Zu Besuch auf Öko Rica - travel-to-nature · Anreise Flüge nach Costa Rica sind ab ca. 800 Euro...

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VON O LIVER G ERHARD E in pelziger Hintern. Mehr ist nicht zu sehen von dem Zweifingerfaul- tier. Mit einem ausgedehnten Mittags- schlaf wird es seinem Namen gerade gerecht. Wenn es sich doch einmal be- wegt, dann nur in Zeitlupe. Selbst die Horde Touristen unter dem Urwald- baum, die das Tier mit beharrlichem Pfeifen und Schnalzen aus seiner Le- thargie zu wecken versucht, gibt schließ- lich enttäuscht auf. Zum Glück gibt es im Ecocentro Da- naus in La Fortuna noch mehr Tiere zu erleben: Aras und Kaimane, Pfeilgiftfrö- sche und blaue Morphofalter, Leguane und Kammschnabelreiher bevölkern den kleinen Streifen Wald des privaten Schutzgebietes. Vor zehn Jahren kauften junge Umweltaktivisten hier ein brach- liegendes Stück Land, um darauf be- drohte Baumarten zu züchten. Inzwi- schen verteilen sie jedes Jahr bis zu 100 000 Bäume im ganzen Land. Junge Praktikanten „Es gibt einen starken Bewusstseins- wandel in Costa Rica“, sagt Aktivistin Xenia Vargas. „Leider setzt er sich nur sehr langsam im Handeln vieler Men- schen um.“ Das Ökozentrum befindet sich an einem der spektakulärsten Orte Costa Ricas, direkt am Fuß des hochak- tiven Vulkans Arenal. Die Besucher des Dorfes La Fortuna erleben den Berg von seiner Schokoladenseite: Dichte Wälder überziehen den ebenmäßig geformten Kegel, darüber steht schnurgerade die Rauchfahne aus dem Krater am Him- mel. Wenn man den Arenal jedoch um- rundet, stößt man auf seine Schatten- seite, mit vom Feuer verbrannten Hän- gen und erkalteten Lavaströmen. Dank ihrer Nähe zum Vulkan ist die Gemeinde La Fortuna in den letzten Jahren beträchtlich gewachsen – eben- so wie die Angebote für den umweltbe- wussten Reisenden. Es gibt Ökolodges und Ökofarmen, Ökoabenteuer und Ökotouren. Das ganze Land setzt auf Umwelttourismus als Einnahmequelle. Im Laufe der letzten Jahrzehnte wurden zwei Dutzend Nationalparks gegründet. Fast ein Drittel Costa Ricas steht inzwi- schen unter Schutz. Doch der Boom hat auch seine Schattenseiten. Zum Beispiel rund um das Naturschutzgebiet Caño Negro, wo man mit dem Boot durch eine scheinbar intakte Flusslandschaft fährt. Aber schon wenige Meter vom Ufer ent- fernt erreicht man den Rand des ver- meintlichen Urwaldes. In einigen Landesteilen wird hem- mungslos abgeholzt. Und die Hotelin- dustrie schließt einen immer engeren Gürtel um manchen Nationalpark – nicht selten unter einem Öko-Label. Umso bedeutender ist die Rolle enga- gierter Umweltschützer, die auf die Mängel aufmerksam machen. Men- schen wie Juan Bautista Castro, der in La Fortuna eine kleine, ökologisch be- wirtschaftete Farm gegründet hat. Mit ausladenden Gesten und pathe- tischen Worten führt der Biobauer über seine Finca. Dann zieht er eine riesige Machete aus dem Lederköcher an seiner Hüfte. Singend fährt die Klinge in den Stamm einer Yuca-Pflanze. Ein Ruck, und Castro hält ein Bündel Maniokwur- zeln in der Hand, eines der Hauptnah- rungsmittel der „Ticos“, wie die Einwoh- ner Costa Ricas heißen. „Bald ernährt die Farm unsere ganze Familie“, sagt Castro und lässt den Blick über das blühende Land schweifen, das er innerhalb der vergangenen fünf Jah- re geschaffen hat. Zuvor hatte er als Lehrer gearbeitet und seinen Schülern Umweltschutz nahegebracht. Doch dann beschloss er, Nägel mit Köpfen zu machen: Er kaufte 8 000 Quadratmeter Weideland und begann mit ökolo- gischem Landbau: Kakao, Kaffee, Mais, Melonen. Eifrig wirbelt Castro über sei- ne Felder, zeigt den Besuchern, wie er dank seiner Anbautechniken den Nah- rungsbedarf einer Großfamilie decken will. Trägt einer Touristin Lippenstift und Rouge aus der Rinde eines Tropen- baumes auf. Presst aus seiner Zucker- rohrmühle frischen, schäumenden Saft zum Kosten. Und zum Abschluss erwar- tet den Gast ein echt costaricanisches Festmahl – alles „bio“ natürlich. R e ise und Wellness ..................................................................................................................................................................................................................................... Berliner Zeitung · Nummer 11 · Mittwoch, 14. Januar 2009 Zu Besuch auf Öko Rica Die Vulkaninsel Costa Rica mit ihren Feuchtgebieten und Stränden wird zum Zentrum des Umwelttourismus AGENCIA DE PROMOCIóN TURíSTICA DE CENTROAMéRICA Fast ein Drittel der Fläche Costa Ricas stehen unter Naturschutz. Mittlerweile ist der Öko-Tourismus eine wichtige Einnahmequelle im Land geworden. 11 INFORMATIONEN Überblick Das Land von der Größe Niedersachsens erstreckt sich zwischen Nicaragua und Panama. An der engs- ten Stelle zwischen Pazifik und Karibik durchmisst es nur rund 120 Kilometer. Costa Rica zählt 4,4 Milli- onen Einwohner, die Hälf- te lebt im Großraum der Hauptstadt San José. Anreise Flüge nach Costa Rica sind ab ca. 800 Euro erhältlich. Bei der Einreise ist ein noch mindestens sechs Monate gültiger Rei- sepass vorzulegen. Veranstalter Der Vulkan Arenal und zahlreiche Umweltpro- jekte gehören zum Pro- gramm der Reise „Costa Rica Pur“ von Travel to Nature, 14 Tage inkl. Flug ab 2 529 Euro, siehe im Internet: www.traveltonature.de Reisezeit Trockenzeit von Dezem- ber bis März. Es herr- schen ganzjährig milde Temperaturen, im zentra- len Hochland 20 bis 26 Grad, an den Küsten bis über 30 Grad. Infos Lonely Planet Costa Rica, 24,95 Euro; Reise Know- How Costa Rica, 22,50 Euro; Marco Polo Reisefüh- rer Costa Rica, 9,95 Euro. www.visitcostarica.com MISCHA KRUMM Das Faultier trägt seinen Namen zu Recht.

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v o n o l i v e r G e r h a r d

Ein pelziger Hintern. Mehr ist nicht zu sehen von dem Zweifingerfaul-

tier. Mit einem ausgedehnten Mittags-schlaf wird es seinem Namen gerade gerecht. Wenn es sich doch einmal be-wegt, dann nur in Zeitlupe. Selbst die Horde Touristen unter dem Urwald-baum, die das Tier mit beharrlichem Pfeifen und Schnalzen aus seiner Le-thargie zu wecken versucht, gibt schließ-lich enttäuscht auf.

Zum Glück gibt es im Ecocentro Da-naus in La Fortuna noch mehr Tiere zu erleben: Aras und Kaimane, Pfeilgiftfrö-sche und blaue Morphofalter, Leguane und Kammschnabelreiher bevölkern den kleinen Streifen Wald des privaten Schutzgebietes. Vor zehn Jahren kauften junge Umweltaktivisten hier ein brach-liegendes Stück Land, um darauf be-drohte Baumarten zu züchten. Inzwi-schen verteilen sie jedes Jahr bis zu 100 000 Bäume im ganzen Land.

Junge Praktikanten

„Es gibt einen starken Bewusstseins-wandel in Costa Rica“, sagt Aktivistin Xenia Vargas. „Leider setzt er sich nur sehr langsam im Handeln vieler Men-schen um.“ Das Ökozentrum befindet sich an einem der spektakulärsten Orte Costa Ricas, direkt am Fuß des hochak-tiven Vulkans Arenal. Die Besucher des Dorfes La Fortuna erleben den Berg von seiner Schokoladenseite: Dichte Wälder überziehen den ebenmäßig geformten Kegel, darüber steht schnurgerade die

Rauchfahne aus dem Krater am Him-mel. Wenn man den Arenal jedoch um-rundet, stößt man auf seine Schatten-seite, mit vom Feuer verbrannten Hän-gen und erkalteten Lavaströmen.

Dank ihrer Nähe zum Vulkan ist die Gemeinde La Fortuna in den letzten Jahren beträchtlich gewachsen – eben-so wie die Angebote für den umweltbe-wussten Reisenden. Es gibt Ökolodges und Ökofarmen, Ökoabenteuer und Ökotouren. Das ganze Land setzt auf Umwelttourismus als Einnahmequelle. Im Laufe der letzten Jahrzehnte wurden

zwei Dutzend Nationalparks gegründet. Fast ein Drittel Costa Ricas steht inzwi-schen unter Schutz. Doch der Boom hat auch seine Schattenseiten. Zum Beispiel rund um das Naturschutzgebiet Caño Negro, wo man mit dem Boot durch eine scheinbar intakte Flusslandschaft fährt. Aber schon wenige Meter vom Ufer ent-fernt erreicht man den Rand des ver-meintlichen Urwaldes.

In einigen Landesteilen wird hem-mungslos abgeholzt. Und die Hotelin-dustrie schließt einen immer engeren Gürtel um manchen Nationalpark –

nicht selten unter einem Öko-Label. Umso bedeutender ist die Rolle enga-gierter Umweltschützer, die auf die Mängel aufmerksam machen. Men-schen wie Juan Bautista Castro, der in La Fortuna eine kleine, ökologisch be-wirtschaftete Farm gegründet hat.

Mit ausladenden Gesten und pathe-tischen Worten führt der Biobauer über seine Finca. Dann zieht er eine riesige Machete aus dem Lederköcher an seiner Hüfte. Singend fährt die Klinge in den Stamm einer Yuca-Pflanze. Ein Ruck, und Castro hält ein Bündel Maniokwur-zeln in der Hand, eines der Hauptnah-rungsmittel der „Ticos“, wie die Einwoh-ner Costa Ricas heißen.

„Bald ernährt die Farm unsere ganze Familie“, sagt Castro und lässt den Blick über das blühende Land schweifen, das er innerhalb der vergangenen fünf Jah-re geschaffen hat. Zuvor hatte er als Lehrer gearbeitet und seinen Schülern Umweltschutz nahegebracht. Doch dann beschloss er, Nägel mit Köpfen zu machen: Er kaufte 8 000 Quadratmeter Weideland und begann mit ökolo-gischem Landbau: Kakao, Kaffee, Mais, Melonen. Eifrig wirbelt Castro über sei-ne Felder, zeigt den Besuchern, wie er dank seiner Anbautechniken den Nah-rungsbedarf einer Großfamilie decken will. Trägt einer Touristin Lippenstift und Rouge aus der Rinde eines Tropen-baumes auf. Presst aus seiner Zucker-rohrmühle frischen, schäumenden Saft zum Kosten. Und zum Abschluss erwar-tet den Gast ein echt costaricanisches Festmahl – alles „bio“ natürlich.

Reise und Wellness. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

B e r l i n e r   Z e i t u n g   ·   N u mm e r   1 1   ·   M i t t w o c h ,   1 4 .   J a n u a r   2 0 0 9

Zu Besuch auf Öko RicaDie Vulkaninsel Costa Rica mit ihren Feuchtgebieten und Stränden wird zum Zentrum des Umwelttourismus

A G E N C I A D E P R O M O C I ó N T U R í S T I C A D E C E N T R O A M é R I C A

Fast ein Drittel der Fläche Costa Ricas stehen unter Naturschutz. Mittlerweile ist der Öko-Tourismus eine wichtige Einnahmequelle im Land geworden.

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I n f o r m a t I o n e n

ÜberblickDas Land von der Größe Niedersachsens erstreckt sich zwischen Nicaragua und Panama. An der engs-ten Stelle zwischen Pazifik und Karibik durchmisst es nur rund 120 Kilometer. Costa Rica zählt 4,4 Milli-onen Einwohner, die Hälf-te lebt im Großraum der Hauptstadt San José.

AnreiseFlüge nach Costa Rica sind ab ca. 800 Euro erhältlich. Bei der Einreise ist ein noch mindestens sechs Monate gültiger Rei-sepass vorzulegen.

VeranstalterDer Vulkan Arenal und zahlreiche Umweltpro-jekte gehören zum Pro-gramm der Reise „Costa Rica Pur“ von Travel to Nature, 14 Tage inkl.

Flug ab 2 529 Euro, siehe im Internet: www.traveltonature.de

ReisezeitTrockenzeit von Dezem-ber bis März. Es herr-schen ganzjährig milde Temperaturen, im zentra-len Hochland 20 bis 26 Grad, an den Küsten bis über 30 Grad.

InfosLonely Planet Costa Rica, 24,95 Euro; Reise Know-How Costa Rica, 22,50 Euro; Marco Polo Reisefüh-rer Costa Rica, 9,95 Euro. www.visitcostarica.com

M I S C H A K R U M M

Das Faultier trägt seinen Namen zu Recht.