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Erinnerungsort mit europäischer Dimension Nähert man sich von Trier auf dem Weg nach Hermeskeil oder über die Autobahn A 1 bei Reinsfeld dem Huns- rückdorf Hinzert, weisen Wegweiser auf einen besonderen historischen Ort hin. Es wird angezeigt, dass sich hier eine Gedenkstätte befindet. Fährt man diesen Schildern nach, stellt man bei der Ankunft fest, dass man an einem Friedhof und an einem modernen Haus angekommen ist, die beide an ein ehe- maliges nationalsozialistisches Konzen- trationslager erinnern. Man ahnt kaum, sofern man sich vorher nicht erkundigt hat, dass an diesem histori- schen Ort zwischen 1939 und 1945 Die Gedenkstätte SS-Sonderlager/KZ Hinzert R E T T Ä L B R E T T Ä L B B L Ä T T E R Z U M L A N D EXTRA R H E I N L A N D - P F A L Z

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Erinnerungsort mit europäischer Dimension

Nähert man sich von Trier auf demWeg nach Hermeskeil oder über dieAutobahn A 1 bei Reinsfeld dem Huns-rückdorf Hinzert, weisen Wegweiserauf einen besonderen historischen Orthin. Es wird angezeigt, dass sich hiereine Gedenkstätte befindet. Fährt mandiesen Schildern nach, stellt man bei

der Ankunft fest, dass man an einemFriedhof und an einem modernen Hausangekommen ist, die beide an ein ehe-maliges nationalsozialistisches Konzen-trationslager erinnern. Man ahnt kaum, sofern man sich vorher nichterkundigt hat, dass an diesem histori-schen Ort zwischen 1939 und 1945

Die Gedenkstätte SS-Sonderlager/KZ Hinzert

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mehr als 13.000 Männer aus über 20Ländern inhaftiert waren. Man kommtbeim Blick in die landschaftliche Idyllezunächst nicht auf den Gedanken, dassdiese Gefangenen hier von der SS miss-handelt, zu unmenschlicher Arbeitangetrieben und in vielen Fällen grau-sam getötet worden sind. Eine derersten Informationsschriften der Landes-zentrale für politische Bildung in den1980er Jahren trug zu Recht den Titel„der Friede dieses Ortes täuscht.“ 60 Jahre nach dem Ende des ZweitenWeltkrieges und nach der BefreiungEuropas von der NS-Gewaltherrschaftwurde vom Land Rheinland-Pfalz mitUnterstützung der Bundesregierung dasDokumentations- und Begegnungshausan der Gedenkstätte SS-Sonderlager/KZHinzert gebaut. Die in dem Neubauinstallierte Dauerausstellung informiertüber die Geschichte eines kleinenKonzentrationslagers mit Dokumenten,Fotos, Filmen und vor allem mit zahl-reichen Zeitzeugenberichten. Es ist mitHilfe der Ausstellung möglich, sich eineigenes, erstes Bild von dem Gesche-hen in Hinzert während der Kriegsjahrezu machen. Auf Grund seiner Funktionen im natio-nalsozialistischen KZ-System hatte dasLager eine europäische Dimension er-halten. Dieser internationalen Bedeu-tung trägt dieses GedenkstättenhausRechnung, indem es vor allem an dasSchicksal der Häftlinge aus verschiede-nen Ländern und an die Opfer, die hierihr Leben lassen mussten, erinnert. Esist neben dem NS-Dokumentationszen-trum Rheinland-Pfalz in der Gedenk-stätte KZ Osthofen, das schwerpunkt-mäßig an das frühe KZ Osthofen beiWorms (1933-34) erinnert und einen

Überblick über die NS-Zeit in unsererRegion gibt, der zweite markante Ge-denkort der in Rheinland-Pfalz geleiste-ten Erinnerungsarbeit.

Vom Ehrenfriedhof zurGedenkstätte 1945 – 2005

Der vor dem Dokumentations- undBegegnungshaus befindliche Friedhof,der sog. „Cimetière d’honneur“ („Ehren-friedhof“), wurde 1946 von der franzö-sischen Militäradministration auf demGelände der ehemaligen Wachmann-schaftsunterkünfte angelegt. Hier sind217 Tote begraben, die nach Kriegs-ende nicht in ihre Heimat repatriiertwerden konnten. Er wurde nach undnach zum Ausgangspunkt der Gedenk-stätte. Seit 1958 pflegen Georg Baldyund in der Nachfolge sein Sohn Bern-hard Baldy die Gräber. Zu ihnen hattenviele inzwischen verstorbene Überle-bende des Lagers aus verschiedenenLändern Kontakt, wenn sie an den Ortihrer Gefangenschaft zurückkehrten,um der ermordeten Kameraden zugedenken. Die Friedhofsanlage führtebis in die 1990er Jahre ein Schatten-dasein. Der Charakter des Verborgenenwurde lange Zeit noch durch dieBezeichnung „Ehrenfriedhof“ verstärkt,die bis 1994 verwendet wurde und denHintergrund des Konzentrationslagerseher verschleierte. Erst eine viersprachige Informations-tafel unter freiem Himmel, die im Jahr1997 an der südöstlichen Ecke desFriedhofes aufgestellt wurde, erläutertekurz den historischen Hintergrund derAnlage. Auf Initiative der Landeszen-trale für politische Bildung sowie des

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Fördervereins Dokumentations- undBegegnungsstätte ehemaliges KZ Hin-zert e.V. beschloss der rheinland-pfälzi-sche Landtag mit Zustimmung aller vierFraktionen im Jahr 2002, einen Architek-tenwettbewerb für den Bau eines Doku-mentationshauses durchführen zu las-sen. Unter der Federführung der Bau-abteilung des Ministeriums der Finanzenund in Abstimmung mit der Architek-tenkammer Rheinland-Pfalz wurde eininternationaler Wettbewerb unter Ein-beziehung Luxemburgs, Lothringens,der Wallonie und der deutschsprachi-gen Gemeinschaft in Belgien sowie desSaarlandes und des Landes Rheinland-Pfalz durchgeführt. Aus 28 eingereich-ten Entwürfen wählte eine internationalbesetzte Fachjury, der Architekten,Historiker und ehemalige Deportierteaus Luxemburg und Frankreichangehörten, den Entwurf desArchitekturbüros Wandel-Höfer-Lorch + Hirsch ausSaarbrücken aus.

Mit ihrem Entwurf verfolgten die leiten-den Architekten Prof. Wolfgang Lorchund Nikolaus Hirsch den Grundgedan-ken, die Ambivalenz von heutigerIdylle und vergangenen Verbrechenzum Thema zu machen. Sie wolltenein Gebäude entstehen lassen, „das alsVerwerfung der Landschaft deutlichmacht, dass die Idylle an diesem Orttrügt“. Mit dem Bau wollen sie „einZeichen einer Irritation“ setzen. Die indas Gebäude zu integrierende Ausstel-lung sollte durch Sichtbezug zum Ge-lände des ehemaligen Häftlingslagersgeprägt sein. Dem einstimmigen Votumder Jury stimmten die Landesregierungund die Landtagsfraktionen zu. DasProjekt wurde auch von der Bundes-beauftragten für Kultur und Medienanerkannt. Der gemeinsamen Reali-sierung des Bauvorhabens seitens desBundes und des Landes mit einemKostenvolumen von 3,18 MillionenEUR stand nichts mehr entgegen. Die

Architekten konnten zu Beginndes Jahres 2004 mit demLandesbetrieb LBB in Triermit den Vorbereitungenbeginnen.

Am 4. November 1948 wurden die Kapelle auf dem Gelände der Gedenk-stätte und das oberhalb des Gräberfeldes errichtete Kreuz eingeweiht. Unter den Anwesenden waren neben dem rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Peter Altmeier, der französische Militärgouverneur Hettier de Boislambert sowieder luxemburgische Unterrichtsminister Pierre Frieden (auf dem Foto von links nach rechts) Quelle: Centre de Documentation et de Recherche sur la Résistance, Luxembourg

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Das Dokumentations- undBegegnungshaus

Nach der kurzen Planungs- und Bau-zeit von insgesamt zwei Jahren wurdedas Dokumentations- und Begegnungs-haus im Dezember 2005 fertig gestellt.Der Bau erfolgte auch in Abstimmungmit den Freundeskreisen ehemaligerDeportierter des Lagers Hinzert in Lux-emburg und Frankreich. Die Amicaledes Anciens de Hinzert Luxembourg,die Französische Vereinigung derdeportierten und internierten Wider-standskämpfer und Patrioten FNDIRPin Frankreich, das Bundesarchiv inBerlin, die Landesarchive in Rheinland-Pfalz, das Archiv der FranzösischenBesatzung in Deutschland mit Sitz inColmar, die Museen der Résistance inBesançon und in Esch-sur-Alzette, vieleweitere Einrichtungen und der wissen-schaftliche Fachbeirat unter Leitungvon Prof. Dr. Wolfgang Benz von derTU Berlin unterstützten die Landeszen-trale für politische Bildung bei der Er-arbeitung der Dauerausstellung. Auchder Landkreis Trier-Saarburg, die Ver-bandsgemeinde Hermeskeil und dieOrtsgemeinde Hinzert-Pölert waren anden Vorbereitungen für den Bau desHauses beteiligt.

Neben dem großen Ausstellungsraum,der auch für Veranstaltungen genutztwerden kann, befindet sich ein Seminar-und Besprechungsraum, in dem mitGruppen bis zu 35 Personen gearbeitetwerden kann. Darüber hinaus gibt eseinen Büroraum der Landeszentrale fürpolitische Bildung in dem Gebäude.Das Haus eignet sich für Schulklassen,Jugend- und Erwachsenengruppen ausdem In- und Ausland zur näherenBeschäftigung mit der Geschichte desKonzentrationslagers.

Die Dauerausstellung

In der Mitte des Ausstellungsraumessteht ein Projektionswürfel für Informa-tionen grundlegender Art, die mittelseines Beamers von der Decke auf denWürfel übertragen werden. Hier sindInformationsfilme zum Lager zu sehen,aber auch elektronische Karten zurStellung des SS-Sonderlagers im natio-nalsozialistischen KZ-System abrufbar.Außerdem kann man sich anhandhistorischer Fotos einen Eindruck vomBarackenlager der Häftlinge machen.Der Blick der Besucher/innen beimBetreten des Ausstellungsraumes wirddann auf das große Fenster fallen, das

Außenansicht des Dokumentations- und Begegnungshauses Quelle: NS-Dokumentationszentrum Rheinland-Pfalz

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dem Raum Tageslicht gibt, vor allemaber eine doppelte Funktion für dieAusstellung erfüllt. Durch den Blicknach draußen wird die heutige Realitätdes Geländes sichtbar, auf dem sichdas ehemalige Häftlingslager von 1939bis zur Auflösung des KZ im März1945, und dann auch ungenutzt weiterbis 1946 befand. Man schaut auf Wie-senland, im Hintergrund werden vorwenigen Jahren errichtete Windkraft-anlagen sichtbar. Der Blick ins Freiewird aber gebrochen durch eine aufdas große Fenster angebrachte Foto-grafie des Barackenlagers, die 1946,und zwar ungefähr von der Positiondes heutigen Gedenkstättengebäudes,aufgenommen wurde. So hat man dasehemalige SS-Sonderlager/KZ Hinzertquasi unmittelbar vor Augen, das Bildfügt sich in die heutige eher idyllischeRealität ein. Es wird dem Betrachter deutlich, dassman das Lager während seines Beste-hens von der davor verlaufendenStraße, welche die Orte Hinzert undReinsfeld verbindet, unmittelbar sehenkonnte. Die Unterkünfte des Wachper-sonals lagen auf der anderen, rechtenStraßenseite, dem Häftlingslager gegen-über, wo heute der Friedhof angelegtist.

Die Ausstellung selbst gruppiert sich insieben Themenbereiche. Einen erstenEinblick in die Ausstellung vermittelndie Einführungstexte zu den einzelnenSchwerpunkten:

Geschichte des Lagers

Das SS-Sonderlager/KZ Hinzert bestandin den Jahren 1939 bis 1945. Es wurdeursprünglich als Polizeihaftlager, dann

als „Arbeitserziehungslager“ für amWestwall eingesetzte, im nationalsozia-listischen Sinne straffällig gewordene,Arbeiter der Organisation Todt (OT)errichtet. Während des Zweiten Welt-krieges entwickelte es sich zu einemKonzentrationslager für Deportierte auszahlreichen von der Wehrmacht besetz-ten Ländern. Aufgrund der verschiede-nen Sonderfunktionen, die dem Lagerim Laufe der Zeit übertragen wurden,blieb es bei der Bezeichnung „SS-Son-derlager“, obwohl es vom Wirtschafts-und Verwaltungsamt ab 1942 wie einKonzentrationslager geführt wurde. Ins-gesamt mussten in den sechs Jahrendes Bestehens mehr als 13.000 Männerim Lager unter dem Terror der SS leiden.

Erster Kommandant des SS-Sonderlagers– diese Bezeichnung wurde ab Novem-ber 1939 verwendet – war seit dem 9. Oktober 1939 Hermann Pister. SeineNachfolge übernahm ab Dezember 1941Egon Zill. 1940 war die Stellung desLagers bereits „aufgewertet“ worden,als es zum 1. Juli 1940 dem Inspekteurder Konzentrationslager unterstellt wur-

Lagerkommandant Hermann Pister nach seinerVerhaftung Quelle: Gedenkstätte Buchenwald

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überlebten den Marsch nicht: Wach-männer erschossen einen Franzosen,erschlugen einen Luxemburger undtöteten einen weiteren Luxemburgermit einer Spritze. Beim hessischenLangendiebach wurden die anderennach Buchenwald getriebenen Häftlin-ge befreit. Ein kleiner Teil der Häftlingewar jedoch im Lager unter Aufsicht verblieben. Nachdem sich die letztenWachleute abgesetzt hatten, brachtenihnen amerikanische Soldaten MitteMärz die Freiheit.

Die Häftlinge

Unter dem Vorwurf mangelnder Arbeits-disziplin oder „asozialen Verhaltens“wurden ab 1939 zunächst deutscheArbeiter, die am „Westwall“ oder späterin verschiedenen Betrieben zwangsver-pflichtet arbeiten mussten, in das Lagereingewiesen. Sie sollten dort im Sinneder Nationalsozialisten „umerzogen“werden. Als „Arbeitserziehungslager“fungierte das Lager in Hinzert aber

de. Eine weitere „Aufwertung“ in demKZ-System erfuhr das Lager am 7. Feb-ruar 1942 durch die Zuordnung zumWirtschafts- und Verwaltungshauptamtder SS (WVHA). Dies fiel noch in dieZuständigkeit Zills, der im April 1942als stellvertretender Kommandant zumKZ Natzweiler im Elsass versetzt wur-de. Als dritter Kommandant des LagersHinzert folgte ihm Paul Sporrenberg.Formal behielt das SS-Sonderlager/KZHinzert seine Eigenständigkeit, bis esam 21. November 1944 dem Konzen-trationslager Buchenwald zugeordnetwurde.

Ob die verfügte Unterstellung auchtatsächlich in die Praxis umgesetztwurde, ist jedoch unklar. Ein Luftangriffam 22. Februar 1945 zerstörte Teile desLagers. Das Lager bestand bis zumMärz 1945, als es erst kurz vor demAnmarsch amerikanischer Truppen teil-weise geräumt wurde. Die meistenGefangenen wurden unter Bewachungauf den Weg zum KZ Buchenwaldgeschickt. Mindestens drei Häftlinge

Lagerkommandant Egon Zill Quelle: NS-Dokumentationszentrum Rheinland-Pfalz

Lagerkommandant Paul SporrenbergQuelle: NS-Dokumentationszentrum Rheinland-Pfalz

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nicht nur für deutsche Arbeiter, son-dern während des Krieges auch fürZwangsarbeiter aus den besetzten Ländern. Nach dem Waffenstillstands-abkommen 1940 kamen Deutsche,aber auch Ausländer, die in der franzö-sischen Fremdenlegion gedient hatten,hinzu. So wurden z.B. 437 Fremdenle-gionäre aus dem InternierungslagerFréjus im Juli 1941 nach Hinzert über-führt.

Große Häftlingsgruppen kamen vorallem aus Luxemburg. Die meistenWiderstandskämpfer dieses Landes ließdie Gestapo im nahe gelegenen LagerHinzert einsperren. UmfangreicheTransporte von Häftlingen kamen auchaus Frankreich, Polen und der Sowjet-union in Hinzert an. Die Gefangenenaus Westeuropa waren zumeist politi-sche Widerstandskämpfer. Bei den ost-europäischen Häftlingen handelte essich überwiegend um nach Deutsch-land verschleppte Zwangsarbeiter.

Nach dem vom Oberkommando derWehrmacht am 7. Dezember 1941 her-ausgegebenen „Nacht–und–Nebel“-

Erlass wurden von Mai 1942 bis Okto-ber 1943 fast 2000 zumeist französi-sche, aber auch belgische und nieder-ländische Mitglieder der nationalen Wi-derstandsgruppen nach Hinzert depor-tiert. Die „Nacht–und–Nebel“-Gefan-genen (NN-Deportierte) sollten in ihrerHeimat spurlos verschwinden undunter größter Geheimhaltung nachDeutschland verschleppt werden, umdort einem Sondergericht zur Aburtei-lung zugeführt zu werden. Angehörigeerhielten über den Verbleib der Verhaf-teten keine Information. Für die NN-Häftlinge galt striktes Postverbot. DieNN-Gefangenen kamen zumeist überdas Gefängnis Trier nach Hinzert. Vonhier aus brachte man sie später inandere Strafanstalten (z.B. Wittlich undDiez), die in der Nähe eines Sonder-gerichtes (z.B. Köln, Wittlich) lagen,oder in andere Konzentrationslager.

Im Februar 1943 regelte die SS dieFrage, wie mit polnischen Zwangsar-beitern, die „nordischen Rasseein-schlag“ aufwiesen und verboteneBeziehungen zu einer „reichsdeutschenFrau“ unterhalten hatten, umzugehen

Zum Transport von Holz, Schiefer und Kohle wurden tragbare Kästen verwendet, die die Häftlinge imLaufschritt schleppen mussten. Dies ist ein gestelltes Foto, die Aufnahme stammt von einem bisher unbe-kannten SS-Wachmann. Quelle: NS-Dokumentationszentrum Rheinland-Pfalz

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sei. Polnische Männer, auf welche dieszutraf, sollten auf ihre „Eindeutschungs-fähigkeit“ überprüft werden. Der zeitli-che Rahmen für eine solche Überprü-fung wurde auf sechs Monate festge-legt. Am 4. Juni 1943 erfolgte dieAnweisung, dass diese Gruppe für dieDauer der „Überprüfung“ in das SS-Sonderlager Hinzert zu bringen sei.

Täter und Taten

In den Anfangsjahren seit Herbst 1939bestand die Wachmannschaft ausschließ-lich aus SS-Angehörigen. Ab 1943 kamen Polizisten und Wehrmachtsan-gehörige hinzu. Da immer wieder Auf-seher zum Kriegsdienst abkommandiertoder in ein anderes Konzentrations-lager versetzt wurden, gab es vieleWechsel innerhalb des Wachpersonals.Die Personalstärke schwankte oft, sogehörten z.B. 1940 am Jahresende 197Personen der Wachmannschaft an, imJuli 1944 waren dagegen nur 117Männer im Dienst. Die Zahl der KZ-Wachen wurde jeweils in Folge derverschiedenen Verhaftungswellen mitgrößeren Häftlingsgruppen zeitweiseerhöht und nach Entlassungen oderVerlegungen von Gefangenen in ande-re Lager wieder verringert.

„Allen SS-Angehörigen, gleich welchenDienstgrad sie hatten und welchenBeruf sie ausübten, war gemein ihreRüpelhaftigkeit, ihre Brutalität und eineangeborene Härte; dies alles wurdeverstärkt durch den festen Willen, zueiner gewissen Art Übermensch aufzu-steigen. Alle verachteten sie uns, wobeiman bei ihnen übrigens problemlos soetwas wie eine aus ihrem Minderwer-tigkeitskomplex heraus entstandene

Eifersucht spürte…“ (André Chauvenet,NN-Deportierter vom 10. Oktober 1942bis 1. März 1943 in Hinzert).

Morde in Hinzert

Im SS-Sonderlager/KZ Hinzert sindGefangene einzeln oder in Gruppengezielt erschossen oder mit tödlichenInjektionen ermordet worden. Vieleandere Häftlinge kamen durch brutalsteMisshandlungen um. Prozessakten undAnklageschriften gegen Angehörige derSS-Wachmannschaft enthalten zahlrei-che Zeugenaussagen über Verbrechenvon unvorstellbarer Brutalität undGrausamkeit an den Häftlingen desLagers. So folterte z.B. die SS-Mann-schaft die jüdischen Häftlinge Hanauund Baer und ertränkte sie anschlie-ßend in einem Trog. Sieben Flamen,die an Ruhr erkrankt waren, starben imFrühjahr 1943 durch Misshandlung undEntzug der medizinischen Betreuung.

Die Ermittlung aller Todesopfer des SS-Sonderlagers/KZ Hinzert war bislangnicht möglich. Gesichert sind aufGrund der Forschungen des Luxem-burger Conseil National de la Résis-tance 321 Todesfälle. Es ist davon aus-zugehen, dass nach Kriegsende nichtalle Opfer gefunden werden konnten.

Ermordung sowjetischerKriegsgefangener 1941

Aus dem 300 sowjetische Kriegsgefan-gene umfassenden Arbeitskommandodes Truppenübungsplatzes Baumholderwurden am 16. Oktober 1941 von derGestapo Trier 70 Männer „abgeholt“,um sie einer „Sonderbehandlung“

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zuzuführen. Grundlage dafür war derso genannte „Kommissarbefehl“.Diesem Befehl Hitlers zufolge solltenpolitische Offiziere („Kommissare“), diein der Sowjetarmee für die kommuni-stische Schulung der Soldaten zustän-dig waren, nach ihrer Gefangennahmeermordet werden.Zwei Lastwagen brachten die 70Kriegsgefangenen nach Einbruch derDunkelheit in das SS-Sonderlager/KZHinzert. Den Ahnungslosen gaukelteman vor, sie müssten sich vor einemneuen Arbeitseinsatz einer medizini-schen Untersuchung unterziehen undsich impfen lassen. Einzeln wurden siein die Quarantänebaracke geführt, woihnen jedoch eine tödliche Zyankalilö-sung injiziert wurde. Noch während derNacht verscharrte man die Ermordetenin den bereits vorbereiteten Massen-gräbern, die im Wald versteckt lagen.

Mord an LuxemburgerBürgern nach dem Streikvon 1942

Nachdem am 10. Mai 1940 die deutscheWehrmacht Luxemburg besetzt hatte,verfolgte der Chef der Zivilverwaltung,Gauleiter Simon, eine rigorose Politik.Ziel war es, das Großherzogtum demDeutschen Reich einzuverleiben.Höhepunkt dieser Politik war EndeAugust 1942 die Einführung der Wehr-pflicht zur deutschen Wehrmacht füralle Luxemburger der Jahrgänge 1920–1926. An dem daraufhin ausgerufenenGeneralstreik, der ganz Luxemburgerfasste, beteiligten sich Arbeiter,Beamte, Studenten und Schüler. EinenTag später verhängten die Deutschenden Ausnahmezustand und setzten einStandgericht ein. Es tagte vorwiegend

1946 werden die im Umfeld des Lagers exhumier-ten Toten auf dem neuangelegten Ehrenfriedhof(„cimitière honneur“ – von der französischenMilitärbehörde festgelegter Name) beigesetzt. Quelle: Archives de l’occupation française enAllemagne et en Autriche, Colmar

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Übersichtsplan zur Ausstellung

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nachts im Gerichtsgebäude der StadtEsch und in Luxemburg unter Vorsitzvon Fritz Hartmann, dem Leiter derStaatspolizeileitstelle in Trier und Führerdes Einsatzkommandos der Sicherheits-polizei und des SD in Luxemburg. DasStandgericht sprach zwanzig Todesur-teile gegen willkürlich ausgewählteStreikteilnehmer aus, die in Hinzert inder Zeit vom 2. bis zum 5. September1942 in unmittelbarer Nähe des Lagersvollstreckt wurden.

Ermordung luxemburgischerWiderstandskämpfer

Während verschiedener Razzien imHerbst 1943 verhaftete die deutscheBesatzungsmacht ca. 350 Luxemburgerund ließ sie in das SS-Sonderlager/KZHinzert verschleppen. Die Gestapoging nach ihren anschließendenErmittlungen davon aus, dass bei derbisherigen Praxis des Sondergerichtesbei den anstehenden Verfahren mit 50

Todesurteilen zu rechnen sei. DieGestapo warf den Festgenommenenvor, „Rädelsführer“ des luxemburgi-schen Widerstandes zu sein. Die Ver-hafteten wurden beschuldigt, anderenLuxemburgern, die sich der zwangs-weisen Verpflichtung zur Wehrmachtentzogen hatten und notgelandetenalliierten Piloten geholfen zu haben.

Aufgrund dieses Berichtes berief der Chef der Zivilverwaltung, GustavSimon, Ende Januar 1944 eine Sitzungin Koblenz ein, an der u.a. auch derLeiter des Einsatzkommandos derSicherheitspolizei und des SD in Luxem-burg, Walter Runge, teilnahm. DasErgebnis der Sitzung war, dass dieVerhängung von etwa 50 Todesstrafenzum gegenwärtigen Zeitpunkt als poli-tisch nicht günstig angesehen wurde.Die Ermittlungen sollten deshalb nichtan die Staatsanwaltschaft weitergege-ben und die Zahl der Todesstrafen auf25 reduziert werden. Die Übereinkunftwurde dem Reichssicherheitshauptamt

Blick über das verlassenen Lagergelände, März 1946 Quelle: Centre de Documentation et de Recherche sur la Résistance, Luxembourg

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in Berlin vorgelegt, welches entschied,dass die 25 Luxemburger sofort zu er-schießen seien.

Als Warnung gegenüber dem wachsen-den Widerstand der luxemburgischenBevölkerung wurden am 25. Februar1944 von SS-Hauptsturmführer Runge

unter den Gefangenen 23 Personenausgewählt, die dann beim SS-Sonder-lager/KZ Hinzert ohne Gerichtsurteilerschossen wurden. Zwei weitere fürdie Todesstrafe vorgesehene Häftlingewaren zum Zeitpunkt der Aktion nichtim Lager Hinzert und überlebten.

Gedenkstein für die 1942 ermordeten Teilnehmer des Luxemburger Generalstreiks Quelle: NS-Dokumentationszentrum Rheinland-Pfalz

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Blick in eine leere Lagerbaracke, März 1946 Quelle: Photothèque de la Ville de Luxembourg, Sammlung Tony Krier

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Lageralltag

Mit Gebrüll und Prügel wurden dieneu ankommenden Gefangenen imLager empfangen, gleichzeitig brachtedie Wachmannschaft ihnen bei, dass imLager alles im Laufschritt zu geschehenhabe. Statt ihres Namens erhielten sieHäftlingsnummern, auf die sie bei Zu-ruf reagieren mussten. Nachdem sieauf dem Appellplatz einige Rundengelaufen waren, erfolgte die Rasur aller Körperhaare, das Duschen undAnziehen der Häftlingskleidung. DieNeuankömmlinge wurden zunächst füreinige Tage in die Quarantänestubeeingewiesen. Danach verteilte das

Wachpersonal die neuen Häftlingeauf die Baracken im Lager und

wies sie jeweils beim Morgen-appell den Arbeitskommandos

zu. Angst vor willkürlicherGewalt, Hunger und

schwere körperlicheAnstrengungen prägtenden Alltag der Häftlinge.In der Regel mussten dieHäftlinge im Sommer um5:00 Uhr, im Winter um6:00 Uhr aufstehen. Nachdem Stubenappell ginges zum Waschen und

Ankleiden, Zimmermachen und zum sogenannten „Frühsport“. Das anschlie-ßende Frühstück bestand aus Brot,etwas Margarine und Marmelade sowiesehr dünnem „Kaffee-Ersatz“. Weiterging es im Laufschritt zum Morgen-appell auf den Appellplatz. Anschlie-ßend mussten die Häftlinge zur Arbeitausrücken. Für diejenigen, die im Lagerblieben, gab es um 12:00 Uhr einewässrige Suppe als Mittagessen.Danach wurde bis 18:00 Uhr weiterge-arbeitet. Im Anschluss mussten alle

zum Abendappell antreten. Gegen19:00 Uhr gab es wieder eine

Suppe, oft genug aber auch nur„Tee“. Gegen 21:00 Uhr folgte

die Stubenabnahme undanschließend war Bett-

ruhe angesagt. DieseZeiten konnten nachdem jeweiligen Einsatzder Gefangenen in denArbeitskommandos sehrunterschiedlich sein. Jeweiter der Arbeitsein-satz entfernt war, destofrüher erfolgte dasWecken und entspre-chend später dieRückkehr in das Lager.

Blick aus dem ehemaligenHäftlingslagergeländeQuelle: Photothèque de laVille de Luxembourg,Sammlung Tony Krier

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Künstlerische Zeugnisse

Einzigartige Eindrücke vom Alltag derHäftlinge im SS-Sonderlager/KZ Hinzertvermitteln die künstlerischen Zeugnissevon Inhaftierten, die noch währendihrer Haftzeit oder nach dem Krieg ihreschrecklichen Erlebnisse festhielten.Ihre Zeichnungen, Skulpturen, Linol-schnitte und Plastiken bieten einenemotionalen Zugang für die Ausein-andersetzung mit dem Leben undLeiden im Konzentrationslager.

Die während ihrer Haftzeit im SS-Son-derlager/KZ Hinzert entstandenenBilder und Zeichnungen von ArthurMichel und Jean Daligault wurden vonMitgefangenen versteckt und konntenaus dem Lager geschmuggelt werden. Die Linolschnitte Albert Kaisers, dieGemälde und Zeichnungen von Foni

Tissen und auch die Skulpturen vonLucien Wercollier stammen aus derNachkriegszeit.

Nach 1945

Auf Veranlassung der französischenMilitärregierung wurden nach 1945 dienoch verwertbaren Baracken des frühe-ren Häftlings- und des Wachmann-schaftslagers verkauft. Das Terrain desehemaligen Häftlingslagers wurde denEigentümern zur landwirtschaftlichenNutzung zurückgegeben. Die französische Militärregierung ließab Frühjahr 1946 auf dem ehemaligenGelände der SS-Wachmannschaft denEhrenfriedhof anlegen. 1946 exhumier-te eine französische Kommission dieOpfer aus den Massengräbern und ausden Gräbern des versteckt am Wald-rand befindlichen „Lagerfriedhofes“, auf dem die SS die Toten würde- undnamenlos hatte verscharren lassen.Identifizierte französische und luxem-burgische Opfer wurden auf Friedhöfein ihrem Heimatland umgebettet. DieToten, die nicht identifiziert oder dienicht in ihre Heimatländer überführtwerden konnten, wurden auf dem neu angelegten Gedenkstätten-Friedhofbeigesetzt. Gleichzeitig begann aufInitiative des Beurener Pfarrers Fortuinauch der Bau der Kapelle, die am 4. November 1948 eingeweiht wurde.

1960 kam auf dem Friedhof, auf demdie Holzkreuze durch Steinkreuzeersetzt wurden, eine Bronzeplattehinzu mit den Namen und Herkunfts-ländern der bis dahin erfassten Toten.1982 wurde eine erste Gedenktafel ander Friedhofskapelle angebracht. ImLaufe der Jahre kamen noch zwei wei-

Jean Daligault, Selbstporträt, März 1944 Quelle: Musée de la Résistance et de laDéportation, Besancon

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tere Gedenktafeln hinzu, eine von luxemburgischer und eine von franzö-sischer Seite. Als zentrales Mahnmal auf dem Friedhof wurde am 11. Oktober1986 das Denkmal von Lucien Wercolliereingeweiht. 1989 gründete sich der,Förderverein Dokumentations- undBegegnungsstätte ehemaliges KZHinzert e.V.‘.

Gedenkarbeit in Hinzert

Seit 1983 haben sich mehrere Schüler-generationen am Gymnasium Hermes-keil unter der Leitung von Herrn Vol-ker Schneider in Projektarbeit mit derAufarbeitung und dem Umgang mit derGeschichte des Lagers beschäftigt. Sogeht auf die Initiative der Schule der1986 errichtete Gedenkstein für die imSS-Sonderlager/KZ Hinzert ermordetensowjetischen Kriegsgefangenen zurück.

Gemeinsam mit einer luxemburgischenJugendgruppe gestaltete eine Schüler-gruppe des Gymnasiums in ihrer Frei-zeit das Terrain des ehemaligen Lager-friedhofs als Gedenkstelle mit einersymbolhaft dargestellten Gewaltspirale.

Nachdem die Landeszentrale für politi-sche Bildung im Auftrag der Landes-regierung eine Konzeption für dieGedenkstätte ausgearbeitet hatte(1991/1992), installierte sie seit 1994ein Informationssystem, das die „Stättender Unmenschlichkeit“ im Umfeld desehemaligen Lagers ausweist und inihrer historischen Bedeutung erläutert.Der rheinland-pfälzische Landtag fassteim Jahr 2002 einstimmig den Beschluss,ein Dokumentations- und Begegnungs-haus neben der Gedenkstätte zu errich-ten. Es wurde am 10. Dezember 2005eröffnet.

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Besuch von Schülern und Schülerinnen aus dem luxemburgischen Wiltz, Sommer 2004 Quelle: NS-Dokumentationszentrum Rheinland-Pfalz

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Die Ausstellung kann mit Hilfe einesAudioguide-Systems in englischer undfranzösischer Sprache erkundet wer-den. Ausstellungstexte und Bilderklä-rungen können über in der Gedenk-stätte verfügbare Audiogräte in diesenSprachen individuell gehört werden.

Stätten der Unmenschlichkeit

Im Umfeld der Gedenkstätte SS-Sonder-lager/KZ Hinzert befinden sich zahlrei-che Gedenkstellen, die an die Leidender Lagerhäftlinge sowie an verschiede-ne Morde an Häftlingsgruppen erinnern.An diesen „Stätten der Unmenschlich-keit“ erläutern Informationstafel in vierSprachen das jeweilige Geschehen undordnen es knapp in die historischenZusammenhänge ein. Ein Lageplan zudiesen in einem Umkreis von etwa 5km „Stätten der Unmenschlichkeit“ miteiner Wegskizze ist in der Gedenkstätteerhältlich. Für Gruppen besteht dieMöglichkeit, sich bei guter Witterungper Bus in die Nähe dieser Gedenk-stellen fahren zu lassen. Folgendehistorische Orte sind bislang als„Stätten der Unmenschlichkeit“ ausge-wiesen:

• Ehemaliger Quarzitsteinbruch (Erschießungsstelle 1942)

• Gedenkstein Streikopfer 1942• Luxemburger Streikopfer 1942

(am ehemaligen Massengrab)• Ermordete sowjetische

Kriegsgefangene 1941 (Information am Gedenkstein)

• Massengrab sowjetischer Kriegsgefangener (an einer Grube)

• Opfer des „Nacht- und Nebel-Erlasses“1942/43 (an einer Grube)

• Gedenkstein Widerstandskämpfer 1944

• Luxemburger Widerstandskämpfer 1942 (am ehemaligen Massengrab)

• Ehemaliger Häftlingsfriedhof 1942-1944

• Geplante Massenliquidierungsgruben 1944

Die überregionale, internationaleBedeutung der Gedenkstätte und dermit ihr im Zusammenhang stehenden„Stätten der Unmenschlichkeit“ wurdedurch den rheinland-pfälzischen Land-tag im September 2005 u.a. auchdadurch unterstrichen, dass ein Landes-gesetz die Versammlungsfreiheit an die-sen historischen Orten einschränkt.Dadurch soll eventuellen Störungendes Gedenkens an die Opfer durchneonazistische Kreise vorgebeugt wer-den. Die Stätten der Unmenschlichkeitwerden wie die Ausstellung im Doku-mentations- und Begegnungshaus undder Friedhof in die historisch-politischeBildungsarbeit der Landeszentrale fürpolitische Bildung einbezogen, vorallem unter dem Aspekt des Erinnernsan die Opfer, die für Freiheit und Men-schenwürde ihr Leben lassen mussten.

Gedenktafel ehemaliger französischer Häftlinge,angebracht an der Kapelle der Gedenkstätte am 27. Oktober 1997 Quelle: NS-Dokumentationszentrum Rheinland-Pfalz

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Text: Dr. Beate Welter, Uwe Bader,Landeszentrale für poltische BildungRheinland-Pfalz, 1.Aufl. Osthofen 2005.

Projektleitung: Dr. Dieter Schiffmann,Direktor der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz

SS-Sonderlager

KZ Hinzert

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Praktische Hinweise

Anschrift: Gedenkstätte SS-Sonderlager/KZ HinzertAn der Gedenkstätte54421 Hinzert

Tel: 06586/992493, Fax: 06586/992494

Öffnungszeiten der Ausstellung im Dokumentations- undBegegnungshaus*:Dienstag, Mittwoch, Donnerstag,Freitag 9 - 13, 14 - 17 UhrSamstag, Sonntag, Feiertags 14 - 17 UhrMontag geschlossen* bitte jeweils aktuelle Regelungen beachten:

www.politische-bildung-rlp.de

An Weihnachten, Neujahr undOstersonntag ist das Dokumentations-und Begegnungshaus geschlossen.

Der Friedhof der Gedenkstätte ist täglich geöffnet von 9 bis 17 Uhr (von April bis September bis 19 Uhr).

Anreise: Die Anreise mit dem Auto oder perBus erfolgt am besten von Trier ausüber die B52 in Richtung Hermeskeiloder über die Autobahn A 1 (Trier –Saarbrücken/Kaiserslautern) über dieAusfahrt Reinsfeld. Von dort aus leitenWegweiser zur Gedenkstätte.

Weiterführende Literatur(in Auswahl)

Marcel Engel, André Hohengarten:Hinzert. Das SS-Sonderlager imHunsrück 1939-1945, Luxemburg, 1983;Volker Schneider:Waffen-SS – SS-Sonderlager „Hinzert“.Das Konzentrationslager im „Gau Moselland“ 1939-1945,Nonnweiler-Otzenhausen 1998 ; Barbara Weiter-Matysiak: Das SS-Sonderlager/KZ Hinzert imHunsrück. In: Hans-Georg Meyer/HansBerkessel (Hrsg.): Die Zeit desNationalsozialismus in Rheinland-Pfalz.Bd. 2, Mainz 2000, S. 116ff.; Susanne Urban-Fahr:Das SS-Sonderlager/KZ Hinzert.1939-1945. Hrsg. von der Landeszentrale fürpolitische Bildung Rheinland-Pfalz,Alzey 2001. Uwe Bader:Das SS-Sonderlager/KZ Hinzert 1939-1945. In: Wolfgang Benz, BarbaraDistel (Hrsg.), Terror im Westen.Nationalsozialistische Lager in denNiederlanden, Belgien und Luxemburg1940-1945. Geschichte der Konzentra-tionslager 1933-1945, Bd.5, Berlin 2004,S.249ff., Joseph de la Martinière:Meine Erinnerung als NN-Deportierter.Hrsg. Landeszentrale fürpolitische Bildung Rheinland-Pfalz,Mainz 2005.