Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und ... · Was wird erforscht? Unter Schwerelosigkeit...
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>Zentrum für angewandteRaumfahrttechnologie undMikrogravitation
>
Das Zentrum für angewandte Raumfahrt-
technologie und Mikrogravitation (ZARM) ist ein
wissenschaftliches Institut des Fachbereichs
„Produktionstechnik“ der Universität Bremen
unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Hans J. Rath.
Das Institut wurde im September 1985 mit der
Motivation gegründet, ein Zentrum zur
schwerpunktmäßigen Untersuchung gravita-
tionsabhängiger Phänomene und raumfahrtre-
levanter Probleme zu schaffen.
In dieser Rolle ist das ZARM innerhalb von
kurzer Zeit zum größten und zu einem der
bedeutendsten raumfahrttechnischen Univer-
sitätsinstitute in Europa geworden. Am ZARM
arbeiten ca. 80 WissenschaftlerInnen, Techniker-
Innen und Verwaltungsangestellte, sowie zahl-
reiche Studierende aus unterschiedlichen Fach-
bereichen wie Produktionstechnik, Physik, Ma-
thematik und Informatik.
Das zentrale Großlabor des ZARM ist der 146m
hohe Fallturm, in dem erdgebundene
Experimente unter kurzzeitiger Schwerelosigkeit
höchster Qualität durchgeführt werden können.
Die mit dem Betrieb des Fallturms betraute
ZARM-Fallturmbetriebsgesellschaft wurde 1990
mit Inbetriebnahme des Fallturms Bremen
gegründet und beschäftigt weitere technische
und administrative Mitarbeiter.
Mit einer Höhe von 146 Metern ist der Fallturm
Bremen das herausragende Labor des ZARM und
auch der einzige Fallturm in Europa. Hier kann
unabhängig von den Zeitplänen der Raumfahrt
kostengünstig und vor allem kontinuierlich unter
den Bedingungen der Schwerelosigkeit expe-
rimentiert werden. Außerdem kann die zeitliche
Abfolge der Versuche sehr flexibel gestaltet
werden. Auch andere Varianten wie Parabelflüge
mit einem Flugzeug oder einer Rakete („Sounding
Rocket“) sind teurer und bieten nur eine deutlich
niedrigere Qualität der Mikrogravitation.
Diese ist im Vergleich aller Laborsysteme im
Bremer Fallturm mit 10-6g0, also einem Millionstel
der Erdbeschleunigung, am besten und
ermöglicht eine hervorragende Vorbereitung auf
längere Experimente an Bord von Satelliten und
der Internationalen Raumstation (ISS).
Der Fallturm ist aus diesem Grund ein
international sehr beachtetes Labor, das Jahr für
Jahr von vielen Wissenschaftlern aus aller Welt
zur Durchführung von Experimenten aus den
Bereichen der Fluidmechanik, Verfahrenstechnik,
Verbrennung, Materialwissenschaften, aber auch
der Biologie und Biotechnologie besucht wird.
Im Dezember 2004 stieß das ZARM in eine
neue Dimension der Mikrogravitationsforschung
vor: es wurde eine Katapultanlage in Betrieb
genommen, die im ZARM entwickelt wurde und
weltweit einzigartige Forschungsbedingungen
schafft. Die Dauer eines Fallexperiments kann
nun verdoppelt werden, wenn statt des einfachen
freien Falls ein „senkrechter“ Parabelflug
durchgeführt wird. �
� Abbildung 2Der Fallturm Bremen (146 m) istein in Europa einzigartigesGroßlabor, das Experimenteunter kurzzeitigerSchwerelosigkeit ermöglicht
� Abbildung 1Der ZARM Leitstand bei derVorbereitung eines Experiments
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Was wird erforscht?
Unter Schwerelosigkeit lassen sich viele verfah-
renstechnische Probleme ohne den maskieren-
den Einfluss der Schwerkraft erforschen. So
werden z.B. Oberflächenspannungskräfte oder
Kapillarkräfte bei Fluiden dominant, während auf
der anderen Seite der Auftrieb aufgrund ther-
mischer Konvektion verschwindet. Die Schwere-
losigkeit bietet deshalb ideale Bedingungen zur
Untersuchung von Verbrennungsvorgängen, des
Transports mehrphasiger Fluide, von Problemen
der Wärmeübertragung bei verschiedenartigen
Prozessen, aber auch von speziellen Strö-
mungsvorgängen und Strukturbildungen in
Schmelzen.
Eine Forschungsabteilung des ZARM konzen-
triert sich auf die Untersuchung schwerkraft-
abhängiger Phänomene in der Fluidmechanik.
Hier wurde in enger Zusammenarbeit mit dem
Unternehmen Astrium ST eine neue Generation
von Satellitentanks entwickelt, in denen der
Treibstoff nur mit Hilfe der Kapillarkräfte
transportiert wird. Daneben betreibt das Institut
am Fallturm die weltweit einzige laserbasierte
Verbrennungsdiagnostik für die Anwendung un-
ter Schwerelosigkeit. Die Forschungsgruppe
Gravitation beschäftigt sich u.a. mit Bose-Ein-
stein-Kondensaten (BECs). Nachdem ihre Existenz
vor etwa 100 Jahren von Albert Einstein und Sat-
yendra Nath Bose vorhergesagt wurde, ist es 1995
gelungen, diese im Labor herzustellen. In einem
Pilotprojekt der deutschen Raumfahrtagentur,
dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt
e.V. (DLR), sollen die Eigenschaften von BECs unter
Schwerelosigkeit im Fallturm untersucht werden.
Die Raumfahrttechnik ist ein weiterer
Forschungsschwerpunkt des ZARM. Mit dem Bau
und Betrieb des Kleinsatelliten BREM-SAT hat das
ZARM große internationale Anerkennung erfah-
ren. Mit der Übernahme der Gesamtprojekt-Koor-
dination hat das ZARM bewiesen, dass der Bau
universitärer Kleinsatelliten nicht nur möglich,
sondern auch von großem Interesse für die For-
schung ist, um schnell aus einer Forschungsidee
ein konkretes Experiment zu machen. Weiterhin
ist das ZARM für größere Satellitenprojekte tätig,
insbesondere im Bereich der hochpräzisen Lage-
regelung und Lageerfassung von Satelliten. Be-
sonders hervorzuheben ist die umfangreiche
Beteiligung am „LISA-Pathfinder“ Projekt der ESA,
bei dem unter anderem an der Drag-Free Rege-
lung des Experiments und der Simulation des Sa-
telliten gearbeitet wird. Seit 2000 war das ZARM
ebenfalls im Bremer ASTRA/PHOENIX-Projekt in-
volviert. Phoenix ist ein verkleinerter Prototyp ei-
nes wieder verwendbaren Raumtransporters, für
den das ZARM eine fortschrittliche GPS/INS-Navi-
gation entwickelt hat. Die Abteilung Mikro-
fluiddynamik widmet sich Bestimmung des
Materialverhaltens sowie der Beschaffenheit von
Oberflächen und Atmosphären zu erforschender
Himmelskörper. Für die detaillierte Planung
zukünftiger Missionen liegen somit exaktere
Vorhersagen über die vor Ort vorliegenden
physikalischen Eigenschaften im Hinblick auf den
Einsatz von Landern oder Rovern vor.
Es werden auch mehrere Forschungsprojekte in
Zusammenarbeit mit dem DLR und der EU
durchgeführt. Dazu gehören die Entwicklung von
Schubverteilungssystemen sowie ein Projekt zur
System-Identifikation und Datenanalyse von
Wissenschaftssatelliten, wie „GAIA“, „LISA“ und
„STEP“. Die französische Satellitenmission
„MICROSCOPE“ beschäftigt sich mit Einsteins
Äquivalenzprinzip. Im ZARM werden die an Bord
befindlichen hochsensiblen Messinstrumente
getestet und entscheidende Missionssimu-
lationen durchgeführt. �
Abbildungen 3 - 7:
� Vorbereitung eines � Verbrennungsexperimentes
� Experimentkapsel auf dem Weg in� die Fallröhre
� Resonator des gepulsten � Yb(YAG)-Scheibenlasers
� Arbeit am Satellit ABRIXAS (© OHBSystem AG)
� Space Shuttle Start
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ZARM - Geschichte
September 1985: Gründung des ZARM alswissenschaftliche Einheit des FachbereichsProduktionstechnik der Universität Bremen
Februar 1987: Beginn der Planung des FallturmsBremen
Juni 1989: Gründung des ZARM-Fördervereins e.V.mit Mitgliedern aus Forschung, Industrie undPolitik
September 1990: Gründung der ZARM-Fallturm-Betriebsgesellschaft mbH und 1. Abwurf einerVersuchskapsel am Fallturm durch denBundesforschungsminister Dr. Heinz Riesen-huber
Oktober 1992: Bezug des zweiten Instituts-gebäudes
Dezember 1993: 1000. Experimentabwurf amFallturm Bremen
Februar 1994: Aussetzen des Forschungssatel-liten BREM-SAT durch das Space ShuttleDiscovery während der STS 60-Mission undBeginn der einjährigen Operationsphase.
März 1995: Inbetriebnahme der Fallturm-Laserdiagnostik für die Verbrennungsforschung
Juni 1995: Start des Experiments TCM (Thermi-sche Konvektion im Kugelspalt) mit einerrussischen Interkontinentalrakete SS-N-18 vonBord eines U-Bootes in der Barents-See undsichere Landung in Kamtschatka
Oktober 1995: Beginn der Vorentwicklung desFallturm-Katapults
Januar 1997: 2000. Experimentabwurf amFallturm Bremen
Mai 1997: Gründung der ZARM-Technik GmbHzur Vermarktung raumfahrttechnischer Kompo-nenten und für die Durchführung wissenschaft-lich-technischer Dienstleistungen im Auftrag derIndustrie
Oktober 1998: Start des CODAG Experimentes(Cosmic Dust Aggregation Experiment) mit derSpace Shuttle Mission STS-95
April 1999: Start von ABRIXAS nach ca. 5-jährigerEntwicklungszeit. Obwohl der Satellit durcheinen Defekt in der Energieversorgung verlorengeht, konnte das fehlerlose Funktionieren dervom ZARM entwickelten Lageregelung nachge-wiesen werden.
November 1999: Baubeginn des Fallturm-Katapults
April 2000: 3000. Experimentabwurf amFallturm Bremen
August 2000: Baubeginn des Gebäudes für eine30g-Zentrifuge
April 2001: ZARM wird in das MICROSCOPEProjekt involviert: die Durchführung derfranzösischen Satellitenmission (CNES, ONERA,ESA) zur Untersuchung des Äquivalenzprinzips istfür 2009 geplant.
Juni 2001: Baubeginn des Laborgebäudes fürVerbrennungsforschung
Juli 2001: International Space University, eineSommerschule für Master-Studenten derRaumfahrtwissenschaften zu Gast in Bremen
Oktober 2003: Ausrichtung des 54. InternationalAstronautical Congress im Messe- undKongresszentrum Bremen. ZARM wird externesLabor der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA)
April 2004: 1. Schuss des Heisswindkanals zurUntersuchung der Selbstzündung technischerSprays im Laborgebäude für Verbren-nungsforschung
April 2004: ZARM erhält den Auftrag zurMitarbeit an der Entwicklung der Drag-Free-Regelung für die ESA-Mission LISA-Pathfinder
Oktober 2004: 4000. Experimentabwurf amFallturm Bremen
Dezember 2004: 1. Katapultschuss einer Fall-kapsel durch die Bundesministerin für Forschungund Technologie Frau Edelgard Bulmahn
März 2005: Inbetriebnahme der 30g-Zentrifuge
August 2005: Wandlung der ZARM-TechnikGmbH in die ZARM-Technik Aktiengesellschaft
Juli 2005: Die Raumfahrtabteilung des ZARMgewinnt ein EU-Projekt für die Arbeit anhochgenauen Modellen für die Dynamik vonSatelliten, das in Kooperation mit der StanfordUniversity (USA) und der Cambridge University(GB) durchgeführt wird.
Dezember 2006: 1. Erfolgreicher Abwurf desAdvanced Disk Lasers für die Diagnostik vonVerbrennungsvorgängen
Abbildungen 8 - 11
� Drucktanks derKatapultanlage
� PHOENIX nach derLandung
� MICROSCOPE Projekt
� International AstronauticalCongress (IAC 2003) in Bremen
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Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation
ZARM Universität Bremen
Am Fallturm
D-28359 Bremen
tel +49 (0)421 218 27 52
fax +49 (0)421 218 25 21
www.zarm.uni-bremen.de
ZARM-Abteilungen und ihre Forschungsgebiete
Abteilung Mehrphasenströmung
• Grundlagenfragen zur Dynamik der
Grenzflächen zwischen zwei nicht
mischbaren Fluiden
• Transport von Fluiden unter Schwerelosigkeit
• Kapillare Strömungen in Oberflächenspan-
nungstanks von Satelliten
• Mehrphasenströmungen unter Schwerelosig-
keit
• Experimentelle Untersuchung thermokapil-
larer Strömungen
• Kryogene Flüssigkeiten
Abteilung Verbrennung
• Tropfenverbrennung
• Numerische Simulation mehrphasiger Ver-
brennung
• Laserspektroskopische Diagnostik von Ver-
brennungsvorgängen
• Feuersicherheit in der Raumfahrt
• Thermoakustik
Abteilung Raumfahrttechnik
• Bau und Betrieb von Klein- und Mikro-
satelliten (BREM-SAT, Febr. 1994 - Febr. 1995
BREM-SAT II, BREMSTAR)
• Lageregelung von Satelliten (ABRIXAS, DIVA)
• Drag-Free-Regelung (STEP, LISA-Pathfinder,
LISA, HYPER)
• Hochgenaue Simulation von Wissenschafts-
missionen (LISA, STEP, GAIA)
• Datenauswertung für wissenschaftliche
Missionen (GP-B, GAIA)
• Navigation von Raumfahrzeugen (PHOENIX)
Forschungsgruppe Gravitation
• Präzisionsexperimente zur Gravitationsphysik
• Entwicklung hochpräziser Beschleunigungs-
meßsysteme
• Kryogene Sensorik
• Präzisionsexperimente unter Schwerelosigkeit
• Bestimmung und Modellierung von Satelli-
tenorbits
• Relativistische Gravitationstheorie
Abteilung Mikrofluiddynamik
• Kinetische Theorie verdünnter Gase
• Grundlagenforschung zur Dynamik disperser
Systeme
• Strömung granularer Medien
• Wirbelschichten und partikelbeladene Strö-
mungen
• Turbulenzmodellierung
• Thermoaerodynamik
Abbildungen 12 - 16 von oben nach unten
� Fallturm Bre men
� Videosequenzen eines Fall -turmabwurfes mit einem Modelleines Oberflächenspannungs -tan kes.
� BREM-SAT kurz nach demAussetzen vom Space-Shuttle(©NASA)
� Interferometrische Dia -gnostik an brennendenKraftstoff trop fen unter μg
� Bergung der Wieder kehr- kapsel (WKK) mit TCM
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