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Mai 1990

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Herausgeber: Zentralarchiv für empirische Sozialforschung Universität zu Köln Das Zentralarchiv ist Mitglied der GESIS

Direktor: Prof. Dr. E. K. Scheuch Geschäftsführer: E. Mochmann

Anschrift: Bachemer Straße 40 5000 Köln 41

Telefon: Zentrale 0 2 2 1 / 4 76 94- 0 Telefax - 44 Redaktion - 50

EARN/BITNET: ZA at DK0ZA1

Redaktion: Franz Bauske

ISSN: 0723-5607 © Zentralarchiv

Die ZA-INFORMATION erscheint jeweils im Mai und November eines Jahres. Sie wird kostenlos an Interessenten und Benutzer des Zentralarchivs abgegeben.

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ZA-Information 26 Mai 1990

Mitteilungen der Redaktion 4

Berichte aus dem Archiv

Erweiterungen im Datenangebot des Zentralarchivs 5

Die Eurobarometer: Zeitreihen über Europa 8

Bericht über das Frühjahrsseminar 1990 32

Okkultismus unter Berliner Schülern 33

Zum Gesundheitszustand der deutschen Wohnbevölkerung 34

Forschungsnotizen

Multinomiale LOGIT-Modelle zur Bestimmung der Abhängigkeits­struktur qualitativer Variablen mit mehr als zwei Ausprägungen von Dieter Urban 36

Datenreport: Die Vereinigung der beiden deutschen Staaten 62

Berichte, Ankündigungen und Mitteilungen

Alles Wissenswerte über LISREL: Die Monographien von Bollen (1989) und Hayduk (1988) über Kovarianzstrukturmodelle 72

Methodenprobleme bei der Forschung zu sozialen Problemen und sozialer Kontrolle: Tagungsbericht von der Sektion "Soziale Probleme und soziale Kontrolle" der Deutschen Gesellschaft für Soziologie am 1. und 2. Dezember 1989 in Köln 77

Stipendien in den Niederlanden 79

Postgraduierten-Stipendien beim Europäischen Hochschulinstitut 80

Weiterbildung in statistischer Datenanalyse beim ICPSR Summer Program 1991 86

Das Zentralarchiv auf dem Soziologentag in Frankfurt 88

Bei Beiträgen, die nicht von Mitarbeitern des Zentralarchivs verfaßt wurden, wird die An­schrift des Autors im Anschluß an den jeweiligen Artikel angegeben.

Die Inhalte der Beiträge entsprechen der Meinung der Autoren und geben nicht unbedingt in jedem Punkt die Ansicht der Redaktion wider.

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Mitteilungen der Redaktion

Verschiedentlich werden wir nach den Kriterien und Prioritäten bei der Archivierung von Da­tensätzen gefragt. Manchmal ist das nicht die Frage nach den methodischen Qualitätsstan­dards, sondern nach den inhaltlichen Präferenzen. Bekanntlich hat das Zentralarchiv einen Schwerpunkt im Bereich der politischen Soziologie. Gerade innerhalb dieses Bereichs gibt es häufige Themen- oder Schwerpunktwechsel. Diese sind an den aktuellen politischen Fragen orientiert und reflektieren das, was derzeit als Issue besonders relevant erscheint.

Nicht selten stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, eine uns angebotene Untersuchung zu einer bestimmten Thematik in unsere Bestände aufzunehmen oder nicht. Daß wir dies zu­meist zugunsten der Archivierung des Datensatzes entscheiden, läßt sich an dem Beispiel der uns zur Zeit besonders bewegenden Vereinigung der beiden deutschen Staaten sehr deutlich machen. Dieses Thema hat im Zeitablauf stark wechselnde Bedeutung gehabt. Das spiegelt sich u.a. in einer kurzen Betrachtung der Häufigkeit der Nennung dieses Stichwortes in un­serem Datenbestandskatalog wider. Sicherlich werden sich in diesen Tagen viele Politiker oder Sozialforscher die Frage nach der Einstellung der Bevölkerung zu einer Wiedervereini­gung stellen. Wir sind in der Lage, Studien zum Thema Wiedervereinigung aus unseren Ar­chivbeständen anzubieten, und zwar solche, die vor Jahren und Jahrzehnten wie auch solche, die erst einige Monate vor dem 9. November 1989 erhoben worden sind.

Den Blick auf Europa richten wir mit einer ausführlichen Beschreibung der Eurobarometer. Die zweimal jährlich durchgeführten europaweiten Befragungen enthalten weit mehr als Fra­gen zur europäischen Integration. Auf das Stipendienangebot für Sozialwissenschaftler von der Europäischen Gemeinschaft wird in dem Beitrag über das Europäische Hochschulinstitut in Florenz eingegangen.

Als Reaktion auf den Artikel von Kühnel et al. in unserer letzten Ausgabe über die binomiale Regression erhielten wir einen Beitrag von Dieter Urban, der die Erweiterung dieses Ansat­zes zu einer multinomialen Regression erläutert.

Franz Bauske

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Erweiterungen im Datenangebot des Zentralarchivs

Seit der letzten Ausgabe der ZA-Information sind wieder eine Reihe von Datensätzen archi­viert worden. In unserer Auflistung sind folgende Angaben aufgeführt: Archiv-Nr., Titel der Studie, Primärforscher bzw. Erhebungsinstitut und Erhebungsjahr. Weitere Details sind auf Anfrage in Form von Studienbeschreibungen erhältlich.

1750 Eurobarometer 31, Frühjahr 1989 K. H. Reif, Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Brüssel; H. Riffault, Faits et Opinions, Paris; R. Inglehart, University of Michigan, Ann Arbor; DIMARSO, Brüssel; EMNID, Bielefeld; Gallup Markedsanalyse, Hellerup; Institut de Sondages Lavialle, Issy-Les-Moulineaux; ICAP Hellas, Athen; Irish Marketing Surveys, Dublin; DOXA, Mailand; ILRES, Luxemburg; NIPO, Amsterdam; Social Surveys (Gallup Poll), London

1758 AIDS im öffentlichen Bewußtsein der Bundesrepublik Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln; FORSA, Dortmund; 1987

1782 Media-Analyse (MA 89, Funkmedien) 1783 Media-Analyse (MA 89, Pressemedien)

Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse, Frankfurt; Media-Micro-Census, Frankfurt; 1989

1785 Meinungsbildner 1989 MARPLAN, Offenbach

1786 Ausländer in Deutschland 1987 1787 Ausländer in Deutschland 1989

MARPLAN, Offenbach

1788 Wohnwelten in Deutschland Burda, Offenburg; MARPLAN, Offenbach, 1987

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1789 Das Leben zu zweit - Sexualverhalten Emile Durkheim Institute for Advanced Study, George Town; Petra, Jahreszeiten-Verlag, Hamburg; 1988

1790 Qualifikation und Berufsverlauf (1985/86) Bundesinstitut für Berufsbildung, Berlin; Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit, Nürnberg; EMNID, Bielefeld; GETAS, Bremen; INFRATEST, München

1792 Soll und Haben 2 SPIEGEL-Verlag, Hamburg; INFRATEST, München; 1984

1793 Einstellung zur Technik (1989) Siemens, München; INFRATEST, München

1794 Die Funktion und Rolle des Berufsberaters H. Schröder, G. Kunz, Seminar für Sozialwissenschaften, Erziehungswissenschaftliche Fakultät, Universität zu Köln; 1986

1796 Sicherheitspolitische Einstellungen in der Bundesrepublik 1980 1797 Sicherheitspolitische Einstellungen in der Bundesrepublik 1981 1798 Sicherheitspolitische Einstellungen in der Bundesrepublik 1984 1799 Sicherheitspolitische Einstellungen in der Bundesrepublik 1985

USIA, Washington EMNID, Bielefeld (1986); MARPLAN, Offenbach (1981, 1985); INFRATEST, München (1984);

1804 Frauen in Beruf, Haushalt und Öffentlichkeit (Schleswig-Holstein-Survey 1989) F. U. Pappi, Institut für Soziologie, Christian-Albrechts-Universität, Kiel GFM-GETAS, Hamburg

1805 Perspektiven des ländlichen Raumes R. Wildenmann, Forschungsstelle für gesellschaftliche Entwicklungen, Universität Mannheim; MARPLAN, Offenbach; 1989

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1806 Meinungen der sowjetischen Bürger über die Deutschen 1989 STERN, Gruner + Jahr, Hamburg; Allunionszentrum zur Erforschung der öffentlichen Meinung, Moskau

1807 Frühjahrsstudie 1984 1808 Herbststudie 1984 1809 Herbststudie 1985 1810 Frühjahrsstudie 1986 1811 Herbststudie 1986

Forschungsinstitut der Konrad-Adenauer-Stiftung, Sankt Augustin; GETAS, Bremen (1984, 1985 und 1986); CONTEST-CENSUS, Frankfurt (1984); BASIS RESEARCH, Frankfurt (1986)

1812 Arbeitsdatei: Einführung in die statistische Datenanalyse mit Mikrocomputern W. Matiaske, Fachbereich Wirtschaftswissenschaften, Universität/Gesamthochschule Paderborn; 1974

1813 Verhinderung und Bekämpfung von Gewalt (Januar-Februar 1989) 1814 Verhinderung und Bekämpfung von Gewalt (März-April 1989)

Unabhängige Regierungskommission zur Verhinderung und Bekämpfung von Gewalt, Bonn; EMNID, Bielefeld

1815 Rangliste der westdeutschen Hochschulen F. Neidhardt, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung; SPIEGEL- Verlag, Hamburg; EMNID, Bielefeld; 1989

1817 Wahlverhalten, religiös-konfessionelle Einstellungen und Einstellungen zur wirtschaftlichen Lage H. Rattinger, Universität Bamberg; K. Schmitt, Universität Freiburg; CONTEST-CENSUS, Frankfurt; 1982

1818 Einstellungen zu Sexualität und AIDS W H. Eirmter, Fachbereich IV / Soziologie, Universität Trier; 1989

1819 International Environmental Survey 1980 (Germany) Wissenschaftszentrum Berlin; Institut für Demoskopie, Allensbach

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Die EUROBAROMETER: Zeitreihen über Europa

Zur Entstehung der EUROBAROMETER

Im Auftrag der Europäischen Gemeinschaft werden zweimal jährlich in allen EG-Staaten Be­fragungen durchgeführt. Neben Fragen zum Thema Europa werden tagespolitische und ge­sellschaftlich relevante Inhalte gefragt. Nach Abschluß einer Untersuchung werden die Daten­sätze über die sozialwissenschaftlichen Datenarchive an wissenschaftliche Nutzer in aller Welt weitergegeben. Die nachfolgende Darstellung gibt eine Übersicht über die Entwicklung dieser Untersuchungsserie.

Zur Beobachtung der kurzfristigen Entwicklung der öffentlichen Meinung in Europa und vor allem des Interesses der Öffentlichkeit an der Tätigkeit der Europäischen Gemeinschaft hat die Europäische Kommission 1973 beschlossen, regelmäßig Meinungsumfragen in anfangs 9 und später 12 Ländern (einschl. den erst kürzlich in die EG aufgenommenen Staaten Grie­chenland, Spanien und Portugal) der Gemeinschaft durchführen zu lassen. "Wie ein Barome­ter den Luftdruck mißt und somit eine kurzfristige Wettervorhersage erlaubt, ist das EURO­BAROMETER ein Instrument zur Beobachtung und in gewisser Weise der Voraussage der Einstellungen der Öffentlichkeit zu den großen aktuellen Themen, die direkt oder indirekt mit der Entwicklung der Europäischen Gemeinschaft und der Einigung Europas zusammen­hängen", so eine Verlautbarung der EG über die Namensentstehung und den Zweck der halb­jährlich durchgeführten Umfragen.

Die ersten EUROBAROMETER

Die erste europaweite Umfrage dieser Serie wurde zwischen Anfang April und Mitte Mai 1973 durchgeführt (EUROBAROMETER 1). Die zweite Untersuchung folgte im Oktober desselben Jahres. Es ist versäumt worden, den EUROBAROMETER 1 in ein Datenarchiv einzubringen, so daß dieser nicht in maschinenlesbarer Form erhältlich ist. Die nachfolgen­den Untersuchungen sind dagegen maschinenlesbar erhalten und auch im Zentralarchiv ver­fügbar. Die Datenreihe wird halbjährlich um einen weiteren Datensatz erweitert.

Zur Datenerhebung

In allen Mitgliedsländern der EG wird ein repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung im Alter von 15 Jahren und darüber mündlich befragt. Die Befragung vor Ort wird unter der Ver­antwortung von nationalen Instituten durchgeführt, die sich zum "EUROPEAN OMNB3US

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SURVEY" zusammengeschlossen haben. Alle diese im Ausschreibungsverfahren ausgewähl­ten Institute unterliegen den vom E.S.O.M.A.R. (European Society for Opinion and Marke­ting Research) festgelegten Berufsnormen. An der Erhebung des EUROBAROMETER 31 (dem derzeit letzten archivierten Datensatz der Serie) beteiligten sich beispielsweise die fol­genden Institute:

DIMARSO, Brüssel; EMNID, Bielefeld; Gallup Markedsanalyse, Hellerup; Institut de Sondages Lavialle, Issy-Les-Moulineaux; ICAP Hellas, Athen; Irish Marketing Surveys, Dublin; DOXA, Mailand; ILRES, Luxemburg; INTERGALLUP Madrid; NIPO, Amsterdam; NORMA, Lissabon; Social Surveys (Gallup Poll), London

Die Gesamtzahl der Befragten in jeder Untersuchung beläuft sich auf ca. 10.000 Personen, die in jeweils repräsentativen, nationalen Stichproben von meist 1000 je Land entweder nach dem Quotenverfahren oder nach einem Zufallsverfahren ausgewählt werden. Nur die Stich­probe für Luxemburg beläuft sich auf jeweils 300 bis maximal 500 Befragte.

Primärforscher

Die Verantwortung für die zu erforschenden Themenkomplexe lag zu Beginn der Umfragen­reihe bei J.-R. Rabier, einem Mitarbeiter bei der Kommission der Europäischen Gemein­schaften in Brüssel. Er kooperierte seit 1975 mit R. Inglehart von der University of Michi­gan, Ann Arbor. Seit 1980 ist H. Riffault als Primärforscher in Faits et Opinions, Paris betei­ligt. Als Nachfolger von Rabier hat K. H. Reif inzwischen dessen Aufgaben übernommen.

Archivierung und Zugangsmöglichkeiten

Die EUROBAROMETER-Daten wurden bislang, nach einer ersten Auswertung durch die Er­hebungsinstitute für die Europäische Kommission, dem Belgischen Archiv zur Archivierung übergeben. Das BASS (Belgian Archives for the Social Sciences) bereitete die Daten auf und distribuierte sie auf Wunsch an weitere sozialwissenschaftliche Datenarchive, z.B. auch an

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das Zentralarchiv. So liegen bei uns alle nachfolgend kurz vorgestellten EUROBARO­METER in aufbereiteter Form, d.h. meist als OSIRIS-Files bzw. SPSS-System-Files vor. Die Daten eines jeden EUROBAROMETERs sind als integrierte Datei mit allen Variablen für alle Länder verfügbar. Die einzelnen Länder bilden dabei Subdateien.

Alle EUROBAROMETER sind vom Datengeber zum Zwecke wissenschaftlicher Sekundär­analysen freigegeben. Eine Veröffentlichung der ersten Ergebnisse aus den EUROBAROME-TERn geschieht in einer halbjährlichen Publikation der EG, die sich EUROBAROMETER nennt und von der EG kostenlos abgegeben wird. Allerdings sind darin hauptsächlich die "Eu­ropafragen" dargestellt und weniger das jeweilige Schwerpunktthema der Befragung.

Zum Inhalt der EUROBAROMETER-Studien und zur Verwendungsmöglichkeit der Daten

In allen EUROBAROMETERn ist ein Themenkomplex zur Institution der Europäischen Ge­meinschaft und zur Vereinigung Europas enthalten. In die späteren EUROBAROMETER wurden Standardfragen zur Lebenszufriedenheit und zur Beurteilung der wirtschaftichen Si­tuation aufgenommen.

In allen Untersuchungen finden sich eine Reihe der gängigen Hintergrundvariablen. Darüber hinaus sind meist eine Selbsteinschätzung des Befragten auf einem Links-Rechts-Kontinu-um, die Parteipräferenz oder Wahlabsicht, der von Inglehart entwickelte Postmaterialismus-Index in Kurz- und manchmal auch in Langfassung sowie eine Selbsteinstufung als Mei­nungsführer enthalten. Schließlich wird der Europateil eines jeden EUROBAROMETERs ein von Erhebung zu Erhebung wechselnder Themenkomplex angefügt, der zumeist auf aktu­elle Diskussionsthemen in der EG Bezug nimmt. Gerade dieser letzte Teil macht die Datensät­ze für Sozialwissenschaftler, die sich nicht mit Europapolitik, sondern mit inhaltlichen Fragen beschäftigen, interessant.

Aufgrund der Konzeption der Studienreihe ergibt sich die Möglichkeit, die Meinungen und Einstellungen der europäischen Bevölkerung mit Hilfe von repräsentativen Befragungen zu analysieren. Neben Auswertungen, die sich nur auf eine Nation beziehen, sind auch interna­tionale Vergleiche möglich. Gleichzeitig ergibt sich auch häufig die Chance einer Zeitreihen-analyse, da gleichbleibende Fragenwortlaute mit einer gewissen Regelmäßigkeit wiederholt werden. Bestimmte Fragen zu Europa wiederholen sich sogar in jeder Erhebung, wie z.B. die Frage nach der Einstellung zur Europäischen Einigung (vgl. Abb. 1).

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Abbildung 1: Bejahung der europäischen Einigung Quelle: Eurobarometer 31, Juni 1990, S.5

Darstellung des Verlaufs der drei Standardindikatoren, mit denen der Rückhalt der europä­ischen Gemeinschaft in der Öffentlichkeit gemessen wird, für den Zeitraum 1973 bis 1989:

- Bejahung der europäischen Einigung, - Zufriedenheit mit der Mitgliedschaft in der EG - Vorteilhaftigkeit der Mitgliedschaft für das eigene Land und - Bedauern eines Scheiterns der EG

Zur weiteren Verdeutlichung des Gehalts der Befragungen sind die zuletzt archivierten Um­fragen (EUROBAROMETER 26 bis 31) in Form von inhaltlich detaillierten Studienbeschrei­bungen abgedruckt. Zunächst geben wir anhand einer Liste eine Kurzübersicht, die (über die Standardfragenkomplexe - "Europafragen" hinausgehend) die jeweils aktuellen Befra­gungsschwerpunkte aller EUROBAROMETER aufzeigt.

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Kurzübersicht über die EUROBAROMETER-Reihe

EB-Nr. ZA-Nr. Jahr Befragte Land Inhaltliche Schwerpunkte

2 0986 10/74 9060 F,B,D, Einstellung zur EG DK, IRL, (keine weiteren Themen) I, NL, GB

3 0987 5/75 9610 s.o. Die Rolle von Mann und Frau in der Gesellschaft

4 0988 10/75 9150 s.o. Einstellung und Verhalten der europäischen Verbraucher

5 0989 5/76 8627 s.o. Die Wahrnehmung von Armut im Umfeld des Befragten

6 0990 11/76 9210 s.o. Einstellung zum Gemeinsamen Markt (20 Jahre EG)

7 0991 4/77 9044 s.o. Die Rolle von Wissenschaft und Technologie

8 0992 10/77 8936 s.o. Einstellung zur Arbeit und Arbeitszufriedenheit

9 0993 5/78 9118 s.o. Beurteilung der Arbeitslosig­keit allgemein und spezielle Gründe bei Frauen und Jugend­lichen

10 0994 10/78 8677 s.o. Einstellung zur bevorstehenden Wahl des Europaparlaments. Nationale Prioritäten und die europäischen Institutionen

10a 0995 10/78 8873 s.o. Einstellung zum technischen und wissenschaftlichen Fortschritt (nur wenige Fragen zu Europa)

11 1036 4/79 8884 s.o. Einstellung zu Kindern +L (Erhebung zum Jahr des Kindes)

12 1037 10/79 8989 s.o. Einstellung zum Europäischen +L Parlament kurz nach der ersten Wahl

13 1038 4/80 8866 s.o. Informiertheit der Öffentlichkeit +L über die Probleme der EG

14 1039 10/80 9995 s.o. Das Vertrauen der EG-Völker unter-+L+GR einander. Sicherheitspolitische

Fragen

15 1206 3/81 9898 s.o. Einstellung zur EG und zur Einfüh-+L+GR rung eines europäischen Reisepasses

16 1207 10/81 9909 s.o. Erwartungen an das Jahr 1982 +L+GR

17 1208 3/82 11772 s.o. Einstellung zu den USA und anderen +L+GR ausgewählten Staaten. Beurteilung

der Energiesituation

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18 1209 10/82 9689 s.o. Probleme des Umweltschutzes +L+GR

19 1318 4/83 9790 s.o. Die Rolle der Frau in Beruf +L+GR und Gesellschaft

20 1319 11/83 9718 s.o. Einstellung zur Entwicklungshilfe +L+GR

21 1320 4/84 9746 s.o. Einstellung zu politischen Fragen +L+GR in der EG (regional unterschied­

liche Schwerpunkte)

22 1321 11/84 9909 s.o. Einstellung zur Energiesituation +L+GR und zur Atomkraft. Rückblick auf

die Europaparlament-Wahl 1984

23 1541 4/85 9929 s.o. Arbeitsbedingungen. +L+GR Europäische Währung ECU

24 1542 11/85 11849 s.o. Fragen zur Europäischen +L+GR+E+P Gemeinschaft

25 1543 4/86 11831 s.o. Reiseverhalten. Einstellung zu +L+GR+E+P Umweltproblemen und verkehrs­

technischen Maßnahmen

26 1544 11/86 11837 s.o. Energieprobleme. +L+GR+E+P Verkehrsmittelnutzung,

Verkehrsregeln in Europa

27 1712 5/87 11651 s.o. Europäische Agrarpolitik. Krebs. +L+GR+E+P Einstellung zu den USA und der

Sowjetunion

28 1713 11/87 11583 s.o. Beziehungen zu Ländern der +L+GR+E+P Dritten Welt. Energieprobleme

Fragen an die europäische Jugend.

29 1714 4/88 11729 s.o. Umweltverschmutzung. +L+GR+E+P Kernenergie

30 1715 11/88 11794 s.o. Europäisches Krebsbekämpfungs-+L+GR+E+P programm .Demokratie und Freiheits -

rechte.EG-Beziehungen zu den USA. Einstellung zu Ausländem und zur europäischen Ausländerpolitik

31 1750 4/89 11678 s.o. Krebs. Kernenergie und Radio-+L+GR+E+P aktivität. Bedeutung der Forschung.

Naturwissenschaftlicher Wissenstest. EG-Agrarpolitik

Erläuterungen Länderbezeichnungen:

B: Belgien L: Luxemburg D: Bundesrepublik Deutschland NL: Niederlande DK: Dänemark P: Portugal E: Spanien F: Frankreich: GB: Großbritannien Kopfzeile GR: Griechenland I: Italien EB-Nr.: EUROBAROMETER-Nr. KL: Irland ZA-Nr.: ZA-Studien-Nr.

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ZA-Nr. 1544 Zugang: A

Eurobarometer 26 (Energy Problems)

Erhebungszeitraum September 1986 bis November 1986

Inhalt Dieser Eurobarometer enthält folgende Befragungsschwerpunkte: 1.) Allgemeine Einstellungen zu politischen und gesellschaftlichen Fragen 2.) Einstellungen zu Europa 3.) Verkehrsmittelnutzung und Verkehrsregeln in Europa 4.) Beurteilung von Energieproblemen Themen: 1.) Politische und gesellschaftliche Einstellungen: Allgemeine Aussichten für das nächste Jahr; erwartete Zu- oder Abnahme von Streiks; Frie­densaussichten; Weltkriegsgefahr (Skalometer); Beurteilung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage des Landes und der eigenen finanziellen Situation; allgemeine Lebenszufriedenheit; Zu­friedenheit mit der Demokratie im Lande; eigene Meinungsführerschaft; Häufigkeit politi­scher Diskussionen; Kontakt zum Parlamentsabgeordneten; Postmaterialismus; Häufigkeit des Sehens von Nachrichtensendungen im Fernsehen, des Lesens von Nachrichten in Tages­zeitungen und des Hörens von Informationssendungen im Radio; wichtigste Interessensgebie-te; Nationalstolz; Gefühl, von Mächtigen aus genutzt zu werden und ausgeschlossen zu sein; Regierung kümmert sich nicht um die einfachen Leute, und Reiche werden reicher; Selbstein­schätzung auf einem Links-Rechts-Kontinuum; Einstellung zu einem gesellschaftlichen Wandel; Unterstützung von Naturschutzverbänden, Ökologie-, Antiatomkraft- und Friedens­bewegungen; Parteiverbundenheit; allgemeines Glücksgefühl; Religiosität; Parteipräferenz (Sonntagsfrage); Präferenz für Wohnen auf dem Lande oder in der Stadt; Ortsgröße. 2.) Einstellungen zu Europa: Gefühl, Europabürger zu sein; Einschätzung der Entwicklung des Einvernehmens der Mitgliedsländer untereinander; Einstellung zur Vereinigung Westeuro­pas; Interesse an Problemen der Europäischen Gemeinschaft und Einschätzung ihrer Bedeu­tung; empfundenes und gewünschtes Vorankommen der Europäischen Gemeinschaft und der Vereinigung Westeuropas; Kenntnis der Europaflagge und Einstellung zu dieser Flagge; Ein­stellung zum Auftreten der Landesmannschaft unter der europäischen und nationalen Flagge bei olympischen Spielen; Einstellung zu einer freien Wahl des Wohnortes innerhalb der EG; Einstellung zum Kommunalwahlrecht von EG-Bürgern; positiver oder negativer Eindruck aus den letzten Medien Veröffentlichungen über das Europäische Parlament; die Bedeutung der Rolle, die das Europäische Parlament zur Zeit spielt und in Zukunft spielen soll; Kontak­te zu einem Mitglied des Europäischen Parlaments; Einstellung zur Landesmitgliedschaft in der EG; Vorteile des Landes durch die Mitgliedschaft; Bereiche mit besonderen Vorteilen; Be-

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dauern über ein Scheitern der EG und wirtschaftliche Konsequenzen eines Rückzugs des Landes aus der EG. 3.) Verkehrsmittelnutzung und Verkehrsregeln in Europa: Nutzungshäufigkeit von Motorrad oder Mofa; Dauer des Führerscheinbesitzes; häufigst genutztes Verkehrsmittel; Besuch eines EG-Landes in den letzten zwei Jahren; empfundene Störungen durch unterschiedliche Ver­kehrsregeln; Häufigkeit des Nicht-Anlegens von Sicherheitsgurten, des Übertretens von Ge­schwindigkeitsbegrenzungen und des Fahrens unter Alkoholeinfluß; Bedeutung dieser Über­tretungen als Unfallursache; Verkehrsvorschriften, die europaweit vereinheitlicht und stärker überwacht werden sollten; Einstellung zur Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen; prä-ferierte Höchstgeschwindigkeiten auf Autobahnen, Landstraßen und in geschlossenen Ort­schaften; allgemeine Einstellung zu einer Vereinheitlichung von Verkehrsregeln in der EG; ei­gene Verwicklung in einen Unfall; Familienangehörige oder Freunde als Opfer von Verkehrs­unfällen. 4.) Beurteilung von Energieproblemen: Beurteilung der derzeitigen und zukünftigen Energie­situation als Problem; Lösungsalternativen für zukünftige Energieprobleme; wichtigste, zu­verlässigste und umweltschonendste Energieart der Zukunft; Beurteilung der jüngsten und der zukünftigen Entwicklung der Benzinpreise; Industrieanlagen mit dem größten Risiko; Einstellung zur Atomenergieforschung; Einstellung zum Atomstrom (Skala); Atomkraft­werksbau oder Reduktion des Elektrizitätsverbrauchs; Beurteilung der Gefahren der Atom­kraft; Selbsteinschätzung der Informiertheit über die Arbeitsweise von Atomkraftwerken; Kenntnis des Atomkraftwerkunfalls in der Sowjetunion und Gefühl der persönlichen Gefähr­dung; ausreichende Vorbereitung deutscher Behörden auf einen Atomkraftwerkunfall; Besitz langlebiger Wirtschaftsgüter, Moped- und PKW-Besitz; Zentralheizung. Indizes: Kognitive und politische Mobilität; Postmaterialismus; Typologie der politischen Orientierung; EG-Unterstützung. In der Bundesrepublik Deutschland wurde zusätzlich gefragt: Assoziationen zur Europä­ischen Gemeinschaft. In Frankreich, Italien, Spanien und Portugal wurde zusätzlich gefragt: Bekanntheit einer Fahr­radtour in Südeuropa; Bekanntheit der Tour de l'avenir; Einstellung zu einer finanziellen Un­terstützung von Sportveranstaltungen durch die Europäische Gemeinschaft.

Grundgesamtheit und Auswahl Untersuchungsgebiet: Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Dänemark, Frankreich, Grie­chenland, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Portugal, Spanien, Vereinigtes Königreich. Verschiedene Auswahlverfahren (Quotenauswahl und mehrstufige Zufallsauswahl) je nach Land. Auswahl von Personen im Alter von 15 Jahren und älter.

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Datensatz Anzahl der Befragten: 11837 Anzahl der Variablen: 233 Einfachlochung, OSIRIS, SPSS Die 11837 Fälle des Datensatzes verteilen sich auf die einzelnen Länder wie folgt: Belgien 999 Fälle, Bundesrepublik Deutschland 1085 Fälle, Dänemark 997 Fälle, Frankreich 995 Fälle, Griechenland 1000 Fälle, Irland 1007 Fälle, Italien 1098 Fälle, Luxemburg 301 Fälle, Niederlande 1026 Fälle, Portugal 1000 Fälle, Spanien 1010 Fälle, Vereinigtes Königreich 1319 Fälle.

Veröffentlichung Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.): Eurobarometer 26: Die öffentliche Meinung in der Europäischen Gemeinschaft. Brüssel: Selbstverlag 1986.

ZA-Nr. 1712 Zugang: A

Eurobarometer 27 (Common Agricuitural Policv and Cancer)

Erhebungszeitraum März 1987 bis Mai 1987

Inhalt Der Eurobarometer enthält folgende Fragenschwerpunkte: 1.) Allgemeine Zufriedenheit 2.) Gleichberechtigung von Mann und Frau 3.) Einstellung zum Rauchen 4.) Krebs

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5.) Einstellung zur Landwirtschaft und Beurteilung der Europäischen Agrarpolitik 6.) Einstellung zu Europa 7.) Einstellung zu den USA und zur Sowjetunion Themen: 1.) Wahlberechtigung am Wohnort; allgemeine Lebenszufriedenheit; Demokratie­zufriedenheit; eigene Meinungsführerschaft; Häufigkeit politischer Diskussionen; Postmate­rialismus; wichtigste Indikatoren für den Wohlstand eines Landes; wichtigste Assoziationen zur Europäischen Gemeinschaft; Häufigkeit der Diskussion gesellschaftlicher Probleme; 2.) Beurteilung der gesellschaftlichen Situation der Frau im Lande; präferierte Rollenvertei­lung in der Familie; Politik als Sache der Männer oder der Frauen; Vertrauen zu Frauen in ausgewählten Berufen; Einstellung zu mehr Frauen im nationalen Parlament; Kenntnis natio­naler Gesetze zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen; Kenntnis der EG-Abteilung zur Gleichberechtigung von Männern und Frauen am Arbeitsplatz; Interesse an einer Er­werbstätigkeit des Ehepartners; Beschreibung des Haushaltstyps und Grund für die Familien­situation; erhaltene finanzielle Unterstützungsleistungen beim Aufziehen von Kindern. 3.) Interesse an Gesundheitsinformationen; gesundheitsbewußte Ernährung; Zigarettenkon­sum; Teergehalt als Auswahlkriterium bei Zigaretten; Präferenz für niedrigen Teergehalt; In­teresse an einer Veränderung der eigenen Rauchgewohnheiten; Verzicht auf das Rauchen, um andere nicht zu belästigen; empfundene Störung durch den Tabakrauch anderer Personen; Zu­sammensein mit Rauchern. 4.) Präferierte Maßnahmen zur Reduzierung des allgemeinen Tabakkonsums und damit des Krebsrisikos; allgemeine Beschreibung des eigenen Gesundheitszustands; bisher erlittene ernsthafte Erkrankungen; wichtigste Krebsursachen; vermindertes Krebsrisiko bei gesunder Lebensführung; eigene Teilnahme an Krebsvorsorgeuntersuchungen; Möglichkeit der Krebs­vermeidung durch entsprechende Vorsorge; Bekanntheit und Einschätzung der Schwierigkei­ten von Krebsvorsorgemaßnahmen; Krebserkrankungen im Freundes- und Bekanntenkreis. 5.) Interesse an landwirtschaftlichen Fragen; die Bedeutung landwirtschaftlicher Fragen für die Zukunft; Informationsquellen über landwirtschaftliche Fragen; Wirtschaftsbereiche mit den bedeutendsten Unterstützungsleistungen der öffentlichen Hand; Beurteilung der Subven­tionen; wichtigste Probleme der Landwirtschaft; Einstellung zur Landwirtschaft als Nah­rungsmittellieferant und als Berufsfeld; Präferenz für große oder kleine Landwirtschaftsbe­triebe; Beurteilung ausgewählter agrarpolitischer Maßnahmen zur Unterstützung der Land­wirtschaft; Beurteilung der Situation der nationalen Landwirtschaft; Präferenz für eine natio­nale oder europäische Verantwortung für die Agrarpolitik; positiver oder negativer Eindruck von der gemeinsamen Agrarpolitik der EG; Vorteile der nationalen Landwirtschaft und der Verbraucher durch die gemeinsame Agrarpolitik; allgemeine Beurteilung der Nahrungsmittel­preise; Beurteilung der Angemessenheit des Agrarbudgets des eigenen Landes sowie der EG; Beurteilung des Forschungsförderungsbudgets der EG; Einstellung zum Export und zur Sub­vention landwirtschaftlicher Erzeugnisse für den Weltmarkt.

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6.) Allgemeiner Eindruck vom Europäischen Parlament; Wahlbeteiligungsabsicht an einer Eu­ropawahl; Einstellung zu einer Stärkung der Rolle des Europäischen Parlaments; Einstellung zur Vereinigung Westeuropas; Einstellung zur Mitgliedschaft des Landes in der EG; Einschät­zung der Vorteilhaftigkeit der EG-Mitgliedschaft des Landes; Bedauern eines Scheiterns der Europäischen Gemeinschaft; wichtigste Auswirkungen des 30jährigen Bestehens des Gemein­samen Marktes; Gefühl, ein Europäer zu sein; wichtigster Grund, als Europäer Stolz zu emp­finden; wünschenswerte Entwicklung der Europäischen Gemeinschaft in der Zukunft. 7.) Beurteilung der Beziehungen des Landes zu den USA und zur Sowjetunion sowie eigene Einstellung zu diesen beiden Ländern; Einstellung zu einer Intensivierung dieser Beziehung; Besorgnis über einen negativen politischen Einfluß der Sowjetunion bzw. der USA auf das eigene Land; Einstellung zur amerikanischen Truppenstationierung in Westeuropa; Präferenz für Nato-Zugehörigkeit oder Austritt; Einschätzung des konventionellen Gleichgewichts zwi­schen Nato und Warschauer Pakt.

8.) Selbsteinschätzung auf einem Links-Rechts-Kontinuum; Einstellung zum gesellschaftli­chen Wandel; Parteiverbundenheit; Ortsgröße; Parteipräferenz beim Europaparlament. In Belgien wurde zusätzlich gefragt: Sprache im Haushalt. In Irland wurde zusätzlich gefragt: Einstellung zur irischen Sprache. Indices: Kognitive und politische Mobilität; Postmaterialismus; politische Orientierung; EG-Unterstützung; Krebsbetroffenheit.

Grundgesamtheit und Auswahl Untersuchungsgebiet: Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Dänemark, Frankreich, Grie­chenland, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Portugal, Spanien, Vereinigtes Königreich. Verschiedene Auswahlverfahren (Quotenauswahl und mehrstufige Zufallsauswahl) je nach Land. Auswahl von Personen im Alter von 15 Jahren und älter.

Datensatz Anzahl der Befragten: 11651 Anzahl der Variablen: 400 Einfachlochung, OSIRIS, SPSS Die 11651 Fälle des Datensatzes verteilen sich auf die einzelnen Länder wie folgt: Belgien 1010 Fälle, Bundesrepublik Deutschland 994 Fälle, Dänemark 992 Fälle, Frankreich 1002 Fälle, Griechenland 1000 Fälle, Irland 1005 Fälle, Italien 1053 Fälle, Luxemburg 287 Fälle, Niederlande 1004 Fälle,

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Portugal 1000 Fälle, Spanien 998 Fälle, Vereinigtes Königreich 1306 Fälle.

Veröffentlichung Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.): Eurobarometer 27: Die öffentliche Meinung in der Europäischen Gemeinschaft. Brüssel: Selbstverlag 1987.

ZA-Nr. 1713 Zugang: A

Eurobarometer 28 (Relations with Third World Countries and Energy Problems)

Erhebungszeitraum Oktober 1987 bis November 1987

Inhalt Die Befragung hat 5 Schwerpunkte: 1.) Allgemeine Zufriedenheit 2.) Fragen zur Entwicklungshilfe 3.) Beurteilung von Energiefragen 4.) Einstellung zur Europäischen Vereinigung 5.) Einstellung zur Unterstützung von Sportveranstaltungen durch die EG 6.) Beurteilung der europäisch-amerikanischen Beziehungen 7.) Fragen zur europäischen Jugend Themen: 1.) Wahlberechtigung am Wohnort; allgemeine Zukunftsaussichten für das kom­mende Jahr, erwartete Zunahme von Streiks und internationalen Konflikten; Kriegsfurcht (Skalometer); Beurteilung der wirtschaftlichen Lage der Bundesrepublik und der eigenen fi­nanziellen Situation; allgemeine Lebenszufriedenheit; Demokratiezufriedenheit; eigene Mei­nungsführerschaft; Häufigkeit von politischen Diskussionen; Postmaterialismus; Kenntnis des europäischen Krebsbekämpfungsprogramms; wichtigste Interessengebiete; Bereiche per­sönlichen Engagements; Erziehungsziele; wichtigste Jugendprobleme; Mitgliedschaften; Be­nutzung von Begegnungsstätten und Jugendzentren in der Gemeinde; Selbsteinschätzung der Sprachkenntnisse; Fremdsprachenkenntnisse und Lehrinstitution; Sprache zu Hause; Ein­schätzung der Nützlichkeit und Wichtigkeit des Erlernens von Fremdsprachen; Beurteilung des Sprachunterrichts in Schulen; Beschreibung des Haushaltstyps und Grund für die Fami­liensituation; erhaltene finanzielle Unterstützungsleistungen beim Aufziehen von Kindern.

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2.) Einstufung der Wichtigkeit ausgewählter politischer Probleme und Präferenz für nationale oder europäische Problemlösung (Skala); Einschätzung der zukünftigen Entwicklung von in­ternationalen Spannungen, Lebensstandard, Hunger, technischem Fortschritt im Dienste der ärmeren Länder und des Verhältnisses der Industrienationen zu anderen Ländern; rücksichts­volle Nutzung von Ressourcen der Erde; Kenntnis von Staaten, in denen Menschen an Hunger sterben; Einschätzung der Fortschritte in ausgewählten Entwicklungsländern und Angabe von Ländern, die für nicht entwicklungsfähig gehalten werden; Beurteilung der Me­dienberichterstattung über die Dritte Welt; Bereiche, über die man sich mehr Informationen wünscht; allgemeine Beurteilung der Verbesserung bzw. Verschlechterung der Lage von Ent­wicklungsländern; Einstellung zur Entwicklungshilfe; Hauptziel der Beziehungen zu Ländern der Dritten Welt; Beurteilung der Erfolgschancen von Entwicklungspolitik; wichtig­ste Gründe für Entwicklungspolitik; eigene Erfahrungen in Entwicklungsländern; Einschät­zung des Einflusses der wirtschaftlichen Entwicklung in Ländern der Dritten Welt auf das Leben im eigenen Lande; Einschätzung der politischen und wirtschaftlichen Abhängigkeiten zwischen Industrieländern und Ländern der Dritten Welt (Skala); Kenntnisse über Entwick­lungshilfeleistungen durch die Landesregierung, die Europäische Gemeinschaft, die UNO, durch Unternehmen und Industrie sowie nicht-staatliche Hilfsorganisationen; Institutionen, die die effektivste Entwicklungshilfe leisten; Hilfsaktionen für die Dritte Welt in der Nachbar­schaft bzw. am Wohnort; erhaltene Anfragen nach Geldspenden; Teilnahme an Dritte Welt-Veranstaltungen; Mitgliedschaft in einer Dritte Welt-Gruppe; Bereitschaft, Zeit für Aktionen aufzuwenden und Geldspenden für die Dritte Welt zu geben. 3.) Einschätzung des derzeitigen sowie zukünftigen Energieproblems des Landes; Kenntnis des Selbstversorgungsgrads sowie Einschätzung der zuverlässigsten Energielieferanten des Landes; präferierte Politik zur Sicherung des zukünftigen Energiebedarfs; Einschätzung der Energieverschwendung im eigenen Land; Einstellung zur staatlichen Reglementierung bei der Verringerung des Energieverbrauchs; Einstellung zur staatlichen Subventionierung der Er­forschung neuer Energieformen bzw. zur Subventionierung von energiesparenden Einrichtun­gen; preisstabilste, zuverlässigste und umweltverträglichste Energieform der Zukunft; Ein­schätzung des Risikos ausgewählter Industrieanlagen; Einstellung zur Weiterentwicklung von Atomkraftwerken; Ausbau der Atomkraft oder Einschränkung des Energieverbrauchs; Ein­schätzung der Ernsthaftigkeit des Energieproblems; wichtigste Gefahren durch ein Atomkraft­werk und den radioaktiven Abfall; erwartete Entwicklung des Stromverbrauchs in den näch­sten Jahren; Einstellung zur Verringerung des Erdölanteils bei der Elektrizitätsgewinnung; Präferenz für Kohle oder Kernenergie zur Deckung des zusätzlichen Energiebedarfs; eigenes Energiesparverhalten und Bereiche, in denen noch zusätzliche Einsparmöglichkeiten gesehen werden; tatsächlich verwendete und gewünschte Energieart beim Heizen und Kochen im Haushalt; Besitz langlebiger Wirtschaftsgüter; Einstellung zur Atomkraft (Skala); Kenntnis internationaler Schutzmaßnahmen im Falle eines schweren Atomunfalls; schwerwiegendste Folgen einer angenommenen Ölverknappung im Lande.

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4.) Kenntnis und Ansehen der EG-Kommission; allgemeine Einstellung zur Vereinigung Westeuropas; tatsächlich festgestellte und gewünschte Entwicklung der Vereinigung Europas; Einstellung zur Mitgliedschaft des Landes in der EG; Einschätzung der Vorteilhaftigkeit des freien Verkehrs von Personen, Waren und Gütern innerhalb der Gemeinschaft bei Verwirkli­chung des Europäischen Marktes 1992 (Skala); allgemeine Befürwortung des Binnenmarkts und einer weiteren EG-Einigung; Angabe der Richtung, in die die Einigung fortschreiten sollte; Einschätzung der Vorteilhaftigkeit der EG-Mitgliedschaft des Landes; Bedauern eines Scheiterns der Europäischen Gemeinschaft; Beurteilung des Einvernehmens zwischen den Staaten der EG; Bekanntheit des Europäischen Parlaments und allgemeiner Eindruck vom Parlament; gegenwärtige und zukünftige Rolle des Parlaments; Wahlbeteiligungsabsicht bei einer Wahl zum Europäischen Parlament; Einstellung zur Stärkung der Befugnisse des Euro­päischen Parlaments; Einstellung zur Gründung einer europäischen Regierung und Ressorts, für die eine europäische Regierung verantwortlich sein sollte; Einstellung zu Mehrheitsbe­schlüssen in der EG und zu einem Verfassungsentwurf für ein vereintes Europa. 5.) Kenntnis von EG-unterstützten Sportveranstaltungen; Einstellung zur finanziellen Unter­stützung von Sportveranstaltungen durch die EG; Beitrag der Sportveranstaltungen zur Erhö­hung des Bekanntheitsgrads der EG. 6.) Einstellung zu den USA; Beurteilung der Bedeutung der europäisch-amerikanischen Bindung; vermutete Einstellung der USA zu einem vereinigten Westeuropa; vermutete Ent­wicklung der europäisch-amerikanischen Beziehungen in den nächsten Jahren. 7.) An Befragte im Alter von 15 bis 34 Jahren wurden folgende Fragen zusätzlich gestellt: In­teresse an Arbeit oder Ausbildung in einem europäischen sowie außereuropäischen Land; wichtigste Gründe für einen Auslandsaufenthalt; Wichtigkeit staatlicher Unterstützung des Ju-gendaustauschs; erwartete Zunahme der Mobilität durch den Europäischen Markt; Verände­rungen der Berufsaussichten durch die zunehmende Konkurrenz im eigenen Berufsfeld; Um­zugsabsicht in den nächsten 10 Jahren; mögliche Gründe für einen Berufswechsel in den nächsten Jahren; Arbeitslosigkeit und Mobilität; Wohnen in der Gegend, in der man aufge­wachsen ist; Lesen ausländischer Zeitschriften; Auslandsaufenthalte; ähnliche Berufstätigkeit wie die Eltern; Urlaubsaufenthalt an anderen Orten; Großunternehmen mit besonders europä­ischer Gesinnung.

8.) Selbsteinschätzung auf einem Links-Rechts-Kontinuum; Einstellung zu Veränderungen der Gesellschaftsordnung; Parteiverbundenheit; Wahlverhalten bei der letzten Wahl; Partei­präferenz; Ortsgröße. In Irland wurde zusätzlich gefragt: Einstellung zur irischen Sprache. In Belgien wurde zusätzlich gefragt: Sprache im Haushalt. Indices: Kognitive und politische Mobilität; Postmaterialismus-Index; politische EG-Unter­stützung; Links-Rechts-Index.

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Grundgesamtheit und Auswahl Untersuchungsgebiet: Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Dänemark, Frankreich, Grie­chenland, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Portugal, Spanien, Vereinigtes Königreich. Verschiedene Auswahlverfahren (Quotenauswahl und mehrstufige Zufallsauswahl) je nach Land. Auswahl von Personen im Alter von 15 Jahren und älter.

Datensatz Anzahl der Befragten: 11583 Anzahl der Variablen: 495 Einfachlochung, OSIRIS, SPSS Die 11583 Fälle des Datensatzes verteilen sich auf die einzelnen Länder wie folgt: Belgien 1005 Fälle, Bundesrepublik Deutschland 957 Fälle, Dänemark 1008 Fälle, Frankreich 999 Fälle, Griechenland 1000 Fälle, Irland 998 Fälle, Italien 1032 Fälle, Luxemburg 302 Fälle, Niederlande 965 Fälle, Portugal 1000 Fälle, Spanien 1019 Fälle, Vereinigtes Königreich 1309 Fälle.

Veröffentlichung Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.): Eurobarometer 28: Die öffentliche Meinung in der Europäischen Gemeinschaft. Brüssel: Selbstverlag 1987.

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ZA-Nr. 1714 Zugang: A

Eurobarometer 29

Erhebungszeitraum März 1988 bis April 1988

Inhalt Die Befragungsschwerpunkte dieses Eurobarometers sind: 1.) Politische Einstellungen und Zufriedenheit, 2.) Eß-, Trink- und Rauchgewohnheiten, 3.) Einstellungen zur Umweltverschmutzung, 4.) zur Kernenergie sowie 5.) zur EG und zur Europäischen Vereinigung. Themen: 1.) Wahlberechtigung am Wohnort; allgemeine Lebenszufriedenheit und Demokra­tiezufriedenheit; eigene Meinungsführerschaft; Häufigkeit politischer Diskussionen; wichtig­ste politische Ziele; Postmaterialismus; Interesse an ausgewählten Sportarten; Einstellung zur Sommerzeit. 2.) Angaben zu den Eß- und Trinkgewohnheiten; detaillierte Angaben über das Eß- und Trink­verhalten bei den Mahlzeiten am Vortag; Rauchgewohnheiten; Zigarettenkonsum; präferierte Zigarettenart; Einstiegsalter beim Rauchwarenkonsum; Dauer des Rauchens; beabsichtigte Veränderungen der eigenen Rauchgewohnheiten; Veränderungen des eigenen Körperge­wichts im Vergleich zum Vorjahr; Kenntnis des europäischen Programms zur Krebsbekämp­fung. 3.) Klagen über Umweltschädigungen am Wohnort; Beurteilung der Umweltsituation im Lande; Einschätzung der Bedeutung der Umweltproblematik; wichtigste Bereiche der Um­weltverschmutzung; wichtigste Folgen der Umweltverschmutzung; durchgeführte und beab­sichtigte eigene Maßnahmen zum Umweltschutz; Einschätzung der Wirksamkeit von Um­weltschutzbehörden; Präferenz für wirtschaftliche Entwicklung oder Umweltschutz; Wunsch nach mehr Informationen zu ausgewählten Umweltthemen; Kenntnis des "europäischen Um­weltjahres"; Informationsquelle; Interesse am Umweltjahr; Kenntnis und Bewertung der ein­zelnen Aktionen zum europäischen Umweltjahr, Einstellung zum Umweltjahr (Skala). 4.) Beurteilung der radioaktiven Gefährdung in ausgewählten Situationen; Beurteilung von Kernenergieproblemen (Skala); eigene Schutzmaßnahmen nach dem Atomkraftwerksunfall in Tschernobyl; Hauptkonsequenzen des Tschernobylunfalls für das eigene Land; Einschät­zung der Effektivität von Schutzmaßnahmen bei einem Kernkraftwerksunfall in Westeuropa; Informiertheit über die Radioaktivität im eigenen Lande und Vertrauen in diese Informatio­nen; Gründe für die Unzufriedenheit mit Informationen aus diesem Bereich; vertrauenswür­digste Institution bei der Information über Radioaktivität.

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5.) Empfundener Konflikt zwischen europäischer und nationaler Identität; Kenntnis und Be­urteilung der EG-Kommission; Einstellung zur westeuropäischen Vereinigung; Einstellung zur EG-Mitgliedschaft des Landes; Einschätzung der Vorteile des Landes durch die EG-Mit­gliedschaft; Bedauern eines Scheiterns der EG; Einschätzung der Vor- und Nachteile durch die Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes im Jahre 1992; Einstellung zum europä­ischen Binnenmarkt und zu einer weiteren Integration Europas; präferierte Schwerpunkte einer gemeinsamen europäischen Politik; Einstellung zur Agrarpolitik und Vorschläge zur Verbesserung der europäischen Agrarpolitik; erwartete Auswirkungen des EG-Binnenmarktes auf den Arbeitsmarkt; Auswirkung des Binnenmarkts auf Unternehmen in wirtschaftlich schwachen Regionen; Kenntnis und Beurteilung der Rolle des Europaparlaments; Wahlbetei­ligungsabsicht bei einer Europawahl; Einstellung zur Stärkung des Europaparlaments; Ein­stellung zur Gründung einer europäischen Regierung und politische Ressorts, für die diese Regierung verantwortlich sein sollte; Einstellung zu einem Verfassungsentwurf durch das Eu­ropaparlament; Einstellung zu einem Volksentscheid über eine europäische Union; tatsächli­che und gewünschte Bedeutung von nationalen und europäischen Institutionen sowie Organi­sationen; Selbsteinschätzung auf einem Links-Rechts-Kontinuum; Einstellung zu gesell­schaftlichen Reformen; Betriebsgröße; Parteiverbundenheit und Wahlverhalten bei der letzten Bundestagswahl; Ortsgröße.

An Frauen wurden zusätzlich folgende Fragen gestellt: Kenntnis der medizinischen Untersu­chungsformen zur Krebsvorsorge; Alter bei den ersten Vorsorgeuntersuchungen; Häufigkeit von Krebsvorsorgeuntersuchungen; Vorsorgeuntersuchung beim Hausarzt, Gynokologen oder im Krankenhaus. In Deutschland wurde zusätzlich gefragt: Kenntnis vom Vorsitz im Ministerrat durch die Bun­desrepublik sowie Einschätzung der Wichtigkeit dieser Präsidentschaft; Kenntnis des Infor­mationsbüros des Bundeslandes in Brüssel; In Belgien wurde zusätzlich gefragt: Sprache im Haushalt. Indices: Postmaterialismus; politische Orientierung; EG-Unterstützung; kognitive und politi­sche Mobilität; Arbeitslosenquote der Region; Bruttosozialprodukt pro Kopf in der Region.

Grundgesamtheit und Auswahl Untersuchungsgebiet: Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Dänemark, Frankreich, Grie­chenland, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Portugal, Spanien, Vereinigtes Königreich. Verschiedene Auswahlverfahren (Quotenauswahl und mehrstufige Zufallsauswahl) je nach Land. Auswahl von Personen im Alter von 15 Jahren und älter.

Datensatz Anzahl der Befragten: 11729 Anzahl der Variablen: 458 Einfachlochung, SPSS

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Die 11729 Fälle des Datensatzes verteilen sich auf die einzelnen Länder wie folgt: Belgien 1002 Fälle, Bundesrepublik Deutschland 1007 Fälle, Dänemark 1009 Fälle, Frankreich 993 Fälle, Griechenland 1000 Fälle, Irland 592 Fälle, Italien 1021 Fälle, Luxemburg 300 Fälle, Niederlande 1023 Fälle, Portugal 1000 Fälle, Spanien 1017 Fälle, Vereinigtes Königreich 1346 Fälle.

Veröffentlichung Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.): Eurobarometer 29: Die öffentliche Meinung in der Europäischen Gemeinschaft. Brüssel: Selbstverlag 1988.

ZA-Nr. 1715 Zugang: C

Eurobarometer 30

Erhebungszeitraum Oktober 1988 bis November 1988

Inhalt Die Befragungsschwerpunkte dieses Eurobarometers sind: 1.) Politische Einstellungen und Zufriedenheit, 2.) Einstellung zum europäischen Krebsbekämpfungsprogramm, 3.) Einstellung zu Demokratie und Freiheitsrechten, 4.) Einstellung zur EG, zum europäischen Binnenmarkt und den EG-Beziehungen zu den USA, 5.) Einstellung zu Ausländern und zur europäischen Ausländerpolitik, 6.) Einstellung zu Türken in der BRD bzw. zur Hauptausländergruppe im jeweiligen Land. Themen: 1.) Wahlberechtigung am Wohnort; Zukunftsaussicht für das nächste Jahr; erwarte­te Zunahme von Streiks oder internationalen Konflikten; Kriegsfurcht (Skalometer); Beurtei-

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lung der Veränderung der persönlichen finanziellen und der allgemeinen wirtschaftlichen La­ge im letzten Jahr, Vergleich der eigenen wirtschaftlichen Situation mit der anderer Mitbür­ger; derzeitige Lebenszufriedenheit sowie erwartete Zufriedenheit in 5 Jahren (Skalometer); Demokratiezufriedenheit (Skalometer); eigene Meinungsführerschaft, Häufigkeit politischer Diskussionen; wichtigste politische Ereignisse; Gefühl politischer Wirksamkeit bzw. Machtlo­sigkeit; empfundener Konflikt zwischen arm und reich; Postmaterialismus; Nationalstolz. 2.) Kenntnis des europäischen Krebsbekämpfungsprogramms; Präferenz für nationale oder europäische Zuständigkeit für die Krebsbekämpfung; Angst vor eigener Krebserkrankung; Kenntnis des "europäischen Kodex gegen Krebs"; Informationsquellen über diesen Kodex; Einschätzung der Wirksamkeit des Kodex zur Krebsverhütung; Bedeutung ausgewählter Krebsvorsorgemaßnahmen und eigenes Krebsvorsorgeverhalten; Rauchgewohnheiten; beab­sichtigte Veränderungen der eigenen Rauchgewohnheiten; eigene Tätigkeit bzw. Tätigkeit von Familienmitgliedern im Gesundheitsbereich oder im Unterrichtswesen. 3.) Wichtigkeit ausgewählter politischer Probleme; die Bedeutung von Freiheit und Gerech­tigkeit; Einstellung zur Demokratie; die Bedeutung ausgewählter Grundrechte und Freiheiten des Menschen (Skala); Gefühl der Überfremdung des Landes durch Menschen anderer Natio­nalität, Rasse, Religion, Kultur und sozialer Schichten; empfundene Störungen des täglichen Lebens durch die Anwesenheit dieser Menschen; soziale Nähe zu diesen Gruppen (Bogardus-Skala); Kontakte in der Nachbarschaft, im Freundeskreis oder am Arbeitsplatz zu Mitgliedern dieser Gruppe.

4.) Assoziationen zum Begriff "europäischer Binnenmarkt"; Einschätzung der Vor- und Nach­teile durch die Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes (Skala); Vorteile der Berufs­tätigen durch den Binnenmarkt; Einstellung zur Unterstützung von wirtschaftlich schwachen Regionen und zur Schaffung großer Wirtschaftsräume in Europa (Skala); Einstellung zum eu­ropäischen Binnenmarkt und zu einer weiteren Integration Europas; Beurteilung der allgemei­nen Ergebnisse der europäischen Agrarpolitik sowie der Vorteilhaftigkeit dieser Politik für die Landwirte, Verbraucher und die Steuerzahler des Landes. Politisches Interesse; Interesse an Angelegenheiten der Europäischen Gemeinschaft; Bedeutung der EG für die zukünftige Entwicklung des Landes; Kenntnis und Beurteilung der EG-Kommission (semantisches Dif­ferential); Einstellung zur westeuropäischen Vereinigung; Einstellung zur EG-Mitgliedschaft des Landes; Einschätzung der Vorteile des Landes durch die EG-Mitgliedschaft; Bedauern eines Scheiterns der EG; sich als Europäer fühlen; empfundener Konflikt zwischen europä­ischer und nationaler Identität; Beurteilung der Handels- und Finanzbeziehungen des Landes zu den USA; Präferenz für freien Handel oder Protektionismus; Einstellung zu einer Abgren­zung des europäischen Binnenmarktes nach außen; Beurteilung der Preisgarantie für Land­wirte durch die Agrarpolitik; Lebensmittelpreisanstieg durch die EG-Agrarpolitik; Einstel­lung zu einer gemeinsamen Außenpolitik und zur Notwendigkeit der Nato; Notwendigkeit der US-Militärpräsenz für die Friedenswahrung in Europa; Einstellung zu einem vermehrten Militärbeitrag der EG an die USA zur gemeinsamen Verteidigung Westeuropas; Kenntnis und

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ZA-Information 26 Seite 27

Beurteilung der Rolle des Europaparlaments; Wahlbeteiligungsabsicht bei der nächsten Euro­pawahl; präferierte Partei; Kenntnis der Befugnisse von europäischen Institutionen; Einstel­lung zu einer europäischen Verteidigungsgemeinschaft, einer gemeinsamen Sozialpolitik und Währungsunion der europäischen Staaten; Einstellung zu einer europäischen Regierung; Ein­stellung zu einem Verfassungsentwurf durch das Europaparlament und zu einem Volksent­scheid über eine europäische Union; Einstellung zu einer Erweiterung der EG und präferierte Länder für eine Neuaufnahme; Wichtigkeit lokaler, regionaler und nationaler politischer Insti­tutionen; Einschätzung der Einstellungen der nationalen Parteien zu Europa. 5.) Wichtigste Ausländergruppe in der eigenen Wahrnehmung; Präferenz für nationale oder europäische Zuständigkeit bei der Festlegung der Rechtsstellung von Ausländern; Einstellung zu einer Ausweitung der Ausländerrechte; Einstellung zu Ausländern; Beurteilung von Maß­nahmen zur Integration von Ausländern (Skala); Einstellung zu rassistischen und antirassisti­schen Bewegungen; Kenntnis von Menschenrechtskonventionen; Einstellung zu Südeuropä­ern, Nordafrikanern, Türken, Schwarzafrikanern, Indern, Pakistani, Südostasiaten, Karibikbe­wohnern, Juden und Nordeuropäern (Skalometer); Einstellung zu angeheirateten Personen anderer Hautfarbe in der eigenen Familie; Ausländer in der eigenen Familie; Einstellung zu den Aktivitäten faschistischer Gruppen; empfundene Bedrohung durch Faschisten; Wichtig­keit ausgewählter politischer Probleme. 6.) In der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Großbritannien und in den Niederlanden wurde zusätzlich gefragt: Empfundene Sympathie bzw. Bewunderung für Türken; Ärger mit bzw. empfundene Angst vor Türken, die im Lande leben; Einstellung zu Türken (Skala); Ein­stellung zu einer Rückführung der im Lande lebenden Türken in ihr Heimatland; Einschät­zung der wirtschaftlichen Situation der Türken im Lande; Rassismus; Ausländerfeindlichkeit; Charakterisierung der wesentlichen Unterschiede zwischen Türken und Mitbürgern der eigenen Nation. 7.) Selbsteinschätzung auf einem Links-Rechts-Kontinuum; Einstellung zu gesellschaftlichen Veränderungen; Parteipräferenz und Parteiverbundenheit; Kinderzahl; Beschäftigung im öf-fentlichen Dienst oder in Privatunternehmen; Betriebsgröße; Vorgesetztenstatus; Parteimit­gliedschaft; Gewerkschaftsmitgliedschaft; Selbsteinschätzung der Schichtzugehörigkeit; Wohnstatus; ländliches oder städtisches Gebiet; Religiosität; Ortsgröße. Indices: Meinungsführerschaft; Postmaterialismus; politische Orientierung; EG-Unterstüt­zung; kognitive und politische Mobilität; Schicht; Einstellung zu Europa. Zusätzlich verkodet wurden: Wohnen in Grenznähe; Interviewdatum; Interviewzeit; Inter-viewdauer, Unterbrechung des Interviews; Anwesenheit anderer Personen beim Interview; Kooperationsbereitschaft des Befragten.

Grundgesamtheit und Auswahl Untersuchungsgebiet: Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Dänemark, Frankreich, Grie­chenland, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Portugal, Spanien, Vereinigtes Königreich.

Page 29: ZA-Information 26 Mai 1990 - GESIS...ZA-Information 26 Seite 7 1806 Meinungen der sowjetischen Bürger über die Deutschen 1989 STERN, Gruner + Jahr, Hamburg; Allunionszentrum zur

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Verschiedene Auswahlverfahren (Quotenauswahl und mehrstufige Zufallsauswahl) je nach Land. Auswahl von Personen im Alter von 15 Jahren und älter.

Datensatz Anzahl der Befragten: 11794 Anzahl der Variablen: 730 Einfachlochung, SPSS Die 11794 Fälle des Datensatzes verteilen sich auf die einzelnen Länder wie folgt: Belgien 1024 Fälle, Bundesrepublik Deutschland 1061 Fälle, Dänemark 1006 Fälle, Frankreich 1005 Fälle, Griechenland 1000 Fälle, Irland 1006 Fälle, Italien 1022 Fälle, Luxemburg 303 Fälle, Niederlande 1025 Fälle, Portugal 1000 Fälle, Spanien 1001 Fälle, Vereinigtes Königreich 1276 Fälle.

Veröffentlichung Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.): Eurobarometer 30: Die öffentliche Meinung in der Europäischen Gemeinschaft. Brüssel: Selbstverlag 1988.

ZA-Nr. 1750 Zugang: C

Eurobarometer 31

Erhebungszeitraum März 1989 bis April 1989

Inhalt Die Befragungsschwerpunkte dieses Eurobarometers sind: 1.) Allgemeine Zufriedenheit und Mediennutzung 2.) Krebs

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3.) Kernenergie und Radioaktivität 4.) Bedeutung der Forschung 5.) Europäischer Binnenmarkt 6.) Satelliten-TV 7.) EG-Agrarpolitik und Einstellung zur EG 8.) Naturwissenschaftlicher Wissenstest 9.) Politische Einstellung und Selbsteinstufung Themen: Wahlberechtigung am Wohnort; allgemeine Lebenszufriedenheit; Demokratiezu­friedenheit; eigene Meinungsführerschaft; Häufigkeit politischer Diskussionen; Postmateria­lismus; Mediennutzung; Interesse und Selbsteinschätzung der Informiertheit in ausgewählten Bereichen; Einstellung zur Astrologie; Leserhäufigkeit wissenschaftlicher Magazine; Häufig­keit des Besuchs von technischen sowie naturgeschichtlichen Museen und Zoos; Technikak­zeptanz und Einstellung zu Wissenschaft und Forschung (Skala). 2.) Kenntnis des europäischen Krebsbekämpfungsprogramms sowie des "europäischen Kodex gegen den Krebs"; Bedeutung ausgewählter Krebsvorsorgemaßnahmen und eigenes Krebsvorsorgeverhalten; Alkoholkonsum; Konsum von Fruchtsaft, Kartoffeln, Frischgemüse und Gemüsekonserven; Rauchgewohnheiten; Zigarettenkonsum; Veränderungen der eigenen Rauchgewohnheiten; Hinderungsgründe für die Beendigung des Rauchens; Raucher im Be­kanntenkreis; Angst vor eigener Krebserkrankung. 3.) Beurteilung der radioaktiven Gefährdung in ausgewählten Situationen; Einschätzung von Kernenergieproblemen (Skala); Informiertheit über die Radioaktivität im eigenen Lande und Vertrauen in diese Informationen; Gründe für die Unzufriedenheit mit Informationen aus diesem Bereich; vertrauenswürdigste Institutionen bei der Information über Radioaktivität; wichtigste Charaktereigenschaften von vertrauenswürdigen Informationsgebern. 4.) Wichtigkeit ausgewählter Forschungsbereiche; Vergleich des technischen Entwicklungs­stands in Europa mit dem in USA und Japan; Kenntnis gesamteuropäischer Forschungsaktivi­täten; Vergleich von Forschungsaktivitäten auf nationaler Ebene mit gesamteuropäischer For­schung; Wichtigkeit ausgewählter naturwissenschaftlicher Forschungsbereiche auf europä­ischer Ebene. 5.) Einschätzung der Vor- und Nachteile durch die Verwirklichung des europäischen Binnen­marktes (Skala); Einstellung zum europäischen Binnenmarkt und zur Entwicklung einer ge­meinsamen europäischen Politik in ausgewählten politischen Ressorts; Einstellung zu einer weiteren Integration Europas auf ausgewählten Gebieten; Präferenz für eine Vollendung des europäischen Binnenmarktes oder einer weiteren Annäherung von West- und Osteuropa; Be­wertung eines Abkommens über grundlegende soziale Rechte für die gesamte EG; Kenntnis ausgewählter Rechte von Bürgern der EG. 6.) Interesse am Empfang von Satelliten-TV-Programmen und anderssprachigen TV-Sendern; Interesse am Erwerb von Empfangseinrichtungen für Satellitenprogramme; präferiertes Pro-

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grammangebot eines noch einzurichtenden gesamteuropäischen Fernsehens; Einstellung zum Werbefernsehen; noch tolerierbare Werbedauer je Stunde. 7.) Beurteilung der europäischen Agrarpolitik; Vorteile der Landwirte, der Verbraucher oder der Steuerzahler des Landes aus dieser Agrarpolitik; politisches Interesse und Interesse an der Politik der EG; Bedeutung der EG für die Zukunft des eigenen Landes; Kenntnis und Beurtei­lung der EG-Kommission; Einstellung zur westeuropäischen Vereinigung und zur EG-Mit­gliedschaft des Landes; Einschätzung der Vorteile des Landes durch die EG-Mitgliedschaft; Bedauern eines Scheiterns der EG; sich als Europäer fühlen; wichtigste Merkmale eines "Europas der Bürger"; Wichtigkeit politischer Fragen und Probleme; Issue-Kompetenz der Parteien; Kenntnis und Beurteilung des Europaparlaments; Einschätzung der Bedeutung des Europaparlaments und gewünschte Stärkung der Rolle dieses Parlaments; Wahlbeteiligungs­absicht bei der nächsten Europawahl und Parteipräferenz; Einschätzung der Wählbarkeit der einzelnen Parteien; Kenntnis von Kandidaten, die sich um einen Sitz im Europaparlament be­werben; Einstellung zu einer europäischen Regierung; Kenntnis der Befugnisse des europä­ischen Parlaments; Einstellung zu einer europäischen oder nationalen Zusammenarbeit der Europaparlamentarier.

8.) Naturwissenschaftlicher Wissenstest; Abstammung des Menschen von den Wirbeltieren; astronomische Kenntnisse; Kenntnis von wissenschaftlichen Forschungsmethoden; Verständ­nis von wissenschaftlichen Aussagen mit Wahrscheinlichkeitscharakter, Vorstellungen von einer "wissenschaftlichen Studie"; Definition von "wissenschaftlichem Untersuchen". 9.) Vorstellung von "Gewalt" (semantisches Differential); Beteiligungsbereitschaft an ausge­wählten Formen politischen Protestes und Demonstrationen; Einstellung zum Einsatz staatli­cher Gewalt gegen protestierende Demonstranten und Streikende; Einstellung zu gesellschaft­lichen Veränderungen; Selbsteinschätzung auf einem Links-Rechts-Kontinuum; Parteiverbun­denheit; Parteipräferenz; Betriebsgröße; Gewerkschaftsmitgliedschaft; Stadt oder Land; Selbsteinschätzung der Schichtzugehörigkeit; Wohnstatus; Religiosität; Ortsgröße. Indices: Postmaterialismus; politische Orientierung; EG-Unterstützung; kognitive und politi­sche Mobilität; Schicht; Einstellung zu Europa; Wohnen in Grenznähe; Mediennutzung. Zusätzlich verkodet wurden: Interviewdatum; Interviewuhrzeit; Interviewdauer; Anwesenheit anderer Personen; Kooperationsbereitschaft des Befragten. In der Bundesrepublik Deutschland wurde zusätzlich gefragt:

Interesse an Europa 1992 und Selbsteinschätzung der Informiertheit über die EG-Politik sowie über die politischen Vorgänge in der Bundesrepublik; wichtigste Interessensbereiche in der europäischen Politik; Einschätzung des Einflusses des europäischen Binnenmarktes auf die persönlichen und beruflichen Lebensumstände; Kenntnis und Bewertung von Informa­tionsmaterial über die Europäische Gemeinschaft.

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Grundgesamtheit und Auswahl Untersuchungsgebiet: Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Dänemark, Frankreich, Grie­chenland, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Portugal, Spanien, Vereinigtes Königreich. Verschiedene Auswahlverfahren (Quotenauswahl und mehrstufige Zufallsauswahl) je nach Land. Auswahl von Personen im Alter von 15 Jahren und älter.

Datensatz Anzahl der Befragten: 11678 Anzahl der Variablen: 526 Einfachlochung, SPSS Die 11678 Fälle des Datensatzes verteilen sich auf die einzelnen Länder wie folgt: Belgien 1002 Fälle, Bundesrepublik Deutschland 1024 Fälle, Dänemark 1014 Fälle, Frankreich 1001 Fälle, Griechenland 1000 Fälle, Irland 1012 Fälle, Italien 1058 Fälle, Luxemburg 300 Fälle, Niederlande 1006 Fälle, Portugal 1000 Fälle, Spanien 1013 Fälle, Vereinigtes Königreich 1323 Fälle.

Veröffentlichung Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.): Eurobarometer 31: Die öffentliche Meinung in der Europäischen Gemeinschaft. Brüssel: Selbstverlag 1989.

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Bericht über das Frühjahrsseminar 1990

Thema des Frühjahrsseminars 1990 war die "Multivariate explorative Datenanalyse". Damit wurde ein Thema aufgegriffen, das in den letzten Jahren in zunehmendem Maße Interesse auf sich gezogen hat. Nicht nur in der Marktforschung, sondern auch in der Sozialforschung werden multivariate explorative Verfahren eingesetzt, um Beziehungen zwischen Variablen bzw. Fällen in Form von Konfigurationsmustern in vorgegebenen Daten aufzudecken. Drei Verfahren wurden im Rahmen des Seminars behandelt: die Clusteranalyse, die Multidimen-sionale Skalierung und die Korrespondenzanalyse.

Vorlesungen zur Clusteranalyse wurden von Prof. Dr. W. Sodeur (Universität-Gesamthoch­schule Essen) gehalten. Zur Multidimensionalen Skalierung sprach Prof. Dr. I. Borg (Univer­sität Gießen, jetzt ZUMA Mannheim) und zur Korrespondenzanalyse Prof. Dr. W. Kristof (Universität Hamburg). Anwendungsbeispiele für die Korrespondenzanalyse referierte J. Blasius (Zentralarchiv). Zusätzlich wurden Gast-Vorträge methodischer und inhaltlicher Art angeboten: PD Dr. E. Lautsch (Akademie der Wissenschaften, Ost-Berlin) berichtete über die Konfigurationsfrequenzanalyse und ihre Verbindungen zur Clusteranalyse. E. Rose und E. Mochmann (Zentralarchiv) sprachen über Aufgaben und Funktionen des Zentralar­chivs und den sozialwissenschaftlichen Service im Rahmen des GESIS-Verbundes.

In Kombination mit dem Zentralarchiv Symposien Programm - das ebenfalls Interessenten außerhalb des Frühjahrsseminars offensteht - referierten weiterhin PD. Dr. E. Lautsch über gesellschaftliche Veränderungen in der DDR und Prof. Dr. K. Tominaga (Universität Tokyo) über Modernisierung und gesellschaftlichen Wandel in Japan. Mit diesen beiden inhaltlichen Vorträgen sollte den Teilnehmern über die unmittelbare Thematik des Frühjahrsseminars hinaus die Gelegenheit gegeben werden, sich mit aktuellen Fragen gesellschaftlichen Wan­dels zu befassen.

In den drei Arbeitsgruppen (Koordination: J. Blasius, S. Kühnel und K.H. Reuband) standen ausgewählte Daten des ALLBUS 1988 zu Analysezwecken zur Verfügung. Überdies wurden den Teilnehmern von den Dozenten Datensätze zur Verfügung gestellt, die sich für spezifi­sche Anwendungen der vorgestellten Verfahren in besonderem Maße eigneten. Damit trat ge­genüber früheren Frühjahrsseminaren die sukzessive Arbeit mit mehreren Datensätzen etwas stärker in den Vordergrund und bestimmte den Verlauf der Arbeitsgruppensitzungen.

Wie schon von früheren Jahren her bekannt war, ist ein Problem vieler Interessenten am Früh­jahrsseminar - vor allem, wenn sie in ein Forschungsprojekt eingebunden sind -, daß drei Wochen Abwesenheit vom Institut oft als zu lange erscheint. Erstmals wurde das Frühjahrsse­minar daher als Kurs konzipiert, der auch in Teilen besucht werden kann. Jedes Verfahren

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wurde in sich abgeschlossen innerhalb einer Woche behandelt. Dieser Wechsel in der Konzep­tion erwies sich aus Sicht der Teilnehmer als sinnvoll: Bei einer gegenüber früheren Früh­jahrsseminaren stark gestiegenen Teilnehmerzahl (67 Personen) nutzten rund zwei Drittel die Möglichkeit, Teile des Frühjahrsseminars zu belegen. Dabei entfiel das Interesse relativ gleichmäßig auf die verschiedenen angebotenen Verfahren.

Das nächste Frühjahrsseminar wird voraussichtlich vom 18.2. bis 8.3.1991 stattfinden und die Analyse kategorialer Daten zum Thema haben. Eine nähere Beschreibung wird in der Herbstausgabe der ZA-Information enthalten sein.

Karl-Heinz Reuband

Okkultismus unter Berliner Schülern

Hartmut Zinser (Religionswissenschaftliches Institut der FU Berlin) hat 1989 eine Befragung von 2200 Schülern im Alter von 13 bis 20 Jahren eines Berliner Bezirkes zu ihrem Kenntnis­stand sowie passiver und aktiver Beteiligung an "okkulten" Praktiken durchgeführt. Erste Er­gebnisse zeigen, daß über 3/4 der Befragten im groben über "okkulte" Praktiken informiert sind und ca. die Hälfte der Schüler ein Interesse an weiteren Informationen über "Okkultis­mus" äußern. Für ca. 1/4 der Jugendlichen gehören "okkulte" Praktiken passiv oder aktiv zum Alltag, und immerhin knapp 5% der Schüler haben aktiv oder passiv an extremen "ok­kulten" Praktiken bereits teilgenommen. Der Anteil der Mädchen liegt bei den verschiedenen "okkulten" Praktiken, wenn man von "schwarzen Messen" absieht, in der Regel doppelt so hoch wie bei den Jungen. Die 16/17jährigen Mädchen zeigen mit ca. 43% die größte aktive und passive Beteiligung an "okkulten" Praktiken.

Es ist vorgesehen, den Datensatz - nach Abschluß der Auswertung durch den Primärforscher -in das Zentralarchiv einzubringen.

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Zum Gesundheitszustand der deutschen Wohnbevölkerung

Im Bundesanzeiger Jahrgang 42, Nr. 32, S. 791 vom Donnerstag, dem 15.2.1990 wurde auf eine Studie des BMFT hingewiesen, deren Daten in absehbarer Zeit auch ins Zentralarchiv eingebracht werden sollen. Als Information über das bereits zugängliche Material und die be­vorstehende Archivierung drucken wir den Inhalt dieser Nachricht:

Angesichts der vorrangigen gesundheitspolitischen Bedeutung der Prävention hat der Bundes­minister für Forschung und Technologie seit 1979 Forschungsvorhaben initiiert, die Grundla­gen zur Anwendung vorbeugender Maßnahmen zum Schutze vor Herz-Kreislauf-Krankhei­ten schaffen sollen.

Ein bedeutsames Projekt im Rahmen des Regierungsprogramms "Forschung und Entwick­lung im Dienste der Gesundheit" ist die Deutsche Herz-Kreislauf-Präventionsstudie (DHP). Die DHP ist eine gemeindeorientierte, multizentrische Interventionsstudie mit dem Ziel der Reduktion der kardiovaskulären Risikofaktoren und der Herz-Kreislauf-Mortalität über einen Zeitraum von acht Jahren.

Um dieses Ziel zu erreichen, werden in den sogenannten Interventionsprogrammen der DHP -in Bremen-Nord und Bremen-West, in Berlin-Spandau, in Stuttgart-West und Stuttgart-Vai­hingen, im Landkreis Traunstein und in Karlsruhe, Bruchsal und Mosbach - Präventionspro­gramme zum Abbau und zur Eindämmung der Risikofaktoren Rauchen, Hypertonie, Hyper-cholesterinämie, Übergewicht und Bewegungsmangel in der unselektierten Bevölkerung durchgeführt.

Die Evaluation dieser Programme im Hinblick auf eine Risikofaktorenreduktion in der deut­schen Wohnbevölkerung im Alter von 25-69 Jahren erfolgt unter anderem mit Hilfe von Ge-sundheits-Surveys, die sowohl in den oben genannten Interventionsregionen als auch in der Bundesrepublik als Referenz durchgeführt wurden und noch werden. Die Daten der vom Bundesgesundheitsamt (Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie) und Infratest Gesund­heitsforschung durchgeführten Basiserhebung des Nationalen Untersuchungs-Surveys aus den Jahren 1984-1986 stehen nun als Public Use File für die wissenschaftliche Öffentlichkeit zur Verfügung.

Im Nationalen Untersuchungs-Survey to wurden ca. 5000 Probanden (Netto-Fallzahl) einer ausführlichen Befragung und medizinischen Untersuchung unterzogen. In 200 Sample Points, die aus allen Gemeinden und Bundesländern der Bundesrepublik als repräsentative Stichprobe ausgewählt wurden, sind 7200 Adressen der deutschen Wohnbevölkerung im

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Alter von 25-69 Jahren aus den Karteien der Einwohnermeldeämter gezogen worden. Von den angeschriebenen 7200 Personen nahmen nahezu 5000 Probanden an der Untersuchung teil, was einer Ausschöpfungsrate von fast 70% entspricht.

Der Nationale Untersuchungs-Survey umfaßt folgende Meßvariablen: Körpergröße und -gewicht, Blutdruck (systolisch und diastolisch), Gesamtcholesterin, HDL-Cholesterin und Thiocyanat. Der in den Surveys eingesetzte Fragebogen beinhaltet soziodemographische Vari­ablen, Angaben zum Ernährungsverhalten, zum Rauchen, zur körperlichen Aktivität, zu Tätig­keiten am Arbeitsplatz, zu Freizeitaktivitäten, die BORTNER-Skala, die OECD-Symptom-Liste, den ROSE-Fragebogen, Angaben zu Krankheiten und Arzneimitteln sowie zur Inan­spruchnahme von Einrichtungen des Gesundheitssystems.

Mit diesen Daten ist es zum erstenmal in der Bundesrepublik möglich, repräsentative Aussa­gen über Häufigkeiten Prävalenzen) von bestimmten Krankheitszeichen, Beschwerden, kar­diovaskulären Risikofaktoren und gesundheitsfördernden Verhaltensweisen zu machen.

Der Public Use File wird wissenschaftlichen Instituten auf schriftlichen Antrag hin unter Angabe des Auswertungszweckes vom Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie des Bundesgesundheitsamtes (General-Pape-Straße 62-66, 1000 Berlin 42) gegen Kostenerstat­tung zur Verfügung gestellt. Er beinhaltet eine Studienbeschreibung, das Codebuch, die Erhe­bungsunterlagen (Fragebogen und medizinisches Meßblatt) sowie das maschinenlesbare Da­tenmaterial in Form eines EDV-Bandes oder als Diskette. Der Rohdatensatz wird nur voll­ständig abgegeben. Über die schriftlich beantragte Abgabe des Datensatzes entscheidet ein Review-Committee, das sich aus Vertretern des Gesamtvorstandes der DHP sowie aus Mit­gliedern des Beirates der DHP zusammensetzt.

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Multinomiale LOGIT-Modelle zur Bestimmung der Abhängigkeitsstruktur qualitativer Variablen mit mehr als zwei Ausprägungen.

von Dieter Urban

1. Voraussetzungen

Die LOGIT-Analyse ist ein Verfahren zur statistischen Schätzung der Einflußstärke von einer oder mehreren unabhängigen Variablen auf eine einzige abhängige Variable, wobei diese ab­hängige Variable qualitativer Natur ist, d.h. ihre Merkmalsausprägungen entweder binomial (binär) oder multinomial skaliert sind. Eine binomiale abhängige Variable ist z.B. die Varia­ble "Wahl einer politischen Partei", wenn allein zwei Wahlmöglichkeiten gegeben sind (z.B. "Wahl irgendeiner Regierungspartei" vs. "Wahl irgendeiner Oppositionspartei"). Im Falle einer multinomialen abhängigen Variablen vom Inhalt "Wahl einer politischen Partei" beste­hen mehr als nur zwei Wahlmöglichkeiten (z.B. "Wahl der CDU/CSU" versus "Wahl der SPD" versus "Wahl der FDP" usw.).

Ein anderes multinomiales Anwendungsbeispiel ergäbe sich für ein Theorie-Modell, mit dem die Wahl zwischen mehreren politischen Beteiligungsformen erklärt werden sollte (z.B. die Wahl zwischen den Aktionsformen: "gewaltfreie Demonstrationsteilnahme", "gewaltaus­übende Demonstrationsteilnahme" sowie "keine Demonstrationsteilnahme").

Im folgenden wird eine Einführung in die Argumentationslogik von multinomialen LOGIT-Modellen gegeben. Dazu werden beim Leser Informationen über die Modell-und Verfahrens­logik der binären LOGIT-Analyse vorausgesetzt.1 Alle Ausführungen dienen allein dazu, dem mit der einfachen LOGIT-Analyse vertrauten Sozialforscher aufzuzeigen, in welcher Weise er auch die Abhängigkeitsstruktur von Modellen mit multinomialen abhängigen Varia­blen durch Einsatz einer LOGIT-Analyse berechnen und interpretieren kann. Dazu werden die folgenden Ausführungen anhand eines durchgängig beibehaltenen Anwendungsbeispiels entwickelt. Darin gilt unser inhaltliches Interesse einer Erklärung des individuellen, parteien-bezogenen Wahlverhalten.2 Wir wollen überzeugende Anworten auf zwei Fragen erhalten:

a) "Von welchen Einflußfaktoren wird die Wahl einer bestimmten Partei beeinflußt?" b) "Wie bedeutsam sind alle relevanten Einflußfaktoren, wenn man sie untereinander

vergleicht?"

1 Vgl. dazu z.B. Kühnel et al. 1989 oder Urban 1989. 2 Wir benutzen hier also das auch schon in Urban (1989) zur Veranschaulichung des binären LOGIT-

Modells eingesetzte Wahl-Beispiel. Der Leser kann mithin durch Vergleich zwischen den folgenden Aus­führungen und den dort nachzulesenden Informationen die unterschiedliche Leistungsfähigkeit von multi-und binomialer LOGIT-Analyse am gleichen Anwendungsbeispiel kennenlernen.

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Als Indikator für die abhängige Variable "Parteiwahl" benutzen wir die abgegebene Zweit­stimme bei der deutschen Bundestagswahl 1983. Diese Variable namens "WAHL" ist qualita­tiv und zugleich multinomial, d.h. sie hat so viele Ausprägungen wie Parteien zur Wahl standen. Für ihre verschiedenen Ausprägungen, sprich: zu wählenden Parteien, gibt es keine natürlichen Zahlen werte. Die Wahl einer jeden Partei läßt sich in numerischer Weise exakt ab­bilden, wenn ihr eine beliebige Zahl zugeordnet wird, die aber ansonsten nicht noch einmal benutzt wird. Also z.B. CDU/CSU-Wahl = 1, SPD-Wahl = 2 usw. Für unsere folgende Dar­stellung konstruieren wir die einfachste multinomiale Variable "WAHL" mit nur drei mögli­chen Ausprägungen:

WAHL = 1 (Wahl der CDU/CSU), WAHL = 2 (Wahl der SPD), WAHL = 0 (Wahl irgendeiner dritten Partei).3

Als ein Einflußfaktor, der das Wahlverhalten bestimmen kann, interessiert uns die ideo­logische Selbstwahrnehmung der Wählenden. Sie wird operationalisiert über die Indikator-Variable: "Selbsteinstufung auf einer zehnwertigen Links-Rechts-Skala" (LR).4

Ein weiterer, das Wahlverhalten bestimmender Faktor sei in unserer Analyse das Vorhanden­sein eines ordnungspolitischen Konservatismus. Als Indikatorvariable "ZIEL" benutzen wir dazu die Nennung von "Ruhe und Ordnung =1" als wichtigstes politisch zu verfolgendes Ziel im Unterschied zur Auswahl unter den drei anderen, vorgegebenen Alternativen ( = "0"): "mehr Einfluß der Bürger", "gegen steigende Preise" und "für freie Meinungsäußerung". Auch die Variable ZIEL ist qualitativer Natur und mit ihren zwei Ausprägungen binomial ska­liert.

Die im folgenden benutzten Daten stammen aus dem ALLBUS 1986, einer Repräsentativbe­fragung von N(Netto) = 3095 deutschen Staatsbürgern über 18 Jahre.5

3 Die Wahl der numerischen Codierung aller Variablen-Ausprägungen ist prinzipiell beliebig. Allerdings machen einige standardisierte EDV-Programme bestimmte Vorgaben, die gegebenenfalls unbedingt zu be­achten sind (z.B. verlangt das Programmpaket "SYSTAT/LLOGIT", daß bei der Codierung kein O-Wert benutzt wird und die Restkategorie immer mit dem höchsten Zahlenwert belegt wird).

4 Diese Variable ist nicht mehr qualitativ, sie ist aber auch nicht unbedingt metrisch, denn dafür müßten die Abslande zwischen den einzelnen Skalenwerten exakt zu quantifizieren sein, was z.B. hieße, daß eine Person mit dem Skalenwert "6" eine doppelt so starke Rechtsorientierung aufweisen müßte wie eine Person mit dem Skalenwert "3". Das trifft sicherlich nicht zu. Es kann wohl auch schon deshalb nicht zutreffen, weil die Zieldimension "Links-Rechts-Orientierung" unter den Befragten mit unterschiedlichen Seman­tiken aufgefüllt wird. Wir wollen aber dennoch dieses Problem hier nicht weiter diskutieren und definieren trotz inhaltlicher Bedenken die ordinale Variable "Links-Rechts-Orientierung (LR)" als metrische Variable (was auch methodologisch zu rechtfertigen ist, vgl. dazu Tufte 1970, Golden/Brockett 1987).

5 Vgl. ErbslöhlWiedenbeck 1987.

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Grundlage unserer Datenanalyse sei die folgende Modell-Hypothese:

H1: "Ob Personen bei der Bundestagswahl ihre Zweitstimme für die CDU/CSU, die SPD oder eine andere Partei abgeben, kann weitgehend mit Hilfe von Informationen über ihre Selbsteinstufung (auf einer Links-Rechts-Skala) und über das Vorhandensein eines ordnungspolitischen Konservatismus prognostiziert werden."

Mit der oben angeführten Modell-Hypothese spezifizieren wir ein multinomiales und zu­gleich multivariates theoretisches Modell von der Form:

WAHLj = f(LR,ZIEL), (1)

mit j = 1,2,0 für: CDU/CSU, SPD, andere Partei

Dieses Modell beinhaltet eine Y-Variable mit 3 Ausprägungen (J=3) und zwei unabhängigen X-Variablen (M=2).

2. Grundlagen der multinomialen Modell-Logik

Wenn wir bereit sind, für alle Einflußbeziehungen in unserem theoretischen Modell, d.h. für das "f " in Gl.(l), eine logistische Funktionsbestimmung zu akzeptieren, können wir das theoretische Modell in ein statistisches LOGIT-Modell übersetzen. Dazu definieren wir die Variable "WAHL" zunächst in eine Wahrscheinlichkeitsvariable "Pij" um, mit der die Wahr­scheinlichkeit für die Wahl der j-ten Partei durch eine i-te Person festgelegt wird.

Damit haben wir bereits die erste lineare Übersetzung im LOGIT-Modell vollzogen, wir haben "WAHL" als "Pij" definiert. Nunmehr müssen wir noch "Pij" in einen modelladäquaten Logit-Wert übersetzen:6

Um die multinomialen Logits zu bilden, wird nicht mehr, wie im binomialen Modell, die Re­lation zwischen "P(WAHL=CDU/CSU)" und der entsprechenden Komplementär-Wahr­scheinlichkeit logarithmiert. Nunmehr werden die Logits aus den Wahrscheinlichkeits­relationen von jeweils zwei der mindestens drei unterschiedlichen Wahlentscheidungen be­rechnet. In unserem Modell können das z.B. die Wahrscheinlichkeiten "P1" (für eine CDU/CSU-Wahl) und "P0" (für die Wahl einer Partei, die nicht die CDU/CSU oder SPD ist) sein.

6 Zur Vereinfachung unserer Darstellung wird nunmehr in der Schreibweise von "Pij" auf das Subskript "i" (benutzt für den entsprechenden Wert der i-ten Person) verzichtet

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Während also im binomialen Modell die Logit-Werte folgendermaßen gebildet werden:

Für unser multinomiales Wahlmodell mit drei Entscheidungsmöglichkeiten (CDU/CSU, SPD, andere Partei) können wir also insgesamt sechs Logit-Werte berechnen. Diese werden gebildet, indem die Wahrscheinlichkeit für eine beliebig auszuwählende Partei in Relation zu einer zweiten, ebenfalls beliebig auszuwählenden Partei gesetzt und logarithmiert wird.

Aufgrund dieser Konstruktionsweise werden die Logits des multinomialen Modells auch "konditionale Logit-Werte" genannt: auf inhaltlicher Ebene fragt man also nunmehr nach der Bedeutung einzelner X-Variablen zur Prognose bestimmter Entscheidungswahrscheinlich­keiten unter der Bedingung (oder Kondition), daß die Entscheidung ansonsten zugunsten einer anderen Partei ausgegangen wäre.

In unserem Modell sind folgende drei konditionale Logits möglich (die restlichen drei Logits ergeben sich durch Umkehrung der jeweiligen Parteienrelation):

Mit Hilfe des Maximum-Likelihood-Schätzverfahrens7 kann nun jeder Logit-Wert als Linear­kombination aller unabhängigen Variablen (von Variable Xm=l bis Variable Xm=M) geschätzt werden:

7 Weitergehende Informationen zur multinomialen Likelihood-Schätzfunktion finden sich z.B. in Hanu-shek/Jackson 1977: 213 oder Schmidt/Strauss 1975:484f.

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Mit dieser Schätzung wird innerhalb der LOGIT-Modellogik zum dritten Male ein zu berech­nender Wert in einen anderen überführt.

Im Unterschied zur binomialen Modell-Schätzung erfolgt hier jedoch eine Schätzung von mehreren Gleichungen des Typs von Gl.(3). Insgesamt sind im multinomialen LOGIT-Modell stets J-l Lösungsgleichungen zu berechnen. Es werden also für unser Modell auch nicht alle drei oben angegebenen Logit-Werte geschätzt, sondern nur J-l (hier: 3-1) oder ins-gesamt nur zwei Logit-Werte.8

Diese Vereinfachung ergibt sich daraus, daß die Ergebnisse des Schätzverfahrens daraufhin ausgelegt werden, daß sich die mit ihrer Hilfe prognostizierten Wahrscheinlichkeiten für alle Ausprägungen von WAHL zu 100% addieren müssen und somit für die letzte Schätzung über­haupt kein Freiraum mehr bleibt. Für sie gibt es nichts mehr zu schätzen, es braucht nur noch die zu 100% gebliebene Lücke geschlossen werden, indem eine dementsprechende Koef­fizientenberechnung vorgenommen wird:9

Ll,2 = Ll,0 - L2.0 = (a1,0 - a2,0) + £ (bl.0;m - b2,0;m) Xm (4)

Nachdem nun also deutlich geworden ist, daß es im multinomialen LOGIT-Modell um die lineare Vorhersage von Wahrscheinlichkeitsrelationen geht, die als Logit-Werte nur noch auf­grund von jeweils J-l Schätzgleichungen zu berechnen sind, wollen wir an dieser Stelle die rein formale Argumentation abbrechen.

3. Interpretation der Ergebnisse

Im folgenden werden die Schätzergebnisse des multinomialen Wahlmodells diskutiert, wobei Gl.(5.1) und Gl.(5.2) Resultate der maximierten Likelihood-Schätzfunktion sind, während Gl.(5.3) nach der Vorgabe von Gl.(4) berechnet wurde.

Je größer die geschätzten Logit-Koeffizientenwerte mit positiven Vorzeichen sind, umso stärker beeinflussen Veränderungen auf den dazugehörigen Variablen die Entscheidung zu­gunsten der Partei im Zähler des konditionalen Logit-Wertes. Dementsprechend signalisieren

8 Das gilt auch für das binomiale LOGIT-Modell. Bei nur zwei Ausprägungen von Y (also bei "J=2") erhal­ten wir dort auch nur eine einzige Schätzgleichung.

9 Gl.(4) kann aus Gl.(2.1) und Gl.(2.2) sowie der Forderung, daß sich alle geschätzten Wahrscheinlichkeiten zu 100% aufsummieren müssen, d.h. daß "P(CDU) + P(SPD) + P(a.P.) =1" sein muß, abgeleitet werden (vgl. Wrigley 1985:63-67).

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negative Koeffizienten-Schätzwerte Einflüsse zugunsten der Partei im Nenner des Logit-Wertes. Koeffizienten-Schätzwerte nahe oder gleich "0.00" belegen die Bedeutungslosigkeit der dazugehörigen Variablen für die Entscheidung zwischen beiden Alternativen.

In unserer Schreibweise werden unterhalb der Koeffizientenschätzwerte die dazugehörigen t-Werte (in Klammern) angegeben. Soll die Schätzung mindestens auf einem 5%-Niveau signi­fikant sein, so muß der t-Wert mindestens "1.96" betragen. Für ein l%iges Signifikanzniveau wird ein minimaler t-Wert von "2.58" benötigt (jeweils bezüglich eines zweiseitigen Tests).

Es ergeben sich mithin folgende Schätzgleichungen:

a) für die Wahl der CDU/CSU im Verhältnis zu irgendeiner dritten Partei:

b) für die Wahl der SPD im Verhältnis zu irgendeiner dritten Partei:

c) für die Wahl der CDU/CSU im Verhältnis zur SPD: (geschätzt als Differenz zwischen Gl.(5.1) und Gl.(5.2))

10 Die t-Werte für die geschätzten Logit-Koeffizienten in Gl.(5.3) ergeben sich aus:

wobei die Varianzen berechnet werden durch: var (b1,2) = var (b1,0) - 2 cov (b1,0 b2,0) + var (b2,0) Die entsprechenden Varianz- und Kovarianzwerte erhält man aus der Varianz-Kovarianz-Maüix der Logit-Schätzung, die von den LOGIT-Prozeduren der div. Statistik-Software-Pakete ausgegeben wird (vgl. Anhang).

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Für das Gesamtmodell der beiden Schätzgleichungen Gl.(5.1) und GL.(5.2) mit allen Prädik-toren ergeben sich folgende beiden Kenngrößen:

1.) -2 * Log Likelihood11 (Chi-Quadrat): 628.33 , df=4, P=0.000

2.) Anteil erkärterDevianz12 (Pseudo-R2) P2: 0,154

Insgesamt betrachtet zeigt das multinomiale Schätzergebnis eine durchaus befriedigende Modell-Lösung. Der Signifikanztest und das Anpassungsmaß belegen, daß die Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Partei von der selbstberichteten Links-Rechts-Einstufung sowie der Wertschätzung des politischen Zieles "Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung" in deutlichem Maße beeinflußt wird. Der Grad der Beeinflussung ist jedoch für die verschie­denen Alternativen-Konstellationen unterschiedlich:

Am deutlichsten beeinflussen die Variablen "LR" und "ZIEL" eine Entscheidung zugunsten der CDU/CSU. Dieser Einfluß fällt noch einmal ganz besonders kräftig aus, wenn eine mögli­che CDU/CSU-Wahl im Vergleich zur SPD-Wahl betrachtet wird. Jede weitere ideologische Rechtsverschiebung läßt dann den entsprechenden Logit-Wert um "0.71" anwachsen, wäh­rend er sich nur um "0.55" Logit-Einheiten verändert, wenn als Alternative zur CDU/CSU eine andere Partei als die SPD in Frage kommt.

Deutlich weniger relevant, wenn auch von durchaus beträchtlicher, eigenständiger Be­deutung, ist der Einfluß von politischen Zielverschiebungen für eine Entscheidung zugunsten der CDU/CSU, wenn die SPD die relevante Alternative darstellt (vgl. Gl. 5.3). Ist die Refe­renzalternative stattdessen eine andere Partei als die SPD, so wird die CDU/CSU von einer Zielverschiebung in Richtung "Ruhe u. Ordnung" stärker begünstigt als von einer Rechtsent­wicklung um einen Skalensprung (vgl. Gl. 5.1).

Vielleicht wirkt es auf den ersten Blick überraschend, wenn man erkennt, daß eine politische Zielverschiebung in Richtung "Ruhe u. Ordnung" durchaus auch die SPD begünstigen kann.

11 Der Log-Likelihood-Wert ergibt sich aus der Differenz zwischen dem maximierten Log-Likelihood-Wert eines geschätzten Modells, das nur die Konstante "a" enthält, genannt "Lo", und dem maximierten Log-Li­kelihood-Wert eines geschätzten Modells, das alle spezifizierten Prädiktoren enthält, genannt "LM". Wenn die Null-Hypothese (Ho: ßm = 0) richtig ist, ist dieser Testwert asymptotisch chi-quadrat-verteilt (mit M Freiheitsgraden). Der Testwert kann deshalb mit dem kritischen Wert einer theoretischen Chi-Quadrat-Ver­teilung (mit df=M) verglichen und gegebenenfalls die Ho mit einer bestimmten Irrtumswahrscheilichkeit "P" zurückweisen.

12 Der Anteil erklärter Devianz ergibt sich aus:" 1 -(LM / Lo)" (zur Erklärung der L-Symbolik vgl. die vorher­gehende Fußnote). Obwohl die Werte von P2 zwischen 0 und 1 hegen und das Maß auch häufig analog zu R in der OLS-Regression interpretiert wird, liegen seine Beträge doch deutlich unter denjenigen von R , so daß von einem sehr guten Schätzerfolg bereits dann ausgegangen werden muß, wenn P2 zwischen 0.2 und 0.4 liegt (vgl. Domencich/McFadden 1975:24, McFadden 1979: 307).

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Das ist immer dann der Fall, wenn für den Wähler als alternative Partei zur SPD Parteien wie z.B. die FDP, die Grünen oder kleinere Parteien (etwa die DKP) in Frage kommen (vgl. Gl. 5.2). Im Vergleich zu diesem Alternativen-Konglomerat profitiert die SPD von einer entspre­chenden Zielverschiebung. Das wäre aber immer nur dann der Fall, wenn mit der Zielver­schiebung nicht auch eine Rechtsentwicklung einhergehen würde. Diese benachteiligt die SPD-Wahl nämlich mit einem Skalensprung von "-0.16". Allerdings muß dieser Vergleich eine Trend-Aussage bleiben. Die entsprechende Schätzung für die Einflußstärke der Varia­blen "ZIEL" ist zu unsicher. Sie bleibt mit einem t-Wert von "1.70" deutlich unter dem hier ausschlaggebenden, minimalen t-Wert von "1.96" (vgl. Gl. 5.2).

Werden die Gleichungen des multinomialen Schätzergebnisses mit den beiden Schätzungen der zwei binomialen Modelle: LCDU (CDU/CSU-Wahl versus Wahl irgendeiner anderen Partei) sowie LSPD (SPD-Wahl versus Wahl irgendeiner anderen Partei) verglichen, so ähnelt

am ehesten das Ergebnis von Gl. (5.3) den binomialen Lösungsmodellen.13 Das ist kein Zufall. Zum einen wird im multinomialen Ergebnis von Gl.(5.3) und in beiden binomialen Er­gebnissen jeweils die Entscheidung für eine CDU/CSU-Wahl bzw. für die SPD-Wahl mit anderen Möglichkeiten konfrontiert. Und zum anderen besteht die große Gruppe der nicht-CDU/CSU-Wählenden bzw. der nicht-SPD-Wählenden im jeweiligen binomialen Modell zum überwiegenden Teil aus SPD-Wählern bzw. CDU/CSU-Wählern, die dann auch in Gl.(5.2) des multinomialen Modells die relevante Referenzgruppe darstellen (bzw. nach Vor­zeichen-Tausch darstellen können).

All diese Interpretationen beziehen sich auf die abh. Variable "WAHL" in ihrer konditionalen Logit-Form. Richtung und Stärke der verschiedenen Einflußbeziehungen können dabei be­wertet und auch zwischen den verschiedenen Schätzgleichungen verglichen werden. Aller­dings ist mit der Logit-Form der abh. Variablen kaum eine inhaltliche Vorstellung zu verbin­den. Um sie zu erreichen, müssen wir erst wieder den letzten Transformationsschritt des LOGIT-Modells rückgängig machen, indem wir den Logit-Wert in den dazugehörigen Wahrscheinlichkeitswert umrechnen. Die dazu notwendigen Rechenschritte sind einfach nachzuvollziehen.14

13 Die entsprechenden binomialen LOGIT-Schätzungen betragen (vgl. Urban 1989):

LCDU = 4.49 + .65 * (LR) + .53 * (ZIEL)

LSPD = 2.35 - .48 * (LR) - .18 * (ZIEL)

Zum Vergleich der LSPD-Schätzung mit dem multinomialen Ergebnis von Gl.(5.3) sollten dort die Vorzei­chen gewechselt werden, was dann eine multinomiale LOGIT-Schätzung von L2,1 (d.h. Wahl der SPD im Verhältnis zur CDU/CSU-Wahl) ergibt

14 Wir verfahren dabei ganz anlog zu unserem Vorgehen in der binomialen Analyse (vgl. Urban 1989).

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Aus Gl.(2.1) und Gl.(2.2) ergeben sich:

Zieht man die Bedingung hinzu, daß sich alle zu berechnenden Wahrscheinlichkeiten zu "1" addieren müssen, kann man auch Po berechnen und in Gl.(6.1) und Gl.(6.2) einsetzen:

Da wir von jedem Befragten die Werte für LR und ZIEL kennen, können wir mit Hilfe der Gleichungen (7.1) und (7.2) die prozentualen Anteile von CDU/CSU und SPD entsprechend unserer Modell-Spezifikation prognostizieren. Der prozentuale Anteil aller übrigen Parteien ergibt sich dann aus der Differenz der addierten Prozentanteile von CDU/CSU und SPD zu insgesamt 100%.

Die Übereinstimmung zwischen beobachteten und prognostizierten Wahrscheinlichkeiten wollen wir mit verschiedenen Maßzahlen quantifizieren. Wir beginnen mit der multiplen Kor­relation zwischen erfragten und geschätzten Wahlentscheidungen.

Wie wir oben gesehen haben, läßt sich für jede befragte Person nach Gl.(7.1) bzw. Gl. (7.2) ein Prozentwert berechnen, der aufgrund der ML-Schätzung des LOGIT-Modells die indivi­duell prognostizierte Wahrscheinlichkeit einer CDU/CSU-Wahl bzw. einer SPD-Wahl im Wertebereich zwischen 0.0 und 1.0 angibt. Die tatsächliche individuelle Wahrscheinlichkeit beträgt stattdessen entweder exakt 1.0 oder 0.0, je nachdem, ob die betreffende Person ange­geben hat, die entsprechende Partei gewählt zu haben oder nicht. Die Stärke des linearen Zusammenhangs zwischen prognostizierter und tatsächlicher Wahrscheinlichkeit müßte sich also mit Hilfe des Pearsonschen Korrelationskoeffizienten berechnen lassen. Der Zusammen­hangswert betrüge dann exakt 1.0, wenn tatsächliche und prognostizierte Wahrscheinlich­keitswerte übereinstimmen würden.

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Um den Koeffizienten zweifelsfrei interpretieren zu können, wird zunächst die Meßskala der prognostizierten Wahrscheinlichkeiten an diejenige der beobachteten Wahrscheinlichkeiten angepaßt. Dazu werten wir alle prognostizierten Wahrscheinlichkeiten, die gleich 0.5 sind oder darüber liegen, als Indikatoren für eine CDU/CSU- bzw. SPD-Wahlentscheidung und alle prognostizierten Wahrscheinlichkeiten unterhalb von 0.5 als Indikatoren für die Wahl einer anderen Partei. Auf diese Weise wird jedem prognostizierten Wahrscheinlichkeitswert ein Wert von "1" (für eine CDU/CSU- bzw. SPD-Wahl) oder "0" (für die Wahl einer anderen Partei) zugeordnet.

Tabelle 1: Multiple Korrelationen zwischen beobachteten und geschätzten Wahl-Wahrscheinlichkeiten.

Wir können mit unserer Modellschätzung, d.h. mittels Informationen über die Ausprägungen von nur zwei Variablen, die Wahlentscheidungen zugunsten von CDU/CSU und SPD mit durchaus zufriedenstellendem Erfolg prognostizieren.16 Andere Maßzahlen für den Erfolg der Logit-Schätzung sind die mittlere Wahrscheinlichkeitsdifferenz (mP-Diff) und die prozen­tuale Verbesserung des Vorhersagefehlers (Lambda).

Beobachtete und prognostizierte Wahrscheinlichkeitswerte lassen sich auch direkt miteinan­der vergleichen. Die beobachteten mittleren Wahrscheinlichkeitswerte sind gleich den relati­ven Anteilswerten für Wahl=j in der gesamten Stichprobe. Die prognostizierten mittleren Wahrscheinlichkeitswerte erhält man, wenn als X-Werte in Gl.(7.1) und Gl.(7.2) die beobach-

15 Für die Rest-Parteien konnte keine Korrelation berechnet werden. Entsprechend des gewählten Rundungs­kriteriums, nach dem nur dann die Wahl einer bestimmten Partei zu erwarten sei, wenn die individuelle Wahrscheinlichkeit für eine solche Entscheidung größer oder gleich "0.5" ist, können wir aufgrund unseres LOGIT-Modells für keinen Befragten eine Entscheidung zugunsten einer Rest-Partei prognostizieren.

16 Dabei ist zu beachten, daß für die Berechnung der multiplen Korrelation die jeweils prognostizierten P-Werte (die zwischen 0.0 und 1.0 liegen können) auf exakt "0" bzw. "1" ab- bzw. aufgerundet wurden und so ein erheblicher Informationsverlust im Vergleich zu den ursprünglich prognostizierten P-Werten entstan­den ist. Dieser Informationsverlust muß sich in einer Verringerung der multiplen Korrelationswerte aus­drücken.

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teten Mittelwerte der X-Variablen eingesetzt werden. Die Differenz zwischen beiden Wahr­scheinlichkeitswerten ist dann:

Tabelle 2 zeigt die diesbezüglichen Ergebnisse unseres Beispiels. Die mittleren Wahrschein­lichkeitsdifferenzen betragen danach im multinomialen Modell 3.22% bzw. -0.82%. Somit kann auch diese Maßzahl das befriedigende Anpassungsergebnis zwischen Beobachtungsda-ten und Modellschätzung bestätigen. Die Tabelle vermittelt sogar den Eindruck, als ob die multinomiale Logit-Schätzung ausgezeichnete Ergebnisse lieferte, wenn allein die vorherge­sagten Prozentwerte für die Befragtengruppen mit durchschnittlichen (d.h. mittleren) LR-und ZIEL-Werten betrachtet werden. Schließlich beträgt die maximale Abweichung dieser Schätzwerte von den beobachteten Werten nur knapp über 3% und liegt für die SPD-Progno­se sogar unter 1%.

Versucht man jedoch, die Erlärungsleistung eines LOGIT-Modells allein aufgrund des relati­ven Anteils seiner exakt prognostizierten Wahlentscheidungen zu bewerten, so wird man seinen Erfolg in aller Regel überbewerten. Da wir z.B. in der statistischen Analyse eine prognostizierte Wahrscheinlichkeit für die CDU/CSU-Wahl von 38.32% erhalten (vgl. Tabelle 2) und in unserer Stichprobe 41.54% der befragten Personen eine CDU/CSU-Wahl angegeben haben, sind wir mittels unseres LOGIT-Modells dem wahren Wert sehr weit ent­gegengekommen und könnten unserer Schätzung einen guten bis sehr guten Erklärungserfolg bescheinigen. Hätten wir jedoch für jede Person rein zufällig entschieden, ob sie CDU/CSU gewählt haben könnte oder nicht, hätten wir bei genügend großer Stichprobe auch auf einen 50% Anteil von CDU/CSU-Wählern getippt. Im Vergleich zu diesem reinen Zufallsergebnis könnte dann u.U. die Modellschätzung überhaupt nicht mehr so überwältigend aussehen.

Will man also den Anteil richtig prognostizierter Wahlentscheidungen als Kriterium des

Modellerfolgs benutzen, ist zunächst ein realistischer Vergleichsmaßstab zu bestimmen.17 Die relative Verbesserung einer solchen Vergleichsschätzung mittels eines LOGIT-Modells ist dann der angemessenere Versuch, den Modellerfolg zu quantifizieren. Diese relative Ver­besserung läßt sich als proportionale Verringerung des Vorhersagefehlers mit Hilfe des Koef-

17 Dieser muß nicht immer gleich dem Ergebnis einer rein zufallsgesteuerten Prognose sein. Z.B. würde eine Zufallsentscheidung für oder gegen eine FDP-Wahl, die natürlich auch einen FDP-Anteil von 50% ergeben müßte, durch eine LOGIT-Analyse sehr deutlich verbessert werden. Allerdings hielte wohl selbst jeder Be­fragte, der an politischen Fragen nicht sonderlich interessiert ist, ein Wahlergebnis von 50% für die FDP für gänzlich unmöglich. Eine solide, alltagspolitische Erfahrung würde den FDP-Schätzwert sehr viel tiefer ansetzen und damit auch den Maßslab für eine verbesserte Schätzung via LOGIT-Analyse wesentlich ver­schärfen (vgl. Weisberg 1978).

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fizienten "Lambda" (von GoodmanlKruskat) berechnen. Tabelle 3 zeigt die dementsprechen-den Ergebnisse.

In der Berechnung von Lambda ist Fi das Fehlerausmaß der Vergleichsschätzung (berechnet als absolute Differenz zwischen tatsächlichem und vermutetem Anteilswert) und F2 das Fehlerausmaß bei Schätzung durch das LOGIT-Modell:

Lambda

Entsprechend eines Lambda-Wertes von "60.85" kann ein CDU/CSU-Schätzergebnis, das aufgrund einer reinen Zufallsschätzung zustande käme, um 60.85% verbessert werden, wenn stattdessen das oben spezifizierte LOGIT-Modell benutzt wird.

Tabelle 2: Mittlere Wahrscheinlichkeitswerte und deren Differenzen für das bi- und multinomiale LOGIT-Modell (mP-Diff)

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Tabelle 3: Prozentuale Verbesserung des Vorhersagefehlers (Lambda) für das bi- und multinomiale LOGIT-Modell

Tabelle 3 benutzt ein härteres Kriterium, um den Erfolg der Logit-Modelle zu testen. Sie fragt danach, was die Logit-Schätzung im Vergleich zu einer reinen Zufallsschätzung an zu­sätzlicher Erklärungsleistung bieten kann. Wie wir anhand von Lambda erkennen können, liegt der Erkärungsgewinn je nach Modell und prognostizierter Parteientscheidung bei etwa 60% bzw. 88%. Dabei bestätigt sich auch bei den Lambda-Werten, was bereits von den Wahr­scheinlichkeitsdifferenzen (mP-Diff) in Tabelle 2 aufgezeigt wurde: mittels der beiden unabh. Variablen LR und ZIEL läßt sich die Wahlentscheidung zugunsten der SPD besser prognosti­zieren als eine Entscheidung zugunsten der CDU/CSU.

Schauen wir uns im folgenden die prognostizierten Wahrscheinlichkeitswerte im einzelnen an:

Mit Hilfe der Gleichungen (7.1) und (7.2) können die prozentualen Anteile von CDU/CSU und SPD für solche Befragtengruppen berechnet werden, die sich durch bestimmte Werte auf den Variablen LR und ZIEL auszeichnen. Z.B. wird für die Befragtengruppe mit den Werten "LR=9" und "ZIEL=1" folgende prozentuale Stimmenverteilung berechnet:

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Tabelle 4 zeigt die derart prognostizierten Wahrscheinlichkeitswerte für alle Befragtengrup-pen mit jeweils unterschiedlichen LR- und ZIEL-Werten. Entsprechend des Vorzeichens der geschätzten LR-Koeffizienten in den Logit-Gleichungen (5.1) und (5.2) nehmen die CDU-Anteile mit steigenden LR-Werten zu, während die SPD-Anteile abnehmen. Auch ist in Tabelle 4 deutlich zu erkennen, daß die jeweiligen Zu- bzw. Abnahmen nicht gleich stark sind, sondern daß sie im mittleren Bereich der LR-Skala wesentlich größer als an deren Enden sind. Wie erinnerlich ist das eine Folge der im LOGIT-Modell als gültig unterstellten logistischen Funktion zwischen abhängiger und unabhängigen Variablen.

Tabelle 4 weist aber auch auf eine vermeintliche "Anomalie" zwischen den Ergebnissen der Logit-Gleichungen und der geschätzten Wahrscheinlichkeitswerte hin. Während sich nach Gl.(5.2) eine Verschiebung des ZIEL-Wertes von 0 auf 1 zugunsten des SPD-Anteils auswir­ken müßte, zeigen die diesbezüglichen Werte in Tabelle 4, daß eine solche Zielverschiebung nur dann zugunsten des SPD-Anteils ausschlagen kann, wenn sie im äußersten linken Bereich der LR-Skala stattfindet. Ansonsten wirkt sie sich für den SPD-Anteil immer negativ aus, wobei die Größe dieses negativen Effektes natürlich nicht konstant bleibt, sondern ent­sprechend der logistischen Einflußbeziehung variiert.

Tabelle 4: Geschätzte Wahrscheinlichkeitswerte für die Wahl von CDU/CSU bzw. SPD (in %)

Die vermeintliche "Anomalie" in Tabelle 4 entsteht aufgrund der Tatsache, daß die Koeffi­zientenschätzwerte in den Gleichungen (5.1) und (5.2) unter einer Annahme berechnet wurden, die für den Gegenstand von Tabelle 4 keine Gültigkeit mehr besitzt. In den Logit-Gleichungen wurden die Effektstärken von LR und ZIEL unter der Voraussetzung geschätzt, daß die jeweilige Entscheidungsalternative CDU/CSU bzw. SPD auf der einen Seite versus ir­gendeiner dritten Partei auf der anderen Seite hieße. Mithin können die Vorzeichen der

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Parameterschätzungen auch nur vor dem Hintergrund dieser Annahme interpretiert werden. Lautet hingegen die Fragestellung: wie stark beeinflussen Effekte von LR- oder Zielverschie­bungen die Wahlchancen einer Partei, wenn man diese unabhängig von einer jeweiligen Alternativentscheidung betrachten will, so sollte ein Sozialforscher das in Urban (1989) dar­gestellte binomiale LOGIT-Modell benutzen.

18 Eine weitere Möglichkeit, diese "Anomalie" von vornherein zu vermeiden, soll im folgen­den vorgestellt werden:

Über die mittels ML-Schätzung errechneten Logit-Gleichungen (5.1) und (5.2) hinaus können wir auch die konditionalen Logits für jede weitere Relation von Entscheidungswahr­scheinlichkeiten erstellen. In Gl.(4) wird dieser Weg für unser Wahl-Modell aufgezeigt und Gl.(5.3) berichtet die Schätzung für die (logarithmierte) Wahrscheinlichkeit einer CDU/CSU-Wahl im Verhältnis zu einer SPD-Wahl. Demnach findet eine Scherenbewegung zwischen beiden Wahrscheinlichkeiten statt: P(CDU/CSU) wird zuungunsten von P(SPD) anwachsen, wenn es zu einem Anstieg von LR und/oder ZIEL kommt. Dabei hat die Zunahme des LR-Wertes um eine Skaleneinheit einen um über ein Drittel stärkeren Einfluß auf die Verände­rung der (logarithmierten) Relation zwischen den P's beider Parteien als eine Präferenz-Ver­schiebung in Richtung auf das politische Ziel von "Ruhe u. Ordnung".

18 Es kann bei der Analyse von polytomen Y-Variablen auch noch eine Anomalie zwischen Logit-und Wahrscheinlichkeitsschätzung auftreten, die nicht so einfach zu erklären bzw. zu beseitigen ist. Diese An­omalie entsteht daraus, daß sich die geschätzten Wahrscheinlichkeiten für alle Entscheidungsalternativen des LOGIT-Modells stets zu 100% aufsummieren müssen. So kann es bei drei Handlungsalternativen (A1, A2, Ao) zu einem reinen Methoden-Artefakt kommen: Voraussetzung dafür ist, daß der Anstieg einer unabh. Variablen (X1) die Wahrscheinlichkeit für die Hand­lungsalternative A1 derart hoch treibt, daß der Wahrscheinlichkeitswert für A2 klein wird und für Ao gar nahe "0" liegt. Ein weiterer Anstieg von X1 muß dann auch zu einer weiteren Erhöhung von P(A1) führen, die aber nicht mehr auf Kosten von P(Ao) gehen kann, denn diese Wahrscheinlichkeit ist schon nahe "0" und kann nicht weiter reduziert werden. Folglich muß entweder der Anstieg von P(A1) weniger drastisch als eigentlich berechnet ausfallen, oder er muß auf Kosten von P(A2) gehen. Deshalb fällt P(A2) bei Anstieg von X1 selbst dann, wenn die entsprechende Logit-Gleichung von A2 für den Einfluß von X1 auf A2 einen positiven Effektparameter geschätzt hat. P(A2) muß immer dann Prozentpunkte abgeben, wenn der für den Einfluß von X1 auf A2 geschätzte Effektkoeffizient b1 kleiner ist als der gleiche b1-Koeffizient für den Einfluß von X1 auf A1. Daß der kleinere b1-Koeffizient in diesem Falle positiv ist und deshalb P(A2) bei Anwachsen von X1 überhaupt nicht fallen dürfte, spielt dann keine Rolle mehr (ein Beispiel für diese Form von Ergebnis-Anomalie geben AldrichlNelson 1984:46). Zur Vermeidung dieser Anomalie bieten sich drei verschiedene Möglichkeiten an: 1.) Es werden nicht die Veränderungen der Wahrscheinlichkeiten, sondern nur die Veränderungen der Logit-Werte interpretiert

2.) Es werden auch die Veränderungen der P-Werte interpretiert, allerdings nur dann, wenn das multinomia-le LOGIT-Modell in mehrere (hier in J-l=3) binomiale Modelle aufgelöst wird. 3.) Es werden auch die Veränderungen der P-Werte interpretiert, allerdings nur dann, wenn (wie oben gezeigt wird) nicht die Veränderungen einzelner P's analysiert, sondern stattdessen die Veränderungen bei den Relationen von jeweils zwei P's, d.h. hier von P(A1) zu P(A2), betrachtet werden.

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Wie weit die Schere zwischen beiden Parteien in Abhängigkeit von Veränderungen bei LR und ZIEL auseinandergeht, läßt sich aber auch noch aus den Verschiebungen der Relation zwischen den reinen, nicht logarithmierten Prozentwerten berechnen. Diese ergeben sich aus den Gleichungen (6.1), (6.2) sowie (5.1) bis (5.3) als:

Nach Gl.(9) können für alle Befragtengruppen mit unterschiedlichen LR- und ZIEL-Werten die entsprechenden Wahrscheinlichkeitsrelationen berechnet werden. Tabelle 5 und Abbil­dung 1 zeigen diese Verhältniszahlen als Werte eines Relationen-Index. Steigen die dort auf­geführten Index-Werte in Richtung "- " an, so entsteht ein Übergewicht des prozentualen SPD-Anteils, während der prozentuale Anteil der CDU/CSU-Wahl überwiegt, wenn sich die Index-Werte in Richtung "+ ' bewegen. Bei gleichen prozentualen Anteilen beträgt der Index-Wert "0.00".x.19

Tabelle 5 und Abbildung 1 zeigen, in welcher Weise sich die geschätzten Verhältnisse zwi­schen den prozentualen Anteilen von CDU/CSU und SPD verschieben, wenn sich die LR-und ZIEL-Werte verändern:

19 Ein einfacher Quotient aus beiden Prozentwerten, der hier z.B. aus "P(CDU/CSU): P(SPD)" bestände, ergäbe bei einem Übergewicht von P(CDU/CSU) solche Werte, die zwischen "1.00" und "+ °°" lägen, während bei Übergewicht von P(SPD) alle Werte nur zwischen "1.00" und "0.00" lägen. Da mithin für die Messung des jeweiligen Übergewichtes zwei verschiedene, hier sogar parteienspezifische Skalen ent­ständen, wären Veränderungen bei den prozentualen Verhältnissen zwischen beiden Parteien nicht direkt miteinander zu vergleichen.

Deshalb wird an dieser Stelle ein Relationen-Index (RI) vorgeschlagen, der folgende Transformationen be­inhaltet:

a) im Falle von P(CDU/CSU) /P(SPD) > 1 gilt: RI := P(CDU/CDU) /P(SPD)

b) im Falle von P(CDU/CSU) /P(SPD) < 1 gilt: RI := -1 / [ P(CDU/CSU) /P(SPD) ]

Auf diese Weise werden Übergewichte der prozentualen SPD-Anteile auf der gleichen Skala gemessen wie übergewichtige CDU-Anteile. Sie unterscheiden sich von diesen jedoch durch ein negatives Vorzeichen.

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Tabelle 5: Relationen-Index zwischen den geschätzten Wahrscheinlichkeiten für eine CDU/CSU-Wahl versus einer SPD-Wahl.

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Bis zum LR-Wert von "6" ist der geschätzte Anteil der SPD größer als derjenige von CDU/CSU (zu erkennen an den negativen Vorzeichen der Index-Werte). Das SPD-Überge­wicht nimmt zwar mit jeder Verschiebung des LR-Wertes in Richtung "rechtsaußen" ab (auch im eigentlich linken Spektrum zwischen den Werten von "1" bis "4"), kippt aber erst auf Stufe "6" zugunsten eines CDU/CSU-Übergewichtes um. Dies geschieht entweder dadurch, daß bei konstantem Wert von "LR=6" eine Verschiebung von "ZIEL=0" auf "ZIEL=l" statt­findet, oder dadurch, daß die Rechtsentwicklung über "LR=6" hinaus fortgesetzt wird. Am deutlichsten schmilzt jedoch das SPD-Übergewicht dahin, wenn eine LR-Verschiebung von "extrem linksaußen" (LR=1) nach "fast linksaußen" (LR=2) erfolgt. Dann ist bei konstantem ZIEL-Wert von "0" eine Abnahme des SPD-Vorteils um 19,53% zu beobachten.

Dieser konsequenzenreiche Sprung zu einem stärkeren, wenn auch bei weitem noch nicht übergewichtigen CDU/CSU-Anteil, läßt sich auch für die Befragtengruppen mit einem ZIEL-Wert von " 1" beobachten (dort allerdings auf einem deutlich niedrigen absoluten Niveau, denn der SPD-Vorteil nimmt an dieser Stelle "nur" um 12,47% ab).

Eine ähnliche Entwicklung (allerdings mit umgekehrtem Vorzeichen) führt auf der rechten Seite der LR-Skala zu anderen Resultaten. Zunächst ist dort zu beobachten, daß eine ver­gleichbar deutliche Dominanz des CDU/CSU-Anteils, wie er für die SPD auf dem gegenseiti­gen Skalen-Pol gilt, nur bei gleichzeitigem ZIEL-Wert von "1" gegeben ist. Und auch bei Linksverschiebung der Befragten von "extrem rechtsaußen" (LR=10) auf "fast extrem rechts­außen" (LR=9) findet man nur bei den Befragtengruppen mit "ZIEL=1" ähnlich starke Ver­schiebungen wie sie auf dem linken Skalen-Pol für alle Befragten unabhängig von ihrem je­weiligen ZIEL-Wert gelten.

Dessen ungeachtet ist die Bedeutung eines ZIEL-Wertes von "1" auf beiden Seiten der LR-Skala ähnlich stark ausgeprägt: Verschiebungen auf der ZIEL-Skala von "0" nach "1" führen immer zu Veränderungen des Parteienverhältnisses zugunsten von CDU/CSU. Allerdings ist das Ausmaß der Begünstigung abhängig vom LR-Wert. Auf mittleren LR-Stufen ist sie sehr schwach ausgeprägt, während sie in beiden Extrembereichen relativ hoch ausfällt (vgl. Spalte "Diff." in Tabelle 5). Besonders hinsichtlich der Bedeutung von ZIEL-Verschiebungen auf dem linken Pol der LR-Skala ist es sicherlich überraschend, daß dort die extrem linksideolo­gische Selbsteinstufung (LR=1 oder LR=2) nicht davon abhält, bei konservativer Zielver­schiebung (von ZIEL=0 auf ZIEL=l) SPD-Präferenzen zugunsten von CDU/CSU-Vorlieben aufzugeben.

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Anhand der Werte des Relationen-Index aus Tabelle 5 läßt sich auch sehr gut verdeutlichen, warum es in der LOGIT-Analyse sinnvoll sein kann, neben den hier benutzten "Logit-Koeffi-

zienten" auch die sogenannten "Effekt-Koeffizienten" zu betrachten:20

Wie unschwer auszurechnen ist, entspricht die Veränderung des Relationen-Index bei Verän­derung einer unabhängigen Variablen um eine empirische Einheit (z.B. von 7.61 auf 15.49 bei einer Veränderung von LR=9 auf LR=10) einem konstanten Faktor, mit dem der Index-Wert vor der Veränderung von LR (hier: 7.61) multipliziert werden muß. Im Beispiel beträgt dieser Faktor "2.03", denn es gilt:

"15.49 - 7.61 * 2.03" aber z.B. auch: "7.61 3.47 * 2.03".

Dieser konstante Faktor von "2.03" bezeichnet mithin die prozentuale Verschiebung im Ver­hältnis der Wahrscheinlichkeiten von CDU/CSU-Wahl zu SPD-Wahl bei Veränderung der ent­sprechenden unabhängigen Variablen (hier: LR). Er kann deshalb auch als Effekt-Koeffizient "E(Xjkm)" definiert werden.

Im Beispiel meint "E(X1,2;m)=2.03", daß bei Anstieg von Xm=LR um eine empirische Einheit auf der Links-Rechts-Skala (d.h. bei einer Verschiebung von links nach rechts um eine zusätzliche Ideologie-Stufe) die Wahrscheinlichkeit einer CDU/CSU-Wahl zuungunsten einer SPD-Wahl um das 2.03-fache ansteigt. Dieser Anstieg ist unabhängig davon, ob die Ver­änderung von LR=3 auf LR=4 oder von LR=9 auf LR=10 erfolgt, und ist mithin auch unab­hängig davon, ob die Ausgangswahrscheinlichkeit für eine CDU/CSU-Wahl vor der Rechts-Verschiebung bei 7.36% (im Falle von LR=3 und ZIEL=0) oder bei 79.84% (im Falle von LR=9 und ZIEL=0) liegt.21

22 Effekt-Koeffizienten können auch direkt aus den Logit-Koeffizienten abgeleitet werden.

Dafür gilt:

E (Xjkm) = exp (bjkm)

oder im vorliegenden Anwendungsbeispiel:

E (LR12) = exp (0.71) = 2.03 (vgl. dazu Gl.(5.3))

20 Vgl. dazu Kiihnel et al. 1989: 57-61, die einen entsprechenden Vorschlag von Long (1987) aufgreifen. 21 Vgl. zu den hier benutzten Zahlen die Werte in Tabelle 4. 22 Es ist zu beachten, daß nach der folgenden Gleichung ein substanzieller Null-Effekt einen Effekt-Koeffi­

zienten mit dem Wert "1" erzeugen muß, so daß bei negativen Logit-Koeffizienten ein Effekt-Koeffizient "E(X) < 1" entsteht. Um dessen (negativ gerichtete) Einflußstärke mit derjenigen positiver Logit-Koeffi­zienten vergleichen zu können, sollte als absolute Größe sein Kehrwert interpretiert werden (vgl. dazu die anschauliche Darstellung in Kühnel et al. 1989: 57-61).

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Effekt-Koeffizienten lassen sich auch standardisieren, so daß ihre Größe nicht mehr durch die Skalierungs-Form der jeweiligen unabhängigen Variablen bestimmt wird. Denn immerhin sollte es im Vergleich verschiedener Einflußstärken (innerhalb einer Schätzgleichung!) doch einen Unterschied machen, ob ein Effekt von einer empirischen Veränderung der Variablen "LR" mit ihren 10 Ausprägungen oder der dichotomen Variablen "ZIEL" (mit 2 Ausprägun­gen) ausgeht. Eine Standardisierung der Effekt-Koeffizienten wird dadurch erreicht, daß als effektauslösendes Ereignis nicht mehr Veränderungen um eine empirische Einheit, sondern um eine Einheit der Standardabweichung betrachtet werden. Dementsprechend werden die standardisierten Effekt-Koeffizienten berechnet:

stand.E (Xjkm) = exp (bjkm * sm) (mit sm := Standardabweichung

23 von Xm)

oder in unserem Anwendungsbeispiel:

stand.E (LR12) = exp (0.71 * 2.055)

= exp (1.46)

= 4.30

stand.E (ZIEL12) = exp (0.45 * 0.499)

= exp (0.23)

= 1.25

Entsprechend der oben berechneten standardisierten Effekt-Koeffizienten von "E(bLR)=4.30" und "E(bZIEL)=1.25" verschiebt eine standardisierte Veränderung der Variablen "LR" die Wahrscheinlichkeit einer CDU/CSU-Wahl um das 4.3-fache zuungunsten einer SPD-Wahl, während eine standardisierte Veränderung der Variablen "ZIEL" zwar eine Verschiebung in die gleiche Partei-Richtung, aber nur um das 1.25-fache bewirkt. Im Vergleich beider Effekt-Koeffizienten ist also der standardisierte Einfluß der Variablen "LR" auf die Wahlentschei­dung zugunsten der CDU/CSU (im Verhältnis zu einer SPD-Wahl) über dreimal so groß wie der Einfluß der Variablen "ZIEL".

Mit Hilfe von Effekt-Koeffizienten kann also eine besondere Eigenschaft von LOGIT-Model­len berücksichtigt werden, die als Folge der nicht-linearen Funktionsspezifikation solcher Modelle auftritt: nicht-lineare Statistik-Modelle liefern als Schätzungen für die Einflußstärke von unabhängigen Variablen bestimmte Veränderungsraten der abhängigen Variablen (hier: der Wahrscheinlichkeit, eine bestimmte Partei zu wählen), die inhaltlich zwar leicht zu verste-

23 Im von uns benutzten EDV-Statistik-Programm SYSTAT (vgl. Anhang) wird die Standardabweichung wie folgt berechnet (im Modul STATS):

SELECT wahl < >. STATISTICS lr, ziel

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hen sind, die aber nicht stabil bleiben und in ihrem Umfang je nach situationsspezifischen Randbedingungen variieren. Erst wenn nicht mehr die Veränderungsraten der absoluten Pro­zentanteile einer bestimmten Partei betrachtet werden, sondern die Veränderungsraten der prozentualen Relation zwischen jeweils zwei verschiedenen Parteien ins Blickfeld der Analyse gerückt werden, läßt sich in Form von Effekt-Koeffizienten eine stabile Einflußstär­ke diverser unabhängiger Variablen berechnen.

Einer vergleichbaren Denkweise entspringt auch ein anderes Interpretationsmaß der LOGIT-Analyse, das als Kennwert für die oben benannte Einflußstärke die "prognostizierte, von Xm

ausgelöste, mittlere Veränderungsrate von P(Y)" benutzt (im folgenden kurz "mittlere Verän-

derungsrate" genannt).24 Diese versucht, die in Abhängigkeit von besonderen Randbedin­gungen variierenden Veränderungsraten der geschätzten P(Y) in einem einzigen durchschnitt­lichen Wert zu konzentrieren. Solche mittleren Veränderungsraten sollen im folgenden für das multinomiale LOGIT-Modell berechnet werden.

Dazu müssen wir zunächst für jede Wahl-Alternativwahl-Relation einen mittleren, beobachte­ten Logit-Wert ermitteln (ganz analog zum Vorgehen in der binomialen Analyse). Wir benut­zen dazu die beobachteten Prozentwerte des tatsächlichen Wahlergebnisses und berechnen daraus:

Die mittlere Veränderungsrate ergibt sich nunmehr für jede X-Variable aufgrund der nach Gl.(7.1) und (7.2) berechneten Wahrscheinlichkeitsdifferenzen vor und nach der Erhöhung von "L" um "bm":

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Nach Gl.(l 1) können auch die mittleren Veränderungsraten aller anderen X-Variablen ermit­telt werden. Tabelle 6 zeigt die entsprechenden Werte im Überblick:

Die mittleren Veränderungsraten der beiden binomialen Modelle werden weitgehend repli­ziert (Unterschiede für die CDU/CSU ergeben sich nur hinter dem Komma). Finden Verände­rungen in LR und ZIEL um jeweils eine Skaleneinheit nach oben statt, so steigt der prozen­tuale CDU/CSU-Anteil beträchtlich an. Im Durchschnitt ziehen die CDU/CSU-Wahlchancen um 16% an, wenn die Wähler eine ideologische Rechtsentwicklung von einer Stufe (auf der

25 insgesamt zehnstufigen LR-Skala) vollziehen. Für die SPD ist ein solcher Rechtstrend mit durchschnittlich 13%igen Verlusten verbunden. Wie wir gesehen haben, können sich diese Zuwächse und Verluste allerdings beträchtlich verändern, wenn bei der Analyse berücksich­tigt wird, von welcher ideologischen Position aus die Rechtsentwicklung vollzogen wird (vgl. Tabellen 4 und 5).

Weniger hart wird die SPD von Verschiebungen in der obersten politischen Zielpriorität der Wähler getroffen. Befürworten Personen ein oberstes politisches Ziel "Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung", so sinken ihre Wahlambitionen für die SPD um durchschnittlich 5%, während sie für die CDU/CSU um 13% steigen. Auch diese Zahlen sind wiederum Mittelwer­te, die in Abhängigkeit von den verschiedenen ideologischen Grundpositionen der Wahlbür­ger variieren (vgl. Tabellen 4 und 5).

Tabelle 6: Mittlere geschätzte Veränderungsraten des binomialen und multinomialen LOGIT-Modells

25 Die Höhe einer jeden geschätzten Veränderungsrate ist natürlich von der jeweiligen Referenzalternative ab­hängig: Wie erinnerlich wurde in unserem Beispiel die Wahl einer Restpartei (einer Partei also, die nicht die CDU/CSU oder die SPD ist) als Referenzalternative bestimmt. Somit bedeutet hier eine Veränderungsrate von 16%, daß bei LR-Verschiebungen ein Anstieg der CDU/CSU-Wahlchancen von 16% zu erwarten wäre, wenn als einzige Entscheidungsaltemative die Wahl einer "Rest-Partei" angestanden hätte.

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4. Weiterentwicklungen der multinomialen LOGIT-Analyse

Erfolgreiche statistische Modelle müßten genauso wie erfolgreiche theoretische Modelle die Kraft eines problemerzeugenden und problemlösenden Forschungsprogramms entwickeln können. In einem statistischen Forschungsprogramm sollten deshalb Modellerweiterungen zu erkennen sein, die für bisher ungelöste Anwendungsprobleme. Lösungsvorschläge bereitzu­stellen versuchen.

Wir wollen im folgenden drei Entwicklungen benennen, die die Möglichkeiten von LOGIT-Analysen erweitern können.26 Sie sind zum größten Teil noch nicht in den LOGIT-Prozedu-ren der EDV-Standardpakete enthalten und werden deshalb hier auch nicht weiter ausgeführt.

Spezifische Weiterentwicklungen der LOGIT-Analyse sind:

1 Konditionale LOGIT-Modelle (nach McFadden), die im Vergleich zu den "klassischen" LOGIT-Modellen zwei Hauptunterschiede aufweisen: Zum einen muß die Anzahl der Ent­scheidungsalternativen für jeden Befragten nicht gleich groß sein. Zum anderen wird die modellinterne Bedeutung der Variablen insofern verändert, als die unabh. Variablen nun­mehr als Eigenschaften der Entscheidungsalternativen angesehen werden und nicht mehr als Merkmale der individuellen Entscheidungsträger (vgl. McFadden 1974).

2 Simultan geschätzte LOGIT-Modelle, bei denen man von der Annahme ausgeht, daß min­destens zwei verschiedene Y-Variablen nicht nur von einem bestimmten Satz von X-Vari­ablen beeinflußt werden, sondern daß sie auch von den jeweils anderen Y-Variablen beein­flußt werden können (vgl. Schmidt/Strauss 1975).

3 Sequentielle LOGIT-Modelle, die kein statisches Entscheidungsverhalten mehr unterstel­len. Denn klassische LOGIT-Modelle gehen davon aus, daß einmal ausgeblendete Alterna­tiven nicht zu Veränderungen der subjektiven Präferenzrelationen führen. Diese Annahme kann aber immer dann unangemessen sein, wenn im Entscheidungsprozeß sowohl In­formationen gesucht, als auch Alternativen sukzessive ausgeschlossen werden und da­durch die verbliebenen Alternativen eine neue Bewertung erfahren. Sequentielle LOGIT-Modelle versuchen deshalb, die Parameter dynamischer EntScheidungsprozesse zu berech­nen (vgl. ElliottlHollenhorst 1981).

26 Einen umfassenden Überblick gibt Maddala (1983).

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Anhang: Standardisierte Software zur Berechnung von multinomialen LOGIT-Modellen.

Nur wenige der auf dem Markt angebotenen EDV-Pakete zur Analyse statistischer Modelle bieten Unterpro­

gramme bzw. Prozeduren zur Berechnung von multinomialen LOGIT-Modellen (z.B. gehören SPSS-X und

SPSS/PC nicht dazu, mit SAS (Prozedur CATMOD) ist es hingegen möglich, auch multinomiale LOGIT-

Modelle zu schätzen.

Eines der wenigen Programmpakete, das recht gute Möglichkeiten zur multinomialen LOGIT-Analyse bietet, ist

das besonders in den USA sehr weit verbreitete PC-Programmpaket "SYSTAT" mit seinem Zusatz-Modul

"LLOGIT".27

Im folgenden wird die Befehls-Syntax von SYSTAT/LLOGIT zur Analyse multinomialer LOGIT-Modelle vor­

gestellt. Zur Veranschaulichung benutzen wir das im Text verwendete Wahl-Beispiel mit seinen Variablen:

WAHL, LR und ZIEL.

Alle unabänderlichen Programm-Eingaben (wie z.B. Befehle) erscheinen in Großschrift, frei wählbare Namen

(wie z.B. File- und Variablennamen) in Kleinschrift:

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Priv.-Doz. Dr. Dieter Urban Fachbereich 1 - Soziologie Universität Duisburg - Gesamthochschule -Lotharstraße 65 D- 4100 Duisburg

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Datenreport: Die Vereinigung der beiden deutschen Staaten

Im Zuge der durch Gorbatschow eingeleiteten politischen Veränderungen in der Sowjetunion

und der damit verbundenen Neuorientierung in der DDR haben sich die Chancen für eine Ver­

einigung1 der beiden deutschen Staaten grundlegend verändert. Seit den Geschehnissen im 2

Herbst des letzten Jahres hat das Thema Wiedervereinigung in rasanter Weise an Aktualität

gewonnen. Insbesondere seit der Öffnung der Mauer am 9. November 1989 beschäftigen sich

die Medien und Menschen in beiden deutschen Staaten intensiv mit dieser Frage.

Nachdem aufgrund des Mauerbaus 1961 die Grenzen zwischen Ost und West auch optisch

manifestiert worden waren, besaß die Wiedervereinigungsfrage längere Zeit nur noch unterge­

ordnete politische Aktualität. Die deutsche Frage schien - zumindest bis zu jenen dramati­

schen Ereignissen im Herbst 1989 - nicht im Mittelpunkt des Befragungsinteresses zu stehen.

Wir wollen in diesem Beitrag die Frage stellen, wie sich die westdeutsche Bevölkerung über

die letzten 40 Jahre mit diesem Thema befaßt hat und welche Einstellungen sie dazu äußerte.

Es soll der Versuch gemacht werden, einige Einstellungsdaten aneinanderzureihen. Optimal

wäre für ein solches Unterfangen eine Datenreihe auf der Basis immer gleichlautender Frage­

stellungen. Bei der Suche nach gleichen Fragen - insbesondere aus weit zurückliegenden

Jahren - wiederholt sich die Erfahrung, daß Material für exakte Zeitreihen schwer verfügbar

zu machen ist bzw. gar nicht existiert. In unserem konkreten Falle mußten wir sogar feststel­

len, daß nicht nur geringe Abweichungen bezüglich der Fragestellungen vorlagen, sondern

zum Teil ganz unterschiedliche Inhalte abgefragt wurden, die die Einreihung der einzelnen

Frage in eine Zeitreihe problematisch werden ließen. Dennoch können die von uns zusam­

mengestellten Daten einen Überblick geben über die Stimmung der Bevölkerung zur Frage

der Wiedervereinigung.

Beginnen wir mit einer Übersicht, die als kleiner Indikator für die "Konjunktur" des Themas

Wiedervereinigung gelten kann. In einer Recherche über die gesamten Datenbestände des

Zentralarchivs, die allerdings nicht alle in der Bundesrepublik durchgeführten Umfragen zum

Thema Wiedervereinigung enthalten, haben wir zusammengestellt, in wie vielen Datensätzen

pro Jahr die Frage der Wiedervereinigung thematisiert wurde. Die Abbildung 1 zeigt die Häu­

figkeit, mit der dieses Thema in unseren Datensätzen angesprochen worden ist. Einer

Häufung dieses Themas in den Frühzeiten der Bundesrepublik steht eine gewisse "Vernach­

lässigung" in den späten 60er und 70er Jahren gegenüber.

1 Wir werden im folgenden von Vereinigung oder Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten in Abhängigkeit vom jeweiligen Sprachgebrauch in der zitierten Erhebung sprechen.

2 Daß dieses Thema auch in anderen Ländern Resonanz findet, zeigt die jüngst veröffentlichte Umfrage der "New York Times" und CBS, die in den USA eine 76%ige Zustimmung zur deutschen Wiedervereinigung ermittelte.

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Abbildung 1: Fragen zur Wiedervereinigung in den Datensätzen des Zentralarchivs

Diese Darstellung zeigt einen ähnlichen Verlauf wie die Ergebnisse auf die Frage nach den wichtigsten politischen Themen, die wir dem Aliensbacher Jahrbuch der Demoskopie 1978-1983, S. 334 entnommen haben.

Abbildung 2: "Was halten Sie für die wichtigste Frage, mit der man sich heute in der Bun­desrepublik allgemein beschäftigen sollte?" Als wichtigste Frage geben Wiedervereinigung an:

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Ergebnisse aus Berichten früher amerikanischer Untersuchungen

Nach der Besetzung durch die Alliierten und der damit verbundenen Zonenaufteilung in Deutschland infolge des 2. Weltkriegs hat der Gedanke an ein vereintes Deutschland die Be­völkerung sehr beschäftigt. Dies jedenfalls belegen die OMGUS- und HICOG-Reports.3 In der Zeit von 1945 bis 1959 sind empirische Untersuchungen in Westdeutschland und Berlin durchgeführt worden, die unter der Leitung der amerikanischen Behörden standen. Die Er­gebnisse dieser Erhebungen wurden in Reports niedergelegt. Die zunächst als geheim klassifi­zierten Berichte der Amerikaner sind inzwischen längst freigegeben worden und wegen ihrer Bedeutung für die empirische Forschung in der deutschen Nachkriegszeit vollständig im Zen­tralarchiv zusammengetragen worden4.

Eine Frage, die die Amerikaner damals an die Bevölkerung der amerikanischen Zone (Bayern, Hessen und Württemberg-Baden) richteten, war, ob sie glaubten, daß die Alliierten erfolgreich kooperieren würden, um ein vereintes Deutschland nach dem Ende der Besatzung zu hinterlassen. Die Ergebnisse zeigen, daß der Pessimismus von Januar 1946 bis Januar 1948 hinsichtlich dieser Fragestellung zunimmt. Von Januar 1948 bis Februar 1949 hat sich kaum etwas an der Einstellung der Bevölkerung geändert. 1946 sagten 70% der Befragten, daß die Alliierten kooperieren werden, um ein vereintes Deutschland zu hinterlassen, im Februar 1949 nur noch gut 10% (vgl. Abb. 3).

Abbildung 3: (Frage 1 = F1): "Glauben Sie, daß die Alliierten erfolgreich kooperieren werden, um am Ende der Besatzung ein vereintes Deutschland zu hinterlassen?"

Erhebungsdatum: Januar 1946 - Februarl949 Quelle: OMGUS-Report, Nr. 175, S. 58 Grundgesamtheit: US-Zonenbevölkerung

3 Unmittelbar nach Einmarsch der amerikanischen Truppen in Deutschland begannen amerikanische Wissenschaftler mit der Ermittlung von Einstellungen und Meinungen in der deutschen Bevölkerung, die Aufschluß über Stimmungen und mögliche politische Verhaltensweisen geben sollten. Von 1945 bis 1949 richteten sich diese Berichte an das Office of Military Government for Germany (U.S.), OMGUS. Die Reports, die von 1949 bis 1955 erstellt wurden, an die High Commission for Germany, HICOG.

4 Vgl. Fischer, H. H.; Bauske, F.: Die Anfänge der empirischen Sozialforschung in Deutschland nach dem Kriege: "Die OMGUS-, HICOG- und EMBASSY-Studien". In. ZA-Information 14, Mai 1984, S. 28-31

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Abbildung 4: (Frage 2 = F 2): "Glauben sie, daß es in der Zukunft eine vereinte Regierung für ganz Deutschland geben wird?"

US-Zone Berlin

Erhebungsdatum: September 1948 - Oktober 1949 Quelle: HICOG-Report, Nr. 17S, S. 29 Grundgesamtheit: US-Zone / Berlin

Im September 1948, als die Berliner Blockade anhielt und ihr Ausgang zweifelhaft war, glaubten 60% der US-Zonenbevölkerung, daß Deutschland eines Tages wieder eine gemein­same Regierung haben würde. Es ist interessant, daß die Bildung der Bonner Regierung den Trend nicht ungünstig beeinflußte. Die West-Berliner waren insgesamt bezüglich dieser Frage optimistischer. Die allgemeine Stimmung in West-Berlin sank im Vergleich zum Sep­tember 1948 im Februar 1949 um 20%. 61% glaubten im Februar 1949 nicht an eine zukünf­tige Einigung. Aber der Trend stieg im Sommer nach der Aufhebung der Blockade wieder stark an. Im November 1949 glaubten 90%, daß Deutschland wieder vereinigt würde (vgl. Abb. 4).

Untersuchungsergebnisse aus dem Jahre 1953 legen in ihren Fragen den Schwerpunkt auf eine Wiedervereinigung unter der Bedingung der Neutralität (siehe Tabelle 1).

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Tabelle 1: (Frage 3 = F 3): "Angenommen, Rußland würde einer Wiedervereinigung Deutsch­lands durch freie Wahlen nur unter der Bedingung zustimmen, daß Deutschland neutral bleibt und ihm nicht erlaubt wird, eine Allianz weder mit dem Westen noch mit dem Osten ein­zugehen, würden Sie unter diesen Umständen mehr für oder mehr gegen eine augenblickliche Wiedervereinigung sein?"

West-Deutschland West-Berlin "Ostzone"

mehr für Wiedervereinigung 55% 42% 52% mehr gegen Wiedervereinigung 21% 52% 39% keine Meinung 24% 6% 9%

100% 100% 100%

Quelle: HICOG-Repoit, Nr. 185, S. 31 Grundgesamtheit: West-Deutschland / West-Berlin / Ostzone Erhebungsdatum: August 1953

Erstaunlich ist, daß immerhin 39% der Bevölkerung aus der damals sogenannten "Ostzone" gegen eine Wiedervereinigung waren. Befragt nach den Gründen dieser Haltung, wurde an erster Stelle die Angst vor einer neuen Vereinnahmung durch die "Russen" genannt. Neutral und ohne eigene Armee wäre man nach Meinung der Befragten völlig schutzlos, und die So­wjetunion würde bald wieder eine Invasion planen. Die folgenden zwei Tabellen zum Erhe­bungszeitraum 1954 und 1955 stellen anschaulich dar, daß die Einstellung zur Wiedervereini­gung insgesamt sehr positiv war, die Chancen für eine Wiedervereinigung jedoch realisti­scherweise geringer eingeschätzt wurden.

Tabelle 2: (Frage 4 = F 4): "Wenn Sie alle Aspekte betrachten, was ist Ihre Einstellung hin­sichtlich einer Wiedervereinigung Deutschlands im Moment?"

Quelle: HICOG-Report, Nr. 211, S. 2 Grundgesamtheit: West-Deutschland / West-Berlin

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ZA-Information 26 Seite 67

Tabelle 3: (Frage 5 = F 5): "So wie die Dinge heute stehen, glauben Sie, daß die gegenwärti­gen Chancen für eine Wiedervereinigung ganz Deutschlands gut oder schlecht stehen?"

Quelle: HICOG-Report, Nr. 211, S. 11 Grundgesamtheit: West-Deutschland / West-Berlin

Die Ergebnisse zeigen, daß die positive Einstellung bezüglich der Wiedervereinigung inner­halb eines Jahres nur wenig abgenommen hatte, daß aber die Chancen auf eine Einigung im April 1955 erheblich geringer eingeschätzt wurden im Vergleich zum Januar 1954. Vermut­lich sind diese Ergebnisse eine Reaktion auf die Pariser Konferenz und die Auswirkungen ihrer Beschlüsse hinsichtlich der deutschen Frage.

Ergebnisse aus den Archivbeständen

Als nächstes greifen wir Studien aus den maschinenlesbaren Datenbeständen des Zentralar­chivs auf. Das Frankfurter Meinungsforschungsinstitut DJVO führte im März 1955 im Auftra­ge der USIA (Washington) eine ausführliche Befragung zur Wiedervereinigung durch. Die Er­gebnisse dokumentieren sehr eindrucksvoll die breite Zustimmung, die eine Vereinigung der beiden deutschen Staaten in der bundesrepublikanischen Bevölkerung fand (Tabelle 4).

Tabelle 4: (Frage 6 = F 6): "Wenn Sie alles bedenken, was ist Ihre Einstellung hinsichtlich einer gegenwärtigen Wiedervereinigung von ganz Deutschland?"

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Vom April und August 1959 finden wir zwei aufeinanderfolgende Erhebungen, in denen "Aussichten auf eine Wiedervereinigung" thematisiert werden. Hier zeigt sich wieder die rea­listische Einschätzung der Befragten, die eine Vereinigung zum damaligen Zeitpunkt für weitgehend unmöglich ansehen (vgl. Tabelle 5).

Tabelle 5: (Frage 7 = F 7): "So wie die Dinge liegen, halten Sie jetzt die Aussichten auf eine Wiedervereinigung von ganz Deutschland für gut oder schlecht?"

April 1959 August 1959 (n=1126) (n=1356)

sehr gut 1,2% 0,5% gut 10,0% 9,7% mittelmäßig 27,8% 19,1% schlecht 38,8% 41,4% sehr schlecht 15,3% 21,2% keine Meinung 7,5% 8,6%

100% 100%

Quelle: DIVO, ZA-Studien-Nr. 0593,0594 Grundgesamtheit: Bundesrepublik Deutschland einschl. West-Berlin ohne Saarland

1962, ungefähr ein halbes Jahr nach dem Mauerbau, wurde vom EMNID-Institut, Bielefeld, eine Befragung zur Wiedervereinigung durchgeführt. Befragt wurde die Bevölkerung der Bundesrepublik ohne West-Berlin in den Monaten April und Mai. Auf die Frage: (F8) "Wenn Sie die Aussicht auf Wiedervereinigung erwägen, wie schätzen Sie diese ein?" antworteten 56,6%, daß diese in absehbarer Zeit nicht zu erreichen sei. 29% waren der Meinung, daß die Wiedervereinigung auf längere Sicht kommen würde, und 6,8% glaubten, daß es durchaus möglich sei bzw. daß sie bald käme; 7,6% nahmen dazu keine Stellung. Die Aussichten auf eine Wiedervereinigung erreichen den Tiefstpunkt.

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Tabelle 6: (Frage 9 = F 9): "Einstufung der persönlichen Bedeutung der Wiedervereinigung Deutschlands"

00. Keine Bedeutung 9,9% 01. 3,5% 02. 3,7% 03. . 3,9% 04. 4,5% 05. 10,7% 06. 5,2% 07. 5,2% 08. 6,9% 09. 5,2% 10. Von größter Bedeutung 34,2%

keine Meinung 10,4%

Quelle: Klingemann u. Pappi: Bundestagswahl 1972; MARPLAN, ZA-Studien-Nr. 0631 Grandgesamtheit: Bundesrepublik Deutschland ohne West-Berlin Erbebungsdatum: September bis Oktober 1972 Befragte: 1588

Die Ergebnisse dieser MARPLAN-Studie von 1972 zeigen, daß die Bedeutung des Themas Wiedervereinigung auch zu diesem Zeitpunkt keineswegs vollkommen an Bedeutung verlo­ren hatte. Die relativ hohe Bedeutung der Vereinigung der beiden deutschen Staaten ist ver­mutlich in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Diskussion um die Ostverträge zu sehen.

Nun weisen unsere Datenquellen eine Lücke bis zum Ende der 80er Jahre auf. Im Juni 1989 besuchte Generalsekretär Gorbatschow die Bundesrepublik. Aus diesem Anlaß führte die For­schungsgruppe Wahlen e.V. eine Befragung durch. Neben Fragen zur Entwicklung in der So­wjetunion wurde auch danach gefragt, ob durch die Politik Gorbatschows eine Wiedervereini­gung der beiden deutschen Staaten wahrscheinlicher würde oder ob sich dadurch nichts ändere. Von den Befragten glaubten 40,7%, daß die Wiedervereinigung durch Gorbatschows Politik wahrscheinlicher würde, nur 1,5% glaubten, daß sie unwahrscheinlicher würde. 55,8% nahmen an, daß sich aufgrund der Politik Gorbatschows nichts ändern würde (siehe Tabelle 7).

Page 71: ZA-Information 26 Mai 1990 - GESIS...ZA-Information 26 Seite 7 1806 Meinungen der sowjetischen Bürger über die Deutschen 1989 STERN, Gruner + Jahr, Hamburg; Allunionszentrum zur

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Tabelle 7: (Frage 10 = F10): "Glauben Sie, daß durch die Politik von Gorbatschow die Wie­dervereinigung wahrscheinlicher wird, daß sie unwahrscheinlicher wird oder daß sich dadurch nichts ändert?"

Juni 1989 (n=1026)

wahrscheinlicher 40,7% unwahrscheinlicher 1,5 % es ändert sich nichts 55,8%

Quelle: Forschungsgruppe Wahlen e.V., ZA-Studien-Nr. 1764 Grundgesamtheit: Bundesrepublik Deutschland

Ebenfalls im Jahr 1989 wurde im Juni eine Befragung zur Europawahl durchgeführt. In diesem Zusammenhang sollten sich die Bundesbürger auch darüber äußern, ob sie persönlich für eine Wiedervereinigung sind oder ob ihnen eine Wiedervereinigung gleichgültig ist. Die Ergebnisse zeigen, daß 70,6% der Befragten für eine Wiedervereinigung der beiden deut­schen Staaten sind. Gegen eine Wiedervereinigung sind nur 10,6% und 17% ist die Wieder­vereinigung gleichgültig (Tabelle 8).

Tabelle 8: (Frage 11 = F 11): "Sind Sie persönlich für die Wiedervereinigung der beiden deut­schen Staaten, gegen die Wiedervereinigung, oder ist Ihnen die Wiedervereinigung gleichgül­tig?"

Juni 1989 (n=1248)

für die Wiedervereinigung 70,6% gegen die Wiedervereinigung 10,6% gleichgültig 17,0% keine Antwort 2,0%

Quelle: Forschungsgruppe Wahlen e.V., ZA-Studien-Nr. 1765 Grundgesamtheit: Bundesrepublik Deutschland

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Abschließend nun die eingangs angesprochene Darstellung ausgewählter Fragen. Unterschei­det man nach der Beurteilung von Vereinigungschancen einerseits und der Einstellung zur Wiedervereinigung andererseits, ergibt sich eine deutliche Diskrepanz. Während die positive Einstellung zur Vereinigung auf hohem Niveau relativ konstant bleibt, werden die Realisa­tionschancen in den 50er und beginnenden 60er Jahren als stetig sinkend eingestuft. Mit der neuen Politik von Gorbatschow wurde dieser Trend dann völlig umgekehrt, wie die Befra-gungsergebnise aus dem letzten Jahr zeigen. Die derzeitige politische Lage bestätigt die da­maligen Einschätzungen und Hoffnungen.

Abbildung 5: Einschätzung der Realisierungschancen einer Vereinigung der deutschen Staaten und allgemeine Einstellung zur Vereinigung (zustimmende Antwortkategorien).

Birgit Szumni Isabell Lichtleitner Franz Bauske

perzipierte Chancen einer Vereinigung

Einstellung zur Vereinigung

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Alles Wissenswerte über LISREL: Die Monographien von Bollen (1989) und Hayduk (1988) über Kovarianzstrukturmodelle

Die Kovarianzstrukturanalyse gehört seit einer Reihe von Jahren zum festen Kanon der in den Sozialwissenschaften eingesetzten multivariaten statistischen Analysemodelle. Auch das Zentralarchiv hat inzwischen in mehreren Frühjahrsseminaren dieses Analysemodell und mit LISREL eines der Programme zur Kovarianzstrukturanalyse vorgestellt. Vermißt wurde jedoch bislang eine umfassende und aktuelle Monographie zu diesem Thema. Es existieren zwar eine Reihe deutsch- und englischsprachiger Einführungen in das Thema1, doch sind diese Arbeiten entweder nicht mehr auf dem aktuellen Stand der (Programm-) Entwicklung oder behandeln als Einführungstexte nicht umfassend genug die in der Praxis auftretenden Probleme.

Zwei neuere Arbeiten versprechen hier Abhilfe. Zum einen die Monographie von

Kenneth A. Bollen (1989) Structural Equations with Latent Variables. New York u.a.: J. Wiley & Sons. 514 Seiten, DM 128,-.

Und zum anderen das Buch von

Leslie A. Hayduk (1988) Structural Equation Modeling with LISREL: Essentials and Advances. 3rd printing Baltimore u. London: Johns Hopkins University Press. 405 Seiten, DM 76,-.

Beide Arbeiten sind vor dem Hintergrund langjähriger Erfahrungen der jeweiligen Autoren in der Vermittlung des Stoffes entstanden. Gleichwohl sind die Arbeiten sehr unterschiedlich

1 Zu nennen wären hier z.B. die Arbeiten von Jagodzinski (1986, "Pfadmodelle mit latenten Variablen: Eine Einführung in das allgemeine lineare Modell LISREL". S. 77-121 in: Koolwijk u. Wieken-Mayser (Hrsg.), Techniken der empirischen Sozialforschung, Band 8: Kausalanalyse. München: Oldenbourg), Long (1983a, Confirmatory Factor Analysis: A Preface to LISREL. Beverly Hills u.a.: Sage; 1983b, Covariance Structure Models: An Introduction to LISREL. Beverly Hills u.a.: Sage), Pfeifer u. Schmidt (1987, LISREL: Die Analyse komplexer Strukturgleichungsmodelle. Stuttgart u.a.: G. Fischer) oder Saris und Stronkhorst (1984, Causal Modeling in Nonexperimental Research: An Introduction to the LISREL Approach. Amsterdam: Sociometric Research Foundation).

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konzepiert, was vielleicht auch daran hegt, daß Hayduk vor allem Universitätsstudenten un­terrichtete, während Bollen Graduiertenkurse im Rahmen des ICPSR-Sommer-School-Pro-gramms in Ann Arbor betreute. So konzentriert sich Hayduk auf Analysen mit dem LISREL-Programm und beginnt seine Abhandlung sehr elementar. Bollen setzt beim Leser dagegen deutlich mehr Vorwissen voraus, ist dafür jedoch das umfassendere Werk. Neben LISREL wird von Bollen auch auf das Programm EQS eingegangen, und im Zusammenhang mit der Analyse kategorialer Daten werden kurz die Grundgleichungen von LISCOMP vorgestellt. Aufgrund ihrer Verschiedenheit werde ich im folgenden auf beide Arbeiten getrennt eingehen.

Zum Buch von Hayduk

In Hayduks Monographie dienen die ersten drei Kapitel der Vorbereitung. Ausgangspunkt ist eine ausführliche Erläuterung der Bedeutung von Mittelwerten und Varianzen sowie der Rechnung mit Erwartungswerten. Im zweiten Kapitel behandelt er dann unter dem Titel "Tra-ditional Basics" die lineare Regression. Das dritte Kapitel vermittelt die notwendigen Basis­kenntnisse der Matrizenrechnung. Sehr ansprechend fand ich bei der Lektüre die vielen er­läuternden Abbildungen, die auch methodisch nicht so geschulten Lesern das Verständnis sehr erleichtern dürften.

In den folgenden drei Kapiteln werden die eigentlichen Grundlagen der Arbeit mit LISREL vermittelt. Nach der Erläuterung der LISREL-programmspezifischen Notation wird ein em­pirisches Anwendungsbeispiel zum Rauchverhalten vorgestellt. Ausführlich werden die Kon­sequenzen der Modellstruktur auf die erwarteten (modellimplizierten) Varianzen und Ko­varianzen der Indikatoren diskutiert. Aus meiner Sicht zu knapp ausgefallen ist dagegen die Besonderheit von Modellen mit latenten Variablen einschließlich der Diskussion über die Skalierung dieser Variablen sowie über das Konzept der Reliabilität. Ausführlicher und didak­tisch geschickt werden dann wieder in einem eigenen Kapitel die Maximum-Likelihood-Schätzung und das Identifikationsproblem angesprochen. Im nachfolgenden Kapitel werden inferenzstatistische Aspekte der Parameterschätzung behandelt. Hayduk verzichtet hier leider mit einem Verweis auf die Komplexität des Themas auf eine ausführlichere Diskussion neu­erer Entwicklungen, etwa die Berechnung von Teststärken.

Insgesamt haben diese drei Kapitel bei mir einen etwas zwiespältigen Eindruck hinterlassen. Neben einigen auch didaktisch sehr ansprechenden Erläuterungen, erscheinen mir andere Dar­stellungen zu knapp und verkürzt. Bemerkbar macht sich hier auch, daß die - 1987 erstmals erschienene - Arbeit von Hayduk inzwischen nicht mehr auf dem allerneuesten Stand ist. Im­merhin wird stets auf weiterführende Literatur hingewiesen. Als nachteilig empfinde ich schließlich, daß beim Anwendungsbeispiel nicht näher auf die Umsetzung in LISREL-Pro-

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grammanweisungen eingegangen wird, sondern auch hier nur auf das LISREL-Manual hin­gewiesen wird. Offenbar betrachtet Hayduk seine Arbeit primär als eine didaktische und theo­retische Ergänzung zum Programmhandbuch.

Mehr als ausgeglichen wird dieser nicht ganz befriedigende Teil des Buches jedoch durch das

siebte Kapitel, das völlig zutreffend mit "Becoming a LISRELITE: Some Tricks of the Trade

and Learning to Play" überschrieben ist. In diesem Kapitel wird eine Vielzahl der in der Lite­

ratur verstreuten Hinweise zur praktischen Arbeit mit LISREL zusammengefaßt und an Bei­

spielen vorgeführt. Selbst erfahrene Praktiker können hier noch neue "Tricks" lernen, so z.B.

das Modellieren von Interaktionseffekten auf der Ebene der latenten Variablen.3

Das achte Kapitel behandelt die Interpretation von Modellschätzungen, wobei der Schwer­

punkt auf der Zerlegung und Interpretation von Effekten liegt. Die letzten beiden Kapitel be­

schäftigen sich mit Modellerweiterungen, wie simultane Gruppenvergleiche und Modelle mit

, modellierten Mittelwerten (Kapitel 9) und Hinweisen auf die Analyse mit ordinal gemesse­

nen Indikatoren sowie auf alternative Schätzverfahren (Kapitel 10). Da bei der Entstehung

des Buches die jüngste LISREL-Version (LISREL 7) noch nicht vorlag, fehlen naturgemäß

Hinweise über Programmerweiterungen, etwa die inzwischen implementierte Berechnung

vollständig standardisierter Modelle oder die Ausgabe von erwarteten Änderungen der Werte

gefixter Modellparameter nach Freigabe des betreffenden Parameters.

Die Arbeit schließt mit Hinweisen über die Aufdeckung von Fehlern bei der Umsetzung von

Modellen in LISREL-Anweisungen, Verweisen auf weitere Schätzverfahren neben der im

Buch behandelten ML-Schätzung und kommentierten Literaturhinweisen. Der letzte Absatz

ist der nicht oft genug zu wiederholenden Warnung vor einer rein technischen Anwendung

von LISREL gewidmet: ohne substantielle Kenntnisse über das Forschungsfeld ist die Arbeit

mit Stukturgleichungsmodellen wenig sinnvoll.

Zum Buch von Bollen

Im Unterschied zu Hayduks Arbeit setzt die Lektüre der Monographie von Bollen deutlich

mehr mathematische und statistische Kenntnisse voraus. Zwar werden in zwei Anhängen die

2 Jöreskog u. Sörbom (1988), LISREL 7: A Guide to the Program and Applications. Chicago: SPSS Inc. 3 An dieser Stelle sei mir der Hinweis erlaubt, daß aus statistischer Sicht die von Hayduk gewählte

Schätzung nichtlinearer Effekte unter Normalverteilungsannahme (ML oder LISREL-GLS) problematisch erscheint.

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notwendige Matrix-Algebra erläutert und Grundlagen asymptotischer Verteilungstheorie wie­dergegeben. Gleichwohl können diese Anhänge m.E. eher als ein Eingangstest denn als eine Einführung betrachtet werden: Wer die beiden Anhänge versteht und durcharbeiten kann, der dürfte auch mit dem eigentlichen Text keine Schwierigkeiten haben.

Ist diese Anfangshürde jedoch überwunden, wird die Lektüre vermutlich sehr gefallen. Ich kenne kaum ein anderes Buch, das so klar und umfassend eine Thematik abhandelt. Die Ar­beit könnte fast als Enzyklopädie zur Analyse von Strukturgleichungsmodellen gelten, wären aus didaktischen Gründen nicht manche Gesichtspunkte an eher unerwarteter Stelle im Text versteckt oder über verschiedene Kapitel verstreut. Dank eines recht ausführlichen Registers ist dies jedoch kein echter Nachteil. Anders als in der Arbeit von Hayduk beschränkt sich dieses Register jedoch leider nur auf Stichwörter und enthält keine Autorennamen.

Das Buch beginnt mit einer kurzen Einführung in die historische Entwicklung der Arbeit mit Strukturgleichungsmodellen. Nach der Erläuterung der LISREL-Notation wird anschließend knapp das Rechnen mit Kovarianzen und eine erste Einführung der Effektzerlegung in Pfad­modellen behandelt. Es folgt ein interessantes Kapitel über Kausalität bei der Analyse von Strukturgleichungsmodellen. Vielleicht etwas zu versteckt in einer Fußnote ist der Hinweis, daß die Darstellung das Ergebnis der Überlegungen des Autors ist und nicht allgemein akzep­tierter Common Sense. Wichtig ist mir, daß in diesem Kapitel ähnlich wie bei Hayduk klar auf die Grenzen der "Kausalanalyse" mittels Modellierung von Strukturgleichungsmodellen hingewiesen wird.

Nachfolgend wird schrittweise in die Modellierung von Strukturgleichungsmodellen einge­führt. Zunächst wird in einem Kapitel die Analyse von Strukturgleichungsmodellen mit feh­lerfrei gemessenen Variablen behandelt. Sehr umfassend wird dabei das Problem der Modell­identifikation thematisiert. In einem Anhang zu diesem Kapitel wird auf zweifache Weise die Minimierungsfunktion bei der ML-Schätzung abgeleitet und beispielhaft das iterative Vorge­hen bei der Minimierung vorgestellt. Ein weiterer Kapitelanhang enthält Erläuterungen und Programmanweisungen für das im Kapitel verwendete empirische Beispiel. Neben LISREL wird auch die Parameterschätzung mit EQS erläutert. Auch die folgenden Kapitel verweisen auf Anhänge, in denen kurz Programmanweisungen zu einem oder zwei im jeweiligen Ka­pitel besprochenen Beispielen vorgestellt und erläutert werden.

Das nächste Kapitel geht auf die Konsequenzen von Meßfehlern bei der Schätzung und Inter­pretation von Strukturgleichungsmodellen ein. Anschließend folgt ein Kapitel über die Be­ziehungen zwischen Indikatoren und Konstrukten, in denen Bollen sehr ausführlich seine eigene Konzeption von Validität und Reliabilität vor dem Hintergrund klassischer Definitio-

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nen vorstellt. Vielleicht hätte der Autor hier stärker darauf hinweisen sollen, daß seine Posi­tion in der Profession nicht uneingeschränkt geteilt wird.

Nach dieser Einführung in die Meßfehlerproblematik folgt ein Kapitel über die konfirmatori-sche Faktorenanalysen. Der Feinaufbau folgt weitgehend dem des Kapitels über Struktur­gleichungsmodelle meßfehlerfrei gemessener Variablen. Ausführlich werden hier Maße der Übereinstimmung zwischen Modell und Daten behandelt. Eingegangen wird auch auf Unter­schiede und Gemeinsamkeiten von Likelihood-Ratio-, Lagrange-Multiplier- und Wald-Tests sowie auf die Modellmodifikation.

Die letzten beiden Kapitel der Arbeit behandeln schließlich die allgemeine Form von Struk­turgleichungsmodellen mit latenten Variablen. Angesprochen wird eine Vielzahl von Ge­sichtspunkten: Schätzung von Teststärken, Berücksichtigung von Mittelwerten, Durchfüh­rung simultaner Gruppenvergleiche, alternative Schätzverfahren (eliptische-, AGLS- bzw. WLS- und Instrumenten-Variablen-Schätzung), die Zerlegung von Effekten, Probleme bei fehlenden Daten, Spezifikation von Gleichheits- und Ungleichheitsrestriktionen, Modellie­rung nichtlinearer Modelle sowie die Analyse ordinaler Variablen.

Nachdem ich sowohl die Arbeit von Hayduk wie die von Bollen gelesen habe, stellt sich bei mir eine Ahnung ein, wie ein optimales Buch über Kovarianzstrukturanalyse aussehen müßte: es sollte so einfach, voraussetzungsfrei und didaktisch geschickt geschrieben sein, wie die Arbeit von Hayduk und so umfassend wie die Arbeit von Bollen. Da es ein solches Werk nicht gibt, sollten beide hier besprochenenen Arbeiten in keiner Methodenabteilung einer Bibliothek fehlen.

Steffen Kühnel

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Methodenprobleme bei der Forschung zu sozialen Problemen und sozialer Kontrolle

Tagungsbericht von der Sektion "Soziale Probleme und soziale Kontrolle" der Deutschen Gesellschaft für Soziologie am 1. und 2. Dezember 1989 in Köln

Die Tagung, organisiert von G. Albrecht (Universität Bielefeld) und K.H. Reuband (Zentral­archiv), war als eine Bestandsaufnahme konzipiert. Es ging um die methodischen Probleme, die sich insbesonders bei der Erforschung abweichenden Verhaltens ergeben. Diese treten in diesem Forschungsbereich in akzentuierter Form auf, sind aber nicht auf ihn beschränkt. Aus dieser Sicht war die Tagung nicht nur für die Soziologie sozialer Probleme von Bedeutung, sondern ebenfalls für die Sozialforschung allgemein. Umso wichtiger erschien auch, daß die bislang weitgehend getrennt verlaufenden Traditionen in der Beschäftigung mit methodi­schen Problemen - innerhalb der spezifischen Bindestrichsoziologie einerseits und der allge­meinen Methodenforschung andererseits - auf Seiten der Referenten und Teilnehmer zusam­mengeführt wurden.

In einem ersten Themenblock ging es um Zugangsprobleme. Die in der Vergangenheit am häufigsten gewählte Form des Zugangs besteht darin, jeweils auf die Personen zurückzugrei­fen, die institutionell (etwa in Gefängnissen oder Therapieeinrichtungen) erfaßt sind. Dabei muß allerdings notwendigerweise unklar bleiben, inwieweit die Befragten für die Gesamtheit der Delinquenten repräsentativ sind oder lediglich ein selektives Abbild repräsentieren, das besser durch das Handeln der Kontrollinstanzen als durch Eigenschaften des Delinquenten erklärt wird. Die (besonders in der Bundesrepublik selten genutzte) Alternative liegt darin, die Delinquenten im Rahmen einer Feldstudie zu erfassen, die über bestehende institutionelle Kontakte hinausgeht. Daß unterschiedliche Arten des Zugangs hier jeweils einen etwas ande­ren Ausschnitt aus der Zusammensetzung der zu untersuchenden Population erbringen und daß es darum wichtig ist, einen möglichst breiten Zugang zu wählen, wurde am Beispiel ei­ner Untersuchung unter Drogenabhängigen zur HIV-Problematik deutlich (D. Kleiber, Ber­lin). Die Möglichkeiten und Probleme, die das "snowball sampling" als Zugangsstrategie auf­wirft, wurden illustriert an Untersuchungen unter Fixern in den Niederlanden. Berichtet wur­de von mehreren Lokalstudien, in denen dieses Verfahren erfolgreich eingesetzt und eine Lon-gitudinalstudie darauf aufgebaut wurde (D. Korf, Amsterdam). Die Zugangs- und Koopera­tionsprobleme bei der Erforschung von Subkulturen wurden weiterhin auf der Basis einer Stu­die unter wohnungslosen Frauen (E. Steinert, Saarbrücken) beschrieben sowie unter Rück­griff auf Studien unter Angehörigen devianter und nichtdevianter Subkulturen (R. Girtler, Wien). Daß es nicht nur Probleme beim Zugang zu devianten Subkulturen gibt, sondern eben-

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falls zu denen, die sich als Kontrolleure dieser Subkulturen verstehen, wurde schließlich in Beiträgen zur Polizei- und Justizforschung deutlich (R. Reichertz, Hagen; C. Lüdemann, Bremen). Der Forscher bedarf auch hier oft großer Geduld und muß unter Umständen gar "Mutproben" bestehen und Initiationszeremonien durchlaufen, ehe es ihm gelingt, Vertrauen aufzubauen und an die für ihn relevanten Informationen heranzukommen.

Der zweite Themenblock handelte von Befragungsstrategien. Dabei ging es um Umfragen als Instrumentarium der Delinquenzforschung, und zwar solche Umfragen, die für die Bevölke­rung als Ganzes oder einzelne Bevölkerungsgruppen repräsentativ sind. Die Personen mit ha-bitualisierter Delinquenz werden zwar in derartigen Erhebungen in der Regel unzureichend abgebildet. Dafür jedoch ist es über sie möglich, zu Aussagen über die Prävalenz der Devianz auch unter Einschluß jener Personen zu kommen, die das Verhalten nur sporadisch - einige wenige Male - ausprobierten. Und schließlich ist man darüber hinaus in der Lage, auch die Bereitschaft der Nichtdelinquenten zur Devianz zu erfassen und damit die Übergänge zwi­schen Konformität und Abweichung besser zu bestimmen. Behandelt wurden im Rahmen dieses Themenkomplexes die Auswirkungen unterschiedlicher Befragungsverfahren auf die selbstberichtete Delinquenz: mündliche vs. schriftliche Verfahren (K.H. Reuband, Köln) sowie postalische vs. schriftliche Befragungen in Gruppensituation (A. Kreuzer u.a., Gießen). Diskutiert wurden Probleme der Validität und Reliabilität sowohl auf der Basis um­frageinterner (C.W. Howe, S. Karstedt-Henke und J. Woltershoff-Neetix, Bielefeld) als auch umfrageexterner Prüfungen (G. Albrecht, Bielefeld). Schließlich wurde untersucht, wie sich Variationen in der Fragefolge auf das Eingeständnis auswirken, zukünftig Delikte begehen zu wollen (N. Schwarz und A. Bayer, Mannheim/Heidelberg).

In einem dritten Teil der Tagung ging es um Statistiken und Unterlagen von Instanzen sozia­ler Kontrolle als Datenquelle. Spätestens seit dem Aufkommen des Labeling-Ansatzes hat dieser Datentyp zugunsten von Befragungsverfahren an Bedeutung verloren. Daß man bei der Analyse der Delinquenz auf derartige Daten nicht generell verzichten kann und schon gar nicht, wenn es um die Erfassung delinquenter Karrieren im Geflecht der Kontrollinstanzen geht, steht jedoch außer Zweifel. Doch was einst geradezu in Überfülle Forschern zur Verfü­gung stand, ist gegenwärtig nur noch schwer zugänglich: Datenschutzbestimmungen erschwe­ren den Zugang und verhindern ihn oft. Im Hinblick auf die damit verbundenen Fragen wurde ein allgemeiner Überblick zum Stand der gegenwärtigen Diskussion gegeben und Pro­bleme, die der Datenschutz allgemein für die Forschung schafft, diskutiert (E.K. Scheuch, Köln). Fallbeispiele für Zugangsschwierigkeiten ergänzten diese Darstellung (T. Karger und P. Sutterer, Freiburg). Schließlich wurde über die Verfügbarkeit, den Nutzen und die Proble­matik bestehender Statistiken und Register berichtet und zugleich deutlich gemacht, daß diese Arten von Daten nach wie vor eine unverzichtbare Quelle in der Forschung über soziale Probleme und soziale Kontrolle darstellen (W. Langer, Hannover, R. Blath, Bonn).

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Es ist geplant, die Beiträge der Tagung im Rahmen der Publikationsreihe der Sektion beim Westdeutschen Verlag zu veröffentlichen. Eine weitere Tagung der Sektion zum Thema "Drug Use and Drug Policy. A European Perspective" wird in Köln vom 27. bis 29. Septem­ber 1990 stattfinden. Sie ist als internationale Tagung konzipiert, in der es darum geht, eine Bestandsaufnahme der sozialwissenschaftlichen Forschung zu diesem Thema vorzunehmen und Ansätze eines internationalen Vergleichs zu entwickeln.

Karl-Heinz Reuband

Stipendien in den Niederlanden

Das Interuniversitäre Zentrum für Theoriebildung und Methodenentwicklung in der Soziolo­gie (ICS) an den Universitäten Groningen und Utrecht bietet auch in diesem Jahr Promotions­stipendien für hervorragend qualifizierte Absolventinnen und Absolventen sozialwissenschaft­licher (einschließlich wirtschaftswissenschaftlicher) Studiengänge an.

Die Stipendien werden für eine Dauer von maximal vier Jahren vergeben. Mit dem Pro­gramm verbunden ist eine strukturierte Ausbildung in den Bereichen Theoriebildung (ein­schließlich formaler Modelle) und (quantitative) Methoden.

Das Bewerbungshöchstalter ist 30 Jahre. Die Höhe der Stipendien beträgt im ersten Aus­bildungsjahr Dfl. 1.778,- brutto/Monat und erhöht sich im Verlauf der Ausbildung bis auf Dfl. 3.168,- brutto/Monat im vierten Ausbildungsjahr.

Das neue Programm beginnt am 1. September 1990. Bewerbungen sind mit den üblichen Unterlagen bis zum 20. Mai 1990 einzureichen bei:

ICS, Heidelberglaan 2, NL-3584 CS Utrecht/Niederlande Informationsmaterial ist auf Anfrage erhältlich.

Telefonische Auskunft unter

Prof. dr. TA.B. Snijders, Prof. dr. R. Wippler

Telefon: 0031-30-531967,

oder

Prof. dr. S. Lindenberg, Prof. dr. F.N. Stokman.

Telefon: 0031-50-636252

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Postgraduierten-Stipendien beim Europäischen Hochschulinstitut

Das Europäische Hochschulinstitut (EHI) ist ein von den Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaften gegründetes Postgraduierten-Forschungsinstitut. Wie es im Gründungsüber-einkommen heißt, wurde das Europäische Hochschulinstitut geschaffen, um das geistige Leben in Europa zu bereichern. Seine Aufgabe ist es, durch seine Tätigkeit und durch seine Wirkung nach außen zur Entwicklung des kulturellen und wissenschaftichen Erbes Europas -in seiner Einheit und in seiner Mannigfaltigkeit - beizutragen. Dieser Aufgabe wird das Insti­tut durch Lehre und Forschung auf höchstem akademischen Niveau gerecht.

In diesem Zusammenhang trachtet das Institut danach, eine europäisch orientierte wissen­schaftliche und kulturelle Ausbildung zu ermöglichen, und führt Forschung in europäischer Perspektive (Grundlagenforschung, Vergleichsforschung sowie auf die Europäische Gemein­schaft ausgerichtete Forschung) auf den Gebieten der Geistes- und Sozialwissenschaften durch. Europabezogene Themen werden in häufig interdisziplinär angelegten Forschungsvor­haben unter der Leitung von Professoren des Instituts zusammen mit dem entsprechenden Forschungspersonal, teilweise unter Mitwirkung von Jean-Monnet-Stipendiaten, untersucht.

Der zum erstenmal auf der Außenministerkonferenz der Sechsergemeinschaft in Messina im Juni 1955 geäußerte Vorschlag, durch eine gemeinsame Einrichtung den Gedanken der euro­päischen Einigung auf Lehre und Forschung auszudehnen, wurde von der Haager Gipfelkon­ferenz im Dezember 1969 endgültig gebilligt. Die anschließenden Verhandlungen führten am 19. April 1972 zur Unterzeichnung des Übereinkommens über die Gründung eines europä­ischen Hochschulinstituts durch die Vertreter der ursprünglichen sechs Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften (Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und Niederlande). Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich traten 1975 bei, Griechenland und Spanien kamen einige Zeit später hinzu. Das Beitrittsverfahren Portu­gals ist bereits angelaufen.

Offiziell eröffnet wurde das Institut im Herbst 1976. Es liegt in unmittelbarer Nähe von Florenz und ist in den historischen Gebäuden der Badia Fiesolana, der Villa Schifanoia und der Villa II Poggiolo untergebracht, die vom italienischen Staat eingerichtet und dem Institut zur Verfügung gestellt wurden.

Anfangs wurden jährlich etwa 35 neue Studenten zugelassen. Diese Zahl hat sich mittlerwei­le beträchtlich erhöht und betrug 92 für das Hochschuljahr 1987/88, 90 für 1988/89 und 100 für 1989/90. Darüber hinaus vergibt das Institut jedes Jahr etwa dreißig Forschungsstipen­dien an Promovierte im Rahmen seines Jean-Monnet-Stipendien-Programms.

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Das Institut nimmt für einen Zeitraum von ein bis drei Jahren Forschungsstudenten aus allen Mitgliedsländern der Europäischen Gemeinschaften auf. Seine Aufgabe ist dabei:

- die Ausbildung junger europäischer Studienabsolventen, die am Ende eines dreijährigen Forschungsaufenthaltes den Doktorgrad des Instituts erwerben wollen;

- die Weiterbildung von Forschungsstudenten, die eine Dissertation an ihrer Heimatuniversi­tät begonnen haben und diese dort nach einem ein- bis zweijährigen Aufenthalt am Institut vorlegen wollen;

- die Entwicklung gemeinsamer Doktoratsprogramme mit anderen europäischen Universitä­ten, die aktiv Forschung auf den gleichen Gebieten wie das Institut betreiben.

Juristen haben die Möglichkeit, innerhalb eines Jahres den Grad eines Master of Legal Studies in Comparative European and International Law (LL.M) zu erlangen. Darüber hinaus gibt es vom Hochschuljahr 1989/90 an in der Abteilung Wirtschaftswissenschaften die Mög­lichkeit, in einem Jahr einen Master Degree in Wirtschaftswissenschaften zu erwerben.

Forschungsschwerpunkte am EHI

Das Institut umfaßt vier Abteilungen: Geschichte und Kulturgeschichte, Wirtschaftswissen­schaften, Rechtswissenschaften, Politik- und Sozialwissenschaften. Die Abteilungen sind für die Organisation der wöchentlichen Forschungsseminare zuständig, die die Grundlage für die Forschungsausbildung darstellen. Die Seminarprogramme sind mit den mittelfristigen For­schungsprojekten der einzelnen Lehrkräfte verknüpft, so daß die neuesten Erkenntnisse auf den jeweils behandelten Gebieten in die Seminare eingebracht werden.

1984 wurde eine interdisziplinäre Forschungsgruppe für Europäische Politik (FEP) geschaf­fen, in der politorientierte Untersuchungen von Themen, die die Europäischen Gemeinschaf­ten betreffen, zusammengefaßt sind. Unlängst wurde ein Zentrum für Europäische Kulturfor­schung gegründet (1987), das mit der Koordinierung und Durchführung der Arbeiten des In­stituts auf diesem Gebiet betraut ist. Aufgrund seiner Dimension deckt das Institut nur einen begrenzten Teil der hier vertretenen Disziplinen ab.

Exemplarisch sollen an dieser Stelle die Forschungsschwerpunkte der Abteilung "Politikwis­senschaft und Gesellschaftswissenschaften" näher vorgestellt werden:

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Die Abteilung Politikwissenschaft und Gesellschaftswissenschaften versucht nicht nur, die beiden Fachbereiche abzudecken, sondern auch noch die Staatsphilosophie und die Ideenge­schichte einzubeziehen. Durch ihre Arbeiten über die demokratischen Regierungsprozesse, die europäische Integration, die sozioökonomische Politik und die Geschichte der politischen Ideen stellt sie eine Verbindung zur Forschungstätigkeit der anderen Abteilungen her.

Von den Forschungsstudenten werden nicht nur ein solider sozialwissenschaftlicher Hinter­grund, sondern auch gute Kenntnisse über analytische Methoden und Vertrautheit mit der in­ternationalen theoretischen Literatur zu Politikwissenschaft und Soziologie erwartet. Ange­hende Forschungsstudenten, die zusätzlich zu den vorgenannten Disziplinen auch Wirt­schaftswissenschaften, Geschichte oder Sozialpsychologie studiert und sich mit Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen befaßt haben, bringen für die Zulassung zur Abteilung besonders gute Voraussetzungen mit.

1. Soziale und politische Theorie

Der Schwerpunkt liegt hier im wesentlichen auf der kritischen Ideologie- und Theorienanaly­se. Vor dem Hintergrund der neueren Entwicklungen der politischen Philosophie findet ein systematisches Studium sozialistischer und liberaler Ideologien statt. Darüber hinaus werden die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte auf den Gebieten der Soziologie und der Politikwis­senschaften in Europa und den Vereinigten Staaten miteinander verglichen und analysiert. Dabei spielen methodische Analysen eine große Rolle, die auch Gegenstand von regelmäßi­gen Lehrveranstaltungen sind.

Auf diesem Gebiet tätige Lehrkräfte:

Professor Klaus Eder Professor Alessandro de GiovanniPizzorno Professor Steven Lukes

2. Gesellschaftsgruppen und soziopolitische Strukturen

Dieses Thema beinhaltet stärker empirisch ausgerichtete Untersuchungen über Probleme im politischen wie im sozialen Bereich in Westeuropa. Im besonderen werden die jüngsten Ent­wicklungen sozialer Gruppen und Bewegungen und der politischen Parteien analysiert. In gleicher Weise sind die Entscheidungsfindungsprozesse europäischer Regierungen sowie die besonderen Merkmale von Ministerialpersonal angesichts der zunehmenden Rolle zahlrei-

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cher Parlamente und Behörden Gegenstand eingehender Untersuchungen. Vergleichsstudien befassen sich mit den Entwicklungen in anderen liberalen Demokratien, besonders in den USA. Außerdem beschäftigt man sich in der Abteilung mit den politischen Umwälzungen, die in einigen osteuropäischen Ländern stattfinden.

Auf diesem Gebiet tätige Lehrkräfte:

Professor Jean Blondel Professor Klaus Eder Professor Allessandro de Giovanni Pizzorno Professor Roger Morgan

_

3. Wirtschafts- und Sozialpolitik

Bei diesem Thema konzentriert sich die Abteilung hauptsächlich auf - den Arbeitsmarkt und auf die Beziehungen zwischen Arbeitsmarkt und Sozialpolitik (z.B.

Arbeitslosenunterstützung, Ausbildungs- und Rentenpolitik); - die Analyse der Politik der öffentlichen Hand (public policy), insbesondere auf das Phäno­

men der Dereglementierung; - die Wechselbeziehung zwischen technologischem Fortschritt und soziopolitischen Phäno­

menen.

Auf diesem Gebiet tätige Lehrkräfte:

Professor Hans-Peter Blossfeld Professor Gosta Esping Andersen Professor Giandomenico Majone.

4. Europäische Integration und internationale Beziehungen

Die Entwicklung der Europäischen Integration wird sowohl aus institutioneller Sicht wie auch von der Definition spezifischer politischer Maßnahmen der Gemeinschaft (sektorielle Maßnahmen, Europäische Politische Zusammenarbeit) und deren Zusammenwirken mit denen der Mitgliedstaaten auf nationaler wie auch auf regionaler und lokaler Ebene unter­sucht. Diese Arbeiten werden in Verbindung mit der Forschungsgruppe für Europäische Politik (FEP) am Institut durchgeführt und ermöglichen intensive interdisziplinäre Zusam­menarbeit.

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Dies gilt in gleicher Weise für Untersuchungen über internationale Beziehungen, wobei das Hauptaugenmerk auf der gegenseitigen Durchdringung von politischen, gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Aspekten Hegt. Das Institut beabsichtigt, einen besonderen Forschungsschwerpunkt über den Mittelmeerraum zu entwickeln. Es sollen in erster Linie sowohl vergleichende Studien über die Länder Südeuropas wie auch Einzelstudien über andere Regionen des Mittelmeerraums (Türkei, Maghreb-Länder) und ihre Beziehungen zur

Europäischen Gemeinschaft sowie über die Voraussetzungen für die Schaffung eines mediter­ranen Industrieraumes angestellt werden.

Auf diesem Gebiet tätige Lehrkräfte:

Professor Giandomenico Majone Professor Roger Morgan Professor Susan Strange.

Voraussetzungen

Das EHI nimmt Forschungsstudenten auf, die Staatsangehörige eines der EG-Mitgliedstaaten sind, mit denen eine Vereinbarung besteht, nach der sie ihren zum Institut zugelassenen Staatsangehörigen ein Stipendium gewähren. Das Institut kann aber auch Studenten aus anderen Ländern zulassen. Derzeit sind dies u.a. Forscher aus Lateinamerika, aus AKP-Ländern, aus China und der Sowjetunion.

Für Studenten von Universitäten der Bundesrepublik Deutschland gelten in der Regel folgen­de Mindestvoraussetzungen für die Zulassung: abgeschlossenes Universitätsstudium und Nachweis der für eine Promotion erforderlichen Voraussetzungen. Zusätzliche Diplome, For-schungs- oder Berufserfahrung werden berücksichtigt. Außerdem müssen die Bewerber aus­reichende Kennmisse in mindestens zwei Amtssprachen des Instituts (Dänisch, Deutsch, Eng­lisch, Französisch, Griechisch, Italienisch, Niederländisch, Portugiesisch und Spanisch) besit­zen. Es wird darauf hingewiesen, daß der Großteil der Seminare am Institut auf englisch oder französisch gehalten wird und daß das Institut den Erfordernissen der Studenten entspre­chend Intensivsprachunterricht anbietet. Ausreichende Englischkenntnisse sind vor allem für die Abteilungen Wirtschaftswissenschaften und Politik- und Gesellschaftswissenschaften un­erläßlich.

Vom Bewerber ist ein Forschungsthema vorzuschlagen, das sich in das Institutsprogramm einfügt. Der Zulassungsausschuß berücksichtigt im wesentlichen die Qualität der bisherigen

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Studien und prüft, ob die Dissertation betreut und ob das Forschungsthema in ein laufendes Projekt einbezogen werden kann.

Zulassungsverfahren

Interessierte Studenten, die über die erforderlichen Diplome verfügen bzw. diese voraussicht­lich vor der Zulassung erhalten, werden gebeten, beim Akademischen Dienst des Europä­ischen Hochschulinstituts ein Bewerbungsformular anzufordern. Dieses Formular ist auszu­füllen und als Einschreiben per Eilboten an das Institut zurückzusenden. Mit der Bewerbung wird gleichzeitig ein Regierungsstipendium beantragt.

Die Abteilungen wünschen, daß die Kandidaten den Unterlagen eine (evtl. gekürzte) Darstel­lung ihres Forschungsthemas in einer der Hauptsprachen des Instituts beifügen. (Für die Ab­teilung Wirtschaftswissenschaften sollte Englisch gewählt werden.)

Die Bewerbungen werden zuerst von nationalen Auswahlausschüssen geprüft, denen auch Professoren des Instituts angehören. Die aufgrund dieser Vorauswahl in Betracht gezogenen Bewerber werden zu einem Vorstellungsgespräch mit den Mitgliedern der jeweiligen Abtei­lung eingeladen. Die endgültig zugelassenen Bewerber werden vom Zulassungsausschuß be­kanntgegeben.

Weitere Auskünfte erteilt der Akademische Dienst des Europäischen Hochschulinstituts, Badia Fiesolana, Via dei Roccettini, 1-50016 San Domenico di Fiesole (Florenz); Telefon: (055) 50 921; Telefax: 599 887.

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Weiterbildung in statistischer Datenanalyse beim ICPSR Summer Program 1991

Im Rahmen der deutschen Mitgliedschaft im Inter-University-Consortium for Political and

Social Research (ICPSR) koordiniert das Zentralarchiv die Anmeldung für das jährlich im

Juli/August stattfindende 'Summer Program' in Ann Arbor, Michigan, USA.

Das achtwöchige Ausbildungsprogramm (kann u.U. auch in zwei vierwöchige terms aufge­

teilt werden) besteht aus einer Reihe von Kursen, die nach den Vorkenntnissen in Mathema­

tik, Statistik und Methoden der empirischen Sozialforschung in unterschiedliche Schwierig­

keitsstufen ('tracks') eingeteilt ist.

Das Lehrprogramm sieht Vorlesungen und schwerpunktmäßig 'Workshops' vor. In diesen

Workshops wird der theoretisch/statistische Lehrstoff direkt - im Sinne des learning by doing

- mit der Datenauswertung verbunden. Übungsdaten, die gängigen Datenanalysepakete

(SPSS, SAS etc.) sowie spezialisierte Einzelprogramme stehen zur Verfügung. Folgende

Workshops (darunter auch sehr spezielle Themen) stehen u.a. zur Auswahl:

First Term Second Term

Mathematical Models: Game Theory Structural Equation

Quantitative Historical Analysis Time Series Analysis

Quantitative Analysis of Crime and Mathematical Models: Rational Choice Criminal Justice American Electoral Research

Comparative Statistical Inference Introduction to Statistics and Data Analysis II Introduction to Statistics and Data Analysis I Categorical Data Analysis Introduction to Regression Analysis "LISREL" Models: General Structural Equations Regression Analysis Advanced Analysis of Variance

Multivariate Statistical Methods Scaling and Dimensional Analysis

Das Programm ist wesentlich umfangreicher als hier dargestellt werden kann. Das ICPSR hat

das gesamte Ausbildungsangebot in einer umfangreichen Broschüre zusammengestellt. Für

Interessenten ist diese Broschüre beim Zentralarchiv als Kopie erhältlich. Wenngleich sich

die Darlegungen in diesem Heft auf das diesjährige Summer Programm beziehen, kann im

allgemeinen davon ausgegangen werden, daß sich an der Grundstruktur des Angebotes im

kommenden Jahr kaum etwas ändert. Die Programmübersicht für das Jahr 1991 wird in der

Regel erst Anfang April verfügbar gemacht. Die Anmeldung erfolgt bis Ende April.

Page 88: ZA-Information 26 Mai 1990 - GESIS...ZA-Information 26 Seite 7 1806 Meinungen der sowjetischen Bürger über die Deutschen 1989 STERN, Gruner + Jahr, Hamburg; Allunionszentrum zur

ZA-Information 26 Seite 87

Für dieses Jahr ist die Anmeldung der Teilnehmer bereits erfolgt. Die Ankündigung zu diesem Zeitpunkt hat den Zweck, frühzeitig auf dieses Ausbildungsangebot im kommenden Jahr hinzuweisen.

Über Möglichkeiten der Finanzierung eines Aufenthaltes in Ann Arbor sollten sich Interessen­ten bereits im Herbst (Ende September) orientieren.

Ansprechpartner im Zentralarchiv ist Harald Rohlinger Telefondurchwahl: 0221 / 4 76 94 - 45

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Das Zentralarchiv auf dem Soziologentag in Frankfurt

Auf dem diesjährigen Soziologentag wird das Zentralarchiv wieder mit einem Stand vertre­ten sein. Zum Thema des Soziologentags werden wir einige Datensätze aus unseren Archivbe­ständen besonders herausstellen und präsentieren. Interessenten und Benutzer des Zentralar­chivs laden wir schon jetzt zu einem Besuch an unserem Informationsstand ein.

Über den Soziologentag haben wir vom Veranstalter folgende Kurzinformation erhalten:

Kongreß: 25. Deutscher Soziologentag Veranstalter: Deutsche Gesellschaft für Soziologie Thema: "Die Modernisierung moderner Gesellschaften" Termin: 9.10.-12.10.1990 Veranstaltungsort: Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt

"DIE MODERNISIERUNG MODERNER " GESELLSCHAFTEN

Wie bereits der erste Soziologentag im Jahre 1910, findet der diesjährige 25. Deutsche Sozio­logentag erneut in Frankfurt statt. Unter dem Titel "Modernisierung moderner Gesellschaf­ten" widmet er sich den grundlegenden Problemen und Innovationschancen der entwickelten Gesellschaften. Dabei soll auch und gerade die Rolle der Soziologie - sowohl als Produzentin von kontroversen Deutungen wie von kumulativem Wissen - untersucht werden.

Organisatorisch enthält der Soziologentag die bewährten Elemente früherer Kongresse: eine Eröffnungsveranstaltung und Empfang, Plenarsitzungen, Mittagsvorlesungen, Nachmittags­veranstaltungen der Sektionen und Ad-hoc Gruppen sowie Diskussionsforen. Unter anderem sind Themen geplant wie: Postmaterialismus und Kulturtheorie; Produktion, Arbeitsteilung, Arbeitsgesellschaft; Modernisierung sozialistischer Gesellschaften; Westeuropäische Integra­tionsprobleme; Politik der Modernisierung und Gegenmodernisierung; Naturbeherrschung, Technik und Gesellschaft; Klassengesellschaft, Patriarchat, Individualisierung.

Das Vorprogramm des Soziologentages ist seit März erhältlich. Die Teilnahmegebühr beträgt 100.- DM, darin enthalten sind 30.- DM für den Kongreßband. Für Studierende und Arbeits­lose gilt eine ermäßigte Teilnahmegebühr von 50.- DM.

Genauere Informationen über Anmeldung und Teilnahmebedingungen sind zu erhalten bei:

Bärbel Weiß Kongreßbüro Soziologentag, J. W. Goethe-Universität Frankfurt, Postfach 11 19 32, 6000 Frankfurt/M., Tel.: 069/7 98 - 81 33