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Pressglas-Korrespondenz 2003-1 Stand 15.03.2003 pk-2003-1-1 Seite 9 von 154 Seiten Abb. 2003-1/015 Geschäftskarte mit Abbildung der Glashütte Zvecevo in Slawonien von Hondl & Lobmeyr, Reproduktion aus Schmidt 1925, S. 13: „Es werden alle Gattungen glatt geschliffene, fein brillantierte Cristall und vergoldete Glasgegenstände, in allen bestehenden Far- ben, nach den neuesten Formen und Dessins, sowie auch ordinäre weisse und grüne Hohlwaare dessgleichen auch ordinäre und Lagertafeln erzeugt.“; aus Neuwirth 1999, Abb. 324 Zu den Glashütten Marienthal und Zvecevo in Slawonien von Joseph Lobmeyr Auszug aus Waltraud Neuwirth, Schöner als Bergkristall - Ludwig Lobmeyr, Wien 1999. Abdruck mit freundlicher Erlaubnis von Dr. Waltraud Neuwirth. Herzlichen Dank! Im Buch von Waltraud Neuwirth, Schöner als Berg- kristall, wird zusammen mit vielen Dokumenten und herrlichen Abbildungen die Autobiographie von Ludwig Lobmeyr (1829 - 1917) vollständig wiedergegeben, darunter auch die Berichte über die Übernahme und Aufgabe der Glashütten Marienthal und Zvecevo in Slawonien und die Bemühungen des Vaters Joseph Lobmeyr zur Herstellung von Pressglas. Erstmals kann durch die Originaldokumente und eine Karte von Sla- vonien aus dem Jahre 1856 [Josef Scheda, General- Carte des österreichischen Kaiserstaates, Wien 1856, Nr. XIII] jetzt auch der Standort von Marienthal [Juras: Mirin Dol] bei Našice angegeben werden. (S. Karte) Streichungen und Einfügungen im Manuskript sowie die originale Rechtschreibung wurden beibehalten. Es wur- den nur die wichtigsten Berichte über die Reisen nach Marienthal und Zvecevo und über die Herstellung von Pressglas überno mmen. Bericht über die zweite allgemeine österreichi- sche Gewerbs-Producten-Ausstellung im Jahre 1839, Wien 1840, S. 37 u. 38, Glaswaren und Arbeiten in Glas [Neuwirth 1999, S. 112 f.] Exp. Nro. 55o. Joseph Lobmeyr, Inhaber einer Glas- Fabrik zu Marienthal, Slavonien, betreibt die vor 3 Jah- ren übernommene Fabrik nunmehr in solcher Ausdeh- nung, dass sie unter die bedeutendsten im Königreiche Ungarn gezählt werden kann. Außer gewöhnlichem Hohl- und Tafelglase, wird in derselben auch Krystall- und Farbenglas verfertigt. Vorzüglich aber hat der Herr Aussteller sein Augen- merk auf gepreßtes Glas gerichtet, und zu diesem Behu- fe nicht nur mehrere Reisen nach Frankreich gemacht, sondern sich auch Arbeiter von daher nebst einer be- deutenden Anzahl von messingenen Formen und den, zu deren Gebrauche nöthigen Apparaten und Maschinen verschafft.

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Pressglas-Korrespondenz 2003-1

Stand 15.03.2003 pk-2003-1-1 Seite 9 von 154 Seiten

Abb. 2003-1/015Geschäftskarte mit Abbildung der Glashütte Zvecevo in Slawonien von Hondl & Lobmeyr, Reproduktion aus Schmidt 1925, S. 13:„Es werden alle Gattungen glatt geschliffene, fein brillantierte Cristall und vergoldete Glasgegenstände, in allen bestehenden Far-ben, nach den neuesten Formen und Dessins, sowie auch ordinäre weisse und grüne Hohlwaare dessgleichen auch ordinäre undLagertafeln erzeugt.“; aus Neuwirth 1999, Abb. 324

Zu den Glashütten Marienthal und Zvecevo in Slawonien von Joseph Lobmeyr

Auszug aus Waltraud Neuwirth, Schöner als Bergkristall - Ludwig Lobmeyr, Wien 1999. Abdruck mitfreundlicher Erlaubnis von Dr. Waltraud Neuwirth. Herzlichen Dank!

Im Buch von Waltraud Neuwirth, Schöner als Berg-kristall, wird zusammen mit vielen Dokumenten undherrlichen Abbildungen die Autobiographie von LudwigLobmeyr (1829 - 1917) vollständig wiedergegeben,darunter auch die Berichte über die Übernahme undAufgabe der Glashütten Marienthal und Zvecevo inSlawonien und die Bemühungen des Vaters JosephLobmeyr zur Herstellung von Pressglas. Erstmals kanndurch die Originaldokumente und eine Karte von Sla-vonien aus dem Jahre 1856 [Josef Scheda, General-Carte des österreichischen Kaiserstaates, Wien 1856,Nr. XIII] jetzt auch der Standort von Marienthal [Juras:Mirin Dol] bei Našice angegeben werden. (S. Karte)Streichungen und Einfügungen im Manuskript sowie dieoriginale Rechtschreibung wurden beibehalten. Es wur-den nur die wichtigsten Berichte über die Reisen nachMarienthal und Zvecevo und über die Herstellung vonPressglas übernommen.

Bericht über die zweite allgemeine österreichi-sche Gewerbs-Producten-Ausstellung im Jahre1839, Wien 1840, S. 37 u. 38, Glaswaren undArbeiten in Glas [Neuwirth 1999, S. 112 f.]

Exp. Nro. 55o. Joseph Lobmeyr, Inhaber einer Glas-Fabrik zu Marienthal, Slavonien, betreibt die vor 3 Jah-ren übernommene Fabrik nunmehr in solcher Ausdeh-nung, dass sie unter die bedeutendsten im KönigreicheUngarn gezählt werden kann. Außer gewöhnlichemHohl- und Tafelglase, wird in derselben auch Krystall-und Farbenglas verfertigt.

Vorzüglich aber hat der Herr Aussteller sein Augen-merk auf gepreßtes Glas gerichtet, und zu diesem Behu-fe nicht nur mehrere Reisen nach Frankreich gemacht,sondern sich auch Arbeiter von daher nebst einer be-deutenden Anzahl von messingenen Formen und den, zuderen Gebrauche nöthigen Apparaten und Maschinenverschafft.

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Durch diese Hilfsmittel und durch mehrere Verbesse-rungen in dem früheren Verfahren ist es dem HerrnAussteller gelungen, die Fabrication des gepreßten Gla-ses im Großen auszuführen, wozu er durch den bedeu-tenden Absatz desselben nach der Türkei Aufforderungerhielt. Das Bemahlen des gepreßten Glases bewirktHerr Aussteller mit Schmelzfarben, welche eingebranntwerden.

Abb. 2003-1/016Preßglas-Becher (Papierschnitt), bez. „B 12“, Vorderseite,H 10,2 cm; Rückseite bez.: „Becher Kristal mit 10 gepreß-ten Facetten u. erhabener Eichenguirlande. Das GuirlandGoldgelb geätzt. Oben Goldrand“aus Neuwirth 1999, Abb. 286 u. 287

Eingesendet wurden mehrere Tafel- und Blumenaufsät-ze mit reicher Vergoldung, blau überfangen, bunt miteingebrannten Rosen und glatt und von Rosaglas, Was-seraufsätze grün und blau mit reicher, glatter und erha-bener Vergoldung, grün durchgeschliffen und violett;Bouteillen, Gläser, Krüge und Pokale mit reicher Ver-goldung von Rosa-, Rubin-, violettem, blauem und grü-nem Glase, weiß mit eingebrannter Malerei und gelbmit Silberverzierung; blau durchgeschliffene Leuchter,Salatschüsseln, Tassen und Compot-Schalen weiß bril-lantirt und von Rosaglas mit reicher Vergoldung; blaueTeller, Rosateller mit Gold- und Silberverzierung; blaudurchgeschliffene und Rosa-Brotkörbe und Flacons;

Tassen, Schwammschalen, Salzfässchen, Trinkgläser,Blumenbecher und Teller von gepreßtem Glase etc. etc.

Der Herr Aussteller hat sich durch sein reges Bestrebendie Glas-Fabrication in dem Königreiche Slavonien, wonur wenige Gewerbsthätigkeit herrscht, in Aufnahme zubringen und durch die Einführung der Erzeugunggepreßter Gläser, in welcher er sehr Preiswürdiges lie-fert, ein Verdienst erworben, wegen dessen ihm eine eh-renvolle Erwähnung nicht versagt werden konnte.

Abb. 2003-1/017Kelchglas (Papierschnitt), Preßglas; Vorderseite, H 16,5 cmKelchglas (Papierschnitt), Rückseite bez.: „119 / PokalKristal gepreßt mit / goldgelb geätzten Blätterkranz / undGoldrand“aus Neuwirth 1999, Abb. 288 u. 289

Wiener Adressbuch von 1849 [Neuwirth 1999,S. 104 ff.]

„Hr. Lobmeyer Joseph, Besitzer der Glasfabrik Ma-rienthal und Zwechewo in Slavonien, bürgerl. Glaserund Glashändler, empfiehlt sich mit seiner äußerst reichund brillant assortierten Glaswaarenfabriks-Niederlagevom ordinärsten bis zum feinsten raffinirtesten Krystallin allen Farben, gemalt und vergoldet, nach den neues-ten Anforderungen der Industrie, Kunst, Mode und Lu-xus; Tafel- und Dessert-Service von allen Gattungenvon 6 bis 50 und mehr Personen; alle Arten der schöns-ten Toilette-Gegenstände von feinstem Geschmacke und

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nach den neuesten Modellen. Eine besondere Auswahlvon allen Größen flacher französischer Cylinder-, eng-lisch-geschliffener und ordinärer Sackuhrgläser nebstallen anderen Sorten größerer Uhrgläser; alle Arten ge-bogene Auslagstafeln, ordinäre und feine Fenstertafelnvon weißem und Farbenglase; dann ovale und andereStürze mit und ohne Postament, gepreßte Glasgegen-stände jeder Art, wie auch gefaßte und ungefaßte Dia-manten, nebst Kunstaugen für Menschen und Thiere.Alle in dies Fach einschlagenden Bestellungen werdenangenommen und auf das Pünktlichste ausgeführt in derFabriksniederlage, Stadt, Kärnthnerstraße 940, Eck derWeihburggasse. [V. F. Gottfried, Adressen-Buch derHandlungs-Gremien und Fabriken der kais. königl.Haupt- und Residenzstadt Wien dann mehrerer Provin-zialstädte für das Jahr 1849, S. 268 f.]

Abb. 2003-1/018Deckelgefäß („Zuckervase“); wohl Frankreich, vor 1837;farbloses Preßglas, H 14,7 cm, Sammlung TechnischesMuseum Wien, Inv. Nr. TH 12861aus Neuwirth 1999, Abb. 291

SG: Joseph Lobmeyr befasste sich mindestens seit 1840mit der Herstellung von Pressglas und unternahm dazuReisen nach Frankreich [Neuwirth 1999, S. 117, 120].Eine erste Reise unternahm er wahrscheinlich 1836, woer um eine Reisegenehmigung für Paris nachgesuchthatte. [Neuwirth 1999, S. 14] Damals könnte er erstmalsPressglas von Baccarat und St. Louis bei Launay, Hau-tin & Cie. kennen gelernt und nach Wien zurück ge-bracht haben.

Pacht der Fabrik von Marienthal in Slavonien1837 [Neuwirth 1999, S. 104 ff.]

Mit Fleiß, Umsicht und reellem Gebahren hatten sichVater und Mutter nicht ohne zeitweises schweres Rin-gen und noch weniger ohne manche ernste Sorgen, da jadoch lange der Kredit in Anspruch genommen werdenmußte, die Deckung der fälligen Zahlungen nicht immer

von selber einfloß usw., endlich zu gesicherten Verhält-nissen emporgearbeitet, ja der Vater hatte genug Geldzur Verfügung, daß er nun selbst fremde Wechsel be-lehnen konnte. Da kam ein Projektenmacher, Kempf, anden Vater heran mit dem Antrage, eine kleine Fabrik inSlavonien zu pachten, und so erwägend er sonst war [sogenau erwägend der Vater sonst war], für die vorge-brachten Phrasen blieb er nicht unempfänglich; auchsagte er sich, es dürfte für das Wiener Geschäft von gu-ter Einwirkung sein, wenn er sich „Glasfabrikant“ nen-nen könnte, kurz, er ließ sich herbei, die Pachtung an-zutreten. Der Vertrag wurde am 17. Mai 1837 unter-zeichnet. Kempf ward Direktor, meinte aber [wohl],sich bald selbst zum Herrn zu machen, zunächst undweiter auf des Vaters Kosten lustig leben zu können.Rechnung zu legen lag nicht in seiner Absicht, sondernstets nur neue Zuschüsse zu begehren und als dies demVater [doch] zu viel wurde und er mit gerichtlichenSchritten drohte, erwiederte jener selbstbewußt, er neh-me es mit jedem Stuhlrichter auf. Diese Prahlerei bekamihm schlecht, er ward vor Gericht gestellt und ohne vielFederlesens, wie es da unten [SG: in Ungarn / Slawo-nien] leicht möglich war, davongejagt; der gereizte[herausgeforderte] Stuhlrichter ließ ihm seine volleMacht fühlen.

Nun ward ein jüngerer Beamter einer böhmischen Glas-fabrik als Direktor für Marienthal aufgenommen, dervon der Glaserzeugung gewiß genug, ja mehr verstand,als für dieses kleine Werk erforderlich war, aber aufOrdnung in der Buchführung und im sonstigen Gebah-ren ebenfalls keine Mühe verwendete. Er trachtete, sichdas Leben in dem Waldneste thunlichst angenehm zumachen, am Unternehmen selbst aber hatte er sichtlichwenig Freude, brachte es auch nicht vorwärts. Wie we-nig verläßlich der Mann war, zeigte sich freilich erstviel später. [...]

Abb. 2003-1/019Fragment einer Zeichnung (wohl für Preßglas) auf derRückseite eines Papierschnittes für einen Aufsatz; Durch-messer: ca. 11.2 cmaus Neuwirth 1999, Abb. 304

Reise von Josef Lobmeyr sen. 1840 nach Parisund London. - Preßglas von St. Louis, Nach-ahmung in Marienthal [Neuwirth 1999, S. 117ff.]

Der Vater war um 1840 nach Paris und London gefah-ren, in Frankreich auf die Glasfabrik St. Louis gekom-men, wo brillantirtes Preßglas als epochemachendeNeuigkeit in Mengen erzeugt wurde, der Vater kaufte[davon] reichlich ein, hatte in Wien bald Alles wieder

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zu glänzenden Preisen an Mann gebracht, und fuhrnochmals aus, neue Vorräthe zu holen. Wie er dort amOfen zuschaute, daß der Glasmacher seine Pfeife in dieGlasmasse steckte, ein paarmal drehte, um einiges da-von aufzunehmen, dann dies über die Form hielt, vonder Pfeife abschnitt, worauf ein dritter den Stempel sorasch niederdrückte als er ihn wieder hob, [und] dannder Teller oder sonst was fertig dalag, [so] daß es nurmehr in den Kühlofen einzulegen war, um allmälig zuerkalten, [da] schien dem Vater die Preßmaschine undsonst Alles so einfach, daß er suchte, sich das im Ge-heimen aufzuzeichnen. Da er aber davon gar nichtsverstand, so kam er mit Angaben heim, nach denenwohl auch eine Maschine und Preßmodelle angefertigtwurden, welche sich aber als untauglich erwiesen, alssie in Marienthal versucht wurden, sie kamen wieder[zurück] nach Wien, um verbessert zu werden, [was] essich wieder als unzureichend erwies. Endlich gelang esdem Vater, [sich] Maschinen und Mödel sich aus Frank-reich zu verschaffen, die taugten. Aber unser Glas warzu hart, unsere Erzeugnisse waren nicht mit den franzö-sischen zu vergleichen, von denen der Vater immernoch viel bezog, welche [aber] immer billiger wurdenund mit denen man noch später den Markt völlig über-sättigte. Die Unternehmungsfreudigkeit hatte ihn da et-was zu sehr verleitet. Er fuhr jedes Jahr nach der [unse-rer] Fabrik, kehrte aber von dort [stets] um so unbefrie-digter heim, weil er selbst nicht einzugreifen wußte.

Abb. 2002-4/262Teller m. Ranken, Rauten u. Blumen, SabléeMusterbuch Launay, Hautin & Cie. 1840, Planche 17Nr. 1224 B. [Baccarat], Assiette [à dessert] m. sablée. fondà diamants, 5 “ [Zoll]

Errichtung einer Fabrik in Zvecevo 1841 [Neu-wirth 1999, S. 120 ff.]

Da ging von einer anderen Glasfabrik in der Nähe, Da-rowar, der Pacht aus, welchen zu erneuern nicht mehrentsprach. Der erste Pächter dieser Fabrik war vor Jah-ren gestorben, der Wittwe mochte es nicht behagt ha-ben, den Fortbetrieb allein zu leiten oder vereinsamtfortzuleben; sie nahm einen Herrschaftsbeamten namensHondl zum Ehegespons, einen großen, stattlichen Mann,ohne eigenes Vermögen, treuherzig und sicher in sei-nem Auftreten, vor allem [aber erst recht] mit einernicht geringen Dosis Schlauheit begabt. Trnka [unserDirektor in Marienthal] und Hondl paßten prächtig zu-

sammen, sie fanden sich auch, setzten den Verkehr fortund traten bald an den Vater mit dem Antrage heran, ermöge mit Hondl eine neue Fabrik in Zvecevo errichten,für welche ein [anscheinend] lächerlich günstiger Ver-trag vom Gutsherrn [Josef] von Jankovicz, zu erzielenwar; sie sollte für die Erzeugung besserer, ja feiner Ar-tikel eingerichtet werden, Trnka wird da Direktor unddie erforderlichen geschulten Arbeiter in Böhmen an-werben, nach Marienthal kommt der jetzige Leiter derHondl'schen Fabrik, [Anton] Schaffer, der für die Er-zeugung gewöhnlicher Waaren vollkommen genüge. -Der Vater sah nur die Schafspelze, nicht aber die Fuchs-schwänze; daß Trnka mehr leisten könne, als wozu Ma-rienthal die Gelegenheit bot, einerseits, daß Schaffer,welcher zuletzt Darowar leitete, für des Vaters Fabrik[Marienthal] genüge, stund außer Zweifel, eine gewisseVertrauensseligkeit in die zwei Personen, welche ihmdas neue Unternehmen als zweifellos glänzend darstell-ten, wurde ausschlaggebend. Das gemeinsame Unter-nehmen wurde gegründet, der Vertrag am 21. August1841 abgeschlossen. [...]

Abb. 2003-1/020Fragment einer Zeichnung (wohl für Preßglas) auf derRückseite eines Papierschnittes für einen Aufsatz; Durch-messer: ca. 13.1 cmaus Neuwirth 1999, Abb. 305

Die Revolution 1848 in Ungarn und Slavonien[Neuwirth 1999, S. 151]

[...] Während die Aufregung in Ungarn einen immerOesterreich feindlicheren Charakter annahm, das Stre-ben, sich unabhängig, ja selbständig zu machen, immerklarer hervortrat, erklärten sich die Kroaten gegen dieseRichtung: sie erbaten sich den Grafen Josef Jellachich,der verschiedene Grenzregimenter seit Jahren komman-dirt, mit ihnen auch in Bosnien einige Gefechte bestan-den hatte, zum Banus von Kroatien und Slavonien, wasihnen auch vom Kaiser bewilligt wurde, der den Grafenbei diesem Anlasse zum Feldmarschall-Lieutenant undzum kommandierenden General der Grenztruppen er-

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nannte. Das veranlasste den Banus nun, sämtliche Ge-biete zu bereisen, in welchen er überall enthusiastischaufgenommen wurde, da der Gegensatz der Anschauun-gen der Südslawen zu denen der Magyaren sich immermehr herausbildete. [...]

Reise nach Marienthal 1849 [Neuwirth 1999, S.159 f.]

Mit dem Jahre 1848 war der zwölfjährige Pacht vonMarienthal abgelaufen; [Durch Schaffers thatkräftigeund umsichtige Leitung erhielt der Vater wohl das in dieFabrik gesteckte Kapital, auch mäßige Zinsen heraus, a-ber an einen Fortbetrieb dachten wir nicht und] da sichkein neuer Pächter fand, und als doch nicht in der Ord-nung gewesen wäre, das Personal mitten im Winter zuentlassen, behielten wir die Fabrik bis Ende März 1849.Es wurden nun die Öfen gelöscht, des Krieges in Un-garn wegen waren die Glasvorräthe nicht an Mann zubringen, es mußten leider einige Leute zur Aufsicht be-halten werden; es [und so] verging [en auch noch] derApril und Mai. Da kam ein nächtlicher Einbruch vor,bei dem über tausend Gulden in Baarem und an zwei-tausend Gulden in Wechseln geraubt wurden, welchletztere freilich für die Diebe unverwerthbar waren, unsaber das Eintreiben der betreffenden Forderung sehr er-schwerte. Um so dringender schrieb Schaffer, der Vatermöge hinunter kommen, was aber seines Unwohlseins,der Unsicherheit, welche weit und breit herrschte, unddes Wiener Geschäftes wegen nicht thunlich war.

Abb. 2003-1/021Kleine Vase (Papierschnitt), „französische Muster“, 1850H 17,5 cm, bez. „Beinglas weiß, mit 3 erhabenen diversenBouquets, gemahlen mit g[ganz] vergoldeten Stängeln. -und Goldreife mit blassem Tusch gezeichnet/ franz. M / a1850“; aus Neuwirth 1999, Abb. 475

Abb. 2003-1/022Kleine Vase (Papierschnitt), „französische Muster“, 1850H 18,7 cm, bez. „Die Decoration ist nur sauber mit blasserTusch zu zeichnen / franz. M / a 1850“;Rückseite bez. „Bl. V. 74 Blumenvasen Beinglas mit erha-bener Guirlande, gemahlen mit vergoldetem Stängel“aus Neuwirth 1999, Abb. 476

Reise nach Slavonien 1849 [Neuwirth 1999, S.165 f.]

Möller und ich richteten dagegen wieder zur Fahrt nachSlavonien, welche diesmal weit umständlicher war.

Als die Bewegung in Ungarn bereits einen höchst ge-fährlichen Umfang erreicht hatte, überschritt BanusJellachich mit 40.000 Mann Grenztruppen im Septem-ber v. Jahres die ungarisch-kroatische Grenze; damitwar der Revolutionskrieg eröffnet, der bald von Seiteder Magyaren mit verblüffendem Erfolg geführt wurde;unser Gebiet in Slavonien war und blieb davon völligunberührt, nur konnten wir nicht wie sonst durch Un-garn, sondern mußten über Steyermark im Rücken derArmee [den Weg] nehmen und brauchten selbst sowohlvidimirte Pässe, um unbeanstandet durchkommenzu können. [Wir fuhren also] am 2. Juli nach Prag, woBruder Franz sich seiner Studien halber aufhielt, daauch das Polytechnikum in Wien [geschlossen] war.Von da ging's nach Marburg, wo wir nur durch besonde-res Bemühen eines Einheimischen einen Wagen nachCopreinitz erhielten, mit dessen Eigenthümer abge-macht war, daß er uns auf Verlangen auch nach Pitto-mach zu fahren habe. Von da wollten wir dann noch mitneuem Fuhrwerk bis Veröce fahren [gelangen], dochschien alle Mühe, eines aufzutreiben, für heute und auchfür morgen vergebens. Der Wirth sagte sehr abfertigend:die Bauern machen sich nichts aus dem „Zettelgeld“,dazu sei Erntezeit, da sei Niemand frei! Uns winkte dereinzige Ausweg, zu Fuß dahin zu wandern, was na-mentlich für den dicken Möller sehr peinlich gewesen

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wäre. Ich wollte hell auflachen, als dieser unmuthig los-platzte: Nun, wo ist denn die Post? - der Wirth aber er-wiederte unverweilt „gleich nebenan!“ Allah ist groß!dachte ich mir - seit drei Tagen war hier die Post einge-richtet! Wir bekamen Extrapost, die freilich auch nurein gewöhnlicher Bauernwagen, auf der nächsten Stati-on gar nur ein gewöhnlicher Bauernwagen, auf dernächsten Station gar nur ein Zigeunergefährt und nurdadurch gekennzeichnet war, daß der Kutscher einPosthorn umhängen hatte, das er nicht zu blasen ver-stund. Eine Station fuhren wir mit herrschaftlichenPostpferden, die waren freilich gut, aber das Riemen-zeug so elend, daß es wiederholt riß und wir [selbst] inGefahr waren, umzuwerfen; nun, die Einrichtung selberwar aber ganz neu!

Um die Uebergabe der Fabrik [Marienthal] an die Herr-schaft durchzuführen, verweilten wir bis zum 13. Juli;dann fuhren wir nach Vuchin und nächsten Tag nachZvecevo, wo unter dem Personale die Ruhr herrschte.Dennoch setzten wir unsere vorjährige Arbeit [ruhig,doch einige Vorsicht beachtend] fort. Es erkrankte erstHondl, dann der Buchhalter Weichinger, ein Dritter undVierter, glücklicherweise kamen Möller und ich gutdurch. Der Gutsherr, welcher regelmäßig jede zweiteWoche bei uns verbrachte, kam manchmal auch mitGästen; er fühlte sich da angenehmer als in Vuchin, woer eigentlich [insoferne] keinen richtigen Beamten mehrhatte, denn [weil] jeder seiner Leute that, was er wollte.So gab er, [Er gab] da er keine Arbeiter bekam, die

Wiesen gegen mäßige Abfuhr von Heu für sein Vieh,erhielt aber kaum, was er brauchte. Die Bauern führtenihm sogar das trockene Holz weg, so daß seine Orange-rie, auf die er viel hielt, zugrunde gehen mußte; in seineSchneckenzucht trieben sie ihre Schweine; seine eige-nen Leute machten es auch nicht besser, kurz - es wareine Mißwirtschaft zum Erbarmen, bis sich endlichHondl der Sache annahm und einige Ordnung schuf.

Es galt auch mit Hondl einige Abmachungen wegenMarienthal zu treffen, namentlich wegen einiger zu ü-bernehmender Arbeiter von dort; dann brauchten wirnur noch ein Inventar von Zvecevo, das bereits dem Ab-schlusse nahe war; hier hatten wir keine auseichendeBeschäftigung, in Wien gab 's der Ereignisse nicht we-nige, aus Ungarn kamen aufregende Nachrichten, dennam 14. Juli ward Jellachich bei Hegyes von den Ungarngeschlagen, so daß er sich zurückziehen mußte - keinWunder also, daß mir hier die Zeit zu lange wurde, ichum die Behelfe, welche wir noch brauchten, immer un-geduldiger drängte, bis man sie endlich fertig stellte.Am 25. Juli fuhren Möller und ich wieder von Vuchinab, denselben Weg, den wir gekommen waren, und nurhin und wieder auf Schwierigkeiten stoßend, bis wirvöllig aus dem Bereiche der Truppen gekommen waren.Wir trafen am 28. Juli daheim ein und waren nicht we-nig erstaunt, zu erfahren, daß wir schon seit acht Tagenerwartet wurden und man unsertwegen bereits besorgtwar.

Abb. 2003-1/023Geschäftskarte Joseph Lobmeyer, Besitzer der Glasfabriken Marienthal und Zwechewo / bürgl. Glaser und Glashändler in Wien,Kärntherstr. No. 940 zum Fürsten Metternich, ab 1841 (wg. Übernahme Zvecevo 1841); aus Neuwirth 1999, Abb. 344

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Reise nach Zvecevo 1850 - Klage gegen Hondl[Neuwirth 1999, S. 173 f.]

Nach siebenmonatlicher Abwesenheit war Mitte Juni1850 der Bruder wieder heimgekehrt; nun rüsteten sichder Vater, Möller und ich nochmals zur Fahrt nach Zve-cevo, welche zu einem entscheidenden Schritt führensollte. Wir fuhren - die Revolution war, [ob]wohl nurmit Hilfe der Russen, längst niedergeworfen und gab esnun volle Sicherheit - mit dem Dampfschiff am 7. Julinach Pesth, in Gran stieg der Primas mit Gefolge ein,auch der Nuntius kam an Bord, es gab Militärspalier,Glockengeläute, Volkshymne u.s.w. bis Altofen, inPesth aber war Alles still, nach den vielen aufregendenKämpfen herrschte da dumpfe Ruhe.

Wir nahmen den Weg über Orahowitza, wohin Schafferübergesiedelt war, um mit diesem noch unseren Feld-zugsplan zu berathen. In Vuchin trafen wir den Guts-herrn, welcher über unser Kommen so erfreut war, daßer den Vater umarmte und küßte. In Zvecevo fanden wirunser Häuschen und Gärtchen wie absichtlich vernach-läßigt, mußten jenes sogleich reinigen lassen. Dann ka-men mehrere unangenehme Tage des Unterhandelns;der Vater wollte, wie gesagt, aus der Gesellschaft aus-treten, wenn ihm seine Einlage mit Zinsen zurücker-stattet werde, wozu aber Hondl das Geld fehlte. Diesersagte, er werde den Direktor gerichtlich zwingen, end-lich Rechnung zu legen, was selbstverständlich nichtsbedeuten konnte; es zeigte sich, daß eine freundlicheAuseinandersetzung und eine friedliche Lösung un-möglich sei. Wir fuhren am 15. August fort, ohne vonHondl Abschied zu nehmen; da trat er noch an unserenWagen mit Thränen in den Augen, sagte, der Vater mö-ge ihm nicht zürnen, er werde noch seine Unschuld er-weisen. Der Heuchler konnte auch weinen!

Zunächst fuhren wir [wieder] zu Schaffer, anderen Tagsmit diesem nach Essegg, suchten dann den Viergespannvon Belosovich auf, ihm unsere Angelegenheit vorzu-tragen; dieser war mit Hondl einer Erbschaftsangele-genheit wegen entzweit, er wollte uns gerne an die Handgehen, unser Recht zur Geltung zu bringen. Wir wurdenauch vom Obergespann, dem Grafen Pejacevich undseinem Fiskal Marinovich gut aufgenommen und da wireine Empfehlung des Ministers Culmer aus Wien mit-bekommen hatten, so war man, mit den Worten we-nigstens, [sehr] entgegenkommend. Es gab aber doch[bald] Schwierigkeiten, denn der eine Advokat, Marino-vich, welcher uns von Allen empfohlen war, lehnte un-sere Vertretung ab, als er hörte, daß wir drängten, wasihm bis dahin wahrscheinlich in keiner Sache noch vor-gekommen war, wir mußten uns [also] schließlich miteinem ziemlich unbedeutenden [Vertreter] namens Wi-rowatz begnügen. Ich hatte die früheren Tage her schonalles vorbereitet, mich früher in Wien mit Dr Eckel sehreingehend berathen, ich verfaßte [also] selbst die Klage,welche unser Anwalt, der nicht einmal recht Deutschkonnte, ganz gut fand und als seine Mache einreichte.Es war uns [daher] leicht um's Herz, als wir am 23. Au-gust wieder die Heimfahrt antraten.

Vergleich mit Hondl 1857 [Neuwirth 1999, S.212 f.]

Mehrere Verwandte Hondl's lösten uns unsere Einlageund [mit noch] fünf Prozent Zinsen für die Dauer, alsdie Gelder im Geschäfte waren, ab, also gewiß ein füruns günstiger Vergleich. Wir erhielten, nachdem wirwährend der Zeit unserer Verwaltung schon Erträgnissebezogen hatten, noch 60.000 fl. [SG: Gulden] hinausge-zahlt. [Das Kapital war gerettet, leider um den Preismeiner Gesundheit.] Ich war gar gerne bereit, als dies[das Abkommen] vereinbart war, sogleich am 25. Janu-ar 1857 nach Zvecevo hinunter zu fahren, um die Fabrikordnungsgemäß zu übergeben. Den Arbeitern brachteich Silberringe mit farbigen Steinen zur Erinnerung mit;sie sahen mich nicht ohn Sorge scheiden. denn siewußten die Ordnung zu schätzen, welche jetzt daherrschte. Die fernere Leitung war auch eine wenigergünstige, die Fabrik ging später in andere [dann in drit-te] Hände über, gelangte aber, wie ich erfuhr, nie zu ei-nem befriedigenden Gedeihen. [SG: nach Juras 1997war die Glashütte bis 1904 in Betrieb] - Vom Gutsherrnnahm ich rührenden Abschied. hatte ich doch allenGrund. ihm für so viel Liebe und Wohlwollen innigdankbar zu sein: auch ihm that mein Scheiden für im-mer leid. Ich schrieb ihm später noch zeitweise, na-mentlich Tageswitze u. dgl.; mit Ende 1860 war er zuseinen Vätern hinübergegangen.

Schaffer blieb nur mehr ganz kurze Zeit; er hatte frühersein hoffnungsvolles Söhnchen, dann [auch noch] einzweites liebes Töchterchen verloren, es blieb ihm vonvier Kindern nur die jüngste, von der Natur physischund geistig karg begabte Tochter, was wohl auf sein undnoch mehr auf seiner Frau Gemüt sehr einwirken mußte.Er siedelte nach Siebenbürgen über, wo er sich einekleine Wirthschaft kaufte: nach Jahren aber gab er sieauf, um nach Oberungarn zu ziehen, kam bis Oeden-burg, wo er und seine Frau plötzlich erkrankten undstarben; [...] Den Buchhalter Loserth nahm ich [vonZvecevo] mit in unser Wiener Geschäft als Nebenbe-amten, wo er bis an's Ende seiner Tage, - er starb acht-zigjährig - die letztere Zeit als Pensionär verblieb. DieZvecevo'er Angelegenheit war nun zu meiner unsäglichgroßen Befriedigung abgethan, ich konnte mich von nunan allein der mir weit entsprechenderen Thätigkeit da-heim widmen.

... Reise nach Berlin, Hamburg, Lüttich 1851 -Besuch der Glasfabrik in Lüttich [...] [Neuwirth1999, S. 190 f.]

[...] Früh am nächsten Morgen fuhren wir mit demDampfer nach Harburg, von da mit der Bahn nach Lüt-tich. Ohne Aufenthalt weiter nach Köln, eigentlich nachDeutz und mit Wagen den ziemlich weiten Weg zumKölner Bahnhof, während welcher Fahrt wir nichts sa-hen, was uns einen günstigen Eindruck hinterlassenkonnte.

In Lüttich, wo wir um 4 Uhr Morgens eintrafen, ruhtenwir nur ein paar Stunden, fuhren [dann] nach der ziem-lich entfernten Glasfabrik [SG: Val St. Lambert] undstaunten in dem schönen, breiten Thal, das wir durch-maßen, so viel großartiges industrielles Leben, Fabriken

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mit rauchenden Schornsteinen und anderen Gebäuden,zahllose beladene Lastwagen u.A.m. zu sehen. In derGlasfabrik ließ man uns ein, obwohl wir kein Empfeh-lungsschreiben mitbrachten, führte uns bereitwillig her-um; wir sahen mächtigere Glasöfen, als wir in Böhmenhaben, Kohlenfeuerung und eine ganz andere als unsereArbeitstheilung, welche der [gebothen für diese] teigi-geren Glasmasse ermöglicht [welche] noch bildsam zubleiben[t], wenn sie aus der Rothglühhitze in's Graue ü-bergeht, während unsere nur in der Weißglühhitze einFormen zuläßt. Bei uns muß der Glasbläser allein mitseinem Jungen auf das flinkeste hantieren, hier sitzt eineGruppe von vier, selbst fünf zusammen, der Eine arbei-tet dem Andern in die Hand, die Arbeit geht ruhig wei-ter und da der erste z.B. an einem Kelchglase nur denKelch, der nächste den Stengel, der dritte den Bodenmacht und gar nahezu immer dasselbe, so wird [leicht]eine große Gleichmäßigkeit der Erzeugnisse erzielt. Un-ser Glas dagegen ist härter, [auch] schöner und wider-standsfähiger; wir müssen Schmelzzeit, die eine höhereHitze bedingt, und [als] Arbeitszeit [von einander] tren-nen. Hier geht das Schmelzen und Arbeiten neben ein-ander vor, dafür sind zwei Schichten Arbeiter von je 12bis 11 Uhr; ist ein Hafen leer geworden, schreitet dieGruppe zu einem anderen, dessen Masse inzwischenfertig geschmolzen wurde. Auch die Kühlkanäle sindäußerst zweckmäßig, doch ich will hier nicht zu vielTechnik treiben, nur bemerken, daß es für uns gar vielzu staunen gab und wir höchst befriedigt dies großeUnternehmen verließen. [...]

Weltausstellung Paris 1867 [Neuwirth 1999, S.236 f.]

[...] Ueber die ausgestellten englischen Glaswaarenscheelsüchtig zu urtheilen kann mir doch nicht bei-fal1[komm]en. Das englische Krystall-Bleiglas überragtdas böhmische Krystallglas derart. daß jenes dem Dia-manten, unseres dem Bergkrystall verwandt bezeichnetwerden muß. Brillantschliff auf englischem [Bleig]Glaserzielt eine Farbenbrechung, welche nur mit dieserGlasmasse erreichbar ist. Dagegen ist das gewöhnlicheenglische Glas grau, steht diesfalls wie das gewöhnliche

französische hinter unserem gangbaren böhmischen zu-rück. Die englischen Glasbläser können bei Bearbeitungihrer viel teigigeren Masse als die böhmische, wie ichschon einmal bemerkte, geradezu mit Muße hantierenund glaube ich [mag es sein], daß sie mehr Empfindungund Selbständigkeit haben, als unsere böhmischenG1asbläser [Arbeiter], welche sich nur an die Vorlagehalten können. Aber so sehr man die Gediegenheit derenglischen Arbeit [Erzeugnisse] überhaupt preisen muß,die Phantasie, welche an dieselben gewendet wird, isteigenartig, nicht selten lahm, man kann nach alten Vor-bildern gewissenhaft arbeiten, aber mit den Neuschöp-fungen doch nicht [kaum] eine führende Rolle über-nehmen wollen. Immerhin ermangelte ich nicht, Allessehr gewissenhaft durchzusehen, was auf meinem Ge-biete vorhanden war, auch das von meinen Landsleutengebrachte. Dies konnte den Anderen gegenüber gutstandhalten, besonders war es mir lieb, daß Kralik [SG:Wilhelm Kralik (1806 - 1877), Meyr’s Neffe in Adolf,Glashütten Adolf, Eleonorenhain, Ernstbrunn, Kalten-bach] die goldene Medaille e rrang. [...]

Weltausstellung Paris 1878 [Neuwirth 1999, S.364]

[...] Das englische Krystallglas überragt das böhmische,denn namentlich wenn es mit Brillantschliff versehenwird, erzielt man damit ein Farbenspiel, das sehr an dasdes Diamanten erinnert. Das ist aber eine [spezifische]Eigenschaft des Bleiglases. Unser Glas ist bergkrystall-artig, es ist schöner als Bergkrystall, welchen Ausspruchdie Verehrer desselben freilich als einen mindestenssündhaften bezeichnen werden, den ich aber doch vollaufrecht erhalte; unser Glas ist reiner, weißer, hat mehrSpielung, mehr Glanz und Feuer, als der Stein. DassBergkrystallgefäße weit schwerer zu arbeiten und, alshöchst selten, ungemein kostbar sind, hat mit der Frageder Schönheit des Materials gar nichts gemein. Wirkönnten wohl auch englisches Krystallglas schmelzen,es käme aber um so viel theurer als unser böhmisches,dass wegen des doch nicht zu großen Unterschiedes un-sere Kundschaft nur unser billigeres kaufen würde. [...]

Siehe auch:PK 1999- 1 Rath, Glashandlung J. & L. Lobmeyr, Wien; Auszug aus "J. & L. Lobmeyr. 150 Jahre"PK 1999-1 Schmidt, J. & L. Lobmeyr, Marienthal, Slavonien; Auszug aus Schmidt, "100 Jahre ös-

terreichische Glaskunst. Lobmeyr 1823-1923"PK 2002-4 SG, Gläser aus der Glashütte Zvecevo von Joseph Lobmeyr und Dragutin Sigmund

Hondl in Slawonien sowie aus den Glashütten Ivanovo Polje und Osredek bei Samo-bor

PK 2002-2 Juras, Biedermeier-Glas in Kroatien [Bidermajersko Staklo u Hrvatskoj]PK 2002-3 Stopfer, SG, Ausstellung "Die Kunst des Glaspressens. 175 Jahre Pressglas". J. & L.

Lobmeyr, Wiener Glasmuseum - Galerie Lobmeyr, Wien 1992

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Pressglas-Korrespondenz 2003-1

Stand 15.03.2003 pk-2003-1-1 Seite 17 von 154 Seiten

Abb. 2003-1/024 Geschäftskarte Joseph Lobmeyr, Besitzer der Glasfabriken Marienthal und Zwechewo in Slavonien / Bürgerl. Glaser und Glashändler, Kärntherstrasse No. 940 in Wien, vor 1850 (wg. Aufgabe Marienthal 1849, noch 1850 verwendet); aus Neuwirth 1999, Abb. 378

Abb. 2003-1/025 Karte Kroatien / Slawonien, Auschnitt aus GOOGLE MAPS 1 Comitat Werötz [Virovitica]: 2 Nassitz [Našice], Herrschaft Pejæsevich, 3 Glashütte Marienthal [Mirin Dol] bei Motitsina [Moticina] (bis 1837 gepachtet von Joseph Kempf u. Friedrich Freyherr von Hann, 1837 gepachtet von Josef Lobmeyr u. Joseph Kempf, 1849 von Lobmeyr aufgegeben), 4 Vucin [Vucsin, Voćin] Herrschaft Josef von Jankovicz, 5 Glashütte Zvecevo (1842-1857 gepachtet von Josef Lobmeyr u. Dragomir Sigismund Hondl, ab 1857 Hondl, in Betrieb bis 1904), 7 Glashütte Jancovacz von Hondl (aufgegeben 1841?) 7 Daruvar, 8 Glashütte Ivanovo Polje, Herrschaft Jankoviæ, 5 km westl. außerhalb s. Neuwirth, Schöner als Bergkristall, Wien 1999, S. 104 ff., 109, 120 ff., 131, 159, 212; Juras, Bidermajersko Staklo u Hrvatskoj [Biedermeier-Glas in Kroatien], Ausst.Kat. Zagreb 1997, u. www.muo.hr/bider/eng/epstak.htm

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