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Statement Dr. Gerd Backes Wirtschaftspressekonferenz 2013

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Wirtschaftspressekonferenz Chemie-Verbände Baden-Württemberg, Donnerstag, 11. April 2013, Stuttgart

Dr. Gerd Backes, Vorsitzender des Verbandes der Chemischen Industrie e.V., Landesverband Baden-Württemberg

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Sehr geehrte Damen und Herren,

ich werde Ihnen zu den aktuellen Themen, die unserer

Branche wichtig sind, berichten.

Das sind in diesem Jahr

- der Entwurf zum Klimaschutzgesetz Baden-

Württemberg mit dem Integrierten Energie- und

Klimaschutzkonzept und

- die Veränderungen im Erneuerbare Energien-Gesetz

EEG.

Sie sehen, das alles hat mit Energie, mit Energiekosten und

dem Bemühen, diese niedrig zu halten, zu tun. Lassen Sie

mich daher vorweg drei Punkte erläutern.

Klimaschutz.

Er ist – da sind wir uns mit der Politik und allen

ernstzunehmenden Wissenschaftlern einig – notwendig und

sinnvoll. Dabei muss klar sein: Hier sind wir ein Teil der

Lösung, nicht des Problems. Unsere Branche hat seit 1990

ihre Produktion um 60 Prozent gesteigert. Dabei nutzen wir

absolut (!) 20 Prozent weniger Energie. Und der Ausstoß

von Treibhausgasen ist im gleichen Zeitraum um 50

Prozent gesunken.

Wirtschaftspressekonferenz Chemie-Verbände Baden-Württemberg, Donnerstag, 11. April 2013, Stuttgart

Dr. Gerd Backes

Vorsitzender des Verbandes der Chemischen Industrie e.V.,

Landesverband Baden-Württemberg

Sperrfrist: Donnerstag, 11. April 2013, 11:00 Uhr | Es gilt das gesprochene Wort.

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Dr. Gerd Backes, Vorsitzender des Verbandes der Chemischen Industrie e.V., Landesverband Baden-Württemberg

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Dann unsere Produkte.

Sie sind ebenfalls Teil der Lösung – ohne sie geht kein

Klimaschutz, keine Energieeinsparung. Wärmedämmung ist

da ebenso zu nennen wie Leichtbaustoffe für Fahrzeuge

oder spezielle Additive beispielsweise für Spritsparreifen.

Energiekosten.

Unsere Branche gehört zu den energieintensiven Industrien

in Deutschland. Wir spüren jede Veränderung der Kosten,

besonders beim Thema Strom, sofort und deutlich. Und wir

reagieren auch schnell: mit Einsparungen, wenn sie

möglich sind. Mit dem Aufbau eigener

Stromerzeugungskapazitäten, wenn das sinnvoll ist. Aber

auch durch Investitionsentscheidungen gegen den teuren

Standort, wenn es notwendig ist.

Landesklimaschutz-

gesetz und

Integriertes Energie-

und

Klimaschutzkonzept

Wir haben daher, was das Landesklimaschutzgesetz

angeht, eine Grundsatzforderung an die Politik:

Es darf durch ein regionales Klimaschutzgesetz keinesfalls

zu Mehrbelastungen für die hiesige Industrie kommen.

Zum Hintergrund: Das Landesklimaschutzgesetz soll der

Rahmen sein. Es wird durch das Integrierte Energie- und

Klimaschutzkonzept ausgefüllt. Das basiert in seinen sehr

konkreten Zielen und Vorgaben auf einem von der

Landesregierung in Auftrag gegebenen Gutachten. Über

diese Gemengelage sprechen wir.

Was ist bislang im Entwurf des Gesetzes und des

Konzeptes vorgesehen?

Es werden unter anderem verpflichtende und allein auf

Baden-Württemberg bezogene Klimaschutzziele

festgeschrieben.

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So soll auf Basis der Daten von 1990 der Ausstoß von

Klimagasen bis 2020 um ein Viertel reduziert werden. Bis

2050 soll im Land verbindlich eine 90prozentige Reduktion

erreicht werden.

Im Integrierten Energie und Klimaschutzkonzept wird das

Gesetz mit Sektorenzielen und Maßnahmen konkretisiert.

Dafür hat die Landesregierung ein Gutachten vom Zentrum

für Sonnenenergie und Wasserstoff-Forschung Baden-

Württemberg anfertigen lassen.

Dort steht beispielsweise: Die CO2-Emissionen der

Haushalte sollen bis 2050 gegenüber 2010 um bis zu 98

Prozent reduziert werden.

Dort sind auch für Industrie feste Minderungsziele beim

absoluten Energieverbrauch festgelegt – im Detail:

Ausgehend von einem Verbrauch von 64,4

Terrawattstunden im Jahr 2010 soll hier der

„Endenergieverbrauch der Industrie“ im Land gesenkt

werden. 2020 sollen es 55,6 Terrawattstunden im Jahr sein,

2050 nur noch 43,1 Terrawattstunden.

Nun hat die Industrie ein eigenes Interesse, bei steigenden

Energiekosten den Verbrauch zu senken. Und das haben

wir schon immer so gemacht:

1990 brauchte die Industrie im Land für ihre Produktionen

67,5 Terrawattstunden. Diesen Verbrauch haben die

Unternehmen in den nächsten 20 Jahren quasi konstant

gehalten! Die Wirtschaftsleistung nicht:

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Ihre Umsätze hat die Industrie im Land allein von 1995 bis

2010 um fast 49 Prozent gesteigert.

Da ist eine Menge an Energieeffizienz verwirklicht worden.

Zur Erinnerung: Die Vorgaben sind Ausschnitte aus dem

Gutachten, das für die Landesregierung die

wissenschaftliche Basis des Integrierten Energie- und

Klimaschutzkonzept bildet.

Eine Reduzierung des absoluten Energieverbrauches in

dem geplanten Maße würde allerdings das Wachstum im

Land deutlich bremsen. Hinzu kommt, dass wir weder im

Gutachten noch im Konzept nachvollziehbare Maßnahmen

oder Hinweise gefunden haben, wie diese Vorgaben

wirtschaftlich vertretbar umgesetzt werden sollen.

Unterm Strich müsste die chemische Industrie, wenn es

nach den Gutachtern geht, schon bis 2020 komplett auf den

energetischen Einsatz von Mineralöl verzichten. Kohle und

Erdgas müssten deutlich gegenüber erneuerbaren Energien

zurückgefahren werden. Das ist vielleicht wünschenswert,

aber nicht leistbar und vor allem nicht bezahlbar.

Klimaschutzvorgaben gibt es bereits auf europäischer und

auf Bundesebene. Vor dem Hintergrund unterschiedlicher

industrieller Strukturen und wirtschaftlicher Entwicklungen

sind dort bewusst keine absoluten regionalen CO2-

Minderungsziele definiert. Eine Vorgabe, in einem auf ein

Bundesland begrenzten regionalen Raum absolut den

Energieverbrauch zu senken, ist dort nicht zu finden.

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Hinzu kommt: das Gesetz als Ganzes ist nicht notwendig.

Das bestätigt uns ein Rechtsgutachten, das der

Landesverband der baden-württembergischen Industrie auf

Anregung und mit ausdrücklicher Unterstützung des VCI in

Auftrag gegeben hat.

Gutachter war der renommierte Verwaltungsrechtler Prof.

Dr. Martin Beckmann aus Münster.

Die wichtigsten Punkte: um die im Gesetz genannten Ziele

zu erreichen, wäre auch eine politische Absichtserklärung

der Landesregierung ausreichend.

Das wäre flexibler und weniger bürokratisch, für die

Verwaltung, besonders aber für die Unternehmen. Also: das

Gesetz ist als solches unnötig.

Hinzu kommt, dass verbindliche

Treibhausgasemissionsminderungsziele auf Landesebene

unzulässig sind. Der Gutachter hat festgestellt, dass

beispielsweise für die Unternehmen, die dem

Emissionshandel unterliegen, das Gesetz gar nicht

anwendbar ist – gleiches gilt für die, die

genehmigungsbedürftige Anlagen nach

Bundesimmissionsschutzgesetz betreiben. Zahlreiche

Details zu diesen und weiteren Kritikpunkten im Entwurf

sind im Gutachten nachzulesen.

Grundsätzlich gilt:

Klimaschutzvorschriften im Regionalen können nur dann

sinnvoll wirken, wenn sie Bereiche betreffen, in denen sie

tatsächlich Einfluss nehmen können. Dazu gehört

beispielsweise der private Bereich, der nicht im globalen

Wettbewerb steht.

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Die Wohngebäudesanierung ist so ein Punkt.

Anders ist es bei der global agierenden Industrie. Bei

regionalem Klein-Klein entsteht ein klarer Standortnachteil

für die Unternehmen in Baden-Württemberg.

Wir sind überzeugt davon, dass Klimaschutzbemühungen

auf den Abschluss verbindlicher internationaler

Klimaschutzabkommen gerichtet werden müssen.

Förderung der

energetischen

Wohngebäude-

sanierung

Regionaler Klimaschutz per Gesetz kann nur dort wirken,

wo ein Ausweichen nicht möglich ist – und wo es sich für

den Energienutzer lohnt.

Daher ist ein aus unserer Sicht besonders effektiver Ansatz

die energetische Gebäudesanierung privater

Wohngebäude. Dieser Punkt ist auch im Energie- und

Klimaschutz-Konzept prominent hervorgehoben. Das ist

sinnvoll und notwendig. Aber dem müssen auch Taten

folgen.

Denn die Bundesregierung hatte ursprünglich vorgesehen,

von 2012 an ein Fördervolumen von 1,5 Milliarden Euro

dafür sicherzustellen. Im Zuge der Gesetzgebung zur

Energiewende wurde das Gesetz leider nicht vom

Bundesrat gebilligt. Die entsprechenden Verhandlungen

zwischen Bundesregierung und Bundesländern im

Vermittlungsausschuss sind vorerst gescheitert. Hier kann

eine Landesinitiative durchaus helfen.

Wir sprechen ganz klar auch im Interesse unserer Branche:

Klimaschutzprodukte, gerade für den Wohnungsbau und

die Sanierung, kommen in Qualität und Quantität aus

Deutschland, aus Baden-Württemberg.

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Das lohnt sich – für den Anwender, für den Hersteller, für

den Staat und natürlich für das Klima.

Sichere und

bezahlbare

Energieversorgung

Unsere Branche ist energieintensiv. Das ist bekannt. Aber

auch wenn sie das nicht wäre, hätten wir – wie jede andere

exportorientierte und global tätige Industrie mit

nennenswerter Produktion – ein Problem mit den

Energiepreisen im Land. Denn sie steigen insbesondere

durch die überproportionale Förderung der erneuerbaren

Energien in Deutschland – die durch Aufschläge auf den

Strompreis finanziert wird.

Daher ist das Thema einer sicheren und vor allem auch

bezahlbaren Energieversorgung von großer Bedeutung für

die chemische Industrie.

Die Politik stellt hier die Weichen und will neue

Rahmenbedingungen durch eine Reform des Erneuerbare

Energien-Gesetz – kurz EEG – schaffen. Bislang sind da

nur Absichten erklärt worden – auf konkrete Ergebnisse

warten wir immer noch.

Das Ziel des EE-Gesetzes ist, die erneuerbaren Energie zu

fördern. Wer in erneuerbare Energien investiert, bekommt

eine unglaubliche Investitionssicherheit: bis zu 20 Jahre

lang kann mit staatlich garantierten Erträgen geplant

werden. Damit das funktioniert, werden die Nutzer

„konventioneller“ Energie belastet und verlieren je nach

Kassenlage ihre eigenen Investitionsgrundlagen.

Das schafft Probleme, denn nirgendwo in der Welt ist die

Zusatzbelastung der Industrie durch den Ausbau

erneuerbarer Energien so groß wie in Deutschland.

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Allein die Chemie muss im laufenden Jahr trotz

Entlastungen wie der besonderen Ausgleichsregelung

(auch Härtefallregelung genannt) mehr als 800 Millionen

Euro zusätzlich zahlen.

Durch falsche Anreize im Fördersystem des EEG steigen

die Kosten 2013 auf insgesamt 20 Milliarden Euro pro Jahr.

Das belastet uns alle - private wie industrielle Verbraucher.

Damit schaden wir der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen

Wirtschaft.

Im Übrigen: von der Härtefallregelung profitieren nur wenige

besonders energieintensive Chemieunternehmen. Die

meisten zahlen die volle EEG-Umlage. Dies gilt gerade für

den Chemie-Mittelstand, der in Baden-Württemberg die

Mehrheit der Unternehmen ausmacht.

Eine Neuregelung ist also längst überfällig. Der Vorschlag,

der bislang ohne greifbare Ergebnisse diskutiert wird, ist

grundsätzlich richtig: die Förderung muss eingeschränkt

werden. Der Weg dahin – mit geplanten Mehrbelastungen

der energieintensiven Unternehmen in Höhe von 700

Millionen Euro – ist dagegen falsch.

Wir haben bei der Energieversorgung auch in anderen

Bereichen mit Mehrbelastungen zu rechnen. Durch den –

notwendigen! – Ausbau der Stromnetze sind auch

Steigerungen bei den Netzentgelten zu erwarten. Die

Kosten für den Bau konventioneller Kraftwerke werden in

die Energiepreise einfließen. Neue Pumpspeicherwerke

kosten zusätzlich Geld.

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Daher ist klar:

Die Besondere Ausgleichsregelung, die Härtefallregelung, in

der jetzigen Form für stromintensive Unternehmen muss

erhalten bleiben. Aber zusätzlich muss jede Reform des

EEG auch die bereits heute bestehende Überlastung

derjenigen Unternehmen berücksichtigen, die die Kriterien

der Härtefallregelung nicht erfüllen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.