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KUNST Theatergruppe Friedrichsdorf Yasmina Reza Komödie

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”KUNST”

Theatergruppe Friedrichsdorf

Yasmina Reza

Komödie

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Theatergruppe Friedrichsdorf

”KUNST”“ART”

Komödie von Yasmina Reza

Spielzeit 2004/2005

Marc Rainer KreminSerge Klaus Waldschmidt

Yvan Rainer Henrici

Regie Heidi EnslinRequisite & Kostüme Brigitte Arnold

Bühnenbild & Technik Heiner Enslin, Erhard MüllerMaske Maren Ernst-von-Mezey

Souffleusen Uschi Glassner, Marion Schüllner

Aufführungsrechte: Theater-Verlag Desch GmbH, MünchenTitel der französischen Originalausgabe: “Art”, Deutsch von Eugen Helmé

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Wunderbar ist die leereLeinwand — schöner alsmanche Bilder. EinfachsteElemente. Gerade Linie,gerade schmale Fläche:hart, unentwegt, sichrücksichtslos behauptend,scheinbar selbstverständ-lich ... Jede Linie sagt: „Ichbin da!” Sie behauptetsich, zeigt ihr sprechendesGesicht — horcht! „Horchtauf mein Geheimnis!”

Wassily Kandinsky

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MARC

Mein Freund Serge hat sichein Bild gekauft: 1,20 auf1,60 — schneeweiß. Und erhat 200.000 Francs dafür be-zahlt. Man stelle sich das vor:so viel Kohle für ein weißesBild! Als er es mir gezeigthat, musste ich einfach la-chen. Ich habe es „eineScheiße“ genannt. Das hatihn wohl sehr gekränkt.Dabei habe ich doch nur mei-ne Pflicht getan. Schließlichist unter Freunden Ehrlichkeitdas erste Gebot, finde ich.

Sicher, wir haben uns in letz-ter Zeit seltener gesehen —er verkehrt ja jetzt in derbesseren Gesellschaft, ist„Kunstliebhaber“ geworden.

Ich glaube, diese Leute haben ihn total verändert. Wenn erwenigstens zugegeben hätte, dass das Bild nichts weiter istals eine weiße Leinwand, und dass er das Ding nur gekaufthat, weil der Maler gerade „in“ ist. Dann hätten wir ge-meinsam über seine Verrücktheit gelacht und alles wärefein. Stattdessen hält er mir einen Vortrag über die„Vibration der Monochromie“, stellt mich als ignorantenDummkopf hin, sagt, ich solle Senecas „Vom glücklichen Le-ben“ lesen und findet es plötzlich wichtig, „ein Mensch sei-

Rainer Kremin als Marc

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ner Zeit“ zu sein. Früher haben wir uns über solchenQuatsch lustig gemacht. Warum kann Serge nicht mehr mitmir lachen?

Ich glaube, ich hätte besser auf ihn aufpassen müssen.Jetzt habe ich ihn wohl verloren. Er hat mich ersetzt, er-setzt durch ein weißes Bild, dessen Maler ich nicht kenne,und durch eine Lebenseinstellung, die ich nicht teile. Dabeiwar er doch immer so stolz darauf, mein Freund zu sein,weil ich ganz anders war als alle anderen. Und jetzt? Jetztrennt er diesen anderen hinterher, und um denen zu gefal-len, kauft er ein Bild, das nichts zeigt. Ja, ich hätte besserauf ihn aufpassen müssen, aber jetzt ist es wohl zu spät.

Und Yvan fällt mir auch noch in den Rücken. Er sagt, er se-he „feine Linien“ und spüre beim Anblick des weißen Bildes„Vibrationen“ — so ein Blödsinn. Das sagt er nur, weil er essich nicht mit Serge verderben will oder, schlimmer noch,weil ihm sowieso alles egal ist. Je mehr ich darüber nach-denke, desto mehr glaube ich an die zweite Variante. Undaußerdem hat er momentan nur seine Hochzeit im Kopf —auch so eine Schnapsidee: heiratet die Nichte seines Chefs.Alles nur Berechnung … oder Bequemlichkeit. Na ja, einWeichei ist er ja immer schon gewesen, mit seiner Mama,seinem Psychiater und seinem Verständnis für alles und je-den. Und anstatt mir zu helfen, Serge zur Vernunft zu brin-gen, schlägt er sich auf dessen Seite …

Mit Yvan konnte Serge lachen, ausgerechnet mit Yvan, demLangweiler. Jetzt haben sie sich zusammengetan und be-haupten, ich hätte keinen Humor. Und ich? Ich stehe ganzallein da. Verdammt, ich hätte besser aufpassen müssen.

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SERGE

Ich habe mir ein Bild gekauft — einen Antrios aus denSiebzigern, sehr bekannter Maler. Auf den ersten Blick ist esweiß. Doch beim näheren Hinsehen spürt man die„Vibration der Monochromie”. Der Galerist sagte: „Mono-chrome Bilder verweigern jegliche Aussage zur Außenweltund eröffnen gerade damit unendlich viele Deutungen, de-finiert durch die Gedankenwelten des Künstlers ebenso wiedurch die Fantasie des Betrachters und durch den Ort, andem sie hängen. Trotz oder gerade wegen ihrer nihilisti-schen Autonomie erlangen Sie erst durch den Betrachterund durch ihr Umfeld eine Bedeutung.” Das gefällt mir.

Marc kann das nicht verstehen. Er hat den Preis erfragt undsich sofort ein Urteil gebildet. Ich streite nicht ab, dass derAntrios mein Budget ein wenig übersteigt, aber wenn nötig,gibt es einen Interessenten, der mir mehr bietet als ich be-zahlt habe. Marc hat den Antrios „eine Scheiße” genanntund mich ausgelacht. Wie konnte er nur. Dass er das Bildnicht schätzt, kann ich akzeptieren, aber die Arroganz, mitder er lachte und „eine Scheiße” sagte, kränkt mich. Ichglaube, er hat es sich nicht richtig angesehen. Oder, nochschlimmer, er hat es sich angesehen und nichts empfunden.Aber selbst dann: So behandelt man seinen Freund nicht.Verständnis und unbedingte Sympathie sind doch die ober-sten Gebote einer Freundschaft, oder sehen Sie das anders?

Stets habe ich bewundert, dass Marc anders war als ande-re. Dabei ist mir nie aufgefallen, dass er sich für das Maßaller Dinge hält. Ich fürchte, Marc ist irgendwann stehenge-blieben. Er kann und will sich nicht weiterentwickeln. So

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ein sturer Mensch! Als ich ihmSeneca empfohlen habe, war erbeleidigt. Dabei wollte ich ihm nurhelfen, weil er sagte, es fehle ihman Gelassenheit. Und ständigschluckt er dieses Medikament,das ihm seine Frau empfohlen hat— diese Ehe war ohnehin einFehlgriff. Ich mochte Paula nie.

Yvan ist anders als Marc. Ich glau-be, der Antrios hat ihm gut gefal-len. Er spürte die Vibration sofort.Allerdings ist Yvan leicht zu begei-stern — ein netter Kerl, aber kon-turlos. Das beweist schon seineUnterwürfigkeit gegenüber seinerMutter und die Kritiklosigkeit, mitder er seinem Psychiater begegnet. Und dann dieseHochzeit … in höchstem Maße überflüssig. Aber eines mussman ihm lassen: Er versucht ernsthaft, Marc und mich zuversöhnen. Das macht ihn sympathisch, obgleich er manch-mal mit seinem Verständnis für alles und jeden recht stra-paziös sein kann.

Eigentlich fühlte ich mich Marc stets mehr verbunden alsYvan, aber seitdem ich den Antrios gekauft habe, bin ichnicht mehr sicher, ob Marc noch mein Freund sein möchte.Auf alles, was ich sage, reagiert er gereizt; und alles, wasich tue, macht er lächerlich. Dabei haben wir uns einmalsehr gut verstanden. Ich möchte Marc nicht verlieren. Ichsollte mir etwas einfallen lassen.

Klaus Waldschmidt als Serge

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YVAN

Meine Freunde Marc und Sergestreiten sich wegen einesBildes. Vor ein paar Tagen kamMarc zu mir. Er wirkte ziemlichangespannt und druckste so her-um. Dann hat er erzählt, dass ersich mit Serge gestritten hat,weil der sich ein Bild gekaufthat, das Marc nicht gefällt. Marcschien sich richtig Sorgen ma-chen. Er hat sich furchtbar auf-geregt und gesagt, er glaubt,dass Serge mit diesem Bild eineDummheit gemacht hat — es warnämlich unheimlich teuer. Unddann meinte er noch, dass Sergejetzt ganz anders ist und seinenHumor verloren hat.

Ich wollte erst mal hören, was Serge dazu sagt, und habeihn besucht. Er hat gleich das Bild geholt, damit ich es miranschauen kann. Es ist weiß und hat ganz feine Streifen. Ichhabe sie erst gar nicht bemerkt, aber Serge hat sie mir ge-zeigt. Und dann hat er auf einmal losgelacht, und ich muss-te auch lachen. Ist ja auch lustig … so viel Geld für ein wei-ßes Bild. Wie kommt Marc eigentlich darauf, dass Serge kei-nen Humor hat? Ich glaube nicht, dass ich mir so ein Bildaufhängen würde, aber wenn Serge es mag und soviel Gelddafür ausgeben will, dann soll er doch … Jeder kann dochschließlich machen was er will, oder?

Rainer Henrici als Yvan

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Marc und Serge waren richtig sauer aufeinander. Ich habedann gedacht, wenn wir alle zusammen Essen gehen, ver-tragen sie sich wieder. Aber als ich dann zu spät zu unsererVerabredung gekommen bin, ging es richtig rund. Sie warentotal wütend: zuerst aufeinander und dann auf mich. Dabeikonnte ich gar nichts für meine Verspätung.

Ich hatte Ärger mit meiner Stiefmutter, wegen der Einla-dungskarten. Ich heirate nämlich in ein paar Tagen. Cathe-rine ist ein nettes Mädchen. Ihr Onkel hat mir einen Job inseiner Papierfirma besorgt. Bisher war ich ja in der Textil-branche, aber er versucht es trotzdem mit mir. Ich findedas sehr nett von ihm. Jedenfalls gab es Ärger mit meinerStiefmutter … Ist doch klar, dass das wichtiger war, alspünktlich zu unserer Verabredung zu kommen. Ich weiß garnicht, warum die dann plötzlich auf mich losgegangen sind.Richtig beleidigend sind sie geworden und sogar handgreif-lich … aber wahrscheinlich waren sie so wütend aufeinan-der, dass sie mich einfach als Ventil gebraucht haben.

Ich werde das nächste Woche mal mit Finkelzohn bespre-chen. Finkelzohn ist mein Psychiater — ein guter Mann, hatmir sehr geholfen. Neulich hat er etwas so Kluges gesagt,dass ich es mir aufschreiben musste: „Wenn ich ich bin,weil ich ich bin, und wenn du du bist, weil du du bist, binich ich und du bist du. Wenn ich hingegen ich bin, weil dudu bist, und wenn du du bist, weil ich ich bin, dann bin ichnicht ich und du bist nicht du.” — Großartig, nicht wahr?

Ich glaube, das heißt, dass jeder er selbst sein muss. Ichfinde jedenfalls, dass Serge und Marc sich wieder vertragensollten. Sie sind doch schließlich Freunde.

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SZENEN EINER EHE?

Unberechtigt ist die Frage nicht, weshalb Serge, Marc undYvan miteinander befreundet sind. Hat Yasmina Reza, wiein Komödien nicht unüblich, ein im wahren Leben eher un-wahrscheinliches Zusammentreffen völlig unterschiedlicherMenschen konstruiert, um auf diese Weise die Zuschauer zuunterhalten? Dafür spricht immerhin, dass im Stück Hinweiseauf die gemeinsame Vergangenheit der drei eher spärlichsind. Man erfährt weder, woher sie sich kennen, noch wassie in früheren Jahren gemeinsam erlebt haben.

Dagegen spricht aber, dass diese Erklärung reichlich simpelwäre. Plausibler ist etwas anderes: So unterschiedlich sichSerge und Marc heute geben, so ähnlich müssen sie in frü-heren Jahren einmal gewesen sein. So sieht es auch Marc,der auf die gemeinsame Wertschätzung für den begnadetenSpötter Paul Valéry hinweist und sich sicher ist, dass Sergezum Antrios in früheren Jahren kaum eine andere Meinunggehabt hätte als er selbst.

Damit wird der Kern des Problems deutlich: Offensichtlichhaben sich die beiden im Laufe der Zeit auseinanderentwi-ckelt, und was es früher einmal an Gemeinsamkeiten gab,ist heute entweder nicht mehr wichtig oder nicht mehr vor-handen. Marc ist noch immer der Marc von früher (wie auchYvan noch immer derselbe ist), aber Serge ist ein anderergeworden. Er orientiert sich neu, liest Seneca, verkehrt inden „besseren Kreisen”, findet es auf einmal chic, ein mo-nochromes Bild zu besitzen und versucht, mehr oder weni-ger überzeugend zu erklären, warum ihn das Werk beein-druckt.

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In vielem erinnern die beiden an ein altes Ehepaar. DerZuschauer erfährt, dass sich die Freunde seit fünfzehn Jah-ren kennen, und genauso geben sie sich auch. Man hat sei-ne Marotten kultiviert (von denen auch Marc nicht frei ist,der auf das Beruhigungsmittel Gelsemium schwört), strei-tet sich über eine Kleinigkeit, die zur Grundsatzfrage wird,und reagiert ebenso eifersüchtig auf ein weißes Bild wie aufdas Hobby oder den Beruf des Partners. Und dass sich Sergeund Marc über die angebliche Gleichgültigkeit Yvans bekla-gen, ist auch etwas, das langjährigen Beziehungen nichtfremd ist.

So bietet Yasmina Rezas Stück für jeden etwas: für den ei-nen eine zuweilen an Loriot erinnernde Komik und für denanderen Anschauungsunterricht über ganz normaleEntwicklungen in langjährigen Beziehungen — allerdingsnicht am Beispiel eines klassischen Ehepaares, sondern amBeispiel dreier Freunde. Sonst wäre es auch zu offensicht-lich.

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„ACHTUNG, MARC BIN ICH!“

Sie ist schön, charmant und geist-reich — und die meistgespielte Dra-matikerin der Welt. Ihren Werde-gang nennt sie banal: geboren inParis, wohlhabende Eltern, harmo-nische Kindheit, Schule und Studi-um in Paris, keine Reisen. Als wirk-lich prägend bezeichnet sie ihre

Herkunft. Ihr Vater stammt von spanischen Juden ab, diesich in der persischen Provinz Buchara, dem heutigen Usbe-kistan, niederließen. Er wurde in Moskau geboren und kamüber Berlin nach Paris, wo er seine Frau, eine ungarischeViolinistin kennenlernte. Kunst und Kultur waren im HauseReza allgegenwärtig.

Das Geschichtsstudium gab sie recht schnell wieder auf undschrieb sich in Nanterre zunächst für Soziologie ein, umdann ins Theaterfach zu wechseln: „Alles war herunterge-kommen dort, die Gebäude wie die Professoren, das passtemir sehr gut, ich war Studentin, und das Filminstitut gefielmir. Von da an strebte ich einen Abschluss in Theaterwis-senschaft an.“ Es folgten erste Rollen in modernen Theater-stücken und bald die Gewissheit, dass das Schreiben, „dasErforschen des Menschlichen“, die wichtigste Rolle in ihremLeben spielen würde. Für ihr erstes Stück „Gespräche nacheiner Beerdigung“ und für „Kunst“ erhielt sie den PrixMolière, den französischen Theater-Oskar.

Ihre Stücke seien „mehr oder weniger autobiographisch“,sagt Yasmina Reza. Grund dafür ist sicher ihre Überzeu-

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gung, dass man wirklich gut nur über seine eigenenObsessionen schreiben kann. Sie hält sich für unfähig, überMenschen zu schreiben, deren Probleme sie nicht in sichträgt. „Ich liebe fröhliche Leute, unter der Bedingung, dasssie manchmal leiden und verzweifeln. Das entspricht mei-nem Weltbild: tragisch und komisch.”

Yasmina Reza über „Kunst“ „Es geht um den Menschen … und man kann sogar so weitgehen, zu sagen, dass (mit dem Bild) eine Freundschaft be-schrieben ist. … Für mich ist ein zentraler Satz: Der Schneefällt. Fällt, bis der Mann verschwindet und seineUndurchschaubarkeit wiederfindet. Diesen Freund, den erfünfzehn Jahre lang gekannt hat, versteht er plötzlich nichtmehr. … Für mich ist dieses Ende sehr traurig, sehr pessimi-stisch. … Viele Leute haben es optimistisch gesehen. … Fürmich ist es Marcs Tragödie. … Für die meisten Leute ist Marcdie unsympathischste Figur. … Die wenigsten identifizierensich mit ihm. Ich habe den Schauspielern immer gesagt:Achtung, Marc bin ich.“

Stücke:Gespräche nach einer Beerdigung (1987)Reise in den Winter (1989)Jascha (1992)Kunst (1994)Der Mann des Zufalls (1995)Drei Mal Leben (2000)Ein spanisches Stück (2004)

RomaneDas Hammerklavier (1997)Eine Verzweiflung (1999)Adam Haberberg (2003)

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Verstärkung gesuchtSo sieht es bei uns zum Glück nicht aus, aber Verstärkungbrauchen wir immer — auf der Bühne und dahinter. SprechenSie uns nach der Vorstellung an oder kommen Sie zu einerunserer Proben.Mehr erfahren Sie von Uschi Glassner, Tel. 06172/72952 oderaus dem Internet, www.theatergruppe-friedrichsdorf.de

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Die Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder,sondern macht sichtbar.

Paul Klee

Kunst ist ein kompliziertes Phänomen.Wassily Kandinsky

Kunst ist eine Harmonie, die parallel zur Natur verläuft.Paul Cezanne

Kunst ist ein hartes Geschäft, und man geht draufoder man schafft's.

Daniel Spoerri

Die Kunst mag ein Spiel sein,aber sie ist ein ernstes Spiel.

Caspar David Friedrich

Kunst hat mit Geschmack nichts zu tun.Kunst ist nicht da, dass man sie „schmecke”.

Max Ernst

Was ist die Kunst so seltsam und sonderbar!Denis Diderot

Das offensichtlichste Merkmal eines Kunstwerks läßt sichmit dem Wort Nutzlosigkeit wiedergeben.

Paul Valéry

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MONOCHROMIEKeine Kunstrichtung wurde so kontrovers diskutiert wie diein den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts entstandene Mono-chromie.

Die Zahl der Befürworter beschränkte sich lange auf einekleine elitäre Gemeinde von Künstlern, Kritikern undSammlern, die sich als Avantgarde verstanden. Währenddas Konzept der Monochromie für sie eine Revolution unddas Schaffen und Betrachten der Bilder eine Art religiöseErfahrung war, sah der Durchschnittskunstliebhaber in deneinfarbigen Bildern nicht nur die extremste Form der ohne-hin vielfach verschmähten Abstraktion, sondern den klarenBeweis dafür, dass der moderne Künstler sein Publikum zumNarren hält.

Die Möglichkeiten der handwerklichen Umsetzung und dieVielfalt der daraus entstehenden Bilder und Objekte sindgrenzenlos. Jegliche Art von Malmaterial wurde (und wird

Ein Flötenspieler im alten Persien begann einesTages, nur einen einzigen, langgezogenen anhalten-den Ton zu spielen. Als er damit nun an die zwanzigJahre lang fortfuhr, gab ihm seine Frau zu beden-ken, dass doch alle anderen Flötenspieler mehrere,harmonische Töne und ganze Melodien zustandebrächten, und dass das doch vielleicht abwechs-lungsreicher sei. Der monotone Flötenspieler aberantwortete, dass es nicht sein Fehler sei, wenn erdie Note schon gefunden hätte, nach der die ande-ren noch immer suchten. Yves Klein

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noch heute) mit Pinseln, Spachteln, Händen oderSprühwerkzeugen auf jedes nur denkbare Trägermaterialaufgetragen, wobei nur eine einzige Farbe, allerdings in un-terschiedlichen Helligkeitsgraden, verwendet wird.

Ebenso grenzenlos sind die dahinter stehenden Konzepteund Theorien. Beispielsweise versuchten Lucio Fontana undYves Klein durch die Monochromie den Eindruck einer unde-finierbaren Räumlichkeit hervorzurufen; Robert Ryman be-vorzugt monochromes Weiß, da es ihm auf die Materialitätder Farbe ankommt, von der er nicht durch Buntheit ablen-ken will; bei Agnes Martin und Günther Uecker dient dieMonochromie der Meditation und steht für das Streben nachRuhe und Harmonie, und in den (frühen) Gemälden vonUlrich Erben, Raimund Girke und Gotthard Graubner stehtder Vorgang des Malens im Mittelpunkt.

Unabhängig von der zugrundeliegenden Theorie haben mo-nochrome Bilder stets polarisiert. Wer heute eine Ausstel-lung von Yves Klein besucht, kann Menschen beobachten,die schmunzelnd an seinen einfarbigen Bildern vorüberge-hen und solche, die den Raum mit einem leicht verwirrtenKopfschütteln verlassen. Aber einige stehen minutenlangvor den monochromen Flächen, bewegen sich ein paarSchritte vor und wieder zurück, kneifen die Augen zusam-men oder legen den Kopf schräg, um die Bilder und Objekteaus verschiedenen Winkeln zu betrachten.

Menschen dabei zu beobachten, wie sie auf monochromeBilder zu- und mit ihnen umgehen, ist nicht weniger inter-essant als das Phänomen der Monochromie selbst.Möglicherweise hat das auch Yasmina Reza gedacht …

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IMPRESSUM

HerausgeberTheatergruppe Friedrichsdorf e.V.www.theatergruppe-friedrichsdorf.de

Mitglied im Landesverband Hessischer Amateurbühnen e.V. und im BundDeutscher Amateurbühnen e.V.

GeschäftsstelleUschi GlassnerEichäckerstraße 261381 Friedrichsdorf/Ts.Telefon 06271/[email protected]

Konzept & TextFremde Federn®Köddermann & Quentel GbRwww.fremde-federn.de

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Lutz Hübner

Gretchen 89ff.Regie: Heidi Enslin

In zehn Szenen erfährt der Zuschauer, wie neurotisch, exzessiv und tragi-komisch es auf den Probebühnen von Theatern zugehen kann. Geprobtwird die „Kästchenszene“ aus Faust I, also die Szene, in der Gretchen denSchmuck entdeckt, den Mephisto in ihrem Haus deponiert hat, und mitdessen Hilfe er ihr Herz für Faust gewinnen will. Unterschiedliche Typenvon Regisseuren toben sich an der Kästchenszene aus und treffen dabei aufverschiedene Exemplare von Darstellerinnen. Da gibt es den hektischen„Streicher“, dem es mühelos gelingt, die ganze Szene auf fünf Sätze zu re-duzieren, den obercoolen „Freudianer“, der Gretchen zum Entsetzen derjungen Darstellerin als Domina sieht, oder den netten, unerfahrenenRegisseur, der an eine echte Diva gerät und an ihr beinahe verzweifelt.

„Gretchen 89ff.“ macht Schauspielern Spaß — vielleicht, weil auch in ih-nen manchmal ein kleiner „Freudianer“ oder ein bisschen „Diva“ steckt.Vor allem aber macht „Gretchen 89ff.“ den Zuschauern Spaß, denn hiergibt es mal wieder richtig ’was zu lachen.

Aufführungstermine:Samstag, 19. Februar 2005 · Garnier's Keller (Premiere)Samstag, 26. Februar 2005 · Rezeptur KronbergSamstag, 12. März 2005 · Hessenpark (Scheune)Freitag, 18. März 2005 · Garnier's Keller

Mehr Informationen über „Kunst”, „Gretchen 89ff.” und die Theatergrup-pe Friedrichsdorf gibt es unter www.theatergruppe-friedrichsdorf.de

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Hör auf, Worte zu machen!Hör auf sein Bild.

Hör auf sein Schweigen!Platon