Wortspielerisches Schimpfen: Eine prophetische...

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Wortspielerisches Schimpfen: Eine prophetische Kunst Zu den vielen Impulsen, die, vom Alten Orient ausgehend, das Abendland befruchtet haben, gehört auch die magische Verstärkung der Worte durch ihren subtilen Gebrauch. Generationen von Priestern und Pastoren haben sich dieser Methoden bedient, Politiker tun es und seit einigen Jahren auch die Rapper der Hip-Hop-Szene. Zu ihren bedeutendsten Vorgängern gehören die biblischen Propheten. Ihre Kritik an Missständen im Israel des 8.-6. Jh. v. Chr. im Namen des Gottes JHWH hat die Zeiten nicht zuletzt dank ihrer originellen Sprachgewalt überdauert. Dazu gehören Wortspiele und Gleichklänge, wie sie ganz typisch geworden sind für den modernen Rap. Zwei Beispiele Jesajas (5,7 und 24,16) im hebräischen Klanglaut und in deutscher Nachahmung müssen hier genügen: wajequ lömischpat wöhinneh mischpach lizdaqah wöhinneh zaqah «Er hoffte auf Rechtsspruch, doch siehe da: Rechtsbruch, auf Gerechtigkeit, doch siehe: der Rechtlose schreit.» rasi-li rasi-li ooi li bogdim bagadu ubägäd bogdim bagadu pachad wapachat wapach alächa joschev ha’aräz «Auszehrung mir! Auszehrung mir! Weh mir! Die Tückischen tücken, Tücke tücken die Tückischen aus! Schrecknis und Schrunde und Strick über dich, Insasse der Erde!» Es ist genau diese Mischung aus verzweifelter Wut über die Korruptheit und Rücksichtslosigkeit der Mitmenschen und der Lust an der magischen Verstärkung der Wut im Wortspiel, die die modernen Rapper mit den alten Propheten teilen. Für den Propheten Joël ist das Weissagen der Söhne und Töchter ein Ausdruck des göttlichen Geistes und ein untrügliches Zeichen für den Anbruch einer neuen Zeit (3,1). Schon deshalb lohnt es sich, den aufgebrachten jungen Wortkünstlern zuzuhören. Die vorliegende Anthologie ermöglicht den nicht Szenenkundigen einen Einblick in ihre kreativen Werkstätten. Die Realisierung der CD wäre undenkbar ohne Thomas Markus Meier, der die Schweizer Rap-Szene seit Jahren mit großer Sensibilität für deren spirituellen Gehalt verfolgt. Ich danke ihm herzlich, für die kompetente Zusammenstellung und Kommentierung dieser Auswahl und wünsche ihr viele HörerInnen zu Hause, in Schulen und Kirchen. Thomas Staubli, BIBEL+ORIENT MUSEUM

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Wortspielerisches Schimpfen: Eine prophetische Kunst Zu den vielen Impulsen, die, vom Alten Orient ausgehend, das Abendland befruchtet haben, gehört auch die magische Verstärkung der Worte durch ihren subtilen Gebrauch. Generationen von Priestern und Pastoren haben sich dieser Methoden bedient, Politiker tun es und seit einigen Jahren auch die Rapper der Hip-Hop-Szene. Zu ihren bedeutendsten Vorgängern gehören die biblischen Propheten. Ihre Kritik an Missständen im Israel des 8.-6. Jh. v. Chr. im Namen des Gottes JHWH hat die Zeiten nicht zuletzt dank ihrer originellen Sprachgewalt überdauert. Dazu gehören Wortspiele und Gleichklänge, wie sie ganz typisch geworden sind für den modernen Rap. Zwei Beispiele Jesajas (5,7 und 24,16) im hebräischen Klanglaut und in deutscher Nachahmung müssen hier genügen: wajequ lömischpat wöhinneh mischpach lizdaqah wöhinneh zaqah «Er hoffte auf Rechtsspruch, doch siehe da: Rechtsbruch, auf Gerechtigkeit, doch siehe: der Rechtlose schreit.» rasi-li rasi-li ooi li bogdim bagadu ubägäd bogdim bagadu pachad wapachat wapach alächa joschev ha’aräz «Auszehrung mir! Auszehrung mir! Weh mir! Die Tückischen tücken, Tücke tücken die Tückischen aus! Schrecknis und Schrunde und Strick über dich, Insasse der Erde!» Es ist genau diese Mischung aus verzweifelter Wut über die Korruptheit und Rücksichtslosigkeit der Mitmenschen und der Lust an der magischen Verstärkung der Wut im Wortspiel, die die modernen Rapper mit den alten Propheten teilen. Für den Propheten Joël ist das Weissagen der Söhne und Töchter ein Ausdruck des göttlichen Geistes und ein untrügliches Zeichen für den Anbruch einer neuen Zeit (3,1). Schon deshalb lohnt es sich, den aufgebrachten jungen Wortkünstlern zuzuhören. Die vorliegende Anthologie ermöglicht den nicht Szenenkundigen einen Einblick in ihre kreativen Werkstätten. Die Realisierung der CD wäre undenkbar ohne Thomas Markus Meier, der die Schweizer Rap-Szene seit Jahren mit großer Sensibilität für deren spirituellen Gehalt verfolgt. Ich danke ihm herzlich, für die kompetente Zusammenstellung und Kommentierung dieser Auswahl und wünsche ihr viele HörerInnen zu Hause, in Schulen und Kirchen. Thomas Staubli, BIBEL+ORIENT MUSEUM

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Mundleistung und Ohrwerk: Sprach-Sensibilität im Hip-Hop Sprache, Dichtung vor allem, ist Mund-Werk noch vor dem Hand-Werk. Darauf machen gerade jene aufmerksam, die auf Kultur mit der Vorsilbe «sub» stehen: die PoetInnen des Hip-Hop. Auf «Wortfang» sind diese «Mundwerker» aus, und wir wollen für einmal dem jungen Volk «aufs Maul schauen». Es ist eine Sprachsorgfalt zu entdecken, die staunen macht. In «wort für wort» (höre Track 1!) besingen g-punkt aus der Region Thun, wie genaues Hinschauen zum Dichten gehört. Hinschauen wie Kinder, die auch mit Händen und Mund sehen wollen. Wörter würden, Spielsachen gleich, im Mund geknetet; würden wie Bauklötze gefügt, würden Blumen gleich aus dem Innern gepflückt. Gedanken ohne Wörter werden als körperlos gezeichnet, umgekehrt seien gedankenlose Wörter seelenloses Gerüst. Kennenlernen der Welt durch Benennung gilt für den Spracherwerb des Kindes ebenso wie für poetische Sprachschöpfung. lueg mau gnue gnau du merksch sofort mau so wortwau isch ke zuefau i vrbreite keni ungriimtheite… i setze nöii massschtäb för d‘qualität abr i bi nid öpper wo wörter nöi erfindet i bi nur öpper wo di aute wörter nöi vrbindet was i hüt mit de wörter wiu mache isch s‘gliich wi d‘ching mit de schpiusache ig nime se i ds muu für mr es gnaus biud z‘mache es git rundi wörter settigi wo eggig si oder zaggelet i schteue se so ufenang das es nid waggelet d‘form wird zwar schträng aber no nid äng wäge dämm i wott wörtli wi chlötzli und tütschi zäme bringe für die sache wo mr a ds härz si gwachse hübschi näme finge Neben dem Spielerischen der Wortverbindungen wird die Leidenschaft genannt, Liebgewordenes zu benennen. Im Innern des Menschen blühe ein Blumenfeld - das Gedicht ist ein bewusst gepflückter Strauss. Die Mundleistung in Form von Sprachspielen, Sprachakrobatik, aber auch Sprachtempo, fordert von den Zuhörenden einiges an Hörleistung ab. Nicht immer sind die Texte in den Booklets abgedruckt. In unserer Auswahl werden die Texte entweder so abgedruckt, wie in den Booklets der Original-CDs, einzig offensichtliche Verschreiber wurden korrigiert. Wo der Text im Booklet fehlt, sind die Inhalte in der Hochsprache zusammengefasst. R(h)apsodien: Herkunft und Geschichte des Hip-Hop

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Der Hip-Hop entwickelte sich Anfang der Siebzigerjahre des letzten Jahrhunderts in New York, blickt also auf eine bald vierzigjährige Geschichte zurück. Es gibt natürlich Vorläufer: Wir könnten auf die Antike verweisen mit eingekratzten Graffitis in Pompej und auf die Graffitis im Hip-Hop. Das Sprachspiel mit der Rhapsodie, der gedichteten, verdichteten Erzählung, ist zwar reizvoll - allerdings stammt das Wort «Rap» vom englischen Verb «to rap»: schlagen, klopfen. Eher schon als Vorläufer könnte die «Battle of Gangs» in der Westside Story ins Feld geführt werden, wo schon der Tanz zum Konkurrenzmittel wird. Mit Tanz, Konkurrenz, Graffiti sind aber schon wesentliche Elemente des Hip-Hop benannt. Statt dass Straßengangs sich Schlachten und Prügeleien liefern, will Mann (Frauen sind im Hip-Hop oft eher Objekt als Subjekt!) sich messen: im Tanz, im Plattenlegen, im Besprayen verbotener (Beton-)Wände. Bereits Ende der Sechziger Jahre begann sich der Hip-Hop aus einer speziellen Mischung von Kultur und Politik herauszubilden, und zwar im Schmelztiegel New York. Stichworte: Urbanität, soziale Ungerechtigkeit, Intoleranz, Rassismus, Gewalt, Gangs, Bürgerrechtsbewegung, neues Selbstbewusstsein der Minderheiten. Der Start der Hip-Hop-Bewegung lässt sich aber relativ genau datieren und verorten: gehen wir in die Bronx, 1967, wo es Soundsystem-Battles gab: Wer kann die größte und lauteste Sound-Anlage auffahren? Ein jamaikanischer Technikfanatiker, der Discjockey Kool Herc, fegte regelmäßig seine Konkurrenten weg. Bahnbrechend war die Idee, zwei jeweils gleiche (Funk-)Platten auf zwei Plattenspielern abzuspielen, so dass jeder beliebige Break wiederholt werden konnte. Diese aneinander gefügten Percussion- und Drum-Parts ergaben ein völlig neues Klangbild. Das Publikum war begeistert und feierte Herc nach jeder gewonnenen Battle. Diese Breakbeat-Musik machte Schule und wurde eine Art Anti-Bewegung zur flachen und leichten DiscoMusik, die damals ihre internationale Hochphase hatte. Hip-Hop begann sich zur weltweit verbreiteten Jugendkultur auszuwachsen - eine Jugendkultur wohl so vielseitig wie keine andere: Sie besteht nicht nur aus Sprech-Musik (den Rap bzw. MC-ing), sondern auch aus Tanz (B-Boying, «Breakdance»), gesampelter Musik (DJ-ing) und Graffiti. Seit Hip-Hop anfangs der Achtziger Jahre auch kommerziell erfolgreich wurde, weckte dies die Interessen der Unterhaltungs- und Bekleidungsindustrie. So wandelte sich der Hip-Hop: Er wurde einerseits kreativer, vielschichtiger, und vor allem globaler; andererseits verkamen Teile des Hip-Hop zum Konsumprodukt, oder Dinge, die eigentlich mit Hip-Hop nichts zu tun haben, wurden als solche deklariert. Seit 9/11 ist eine markante Re-Politisierung zu verzeichnen. Gegen den Golfkrieg, gegen die Ungerechtigkeiten der Welt. Einige Beispiele der vorliegenden Anthologie zeigen solche gesellschaftskritische Anfragen. Wie Vieles kam auch der Hip-Hop von jenseits des Atlantik nach Europa. 1992 rappten die «Fantastischen Vier» aus Deutschland, es gehe nicht darum, das Ding der Schwarzen nach zu machen, und zwar auf Deutsch, weil Deutsch ihre Sprache sei. Insider sehen den Start des Schweizer Hip-Hop beim mundartlich rappenden Schwarzen Sänger Black Tiger. Es blieb aber nicht bei einzelnen, und auch nicht beim Baseldeutschen. Es gibt kaum einen Schweizer Dialekt, der nicht seine Hip-Hop-CDs hat, was durchaus dem Selbstverständnis der meisten Hip-Hopper entspricht: Etwas sagen zu wollen, und das in der eigenen Sprache. Mehrsprachigkeit und «explicit lyrics»: Religion und Spiritualität im Hip-Hop Elterliche Hörbegleitung empfohlen - Warnung vor «unflätigen Texten» - Züri-Släng garantiert... Viele CD-Hüllen spielen mit der US-amerikanischen Vorschrift, mit einem Stempel vor politisch unkorrekten Texten zu warnen. Und es gibt genügend Texte, die

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unzensiert thematisieren, was in anderen Musik-Traditionen höchstens verschlüsselt zur Sprache kommt: Gewalt, Sexualität, Gassensprache. Es wechseln sich aber nicht nur Geschichten, Erzählungen, Poesie mit Improvisation («Free Style»), Provokation oder lustvollem Herabwürdigen («dissen») - sondern es wechseln sich - gerade auf schweizerdeutschen CDs - auch die Mundartdialekte und manchmal auch die Sprachen. Gast-Rapper aus Deutschland, oder aus der Frankophonie und anderen Sprachfamilien musizieren gemeinsam: Hip-Hop regional und gleichzeitig global. Exemplarisch beispielsweise auf der CD «Même Sang» (2007) der Basler Brandhärd und der Kameruner Mamoney. Einer der zweisprachigen Songs beschwört die Vereinigung dessen, was uns heilig sei. Gebetet wird für die Gegner, zitiert werden die «sieben Ritter der Apokalypse» (in der Bibel wären es nur vier), und als (Kampf-)Ritual wird das Kruzifix geküsst. Zwar tauchen religiöse Gesten und Sprache auf, jedoch eher in der Art von Fantasy-Ritterromantik. Ähnliches gilt für die Bildwelt von Kampf und Streit auf der CD «Schattakriag» von WOUSO. Immerhin sind die Bilder hier übertragbar auf die täglichen Lebensauseinandersetzungen. Ihre Schattengestalten sind deutbar als unsere eigenen negativen Seiten. «Schatten überdecken unsere guten Seiten. - Jeder hat eine dunkle Seite.» Es wird dazu motiviert, über seinen eigenen Schatten zu springen (Track 10). Mythologische Ideen thematisiert beispielsweise auch die CD podrum III von «Milchmaa» (kein Vertrieb im Fachhandel, leider wurden auch keine Rechte für diese Anthologie gewährt): Acht Songs, wollen je einen Gott, eine Gottesvorstellung, besingen, mehr oder weniger ausdrücklich. Jedes Lied ist nach einem Gott benannt. Chronos oder Mercurius zum Beispiel, oder der afrikanische Gott Yo. Vor 1000 Jahren hätte auf Erden «a battle between the goods» getobt, ein Kampf zwischen teuflisch und gut, eine Art englisches Intro. Der Track «jahwe» behandelt Blitz und Hagel der ägyptischen Plagen aus dem Ersten Testament. Hochdeutsche Bibeleinwürfe korrespondieren (nicht immer einsichtig) mit Mundart gesungenen Zustandsbeschreibungen. Die harten Gotteszüchtigungen spiegeln den «harten Sound». Grobe Fäkalsprache mündet in den blutroten Nil. Die Mückenplage mutiert zu sciencefictionartigen Flugsauriern. Überschwemmung führt zur blühenden Wüste, bedroht aber Schiffe und Leben. Rettungsgedanken, die an die Familie Noahs auf der Bergspitze erinnern. Die Froschplage gleicht dem Auftreten von Sportfans in Horden. Am Ende heißt es: Gold ist groß. Nicht immer werden Fragen nach Gott und Religion explizit gestellt. Manchmal klingen sie verborgen an, manchmal ist unentscheidbar, ob nicht der/die ZuhörerIn mehr hineinliest. Die hier vorliegende Auswahl versammelt Gebete eher klassischer Art wie etwa den Lobpreis des über Hip-Hopper Kreise hinaus berühmten Bligg, oder einen «Monolog» von Sektion Kuchikäschtli, Anfragen an Gott von modern hiobschem Format. Sodann gibt es Beispiele für Sprach-Überlegungen, eine Art Poetik. Eine ganze Reihe von Songs stellen ethische Fragen oder malen uns kritisch-prophetische Zeitgemälde vor Augen. Dokumentiert sind auch Beispiele von Hip-Hop-Gruppen, die sich ausdrücklich als «Christliche Rapper» («Gospel Hip-Hop») verstehen, meist aus dem freikirchlichen Milieu. Besonders spannend sind religiöse Fragen und Aussagen dort, wo wir sie nicht vermuten. Schließlich sind auch Songs versammelt, die sich mehr oder weniger ausdrücklich zur Bibel äußern. Thomas Markus Meier

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Über Hip-Hop 1 Wort für Wort g Punkt Über Poesie und Sprach-Schaffen. Trotz Reimen werden keine Ungereimtheiten erzählt. Ein Lied über das Suchen und Spielen mit Wörtern. Achte auf die Sprache! (Mehr dazu in der Einführung!) 2 Los mr zue Black Tiger & Mc Rony Nach Dank an irgend einen Gott wird erzählt, dass die Stimme erhoben und am Mikrofon geschrien wird - quasi Seine Stimme für jene ohne Stimme. JONES: loos mer zue i hoffe das du mi itz chasch verstah chum zur rueh befrey di geischt muesch d’seu chönne la gah RONY: ich dangg irgend’eme gott das’es mi no git e wunder das ich überläbt ha nach all däm derbe shit s’git nüm vil vo mine alte jungs us dere zyt äntwäder sin si gschtorbe oder krangg und schaffe’s nit was isch’s problem vo minere generation vili sin ohni jedi hoffnig und kenne kei lohn sueche ihr glügg aber finde nur schpott und hohn für si erheeb’i mini schtimm und schrey am mikrofon beschriib in eim satz e ganzi krangg’i wält lach über mensche ohni biss wie e hund wo bällt verzwiifle dääglig bi de bricht in dr tagesschau erinnere mi wie’ne gricht uf e daag genau lääb mit mensche wo’ni maag und deene ich trau kei sääge für mensche wo saage sie kenne mi traum die ziile sin für di für sie für jede wo mit grooved i deal so lang mit mim rap bis’n jede bruucht TIGER: hey d’lüt kömme zu mir und sage: «s’het sich villes vrändret!» mr könne alli drüber rede, aber glaub mr, das längt mr nit! ich will seh, dass ihr öbbis beweget! jedi und jede ka das: die ganze chiller, siffer und kollege voll gras. schtecksch in schwierigkeite? s’git möglichkeite drus uuse! muesch es mir nit zeige, sondern dir! s’isch nit nötig, dass d’loosisch! will du hesch mindeschtens ei andere wäg zum go ich machs mit schriibe s’wird so bliibe und überläb eso. ich gang in d’schuele go loose und lehr vo de kindr vo hüt, politiker rede nur drüber, aber das bringt eso nüt die sin nit glaubhaft für mi, will keine vo dene sait dr: «glaub an d’kraft in dir! willsch di alehne? bruuchsch e begleiter?» ich hoff, du hesch in diim läbe öber, dä schtoht dr zur sitte! nit nur drnäbe! öber, wo di nit schlot oder schtriitet! und wenn’s dr wieder mol miis goht, denn dänk an mi! los das lied do: wär weiss, villicht vrändrets di… SEVEN BRIDGE: loos mer zue i hoffe das du mi itz chasch verstah chum zur rueh befrey di geischt muesch d’seu chönne la gah 3 Schiinheilig Black Tiger & Mc Rony

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Anprangerung scheinheiliger Politik. Kleine Leute, die niemand anhört. Erneut wird die Stimme für die Kleinen erhoben und dazu ermutigt, nicht nur zu kritisieren, sondern sich einzumischen, wie das Hip-Hopper selber tun. RONY: machet was’r wänd aber machets bitte für euch bhaltet dr drägg an eure eigene händ denn isch es nüt neus gänd euch wie ängel und sind mit dr moral vom deufel am schtart ihr händ kei plan was’es heisst wenn me gottes erbarme erfahrt egal wo dr sitzed regierige und schribtisch gängschter anschiinend hogge dr iigschlosse imene büro ohni fänschter ihr fiehred nit dääglig s’lääbe vo eure wähler für euch heisst wahlkampf sich mit em fuessvolk abquäle ihr falled eure eigene kinder mit mässer in rugge verkaufed seelene zerschtööred verbindige und brugge dien’d nur witerschufte bis mr alli im gletscherwasser versuffe und sich euri bsitzdüümer in luft ufflööse und verpuffe i wart ufe daag wo sich das alles relativiert wo’s au die hinterschti und dr letschti ändlig kapiert es bringt nüt numme dört und do mol sälte e bizli kritik wärdet lut wenn’s euch nit passt und machet sälber politik REFRAIN: do uss git’s leider vili mensche, die lost niemerts a. die kleine liide und die grosse, die vrdiene dra. wo sin die kritiker? wo sin d’politiker? wo sin die lüt, wo immer schriibe in de zittige? villi rede, doch schlussändlich goht’s denn niemerts a. wenn dr mol öbbis mache wänd, fönt emol friener a! ich mein euch kritiker schiinheiligi politiker. schribet emol mini meinig in eurne zittige! TIGER: wenn ich die hüttigi situation seh, wött ich, dass ihr dänket und sich alli generatione e lächle schänke. ich will, dass dr abstand zwüsche arm und riich kliiner wird, will e arme siech kunnt hützutags nöm uf e griene zwiig. ich seh das leid, doch ich hoff nit, dass es wie friener wird. will zrug zue de alte ungerächtigkeite miemr nit. vili intressiert das nit, nur wie vil’s z’vrdiene git. i schnall nit wiso’s niemr blickt: mr ziehn alli am gliiche strick. sisch gschtört do vrhungere jungi ume topmodel zwärde dörte will sie nüt hän und i frog wie viel no mien stärbe do schpiile kinder soldate, dört stärbe kindersoldate, trimmt uf e harte kampf, killt vo granate, es längt! ich dänk mr wiso ihr das sehnd und’s euch nit intressiert. fändet ihr’s au denn no kai problem, wenn’s eurem kind passiert. ihr händ kai mitgfühl, wüsset nit mol, was das heisst während ich mitfühl intressiert euch das e scheiss doch… TIGER: ich kenn die zit, wenn’s aim miis goht, dasch mi schtress. doch wenn i mi schniid, tropft’s lyrics mit deepness. andri won’i kenn, mache uf tough und rough und bliibe’s, obwohl sie ihri lascht fascht killt, doch sie vrschwiige’s. wie vili mietere, töchtere und söhn wärde vrschlage hintr schöne fassade?! lönt mi das sage! es fählt uns gwöhnlich dr mage,

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öbbis drgege z’mache, z’rede und das z’mälde bi de ämter. es luegt nöm jede zu jedem und es fählt mir das dänke. au unsri wirtschaft, die het gnueg bluet und dräck am stäcke, doch die behaupte, s’kämi nit guet mit uns wägem räppe. es gäbt gnueg gschichte do, wo unter d’hut gön. lueg wie viel jugendlichi hüt no untr druck schtön. gönd mol use go loose, nit nume dinne go rede. ihr fühlet’s uf de schtrosse, es wird schlimmer und jede tag, wo nüt gmacht wird, isch e schritt in die falsch richtig. die sach isch mr wichtig sehnd’s mol a als vrpflichtig! wil…

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Gebete 4 Monolog Sektion Kuchikäschtli Der Titel lässt an ein Selbstgespräch denken, aber es ist klar ein DU angesprochen, eindeutig beschrieben als Gott, wie er in der Bibel erscheint. Entsprechende refrainartige Einwürfe (ins Hochdeutsche übertragen): Wie lange macht Gott wohl noch Ferien? Du sagst nichts, oder ob ich nur nicht richtig zuhörte? Bist du abgestumpft, dass Du kein Unrecht mehr empfindest? Doch auch ich hörte wohl weg bei diesen Milliarden von Gebeten! Aber in deiner Position hast Du mehr Verantwortung! Und entsprechend dem Ruf nach Gottes Erwachen in den Psalmen heißt es derb und klartextig: Beweg Deinen Arsch! Größere Wunder täten Not, wenn man sieht, was auf der Welt läuft... Ich dachte, du säßest auf dem Thron, nicht auf dem hohen Ross! Lohnt es sich an dich zu glauben, wenn die Welt um uns zusammenfällt? Richtig böse sein mag ich nicht, denn schlussendlich sind wir selber schuld am ganzen Shit… Aber hie und da ein Wink deinerseits wär’ nicht schlecht! Steck dir die Bibel sonst wo hin, und lies besser mal die Zeitung! Hör auf mit Adam und Eva - gib nicht immer den Frauen die Schuld - Fehler werden immer gemacht - wir sind wegen Deiner doofen Spielregeln hier statt im Paradies. Dabei wärst Du so ein zeitloser Typ und hast keinen ob Dir... Ich hätte mehr von Dir erwartet! Glaubst Du selber nicht mehr an dich? Dann probier’s mit Yoga! Vertrauen beruht auf Gegenseitigkeit…

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5 Ich gseh dich bligg Bligg gehört zu den erfolgreichsten und berühmtesten Hip-Hoppern der Schweiz. Interessant ist, dass auf mehreren seiner CDs auch Gebete platziert sind, meist aus der Erfahrung heraus, dass Not erst beten lehre. Gott wird sichtbar beim Hinschauen auf das tägliche Licht - losgelöst von der je spezifischen religiösen oder konfessionellen Herkunft: egal i wellerä religion, egal i wellerä form. es isch e ewigkeit vergange sit ich s’letzscht mal mit dir gredt han mag sii das es dra liit dass ich min glaube zu dir versteckt han doch jetzt sitzi da chopf gsenkt hand uf hand auge gschlosse und bin focusiert mit klarem verstand das da isch nur en dank für de sprung usem muetterlib kei frag ich weiss ich bi no nie eine vo de guete gsi und erscht wänn ich alles verlore han und nüüt meh isch merk ich amigs wie wichtig du bisch und dass es dich git wenn mini glüscht wider giirig sind zeigsch du mir wie chli ich bin damit ich mich wiiterhin mental und geischtig wiiter bring obwohl d’ziit entrinnt und zwar schnell bis zum endi drum glingt’s mer nur mängisch en bessere mensch zii lugg du weisch dass mer i dä wuet nöd immer das seit wo mer meint und du weisch das mir das oft passiert bsunders wänn mer mich reizt ich denk mir verschtönd eus ich muess das nöd wiiter begründe und hoff das all mini sünde imenä reine wasser mündet chorus: ich gseh dich (ich gseeeh dich) ich chan dich gseh (ich chan dich gseh)… ich priis din name (priis din name) sit eh und jeh (sit eh und je) du lasch mich jedä tag s’liecht gseh du lahsch mich schmerzä gschpüüre du lasch mich glück truur und liebi i dim herze fühle du bisch min ständigge begleiter sit em tag vo minere geburt du gisch mir chraft und zeigsch mir de wäg uf dinerä spuur mir all chömed useme loch und gönnd au wider zrugg i eis a beidne ende stahsch du wo d’wält uf dine schultere treisch du hesch mis herz i dinne händ min geischt i dim schoss sit em tag 1 bis zum tod und das isch aight eso es isch meischtens so dass ich dich fühl au wenn du nöd bi mir bisch well du en teil vo mir und ich en teil vo dir bin es isch meischtens so dass ich dich gseh trotz gschlossne auge dank ununterbrochnem vertraue hoffnig und glaube ich bin dir dankbar defür das min chopf klar bhaltsch dankbar für mis da si und mini existänz dankbar dass du mich immer wider lahsch schtramm-schtah bin dir dankbar für was ich han und jede moment…chorus wo immer du bisch – wer immer du bisch was au immer für es gsicht ussem nichts wo sich nöd z’erkänne git egal vo wellem planet egal vo wellem mond egal i wellerä religion egal i wellerä form i wellere nation und wieso au immer du eus gschaffe häsch ich wird immer din sohn si und din begleiter erscht recht ob bi freud oder truur es liit i minerä natur

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bhalt mich rein und puur denn das chasch nur du du gisch mir chraft wenn ich schwach bin muet wenn ich angscht han du verchraftisch min schwachsinn obwohl ich’s nie verlangt han du schaffsch mir en durchblick wenn ich kein plan han villä dank ich bruuch dich echt wort druff voll und ganz und will’s dich chuum intressiert ob ich riich oder arm bin wird de tag cho wo du mich i dini arm nimmsch falls es jemals sött passierä dass ich de bezug zu dir verlüüre bring mi zrugg uf de bode und lass mich nöd verfrühre ich gseh dich…chorus

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6 Zeig mir de Wäg bligg Hier wird ausdrücklich der «Vater im Himmel» angesprochen, mit der Bitte, den richtigen Weg gewiesen zu bekommen. Immer wieder ein Thema sind Fragen nach dem Wohin und Woher… (vgl. auch Tracks 8-11) oh vater im himmel ich schick es signal gib mir än funkä liecht i dem so dunklä kanal ich wart uf ä antwort gib mir es ja oder es nei vergib mini sündä mis laschter mis böse mis läid füehr mich as liecht füehr mich zu dir zeig mir dä schlüssel zur tür is paradis bevor ich krepiär din sohn isch verwirrt doch din sohn hätt dich lieb din sohn probiert nur z’überläbä i dem chaltä chrieg ich bruuch dis vertrauä man bruuch dini hilf du bisch s’fählend puzzlestuck i dä mitti vo dem bild die ganz scheisse da us isch amigs z’vill für min grind ich cha genau gseh was lauft mein gott ich bin nöd blind ich sing dä song für dich sing dä song für mich sing dä song für jede mänsch wo sich verlauft i dim riich ich schlüüs mini augä und muess dir vertrauä du bisch min glaubä gisch mir halt gisch mir power zeig mir dä wäg füehr mich as liecht zeig mir die tüür und dä schlüssel zu dir gib mir di chraft und gib mir dä muet gib mir dä glaubä dass alles guet chunnt… Ahh mängisch bini schwach und fall uf mini chnüü bin churz vor em ufgäh im monsun vo dä gfühl ä träne flüüst wie dä schmerz dur mini venä mis herz sehnt sich sehr nach ruhigerä szenä ich bin nur en mänsch mit fähler und mackä ich mach was es bruucht für min tägliche hustle hoff min vers erreicht es paar lüüt und cha sie touche lah nöd zuä dass mini hoffnig stirbt und mini träum platzed ich verlah mich uf dich verlah mich uf mis glück griif immer wider uf dich zrugg wänn alles missglückt ich gseh dich au wänns nöd immer so schiint ich bin wie e frucht wo zur ziit vo sunneschii besser riift gib mir ziit gib mir ä füehrig gib mir nur ein fiine huuch vo berüehrig gib mir schutz und es mittel gäg s’böse gib es zeiche – vater erlös mich!

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Woher und wohin? 7 Bruch e Waag Gleis zwei Bligg wirkt auch bei «GLEIS ZWEI» mit (übertragen ins Hochdeutsche): Zwischen Himmel und Hölle brauch ich eine Waage, um zu unterscheiden zwischen gut und schlecht, Glück und Pech. Antworten sind gesucht, um zu wissen, wie handeln. Hilfe tut Not, zwischen Teufel und Engel - beide Bestandteil meines Bewusstseins... es gibt mehr, als einen Weg. Entscheidungsweg zwischen Liebe und Hass. Sich verstellen oder bleiben, wie ich bin? Bei einem Haar Luzifer die Seele verkauft (!), unangenehme Gewissenfrage. Ein Adamsapfel, aber zwei Stimmen in mir... Klärt es sich im Nachhinein? 8 Generation Part II Gleis zwei Zeit verloren und Zeit ist verstrichen. Wieviel Zeit bleibt uns noch? Um uns zu befreien, zu erlösen, auf dem Weg zwischen Gut und Böse. Wir sind dem geschaffenen Chaos nicht mehr gewachsen. Unterwegs auf der Schiene Richtung Endzeit. Du hast etwas gelernt, wenn du merkst, dass es in deinen Händen liegt. Die Jüngsten sind die ersten, die’s gemerkt haben, und die Welt verändern wollen. Die Zeit läuft uns davon, die letzte Generation steht vor dem Jüngsten Gericht. Wenn keine Perspektive - wieso nicht zweiten Plan, sich mit Zukunft befassen, unterwegs bleiben, die Welt verwandeln wollen? 9 Antworte dropalicious Wir haben Fragen - das Antworten ist schwer. Ständig auf der Suche, doch die Lösung ist weit entfernt. So der Refrain einer jener Hip-Hop-Formationen, die nicht bei großen Labels unter Vertrag sind, sondern (hier mit Unterstützung der Jugendförderung im Kanton Solothurn) ihre CDs im Internet vertreiben. Und auch ein Beispiel für gemeinsames Fragen, Singen und Rappen von türkischen Secondos und «Alteingesessenen». Eine ganze Auswahl von Fragen werden formuliert, etwa: Weshalb Armut bei aller Geldverschwendung? Warum wollen wir Erlösung, wenn wir sie eh nie suchen? Warum beten, wenn wir selten auf Gott hören?

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Lebens-Töne 10 Abschiedsbriaf Wouso Nicht aufgeben, weiterkämpfen, das Schicksal selber in die Hand nehmen. Gott gedankt für das Leben. Nicht vergebene Suche nach Rettungsseil und rotem Faden. Das Beste geben in meiner kurzen, unbegrenzten Zeit. Horizont ist kein Limit, Welt unendlich. Erinnerung bleibt für ewig. Ein anderer Song derselben Gruppe, «letschti täg», erzählt aus der Sicht von Weltuntergangspropheten vom Ende der Welt, vom Schluss, weil Gott für unsere Sünden endlich Vergeltung wolle. Nichts bleibe. 11 Es Kameu Stop the Shoppers Der Name der Gruppe soll Programm sein. Sie wollen die Shoppers stoppen, mit intelligenten Texten die Leute zum Überdenken ihrer Konsumhaltung bewegen. Das Lied spielt mit orientalischen Tönen und Vorstellungen (Kismet): Schwein gehabt (im islamischen Kontext etwas verwegen!), dass Allah dem lahmenden Kamel das Leben geschenkt hat, und es in Folge glücklicher Fügungen ein großes Business mit Öl-Scheichen machen konnte. es Kameu e armi Seeu…schwankt dür d’Wüeschti…es isch heiss wi d’Höll…und es weis nümm was es söll…ir Karavane hett’s müesse aafa lahme…a sim lingge hingere Bei…da hei si’s abghänkt…u jitz isch es elei…i de Düne hett’s müesse aafa hüüle…hett sini Träne i Sand la troole…literwiis Tag u Nacht…für nes Kameu isch das ke Sach…wüu nume d’Höcker wärde flach…u so hett’s hektoliterwiis grännet…bis dass e Oase isch entstande…und im Schatte vo’re Palme…isch es gläge und hett dänkt…i ha Schwein gha dass dr Allah…mir mis Läbe no hett gschänkt…es git angeri wo immer Päch hei…ds ganze Läbe lang…bi dene wär nüüt gwachse hie im Sand…jitz hett das Kameu i dere Oase aafa sääie…u zwar vom beschte änglische Rase…dä wo me so schön churz cha määie…u aui arabische riiche Scheiche…die hei gfunge das isch ja gar e ke Seich he…hie spile mer Golf uf däm Raase däm weiche…u so hett üses Kameu über Nacht…es riisegrosses Business gmacht…u we’s e Karavane hett gseh de hett’s glachet…u gseit das hätt i de nie chönne ahne…dass i anstatt ere Karavane hingernache z’laatsche…hie dermaasse absahne 12 Naive Siech Shape Ein Loblied auf das Zusammenleben von Nationen, Kulturen, Sprachen und Hautfarben. Besungen wird der Glaube ans Gute trotz allem Schlechtem, was passiert. Vielleicht bin ich deshalb naiv (Gegentöne zur Verspottung des gerne lächerlich gemachten «Gutmenschen»). Ohne ein Buddha oder Jesus zu sein, glaube ich, bete ich für andere. Ich glaube, wir sind da zum Teilen. Viele wähnen sich im Krieg, aber wer den Krieg gewinnt, verliert. Es ist eine Chance, von anderen zu lernen - statt Vorurteile zu pflegen.

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13 Äs chunt scho Luut & Tüütli Die Sonne geht für alle auf! Beflügelndes Lebensgefühl! So viel hab ich noch vor im Leben. Kopf hoch! Es liegt an dir, geh deinen Weg! Überwind den Teufel in dir! Auch wenn es manchmal schwer ist, im Leben einen Sinn zu finden, so liegt es doch in deinen Händen. Wart nicht auf Wunder, sondern pack deine Chance. Bleib nur dich! bandit: und i dr zwüschäziit ziähni mini bahnä um d sunnä/ trägä liäbi we uf schulterä über steinigi pfad/ gnuäg stolz i mim härzä ganz egal was ihr säged/ hetti glost uf üchers gschwätz wäri tod und begrabä/ aber bliibä am ball dörf nöd stoh bliibä/ breit mini flügel us und lah mi drvo tribä/ müäd scho doch ha nuch so viil vor i mim läbä/ so viil härzä zum träffä/ so viil ärscher zum trättä/shpoiz: sovill hass zum verlürä sovill liäbi zum gwünnä/ sovill schöni momänt au wänn gad niämert chasch fühlä/ doch ich gnüüsä dr rägä und jedes gwitter wo chunt/ macht mi nu chli stärcher und bringt mi wiiter äs stugg/ gang nu wiiter druf los und legg miini hoffnig i das liäd/ und das z sunnä führä chunt und sich di wolggä bald verziähnd/ ah yeah muass es nur äntli apaggä/ sovill lachendi lippä und tränä uf baggä/ /////hookline: also gib drs hol drs on and on/ immer wiiter homey chopf hoch s chunt scho/ eis läbä zum läbä und d sunnä schiint für jedä vo üs/ also hol dr was dr kört come on/ wetsches schaffsches s liit a dir/ schiiss uf was säged altä bliib nur dich/ ziit hämmer wenig und was sie bringt mann wer weiss das scho/ das weiss nur gott mann und life goes on shpoiz: ich bi kä fän vom liidä wänns im härz ä stich git/ wür mi gärn befriiä vo allnä ängst und zwiifel/ möchte nach stärnä griffä und ziitä überspringä/ doch äs chunt alles besser wämer kriisä überwindet/ bandit: luäg di umä s gitt nüd nur schmärzä und not/ los uf dis härz mir händ nuch wäg zum goh/ bliib starch egal was chunt gib das bescht vo dir/ chopf hoch homey hoffnig isch das letscht wo stirbt/ shpoiz: drum gang diinä wäg lah di vo nüüt lah beirrä/ überwind diini zwiifel und dr tüüfel i dir innä/ bliib dich sälber und ehrlich dä wird’s scho guat am schluss/ gib nöd uf homey nach dr sintfluät chunsch du/ bandit: äs bliibt üs nüüt als dra z bliibä grad i miiserä ziitä/ usteilä isteggä uf zänd biisä und wiiter/ geschter viil hütt nüüt jetzt da morn niänä/ das isch läbä alles möglich mann cha alles passiärä/////hookline shpoiz: verfluächti frust muäss usä ich ha kä lust uf kummer/ ha kä bogg uf där härbst nach däm churzä summer/ mach ä breitä ruggä und hebä brust nach usä noch so vill durst und hunger press mr luft i d lungä/ klar das ziitä ändered und wegä sich tränned/ drum atmi wiiti färni und ich gseh dur dr näbel/ sisch mängmal ehrlich schwär zum sägä das im läbä ä sinn git/ doch bis jetzt jämmer no alls überwundä/ immer nüüi stei im wäg frisches salz uf diä wundä/plän gönd dr bach ab und gfindsch für alles kä grund/ w seifäblasä platzed träum innerhalb vo sekundä/ich weiss wes isch känn das au alls so chalt um di ummä/ alls so fad und trischt all der shit bhaltet di dundä/ aber häschs ir hand also wart nöd uf wunder/ sondern pack dini chance altä startä und punktä/////hookline

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Kritik an der Welt (und Gott) 14 Guet & schlächt Black Tiger Aus eigener Erfahrung und der seiner Mutter beklagt der schwarzhäutige Rapper die Ungerechtigkeiten der Welt, alltäglichen Rassismus. Dabei bleibt er nicht stehen. Er fordert uns auf, sich einzumischen, politisch mitzumachen, zu wählen - existentiell und politisch. Wenn ich an d’Zuekunft vo dr Wält dänk, seh ich schwarz. In de Härze vo de Mensche herrscht z’wenig Zarts. D’Lüt sin abgschtumpft, d’Vrnunft wird übertrumpft. Am Beschte repressentiert das: bumpf bumpf bumpf bumpf! Politiker luege nit uf d’Lüt, sondern uf’s Portmonaie. Als Volksvrträter würd i sie gärn vor Ort emol seh. Ich würd gärn mit’ne rede, wenn ich emol Problem ha, nume Volksnöchi isch nume im Wahlkampf e Thema. Aber halt emol! Irgendöbber isch die Lüt jo go wähle. Nume ich nit! Vrdammt! Ich lo mr nüt meh befähle! Shit?!? Ich glaub, ich ha e Fähler gmacht, denn in dr Schwiz köme nume die, wo wähle an d’Macht. Nur es isch schwierig zwüsche links und rächts z’untrscheide und usserdäm hör i eh nume schlächts vo Beidne. In so Momänt dänk i, Politik isch nit mi Gebiet, drum los i lieber im Tiger si Lied… Gohts em Einte guet, gohts em Andre schlächt! Die Wält isch doch nume ungerächt. Es ich e Gäh und Näh, e hi und här, drum würd i’s immer e Vrlierer gäh, wenn ich e Sieger wär. Ich bi nit politisch, sage mr endr, sozialkritisch, schiss uf rächts und links, will mr eifach Beides z’wit isch. Denn Parteie, wo sich aschreie in politische Fore, töne schlussänlich alli gliich in kritische Ohre. Und schaffe mir’s scho nit im Kleine, mien mr sicher nit meine, die ganzi Menschheit würdi sich briederlich vreine. I wött nit deschtruktiv si, doch Deschtruktion isch dr Mensch, drum demonschtrier i dr’s in’re Situation, wo de kennsch; Nimmsch e Schtai und e Schiebe und es macht klirr in Sekunde. Wötsch das Ganze wieder zämmekläbe, gingti’s Schtunde, denn öbbis zerschtöre, kasch scho in dr kürzeschte Zit, s’Gliiche wieder rückgängig mache ganz sicher nit. Es isch so eifach deschtruktive Scheiss usezlo wie zum Bischpil: «Gang zrugg, vo wo de kunnsch, vrraiss vo do!» Ich waiss jo no, wo i d’Bilder gseh ha im TV, vo brennende Asylanteheim, als wäri’s e Krimi. I ka d’Ängscht vo de Lüt vo do scho vrschtoh, doch genau wäge so Ängscht isch mi Mueter uf und drvo sie kunnt zwar vo do und schizerdütsch isch ihri Muetersproch, doch seht e Rassischt e schwarzi Frau, dänkt är nit drüber noch.

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15 Global Greis Der Rap besteht aus einer genau recherchierten Auflistung von Zahlen und Daten zur Welt(wirtschafts-)lage und aus Vorschlägen, was zu verbessern wäre, etwa durch die - nicht namentlich erwähnte – Tobyn-Steuer. REFRAIN: das isch no nüt es wird krasser wärde es si au bürgerrächt uf dr strass erkämpft worde s'het nid gnue platz i de chastewäge s'isch itz e massebewegig so bringet die wasserwärfer das biest chasch nid besiege s'isch bis zu däm tag in üs aune s'het agfange mit dr konkurrenz bim jage und sammle unterdesse het's sech nid gmässiget si geng no bereit zum morde mit dr zyt güeter unglichmässiger verteilt si worde i verschidne verbänd neoliberali verträter vo länder vom norde vollände scho widr e plan meine mir sige verbländet u witter entfärnt vo de realitäte vor wäut si wei deregulierig vo de märkt das sig fair und guet fuer d'konkurrenz doch die herre lueget uf d'bilanz rede vo zahle und fakte ob's itz new york oder moskau wär 95% vo de märkt si dominiert vo irne grosskonzärn s'git ke wettbewerb sgeit nur drum das si fetter wärde gings um d'wto würde si sofort planet la stärbe immer weniger arbeit nümme chanceglychheit gueti dienstleistige ds privileg vo de ryche klasseniteilig no meh hass u niid wei sogar mit gsundheit und wasserversorgig 100%ig a dr masse verdiene g.a.t.s. uferleit ab 2005 und es geit um privatisierig und immer no glych wüu s'heisst es förder's europa wott dr biudigsmarkt liberalisiere 2000 milliarde umsatz im jahr muesch nid lang studiere hüt si cs novartis abb im unirat verträte unirat bestimmt inhaut vo studiegäng a dr unizh gueti chance ufem arbeitsmarkt was si da mieche drmit meine si häufe bim ufrichte vor pyramide REFRAIN s'git es land wo d'macht nur witterggä wird unter gwüsse kreise es land wo nur d'elite sech cha gueti schuele leiste während d'masse nur verblödet und so erstunts im momänt nid das sohn vom präsident nach 8 jahr o ged präsident wird es land wo dominanter isch aus denn ds römische rich wen dr räscht ufrüstet waeg nmd-programm ischs ne glych und bi schadstoffemissione hei si de angere gar nid e wau gla ds kyoto-protokoll het ke platz im amerikanische waukampf wüu d'ölindustrie finanziert drfür würde si gärn die verträg striche und 80% vo de waugäuder chöme vo de 0.2% richste 73 chile cia beuftreit mord für d'regierig wo '86 wäg terror isch verurteilt worde august '98 in al-shifa, sudan passierts

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pharmazeutischi fabrik vor us-army bombardiert mehreri 10'000 stärbe chöme d'spätfouge i ds spiu und was geit itz ab in afghanistan? sch'nur es bispiu entwickligsgäuder kopplet a chouf vo waffe us rückhaut schuude vo entwickligsländer dür zinse scho mehrfach zrüggzaut es geit immer witter wär weis wo ds änd wird füere würd me börsegwinn mit nur 0.1% bestüre gäb das 100 milliarde pro jahr zur ufhebig vom hunger au dene staate wo mönsche mit unger 1 $ pro tag überläbe äbe wär gwunne für nur dä betrag u bereite dr ufstand luege zu üse familie und ängste fründe widerstand verbindet anderi wäut isch müglech längst o gfunge REFRAIN si gäbe ne fuck posiere stouz näbe dr flagge ufem fötteli fuer jede vo dene stärne isch o ne völkermord nötig gsi jede vo dene streife steit für nes land wo si verslavet hei usa today on cnn wonis seit was geit si luege für sich für d'interesse vo de autryche und s'git nid mau e grund aaznä mir mieches nid genau glych

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16 Chele spele Homies Aus dem freikirchlichen Milieu stammend, wird relativ deutlich «gepredigt», ohne die Selbstkritik auszulassen. Innerlichkeit ist gefordert statt «Nettigkeiten» und Smalltalk rund um den Gottesdienst. Der MedienHype zum Tod von Papst Johannes Paul ist ein Beispiel dafür, was am «Kirche spielen» stört: die Vergötzung von Menschen, das sich Zurechtbasteln einer gemütlichen Religion. Ein fundamentalistisches Bibelverständnis ist spürbar. REFRAIN: Oh chömed mer höre uf Chele spele/jawohl Schloss met azeleböleschele/Chele isch keis Spiel sondern Gottes Wille/ ond wär wott scho met Gottes Wille spele Die Predigt esch de super gsi gäll Rosa/seit sElsi ond di beide loufe no es Stöck de Stross nah/ jo mer hets ou gfalle ha mini Nechte ofem Schoos gha/ ach en Goldschatz ha si bes am Schloss gha/jo verstoh da esch halt ou en rese Sonneschii/das wonderbare Boscheli vom Lesmer Rosmarie/ou ere Maa schiint a siner Chleidig a e glongne zsii/wiener höt dLüüt begrüesst het das bewonder ich/scho bald esch e Stond verbiemmer no gspröchle di beide/öber das ond deses fende emmer no tröchneri Theme/nor schad das si dPredigt vom Blöcherli Peter/scho vergässe händ vor luuter Chend ond Töchterli Gerede/ REFRAIN Mann han ich weder gstuunet ab dere Rethorik/vo eusem Pfarrer do mache be mer bed Ohr klick/verwached sofort ou am Morge ond sini Lehr ond Logik/lüchtet mer emmer voll ii ond i dänke hey verschohnmi/Wenn das als stemmt müesst ich jo no mis Läbe ändere/müesst mich sozial iisetze för anderi Länder ond die Ärmere/di Randständige ond Schwächere müesst mi no schäme de/wenn mi öpper e so verlompte Gebiet erkänne sett/Zom Glöck beni ernännte Organest ond Chelebuech Verteiler/setz mich am Sonntig ii dor dWoche chani mech verweile/luege nor för mech ohni mim Gwösse e Lehr zerteile/gohn ich doch för anderi met em Chelebuech sehr vell Meile/ REFRAIN Alarm de Papst esch tod de Papst esch tod/rüeft s dor dGasse ond es goht e grossi Tragik los/de stark Iifloss vo dem Maa esch schiinbar abartig gross/tuusigi zmetzt en Rom Tränefloss goht e schare los/atemlos millione vorde Cheste wördige e Tote/da Medie Spektakel get erhöhti Quote/mer chönnd das ned ärnscht näh send halt bösi Bote/för sone Mönsche Vergötterig hämmer ke schöni Wort me/Mer sötte Jesus bem Wort näh eine esch euche Meister/der send alles Brüedere ond eine sött euch begeistere/doch grotet genau dä e Hendergrond ond da vo em Gleistete/vor luuter religiösem Drumherum ond Geistlechem/ REFRAIN Di grondlegend Botschaft vode Hoffnig ghört me nömm/Gott esch tod Theologie vode Kanzle töönt nöm schlemm/dBeble esch es Buech wie jedes andere met Wörter drenn/dQualität vonere Predigt zeigt sech enere schöne Stemm/Macht das wörklech Senn/De Rationalismus haltet Iizog/me verrisst dBotschaft vo Jesus jede macht halt siis druus/alles was de Verstand ned cha erkläre kippt me es Schiisshuus/Mol ehrlech das gseht ned sehr noch Erlösig ond Sieg uus/So sehr andersch als di erste Gmeinde ede Apostelgschecht/me dient me teilt me heilt chonnt dra ond opferet sech/för Armi ond Witwe am Schloss gets en Stopf es Gsecht/gett trotzdem ned uf well eim Gott Chraft ond Hoffnig get/ REFRAIN Oh chömed mer föhnd a Chele verwörkleche/jawohl löhnd eus Gott weder wörtlech näh/ond Gottes Riich weder boue we är s wörklech wett/Mönsche wo Gott ond sech gägesiitig dieneda wönsche mer

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Biblisches 17 Babylon Black Tiger «Biblisch» muss nicht heißen: weltfremd, vorzeitig, überholt. Hier wird beschrieben, wo und wie wir leben: Geld regiert die Welt, Unterdrückung und Druck steigen - wer aufgibt, schwimmt mit dem Strom - und landet endlich in Babylon, der biblischen Chiffre für die Weltmacht, die sich absolut setzt. Babylon ist auch im Hip-Hop, noch mehr aber im Reggae, die Chiffre für lebensfeindliche Gegenmacht. Die Zustandsbeschreibung ist zwar jetztzeitig, aber insofern «biblisch», als sie Klartext spricht, einfach von aktuellen Problemen. Es drait sich alles nur ums Gäld uf dere Wält. Liebi und Hoffnig isch das, was uns fählt. Me quält sich durch dr Alltag, wartet uf dr Zahltag, überall sage mir d’Lüt s’gliich. Läbendigi Liiche schliiche umenand, die Riiche hän uns in dr Hand, trotzdäm sin mr no s’demokratischte Land. Au wenn das villi nit wänn seh, denn es isch ne egal. S’tönt und isch banal, doch es isch real voll fatal lön sie sich triibe und liide und schwiige, denn sie wänn die Gschiide bliibe, denn wär ufmuggt, dä wird untrdruckt und drum isch es vil eifacher, wemme sich duckt. Arbetslosigkeit macht sich breit und plötzlich macht me das, was dr Arbetgäber sait. Dr Druck schtigt und wär ufgit, schwimmt mit em Schtrom und mündet schlussändlich in Babylon. Babylon, in Babylon do läbe mir, frog diini Schweschter oder dii Brueder näbe dir, Babylon, in Babylon do läbe mir Ah ahah ah ah ahhhh

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18 Üseri Kinder Gimma Nicht nur alles ist weit weg - plötzlich bin ich selber mit Not, Fragen und Tod konfrontiert. Was kann ich tun? Erinnerung hilft - an der Hand genommen durch Babylon, vielleicht kommt doch das Paradies.

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19 Breiter merfen orange Keine Grenzen mehr, alles ist zu haben, immer schneller geht’s, immer weiter. Der Titel «Breiter» spielt einerseits mit dem Hang des Hip-Hop zum Breiten, zu Übergrössen, zu XXL. Andrerseits steht Breiter nur als ein Komparativ des Immer Mehr, Immer Höher. Die Kultur der Hybris. Der Schlusssatz verrät, dass der Vergleich mit dem Turmbau zu Babel nicht zu weit hergeholt ist: «Wir bauen einen Turm - vielleicht steht er, vielleicht fällt er.» es git keni gränze d’gränze si verwüscht mir chöi alles ha alles für alli glüscht mir mache was mir wei mir hei uf alles luscht mir zieh üs alles ine mir hei nie dr fruscht tröim wärde wahr aber d’wahrheit isch nüt wärt alles wunderbar d’realität isch verzerrt mir si iigschperrt aber frei uf dr outobahn ds fernsehprogramm isch üse fahrplan mir fahre immer öfter immer schnäller immer wyter d’farbe wärde farbiger u d’musig immer lüter vo allem git’s ging meh mir heis sälber gseh vo allem git’s z’vil aber immer meh heisst das schpiil mir mache mit mir si ganz vore drby es isch wichtig dass mir wytermache alli gseh das y d’maschine loufe u loufe u rentiere mir sekle hinger nache we’s mues sy uf allne viere mir si informiert schtudiert etabliert jede nummeriert sortiert kontrolliert üses frässe importiert u aromatisiert d’schtrasse asphaltiert dr räschte zuebetoniert d’prognose si guet mir bruche kei hilf mir hei alles im griff u schtöh glych im schilf mir schaffe für üsi sicherheit u nid für ds frässe mir schaffe dass mir schaffe dass mir ds dänke vergässe mir bügle dass mir üs d’freizyt chöi leischte mir chrampfe chrüpple grüble, ömu di meischte mir mache wyter mache düre u für ds chopfweh z’stille schlückemer vili vili bunti partypille es isch üs langsam z’höch mir tüe nüt drglyche niemer git’s zue nid die arme nid die ryche houptsach mir gloube alli dra u si froh d’perschpektive isch wichtig nume so chasch wytercho alles probiere ergründe u verschtah jedes detail tschegge nüt wird usseglah d’wält zu üsne füess es wachst üs alls übere chopf zueversicht mir mache wyter bis zum grosse chlapf mir gschpüre üs nümm aber mir chöme drus mir luege nid linggs nid rächts nei gradus wyter immer wyter immer höcher u breiter mir boue e turm vilech schteiter vilech gheiter

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20 Läbeslouf hm-clan Über dem Ostinato eines traditionell kirchlichen Hallelujas wird aus dem eigenen Lebenslauf erzählt. Auch wenn niemand, keine Sau, an einen denke, so gibt es doch Reime gleichsam als Zuspruch Gottes. Aus Gottes Sicht formuliert, nach der Offenbarungsformel an Mose am Sinai: «Ich bin der, als wer ich sein werde», für dich, für alle, an die sonst keiner denkt. Ausgeblendet, später käme die Bibel als Brief Gottes an den Mensch). Die Gruppe hm-clan versucht im Großraum Bern eine Art Hauskirche für Hip-Hopper aufzubauen. Auch für andere Konfessionen werden schon Hip-Hop-Jugendgottesdienste angeboten. Ein anderer Rap der Gruppe beginnt mit der Bitte um ein «Einfach-Ticket». Wohin? Ins Paradies. Wenn es so einfach wäre… Die Sänger wollten nicht mehr lange suchen, sondern ein One-Way-Ticket in den Himmel buchen. Hier liegt die Problematik dieser Art Songs. Das Weltbild ist etwas gar schwarz-weiß: aufgeblähte Magengeschwüre stammen vom Satan, Erleuchtung vom Kreuz. Fragen werden keine gestellt, sondern Antworten gegeben: Die Bibel sei doch Wahrheit, trotzdem verstaube sie. Hier stellen nicht Hip-Hopper die Frage nach Gott, sondern Christen rappen ihr Bekenntnis, immerhin nicht in frommer, sondern ungeschminkter Sprache. Zu hören etwa ist ein Song über Christus, wie er am Kreuz verprätscht wurde. Die Kirche ist seine Crew, die auf einen Himmel hofft, wo’s voll abgeht. Ids wär’s auso sowit, du wosch di wieder neu usrichte, tuesch sit X Jahre dini Bewärbigs-Ungerlage dir z’wider wieder füre näh, sä wieder neu belichte. Vier, füf Sätz zum ne Läbeslouf dichte. 1981 hesch du zum auer-erschte Mau, ds Sunneliecht erblickt u di somit idere Wäut iklickt. D’Eutere hei di bewacht di ganzi Nacht – scheiss egau; si hei di bestunt und stunend engang zuegnickt. Ke Frag z’Lache sig vom Vater, äs chöm genau glich a u ganz schlicht gseng mä Züg a dir vo Muetters Gsicht. Äs Gmisch zwüsche Stouz u Liebi hei si für di gha, doch äbe das sig wäg, schribsch i dire Läbesgschicht. Äs Baby ghört ir Schwitzer Family zum guete Ruef u drzue parallel: Karriere-geil. S’isch wahr, aus het passt sogar di erscht erlernt Bruef, doch äbe dis ICH isch äbe drnäbe dr fählend Teil. REFRAIN: Dä Rhyme isch für di wüu ke Sou a di dänkt u dr Schmärz Satz für Satz i dis Härz vordringt. Dä Rhyme isch für di, wüu i a di ha dänkt, man blib nid stah, fang a mit dire Gschicht. I bi dä wär i bi, we du nümme düre gsesch I bi dä wär i bi, we di niemer versteit I bi dä wär i bi, we ke Grund me hesch I bi dä wär i bi, wes allei nümme geit Tag für Tag hesch di witer entwicklet, vom Baby zum öde, sou-blöde Teenie. Hesch eigeti Asichte u dis Gsicht vou fettä Picklä, grad ids i däm Momänt merksch isch dr Troum verbi. Dis Mami seit zu dir: «Mach Karriere so wie n’ig». Leider tscheggt si’s hüt no nid, dass das nid di Plan isch gsi.

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Us Unzfrideheit het si di jede Tag verwünscht, du sigsch z’dick; u sowieso, sigsch ä Schlampe, sigsch ä Bitch. Ersatz het sich dr Daddy i sim Meiteli erhofft; über dis Mami seit är einzig und allei: «Die cha-mi!» Wie Chatz u Muus hei si ds Spiu vo dr Ehe gspiut, «haut dr Latz», wenigschtens ei Satz wo si sich hei gönnt. Für ä Vater d’Frou spile, vor Muetter gläbt wärde, di Troum, dini Wünsch, ja da tuet sech niemer drum. Stumm, ja so lieb u apasst läbsch dis Läbe, du bisch z’Minus im Plus, rings um au di Lüt drum-um. Nume no furt, wit furt, wäg ine ang’ri Wäut, wo sich öpper interessiert, wär du bisch und di liebt. Für das gisch aus, d’Houptsach isch du wirsch ids nümme quäut, öpper wo die gärn het, di Schmärz im Härz kapiert. Di Fründ het di gliebt, so lang är aus het überbecho, doch dr Held het nid tscheggt was näbem Sex i dir steckt. Gäge di Wunsch, gäge di Wille – plötzlech irgendwo, het ä dunkle Schatte di Läbeslouf zuedeckt. REFRAIN Mit eim Riss, beändisch du di Läbesbricht. Ds beschribene Papier, mit zrügg-blibene Gfüehl i dir, wo di begleite und dis Härz somit zerbricht. Los hie u los dert das verdammte Gliir. Ä düschter-dunkli Wulche beschattet dis Gsicht, ja läck doch mir – hei nume wäg mit dir. Dänksch du, wo di schüchtern Blick dr Spiegu trifft, mit eim Schlag zersplittereter und äs gwitteret i dir inne drin, Glasschärbe rings-um die herum. Wie dr Spiegel isch zerschlage, so hesch dis ICH begrabe… Drum ha-ni d’Bible, mi Brief a di gschribe. I bi dä wär i bi; wär i bi dä bi n’i! REFRAIN

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21 Undercover Jesus Allschwilposse Manches im Hip-Hop hat durchaus kabarettistisches Potential. Die «Allschwilposse» hat aus dem Bonmot, dass, wer in der Schweizer Musikszene Erfolg haben wolle, Berndeutsch singen müsse, eine Posse gemacht, die kaum jemandem auffällt. Hier rappen waschechte Berner nämlich in reinstem Baseldeutsch, so dass, wer es nicht wüsste, ihnen die Rolle der großmäuligen Agglo-Basler abnähme. Allschwilposse ist eine Art Hip-Hop-Kabarett. Mit ihrem Augenzwinkern klingt auch diese Anthologie aus. Zuerst flötet in schülerhaften Tönen ein musikalisches Zitat aus Paul Burkhards berühmter «Zäller Wiehnacht»: Das isch dr Schtärn vo Betlehem. Nur dass hier nicht die Ankunft Jesu besungen wird, sondern seine Wiederkunft. Und, entsprechend dem Jesuswort, dass ihm begegnet werde in den Geringsten und Verstoßendsten, begegnen wir hier einem «Undercover Jesus», in irgend einer Person, manchmal ausdrücklich auch in einer Frau. Und wie im Evangelium wird ungläubig gestaunt: Hier hätten wir ihn sehen können? Der biblische Jesus macht alle nass, gemeint ist wohl: lässt uns nicht unbetroffen. Darum werde das Leben nun dem Herrn Jesus gewidmet, weil bei einem anderen Richter sähe es wohl böse aus… Was wäre nun, wenn ich Jesus-like wiederkäme. Wenn ich seine Wunder wirken könnte? Da würden dann Strafwunder gewirkt, da würde eine Negativ-Folie konstruiert, die nochmals das Spezielle an Jesus deutlich machen könnte.

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Quellennachweis 1 dAS FAMILIeNAlbUM (1998), T 9 © Musikvertrieb ag 2 Tigerony (200#), T 9 © Nation Music 3 Tigerony (200#), T 11 © Nation Music 4 Dorfgschichta (2002), T 10 © Nation Music 5 Normal (2001), T 15 © Universal 6 Mit Liib & Seel (2006), T 9 © Musikvertrieb ag 7 Jede Tag n’Gleiser (1999), T 7 © Unik Records SA 8 7 Jede Tag n’Gleiser (1999), T 3 © Unik Records SA 9 rappers denied (2005), T 4 © Dropalicious 10 Schattakriag (2007), T 2 © Wouso Music 11 Stoppers (1996), T 9 © Phonag 12 Eine vo viele (2007), T 9 © Nation Music 13 Als Chänteds Bärgä versetzä (2005), T 15 © Nation Music 14 solo (2003), T 7 © Nation Music 15 Eis (2003), T 7 © Chlyklass 16 tüüf & gröndig (2006), T 9 © # 17 solo (2003), T 4 © Nation Music 18 I Gega d’Schwiiz (2006), T 8 © Nation Music 19 Fertig luschtig (1996), T 9 © Dan Reusser 20 [drü:eis] (2007), T 12 © hm-clan 21 Easy Rider (2006), T 14 © Sony BMG. Zum Autor der Anthologie Thomas Markus Meier studierte nach der Ausbildung zum Primarlehrer Theologie in Chur und Jerusalem. Er ist kirchlicher Mitarbeiter in der Erwachsenenbildung des Kantons Aargau und Verfasser und Gestalter von drei «Wettinger Passionsspielen». Er tritt auf als Cartoonist und Kabarettist und gilt als «Erster Hip Hop Pfarrer der Schweiz» (20Minuten). An der Universität Tübingen läuft sein Dissertationsprojekt zu Dürrenmatt und dem Zufall. Impressum Konzept, Texte: Thomas Markus Meier Redaktion, Rechte: Thomas Staubli Coverbild: ## Ton und Schnitt: Pierre Kocher Gestaltung: Benny Mosimann, Atelier für Gestaltung, Bern Druck: # Produktion: BIBEL+ORIENT Museum, www.bible-orient-museum.ch Vertrieb: BIBEL+ORIENT Museum, Universität, Av. de l’Europe 20, CH-1700 Freiburg Mit freundlicher Unterstützung von: # Speziellen Dank an Daniel Fehlmann von Nation Music, der in der Schlussphase mit zusätzlichen Song-Tipps der Anthologie einen letzten Schub verpasste.

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1 Wort für Wort g Punkt #:## 2 Los mr zue Black Tiger & Mac Rony 3 Schiinheilig Black Tiger & Mc Rony 4 Monolog Sektion Kuchikäschtli 5 Ich gseh dich Bligg 6 Zeig mir de Wäg Bligg 7 Bruch e Waag Gleis zwei 8 Generation Part II Gleis zwei 9 Antworte Dropalicious 10 Abschiedsbriaf Wouso 11 Es Kameu Stop the Shoppers 12 Naive Siech Shape 13 Äs chunt scho Luut & Tüütli 14 Guet & schlächt Black Tiger 15 Global Greis 16 Chele spele Homies 17 Babylon Black Tiger 18 Üseri Kinder Gimma 19 Breiter Merfen Orange 20 Läbeslouf hm-clan 21 Undercover Jesus Allschwilposse