Abwesenheiten

helfen uns nach wie vor regelmäßig Pfarrer Didinger, Pfarrer

Schickel, Pfarrer Hufsky und die Franziskaner–Mitbrüder aus

Marienthal aus. Angesichts des heutigen Priestermangels sind

wir sehr dankbar, dass wir an jedem Tag des Jahres eine

Eucharistiefeier haben. Herr Diakon Weser schenkte uns an

jedem zweiten Sonntag sein Predigtwort. Für ihre priester-

lichen Dienste im Laufe des Jahres danken wir auch P. Max

Rademacher OFM/Fulda, Herrn Pfarrer Werner Bardenhewer

und Abt Benedikt Müntnich/Maria Laach, der uns auch wieder

mit geistlichen Vorträgen zur Benediktsregel beschenkte.

Wie in jedem Jahr vertraten im Sommer Altabt Pius Engelbert

OSB und P. Elmar Salman OSB, Rom/Gerleve, sowie P.

Cyprian Krause OSB und P. Viktor Esch OSB aus der Abtei

Maria Laach unseren Hausgeistlichen und bereicherten den

Konvent und den Freundeskreis in diesen Wochen mit ihren

ebenso inhalts- wie geistreichen Konferenzen und Vorträgen.

Altabt Pius sprach zu uns über „Lectio divina“, P. Elmar zum

Thema „Mönchtum in Literatur und Kunst von Caspar David

Friedrich bis Hermann Hesse“ und noch ein weiteres Mal zur

Frage „Warum wir römisch-katholisch sind - das Römische als

Denk- und Lebensform“ und P. Cyprian erfreute uns mit einer

Konferenz über die moderne Jean Anouilh-Fassung der

Tragödie des Sophokles „Antigone“, die nicht wenige jüngere

Mitschwestern noch aus der Schullektüre kannten.

AUS DEM GEMEINSCHAFTSLEBEN

Die einwöchigen Konventexerzitien zu Beginn eines jeden

Jahres bieten uns traditionsgemäß Zeit und Raum zur

individuellen und zur gemeinsamen Besinnung auf das

Wesentliche unseres Lebens. Im gemeinsamen Hören auf das

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Wort des Exerzitienbegleiters richten wir uns neu aus und

schöpfen zusammen Kraft aus den Quellen der biblischen und

monastischen Tradition. In diesem Jahr hielt uns Spiritual Dr.

Paul Deselaers aus Münster die Jahresexerzitien. Sein Thema

war:„Von der Partitur der Hoffnung“ (Arnold Stadler). Im

„Reisegepäck“ führte er dabei folgende Gaben des Heiligen

Geistes mit sich: „Meine Anfänge – Die Geistesgabe der

Gottesfurcht“, „Vom Wachsen – Die Geistesgabe der

Frömmigkeit“, „Weg-Erfahrung der Bekehrung – Die

Geistesgabe der Wissenschaft“, „Vom Loslassen – Die

Geistesgaber des Starkmutes“ und „Von der Weggemeinschaft

– Die Geistesgabe der Weisheit“.

Wichtige Eckpunkte für das geistliche Leben der

Gemeinschaft sind neben den Exerzitien die regelmäßigen

Konferenzen der Äbtissin. Mutter Clementia legte den

Schwerpunkt ihrer Ansprachen in diesem Jahr auf die

Auslegung und Deutung einzelner Kapitel der Benediktsregel.

Zu Beginn der Fastenzeit gab sie uns als gemeinsame

Fastenlektüre die Kapitel 3 und 72 zur Betrachtung. In ihnen

geht es um das Miteinander und um die Entscheidungsfindung

in der Gemeinschaft. Die intensive Auseinandersetzung mit

den beiden Regelkapiteln war für uns eine gute geistliche

Grundlage für verschiedene in diesem Jahr anstehende

Entscheidungsprozesse im Konvent.

Die Kontakte zu den anderen Klöstern und Gemeinschaften

unserer Kongregation sind für uns ebenfalls ein wichtiger

Bestandteil des Gemeinschaftslebens. Im Mai besuchte uns

erneut der Neuburger Konvent aus Heidelberg. Am späten

Vormittag feierten wir gemeinsam das Hochamt. Bei

schönstem Frühlingswetter gingen wir dann durch den Garten

und zum Friedhof und aßen danach gemeinsam im

Refektorium zu Mittag. Am Nachmittag zeigte Abt Franziskus

eine Powerpoint-Präsentation über die Renovierung der

Neuburger Klosterkirche. Der sich daran anschließende

Gedankenaustausch war sehr offen und bereichernd und hätte

noch länger fortgesetzt werden können. Wir freuen uns also

schon auf den nächsten Besuch der Mitbrüder. Besonders

schön war auch der Besuch von Sr. Maria-Elisabeth mit fünf

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Angestellten des Exerzitienhauses von Marienrode. Eine

Hausbesichtigung und ein nachmittäglicher Besuch auf dem

Schafshof (unserem Ferienhaus ganz in der Nähe oberhalb von

Aulhausen) hat uns viel Freude gemacht.

Runde Geburtstage und Jubiläen

Für Sr. Angela standen in diesem Jahr gleich zwei große

Jubiläen an: im Sommer feierte sie voller Energie und

Lebensfreude ihren 90. Geburtstag mit einem von Sr. Christo-

phora zusammengestellten Opus, das die vielen Facetten, die

Sr. Angelas Leben ausmachen, auf wunderbare Weise

widerspiegelte. Im Oktober dann beging sie ihr Eisernes

Professjubiläum. Sr. Angela ist nach wie vor eine gefragte

Hildegardforscherin und steht vielen Mitschwestern und

Menschen von außen mit ihrem Rat zur Seite.

Am 17. Mai beging Sr. Agnes ihren 80. Geburtstag. Zunächst

fuhr sie heim ins Saarland, um im Kreis ihrer großen Familie

zu feiern. Nach ihrer Rückkehr begingen wir den eigentlichen

Festtag im Konvent. In einer eigenen Festrekreation wurden

Texte und Musikstücke zum Besten gegeben, die zu den vielen

verschiedenen Wirkungsbereichen und besonderen Vorlieben

von Sr. Agnes passen: zur Küche, zu den Blumen, zur

Bibliothek, zum Reisen und zum Leben ihres Lieblings-

heiligen, des sel. P. Rupert Mayer SJ. Danach erzählte uns Sr.

Agnes in alter und immer neuer Frische aus ihrem ereignis-

reichen und spannenden Leben.

Auch Sr. Simone vollendete in diesem Jahr ihr 80. Lebensjahr.

Zwar ist sie körperlich zunehmend eingeschränkt und braucht

für manche Wege inzwischen den Rollstuhl, doch geistig ist

sie unverändert jung und aktiv und nimmt an allem, was im

Haus und in der Welt geschieht, äußerst regen Anteil. Sie hilft

Sr. Philippa nach wie vor bei der Betreuung von Sr. Christiane

und kümmert sich mit großer Freude um unsere Tischlektüre.

Da sie jedes Buch in der Bibliothek in- und auswendig kennt

und auch „gute Kundin“ in unserer Buchhandlung ist, sind wir

lektüremäßig bei ihr in allerbesten Händen. Zu ihrem 80.

Geburtstag stellten die Mitschwestern für ihre ehemalige

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Magistra ein kleines „monastisches“ Opus aus Altvätertexten

zusammen, die jeweils umrahmt wurden mit musikalischen

Einlagen am Psalter und an der Querflöte

Sr. Hiltruds 70.Geburtstag am 21. August wurde – wie könnte

es anders sein - ganz „hildegardisch“ gefeiert. Texte aus dem

Briefwechsel unserer Klosterpatronin mit den Großen und

Kleinen ihrer Zeit und Musik des Ensembles für mittel-

alterliche Musik „Ranunculus“ waren der passende Rahmen

für unsere Sr. Hiltrud. Diese ist nach wie vor mit ganzem

Herzen Wallfahrts- und Pilgerseelsorgerin am Schrein der hl.

Hildegard und gab uns an ihrem Festtag auch regen Anteil an

ihrem Dienst.

Gleich zwei Mitschwestern feierten in diesem Jahr ihren 60.

Geburtstag. Den Anfang machte im Sommer Sr. Christiane.

Sie beging den Tag in aller Stille. Ihre Geschwister waren

extra für drei Tage gekommen, um sie jeweils einzeln für eine

kurze Zeit besuchen zu können. Durch ihre Krankheit bedingt,

kann Sr. Christiane Besuch nur noch in sehr „kleinen Dosen“

verkraften. Auch wenn sie es nicht mehr äußern konnte, so

hatten wir doch den Eindruck, dass sie ihre Geschwister sehr

wohl erkannt und sie als sehr vertraut wahrgenommen hat.

Drei Monate später, am 15. November, wurde Sr. Gisela 60

Jahre alt. Sie beging ihren Festtag in Paris. Von uns aus ging

ein großes Paket mit vielen guten Wünschen und kleinen

Geschenken auf die Reise. Im Geiste verbanden wir uns an

ihrem Festtag mit Sr. Gisela dadurch, dass wir gemeinsam

einen Film über die Arbeit der AIM anschauten, der den

Reichtum der benediktinischen Klöster in aller Welt und die

segensreiche Arbeit der AIM auf bewegende Weise anschau-

lich machte.

Ihr 50. Lebensjahr vollendete in diesem Jahr Sr. Katharina. In

der Abendrekreation wurde sie mit einem Opus zum Thema

„Bilder einer Ausstellung“, gefeiert, das unser Noviziat

vorbereitet hatte. Fünf verschiedene für Sr. Katharinas Leben

charakteristische Bilder wurden eines nach dem anderen

feierlich enthüllt. Dazu gab es Texte von Rose Ausländer u.a.

und passende Musik.

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Gegen Ende des Jahres, am Fest Allerheiligen, begingen wir

dann noch das Goldene Professjubiläum unserer Sr. Martina.

Dazu wurde ein neuer einfacherer Ritus für die Profess-

erneuerung innerhalb des Konventamtes erstellt. Da Sr.

Martina Rosen sehr liebt, waren Altar und auch Sr. Martinas

Zellentür mit wunderschönen Rosengestecken geschmückt.

Am Nachmittag führte der Konvent dann für unsere

Mitschwester und ihre Festbesucher ein von Sr. Simone

vorbereitetes Opus auf: „Ein kleines Marienlob“, das mit dem

Akathisthos-Hymnus begann, mit Texten zu den fünf Gesätzen

des Freudenreichen Rosenkranzes weiterführte und beendet

wurde mit den Anrufungen des Grüssauer Wallfahrtsliedes.

Die Texte und die Liedrufe wurden begleitet von Sr. Klara am

Psalter und Sr. Mirjam am Glockenspiel, was dem Ganzen

einen feierlichen und meditativen Rahmen gab.

Nur drei Wochen nach Sr. Martina feierte Sr. Emmanuela ihr

Goldenes Professjubiläum. Sie beging den Tag ganz bewusst

in aller Stille und in kleinem Rahmen und hatte sich für die

Festrekreation nur ein Musikstück gewünscht: den Radetzky-

Marsch von Johann Strauß. Sr. Lydia am Flügel und Sr. Ursula

am Schlagzeug erfüllten ihr diesen Wunsch nur zu gern.

Noviziat

Die diesjährigen Werkwochen führten das Noviziat auf

zweifache Weise zu den Ursprüngen unserer Abtei: die kleine

Werkwoche der Frauennoviziate im Mai – die letzte für diese

Noviziatsgeneration – fand bei uns statt und beschäftigte sich

mit unserer Gründerin Hildegard von Bingen. Mit Sr. Maura

konnten die drei Novizinnen von Eibingen und Fulda die

Faszination und den Reichtum der Visionen Hildegards und

ihre Rezeption der Regula Benedicti entdecken. Die große

Junioratswerkwoche für die Frauen- und Männerklöster der

Kongregation führte das Noviziat im August dann in die

Erzabtei Beuron. Dieser Ursprungsort des Beuroner

Mönchtums mit seiner liturgischen Kunst lud schon von sich

aus zu dem Thema der Woche ein: die Geschichte der

Kongregation, gestaltet von Sr. Johanna Buschmann,

Varensell. Die gemeinsame Geschichte wie die Gastfreund-

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schaft der Erzabtei Beuron ließen die Woche fast zu schnell

vergehen und die Teilnehmer schon auf die nächste schauen.

Last but not least ist zu berichten, dass unsere beiden

Novizinnen in diesem Jahr ihre Triennalprofess ablegen

durften. Sr. Raphaela machte den Anfang und sang am Fest

des hl. Benedikt, dem 11. Juli, ihr „Suscipe“; Sr. Mirjam folgte

ihr wenige Wochen später am Erzengelfest, dem 29. Septem-

ber. Für unseren Konvent waren beide zeitlichen Professen

eine große Freude und ein besonderer Grund zur Dankbarkeit.

In diesem Zusammenhang möchten wir hier auch berichten,

dass Sr. Klara Antons am Ende ihrer zweijährigen Probezeit

am Herz Jesu-Fest, dem 1. Juli, vor dem Hochamt in einem

feierlichen Kapitelakt ihre Stabilität von Köln-Raderberg auf

unsere Abtei übertragen hat.

Unsere alten und kranken Mitschwestern

In unserer Infirmerie ist es seit dem Tod von Sr. Lioba und Sr.

Christina still geworden. Sr. Susanna, die im September ihren

96. Geburtstag feierte, und nach wie vor nur ein wenig

Betreuung braucht, führt immer noch eine rege seelsorgliche

Korrespondenz und weiß sich vielen Menschen im Gebet

verbunden. Mit Eifer und Hingabe beschäftigt sie sich mit den

heiligen Engeln, die ihr in den vielen kleinen Sorgen des

Alltags Trost und Hilfe sind.

Sr. Caecilia durfte am Christ-königsfest in aller Stille und

Dankbarkeit den 60. Jahrestag ihrer feierlichen Profess

begehen. Auch wenn die Kräfte langsam nachlassen, so nimmt

sie doch unermüdlich Anteil an allem, was sich rund um die

hl. Hildegard entwickelt und macht auch ihren täglichen

Spaziergang durchs Dormitorium, liebevoll begleitet von Sr.

Maria-Hildegard. Gerne verweilt Sr. Caecilia bei der

Gottesmutter im Infirmerie-Oratorium und betrachtet in Liebe

und Treue die Geheimnisse des Rosenkranzes. Mit ihrer

heiteren und schelmischen Art ist sie ein Segen für unsere

Gemeinschaft.

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Das gleiche gilt für Sr. Christiane, die inzwischen seit sechs

Jahren in unserer „zweiten Infirmerie“ im Ostflügel des

Hauses lebt. Trotz ihrer schweren Demenzerkrankung zeigt sie

noch viel Freude am Leben, auch wenn sie diese verbal nicht

mehr äußern kann. In Begleitung macht sie noch täglich zwei

Spaziergänge im Garten, genießt die Natur und besucht

regelmäßig verschiedene Mitschwestern in deren Arbeits-

bereichen. Niemanden lässt sie dabei ohne eine liebevolle

Geste oder ein kleines Zeichen der Zuwendung. Nicht selten

haben wir den Eindruck, dass sie – um es mit einem Wort aus

Arno Geigers bewegendem Roman „ Der alte König in seinem

Exil“ zu sagen, „zwar nichts mehr weiß, aber alles versteht“.

Weiterbildung

Sowohl der ganze Konvent als auch einzelne Mitschwestern

haben in diesem Jahr wieder an weiterführenden und

vertiefenden Aus- und Fortbildungen teilgenommen. In der

Fastenzeit hielt uns ein lieber Freund, Herr Pfarrer Dr. Robert

Nandkisore/Eltville, eine dreiteilige Vortragsreihe zum Thema

„Geistliche Freundschaft“. Es ging dabei um die Freundschaft

mit Gott und mit Christus, sodann folgten Gedanken über die

göttliche Freundschaft in der Heiligen Schrift sowie

Ausführungen über den Freundschaftsbegriff bei Aristoteles

im Vergleich zu Cicero.

Am 25. Mai berichtete uns Soeur Thérèse aus Saarlouis, eine

Weiße Schwester, die jahrzehntelang in Algerien unter den

Berbern lebte und wirkte, über die ermordeten Trappisten von

Tibhirine, die sie persönlich gut gekannt hat. Sie öffnete uns

mit ihren Ausführungen einen weiten Horizont und erklärte

uns viele Hintergründe des Films „Von Göttern und

Menschen“, den wir zuvor gemeinsam im Geisenheimer Kino

angeschaut hatten.

Im Juni kam Altabt Christian Schütz OSB/Schweiklberg

wieder für fünf Tage zu uns. Thema der Studienwoche war

diesmal die Verbindung der Regula Benedicti mit dem

alttestamentlichen „Hohen Lied der Liebe“, das der hl.

Benedikt zwar nirgends wörtlich zitiert, wohl aber auf

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vielfältige Weise indirekt rezipiert hat. Abt Christian ermutigte

uns, persönlich auf dieser Spur weiterzuarbeiten, und sprach -

eingebettet in den Gedankenkreis des Hohenliedes - auch über

die Heilige Eucharistie. Fragmentarisch sei ein Gedanken-

splitter hier besonders erwähnt: „Der Mensch ist ein

Empfangener und ein Empfangender. Das ist der Kern seines

Daseins, die Grund- und Schöpfungswahrheit seiner Existenz

und seines Wesens. Wir ahnen, wie tief die Eucharistie mit

dem Geheimnis der Schöpfung verbunden ist.“

Auch Sr. Michaela Puzicha OSB, Varensell/Salzburg war in

diesem Jahr erneut ein gern gesehener Gast in unserem

Konvent. Diesmal hielt sie uns einen viertägigen,

gleichermaßen interessanten wie lebenspraktischen Vortrags-

Zyklus zum Thema: „Gesprächsprozesse in der Benedikts-

regel“. Wichtige Aspekte dabei waren: der Prozess des

Hinhörens, Entscheidungskriterien und Zielformulierung

sowie die Mühe, die aufgewandt werden muss, um dialogfähig

zu bleiben und den Frieden immer neu herzustellen. Sr.

Michaelas profunde, souveräne und zum Weiterarbeiten

motivierende Regelkenntnis war wie immer ein Genuss und

lieferte uns viel Stoff zum Nachdenken und zum Gespräch.

Sr. Francesca, Sr. Andrea und Sr. Barbara haben in diesem

Jahr ihre berufsbegleitende Ausbildung in der Hauswirtschaft

erfolgreich abgeschlossen und können nun ihre Kenntnisse auf

vielfache Weise in Küche, Waschküche, Hausmeisterei und im

Gästebereich anwenden. Sr.Mirjam hat unterdessen unmittel-

bar nach ihrer Triennalprofess eine Ausbildung in Finanz-

buchhaltung begonnen; Sr. Scholastica hat die ihrige im selben

Fach unterdessen erfolgreich beendet.

Gesprächsprozess „Ort unseres Gebetes“

Im letzten Jahresrundbrief berichteten wir bereits davon, dass

unser Konvent sich auf den Weg eines längeren

Gesprächsprozesses zum Thema „Ort unseres Gebetes“

begeben hat. Dahinter verbarg sich die Frage, wie wir die

Besucher unserer Kirche und unsere Hausgäste besser in unser

Gebet einbeziehen könnten und sollten. Unter Begleitung von

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P. Bertram Dickerhof SJ und Sr. Petra Maria Nothum SND

begannen wir einen gut einjährigen Prozess des gemeinsamen

Nachdenkens und der praktischen Erprobung. Wir wägten in

mehreren Gemeinschafts- und Gruppengesprächen die Pro-

und Contra-Argumente ab und absolvierten danach drei

Probephasen der möglichen Orte unseres Gebetes: in einer

neuen Sitzordnung im Chor, sodann im Presbyterium und

zuletzt in der Kirche. Wir versuchten, auf die Stimme des

Geistes zu hören - in uns selbst und wie sie durch zahlreiche

Reaktionen von Besuchern und Gästen auf uns zukam.

Interessant war, dass gerade die Menschen, die uns sehr

verbunden sind und regelmäßig kommen, meist nichts

vermissen, wenn wir nur zu hören, aber nicht zu sehen sind, ja

dass die Verborgenheit des Konventes im Chorgestühl für sie

sogar die Atmosphäre des Gebetes und die Erfahrung der

Transzendenz verdichten kann. Nach den Probephasen im

Presbyterium und in der Kirche, die eine Vielzahl ganz

unterschiedlicher Reaktionen hervorriefen, stimmten wir ab

und entschieden uns mehrheitlich für den Chor als unseren

bleibenden „Ort des Gebetes“. Ausnahmen von dieser

Grundsatzregelung sind ausdrücklich vorgesehen, z.B. am

Hildegardisfest oder bei Jubiläen, an denen wir mit unseren

Gästen einzelne Gebetszeiten in der Kirche feiern.

Wenn es äußerlich auch so aussehen mag, als wäre nach dem

Gesprächsprozess nun alles beim alten geblieben, so waren wir

uns doch einig, dass wir unser Chorgestühl durch die Probe-

phasen an anderen Orten unserer Kirche nun wieder ganz neu

schätzen und lieben gelernt haben. Wir haben zudem lange

und intensiv aufeinander gehört und uns vertieft über

Grundsatzfragen unseres Lebens ausgetauscht. Zudem haben

wir eine Methode gelernt, wie wir Entscheidungsprozesse

sorgfältig vorbereiten und durchführen können. Wir danken P

Dickerhof und Sr. Petra Maria sehr für die Begleitung des

Prozesses und vor allem auch für die Ausbildung von fünf

„Moderatorinnen“ aus unseren Reihen, die sich in den

Plenumssitzungen und bei der Leitung der Kleingruppen

bereits bestens bewährt haben. Die Erfahrungen werden uns

auch bei künftigen Entscheidungsprozessen helfen können.

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UNSERE KLOSTERPATRONIN

Hildegard-Wallfahrtsseelsorge

Die Wallfahrtsseelsorge am Schrein der hl. Hildegard, die

unsere Sr. Hiltrud betreut, wurde auch in diesem Jahr wieder

von vielen Menschen in Anspruch genommen. Neben vielen

Wallfahrern und Einzeltouristen, die sich von Hildegard

angezogen fühlen und sich am Ort der Reliquien Stärkung und

Weisung für ihr Leben erhoffen, kamen 83 Gruppen -

Kommunionkinder, Firmlinge, Schülerklassen, Pfarrgemein-

schaften, Frauengruppen, Familientreffs, Wander- und

Seniorengruppen - , um von Sr. Hiltrud einen Vortrag oder

einen geistlichen Impuls zu hören. Auch Bildungsein-

richtungen, Volkshochschulen, Krankenpflegeschulen,

Geschichts- und Gartenbauvereine, Kirchenchöre und

evangelische Pfarrer, Lehrer und Schwesterngemeinschaften

waren darunter. Sehr viele Besucher kamen in diesem Jahr

auch aus dem Ausland nach Eibingen: aus Dänemark und

Belgien, den Niederlanden und Frankreich, aus der Schweiz,

aus Österreich und Polen, ja selbst aus Australien und Indien

kamen Hildegard-Interessierte und – verehrer. Sie alle wollen

mehr und Authentisches erfahren über unsere große Kloster-

patronin, möchten die Visionen und das Gottes- und

Menschenbild Hildegards erklärt und gedeutet bekommen und

fruchtbar werden lassen für ihr persönliches Leben und ihren

Glauben. Nicht nur Sr. Hiltrud, sondern wir alle spüren, dass

Hildegard den Menschen von heute viel zu sagen hat und dass

wir mit ihrer Hilfe gerade diejenigen ansprechen können, die

der Kirche fernstehen, aber dennoch Suchende und Fragende

sind. Dieser Zielgruppe dienen auch die Hildegard-Seminare

und Veranstaltungen, die wir im Gästehaus anbieten. Sr.

Hiltrud ist hier in besonderer Weise engagiert und wird nie

müde, das Erbe Hildegards unserer Zeit gemäß weiterzugeben.

Hildegard-Werke

Dem Ziel, die hl. Hildegard breiten Kreisen zugänglich zu

machen, dient auch die bereits im letzten Jahr begonnene

Neuausgabe aller Werke Hildegards von Bingen. Inzwischen

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sind der SCIVIAS in einer Neuübersetzung unserer in diesem

Jahr verstorbenen Oblatin, Frau Mechthild Heieck, und die

Naturheilkunde CAUSAE ET CURAE in einer Neuübersetzung

von Frau Professor Ortrun Riha, Medizinhistorikerin in

Leipzig, erschienen. Im Frühjahr werden die SYMPHONIAE –

neuübersetzt von Frau Dr. Barbara Stühlmeyer, ebenfalls

Oblatin unserer Abtei, und der LIBER DIVINORUM OPERUM

erscheinen, an dem Frau Heieck noch bis unmittelbar vor

ihrem Tod gearbeitet hat. Wir danken vor allem dem Beuroner

Kunstverlag für seine Bereitschaft, die Reihe zu edieren und

Sr. Philippa, die die mühevolle Arbeit der Lektorierung über-

nommen hat. Als besonders schöne Zugabe zur neuen Reihe

erschien pünktlich zur Frankfurter Buchmesse ein Bildband

mit den berühmten 35 Miniaturen des SCIVIAS. Dieser

Prachtband ist eine wahre Gemeinschaftsarbeit: Sr. Hiltrud

und Sr. Maura haben die erklärenden Texte zu den einzelnen

Miniaturen verfasst und Sr. Philippa hat aus den Bildern und

Texten eine Gesamtkomposition erstellt. Eine Gemeinschafts-

arbeit ganz anderer Art entstand zwischen Sr. Hiltrud und

unserem inzwischen pensionierten Küchenchef, Herrn

Pasquale Piccinno: die beiden haben in kongenialer Ergänzung

ein Hildegard-Kochbuch mit Weisheiten und Rezepten aus der

Klosterküche herausgegeben. Am Sonntag nach dem

Hildegardisfest fanden sich die beiden Autoren zur

Signierstunde im Laden ein – Sr. Hiltrud in Tunika und Herr

Piccinno in weißer Küchenmeisterkleidung - ein wahrhaft

würdiger und pittoresker Rahmen!

Hildegard-Forschung

In diesem Jahr hat Sr. Maura ihr Promotionsstudium, das sie

an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz 2007

begonnen hatte, erfolgreich abgeschlossen. Die Advents- und

Weihnachtszeit 2010 waren noch von intensiven Korrektur-

arbeiten geprägt. Dabei stand Sr. Raphaela mit kompetenter

Hilfe und großer Sorgfalt Sr. Maura zur Seite. Am 2. Februar

2011 reichte Sr. Maura ihre Dissertation, die den Titel „Vidi et

intellexi. Die Schrifthermeneutik in der Visionstrilogie

Hildegards von Bingen“ trägt, ein. Als die Gutachten von Frau

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Professor Dr. Mechthild Dreyer, Frau Professor Dr. Karen

Joisten und Herrn Professor Dr. Ruben Zimmermann vorlagen,

konnte der Termin für die Disputation am 22. Juli 2011

festgelegt werden. Zu diesem Anlass fuhr Mutter Clementia

mit Sr. Maura nach Mainz, um an der letzten mündlichen

Prüfung teilzunehmen. Auch Herr Dr. Dr. Stefan Seit, der mit

seinen Anregungen und wiederholten Ratschlägen zum

Gelingen der Dissertation beigetragen hatte, konnte dabei

zugegen sein. Die Mitglieder der Prüfungskommission, Frau

Professor Dreyer, Frau Professor Joisten und Herr Professor

Dr. Klaus-Dieter Eichler, würdigten Sr. Mauras Leistung mit

„summa cum laude“. Besonderer Dank gilt Frau Professor

Dreyer, die Sr. Maura als Doktorandin angenommen und sie

durch die Jahre hindurch gefördert und betreut hat. Auf ihre

Empfehlung hin schickte Sr. Maura ihre Dissertation nach der

mündlichen Prüfung an den Aschendorff Verlag, Münster, wo

sie 2012 in der Reihe „Beiträge zur Geschichte der

Philosophie und Theologie des Mittelalters“ erscheinen wird.

Am 22. September war es dann soweit: der Dekan der Mainzer

philosophischen Fakultät, Herr Professor Dr. Stephan Jolie,

überreichte Sr. Maura die Urkunde und verlieh ihr damit den

Titel eines Doktors der Philosophie. Die Freude über den

Abschluss verbindet sich für Sr. Maura mit einem großen

Dank, besonders an ihre Mitschwestern, die ihrerseits natürlich

stolz sind, nun wieder eine junge Hildegardforscherin in ihren

Reihen zu haben. Noch vor Drucklegung ihrer Arbeit hat Sr.

Maura ein Angebot zu einem Lehrauftrag an der Philo-

sophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frank-

furt am Main bekommen. Zusammen mit Pater Prof. Dr.

Rainer Berndt SJ hält sie im Wintersemester 2011/2012 ein

Seminar mit dem Thema „Sehen und gesehen werden. Studien

zur Anthropologie und Erkenntnislehre von Philosophinnen

des Mittelalters“. Wir freuen uns, dass auf diese Weise der

Kontakt nach St. Georgen wieder neu intensiviert wird und P.

Berndt nach der guten Kooperation im Hildegard-

Jubiläumsjahr 1998 nun einmal mehr intensiv mit unserer

Abtei zusammenarbeitet.

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Noviziatsausflug nach Maria Laach

Konventausflug ins Kino

Der Traubenvollernter im Einsatz

Signierstunde von Sr.Hiltrud und Herrn Piccinno

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Feier des 10-jährigen Freundeskreisjubiläums

Mittagessen mit den Freunden im Kreuzgang

Reliquienfeier und Prozession am Hildegardisfest

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AUS DEN ARBEITSBEREICHEN

OSB – Oh, sie bauen…

Im Mai wurde ein für viele Mitschwestern lange gehegter

Wunschtraum Wirklichkeit: Mit der finanziellen Hilfe unseres

Freundeskreises und zweier Stifterinnen konnte der Umbau

unserer Küche vollendet werden. Der Konvent ertrug die oft

mühsame und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie

den Mitschwestern in der Küche viel abverlangende

Bausituation in großer Geduld. In der neuen Küche, die wir

mithilfe unserer hauswirtschaftlichen Beraterin Frau Brigitte

Hackler und Herrn Bohnert von der Offenbacher Küchen-

baufirma „Edgar Fuchs“ mehrere Monate lang durchdacht und

geplant hatten, befinden sich nun alle Geräte und

Gebrauchsgegenstände in einem Raum, einschließlich der

Kühlzelle, die vorher verteilt auf zwei Stockwerke und

mehrere Räume untergebracht waren. Wir erhielten einige

neue Geräte, die uns nun in die Lage versetzen, auf technisch

neuestem Stand energiesparend und rationell zu arbeiten. Wir

danken allen an der Planung und Durchführung des Umbaus

Beteiligten für die große Sorgfalt und den Einsatz bei der

Maßnahme.

Im Zuge des Küchenumbaus, bei dem die alten

Dampfheizungsrohre abgebaut und durch Warmwasser-

leitungen ersetzt wurden, haben wir Ende Oktober auch das

Konventzimmer im Nordwesten und mehrere sanitäre Anlagen

im Westen des Hauses von den alten Dampfheizungsleitungen

„befreit“ und durch neue Leitungen der Warmwasserheizung

ersetzt. Dies war dringend notwendig, da an einigen Stellen

die Dampfleitungen undicht waren und zunehmend Schäden

im Gemäuer verursachten und verursachen. Dies wollen wir in

der kommenden Zeit auch nach und nach weiter vorantreiben,

um so Heiz- bzw. Energiekosten zu sparen.

Der Zugang zur Kirche wird für Rollstuhlfahrer in Zukunft

einfacher, da an der Treppe vom Pfortengang in die Kirche ein

Treppenlift montiert werden soll. Sobald der vierte Bauab-

schnitt unseres Gästehauses fertiggestellt sein wird, können

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gehbehinderte Gäste dann ohne Schwierigkeiten vom Gäste-

haus in das Haupthaus und von dort in die Kirche gelangen.

Unser Gästehaus

Dass viele unserer Gäste immer wieder gerne zu uns kommen,

sich bei uns wohlfühlen und Kraft und Mut für ihren Alltag

schöpfen, erfüllt uns mit dankbarer Freude. Möge das auch in

Zukunft so bleiben. Im zurückliegenden Jahr haben wir zum

ersten Mal ein eigenes Jahresprogramm mit verschiedenen

Angeboten zusammengestellt, die gern angenommen wurden.

Es fanden unter anderem statt: „Ora et labora –Tage“,

Buchbinderkurse, Gregorianikwochenenden und natürlich

Angebote, die sich unter verschiedenen Aspekten mit der hl.

Hildegard beschäftigten. Im kommenden Jahr wird unsere

Patronin noch stärker im Mittelpunkt unseres Kursangebotes

stehen. Neben diesen Angeboten, durch die wir unseren

Gästen etwas von dem, was unser eigenes Leben bereichert,

weitergeben möchten, besteht auch weiterhin die Möglichkeit

zu Tagen der Stille oder Einzelexerzitien.

Im Gästehaus selbst haben wir nun auch die letzten fünf

Gastzimmer mit unseren Zellenmöbeln ausgestattet. In

mühsamer Arbeit hat Sr. Anna zusammen mit unserem

Hausmeister, Herrn Peter Moussong, und Herrn Günter

Franko, der nach seiner Pensionierung als Möbelschreiner bei

uns noch ein ehrenamtliches Betätigungsfeld gefunden hat, die

Pitchpinemöbel aufgearbeitet, so dass sie nun wieder in voller

Schönheit erstrahlen. Unsere Gäste schätzen die Zellen-

ausstattung der Gästezimmer sehr, vermittelt diese ihnen doch

noch mehr das Gefühl, in die klösterliche Atmosphäre

eintauchen zu können.

In diesem Jahr, vor allem in den Monaten Mai bis Oktober,

besuchten auch wieder sehr viele Gruppen unsere Abtei. Die

meisten von ihnen kamen, um mehr zu erfahren über unser

klösterliches Leben und über Hildegard von Bingen. Nach wie

vor sprechen wir alle diese Gruppen noch persönlich an, da

wir auf diese Weise unser Leben und unseren Glauben

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bezeugen und das Erbe unserer großen Klosterpatronin

authentisch weitergeben können.

Kirchenkonzerte

Die Reihe unserer Abteikonzerte begann in diesem Jahr mit

einem Chor- und Orchesterkonzert von ChorART Rheingau

unter der Leitung von Jochen Doufrain am 10. April. Mit dem

Werk „Membra Nostri Jesu Christi“ von Dietrich Buxtehude –

ein Werk für Solisten, Chor und Orchester - wurden die

Zuhörer auf die Karwoche eingestimmt. In sieben Kantaten

werden Füße, Knie, Hände, Seite, Brust, Herz und Gesicht

Christi hier allegorisch gedeutet. Die Musiker trugen mit

ihrem intensiven musikalischen Vortrag dazu bei, dass dieses

Werk nicht nur Erbauungsmusik war, sondern auch die

persönliche Betrachtung der Leiden Christi vertiefen konnte.

Am 3. Mai war des Ensemble BONnACCORD unter der

Leitung von Herrn Dieter Simonsen wieder einmal bei uns zu

Gast. Mit Musik des 18. Jahrhunderts von Pepusch, Corelli,

Schickhardt und Baston faszinierten die Künstler die Zuhörer

mit Blockflöten, Violinen, Cello und Cembalo. Am 19. Juni

konzertierte erstmals das Ensemble „Camerata Rheingau“ in

unserer Kirche. Dieses Orchester besteht aus Profimusikern

und jungen Musikern, die noch am Beginn ihrer beruflichen

Laufbahn stehen. Aus dieser fruchtbaren Zusammenarbeit

heraus gab es für die zahlreichen Zuhörer ein Konzert mit

Werken von Mozart, Vivaldi, Mendelssohn Bartoldy u.a., das

durch die Musikalität der Ausführenden und auch durch das

Dirigat von Ulrich Kern faszinierte. Am 4. September hatten

wir das „Hansori Quartett“ zu Gast. Die vier Cellisten (der

Leiter des Ensembles, Herr Tobias Fischer, ist der Cellolehrer

unserer Sr. Agatha) spielten Stücke von Corette, Bach, Haydn,

u.a. Es war eine Freude, den Musikern zuzuhören und

zuzuschauen. Das letzte Konzert am 16. Oktober war eine

besinnliche, meditative Stunde mit mittelalterlicher Musik zu

Ehren der Mutter Gottes: Ave maris stella - Antiphonen und

Hymnen z.B. aus Montserrat oder einem Kölner Antiphonar,

gesungen von Frau Sabine Reinhardt. Mit Harfe, Laute,

Portativ und gotischem Hackbrett begleitete sich die Solistin

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selbst und stimmte die Zuhörer schon auf den kommenden

Advent ein.

Keramikwerkstatt

In diesem Jahr erfüllte sich der von Sr. Christophora lang

gehegte Wunsch, ihre Großskulpturen einmal in einer

romanischen Kirche zeigen zu können, durch eine Anfrage der

kurhessisch- evangelischen Kirche und der evangelischen

Kommunität Koinonia. In der ehemaligen Klosterkirche von

Germerode bei Eschwege wurden zehn Skulpturen von April

bis Oktober unter dem Thema: „Zwischen Sehnsucht und

Erfüllung“ gezeigt. Die vielen Besucher wurden dabei von

Frau Traudl Priller aus der Kommunität Koinonia mit großem

Engagement betreut. Auf Anfrage von Altabt Christian Schütz

zeigte Sr. Christophora von März bis September in der Abtei

Schweiklberg in einer weiteren Ausstellung unterschiedlichste

Arbeiten aus den letzten zehn Jahren. Parallel dazu konnte

unsere Künstlerin zwei Arbeiten für den neugestalteten

Meditationsgarten des Klosters Neustift verwirklichen: eine

große Engelskulptur und eine 230 cm hohe dreiseitige Säule

zu den Themen: Schöpfung, Emmaus und Benedikt.

Überraschend kam im März die Anfrage von Stadtpfarrer

Monsignore Schuhmacher, für das Bonner Münster zum

Gedenken an die Seligsprechung Papst Johannes Pauls II. ein

Porträtrelief zu gestalten, das die Verbundenheit der Bonner

Katholiken mit dem verstorbenen seligen Papst zum Ausdruck

bringen sollte. Die Arbeit bedeutete eine intensive Auseinan-

dersetzung mit Leben und Werk des Seligen und führte Sr.

Christophora auch zu einem inneren geistlichen Dialog mit

dieser so vielschichtigen Persönlichkeit. Das 105 cm hohe

Relief wurde in der Krypta des Bonner Münsters angebracht

und am 1. Mai in einem feierlichen Gottesdienst vom

Päpstlichen Nuntius in Deutschland Kardinal Jean-Claude

Périsset eingeweiht.

Für einen“ Meditationsweg mit europäischen Heiligen“ neben

der neuen Wallfahrtskirche „Maria, Königin Europas“ auf dem

Gnadenweiler bei Beuron wurde mit Sr. Christophoras

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lebensgroßer Figur der hl. Edith Stein ein erster Anfang

gesetzt. Auf Anfrage des Osnabrücker Generalvikars Theo

Paul gestaltete Sr. Christophora ein 260 cm x 270 cm großes

Relief für das Hildegard-von-Bingen-Gymnasium in

Twistringen. Das Relief zeigt Hildegard mit ihrer Vertrauten

Richardis, umgeben von den kartographisch angeordneten

Wirkungsstätten ihres Lebens. Diese werden in Medaillons

jeweils mit Miniaturen aus den Visionen interpretiert.

Es ist bezeichnend, dass bei Anfragen für kleine wie größere

Aufträge der Wunsch, dass eine religiöse Arbeit aus einem

religiösen Hintergrund heraus gestaltet wird, für die jeweiligen

Auftraggeber an Bedeutung gewinnt. Ebenso ist es mittler-

weile fast unabdingbar, dass Sr. Christophora bei Eröffnungen,

Einführungen oder Einweihungen der von ihr gestalteten

Arbeiten alleine oder zusammen mit Mitschwestern präsent

ist. Der früheren Anonymität des Klosterkünstlerdaseins

entspricht heute die geforderte Präsenz, die der Sehnsucht der

Menschen nach authentischem Zeugnis entspringt.

Neben diesen großen Aufträgen gab es auch einige Anfragen

für kleinere Arbeiten, wie z.B. die Bemalung eines kleinen

Marienaltars, neue Krippenfiguren für die Pfortenkrippe oder

ein Antoniusrelief. Insgesamt war es ein Jahr, in dem sich Sr.

Christophora verstärkt mit den unterschiedlichsten Auffas-

sungen zur modernen Gestaltung von religiösen Werken

beschäftigte. Ein klarer Standpunkt und eine eigene

künstlerische Sprache sind Sr. Christophora für ihre

Weiterentwicklung besonders wichtig und gewinnen als

geistliches Bekenntnis für sie zunehmend an Bedeutung.

Restaurierungswerkstatt

Der Rückblick auf das vergangene Jahr zeigt, was im Alltag

auch nicht zu kurz kommen möchte: wir haben viel zu danken!

Wir wurden vor Schaden bewahrt und auch Arbeit und

Aufträge hatten wir ausreichend. So möchten wir stellver-

tretend für unsere Auftraggeber an erster Stelle unserem

Koordinator, Herrn Archivdirektor Dr. Braun, Mainz, dafür

danken, dass uns durch seine Vermittlung auch in dieser

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wirtschaftlich und finanziell so schwierigen Zeit ausreichend

Aufträge der Archive der deutschen Bistümer zur

Restaurierung anvertraut wurden.

Von unseren Gästen möchten wir besonders Frau Hannah

Groß und Frau Catrin Schuster erwähnen. Im Rahmen unseres

Werkstattalltags haben sie jeweils ein mehrwöchiges

Praktikum absolviert. Frau Hannah Groß beginnt in diesem

Winter den Studiengang Restaurierung in München; Frau

Catrin Schuster studiert Restaurierung an der Akademie der

bildenden Künste in Stuttgart. Für ihren weiteren beruflichen

Weg wünschen wir ihnen Erfolg, bei aller Mühe auch Freude -

und danken für das gute Miteinander. Auch Frau Linda

Elmersson, Studentin der Universität Göteborg, hat in diesem

Jahr noch einmal für einige Wochen bei uns gearbeitet. In der

Zeit vom 7. März – 6. Mai hat sie, begleitet von unserer

Werkstattleiterin Sr. Dorothea, ihre Bachelor-Arbeit bei uns

erfolgreich beendet. Wir gratulieren ihr herzlich.

Personell hat sich in unserem Team in diesem Jahr nichts

verändert. Unter Sr. Dorotheas Leitung arbeiten Frau Corinna

Herrmann, Sr. Maria Hildegard, Sr. Marion, Sr. Jutta und Sr.

Placida. Integriert in unserer Werkstatt befindet sich die

Hausbuchbinderei, in der Sr. Fides mit langjähriger Erfahrung

die reparaturbedürftigen Bücher des Hauses aufarbeitet. Frau

Herrmann arbeitet nun schon drei Jahre mit uns und wir

möchten ihr auch an dieser Stelle herzlich für ihren fach-

kompetenten Einsatz voller Schwung und Begeisterung für das

Restaurieren danken.

Unser Arbeitsalltag wurde mehrfach von der Teilnahme an

auswärtigen Tagungen unterbrochen. Im April nahmen wir am

Fachgespräch der nordrhein-westfälischen Papierrestauratoren

in Bielefeld teil. Auf der Tagung der AGOA (Arbeits-

gemeinschaft der Ordensarchive), die sich im Mai im Kloster

Hegne traf, stellte Sr. Dorothea unsere Werkstatt vor. Im

August fuhren Sr. Dorothea und Frau Herrmann nach Bern

und nahmen an dem Treffen der IADA (Internationale

Arbeitsgemeinschaft der Archiv – Bibliotheks- und

Graphikrestauratoren) teil.

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Nach dem Auftakt im Jahr 2009 konnten wir auch in diesem

Jahr wieder Kurse in unserer eigenen Werkstatt anbieten. Im

April gab es eine Einführung zur Bestandserhaltung im

Archivwesen unter der Leitung von Sr. Dorothea und Frau

Herrmann, und im November waren es zwei Kurse zur

Einführung in das Buchbinden bzw. die Buchreparatur.

Klosterweingut

Als zu Beginn des Jahres Schwester Lioba heimging – sie war

jahrzehntelang für unser Weingut verantwortlich –, sagte eine

Mitschwester: „Der Jahrgang 2011 wird sicher ein ganz außer-

gewöhnlicher Jahrgang werden!“ Und damit hatte sie Recht.

Mit der Weinlese begannen wir in diesem Jahr so früh wie

noch nie, und diese wurde auch so früh wie noch nie beendet.

Am 14. September fingen wir mit der Lese der Spätbur-

gundertrauben an, am 30. September (in unseren Weinkeller-

aufzeichnungen haben wir bisher noch nie einen früheren

Termin gefunden) hatten wir alle Weinberge gelesen und

schlossen die Lese in guter Tradition mit dem Herbstschluss

ab. Unter Glockengeläut wurden die letzten Trauben

heimgebracht, und wir brachten unseren Dank für die gute

Ernte des Jahres mit dem „Großer Gott, wir loben Dich“ zum

Ausdruck. Bei einem Glas Wein wurde dann auf die

gemeinsamen Mühen des Jahres angestoßen. Da dieser Tag ein

außergewöhnlich warmer und schöner Herbsttag war,

verlegten wir das gemeinsame Mittagessen kurzerhand in den

Hof. Zusammen mit unseren Mitarbeitern und allen

Lesehelfern fand so ein zünftiger Abschluss der Weinlese statt.

Der Jahrgang 2011 kann in der Tat bezüglich der Vegetation

im Weinberg mit einigen Ausnahmen aufwarten: Der Austrieb

begann - bedingt durch die warme Witterung zu Beginn des

Jahres – schon am 14. April, zwei bis drei Wochen früher als

im Jahresdurchschnitt. Eine lange Trockenheit prägte dann das

Frühjahr. Erst im Juni setzte der erste spärliche Regen ein. Die

Rebblüte begann ebenfalls knapp drei Wochen früher als

normal. Der August wurde dann feuchtwarm und brachte

häufige Niederschläge. Für die Trauben kam dies zu einem

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ungünstigen Zeitpunkt, denn mit beginnender Reife reagieren

sie empfindlich auf zu viel Feuchtigkeit. Es bilden sich schnell

Fäulnisnester, die die Qualität der Weine verderben können.

So war eine zügige und schnelle Weinlese wichtig, damit die

Trauben möglichst gesund in den Keller kamen. Dabei haben

wir in diesem Jahr vermehrt den Traubenvollernter zum

Einsatz gebracht, da wir von Hand nicht schnell genug

reagieren konnten. Unabdingbar war jedoch, dass wir zuerst

eine „Negativ-Lese“ von Hand hielten, d.h. eine kleine

Mannschaft schnitt zunächst die faulen Trauben heraus. Erst

danach konnte die eigentliche Lese, ob nun von Hand oder

durch den Vollernter, beginnen. Dass sich diese Mühe gelohnt

hat, zeigen uns die Moste, die langsam im Keller gären und ihr

Potential entfalten. Bei der Hessischen Landesweinprämierung

konnten wir in diesem Jahr eine Goldmedaille, sechs

Silbermedaillen und eine Bronzemedaille verzeichnen.

Erstmalig haben wir in diesem Jahr im Benno Verlag einen

Klosterweinkalender herausgebracht. Darin finden sich schöne

Bilder von unserem Kloster und aus den Weinbergen sowie zu

jedem Monat ein kurzer Bericht über die im Weinberg und –

keller anfallenden Arbeiten aus der Feder von Sr. Thekla.

Unser Garten

Unserem Garten erging es in diesem Jahr ähnlich wie den

Weinbergen. Da das Frühjahr sehr trocken war, begann die

Obsternte drei Wochen früher als üblich. Die Früchte waren

schön und gesund, vor allem die Quittenernte war außer-

gewöhnlich ertragreich. Auch in diesem Jahr hatten wir dank

des grünen Daumens von Sr. Beatrix wieder köstliche

Tomaten in Hülle und Fülle. Aber auch die Blumen blühten in

voller Pracht und reichlich, sodass wir bis spät in den Herbst

hinein den Blumenschmuck in Kirche und Haus aus dem

eigenen Garten bestreiten konnten.

Ein besonderer Dank gilt unserem Freund, Herrn Wolfgang

Lamberti, der uns nach seiner Pensionierung ehrenamtlich im

Garten und auf dem Friedhof hilft. Der Rasen auf dem

Kirchplatz, im Kreuzgarten und auf dem Friedhof gleicht

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durch seine liebevolle Pflege fast schon einem englischen

Rasen. Sr. Candida, die am Christkönigsfest voller Dank-

barkeit ihr Diamantenes Konsekrationsjubiläum begehen

durfte, betreut immer noch engagiert und liebevoll unseren

Friedhof. Dieser ist ein stilles Refugium, das vor allem

sonntags immer wieder von Mitschwestern aufgesucht und als

Ort der Ruhe und des Friedens genossen wird. An

Allerheiligen und Allerseelen brannte auch traditionsgemäß

wieder auf jedem Grabstein ein Licht – ein schöner Brauch,

der auch von Besuchern, die die Gräber ihrer verwandten

Klosterschwestern besuchen, dankbar gewürdigt wird.

AIM/Sr. Gisela

Für Sr. Gisela stand dieses Jahr ganz im Zeichen des 50-

jährigen Bestehens der AIM. Die Vorbereitungen für die

Jubiläumsfeiern kosteten ihr und ihrem kleinen Team viel

Kraft und Zeit, gleichwohl aber brachten sie auch viel Freude

und Genugtuung über 50 Jahre erfolgreiche Arbeit im Dienst

an den jungen benediktinischen Klöstern in aller Welt. Das

Fest fand in der Abtei Ligugé statt, dem Ort, wo einst die AIM

gegründet worden war. Dass der Tag zugleich der 1650.

Gründungstag der Abtei war, verlieh dem Ganzen noch einmal

einen besonderen Glanz. Rund 100 Gäste aus aller Welt

nahmen am Jubiläum der AIM teil. Die Referenten kamen aus

drei Kontinenten, ein Film - zum Jubiläum erstellt und dann

auch im Fernsehen gezeigt – ließ die Arbeit der AIM in

beeindruckender Weise Revue passieren.

Sr. Gisela selbst ist jetzt bereits zehn der gefeierten 50 Jahre

mit dabei, organisiert die AIM mit großem Engagement und

versucht unermüdlich in den deutschen Sprachraum zu

vermitteln, dass dieser „Bund zwischen den Klöstern“ kein

„französischer Verein“ ist, sondern ein „Netzwerk für

verlässliche Partner“. In der Zeit der so viel besprochenen

Finanzkrise ist dieses Netzwerk, diese Allianz, im tiefsten

Sinne besonders wichtig. Zuhause in St. Hildegard war Sr.

Gisela auch wieder einige Male; zudem nahm sie an Abt

Norberts Goldenem Priesterjubiläum in Neresheim und an der

Altarweihe der neugestalteten Kirche der Abtei Neuburg teil.

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Militärseelsorge

„Den Wandel gestalten! Kirche unter Soldaten: Mit Profil in

die Zukunft“ war das Thema der diesjährigen Gesamt-

konferenz des Militärbischofsamtes in Berlin, an der Sr. Lydia

im Rahmen ihrer Tätigkeit in der Militärseelsorge teilnahm.

Referenten waren Alois Glück, Präsident des Zentralkomitees

der deutschen Katholiken, Dr. Marc Calmbach von der Sinus

Markt- und Sozialforschung GmbH sowie Dr. h.c. Klaus

Naumann, General a.D. Mit großer Spannung wurde der

Vortrag des neuen Militärbischofs Franz-Josef Overbeck zur

„Zukunft der Militärseelsorge“ erwartet. Ausgehend von der

Lage der Kirche in Deutschland und anhand der Heiligen

Schrift als Hintergrund für die Perspektive der Seelsorge

entfaltete Bischof Overbeck seine Gedanken über die Haltung

des Seelsorgers und die Schwerpunkte der Pastoral sowie über

die Rolle des Militärbischofs und aller Militärgeistlichen. Auf

die anstehende Umstrukturierung der Bundeswehr und deren

Konsequenzen für die Militärseelsorge, konnte er noch nicht

eingehen, da diese erst eine Woche später vorgestellt wurde.

Vom 4.-7. April hielt Sr. Lydia im Bildungshaus Benedikts-

höhe in Retzbach die Exerzitien für die Pfarrhelfer aus Bayern

und Baden Württemberg. Als Thema hatte sie in diesem Jahr

gewählt: „Hören auf Gott – unser Leben“.

AUS UNSEREM VERTRAUTEN UMFELD

Unser Bistum

Mit unserem Bistum Limburg verbindet uns auf vielen Ebenen

vieles: wir fühlen uns den Menschen unserer Ortsgemeinde

nahe und nehmen regen Anteil an ihren Freuden und Sorgen.

Sr. Ursula ist Mitglied im Ordensrat des Bistums und nimmt

jeweils zusammen mit mehreren Mitschwestern an den Treffen

der Ordensgemeinschaften im Bistum teil. Mit dem St.

Vincenzstift in Aulhausen pflegen wir gute Kontakte, und wir

sind dankbar, dass in unserem Stiftungskuratorium sowohl der

Generalvikar von Limburg, Herr Apostolischer Protonotar

Prof. Dr. Franz Kaspar, als auch der Generalvikar des Bistums

Mainz, Herr Prälat Dietmar Giebelmann, Mitglied sind.

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Besonders gefreut hat uns am 03. Januar der Besuch unseres

Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst. Er nahm sich viel Zeit,

um unsere Anliegen anzuhören, ebenso aber, um uns Anteil zu

geben an seinen Wünschen und Hoffnungen, Sorgen und

Nöten. Als gemeinsames Anliegen sahen und sehen wir derzeit

die Kirchenfernstehenden-Pastoral. So ermutigte uns der

Bischof, uns den vielen Menschen, die zunehmend „einfach

so“ zu unserem Kloster kommen oder an unserer Tür vorbei-

wandern, künftig intensiver zu widmen und ihnen „Vorräume

des Ankommens und Austauschs“ zu gewähren. Missio-

narische Kirche vor Ort könnte dann ganz konkret Gestalt

gewinnen, wenn es uns gelingt, den Menschen mit ihren

Gedanken, Erwartungen und Sehnsüchten in aller Offenheit zu

begegnen und sie auf Tieferes zu verweisen. Mögen der hl.

Benedikt und die hl. Hildegard uns auf diesem Weg begleiten.

Oblatengemeinschaft

Im vergangenen Jahr spiegelte sich die ganze Bandbreite des

Lebens in unserer Oblatengemeinschaft wieder. Wir durften

zusammen Freude erfahren und gemeinsam trauern. Wir

feierten zusammen und bauten weiter an unserer Gemein-

schaft. Am 03. September durfte Herr Alfred Kahlfeldt

innerhalb unseres Konventamtes seine Oblation ablegen. Etwa

einen Monat später, am 8. Oktober, konnte Frau Marianne

Schäfer in großer Freude und Dankbarkeit auf 50 Jahre

Oblation zurückblicken. Am Tag ihres Goldenen Jubiläums,

zu dem viele Mitglieder der Oblatengemeinschaft gekommen

waren, erreichte uns die Nachricht, dass Frau Ursula Winter

am 03. Oktober im Alter von erst 60 Jahren plötzlich und

unerwartet heimgegangen war. Und nur vier Wochen später

verstarb am Morgen des 05. November Frau Mechthild Heieck

nach längerem Leiden im Bruder Konrad Stift in Mainz. Wir

gedenken unserer Verstorbenen in Liebe und Dankbarkeit.

An den Oblatenwochenenden beschäftigten wir uns mit dem

71. und 72. Kapitel der Benediktsegel. Vom 14.-18. November

hielt P. Daniel Hörnemann OSB/Gerleve, die Oblaten-

exerzitien unter dem Thema „Die Psalmen – Hilfen mein

Leben vor Gott zur Sprache zu bringen - eine Einführung in

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das Gebetbuch des Judentums und der Kirche“. Vom 14-17.

Juni nahmen Sr. Lydia, Frau Heringklee und Herr Grüger an

der Tagung der ARGE (Arbeitsgemeinschaft der

Benediktineroblaten) in St. Ottilien teil. Das Thema lautete:

„Unter der Führung des Evangeliums und nach der Weisung

des Heiligen Benedikt: Führen und Leiten in Familie, Schule

und Gesellschaft“. Höhepunkt der gemeinsamen Tage war die

Begegnung mit Abtprimas Notker Wolf OSB, der eigens aus

Rom anreiste, um einen Impulsvortrag zu halten.

Freundeskreis

Der Freundeskreis unserer Abtei lud auch in diesem Jahr zu

vielen Veranstaltungen, zu Einkehrtagen, Vorträgen und

Konzerten ein. Es gab viele Gelegenheiten, sich zu treffen und

sich auszutauschen. Das 10-jährige Jubiläum seines Bestehens

war uns im Herbst ein willkommener Anlass, um allen

Mitgliedern, dem Vorstand und dem Beirat des Freundes-

kreises ein besonderes Zeichen unseres Dankes zukommen zu

lassen. Am 10. September luden wir die Freunde und ihre

Familien zu einem Tag der Begegnung ein, und dieser Tag

wird uns noch lange in froher Erinnerung bleiben. Wir

begannen das Treffen, zu dem mehr als 140 Mitglieder des

Freundeskreises gekommen waren, mit einem Festakt in der

Kirche, den Mutter Clementia und der Vereinsvorsitzende,

Georg Freiherr von Boeselager, nutzten, um ihren Dank für

zehn Jahre gemeinsamen Weges auszusprechen. Da sich beide

Ansprachen wunderbar ergänzten, möchten wir hier gerne

einige längere Passagen zitieren und Sie teilhaben lassen an

dem, was das gemeinsame Unterwegssein mit dem

Freundeskreis für beide Seiten bedeutet:

Zunächst Mutter Clementia:

„In der Begegnung mit Ihnen, liebe Mitglieder des

Freundeskreises, haben wir erfahren, dass das Miteinander

unserer klösterlichen Gemeinschaft mit Menschen, die in der

Welt leben, für Sie und für uns, eine große Bereicherung ist.

Sie Ihrerseits haben die Möglichkeit, bei uns und in unseren

Veranstaltungen immer wieder geistig und geistlich

aufzutanken. Sie können bei uns für ihr christliches Leben eine

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geistige Heimat finden, die ihnen Kraft für das Leben gibt.

Und eine solche Heimat – das weiß ich aus vielen Gesprächen

– haben viele von Ihnen tatsächlich bei uns gefunden.

Umgekehrt erhält unsere Gemeinschaft durch Sie immer

wieder neue Anregungen. So entsteht ein gegenseitiges Geben

und Nehmen.

Liebe Freunde, vor zehn Jahren habe ich gern das Symbol der

Brücke genutzt, wenn ich von dem Vorhaben der Gründung

eines Freundeskreises sprach. Die Brücke zwischen dem

Freundeskreis und unserem Konvent hat sich bewährt. Sie ist

nicht nur sehr schön, sondern auch stabil und tragfähig. Die

Brücke verbindet getrennte Ufer, sie dient der Einheit und

vermag das Entfernte anzunähern. Sie ist also ein Zeichen der

Hoffnung und der Zukunft. Wir brauchen eine solche Brücke,

die uns mit der modernen Welt verbindet, damit wir mit

unseren schwachen Kräften und in dem Angefochtensein

unserer Zeit unseren Weg in die Zukunft gehen können. Und

Sie Ihrerseits mögen diese Brücke gern und regelmäßig

nutzen, um sich in der Geschäftigkeit dieser Welt immer

wieder an Gott zu erinnern.“

Und nun der Freundeskreisvorsitzende, Georg Freiherr von

Boeselager:

„Im Rückblick auf diese ersten 10 Jahre habe ich Grund zur

Freude und darf Ihnen allen ganz herzlich danken. Denn wir

haben die Abtei zum Einen materiell unterstützt. Zum Anderen

haben wir durch unsere Freundschaft und jeder auf seine

Weise durch persönliche Beziehungen zu einzelnen Schwestern

auch unmittelbar gezeigt, wie wichtig uns die Abtei ist. Wenn

ich gefragt würde, warum der Freundeskreis und vor allem die

Abtei mir so wichtig sind, dann würde ich antworten, dass mir

in Eibingen der Gegenentwurf zu meinem und wohl zu unser

aller Leben vor Augen geführt und erlebbar wird. Lassen Sie

mich das an ein paar Beispielen deutlich machen:

Mein Leben ist durch viele Reisen, durch Unruhe und viele

Termine an verschiedenen Orten gekennzeichnet. Ich bin oft

unterwegs und häufig bin ich abends nicht zuhause. Und auch

das Zuhause hatte schon viele verschiedene Adressen. Ich

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sehne mich manchmal nach Ruhe und Sammlung... Die

stabilitas loci hier im Kloster erdet im wahrsten Sinne des

Wortes die Schwestern und ermöglicht ihnen so, sich auf die

Mitte ihres Lebens, d.h. auf Gott, zu konzentrieren. Im

täglichen Leben fällt es oft sehr schwer, feste Zeiten

einzuhalten. Viele Familien kennen gemeinsame Mahlzeiten

nicht mehr, weil die Kinder zu unterschiedlichen Zeiten aus

der Schule kommen und jeder seinen eigenen Plänen und

Terminen nachgeht. Die Sehnsucht nach festen Zeiten und

Kreisen ist schon da, aber vielfach gelingt es kaum noch, eine

konstante Struktur in den Tag zu bringen…

Das klösterliche Leben ist ausgerichtet auf Gott; Gott hat

seinen festen Platz im Kloster. Mein Leben verlangt mir viel

Anstrengung und körperliche sowie geistige Kraft ab, um die

anstehenden Aufgaben zu bewältigen. Die Ablenkungen sind

zahlreich und daher muss ich mich täglich neu bemühen, Gott

Zeit und Raum einzuräumen… Die klare klösterliche Ordnung

wirkt auf uns Außenstehende sehr anziehend und gibt

Orientierung und Halt für das eigene Leben…“

Die beiden Festansprachen wurden während der Feier

umrahmt durch verschiedene Orgelimprovisationen von Sr.

Lydia und am Ende noch durch einen Festvortrag von Pfarrer

Dr. Robert Nandkisore zum Thema „Geistliche Freundschaft“

vertieft und weitergeführt. Nach dem Festakt beteten Konvent

und Freundeskreis zusammen die Mittagshore und gingen

dann zum gemeinsamen Mittagessen in die Kreuzgänge. Am

Nachmittag gab es Führungen in Gruppen durch unsere

Kunstwerkstätten und durch den Garten sowie verschiedene

Film- und Informationsangebote. Um 16.00 Uhr dann erlebten

wir in der Kirche eine beeindruckende Performance der

Künstlerin Jutta Hoppe aus Hamburg zum Thema „Hildegard

von Bingen“. Leben und Werk Hildegards machte sie dabei in

Texten und Gesängen, mit Viola, Monocord, Gong und

Klangschale lebendig. Am Ende dieses festlichen Tages

sangen wir gemeinsam die Vesper und dankten Gott noch

einmal für zehn Jahre erfahrener Weggemeinschaft.

Am Ende des Jahres gab es dann noch die Neuwahl der

Vorstandsmitglieder. In ihren Ämtern bestätigt wurden der

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Vereinsvorsitzende, Georg Freiherr von Boeselager, der Bei-

ratsvorsitzende Alois Fürst zu Löwenstein, und der Schatz-

meister, Herr Helmut Colloseus. Dankbar in den „Ruhestand“

verabschiedet wurden Frau Brigitte Giesbert und Frau Anne-

marie van Assendelft, die beide von Beginn an aktiv mitgear-

beitet hatten. Auch von dieser Stelle aus möchten wir den

beiden Damen ein herzliches Vergelt’s Gott sagen. An ihrer

Stelle wurden nun Frau Barbara Lehnard aus Siegburg und

Frau Bettina Gies aus Wiesbaden in den Vorstand gewählt.

Klosterstiftung

Die Klosterstiftung Sankt Hildegard hat sich auch im zweiten

Jahr ihres Bestehens erfreulich entwickelt. Sr. Philippa gelang

es, die Stifterinnen und Stifter weiter intensiv persönlich zu

begleiten und sie konnte auch einige neue Zustiftungen

gewinnen. Besonders schön ist es, dass sich auch einige

Persönlichkeiten fanden, die ihre Vermächtnisse unserer

Stiftung zukommen lassen möchten. Auf diese Weise wird

sich, so Gott will, mittel- und langfristig das Stiftungs-

vermögen kontinuierlich erhöhen, so dass die Klosterstiftung

ihrem Ziel, das benediktinische Erbe hier an diesem Ort zu

bewahren und das Gedenken der hl. Hildegard zu pflegen,

Schritt für Schritt näher kommen kann. Wir danken allen, die

unsere Stiftung in den ersten beiden Jahren ihres Bestehens

unterstützt haben und sind jedem einzelnen Stifter im Gebet

besonders verbunden.

Gaudium et Pax

Am Ende unserer Jahreschronik stehen wir nun am Anfang

eines neuen Jahres. Wir möchten Ihnen für Ihre Verbun-

denheit, für Ihr Wohlwollen und für Ihr begleitendes Gebet

danken. Wir erwarten mit Ihnen voll Freude und Hoffnung das

Kommen des Erlösers in diese unsere Welt und erbitten Ihnen

für das neue Jahr 2012 Gottes reichen Segen.

In herzlicher Verbundenheit

Äbtissin und Konvent der Abtei St. Hildegard

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SCHWESTER LIOBA GISELA JUNKER

* 26.01.1929 + 28.03.2011

Gisela Junker entstammte einer tief im katholischen Glauben

verwurzelten Familie im Saarland und wuchs mit ihren zwei

Brüdern Otmar und Edgar in einer Atmosphäre der Glaubens-

und der Sangesfreude auf. Sie erinnerte sich gerne an ihr

Elternhaus, das geprägt war von der Frömmigkeit und stillen

Pflichterfüllung des Vaters, der Geschäftsführer eines großen

Versicherungsunternehmens war, und von der liebevollen

Fürsorge der Mutter. Hier wurde ihr, wie Sr. Lioba in ihrem

Lebenslauf schrieb, „die Liebe zu unserem Heiland und

Erlöser ins Herz gelegt“. In ihrer Familie wurden Musik und

Gesang besonders gepflegt. Gisela, die sehr musikalisch war,

sang im Kirchenchor, wo sie bereits den Gregorianischen

Choral lieben lernte. Später hat sie unsere Schola mit ihrer

klangvollen, warmen und schönen Stimme bereichert.

Sr. Liobas Vater, der durch die Belastungen des Zweiten

Weltkriegs gesundheitlich sehr geschwächt heimkehrte, starb

schon im Jahr 1949. Gisela begann zu dieser Zeit eine

Bürotätigkeit in einer Saarbrücker Textilfirma. Nebenbei half

sie als Küsterin in der Kirche und führte eine Jugendgruppe,

bei der sie sehr beliebt war. Der Gedanke ins Kloster zu gehen

erwachte in ihr, als sie half, ihre schwerkranke Tante zu

pflegen, die Benediktinerin in Frauenchiemsee war. Die Tante

starb nach wenigen Wochen, aber der Klosterwunsch blieb in

Gisela lebendig. 1955 besuchte sie zum ersten Mal unsere

Abtei. Hier lernte sie Anna Dollwet kennen, die sich auch für

das Klosterleben interessierte und heute noch als Sr. Maria-

Agnes bei uns lebt. Zwischen den beiden jungen Frauen wuchs

eine Freundschaft, die sie ihr ganzes Leben trug und die sich

vor allem in den kleinen Dingen des Alltags konkretisierte.

Am 14. April 1956 trat Gisela Junker bei uns ein. Der Mutter

fiel der Schritt ihrer einzigen Tochter schwer, für Gisela aber

war es der Weg zu ihrem ersehnten Ziel. Mit aller Energie, mit

Eifer und Frohsinn warf sie sich ins klösterliche Leben und

setzte sich ein, wo sie gebraucht wurde. Von ihrer Profess und

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Jungfrauenweihe 1961 ist eine kleine Anekdote überliefert: als

Sr. Lioba sich zur Allerheiligenlitanei zu Boden warf, stellte

ihr kleiner Neffe verwundert fest: „Jetzt haben sie Tante

Gisela umgeschmeißt!“ Die Fixpunkte, um die sich Sr. Liobas

monastischer Weg ordnete, waren das Chorgebet und die

Arbeit im Weinberg. Mit großem Eifer bereitete sie sich

zeitlebens auf das Offizium vor und war morgens früh die

erste im Chor. Sie sang mit Hingabe, und wer sie in der

Karwoche eine „Lamentation“ des Jeremia singen hörte, war

ergriffen. Leider wurde Sr. Lioba im Alter ihre Schwerhörig-

keit zu einem mächtigen Hindernis, das sie aber tapfer ertrug.

Im Weinberg, im Weinkeller und später in der Beratung der

Kunden fand sie einen Arbeitsplatz, dem sie sich mit großer

Freude widmete. Ihre Sorge und ihr warmes Interesse galten

gleichermaßen den Trauben wie den Mitarbeitern im Weingut.

In den siebziger Jahren erlitt ihre Mutter einen schweren

Schlaganfall und Sr. Liobas Brüder baten um Hilfe bei der

Pflege. Fünf Jahre war Sr. Lioba nun in Saarbrücken; nach

dem Heimgang ihrer Mutter kehrte sie ganz selbstverständlich

in ihren klösterlichen Alltag zurück. Im Alter von 70 Jahren

gab Sr. Lioba die Verantwortung für das Klosterweingut in

jüngere Hände ab. Sie half dann noch Jahre lang in der

Gemüseküche und in der Waschküche und übernahm kleinere

Dienste im Weinversand. Sie verfolgte das Geschehen rund

um den Wein immer mit wachem Interesse; vor allem bei der

Weinlese schaute sie jeden Tag nach dem Rechten.

„Vidi Dominum“, dieses österliche Wort hatte Sr. Lioba bei

ihrer ewigen Profess als Motto über ihr Leben gesetzt. Es blieb

bestimmend für ihr Leben und auch für ihr Sterben. „Sr.

Lioba“, so Mutter Clementia in ihrem Nachruf, „ist für mich

immer eine Wartende und Wachende gewesen“. Das lange

Warten, das durch eine schwere Krankheit für Sr. Lioba auch

zu einer Leidenszeit wurde, war dann am 28. März zu Ende.

Ganz gelöst und in Frieden machte sie sich auf den Weg in das

Haus des barmherzigen Vaters. Wir vertrauen darauf, dass er

sie mit offenen Armen empfing. Sie möge leben in Frieden.

R.i.p.

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SCHWESTER CHRISTINA CHRISTEL RITTINGHAUS OSB

* 13.01.1927 + 05.08.2011

Als unsere tiefste Glocke „St. Michael“ uns am 05. August

den Heimgang einer Mitschwester verkündete, wusste

vermutlich jede von uns, dass es Sr. Christina war, die ihr Ziel

erreicht hatte; das Ziel eines langen und oft mühsamen

Lebens, das aber auch schon etwas vom Licht der Verklärung

ausstrahlte. Es war ein verborgenes Leben, das Sr. Christina in

unserer Mitte führte; ein Leben, zu dessen innerem Geheimnis

nur wenige Zutritt hatten. Aber diese Wenigen standen ihr treu

zur Seite bis zuletzt. Den anderen wurde an Sr. Christinas

Leben einmal mehr offenbar, dass es uns nicht zusteht, das

Dasein unserer Mitschwestern ganz enträtseln zu wollen. Und

so dürfen wir auch hier nur das Wenige, das wir zu erkennen

glauben, in Ehrfurcht und in Dankbarkeit zusammentragen.

Christel Rittinghaus wurde am 13. Januar 1927 in Wuppertal-

Elberfeld geboren. Ihr evangelisches Elternhaus eröffnete ihr

großzügig manche Freiräume. Besonders gut und vertrauens-

voll war die Beziehung zu ihrer Mutter und ihrem 16 Jahre

jüngeren Bruder Jürgen. Nach der Mittleren Reife und einem

Pflichtjahr im Haushalt einer Lehrerin begann Christel eine

kaufmännische Lehre bei einer großen Textilfirma in

Oberbarmen. Die Arbeit befriedigte sie jedoch nicht, sodass

sie sich 1950 zu einer Krankenpflegeausbildung entschloss.

Nach einem sehr guten Examen arbeitete sie in zwei Kliniken,

bis sie ihr eigentliches Ziel, das Leben als Ordensschwester,

klar und deutlich erkannte. Schon im Alter von 19 Jahren hatte

Christel Kontakt zur katholischen Kirche gesucht; am 11.

Dezember 1948 wurde sie aufgenommen. Es war eine schwere

Zeit für sie, denn ihre Eltern konnten sich mit dem Gedanken

an einen Ordenseintritt ihrer Tochter nicht anfreunden. Einzig

ihr Bruder hat den Schritt seiner Schwester von Anfang an

akzeptiert und stand ihr bis zu ihrem Tod treu zur Seite.

Am 05. Januar 1956, vor der ersten Vesper des Epiphanie-

festes, trat Christel in unsere Abtei ein. Von Anfang an hatte

sie ein sehr gutes Verhältnis zu ihrer Novizenmeisterin,

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damals Sr. Soteris. Die Verbundenheit zwischen den beiden

blieb bis zum Tod. Bei ihrer Einkleidung bekam Christel ihren

Taufnamen in gewandelter Form neu geschenkt und lebte

seither als Sr. Christina unter uns. Am 06. August 1959, dem

Fest der Verklärung Christi, legte sie ihre Feierliche Profess

ab. Ihre Christusliebe war in diesem Fest gleichsam eingefasst

und wurde immer wieder genährt durch die lebenslange

Beschäftigung mit den Schriften des hl. Johannes vom Kreuz.

In ihren ersten Klosterjahren war Sr. Christina in verschie-

denen Bereichen tätig: in der Küche, in der Infirmerie und in

der Celleratur. Ab 1975 arbeitete sie als Buchhalterin in

unserer Buch- und Kunsthandlung und war viele Jahre lang

Zeremoniärin und verantwortlich für die Messintentionen. Da

Sr. Christina ihr Leben lang schlecht schlafen konnte, las sie

viel, auch nachts. So konnte sie die Neuerscheinungen auf dem

Buchmarkt – besonders die Kinderbücher liebte sie sehr –

ausführlich in Augenschein nehmen und Sr. Emmanuela

beraten, welche sich besonders für unseren Laden eigneten.

Vom Jahr 2000 an war Sr. Christina im Ruhestand; ab 2004

lebte sie in der Infirmerie. Sie ertrug ihre zunehmende

Schwäche tapfer und geduldig und manchmal mit Humor und

Selbstironie. Mehr und mehr lebte sie in ihrer eigenen Welt, zu

der nur wenige Zutritt hatten. Man konnte sie noch mit

Blumen aus dem Garten erfreuen; auch sang sie gern, doch in

den letzten Jahren war sie nur schwer zu erreichen. Wir

erlebten ihr langsames Dahinscheiden wie das Verlöschen

einer Kerze.

Wie ihr Leben, so war auch das Sterben unserer Sr. Christina

ein verborgenes, das sich unseren Blicken entzog. Es war wie

ein leises Hinübergehen, ein Eingehülltwerden in die lichte

Wolke, die sie hinweg führte vor Gottes Angesicht. Es erfüllte

uns mit Freude und Dankbarkeit, dass Gott Sr. Christinas

Sehnsucht am Vorabend des Verklärungsfestes erfüllte. Möge

unsere Mitschwester ruhen in Seinem Frieden

R.i.p.