Wo wollen wir hin? –Perspektiven Sozialpsychiatrischer Dienste€¦ · ² incl. RPK beta-REHA und...

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Wo wollen wir hin? – Perspektiven Sozialpsychiatrischer Dienste Vortrag von Hermann Elgeti auf der Festveranstaltung zum 20-jährigen Jubiläum des Sozialpsychiatrischen Dienstes im Kreis Oberallgäu am 04.07.2016 in Immenstadt 1. Was treibt uns an? Sozialpsychiatrische Grundhaltung 2. Wo stehen wir jetzt? Alte und neue Herausforderungen 3. Was wollen wir tun? Aufgaben Sozialpsychiatrischer Dienste 4. Wie könnte es gehen? Gemeindepsychiatrische Zentren!

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Wo wollen wir hin? – Perspektiven Sozialpsychiatrischer Dienste

Vortrag von Hermann Elgeti auf der Festveranstaltung zum 20-jährigen Jubiläum des Sozialpsychiatrischen Dienstes im Kreis Oberallgäu am 04.07.2016 in Immenstadt

1. Was treibt uns an? Sozialpsychiatrische Grundhaltung2. Wo stehen wir jetzt? Alte und neue Herausforderungen3. Was wollen wir tun? Aufgaben Sozialpsychiatrischer Dienste

4. Wie könnte es gehen? Gemeindepsychiatrische Zentren!

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1. Was treibt und an? Sozialpsychiatrische Grundhaltung (1)

Freiheit und Würde der Kranken schützen!

2

Angst und Ohnmacht der Kranken

Mangel an notwendigen Hilfen (Verelendung)

Rückzug Kranker und Ablehnung

von Hilfen

Macht-missbrauchvon Helfern(Willkür)

Freiheit und Würde der Kranken schützen, durch

Hilfen Selbstbestimmung und Teilhabe fördern

Behinderung von Hilfen durch

juristische Vorgaben

(Verrechtlichung)

Machtstreben von Helfern

Behinderung der Ent-faltung eigener Fähigkeiten

(Überfürsorglichkeit)

Ausgrenzungs-tendenzen der

Gesellschaft

kolle

gial

e Ber

atun

gun

d Te

amar

beit!

sozialpolitischesEngagem

ent!Fürsorglichkeit!

Empowerment!

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der Traum ausden Anfängen derSozialpsychiatrie

Exklusion Inklusion

Disziplinierung

Emanzipation

„fürsorglicheBelagerung“

„Freiheit zurVerwahrlosung“

1. Was treibt und an? Sozialpsychiatrische Grundhaltung (2)

Ausgrenzung bekämpfen!

der Albtraumin der Tradition derAnstaltspsychiatrie

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sozial-psychiatrischer

Kompass

eigenverantwortlicheAlltagsbewältigungFürsorge

konstruktiveKonfliktverarbeitung

Fremdhilfe Selbsthilfe

Aktion

Reflexion

Aufklärung

1. Was treibt und an? Sozialpsychiatrische Grundhaltung (3)

Hilfe zur Selbsthilfe geben!

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der Spielraumkünftiger Gestaltung

Vergangenheit Zukunft

Wirklichkeit

Möglichkeitender Schatz

unverwirklichterMöglichkeiten

der „gesetzmäßige“Gang der Geschichte

die prägende Kraft derbisherigen Ereignisse

1. Was treibt und an? Sozialpsychiatrische Grundhaltung (4)

Spielräume eröffnen!

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1. Was treibt und an? Sozialpsychiatrische Grundhaltung (5)

Sozialpolitisch für Betroffenenrechte streiten!

Immer beim Schwächsten anfangen! Die Humanität der Gesellschaft erweist sich am Umgang mit denjenigen Mitbürgern, die am stärksten auf ihre Hilfe angewiesen sind.

Auf Bedarfs- und Verteilungsgerechtigkeit achten! Das soziale Sicherungssystem muss seine Ressourcen nach individuellem Bedarf flächendeckend gerecht verteilen, unabhängig von Sonderinteressen bei Kostenträgern und Leistungserbringern.

Gute Bezahlung, aber keine Bereicherung! Die anspruchsvolle psychiatrische Arbeit erfordert eine gute Bezahlung, aber niemand darf sich an der Hilfe für psychisch erkrankte Menschen bereichern.

Soziale Infrastruktur der Kommunen stärken! Wer mehr Inklusion und Prävention will, braucht ein funktionierendes Netzwerk aller Akteure, eine regionale Koordination und Steuerung der Hilfsangebote auf der Basis Kostenträger-übergreifender Planungsbudgets.

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2. Wo stehen wir jetzt? Alte und neue Herausforderungen (1)

Anspruchsvolle Ziele und zögerliche Umsetzung

1975 Psychiatrie-Enquete des Bundestages: Humanisierung der stationären Behandlung in verkleinerten Kliniken mit regionalem Versorgungsauftrag, Aufbau dezentraler außerklinischer Hilfen

1988 Expertenkommission der Bundesregierung: Bedarfsgerechte Hilfen für chronisch und schwer psychisch erkrankte Menschen in ihrem Lebensumfeld, mit Koordination im regionalen Verbund

1997 Aktion Psychisch Kranke „Personenzentrierte Hilfen“: sorgfältige Erkundung der Fähigkeiten, Beeinträchtigungen und Bedürfnisse der Patienten, systematische Planung bei komplexem Hilfebedarf

2007 UN-Behindertenrechtskonvention: Forderung nach Inklusion und Partizipation aller Menschen eines Gemeinwesens, unabhängig von Art und Umfang eventueller Beeinträchtigungen

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ambulant teilstationär stationär

Beh

andl

ung organisiert in Praxen organisiert von Kliniken

hausärztlichfachärztlich spezialfachärztlich

psychotherapeutisch / psychosomatisch

Sozialpsychiatrischer Dienst (subsidiär, wenn andere noch nicht oder nicht mehr helfen)

kom

plem

entä

reH

ilfen

häusliche Pflege

Hilfen zum Wohnen und zur Selbstversorgung

Heime

ambulante Hilfen zu Arbeit und Ausbildung: Arbeits-Therapie und -Assistenz, Zuverdienst

Werkstätten

Kontaktstelleund Sozialcafé

Hilfen zur Beziehungsgestaltung und kulturellen Teilhabe

2. Wo stehen wir jetzt? Alte und neue Herausforderungen (2)

Vielfältige Hilfsangebote und wenig Koordination

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¹ Daten zur Landespsychiatrieberichterstattung 2006-2012² incl. RPK beta-REHA und STEP-Projekte (AF 15), ohne WfbM NSH (AF 24, Platzzahl unbekannt)³ mit Zuständigkeit auch für Einzugsgebiete außerhalb der Region Hannover

2. Wo stehen wir jetzt? Alte und neue Herausforderungen (3)

Ausbau ambulanter ohne Abbau stationärer Hilfen

Entwicklung des psychiatrischen Hilfesystems in der Region Hannover 1967 – 2012 Einwohnerzahl 0,81 1,14 1,13 1,14 Platzziffer

2012Angebotsform mit Leistungsart u. Code-Nr. 1967 1998 2006 2012ambulant

10 amb.-aufsuchende Dienste (PIA/SpDi) 3 11 21 24

12 psychosoziale Kontakt- u. Beratungsstellen 0 9 10 11

13 belegte Plätze im amb. Betreuten Wohnen 0 291 ~1000 1507 132teilstationär

20 Plätze in Tageskliniken für Erwachsene 0 118 136¹ 278¹ 24

21 Plätze in KJP-Tageskliniken 0 5 20¹ 42¹ 4

23 Plätze in Tagesstätten nach § 53 SGB XII 0 109 187 195¹ 17

24/25 Plätze in WfbM / med.-berufl. Rehabilitation 0 300 447 637² 56

stationär

30 Klinikbetten Erwachsenenpsychiatrie 2701 1032 865¹ 883¹ 7731 Klinikbetten in der KJP 80 69 98¹ 109¹ 1033 Psych. Wohnheimplätze (§ 53 SGB XII) 0 525 646 1555¹ 13634 Plätze in psychiatrischen Pflegeheimen 230 1337 1228 737 65

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2. Wo stehen wir jetzt? Alte und neue Herausforderungen (4)

Risiken allgemeiner gesellschaftlicher Trends

Angesichts der allgemeinen gesellschaftlichen Trends zur Individualisierung, Technisierung und Globalisierung unterliegen psychisch labile Menschen besonders dem Risiko einer

� Überforderung durch die riskante Beschleunigung aller Prozesse,� Einengung durch starke Normierung des erwarteten Verhaltens.

Sozialpsychiatrie tritt ein für das Recht der Betroffenen auf � ihre umfassende Teilhabe am Leben der Gemeinschaft (Inklusion),� möglichst viel Normalität in ihren sozialen Beziehungen,� Respekt gegenüber ihren Eigensinnigkeiten.

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2. Wo stehen wir jetzt? Alte und neue Herausforderungen (5)

Risiken des Abbaus sozialer Sicherungssysteme

Angesichts begrenzter Ressourcen im Sozial- und Gesundheitswesen sind chronisch und schwer psychisch beeinträchtigte Menschen wegen ihrer Vereinzelung und Ohnmacht besonders gefährdet durch Tendenzen zur

� Rationalisierung und Rationierung von Dienstleistungen, � Belebung sozialdarwinistischer Haltungen in der Öffentlichkeit.

Sozialpsychiatrie tritt ein für� das Recht jedes Menschen auf ein menschenwürdiges Leben

unabhängig von seiner Leistungsfähigkeit,� den Vorrang bedarfsgerechter Hilfen für die chronisch und

besonders schwer beeinträchtigten Menschen.

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2. Wo stehen wir jetzt? Alte und neue Herausforderungen (6)

Risiken der Spezialisierung psychiatrischer Hilfen

Angesichts des Trends zur „Evidenzbasierten Medizin“ auch in der Psychiatrie laufen chronisch und schwer psychisch beeinträchtigte Menschen mit komplexem Hilfebedarf das Risiko, wegen

� Standardisierung der Leistungen kein Hilfsangebot zu bekommen,� Zentralisierung des Hilfsangebots den Zugang nicht zu finden.

Sozialpsychiatrie tritt ein für� wohnortnahe und ambulant zentrierte Dienstleistungen mit der

Möglichkeit auch aufsuchender und nachgehender Hilfen,� personenzentrierte, flexibel und integriert durchgeführte Hilfen bei

Patienten mit komplexer Problematik.

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Die wichtigste Aufgabe der SpDi! Sie bezieht sich auf Bürgerinnen und Bürger mit psychischen und sozialen Problemen, aber auch auf ihre Angehörigen und andere um sie besorgte Mitmenschen.

A1a Niederschwellige Beratung: Hier geht es um kurzfristige Beratungen ohne Wartezeit mit Klärung der oftmals komplexen gesundheitlichen Beeinträchtigungen und sozialen Nöte. Erforderlichenfalls sind die Betroffenen anschließend an eine geeignete wohnortnahe Unterstützungsmöglichkeit zu vermitteln.

A1b Niederschwellige Betreuung: Eine Gruppe von chronisch u. schwer psychisch erkrankten Menschen ist unter Umständen längerfristig multidisziplinär zu betreuen, ggf. auch aufsuchend / nachgehend. Das ist in all den Fällen erforderlich, in denen die Betroffenen trotz entsprechender Notwendigkeit noch nicht oder nicht mehr von den hier eigentlich einzusetzenden Hilfsangeboten erreicht werden.

3. Was wollen wir tun? Aufgaben Sozialpsychiatrischer Dienste (1)

A1: niederschwellige Beratung und Betreuung

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A2a Krisenintervention und Notfallhilfe: Menschen können einmalig, mehrmals oder im Rahmen lang dauernder Beeinträchtigungen immer wieder in gefährliche Zuspitzungen ihrer psychosozialen Problemlage geraten. Für solche Fälle muss eine multidisziplinär besetzte mobile Notfallbereitschaft verfügbar sein, die die Situation sofort, ggf. auch vor Ort, fachkompetent klären und die notwendigen Maßnahmen einleiten kann. Der SpDi einer Kommune sollte in die Lage versetzt werden, diese Aufgabe immer dann wahrzunehmen, wenn andere Dienste nicht zuständig sind oder nicht rechtzeitig in geeigneter Weise tätig werden können.

3. Was wollen wir tun? Aufgaben Sozialpsychiatrischer Dienste (2)

A2: Krisenintervention und Unterbringung

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A2b Mitwirkung an Unterbringungen: Bei einer akuten und mit ambulanten Mitteln nicht zu bewältigenden Selbst- oder Fremdgefährdung ist dafür zu sorgen, dass die betroffene Person nach der rechtlich gebotenen Prüfung auch gegen ihren Willen in die nächstgelegene dafür geeignete Klinik eingewiesen werden kann. Die mit dieser Aufgabe betrauten Fachleute brauchen ein hohes Maß an Fachkompetenz und ethischer Fundierung ihres Handelns, ausgeprägte Dialogbereitschaft und Respekt gegenüber allen Beteiligten. Neben Belastungsfähigkeit ist auch Einfühlungsvermögen nötig, neben Entscheidungsfreude auch das Zulassen von Zweifel, neben Konzentration auf das Vordringliche und Wichtige auch der Blick auf Kontextfaktoren und Folgewirkungen der Krisenintervention.

3. Was wollen wir tun? Aufgaben Sozialpsychiatrischer Dienste (3)

A2: Krisenintervention und Unterbringung

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Menschen mit schweren und chronisch verlaufenden psychischen Erkrankungen haben nicht selten einen komplexen Hilfebedarf, der den Einsatz unterschiedlicher Hilfen erfordert. Oft sind weder die Betroffenen selbst noch die Leistungserbringer und Kostenträger in der Lage, den individuellen Hilfebedarf sachgerecht festzustellen, die erforderlichen Leistungen in ihrem Gesamtzusammenhang zu planen und zu koordinieren. SpDi können diese Aufgabe am besten erfüllen, aufgrund ihrer fachlichen Kompetenz und Unabhängigkeitund ihrer guten Kenntnis der Unterstützungsmöglichkeiten im Sozialraum und der Hilfsangebote im gemeindepsychiatrischen Netzwerk. Dafür muss der jeweilige Kostenträger den Auftrag erteilen und das zu seiner Erfüllung erforderliche Personal finanzieren.

(A3a nur Fachberatung; A3b auch Federführung)

3. Was wollen wir tun? Aufgaben Sozialpsychiatrischer Dienste (4)

A3: Planung u. Koordination von Einzelfallhilfen

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Ohne eine regionale Koordination und Planung der Hilfen für psychisch erkrankte Menschen lässt sich eine bedarfsgerechte wohnortnahe Versorgung nicht gewährleisten. Die Herausforderungen hier steigen mit der Vielfalt der individuellen Bedarfe, der Zersplitterung der Kostenträger, der Spezialisierung der Hilfsangebote und ihrer Konkurrenz untereinander. Hier sind SpDi notwendig und gut geeignet, im Auftrag der Kommune für eine Vernetzung der Akteure u. für eine regionale Planung der Angebotsentwicklung zu sorgen.

Wichtig: strikte Orientierung auf den Sozialraum der Kommune u. auf gleichberechtigte Teilhabe der betroffenen Menschen am Leben der Gemeinschaft, enge Zusammenarbeit mit Leistungserbringern und Kostenträgern, mit kommunalen sozialen Diensten und Selbsthilfe-Initiativen der Betroffenen und ihrer Angehörigen angewiesen.

(A4a: Netzwerkarbeit; A4b: Steuerung)

3. Was wollen wir tun? Aufgaben Sozialpsychiatrischer Dienste (5)

A4: Netzwerkarbeit und Steuerung im Verbund

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SpDi sollten sich in ihrer Kommune an der Gemeinwesenarbeitzugunsten der seelischen Gesundheit in der Bevölkerung und an Aktivitäten zur Prävention psychischer Erkrankungen beteiligen. (A5) Häufig ist es auch sinnvoll, weitere Dienstleistungen im Rahmen verschiedener gesetzlicher Vorschriften zu übernehmen, z.B. für seelisch behinderte Menschen (SGB XII), arbeitslose / wohnungslose Menschen, Flüchtlinge u. Asylbewerber, Kinder bzw. Jugendliche u. alte Menschen mit besonderem Hilfebedarf. Das betrifft auch die subsidiäre Übernahme psychiatrischer Behandlung (SGB V). (A6)

In all diesen Fällen ist darauf zu achten, dass diese Aufgaben nur soweit und solange übernommen werden, wie keine ebenso gut geeigneten anderen Leistungserbringer zur Verfügung stehen. Außerdem benötigt der Sozialpsychiatrische Dienst dafür in ausreichendem Umfang gesonderte Personalressourcen.

3. Was wollen wir tun? Aufgaben Sozialpsychiatrischer Dienste (6)

Weitere Aufgaben

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(teil-)stationäre

Behandlung(PVPsych)

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Konfliktberatung,Begutachtung undkurzfristigeKriseninterventionen

ambulanteArbeitstherapie

Notfall-Ambulanz

(§ 115 SGB V)

Universitäts-Poliklinik

(§ 117 SGB V) längerfristigeBehandlung von

Hochrisiko-Patienten

Kooperation mit denEinrichtungen derkomplementären

Versorgung

Psychiatrische

Institutsambulanz (PIA)(§ 118 SGB V)

4. Wie könnte es gehen? Gemeindepsychiatrische Zentren! (1)

Modell Sozialpsychiatrische Poliklinik Hannover

soziotherap.Gruppen

Ergotherapie (ET)(Heilmittelverordnung)

Geschäftsführung der Sektor-Arbeitsgemeinschaft im Sektor 6des Sozialpsychiatrischen Verbundes der Region Hannover

Sozial-psychiatrischer

Dienst (SpDi)

(NPsychKG)

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kurzfristige Hilfe(<3 Monate)

mittelfristige Hilfe(<2 Jahre)

längerfristige Hilfe(≥2 Jahre)

Zugänglichkeitleicht und schnell

erreichbargenau geplant und geprüft

hauptsächlich angezielte Wirkungen

Schutz bei Selbst-/ Fremd-

Gefährdung

Vorbeugung einer Chronifizierung

Vorbeugung einer Verschlimmerung

Beseitigung bzw. Linderung der Beeinträchtigungen

Begrenzung der Krankheitsfolgen

Bewältigung der akuten Krise

Verarbeitung der Erkrankung

Erhalt der Lebensqualität

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4. Wie könnte es gehen? Gemeindepsychiatrische Zentren! (2)

Definition kurz-, mittel- und längerfristiger Hilfen

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Aufgaben kurzfristig mittelfristig langfristig

A1 Niederschw. Beratung / Betreuung SpDi / KS KS / SpDi

A2 Krisenintervention / Notfallbehandl. SpDi / PIA

A3 Planung u. Koordination im Einzelfall SpDi

A4 Netzwerkarbeit / Steuerung i. Verb.SpDi (Verbundarbeit)

A5 Gemeinwesenarbeit und Prävention

A6 stabilisierende Behandlung n. Krisen PIA (SpDi)

A7 Behandlung von Hochrisikopatienten PIA

A8 ambulante Arbeitstherapie ET ET / KS

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4. Wie könnte es gehen? Gemeindepsychiatrische Zentren! (3)

Aufgabenverteilung für Fall- und Verbundarbeit

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4. Wie könnte es gehen? Gemeindepsychiatrische Zentren! (4)

Genügend qualifiziertes Personal bereitstellen!

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Gemeindepsychiatrisches Zentrum – Berufsgruppenmix pro 100.000 Einw.

Kommune/Bezirk SGB V SGB XII

Grundqualifikation alle KS SpDi PIA TK AT abW TS

Platzkapazität (Sozialraumbudget) 400 15 15 50 15

15% Med. / Psychol.* 5 1 3 1

15% Krankenpflege 5 1,5 2 1,5

60% Sozialarbeit 18 1 4 5 0,5 6,0 1,0

10% Ergotherapie 4 0,5 2,0 1,5

Verwaltung 2,2 0,7 1,0 0,5

Summe 34,2 1,0 5,7 11,0 4,5 2,0 7,5 2,5

*) In jedem GPZ sollten mindestens drei Vollzeitstellen im ärztlichen Dienst und mindestens eine Vollzeitstelle im psychologischen Dienst eingesetzt sein.

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4. Wie könnte es gehen? Gemeindepsychiatrische Zentren! (5)

Rückenwind: Referentenentwurf zum PsychVVG

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Begründung zum Referentenentwurf (19.05.2016) A. Allgemeiner Teil, II.6 (Auszug)

„Psychiatrische Krankenhäuser (…) erhalten die Möglichkeit, Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen und stationärer Behandlungsbedürftigkeit in akuten Krankheitsphasen in deren häuslichem Umfeld durch mobile multiprofessionelle Behandlungsteams zu versorgen. Da die betroffenen Patientinnen oder Patienten derzeit nur durch eine stationäre Aufnahme angemessen versorgt werden können, obwohl eine aufsuchende Behandlung mit einer 24-stündigen klinischen Versorgungsverantwortung an sieben Tagen die Woche ausreichend wäre, wird mit dem neuen Behandlungsangebot die Flexibilität und Bedarfsgerechtigkeit der Versorgung erhöht.“

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4. Wie könnte es gehen? Gemeindepsychiatrische Zentren! (6)

Rückenwind: Referentenentwurf zum PsychVVG

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Begründung zum Referentenentwurf (19.05.2016) B. Besonderer Teil zu Nr. 4 (§ 115d) zu Absatz 1 (Auszug)

„Angesichts der Komplexität und Dichte der stationsäquivalenten Behandlung [SÄB; HE] (strukturell, zeitlich, qualitativ und quantitativ) und der Notwendigkeit, in deren Rahmen auch kurzfristig auf die Infrastruktur des Krankenhauses zurückgreifen zu können, ist die Erbringung der SÄB auf KH beschränkt. (…) Allerdings schließt dies nicht aus, dass das Krankenhaus diese Leistungserbringer [d.h. NÄ, MVZ, PIA; HE] (…) in geeigneten Fällen, beispielsweise unter den Gesichtspunkten der Wohnortnähe oder der Behandlungskontinuität, mit der Durchführung von Teilen der Behandlung beauftragen kann (…). In geeigneten Fällen kann die Behandlung auch in Kooperation mit den kommunalen sozialpsychiatrischen Diensten erfolgen. Allerdings soll die Tätigkeit dieser Dienste nicht durch die SÄPB nicht eingeschränkt oder ersetzt werden.“