Zeit für neue Weichenstellungen · eine unselige Trias, die sich desaströs auswirken kann auf den...

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Zeit für neue Weichenstellungen

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Inhalt

ImpressumDer PZVD-Brief, interne Mitteilung für Mitglieder der Privatzahn ärztlichen

Vereinigung Deutschlands, erscheint viermal jährlich.

Er kann bei der Geschäftsstelle der PZVD abonniert werden

(Adresse siehe Sekretariat).

Im Mitgliedsbeitrag ist der Bezugspreis enthalten.

Redaktion für diese Ausgabe:Bernadette Gebauer,

[email protected], www.pzvd.de

Gesamtherstellung + Verlag:Köllen Druck+Verlag GmbH, Bonn

Bildquellen: Titelbild © Nirut Sangkeaw/123rf.com

Fotos von 123rf.com, sofern nicht anders angegeben.

PZVD Privatzahnärztliche Vereinigung Deutschlands e.V.

Vorstand:

Dr. Georg Christian Kolle | Präsident, Celler Str. 18, 38518 Gifhorn

Dr. Christian Lex | Vizepräsident, Kressengartenstr. 2, 90402 Nürnberg

Dr. Gerd Mayerhöfer | Generalsekretär, Lindemannstr. 96, 40237 Düsseldorf

Joachim Hoffmann | Schatzmeister, Würdinghauser Str. 48, 57399 Kirchhundem

Dr. Tore Thomsen | Vorstand, Heilwigstr. 115, 20249 Hamburg

Dr. (syr.) Noëlle Minas | Vorstand, Steinweg 31, 38518 Gifhorn

Sekretariat:

Bernadette Gebauer

c/o Susannenstr. 7a, 33335 Gütersloh

E-Mail: [email protected]

Editorial ....................................................2-3

Reicht das so? ........................................4-5

Quo usque tandem abutere Staat nostra patientia? ..................................6-7

Behandlungsfreiheit – JETZT! ......................8

Eine einheitliche Gebührenordnung – sind die Systeme kompatibel? ........ 9-12

Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf ...13-18

DGÄZ – Aktuell ...................................19-20

Offene Diskussion ..............................21-23

Kommentar .............................................. 24

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September 2018

14.Frankfurt

4. Juristisches KolloquiumZahnärztliches Gebührenrecht

Termine

41. Deutscher Privatzahnärztetag

Januar 2019 Januar 2019

18. 19.Leipzig

4. Juristisches KolloquiumZahnärztliches Gebührenrecht

Sept. 2018

14.Frankfurt

3. Junges Forum Privatzahnmedizin

Januar 2019

19.Jetzt schon vormerken!

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erhöht, während selbst inflationsbereinigt unsere Kosten steigen?

Was wäre gewesen, wenn die Bundestagswahl anders ausgegangen wäre? Was hätte die Zahnärzteschaft zu bieten, wenn das BMG einfach eine Einheitsgebührenordnung vorlegen würde, an der kein Zahnarzt mitgearbeitet hat?

Es gibt bisher keinen einzigen anderen Vorschlag der Zahnärzte, der in der Vergangenheit mit der Politik kon-sensfähig war.

Was also haben wir anzubieten?Ich bin der Meinung, dass wir Zahnärzte eine andere Strategie brauchen. Schluss sollte sein mit Winkelzügen in der Auslegung der Gebührenordnungen und Umeti-kettierung von Leistungen!

Wir Zahnärzte sind die Arbeitgeber von hunderttausen-den Angestellten, denen wir im Durchschnitt ein unan-gemessenes Gehalt anbieten, weil sich der Praxisbetrieb kaum mehr rechnet.

Wir sind die Behandler von mehr als achtzig Millionen Bundesbürgern. Es gibt niemand, der unsere Aufgaben übernehmen könnte.

Wir werden gebraucht, ja. Doch wir brauchen auch unser Assistenzpersonal und wir brauchen auch unsere Patienten.

Wir brauchen auch die Politik!Bei der Politik können wir nur Gehör finden, wenn erkennbarer wird, dass wir das Beste für (nicht: von) unseren Patienten wollen. Es muss auch dem Laien nachvollziehbar werden, dass das nicht allein mit alther-gebrachtem Handwerkszeug geht.

EditorialWir sind das Volk!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Es ist 30 Jahre her, dass von den Leipziger Montags-demonstrationen eine friedliche Revolution ausging, die die Republik umwälzte und sogar ein verändertes Europa schuf.

Der Vorstand der PZVD hat entschieden, dass der 41. Privatzahnärztetag am 18. und 19.01.2019 in Leipzig stattfinden wird. Weitere Informationen werden folgen.

Wie nötig auch in der Zahnmedizin eine Revolution geworden ist, zeigen die Beiträge in dieser Ausgabe des PZVD-Briefs auf.

Anlässlich des Frühjahrsfests der KZBV und der BZÄK hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die Marschrichtung vorgegeben. Ich habe jedoch den Ein-druck, dass nicht alle seine Botschaft so verstehen, wie ich es tue.

Anlässlich der Jahrestagung 2018 in Hamburg habe ich den Entwurf einer einheitlichen Gebührenordnung für Zahnmedizin vorgestellt, die PZVD – Mitglieder hatten einige Wochen zuvor bereits Einblick nehmen können und haben sich hinter diesen Entwurf gestellt.

Im Umfeld der Regierungsbildung hat dieser Vorschlag innerhalb der Zahnärzteschaft für Turbulenzen gesorgt. Seitdem ist einige Male in zahnärztlichen Gruppen das Konzept angesprochen worden, es gab erwartbare Kritik an Einzelheiten, es wurde die Befürchtung geäußert, dass man uns das Beste daraus streichen und nur Unvorteil-haftes zurücklassen könnte in Form einer Einheitsge-bührenordnung.

Doch: Haben wir bisher bessere Verhandlungsergebnisse gesehen? Ist der GOZ-Punktwert nicht seit 30 Jahren sta-bil, werden die BEMA-Punktwerte nicht subinflationär

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Klar müssen wir dabei sagen, dass Zahnmedizin auch Medizin ist. Erkrankungen in unserem Fachgebiet sind jedoch überwiegend selbst verschuldet und daher ist Eigenbeteiligung der Patienten an der Wiederherstellung sozial.

Wir dürfen nicht warten, wir dürfen nicht zaudern. Jetzt ist es an der Zeit, mit dieser Regierung das Sys-tem grundsätzlich zu wandeln, den Bedürfnissen der Menschen und den Gegebenheiten der Demographie anzupassen. Dabei gilt es, nicht nur weg zu nehmen, sondern auch zu geben.

Die Kostenerstattung nach § 13 SGB V in der GKV weist einen Weg: Erstattung eines Teils für ALLE Leistungen ist das Gebot der Stunde.So lange Versicherte auch mehr bekommen, sind sie bereit, auch selbst mehr zu geben.

Entweder reden wir uns in den Praxen weiter die Lippen fusselig, was die Versicherung wohl bezahlt und was rein privat zu tragen wäre und bezahlen unser Personal, um den Mangel im Versicherungssystem zu verwalten. Oder wir stellen endlich wieder die Medizin in den Vorder-grund unserer Argumentation und unseres Handelns!

Es war maßgeblich der Einfluss der kleinen PZVD, der 1987 die abweichende Vereinbarung in die GOZ brachte, während insgesamt die Faktorabsenkung bei gleich blei-bendem Honorar nicht verhindert wurde. Eine Anhebung des Punktwertes kann seit 31 Jahren nicht erreicht werden!

Die PZVD wird nicht zusehen, wenn selbst die Sozial-medizin an der auf dem Abstellgleis stehenden Erstat-tungstabelle GOZ vorbeibummelt.

Früher hätte unser Vorschlag zu einem Systemwandel auf dem Tisch gelegen. Heute steht er im Internet, die Zeiten

haben sich geändert.Er enthält mehr Verhandlungsmasse als notwendig ist und er entlarvt den Gedanken einer Bürgerversiche-rung als unsozial.Er ist offen und ehrlich, er skizziert eine Zahnmedizin, die offen ist für Neuerungen, die Eigenverantwortung verlangt und sozial Schwache schützt, eine Zahnmedizin, an die verschiedenste Versicherungsmodelle angekoppelt werden können, ohne die Medizin zu beeinflussen.

Es gibt Kritik an diesem Vorschlag und sie ist berech-tigt und willkommen, es wird immer Kritik geben und immer mehrere Wege, einen Aspekt zu lösen. Mein Vor-schlag ist nach dem Grundsatz erstellt „der Kompromiss ist oft die beste Lösung“.

Ich halte diesen Vorschlag für konsensfähig mit der Poli-tik und ich halte ihn vor allem für richtig.

Es ist überfällig, der Politik einen tragfähigen Vorschlag zu machen. Die PZVD sieht baldigen Gesprächen mit BZÄK und KZBV mit Vorfreude entgegen, lassen Sie uns gemeinsam Neues schaffen!

Wir rufen auch die Fachverbände auf, sich zu beteiligen und für die Zahnmedizin in Deutschland einen politi-schen Wandel einzuleiten.

Heute schon lade ich Sie ein zum Privatzahnärztetag in Leipzig, um dem Wandel des Systems einen ordentli-chen Schubs in die richtige Richtung zu geben!

Ihr

Georg Kolle

Georg Kolle

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Für Privatzahnärzte fast unbemerkt ist mit den MVZ ein Konkurrent auf manch einem lokalen Markt erschienen, der durch Sonderregelungen in den Augen der KZBV Vorteile gegenüber seinen Wettbewerbern genießt.

Dies sollte von der Politik neu bewertet werden, denn da die MVZ sich generell in ohnehin überversorgten Gebieten ansiedeln würden, würde das dem Gedanken der flächendeckenden Versorgung schaden, denn auf dem Land sind sie nicht zu finden.

Auch als Zahnarzt mit engerer persönlicher Bindung zu meinen Patienten kann ich diese Bedenken von Dr. Eßer, dem Vorstandsvorsitzenden der KZBV nachvoll-ziehen.

Allerdings kann ich aus persönlichen Erfahrungen sagen, dass Großpraxen mit vielen angestellten Zahn-ärzten schon länger bestehen und eigene Probleme haben: Es mangelt an Enthusiasmus, an Berufser-fahrung und einigem mehr. Das Patientengut ist überwiegend preisorientiert und sucht nicht „seinen“ Zahnarzt, sondern irgend einen. Lange Öffnungszeiten sind ein weiteres Auswahlkriterium, am besten 24/7. „Konkurrenz belebt das Geschäft“, wäre hier der erste Trost aus dem Weisheitenregal, „Qualität hat einen eigenen Markt,“ der nächste.

Trotzdem ist das Engagement der KZBV richtig. Denn so geht es nicht, es muss fair zugehen!

Dr. Engel, Präsident der BZÄK, bemängelt zu Recht, dass Zahnarzthonorare zu niedrig sind, der Vergleich mit der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT).

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn spricht zuvor. Er betont seine Diskussionsbereitschaft und erzählt, dass sein Zahnarzt (ihm sei dafür gedankt!)

Reicht das so?Zum Frühjahrsfest der KZBV & BZÄK

ihm auch stets Gedanken auf den Weg mitgibt. „Du, Jens...,“ fängt das dann an. Während Herr Minister Spahn so der versammelten Zahnärzteschaft seine Nähe vermittelt und sich klar von der letzten Bundes-gesundheitsministerin distanziert, festigt sich der Ton und er ermahnt, dass man gemeinsam notwendige Änderungen erarbeiten müsse, sonst würden etwas später alle diese eben „erleiden“.

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Körpersprache und Rhetorik machen es unübersehbar, unüberhörbar: bietet mir was an, das auch ich gebrau-chen kann und wir machen etwas Gutes für alle Seiten.

So notwendig wie es ist: Reicht es, zu sagen „wir brau-chen eine Punktwerterhöhung“? Wie viele Jahrzehnte sagen wir das vergeblich in dieser Weise?

Reicht es, gleiche Marktbedingungen für Zahnärzte zu fordern?

Reicht es, wenn dabei die Patienten und Wähler der Politik unerwähnt bleiben?

Politik leidet unter einer zunehmenden Ereignisdichte.

Im Umfeld komplexer Systeme sind • die Dysbalance zwischen Wissen und Nichtwissen,• die Irrationalität der Gesellschaft und• ständiger Zeitmangeleine unselige Trias, die sich desaströs auswirken kann auf den Verantwortungsbereich eines Politikers wie auf seine Karriere.

Helft mir, helft den Bürgern, dann helfe ich Euch und wir werden uns geholfen haben – so übersetze ich die Botschaft von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.

Politiker sind nicht die Freunde von Interessen-verbänden oder Berufsgruppen. Sie müssen auch und gerade für alle anderen da sein. Eher sind sie die Freunde ihrer Wähler gegen die Interessen einzelner Gruppen.

In unseren zahnärztlichen Körperschaften arbeiten viele der Zukunft des Berufs verpflichtete und engagierte Menschen. Was also – abgesehen von dem, was die Wähler jetzt schon haben – bieten

die zahnärztlichen Körperschaften der Politik an Wesentlichem an?

Prof. Karl-Rudolf Korte, Politikwissenschaftler an der Uni Duisburg schreibt in diesem Zusammenhang: „[...] die Politik ändert sich zurzeit in einer solchen Dynamik, dass Konzepte, die eher von einer Vermei-dung von Politikwechseln ausgehen, strukturell keine Antworten liefern können.“

Der Minister hat gewarnt: „Wer nicht bietet, dem wird geboten, der wird erleiden.“

Die bisherigen Strukturen sind historisch gewachsen und erstarrt, sie sind ausgedeutet. So Not-lindernd und drängend die Verbesserung des Derzeitigen ist, so unausweichlich wird die rechtliche Gleichstellung der Wähler auch in der Zahnmedizin.

Das Verlangen nach absoluter Gleichheit der einen politischen Seite und das Verlangen nach Chancen-gleichheit der anderen politischen Richtung – sie unterscheiden sich nur graduell. Beide aber haben Gleichheit zum Thema.

Deswegen ist es Zeit für eine einheitliche Gebüh-renordnung, die allen die gleichen Möglichkeiten zu gleichen Konditionen eröffnet. Dies wird kommen – mit uns als flexibles Gestaltungselement unseres Berufs oder ohne uns als Einheitsgebührenordnung.

Es gilt, mehr zu bieten – es braucht eine neue Pers-pektive!

Dr. Georg Kolle

Georg Kolle

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Quo usque tandem abutere staat nostra patientia? – Wie lange wollt Ihr unsere Geduld noch missbrauchen? –

Zähne mit 1,5 BEMA-Minuten oder 2,4 GOZ- Minuten in vielen Praxen unter den Tisch fallen, da hierin ja auch noch die Erklärung und Besprechung des Befundes und der daraus nötigen Konsequenzen enthalten sein sollte.

Dass die Endodontie inzwischen die höchst subtile Aufbereitung des Wurzelkanals unter Anwendung eines entsprechenden Mikroskops, welches zur Anschaffung einen 5-stelligen Betrag verlangt, zur Erfolgsbedingung gemacht hat, wird verhöhnt von 7,3 Minuten für den Sozialversicherten und 18,5 Minuten für den Privatver-sicherten und Beihilfeberechtigten (alle GOZ Sätze im 3,5-Fachen!!!).

Zum schwerverständlichen Paradoxon wird es für den unternehmerisch verantwortlichen Zahnarzt, dass er sowohl diese Gebühren, wie ggf. auch die abweichende Honorarvereinbarung hinterher in höchst zeitaufwen-digen Auseinandersetzungen mit Patient, Versicherung, Beihilfe und Gerichten immer öfter verteidigen muss.

Die wenigen Punkte zeigen schon, wie überlebenswich-tig es für jeden Zahnarzt ist, mit seinem Steuerberater seinen eigenen betriebswirtschaftlichen Minutenwert

In einem Vorwort zu der BDIZ EDI-Tabelle 2018 spricht Christian Berger von der „Schere zwischen steigenden Praxiskosten und stagnierendem Honorar, die immer weiter auseinander geht“.

Dem unternehmerisch verantwortlichen Zahnarzt wird dies täglich schmerzhaft bewusst, dass die diversen Auflagen vom Staat in der täglichen Berufsausübung und die ständig steigenden bürokratischen Kosten, die Einzelleistung jedoch nach wie vor zu einem Honorar letztendlich von 1965 abgerechnet wird.

Bei genauem Hinsehen in der zusammengestellten Tabelle fällt auf, dass der Staat (respektive die Versiche-rungen) inzwischen zum Schaden des Patienten handelt, wenn man folgendes erfährt:

Der vorsichtig kalkulierte Stundensatz kleinerer Praxen geht von einem Mindesthonorarumsatz von € 250,- pro Stunde aus (exklusive Fremdlaborkosten und dgl.).

Die Umrechnung der für diesen Mindesthonorarumsatz betriebswirtschaftlich gegeben Zeit in Minuten zu den einzelnen Leistungen, zeigt deutlich das ganze Dilemma, das inzwischen mit dem eingefrorenen GOZ Punktwert, aber auch in der BEMA (Stand Juli 2016, Punktwert ers-tes Quartal 2018 VdEK Bayern) entstanden ist.

So bleibt an Zeit für die Beratung des Patienten (von der Politik und der Presse immer geforderte logotherapeuti-sche Zuwendung zum Patienten) im BEMA 2 Minuten, im 3,5-fach-Satz der GOÄ 4 Minuten.

Kein Wunder, dass sich viele Patienten bei den Zeitauf-wand-honorierten Heilpraktikern besser aufgehoben fühlen.

Ebenso wundert es nicht, dass die bei der Eingangsunter-suchung so wichtige komplette Sensibilitätsprüfung der

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Dr. Christian Lex

zu errechnen und die Basiswerte entsprechend anzu-passen, wie am Ende des Vorworts von Christian Berger geschrieben. Dies gilt vor allen Dingen für neu gegründete (Traum-)Praxen, die den Hype der digitalen Moderne zum werbewirksamen State-of-the-Art-Web-design für den Erwerb von Patienten benützen.

Gerade im Bereich „digitales Röntgen“ ist die Honorie-rung für eine unternehmerisch notwendige Rücklage der Folgekosten (oft entgegen den Aussagen der Lieferfir-men) nicht zu bewerkstelligen.

Auch sollte rechtzeitig das Finanzvolumen für das Darlehen der Praxisgründung und die privaten Kosten für den Lebensstandard eines freien Berufes und einer bescheidenen vierköpfigen Familie im Work-Life-Balance – Zeitalter im zukünftigen Gewinnergebnis mit einkalkuliert werden.

Konterkariert werden solche Überlegungen, wenn die Politik und Presse einerseits stetige Verbesserung der Patientensituation und Behandlung einfordern und andererseits mit geringem Sachverstand Entwicklungen fördern, die – zu Ende gedacht – genau das Gegenteil

bringen.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass virtuell verdientes Geld, angelegt im Gesundheitswe-sen, den einsatzbereiten und leidenschaftli-chen Freiberufler substituieren kann.

Meine Patienten sind wenig begeistert von den häufig wechselnden Behandlern in den MVZ, noch überzeugt große und langjäh-rige Erfahrung in der dortigen Notdienst-Behandlung.

Auch der Aufkauf elitärer Praxen durch Geldanlegergruppen lässt nichts Gutes für

den verwöhnten und anspruchsvollen Privatpatienten der Zukunft erwarten.

Denn Shareholder Value ist per se auf Ertrag der Eigen-tümer und nicht auf aufwendige Individualmedizin gerichtet.

Die dentale Industrie hält sich in den politischen Auseinandersetzungen vornehm zurück. Hauptsache vermeintliche Innovationen (zum Teil ungenügend auf eigene Kosten erprobt) werden mit intensivem Marke-ting den „Unternehmern“ als das künftige goldene Kalb des „Marktes“, dringlich notwendig zum Überleben der innovativen Praxis, suggeriert.

Gespannt darf man darauf sein, wenn die Kuh so gemol-ken ist, dass sie für die Vielzahl der Software-Updates keine Milch mehr geben kann.

Schließlich sind die gestiegenen Preise der dentalen Industrie ganz logisch mit dem wirtschaftlich zwingend notwendigen Preisentwicklungen aus den gestiegenen Kosten und Gehälter erklärt.

Genau das haben die zahnärztlichen Unternehmen längst überfällig notwendig (wie im Vorwort der GOZ versprochen, aber nie gehalten wurde)!

Darüber bin ich, der die Geburt dieser staatlichen Gebührenordnung miterlebt hat, besonders zornig.

Oder mit anderen Worten: Wie lange sollen wir denn noch geduldig sein!

Gerne laden wir Sie, als betroffenen Politiker, zur nächs-ten Jahrestagung ein, um uns Erklärungen zu den offe-nen Fragen zu geben. Freiwillige vor!

Dr. Christian Lex

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Behandlungsfreiheit – JETZT!Man kann das eine tun ohne das andere zu lassen.

Daher unterstütze ich auch die Bemühungen der Bun-deszahnärztekammer zur Verbesserung der aktuellen GOZ und ich unterstütze die Forderung nach einer deutlichen Punktwerterhöhung. Dies wäre das eine.

Aus sogleich näher auszuführenden Gründen tue ich aber auch das andere und rufe die Zahnärzteschaft in Deutschland auf, sich Gedanken zu machen mit dem Ziel, Neues zu schaffen:Lassen Sie uns den Anfang machen, sonst machen Andere ihn, so wie sie ihn möchten, sonst werden wir das „erleiden“. Lassen Sie uns eine neue und einheitliche Gebühren-ordnung für Zahnmedizin entwickeln!

Auch die heute in irgendeiner Weise in Kontrolle und Verwaltung Beschäftigten werden in einem überar-beiteten Erstattungssystem in neuer Weise gebraucht werden.

Wir können es uns nicht mehr leisten, zu den derzeiti-gen Bedingungen weiter zu arbeiten, denn die meisten Zahnarztpraxen zehren heute von ihrer Substanz.

Erst recht aber die jungen Zahnarztgenerationen sehen sich vor einer schwierigen Aufgabe, wenn sie moderne Zahnmedizin unter diesen Rahmenbedingungen aus-führen und finanzieren sollen. Sie schrecken zurück vor Investition, Verantwortung, Vollzeitarbeit – so kann Zahnmedizin in der Fläche nicht funktionieren.

Es ist jetzt die Zeit für einen grundlegenden Wandel!

Mit diesem Artikel beginne ich eine kurze Artikelserie, die einzelne Aspekte der von mir vorgeschlagenen ein-heitlichen GOZ tiefer betrachtet, als dies auf www.die-neue-goz.de geschieht. Während dort die Thematik Internet – typisch angerissen wird und man sich den

Rest selbst hinzumalt, will ich in den folgenden Auf-sätzen etwas tiefer meine Gedanken und Vorschläge skizzieren:

1. eine einheitliche Gebührenordnung – sind die Systeme kompatibel?

2. Leistungsstufen und Kostenerstattung – individu-elle Medizin für alle?

3. Regelung einzelner Aspekte – der Paragrafenteil4. das Gebührenverzeichnis – veränderte Strukturen

für eine verständliche Zahnmedizin

Begleitend zu dieser Artikelserie wird der im Inter-net zugängliche Entwurf der eGOZ weiter entwickelt und präzisiert werden. Ich lade ein, sich aktiv einzu-bringen!

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Eine einheitliche Gebühren ordnung – sind die Systeme kompatibel?

Am Anfang der Entwicklung einer neuen Gebühren-ordnung stand für mich die Erkenntnis, dass weder die GOZ 1987/2012 noch der BEMA mit seinen den Pati-enten unverständlichen Richtlinien heute in der Lage sind, zugleich Praxisteams angemessen zu ernähren und Patienten Zahnmedizin auf dem Stand der Wis-senschaft zu bieten.

Dies zu beurteilen braucht es keine Statistiken – was den Stand der Wissenschaft betrifft, muss man nur die lange Liste von Analogleistungen der BZÄK betrach-ten, dort finden sich mehr als 140 Leistungen während die GOZ originär nur ca. 250 Leistungen kennt.

Betrachtet man dann die Durchschnittsgehälter unse-rer Assistenzberufe und den auch daraus resultierenden Personalmangel, dann erkennt man sofort: hier schon fehlt viel Geld.

Zu den 10 am schlechtesten bezahlten Ausbildungsbe-rufen zu gehören, hat der zunehmend anspruchsvolle Lehrberuf der Zahnmedizinischen Fachangestellten nicht verdient!

Betrachtet man dann die mangelnde Verbreitung inves-titionsintensiver Gerätschaften und die mangelnde Inanspruchnahme teurerer Fortbildungsreihen, so komplettiert sich das Bild eines Berufs, der von seiner Substanz zehrt.

Eine GOZ auf dem Abstellgleis

Zu lange war der Bundesrat untätig, er ist seiner Pflicht nicht nachgekommen, den Punktwert anzupassen. Das hat die Zahnärzteschaft veranlasst, die Einführung neuer Leistungen in diese GOZ zu blockieren, wo es ging, damit Kostendeckung im Randbereich der Analo-gabrechnung möglich bleibt.

Doch die Gegenspieler – Privatversicherung und auch wieder die Bundesratsmitglieder in Gestalt der Bei-hilfe – machten Front gegen Analogabrechnung und so verkümmern viele extra angeschaffte Gerätschaften als Investitionsruinen in den Praxen. Medizin wird weithin auf einem alten Level betrieben, diese GOZ lähmt sie.

BEMA – eine Gebührenordnung zementiert unbeabsichtigt den Standard

Und dieser alte Level wird beherrscht vom omnipräsen-ten BEMA.

Aufklärungsgespräche gesetzlich Versicherter werden entweder erst gar nicht geführt oder sie enden häufig an dem Punkt, wo herauskommt, dass die Kranken-kasse sich an einzelnen Leistungen nicht beteiligt.

Genau dort, wo sich die Praxis einem Budget und der Kontrolle des 100-Fall-Durchschnitts entziehen könnte, geht es dem Patienten hundertprozentig ans Portemonnaie.

Wer die Erfahrung macht, dass er vielfach vergeblich aufklärt, der gibt auf oder beschränkt Sonderleistungen auf ausgewählte Patienten. Damit aber werden sie nicht medizinische Routine, ihr Hauptzweck werden pekuni-äre Motive, es geht oft nur noch ums Geld.

Der BEMA aber legt sich als eine erdrückende Scha-blone auf die Medizin, als wäre er der Weisheit letzter Schluss. Das ist er nicht, er soll einen ausreichenden Kompromiss zwischen Kosten und Notwendigkeit dar-stellen.

Doch er ist zu starr, die Entwicklungsgeschwindigkeit wird von zu vielen Gruppen gebremst, ein Teil der Medizin nach BEMA ist daher inzwischen

Georg Kolle

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wissenschaftlich und vor Gericht nur bedingt haltbar.

Fazit der ersten Analyse

Die heute gültigen Gebührenordnungen haben ihre Entstehungsgeschichten. Sie reichen jeweils viele Jahr-zehnte zurück und stammen aus einer parallelen Ent-wicklung eines privaten Krankenversicherungssystems und einer staatlich stärker regulierten Sozialabsiche-rung.

Ihr Inhalt bezieht sich auf Leistungen, die zum Erstel-lungszeitpunkt bekannt waren, nur wenige neue Leis-tungen haben es hinein geschafft, auch deswegen, weil Zahnärzte nicht daran interessiert sein können, mit neue Leistungen ein Budget weiter zu verringern oder die neuen Leistungen in ein Festpreissystem ohne Hoff-nung auf Inflationsanpassung eingemauert zu sehen.

Diese Karren stecken beide knietief im Dreck, sie haben sich schon lange nicht mehr bewegt. Schiebt die eine Interessengruppe, so hält die andere dagegen.

Forderungen aus der Gesellschaft

Die Bevölkerung ist sich in einem einig: Medizin soll auf dem besten Stand vorgehalten und geleistet werden.

Wohl etwa die Hälfte der bundesdeutschen Gesellschaft will mit der Beibehaltung des derzeitigen Systems eine Grundversorgung sicher gestellt sehen, über die hinaus sich diejenigen, die es sich leisten wollen, wei-tere Varianten aussuchen können.

Die andere Hälfte denkt, dass der Gerechtigkeit besser genügt wird, wenn alle die gleichen Leistungen auf Ver-sicherungskosten erhalten und sieht als probates Mittel eine Einheitsgebührenordnung als Teil einer „Bürger-versicherung“. Weder Gebührenordnung noch Versi-cherung wurden jedoch bisher näher ausgestaltet.

Mit keinem dieser bisher in Diskussion befindlichen Wege können wir Zahnmedizin angemessen weiter entwickeln. Zu GOZ und BEMA habe ich dies oben schon ausge-führt.

Eine Einheitsgebührenordnung, in der es Festpreise für Leistungen gibt, wird die schwierigen Behandlungen in Praxen konzentrieren, die sich engagieren. Doch mit den niedrigen Honoraren können diese Praxen ihre Kosten nicht decken, ihr Personal nicht anständig bezahlen.

Daneben wird eine „Industrialisierung“ der Zahn-medizin gefördert, die den Patienten zum Werkstück

verkommen lässt, das schnell und kostengünstig zu reparieren oder auszugliedern ist.

Dieses Modell einer Einheitsgebührenordnung wird daher zu einem neuen Markt für Zahnmedizin neben der „Bürgerversicherung“ führen, der weiter gehend ungeregelt wäre. Das Gefühl der Zweiklassenmedizin würde verstärkt werden. Staatliche Versuche, dies zu unterbinden wären dann eine weitere angezogene Handbremse für die Entwicklung der Zahnmedizin in Deutschland.

Das Problem der Denkweise

Beide Meinungsgruppen machen bei ihren Überlegun-gen in meinen Augen den gleichen Fehler: Medizin wird in weiten Teilen der Versicherbarkeit unterworfen.

Da dies oberste Priorität genießt, wird Medizin unter-drückt, weil Versicherung billig bleiben soll.

Während die erste Gruppe dabei an zwei althergebrach-ten und starren Gebührenordnungen herumdoktert, würde die zweite Gruppe es bei Gewinn der Bundes-tagswahl wohl relativ bald wagen, mit völlig neuem und unausgereiftem Handwerkszeug am offenen Herzen zu operieren.

Ethisch jedoch bringt die Verquickung von wirt-schaftlichem Zwang und Medizin massives Konflikt-potential mit sich. Dieses Konfliktpotential schlägt sich darin nieder, dass die Diskussion über Verän-derungen im Gesundheitswesen äußerst emotional geführt wird.

Lösung des Interessenkonflikts

Seit vielen Jahren kann die Gesellschaft nicht aus dem Dilemma finden, beste Medizin zu wollen und zugleich einen billigen und umfassenden Versicherungsschutz.

Unabwendbar ist, dass gute Arbeit auch gutes Geld kostet. Es ist die Natur des Geldes, wenn Geld ein Tauschgut für Leistung sein soll.

Der notwendige Eigenanteil

Als ungerecht empfunden wird, wenn Menschen nicht die gleichen Chancen und Möglichkeiten haben.

Auch, wenn das nicht gern gehört, und als Binsenweis-heit abgetan wird, muss plakativ gesagt werden, dass Karies kein Schicksal ist, fast jeder ist in der Lage, das abzuwenden.

Zugleich ist dies der Grund, warum eine aus Umlagen

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finanzierte Solidargemeinschaft nur für den Teil der Gemeinschaft voll einstehen sollte, der nicht anders kann.

Der große Rest der Bevölkerung kann und muss einen eigenen Anteil leisten, um Versicherungsbeiträge klein zu halten und hier für Motivation zu gesundem Verhal-ten und für Gerechtigkeit zu sorgen.

Eine einheitliche Gebührenordnung

Mehrere Gebührenordnungen, die auf unterschiedli-che Bevölkerungsgruppen angewendet werden, haben jedoch immer einen Beigeschmack und schüren das Ungerechtigkeitsgefühl.

Doch wie sind bisher unterschiedliche Ansprüche unter eine Gebührenordnung zusammen zu bringen?

Mein Vorschlag hier ist einfach: Die Gebührenordnung soll sich primär nur um das kümmern, was ihr Wesens-inhalt ist: zahnärztliche Leistung und das angemessene Honorar dafür.

Versicherungsvorschriften gehören auch nicht sekun-där in eine Gebührenordnung, denn sie sind anderen-orts zu regeln: im Versicherungstarif oder im Sozialge-setzbuch.

Versicherungsaspekte dürfen Anknüpfungspunkte fin-den, das ist auch notwendig. Sie dürfen aber nicht die Medizin beeinflussen. Es darf höchstens anders herum sein: So, dass wir Zahnmediziner festlegen, welche

Leistungen wir welchem Grad der Notwendigkeit zuordnen.

Wo sich private oder gesetzliche Versicherungen dann ankoppeln und dies als Vollkostenmodell oder prozen-tual oder mittels Festzuschüssen geschieht, gehört nicht in das Regelwerk, das die Honorierung regeln soll für eine zukunftsfähige Arbeit der Menschen mit zahnme-dizinischen Berufen.

Auf diese Art und Weise wird es für einen Übergangs-zeitraum oder dauerhaft möglich, die bisherige duale Versicherung bei zu behalten, da diese neue Gebüh-renordnung unabhängig von Versicherungsmodellen ist.

Mehr Transparenz und Flexibilität

Schon allein die Tatsache, dass Gebühren nicht aus verschiedenen Tabellenwerken stammen, erhöht die Transparenz.

Das in der eGOZ vorgeschlagene Modell der Leistungs-stufen als ein Ankopplungspunkt für außerhalb zu regelnde Versicherungsmodelle schafft für Patienten, die ihre Versicherungsstufe kennen einen sofortigen Überblick.

Besonders bei Versicherungsmodellen mit prozentu-aler Stufenbeteiligung würde es den Patienten leichter gemacht werden, sich für höherwertige und langlebige Therapiealternativen zu entscheiden.

Unterschiede zwischen meinem Vorschlag einer einheitlichen Gebührenordnung für Zahnmedizin (eGOZ) und einer Einheitsgebührenordnung:

Einheitsgebührenordnung ↔ einheitliche Gebührenordnung (eGOZ)

- versicherungsabhängig + Abgekoppelt von Versicherung

- Festpreise + flexible Honorare

- starres System + vielfach flexibel

- industrielle Massen medizin + individuell patientenorientiert

- systemabhängig + unabhängig

- fortschrittsfeindlich + zukunftsoffen

- nicht verfassungs konform? + soziale & freie Versorgung

- Abwertung der Versorgung + Aufwertung der GKV-Medizin

Unterschiede zwischen einer Einheitsgebührenordnung und dem Vorschlag einer einheitlichen Gebührenordnung eGOZ

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12 02/2018

Zukunftsoffenheit statt mangelorientierter Zuteilungsmedizin

Die derzeitige GOZ und BEMA leiden an der überaus schleppenden Einführung neuer Verfahren. Die mas-sive Verzögerung entsteht durch die Anbindung an Versicherungsaspekte, die der Medizin selbst fremd sein sollten.

Eine neue, einheitliche Gebührenordnung, die abge-koppelt von Versicherungsdenken ist, kann medizini-schen Fortschritt umgehend abbilden. Mein Vorschlag enthält genügend Leistungsstufen, um notwendige von wünschenswerter Medizin oder Luxusvarianten abzu-grenzen. Hier können Versicherungen ankoppeln, auch Zeitpunkt und Höhe ihrer Beteiligung an Verfahren kann außerhalb der eGOZ in Tarifen und Sozialgesetz-gebung geregelt werden.

Das Bundesgesundheitsministerium sollte hier, wie auch im Versicherungsmarkt gleichermaßen regulie-rend eingebunden sein, denn Mundgesundheit ist ein staatsrelevantes Thema.

Psychologische Aspekte

Eine einheitliche Gebührenordnung wie ich sie mir vorstelle, wertet die GKV-Zahnmedizin auf. Alles kann erreichbarer werden, so wie es die Kostenerstat-tung nach § 13 SGB V heute schon ansatzweise versucht.

Die Beteiligung der gesetzlichen Versicherung erleich-tert die Wahl besserer Verfahren, die Transparenz der Heil- und Kostenpläne stärkt die Autonomie der Patienten, auch im privaten Versicherungssektor sind Erstattungsfragen nicht mehr Zeitfresser und Blocka-den in der Therapie, denn sie werden im Versiche-rungsverhältnis geklärt.

Eine Zahnmedizin mit einer solchen Gebührenord-nung kann aufatmen, sie kann aufholen, noch inno-vativer und patientenorientierter werden. Mehr Zeit und Wertschätzung, die den Bereich Zähne und Mund positiv besetzen, werden auch zu einer bessern Mund-gesundheit führen bis ins hohe Alter.

Wann ist eine einheitliche Gebührenordnung verfassungskonform?

Nach einigen einschlägigen Studien zu Modellen wie der „Bürgerversicherung“ oder verwandten Modellen stünde eine Einheitsgebührenordnung, die Festpreise festlegt, im Widerspruch zur Vertragsfreiheit und zur Freiheit der Berufsausübung. Das wäre wohl nicht verfassungskonform. Auch die resultierende industrielle Massenmedizin wäre bedenklich.

Eine einheitliche Gebührenordnung jedoch, die für jede Leistung einen Spielraum zur veränderten Bewertung ermöglicht (z.B. durch eine Faktorenrege-lung) und darüber hinaus auch abweichende Vereinba-rungen zulässt, wäre verfassungskonform, das gleiche gilt ja auch für die heutige GOZ, die Beschränkungen des BEMA sind heute durch die Möglichkeit der Privat-behandlung überwindbar.

Daher müssen variable Honorare und freie Verein-barungen auch in einer einheitlichen Gebührenord-nung abgebildet sein, zugleich wird die Abrechnung transparent.

Außerhalb der Gebührenordnung könnte eine begrenzte Erstattung z.B. über • Faktorenbegrenzung,• Begrenzung der Anzahl einzelner Leistungen pro

Zeitraum,• prozentuale Beteiligungen,• Ausschluss von Leistungen oder Leistungsebenen• u.a.m.umgesetzt werden, das wäre dann ja die Angelegenheit eines anderen Rechtsraumes.

Fazit

Ein einheitliche Gebührenordnung für Zahnmedi-zin sollte ausschließlich das Regeln, was ihrer Natur entspricht: angemessene Honorare für zahnärztliche Leistungen.

Die Regelung von versicherungstechnischen Aspekten selbst, vor allem solche mit beschränkender Wirkung gehören nicht in eine Gebührenordnung sondern in Versicherungstarife oder Sozialgesetzbücher. Viele heu-tige Probleme stammen aus der falschen Verquickung dieser Dinge miteinander.

Zurück greifende Auswirkungen der Versicherbarkeit auf die Ausübung der Medizin dürfen nicht in einer Gebührenordnung verankert sein.

Unter diesen Voraussetzungen ist eine einheitliche Gebührenordnung für Zahnmedizin wünschens-wert und notwendig, um empfundene und faktische Ungleichbehandlungen zu beenden und wieder zurück zu kehren zur angemessenen Honorierung einer fortschrittsoffenen Zahnmedizin.

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1302/2018

gemeinen Versicherungsbedingungen (AVB), welche auch die Tarifbedingungen enthalten.

Mit Datum vom 13. Dezember 2016 wurde Klage wegen eines Anspruchs in Höhe von € 2.241,24 eingereicht. Die Klägerin vertrat die Auffassung, die Beklagte habe sämtliche Rechnungen in der vollen Höhe tarifgemäß zu erstatten. Dabei seien nicht die aktuellen, sondern die AVB in der vor Schluss des Krankheitskostenver-sicherungsvertrags am 10. Dezember 1975, mithin mit Stand vom Dezember 1970, zu Grunde zu legen. Die Geltung späterer AVB sei nie vereinbart worden. Zwar sei sie zum 1. November 1994 vom Tarif 741 in den Tarif 740 gewechselt. Diese beiden Tarife unterscheiden sich jedoch nur in den Erstattungsquoten. Der Tarif 741 sieht eine Erstattung von 100 % für Zahnbehandlung und 75 % für Zahnersatz, Zahn- und Kieferregulierung vor, der Tarif 740 eine Erstattung von 75 % bzw. 50 %. Beide Tarife gehören der gleichen Tarifgruppe an; die AVB gelten für sämtliche Tarife dieser Tarifgruppe.

Die Beklagte wendete ein, die Gebührenvereinbarung sei unwirksam, die von der Klägerin vorgesehene tarif-liche Erstattungsquote teilweise unzutreffend.

Die Gebührenvereinbarungen seien formell unwirk-sam. Sie seien nicht für den Einzelfall getroffen worden, nicht auf das individuelle Behandlungsbedürfnis der Patientin abgestimmt und nicht nach persönlicher Absprache zwischen Zahnarzt und Patientin getroffen worden.

Die berechneten Steigerungssätze seien nicht nach-vollziehbar. Die Beklagte sei nicht an aus betriebswirt-schaftlichen Gründen abgeschlossene Gebührenver-einbarungen gebunden. Die Leistungen des Zahnarztes seien nicht von überdurchschnittlicher Qualität und Präzision. Die berechneten Gebühren seien unange-messen hoch und stünden in einem unangemessenen

Das Amtsgericht Düsseldorf hat mit seiner ausführli-chen und sehr gut begründeten Entscheidung vom 12. Oktober 2017 zum Aktenzeichen 39 C 198/16 gegen den starken und hartnäckigen Widerstand der Allianz PKV nicht nur die beiden dort streitgegenständlichen Gebührenvereinbarungen gemäß § 2 Abs. 1 und 2 GOZ 2012 für rechtswirksam befunden. Es hat auch klar-gestellt, dass die Allianz sich an die ursprünglich mit dem Versicherungsvertragsschluss vereinbarten Tarif-bedingungen halten muss. Sie darf der Erstattung nicht einfach die – ihr günstigeren – aktuellen Bedingungen zu Grunde legen.

Zum Tatbestand:Die Klägerin befand sich vom 5. Januar 2012 bis zum 15. September 2016 in zahnärztlicher Behandlung. Am 16. Januar 2012 schloss sie mit ihrem Zahnarzt eine Gebührenvereinbarung gemäß § 2 Abs. 1 und 2 GOZ. In dieser Vereinbarung waren alle zu diesem Zeitpunkt in Betracht kommenden Leistungen aufgeführt, 98 an der Zahl. Vereinbart wurden Steigerungssätze zwischen 3,6 und 8,2. Diese Vereinbarung wurde am 27. Novem-ber 2014 von einer etwas modifizierten Gebühren-vereinbarung abgelöst, in welche die Erfahrungen des Zahnarztes mit der am 1. Januar 2012 in Kraft getrete-nen Neufassung der GOZ einflossen.

Der Zahnarzt erstellte auf der Grundlage dieser Gebührenvereinbarungen im genannten Behandlungs-zeitraum elf Rechnungen. Die Klägerin legte diese Rechnungen jeweils nach Erhalt ihrem Krankheitskos-tenversicherer, der Allianz Private Krankenversiche-rungs-Aktiengesellschaft, mit der Bitte um Erstattung vor. Die Beklagte erstattete die erste Rechnung bis zum 7fachen des Gebührensatzes, die zweite Rechnung in der berechneten Höhe, die dritte Rechnung bis zum 3,5fachen des Gebührensatzes und alle weiteren nur in Höhe des 2,3fachen des Gebührensatzes. Dabei erfolgte die Erstattung nach Maßgabe der jeweils aktuellen All-

Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 12.10.2017 – 39 C 198/16 – zu § 2 GOZ

Dr. Gerd Mayerhöfer

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14 02/2018

die Erstattung maßgeblich. Das Gericht schließt sich insoweit der Auffassung des Landgerichts Düssel-dorf (Urteil vom 21.11.2015 – 9 S 46/15 -) sowie der Auffassung des Amtsgerichts Düsseldorf (Urteil vom 21.01.2016 – 27 C 11833/14 -) an. Für laufende Verträge können die AVB grundsätzlich nur mit Zustimmung des Versicherungsnehmers geändert werden. Eine konkludente Zustimmung zu einer Änderung kann nur dann angenommen werden, wenn die Änderung für den Versicherungsnehmer vorteilhaft ist, was vorliegend nicht der Fall ist (vergleiche LG Münster, Urteil vom 03.04.2012 – 115 0 66/09 -; zitiert in AG Düsseldorf a.a.O.). Die bloße Änderung des Tarifs 741 auf den jeweils 25 % weniger Versicherungsleistung gewährenden Tarif 740 hatte somit nicht zur Folge, dass der Versicherungsvertrag nicht mehr grundsätzlich dem Regime des ursprünglichen im Jahre 1975 abge-schlossenen Vertrages unterlag, sondern demjenigen aus dem Jahre 1994. Die Beklagte hat nicht dargelegt, mit der Klägerin hinreichend eindeutig vereinbart zu

und auffälligen Missverhältnis zu den erbrachten Leis-tungen.

Als Tarifbedingungen seien die von ihr vorgelegten Bedingungen maßgeblich. Diese stammten aus dem Jahre 1994, also aus dem Jahr des Tarifwechsels. Nach diesen Bedingungen seien die Leistungen mit den Nrn. 2330 und 2320 dem Zahnersatz zuzurechnen und daher nur zu 50 % und nicht zu 75 % zu erstatten. Dasselbe gelte für die funktionsanalytischen und funktionsthe-rapeutischen Leistungen einschließlich der Leistungen gemäß Nr. 7010, 7030 und 7040 GOZ.

Aus den Entscheidungsgründen des Gerichts:„Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung in Höhe von 2.241,24 Euro gemäß dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Krankenversi-cherungsvertrag vom 10.12.1975.

1. Die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit der zahlrei-chen von der Klägerin eingereichten Rechnungen ist im Hinblick auf ihre medizinische Notwendigkeit zwi-schen den Parteien unstreitig.

2. Die funktionsanalytischen Leistungen gemäß Nr. 7010, 7030 und 7040 in den Rechnungen vom 15.02.2013, 05.06.2013, 25.11.2013, 3.12.2014, 27.01.2015, 22.07.2015, 10.11.2015 und 29.09.2016 sowie die die Positionen mit den Nrn. 2320 und 2330 gemäß Rechnung vom 22.07.2015 sind sämtlich zu 75 % zu erstatten.

Die streitgegenständlichen zahnärztlichen Behandlun-gen sind von der Beklagten nach dem Krankenversi-cherungsvertrag vom 10.12.1975, hinsichtlich des Tari-fes zum 1.11.1994 geändert in Tarif 740, zu erstatten. Zunächst schloss die Klägerin am 10.12.1975 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten einen Krankenversi-cherungsvertrag über den Tarif 741, wie sich aus Anl. B7 ergibt. Sodann wurde der Tarif von der Rechtsvor-gängerin der Beklagten gewechselt auf den Tarif 740, wie sich aus Anl. B8 ergibt. Der Vertragsinhalt ist dem in Anl. K2 enthaltenen Tarif der 70er Serie, Tarif 740, zu entnehmen. Dort heißt es: „Die Aufwendungen für Zahnbehandlung, Zahnersatz, Zahn- und Kieferregu-lierung (§ 4 Teil II Abs. 3 AVB) werden erstattet mit nachstehenden Prozentsätzen der Rechnungsbeträge• mit 75 % für Zahnbehandlung• mit 50 % für Zahnersatz, Zahn- und Kieferregulie-

rung.“

Ohne Erfolg beruft die Beklagte sich darauf, es seien die bei ihrer Rechtsvorgängerin seinerzeit per 06/1994 gültigen Musterbedingungen (MB/KK 76), wie in Anl. B9 abgedruckt, sowie die Tarife 74 für zahnärztliche Heilbehandlung, Stand 10/1994 (Anlage B 10) für

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1502/2018

zu 50 %. Die diesbezügliche Kürzung der Beklagten ist somit zu Unrecht erfolgt.

Auch die Positionen Nr. 2320 und 2330, die Arbeiten in Bezug auf eine Teilkrone betreffen, sind zu 75 % zu erstatten. Nr. 2320 betrifft die Wiederherstellung einer Krone, einer Teilkrone, eines Veneer, eines Brückenan-kers, einer Verblendschale oder einer Verblendung an festsitzendem Zahnersatz, gegebenenfalls einschließ-lich Wiedereingliederung und Abformung. In den hier maßgeblichen Tarifbedingungen wird eine Teilkrone nicht erwähnt, sondern es wird unterschieden zwischen „Zahnbehandlung“ einerseits und „Zahnersatz, Zahn- -und Kieferregulierung“ andererseits. Die Teilkrone fällt vorliegend nicht unter den Begriff des Zahner-satzes. Denn in § 4 Teil II Abs. 3 b) der Allgemeinen Versicherungsbedingungen von 1975 (Anl. K2) ist Zahnersatz definiert als prothetische Leistungen (z.B. Prothesen, Kronen, Stiftzähne, Brücken). Da es vorlie-gend um die Behandlung von Teilkronen und nicht um

haben, dass der Krankenversicherungsvertrag insge-samt hinsichtlich der zahnärztlichen Versorgung voll-ständig neuen Bedingungen unterworfen werden soll. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus dem als Anl. B8 vorgelegten Versicherungsschein. Dort heißt es nur allgemein: „Es gelten die jeweiligen Allgemeinen Versi-cherungsbedingungen (AVB), gesetzliche Vorschriften und ggf. schriftliche Vereinbarungen.“

Es kommt demgemäß nicht darauf an, dass in den Tarifbedingungen aus dem Jahre 1994 funktionsanaly-tische und kieferorthopädische Leistungen ausdrück-lich nur zu 50 % erstattungsfähig sein sollen nach dem Tarif 740.

Gnathologische (auch funktionsanalytische und thera-peutische) Leistungen, die in den AVB zum Tarif 740 aus dem Jahre 1975 nicht ausdrücklich genannt sind, fallen somit unter den allgemeinen Begriff der Zahnbe-handlung und sind zu 75 % zu erstatten und nicht nur

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16 02/2018

sei geeignet, den von dem Arzt für eine Vielzahl von Behandlungsfällen vorgesehenen Vertragsbestimmun-gen ihre Allgemeinheit zu nehmen und die für ihre Rechtswirksamkeit erforderliche Individualität zu ver-leihen. Auf ein Aushandeln im Sinne des § 1 Abs. 2 AGBGB a.F. komme es somit nicht an.

Das Gericht schließt sich dieser vom Oberlandesge-richt Düsseldorf entwickelten Konkretisierung des Tatbestandes in § 2 Abs. 2 S. 1 GOZ an. Eine einschrän-kendere, strengere Auslegung wäre mit der Verfassung nicht zu vereinbaren. Soweit der Wortlaut von § 2 Abs. 2 GOZ mit Wirkung zum 01.01.2012 geringfügig ver-ändert wurde, war hiermit vom Normgeber keine von der bereits ergangenen Rechtsprechung des Bundes-verfassungsgerichts abweichende Regelung intendiert. Der neugefasste § 2 Abs. 1 GOZ übernimmt vielmehr im Wesentlichen die alte Regelung, ohne damit eine Änderung des Rechts herbeizuführen (Kommentar der Bundeszahnärztekammer, Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ), Stand März 2017, dort Seiten 5 und 6).

Ohne Erfolg beruft die Beklagte sich darauf, der Zeuge Dr. Mayerhöfer schließe in aller Regel Gebührenverein-barungen ab und nicht im Einzelfall. Mit „Einzelfall“ ist in § 2 Abs. 2 Satz 1 GOZ ersichtlich nicht gemeint, dass der Zahnarzt nur im Ausnahmefall mit einigen weni-gen Patienten eine Gebüh-renvereinbarung

Kronen ging, besteht eine Erstattungspflicht für Zahn-behandlung zu 75 %.

Nr. 2330 ist einschlägig bei Maßnahmen bei Karies profunda. Derartige Maßnahmen sind eindeutig recht-lich nicht dem Bereich Zahnersatz zuzuordnen.

3. Die in den streitgegenständlichen Rechnungen ent-haltenen Gebührensätze sind von der Beklagten zu erstatten.

Die zwischen der Klägerin und dem Zeugen Dr. May-erhöfer getroffene Gebührenvereinbarung ist wirksam. Sie entspricht den Anforderungen des § 2 Abs. 2 GOZ.

§ 2 Abs. 1 S. 1 GOZ lautet: Durch Vereinbarung zwi-schen Zahnarzt und Zahlungspflichtigem kann eine von dieser Verordnung abweichende Gebührenhöhe festgelegt werden. § 2 Abs. 2 Satz 1 GOZ lautet: Eine Vereinbarung nach Abs. 1 S. 1 ist nach persönlicher Absprache im Einzelfall zwischen Zahnarzt und Zah-lungspflichtigen vor Erbringung der Leistung des Zahnarztes schriftlich zu treffen.

Bei der Auslegung von § 2 Abs. 2 GOZ kommt dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25.10.2004 (Az. 1 BvR 1437/02) entscheidende Bedeu-tung zu. Gedanklicher Ausgangspunkt ist stets, dass eine Überschreitung des Gebührenrahmens des § 5 GOZ in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht möglich ist (vergleiche BGHZ 115, 391). Grund-sätzlich kann demgemäß eine wirksame Hono-rarvereinbarung nur in Form einer Indivi-dualabrede getroffen werden. Die von der Rechtsprechung für AGB generell entwickelte Tatbestandsvoraussetzung einer Individualabrede bei Allgemei-nen Geschäftsbedingungen, wonach es explizit des Vorganges des Aus-handelns im Sinne eines wirklichen zur Disposition Stellens bedarf, steht nach der Rechtsprechung des Bundesver-fassungsgerichts bei Gebührenvereinbarun-gen nach der GOZ nicht im Einklang mit Art. 12 Abs. 1 GG.

Unter Beachtung dieser verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung hat das Oberlandesgericht Düssel-dorf mit Urteil vom 02.06.2005 (Aktenzeichen 1-8 U 153/04) die in § 2 GOZ geregelte Individualvereinba-rung tatbestandlich dahingehend konkretisiert, dass eine solche dann zu bejahen ist, wenn die Frage der vertragsgemäßen Gebührenregelung zwischen dem Zahnarzt und dem Patienten im Einzelnen persön-lich besprochen worden ist. Eine solche Erörterung

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mentieren. Sodann habe er beispielhaft die erste der zahlreichen Gebührenziffern Spalte für Spalte erläutert und den Steigerungssatz anhand des vereinbarten Betrages noch einmal erklärt. Ferner habe er die Klä-gerin darauf hingewiesen, dass er nicht sagen könne, was die Krankenversicherung erstatten werde, wenn es Schwierigkeiten gebe, werde er helfen. Sodann habe er noch gefragt, ob die Klägerin Fragen habe, was diese verneint habe. Dann habe er sie gebeten, die beiden Ausfertigungen der Vereinbarung zu unterschreiben, was sodann geschehen sei. Anschließend habe er, der Zeuge, unterschrieben.

Die Vereinbarung vom 27.11.2014 kam im Wesent-lichen auf die gleiche Art zustande. Der Zeuge hat bekundet, er habe der Klägerin ausdrücklich vor der Unterschrift der Vereinbarung erklärt, dass er klei-nere Anpassungen vorgenommen habe und man habe gemeinsam die beiden Gebührenvereinbarungen mitei-nander verglichen. Er habe ihr die Änderungen erklärt.

Diese Aussage ist glaubhaft. Der Zeuge hat sich bei sei-ner Aussage, die sich auf einen mehrere Jahre zurück-liegenden Termin bezog, auf seine Dokumentations-unterlagen gestützt, die er im Termin dabei hatte. Es handelt sich um Notizen, die der Zeuge an dem betref-fenden Tag gemacht hat. Da dem Zeugen schon seiner-zeit bewusst war, dass es möglicherweise zum Streit mit der Krankenversicherung über die Höhe der Gebühren kommen könnte, hatte er sich seinerzeit entsprechende Notizen gemacht.

Das Gericht hat keinerlei Anlass, die Richtigkeit der Aussage des Zeugen in Zweifel zu ziehen. Der Zeuge erweckte bei seiner Aussage den Eindruck, sorgfältig darauf bedacht zu sein, den Gesprächsverlauf genau so wiederzugeben, wie er ihn teilweise in unmittelbarer Erinnerung hatte und im Übrigen er sich aus seiner schriftlichen Dokumentation ergab. Dass der Zeuge ein mittelbares persönliches Interesse am Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits haben dürfte, vermag hieran nichts zu ändern.

Der Beklagten ist nicht der Gegenbeweis durch Verneh-mung der Klägerin als Partei gelungen. Die Klägerin hat im Wesentlichen, soweit sie sich überhaupt noch an die Details im Zusammenhang mit der Gebührenver-einbarung erinnern konnte, die Bekundungen des Zeu-gen bestätigt. Teilweise konnte sie sich an Einzelheiten nicht mehr erinnern, was indes nicht zur Unglaubhaf-tigkeit der Aussage des Zeugen führt. Dass der Zeuge tatsächlich stark ins Detail ging bei der Erläuterung seiner Honorarvereinbarung, ergibt sich unter anderem aus der Aussage der Klägerin, sie sei damals über die Detailgenauigkeit schon etwas befremdet gewesen.

treffen darf, sondern anlässlich einer anstehenden Behandlung (AG Düsseldorf Urteil v. 21.01.2016 – 27 C 11833/14 -).

Das Gericht ist nach dem Ergebnis der Beweisauf-nahme davon überzeugt, dass die in den Gebührenver-einbarungen vom 16.01.2012 und vom 27.11.2014 auf-geführten Gebührensätze zwischen der Klägerin und dem Zeugen Dr. Mayerhöfer „im Einzelnen persönlich besprochen worden“ sind.

So hat der Zeuge Dr. Mayerhöfer glaubhaft bekundet, am 16.01.2012 zunächst eine Mitarbeiterin angewie-sen zu haben, der Klägerin eine Kopie der von ihm erstellten Gebührenvereinbarung und ein allgemeines Erläuterungsblatt, das er entwickelt habe, auszuhän-digen. Er habe ausdrücklich darum bitten lassen, sich das in Ruhe durchzulesen, aber vorher noch nicht zu unterschreiben. Hierbei habe sich der Zeuge von der ihm schon seinerzeit bekannten Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf leiten lassen.

Als die Klägerin mit dem Durchlesen fertig gewe-sen sei, habe er sie ins Behandlungszimmer gebeten. Zunächst habe sie ihm noch die Rückmeldung gege-ben, seit der Behandlung vom 05.01.2012 gehe es ihr schon besser, aber noch nicht vollständig gut. Darauf-hin habe er ausdrücklich erklärt, er müsse leider noch einmal über die Kosten reden und habe sie gefragt, ob

sie denn die Gebührenvereinbarung und das Erläuterungsblatt gründlich durchge-

lesen und ob sie es verstanden habe. Die Klägerin habe erwidert, sie

habe alles gelesen, aber nicht alles ganz verstanden. Dies sei dem Zeugen „gar nicht

so Unrecht“ gewesen, weil er dadurch einen konkreten Anlass

gehabt habe, das Ganze noch ein-mal mit ihr durchzusprechen. Er

habe ihr ausführlich erklärt, dass er niemals Verträge mit Krankenkassen

schließe und eine Behandlungsweise ent-wickelt habe, ohne die Beschränkungen der gesetzli-chen Versicherungen. Sein Zeitaufwand betrage ein Vielfaches des normalen Zeitaufwandes. Daraufhin habe die Klägerin erklärt: „Ja ja, ich weiß, deswegen komme ich ja zu Ihnen.“

Der Zeuge habe der Klägerin sodann ausdrücklich erläutert, dass ohne Gebührenvereinbarung nur bis zu einem 3,5-fachen Satz berechnet werden dürfe. Dies sei Teil seines strukturierten Vorgehens. Er wisse, wie wichtig es sei, bei dem Abschluss einer Gebührenver-einbarung keinen Fehler zu machen und alles zu doku-

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Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht somit fest, dass die Gebührenvereinbarungen im Einzelnen persönlich mit der Klägerin besprochen worden sind, bevor die Klägerin sie unterschrieb. Es handelt sich damit um Individualvereinbarungen, die nach § 2 Abs. 2 GOZ wirksam sind.

An der Wirksamkeit der beiden Gebührenvereinba-rungen ändert es auch nichts, dass in den hier maß-geblichen Gebührenvereinbarungen auch teilweise für Leistungen besondere Gebühren vereinbart worden sind, die im Rahmen der tatsächlichen Behandlung dann nicht durchgeführt wurden. Denn vor Behand-lungsbeginn kann oft nicht sicher, sondern nur grob in Umrissen ermittelt werden, welche Gebührenziffern im Rahmen der Behandlung zur Anwendung kommen werden. Dies ist allgemein bekannt und hat auch der Zeuge glaubhaft bestätigt. Der genaue Behandlungsver-lauf ist im Vorhinein oft nicht absehbar. Verträte man die gegenteilige Auffassung, wäre eine Gebührenverein-barung nur im Falle eines vorher erstellten Heil- und Kostenplans wirksam möglich. Solches verlangt indes weder § 2 Abs. 2 GOZ noch ist es mit der Rechtspre-chung des Bundesverfassungsgerichts vereinbar. § 2 Abs. 1 S. 1 GOZ verlangt vielmehr als zwingende Wirk-samkeitsvoraussetzung, dass die Vereinbarung vor der Erbringung der Leistung durch den Zahnarzt getroffen werden muss. Gerade vor Beginn der Leistungserbrin-gung ist das genaue Leistungsspektrum indes häufig nicht in allen Einzelheiten absehbar. Ein anderes Ver-ständnis der Vorschrift würde zu dem Ergebnis führen, dass dann, wenn während der Behandlung eine im Vor-feld nicht vorausgesehene, unvorhergesehene Leistung notwendig wird, der Zahnarzt die Behandlung unter-brechen müsste, um mit dem gegebenenfalls betäubten Patienten sozusagen nachzuverhandeln. Dies kann vom Normgeber – abgesehen von der Problematik der zivil-rechtlichen Wirksamkeit einer solchen Einigung unter derartigen tatsächlichen Umständen – nicht gewünscht sein (vgl. AG Düsseldorf Urteil v. 21.01.2016 – 27 C 11833/16 -).

Die Fälligkeit der Vergütung ist nicht nach § 10 Abs. 3 S. 1 GOZ gehindert, weil in den jeweiligen Behand-lungsrechnungen die Steigerungssätze nicht begründet werden. Denn eine Begründungspflicht besteht nur dann, wenn keine Gebührenvereinbarung nach § 2 GOZ getroffen wird (OLG Düsseldorf a.a.O., dort unter Ziffer 1. b)). Hier wurde indes eine wirksame Gebüh-renvereinbarung getroffen.

Die zwischen dem Zahnarzt und der Klägerin getrof-fene Gebührenvereinbarung ist auch nicht nach § 138 BGB wegen unangemessen hoher Steigerung der Gebührensätze nichtig, die Beklagte kann sich auch

nicht auf § 192 Abs. 2 VVG wegen eines auffälligen Missverhältnisses der erbrachten Leistungen und der vereinbarten Vergütung berufen. Ein derartiges auffäl-liges Missverhältnis ist von der Beklagten nicht hinrei-chend substantiiert dargelegt, worauf mit Verfügung vom 23.05.2017 hingewiesen wurde.

Das Gericht schließt sich der Rechtsprechung des Amtsgerichts Düsseldorf im Urteil v. 21.01.2016 – 27 C 11833/16 – an, dass sich aus der bloßen Angabe von Durchschnittswerten bereits nicht ablesen lässt, aus welcher Spanne sich diese Durchschnittswerte ergeben. Der Wert einer zahnärztlichen Leistung kann nicht pauschal an Hand von bei der Beklagten auf Grund-lage eingereichter Behandlungsrechnungen ermittelten Durchschnittswerten ermittelt werden. Aus Anl. B 6 lässt sich nicht ablesen, ob es in deutschen Zahnarzt-praxen nicht in einer nennenswerten Zahl von Fällen auch bei anderen Zahnärzten zu Gebührenvereinba-rungen in vergleichbarer Höhe wie vorliegend kommt, was gegen die behauptete wucherähnliche Überhöhung der vereinbarten Gebühren spräche. Aus Anl. B 6 lässt sich nicht entnehmen, in welchem Verhältnis in die Auswertung welche Höchstwerte eingeflossen sind. Der Auswertung lässt sich nicht entnehmen, ob die bei der Beklagten ausgewerteten bei ihr eingereichten Rech-nungen überhaupt auf einer Gebührenvereinbarung beruhten oder weitgehend auf Behandlungsverträgen ohne Gebührenvereinbarung. Aus der von der Beklag-ten vorgelegten Auswertung ergibt sich insgesamt nur ein behaupteter durchschnittlicher Steigerungssatz, was zur substantiierten Darlegung des marktüblichen Honorars unzureichend ist.

Das von der Beklagten angebotene Sachverständigen-gutachten liefe auf eine prozessual unzulässige Ausfor-schung des erforderlichen Sachvortrages hinaus. Seine Einholung hat daher zu unterbleiben.

Ein Kürzungsrecht der Beklagten bei sogenannter Übermaßbehandlung nach § 5 Abs. 2 MB/KK 76 erstreckt sich nicht auch auf sogenannte Übermaßver-gütungen (vergleiche BGH Urteil vom 12.03.2003 – IV ZR 278/01 -). § 5 Abs. 2 MB/KK 76 bezieht sich aus-schließlich auf die medizinische Notwendigkeit einer Behandlung als solcher (BGH a.a.O.).“

Dr. Gerd Mayerhöfer

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Smartphone und nehmen kaum eine Zeitung mehr in die Hand.

Wie kann man diesen Trend umgehen und wie kann man verhindern, dass die Zeitschrift nach dem Durchblättern bzw. Durchlesen auf einem großen Stapel verschwindet ? Das Schlüsselwort lautet mal wieder Digitalisierung. Aber Digitalisierung muss nicht Ersatz, Assimilation oder Substitution des Alten, Gedruckten bedeuten. Digitalisierung kann auch ergänzen und einen echten Mehrwert bieten. Digitale Medien nehmen rasant zu und nahezu jeder Verlag hat inzwischen mindestens ein digitales Medium in seinem Repertoire, das die Zeitschriften ergänzt, ohne dass sie dadurch überflüssig gemacht werden.

Für mich persönlich liegt wie immer die Zukunft in der Mitte, in einer

sinnvollen Kombination von traditionell Bewähr-

tem und Sinnvollem in gedruckter Version

Zeitschriften, die sog. Printmedien, wie Ihr PZVD-Brief scheinen sich in Deutschland auf dem berühmten absteigenden Ast zu befinden, obwohl Sie meistens qua-litativ hochwertige Informationen enthalten. Auch in dieser Ausgabe finden Sie wieder viele hochinformative Artikel rund um die deutsche Privatzahnmedizin.

Für mich besticht der PZVD-Brief vor allem dadurch, dass er nicht nur inhaltlich hochaktuelle Themen der zahnärztlichen Privatpraxis bespricht, sehr gut les-bar und abwechslungsreich ist, sondern dass er sich neben allgemeinen und Abrechnungsthemen auch mit berufspolitischen Frage- und Problemstellungen auseinandersetzt in einer Qualität, die es sonst in keiner anderen zahnärztlichen Zeitschrift gibt. Der PZVD-Brief ist eine echte Verbandszeitschrift, die eine sehr gute ausgewogene Mischung präsentiert aus News, Statements, Tipps für den Praxiserfolg, aber auch einer Rückschau und Ankündigungen von zukünftigen Veranstaltungen; im Prinzip genauso, wie eine gute alte Zeitung, die ihre Leser umfassend, gut recherchiert und damit qualitativ hochwertig und abwechs-lungsreich informiert. Dieses Konzept ist erfolgreich und sollte unbedingt so weitergeführt werden. Auf der anderen Seite steht dann aber die junge Genera-tion, die selbst gar keine Interesse mehr an Zeitungen hat und kaum mehr Printmedien abonniert, sondern ihren Wissensdurst digi-tal und zeitnah über das Internet, meistens das Smartphone stillt. Beim letzten Privatzahnärztetag in Hamburg hat die junge Generation gezeigt, dass sie durchaus Interesse an der guten alten Verbandsarbeit hat. Viele Teilnehmer haben das junge Forum besucht und aktiv mitdiskutiert. Aber auch diese jungen Zahn-ärztinnen und Zahnärzte benutzen fast nur noch ihr

Liebe PZVD‘lerinnen und PZVD‘ler,

DGÄZ – AKTUELL Deutsche Gesellschaft fürÄsthetische Zahnmedizin e.V.

Prof. Dr. mult. Robert Sader, Präsident

die Zukunft in der Mitte, in einer sinnvollen Kombination

News, Statements, Tipps für den Praxiserfolg, aber auch einer Rückschau und Ankündigungen von

abonniert, sondern ihren Wissensdurst digi-tal und zeitnah über das Internet, meistens das Smartphone stillt. Beim letzten Privatzahnärztetag in

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20 02/2018

durch direkte Links zu Wissensquellen, sei es durch Zugang zu Pseudo-Livequellen wie digitalen Video-filmen und -kommentaren, Webinars oder digitalen Kongressmitschnitten.

Für den Leser wird die Informationsaufnahme dadurch auf jeden Fall noch viel spannender, flexibler und bunter werden und jeder kann sich selbst aussu-chen, in welches Themengebiet er sich tiefer einlesen oder eindenken will. Ich bin gespannt, wie sich der PZVD-Brief weiterentwickeln wird. Haben auch Sie Spaß daran, wie sich gemeinsam mit der jungen Gene-ration eine neue „Lese“kultur entwickeln wird und nehmen Sie aktiv daran teil.

Mit herzlichen Grüßen

IhrRobert Sader

und von Neuem, nämlich Ergänzendem und den Hin-tergrund Liefernden, das online zur Verfügung steht. Im Bildungssektor wird ein entsprechendes Konzept als Blended-Learning bezeichnet, als Kombination einer klassischen Präsenz-Lehrveranstaltung mit neuen digitalen Medien, die das präsentierte Wissen erklären und für den Interessierten vertiefen. Sie können durch Einsatz von in der Regel visuellen Medien wie Bildern oder Videos viel besser erklären und detaillierte Hin-tergrundinformationen liefern. So kann sich jeder die Wissenstiefe aussuchen, in das er in ein Thema eintau-chen will.

Eine wichtige Zukunftsaufgabe für den PZVD-Brief wie für alle anderen Zeitschriften wird deshalb die Vernetzung solcher unterschiedlichen Medien mitein-ander sein, damit Themen, die in dem Brief angespro-chen werden, erweitert werden durch digital-aufberei-tete und zur Verfügung gestellte Informationen, sei es

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2102/2018

zu lösen. Eine Privatgebührenordnung sollte die aktuellen fachlichen Möglichkeiten und ihre betriebswirtschaftlichen Hintergründe abbilden und nicht rein auf den finanziellen Interessen desjenigen, der als Dritter im Bunde zahlen muss, aufgebaut sein. Die Politik wälzt hier ungerechtfertig-terweise ihre finanziellen Probleme auf uns Zahnärzte ab.

Die Zahnärzte haben im Laufe der mehr als 30 Jahre noch ein weiteres nicht zu vernachlässigendes Problem: Die Laborkosten sind (berechtigterweise) kontinuierlich gestiegen. Sie sind für uns aber nur ein durchlaufender, häufig vorzufinanzierender Posten, also eine zusätzliche Belastung.

Die aktuelle GOZ berücksichtigt in keiner Weise die diver-sen Kostensteigerungen durch: Einführung neuer Hygie-nesystematiken, Medizingeräteverordnung, Röntgenver-ordnung, Qualitätssicherungssysteme, BUS-Dienst, Mehr-wertsteuererhöhung (wirkt sich beim Factoring auf die gestiegenen Laborkosten aus), Brandschutzverordnung, Antikorruptionsgesetz (verhindert das Partner-Factoring, mit dem die Dentallabore bis dahin für ihren Rechnungs-anteil direkt die Factoringkosten übernahmen. Im Übrigen hat ihr [früherer?] Parteifreund und Ministerpräsident a.D. Peter Müller jetzt als Verfassungsrichter, im Rahmen des Festvortrags in Gütersloh die Notwendigkeit eines solchen Spezialgesetzes für Ärzte und Zahnärzte in Abrede gestellt), europäische Datenschutzgesetzgebung … Und wahrscheinlich habe ich noch einige Punkte verdrängt.

Um das gleich klarzustellen, ich bin nicht pauschal gegen all diese sicherlich zum Teil sinnvollen beziehungsweise vertretbaren Punkte, nur wenn wir Zahnärzte all diesen Aufwand treiben sollen, muss er auch bezahlt werden und kann nicht immer weiter von unserem nicht angepassten Honorar abgezogen werden.

Im Hygieneaufbereitungsbereich zum Beispiel müsste der enorm gestiegene maschinelle und personelle Aufwand mit einer Hygienepauschale zur Deckung der gestiegenen Kosten durch die gesetzlich induzierten Hygieneanforde-rungen berücksichtigt werden.

Ein besonders einfach nachzurechnendes Beispiel sind die Beratungspositionen. Nehmen wir die Position Ä3 „Einge-hende, das normale Maß überschreitende Beratung (Dauer mindestens 10 Minuten)“, im 2,3-fachen Satz 20,10 Euro. Das bedeutet, selbst wenn diese Leistung immer nur exakt 10 Minuten dauern würde, ergäbe sich ein Stundensatz

Sehr geehrter Herr Minister Spahn,

herzlichen Glückwunsch zur Ernennung zum Bundesmi-nister. Ihr Landesministerkollege und Parteifreund Karl-Josef Laumann hat sich am Freitag, den 16. März 2018, die Zeit genommen und uns Zahnärzte im Rahmen der Frühjahrstagung der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe ein Grußwort gehalten. Im Verlauf dieser sehr netten Rede hat er uns aufgefordert, die Freiberuflichkeit nicht schlechtzureden. Einverstanden, nur wenn ich an die Ent-wicklung in unserem Bereich im Laufe der letzten 35 Jahre denke – solange bin ich Zahnarzt –, sehe ich wenig Grund zum Optimismus. In meinen Augen werden wir von Politikern jeglicher Couleur als vernachlässigbare Gruppe betrachtet, wenn es um die gerechte Honorierung unserer sehr erfolgreichen Leistung für die Volksgesundheit geht. Herr Minister Laumann hat selbst auf die entsprechenden wissenschaftlichen Untersuchungen Bezug genommen.

Die GOZ ist 1988 erlassen worden, 2012 geringfügig „ver-schlimmbessert“, aber nicht ansatzweise den wirtschaft-lichen und bürokratischen (Zusatz-)Notwendigkeiten angepasst worden. Da auch 1988 schon nur eine kosten-neutrale Umsetzung der aus den 60er-Jahren stammenden Vorgängergebührenordnungen erfolgte, dauert die Nicht-anpassung noch deutlich länger an.

Die Nutzung des Steigerungssatzes über 2,3 mit dem erforderlichen Zusatzaufwand der Begründung ist bes-tenfalls als eine Art der Notwehr zu sehen und eigentlich im Grundkonzept der Gebührenordnung nicht vorgese-hen. Hier ist nämlich eine regelmäßige Überprüfung der Gebührensätze niedergelegt.

Wie haben sich eigentlich die Abgeordnetendiäten in den vergangenen 30 Jahren entwickelt? Ich meine gehört zu haben, dass es dort keinen Stillstand gegeben hat. Wie ist das zu verantworten, wo die Diäten auch vom Staat, also dem Steuerzahler bezahlt werden müssen (wie die Beihilfe, die ja wohl der Hauptgrund für die jahrzehntelange Nicht-anpassung der GOZ ist)? Soweit ich informiert bin, ergibt sich die Diätenerhöhung aufgrund einer Anpassungsklau-sel inzwischen fast automatisch. Warum wird eine solche Anpassungsklausel den Zahnärzten vorenthalten?

Die Thematik der Einbindung der Beihilfe wäre durch ver-schiedenste Möglichkeiten der Umgestaltung der Versor-gung der Beihilfeberechtigten sinnvoller beziehungsweise gerechter und vom jeweils Betroffenen direkt beeinflussbar

Hoffnung auf konstruktive DiskussionOffener Brief an den Bundesminister für Gesundheit zur Nicht-anpassung de GOZ seit 2012. Hamm, den 19. März 2018

Erschienen in den DZW-Ausgaben 13/14 und 18/2018

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schen Anpassungsklausel in die GOZ, so wie das bei den Diäten der Fall ist, zufrieden sein müssten. Das allerdings (rückwirkend ab 2012) halte ich definitiv für absolut not-wendig, um die zahnmedizinische Versorgung wirtschaft-lich vertretbar aufzustellen.

Führen Sie sich bitte vor Augen, dass wir auch in Zukunft der Bevölkerung unseres Landes eine qualitativ hoch-wertige und zeitgemäße Zahnheilkunde anbieten wollen. Bedenken Sie weiterhin, dass wir auch als Arbeitgeber unsere Mitarbeiter fair entlohnen wollen. Beides ist durch die Nichtanpassung des Punktewerts der GOZ ernsthaft gefährdet.

In Hoffnung auf eine konstruktive Diskussion verbleibe ich mit freundlichen Grüßen

Dr. Guido Vorwerk, Hamm

von 120,60 Euro. Das BMG hat aber schon im Jahre 2009 auf eine Anfrage im Bundestag 196 Euro als notwendigen Stundensatz (unrealistisch niedrig) für eine zahnärztliche Praxis zugrunde gelegt. Wie wird hier eine Nichtanpassung gerechtfertigt?

Ich habe im Rahmen einer Fortbildung am vergangenen Wochenende in Düsseldorf aus dem Kollegenkreis sehr differenzierte Positionen zur weiteren Vorgehensweise bezüglich der mittlerweile erneut mehr als sechs Jahre unveränderten GOZ gehört. Persönlich halte ich es für dringend geboten, die Politik in der ersten Hälfte der neuen Regierungszeit zum Handeln zu motivieren. Mit Blick auf herannahende Wahlen wird sich danach nichts mehr bewegen lassen.

Von einem Teil meiner Kollegen habe ich die Überlegung gehört, dass wir schon mit der Integration einer automati-

Antwort des BMG zur Kritik an Gebührenordnung für ZahnärzteBetr.: Offener Brief: „Hoffnung auf konstruktive Kritik“, DZW 13-14/2018 von Dr. Guido Vorwerk

Sehr geehrter Herr Dr. Vorwerk, für Ihr Schreiben vom 19. März 2018 zur Gebührenordnung für Zahn-ärzte (GOZ) danke ich Ihnen im Namen von Herrn Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.

Sie sprechen die GOZ-Novelle aus dem Jahr 2012 an und kritisieren im Kern, dass die GOZ seit 2012 nicht angepasst worden ist.

Die Erste Verordnung zur Änderung der Gebühren-ordnung für Zahnärzte ist zum 1. Januar 2012 in Kraft getreten. Nach einer weitgehend mit den Berechnungen der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) übereinstimmenden Kalkulation des Bundesminis-teriums für Gesundheit führte die GOZ-Novelle mindestens zu einem Honorarzuwachs von rund 345 Millionen Euro oder rund 6 Prozent bezogen auf das seinerzeit vorhandene Abrechnungsgeschehen.

In der Begründung der Novelle wurde ausdrücklich auf die Entwicklung der wesentlichen betriebswirt-schaftlichen Eckdaten der Zahnarztpraxen abgestellt. Diese Entwicklung zeigte, dass sich sowohl die Ein-nahmen als auch die Betriebsausgaben je Praxisinha-ber deutlich erhöht haben.

Auch die daraus resultierenden Einnahme-Überschüsse je Praxisinhaber sind in etwa in gleichem Umfang angestiegen, obwohl sich die Zahl der Praxis-inhaber deutlich erhöht hat. Das Gesamtvolumen der Einnahme-Überschüsse aller Praxisinhaber ist von 1992 bis 2009 auf rund 6,7 Milliarden Euro um rund 53 Prozent angestiegen.

Betrachtet man den in einem von der Bundeszahn-ärztekammer vorgelegten betriebswirtschaftlichen Modell zahnärztlicher Honorare als maßgebliche Zielgröße angesetzten kalkulatorischen Zahnarzt-lohn (Unternehmerlohn) bezogen auf das Jahr 2009, so war dieser Betrag mit den durchschnittlichen Einnahme-Überschüssen aus zahnärztlicher Tätigkeit für die Gesetzliche Krankenversicherung und die pri-vatzahnärztliche Tätigkeit – also auf Grundlage der Abrechnung der zahnärztlichen Leistungen nach dem Bewertungsmaßstab für Zahnärzte (Bema) und der geltenden GOZ – im Jahr 2009 weitgehend erreicht.

Vor diesem Hintergrund ergaben sich Zweifel, ob erhebliche Honorarzuwächse angesichts der tat-sächlichen erwirtschafteten Einnahme- Überschüsse begründbar gewesen wären.

Erschienen in den DZW-Ausgaben 13/14 und 18/2018

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2302/2018

Schade – keine konstruktive Diskussion vonseiten des BMGBetr.: Antwort des BMG zur Kritik an Gebührenordnung von Oberamtsrat Rohkemper (BMG), (siehe oben)

Betrachtet man die Entwicklung seit dem Jahr 2012, übersteigen die durchschnittlich im Jahr 2015 erreich-ten Einnahme-Überschüsse je Praxisinhaber (alle Bundesländer aus vertragszahnärztlicher und pri-vatzahnärztlicher Tätigkeit) und die vom statistischen Bundesamt für das Jahr 2015 ermittelten Reinerträge je Praxisinhaber (alle Bundesländer aus vetragszahn-ärztlicher und privatzahnärztlicher Tätigkeit) den kalkulatorischen Unternehmerlohn nach dem oben genannten betriebswirtschaftlichen Modell bezogen auf die Jahre 2015 bis 2017.

Die Anteile der nicht über die Kassenzahnärztlichen

Vereinigungen vereinnahmten Beträge hat sich dabei von 2011 auf 2015 praktisch nicht verändert.

Insoweit ist derzeit nicht von einem dringenden Anpassungsbedarf im Hinblick auf das privatzahnärzt-liche Honorarvolumen auszugehen.

Das Bundesministerium für Gesundheit wird die weitere Entwicklung des privatzahnärztlichen Abrech-nungsgeschehens im Hinblick auf gegebenenfalls erforderliche Anpassungen der GOZ beobachten.

Oberamtsrat Rohkemper, Bonn

Vielen Dank für die Antwort auf meinen offenen Brief. Wir scheinen allerdings völlig unterschiedliche Dinge vor Augen zu haben. Ich jedenfalls habe nicht nur die GOZ-Novelle aus dem Jahr 2012 angesprochen.

Wenn Sie dann im gleichen Satz interpretieren, dass ich im Kern kritisiere, dass die GOZ seit 2012 nicht angepasst worden ist, darf ich Sie bitten, den zweiten und dritten Absatz meines offenen Briefs nochmals zu lesen.

Als Nächstes sprechen Sie von einer weitgehend mit den Berechnungen der Bundeszahnärztekam-mer übereinstimmenden Kalkulation. So äußert sich jemand, der etwas diplomatisch schönreden möchte. Nennen Sie doch bitte konkrete/ korrekte Zahlen. Denn auch das „seinerzeit vorhandene Abrechnungs-geschehen“ ist eine „hübsche“ Verklausulierung und negiert offenbar die gering bewertete Integration von neuen Positionen (insbesondere für die adhäsi-ven Füllungen, die im Vorfeld als Analogpositionen berechnet werden konnten). Im nächsten Absatz sch-reiben Sie von deutlich erhöhten Einnahmen als auch Betriebsausgaben je Praxisinhaber, ohne die jeweiligen Zahlen zu konkretisieren.

Dann bringen Sie das Gesamtvolumen der Einnahme-Überschüsse für einen mit 1992 bis 2009 völlig willkürlichen Zeitraum ins Spiel. In den nächsten beiden Absätzen beziehen Sie, in einer ebenfalls nicht

klar bezeichneten Rechnung, die Abrechnung der kas-senzahnärztlichen Tätigkeit mit ein, die für die Stim-migkeit der GOZ keine direkte Auswirkung hat. Es gibt rein privatzahnärztliche Kollegen, die mit der GOZ allein klarkommen müssen. Wenn sich der von Ihnen nicht konkret bezeichnete Artikel, der nicht über die Kassenzahnärztliche Vereinigung vereinnahmten Beträgen, von 2011 auf 2015 (wieder ein anderer Zeit-raum) praktisch nicht verändert hat, steht das in mei-nen Augen eher gegen eine stattgefundene, weiter oben angesprochene Erhöhung und spricht nicht gegen einen Anpassungsbedarf.

Auch, dass Sie, allerdings ohne sie zu benennen, schon Zahlen aus dem Jahr 2017 haben, verwundert mich. Üblicherweise sind belastbare Zahlen aus unserem Bereich frühestens knapp zwei Jahre nach Ablauf des Zeitraums verfügbar. Weiterhin vermeiden Sie jegliche Äußerungen zu den von mir angeführten Kostenstei-gerungen beziehungsweise Bürokratisierungen.

Das Beispiel mit dem Stundensatz im Zusammenhang mit den Beratungspositionen lassen Sie ebenfalls „gekonnt“ unter den Tisch fallen. Unter dem was man als konstruktive Diskussion bezeichnen könnte, stelle ich mir etwas anderes vor. Schade!

Dr. Guido Vorwerk, Hamm

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24 02/2018

stattung in einer großen Zahl der Praxen. Wenn wir nämlich öffentlich sagen: "Viele von uns können nicht mehr zahlen, können nicht mehr investieren," dann entkräften wir den Vorwurf, wir würden uns auf Kosten unserer Angestellten und Patienten bereichern.

Legen wir nicht diese Karten auf den Tisch, dann wer-den sie uns auf den Tisch gelegt.

Dass wir mehr Geld für Personal und Ausstattung brau-chen, sehen die BMG-Mitarbeiter nicht, die haben ihre eigenen Nöte. Das Prinzip "Teile und herrsche!" einer Zweiklassenmedizin oder die Idee einer Einheitsgebüh-renordnung für Zahnmedizin in Form einer "Bürger-versicherung" – das sind gar nicht unsere Themen, das ist Regierungspolitik.

Es ist falsch, dass zahnärztliche Leistung an Versiche-rungsstatus gebunden ist. Es ist falsch, das Zahnarztpra-xen den Mangel der GKV verwalten. Es ist falsch, dass wir über anderes reden sollen als über Zahnmedizin. Versicherungsaspekte haben primär in einer Gebühren-ordnung für Zahnärzte nichts verloren! Ethisch richtige Medizin ist frei.

Ich denke: Es ist Zeit, auch eine zweite Strategie zu fah-ren.

Fordern wir eine Punktwertanhebung oder eine neue, einheitliche Gebührenordnung für Zahnmedizin, dann stellen wir das BMG vor eine Wahl von Alternativen und fordern nicht bloß mehr Geld. Das wichtigste aber: Legen wir ein Gesamtkonzept einer neuen Ordnung vor, das Politiker von einigen ihrer ungelösten Probleme befreien kann ("Bürgerversicherung", demographischer Wandel, u.a.m.), dann haben wir auch etwas zu bieten, was Politiker interessiert.

Alle Zahnärzte können sich für das Engagement des Kollegen Dr. Vorwerk nur bedanken. In seiner Antwort widerspricht sich das BMG teilweise selbst, wie der Kollege ja auch feststellt. Noch mehr fällt allerdings auf, dass die Antwort des BMG zwischen den Zeilen lautet: „Euch geht es doch gut“ oder auch klarer „das interes-siert uns nicht“.

Seit vielen Jahrzehnten versuchen viele Zahnärzte und auch die BZÄK und die KZBV die Strategie, man müsse der Regierung nur deutlich nachweisen, dass wir nicht angemessen mehr Geld erhalten haben über lange Zeit. Das ist richtig und notwendig. Auch die PZVD legt sich mit Gleichem immer wieder ins Zeug, die BZÄK und die KZBV investieren hier viel Kraft und Beharrlichkeit.

Ich denke: Es ist hinreichend bewiesen, dass diese Stra-tegie allein nicht funktioniert.

Weitere Argumente könnten nun z.B. die durchschnitt-lich unangemessen niedrige Bezahlung unserer Mit-arbeiterinnen sein oder die im Durchschnitt schlechte Praxisausstattung (Lupenbrillen, Mikroskope, digitales Röntgen, DVT u.v.a.m.) ... doch: Sind das nicht gefähr-liche Argumente?

Würden wir weitere Regulierungen erfahren? Wir haben bisher nicht wirklich Honorarerhöhungen erreicht. Sind wir zugleich in der Vergangenheit vor weiterer Regu-lierung bewahrt worden, haben wir sie nicht trotzdem erlitten?

Daher schlage ich weiterhin auch vor, eine deutliche Anhebung des Punktwertes und eine Neubewertung nicht kostendeckender Leistungen zu fordern. Dies jedoch auch unter Hinweis auf die schlechte Finanzlage der Praxen mit Niedriglöhnen und veralteter Aus-

Kommentar: von Dr. Georg Kolle – Präsident der PZVD

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