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Zucht

EUTERGESUNDHEIT - TEIL 1: AUS DER PRAXIS

Gesunde Kühe zahlen sich aus

Eine gute Eutergesundheit ist in Milchviehbetrieben von hoher Wichtigkeit. Verminderte Leistung,

Mehrarbeit, Behandlungskosten und verworfene Milch führen zu erheblichen finanziellen Verlusten

für den Betrieb.

Thomas Mock, Evi Studer, Miche/e Bodmer (Vetsuisse, Uni Bern)

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V erschiedene Faktoren bestimmen die Eu­tergesundheit der Tiere und dementspre­chend auch die Milchqualität:

ZELLGEHALT

Der Zellgehalt in der Milch wird vorwiegend von weissen Blutkörperchen und in einem geringen

Masse durch Hautzellen bestimmt. Bei einer eu­tergesunden Kuh soll der Grenzwert von 100'000

Zellen/ml Milch nicht überschritten werden. Ein Anstieg von Entzündungszellen im Euter lässt den

Zellgehalt der Milch steigen. Nicht zu vergessen ist der übliche Anstieg des Zellgehaltes im Verlaufe der Laktation als auch mit zunehmendem Alter der Kuh. Besonders gefährdet für eine Infektion sind Kühe 4

Wochen vor bis 4 Wochen nach der Geburt. Hierbei ist die Abwehrfunktion im Euter reduziert und das

,,Ein Tankmilchzellgehalt von weniger

als 100'000 Zellen/ml Milch ist die

Zielgrösse für einen eutergesunden

Betrieb."

Risiko für eine akute Euterentzündung steigt. Ein Tankmilchzellgehalt von weniger als 100'000 Zel­

len/ml Milch ist die Zielgrösse für einen eutergesun­den Betrieb. Bei einer durchschnittlichen Tankzell ­zahl von mehr als 150'000 Zellen/ml im Jahresmittel sollte das Geschehen genauer betrachtet werden.

Wichtig für gesunde Euter: ein trockener und gepflegter Liegebereich.

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KEIMGEHALT

Die Höhe des Keimgehaltes wird vor allem durch den Zustand des Milchtanks beeinflusst. Die Milch einer eutergesunden Kuh verlässt das Euter keim­arm (<10'000 Keime/ml). Eine Erhöhung findet durch das Wachstum bei zum Beispiel ungenügend gekühlter Milch statt. Tiere mit einer reinen Zellzahl­erhöhung, ohne Veränderungen am Viertel und in der Milch, weisen selten massiv erhöhte Keimzah­len auf.

EUTERENTZÜNDUNG

Beurteilt man eine Euterentzündung nach ihrem Verlauf, so wird grob zwischen akut, das heisst plötzlich auftretend und chronisch unterschieden. Eine Ergänzung kann die Unterteilung zwischen kli­nisch (Veränderung an Tier und Milch sichtbar) und subkl inisch (ohne Symptome an Euter, unverän­derte Milch) sein. Eine dritte Möglichkeit bieten die möglichen Erreger. Diese können in Umweltkeime und kuhgebundene, ansteckende Erreger unterteilt

werden.

UMWELTKEIME Besondere Erwähnung gilt den Liegebereichen mit

ihrer Einstreu sowie den Schorgräben bzw. den Laufgängen und deren Sauberkeit. Umweltkeime

- ein Zeichen von mangelnder Hygiene: Risikofak­toren, die eine Euterentzündung mit Umweltkeimen begünstigen, sind in erster Linie die Tierhygiene, die Hygiene im Stall und beim Melken. Zudem kön-

nen offene Strichkanäle beim Milchtropfenlassen oder beim verfrühten Abliegen nach dem Melken eine ideale Eintrittspforte für Umwelterreger sein.

,,Umweltkeime - ein Zeichen von man­

gelnder Hygiene."

Klassisches Beispiel eines Umwelterregers ist E.coli, welcher durch den Kreuzviertel den Land­wirten bekannt ist. Ebenfalls als Umweltkeim ist Streptococcus uberis anzusehen, wobei dieser Keim auch Ansätze von kuhgebundenen Eigen­schaften mit sich trägt.

KUHGEBUNDENEERREGER

Im Gegensatz zu Umweltkeimen werden diese Er­reger vor allem während des Melkens übertragen. Eine Übertragung kann durch das Milchgeschirr oder durch die Hände des Melkers stattfinden. Bei muttergebundener Kälberaufzucht können die Bakterien auch durch saugende Kälber übertragen werden. Ein Erregereintrag in die Herde kann durch eine zugekaufte Trägerkuh stattfinden. Oft ist aber der genaue Hergang nicht klar. Typische Beispiele solcher Erreger sind unter anderem Staphylococ­cus aureus als auch Mykoplasmen. Spezielle Ei­genschaften von Mykoplasmen bilden das schnelle Überspringen von einem zu den anderen Viertel und der starke Milchrückgang einer betroffenen Kuh (,,leere Viertel Krankheit").

HEFEN - DER ETWAS ANDERE KEIM

Hefen sind keine Bakterien, sondern Pilze. Sie tre­ten insbesondere nach einem vorhergehenden Antibiotikaeinsatz auf. Die Therapie gestaltet sich insofern schwierig, als dass Hefen nicht auf Anti­biotika ansprechen, sondern sich dadurch zum Teil explosionsartig vermehren können. Einzige, wenn auch langwierige Therapie, bildet das häufige Aus­melken des betroffenen Viertels.

EINFACHE MASSNAHMEN

Zur Verbesserung der Eutergesundheit können be­reits einfache Massnahmen helfen:

Überwachung der Herdengesundheit durch: regelmässige Kontrolle der Tankzellzahl und des Anteils von Tieren über 150'000 Zellen/ml, der Ein­zeltier Zellzahlmessungen und konsequente Durch­führung des Sehalmtests bei Kühen mit hohen Zellzahlen. Sie verhindern ein Verschleppen des Problems. Eine Erfassung der Behandlungen, wie sie auch auf redonline+ einfach möglich ist, hilft den Überblick über die Eutergesundheit zu behalten.

Bei Kühen mit hohen Zellzahlen sollte der Schalmtest konsequent durchgeführt werden.

Milchproben von Kühen mit einer Euterentzündung und erhöhten Zellzahlen sollten bakteriologisch un­tersucht werden. Dies um eine effektive Behand­lung in Einzelfällen und eine gezielte Vorbeugung in der Herde zu ermöglichen. In Absprache mit dem Tierarzt sollte in ca. 3-6-monatigen Abständen auch ein Resistenztest für die Keime mit kritischem Resistenzmuster durchgeführt werden.

FAZIT

Eine Euterentzündung lässt sich nie zu hundert Pro­zent vermeiden. Eine einwandfreie Hygiene im Stall als auch beim Melken fördert die Eutergesundheit jedoch bereits wesentlich. Unabdingbar sind hier­zu saubere und trockene Liegebereiche, das Tra­gen von Handschuhen während des Melkens, ein konsequentes Vormelken in den Vormelkbecher, Zitzenreinigung wie auch das Zitzentauchen.

Mit einer strikten Melkreihenfolge nach Euter­gesundheitsstatus kann ein Verschleppen oder ein versehentliches in-den-Tank-Melken verhindert werden. Hierzu werden zuerst die eutergesunden und erst im Anschluss Tiere mit erhöhten Zellzah­len gemolken . 0

www.wiederkaeuerklinik.unibe.ch

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EUTERGESUNDHE IT - TEIL 2: LABOR

Mit Laboranalysen gegen Mastitis

Die Untersuchung einer Milchprobe im Labor ermöglicht es, erkrankte Tiere und

Euterviertel früh zu erkennen. Auch können beim Vorliegen einer Mastitis die verantwortlichen

Erreger identifiziert und gezielt bekämpft werden.

Daniel Glauser, Suisselab AG

D ie Bestimmung der somatischen Zellzahl ist ein bewährtes und kostengünstiges Instru­ment zur Überwachung der Eutergesund­

heit. Werte bis 150'000 Zellen/ml gelten als physio­logisch, höhere Werte deuten auf eine Entzündung

hin.

PROBLEMFALL CHRONISCHE MASTITIS

Bei chronischen Mastitiden können die Zellzahlen immer wieder auf normale Werte zurückgehen. Eine einzelne Zel lzahl im gesunden Bereich schliesst da­

her das Vorl iegen einer Mastitis nicht aus .

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ERKRANKTE VIERTEL BESTIMMEN

Ein neueres Verfahren, die Bestimmung des Ent­zündungsmarkers Milk Amyloid A (MAA) mittels ELISA, erlaubt es, das Vorliegen einer Mastitis mit einer höheren Empfindlichkeit festzustellen. MAA ist ein Akutphasenprotein, welches bei entzündli­chen Prozessen im Eutergewebe erhöhte Konzen­t rationen in der Milch aufweist. Es eignet sich als Indikator für klinische und subklinische Mastitiden,

hervorgerufen durch sowohl grampositive als auch

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Für den PCR-Nachweis kann d ie Milchprobe bei der Probennahme direkt konserviert, bei Raumtemperatur gelagert und

transportiert werden.

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gramnegative Erreger. Im Vergleich mit der Bestim­mung der Zellzahl weist der MAA-Test eine höhere Sensitivität bei vergleichbarer Spezifität auf.

Konkret bedeutet dies, dass mit einer einmaligen MAA- Bestimmung infizierte Viertel mit einer höhe­ren Sicherheit erkannt werden können als mit einer einmaligen Bestimmung der Zellzahl. Die zuverläs-

,, Ein neueres Verfahren zur Bestim­

mung des Entzündungsmarkers Milk

Amyloid A erlaubt es, das Vorliegen

einer Mastitis mit einer höheren Emp­

findlichkeit festzustellen."

sige Identifikation von infizierten Vierteln ist eine

Voraussetzung für ein selektives antibiotisches Tro­ckenstellen auf Ebene Euterviertel, das heisst die

Beschränkung der Anwendung von Antibiotika auf erkrankte Viertel.

NACHWEIS VON MASTITISERREGERN

Als Alternative zum kulturellen Erregernachweis hat sich in den letzten Jahren der Erregernachweis mit­tels quantitativer Polymerase-Kettenreaktion (PCR) etabliert. Beim kulturellen Erregernachweis werden die Erreger auf Nährmedien angezüchtet und an­hand morphologischer und biochemischer Kriterien unterschieden. Im Gegensatz dazu werden bei der

PCR die Bakterien selbst nicht angezüchtet. Statt­dessen wird das Erbgut (die DNA) der Bakterien mittels einer enzymatischen Reaktion vermehrt und mit Fluoreszenzfarbstoffen nachgewiesen.

Mastitis und Labortests Klinisch: Sichtbar veränderte Milch mit erhöhtem Zellgehalt, veränderte Euter

Subklinisch: Erhöhter Zellgehalt in der Milch, keine Sym­ptome am Euter und unveränderte Milch

Grampositiv bzw. -negativ: Einteilung der Bakterien nach Aufbau der Zellwand, benötigen unterschiedliche Anti­biotika-Strategien

Spezifität: Fähigkeit eines Tests, tatsächlich Gesunde als gesund zu identifizieren

Sensitivität: Fähigkeit eines Tests, tatsäch lich Kranke als krank zu erkennen a

Die neuste Generation von Mastitis-PCR Tests (PathoProof Complete 16) erlaubt es, in einem Ar­beitsgang die 15 wichtigsten Mastitis-Erreger und das für die Penicillin-Resistenz der Staphylokokken verantwortliche f1-Laktamase Gen nachzuweisen. Im Gegensatz zum kulturellen Erregernachweis lie­gen bei der PCR die Ergebnisse am Tag des Pro­beneingangs im Labor vor. Dies ermöglicht eine rasche gezielte Therapie.

GEWISSHEIT SCHAFFEN

Die PCR-Untersuchung wird bei der Dienstleistung MID (Mastitis-Identifikation) verwendet. Die PCR

eignet sich insbesondere zur Identifikation von Trä­gertieren ansteckender Problemkeime (z.B. Staph.

aureus, Strept. agalactiae und Mycoplasma bovis). Sie bietet sich daher besonders zur Abklärung vor

der Alpung oder beim Zukauf von Tieren an. Da für den PCR-Nachweis die Bakterien nicht mehr ver­

mehrungsfähig sein müssen, kann die Milchprobe bei der Probennahme direkt konserviert und bei Raumtemperatur gelagert und transportiert wer­den. Zudem kann auch Milch von bereits behandel­ten Tieren ohne weiteres untersucht werden.

NEUES MIO-KONZEPT

Gezielte therapeutische Massnahmen müssen sich auf Laborergebnisse stützen können, welche ver­schiedene Kriterien zu erfüllen haben. Dazu gehö­

ren unter anderem eine verschleppungsfreie asep­tische Probenahme, eine professionelle Analytik sowie eine möglichst vollständige Erfassung der verursachenden Erreger. Suisselab AG erarbeitet zurzeit in enger Zusammenarbeit mit den Zuchtver­

bänden ein neues Angebot an Labordienstleistun­gen, welches den neuen Möglichkeiten der Analytik Rechnung trägt und das Herdenmanagement der Tierhalter umfassend unterstützt. Das neue Ange­bot wird demnächst publiziert. a

Weitere Informationen unter: www.suisselab.ch

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HERAUSFORDERUNG TRANSITPHASE

Tier und Management

Die Transitphase beginnt 2-3 Wochen vor der Abkalbung und dauert so lange, wie die negative Energiebilanz andauert und die Milchleistung ansteigt.

In der Transitphase muss sich der Stoff­

wechsel innerhalb weniger Wochen von der Hochträchtigkeit auf maximale

Milchleistung umstellen. Rationsände­rungen und Umstallungen sind weitere Stressfaktoren. Die optimale Transit­phase ist der Grundstein für eine erfolg­reiche neue Laktation.

GALTPHASE

Die Galtphase ist gekennzeichnet durch einen relativ geringen Energiebedarf und guten Futterverzehr. Wird das Energie­angebot in dieser Zeit nicht gedrosselt, besteht die Gefahr einer unerwünschten Gewichtszunahme. Kühe sollen gut kon­ditioniert, aber nicht zu schwer werden.

Die Verzehrsdepression nach der Kal­bung fällt bei fetten Kühen umso stärker aus. Eine laufende Kontrolle der Körper­kondition im letzten Laktationsdrittel ist daher eminent wichtig.

KÜHE LANGSAM ANFÜTTERN

Vor der Geburt nimmt der Futterverzehr deutlich ab. Gleichzeitig steigt der Nähr­stoffbedarf aber an, da der Fötus in der Zeit vor der Kalbung relativ stark wächst und die Milchbildung beginnt. Deshalb muss die Energiekonzentration der Ra­tion in dieser Phase ansteigen und da­mit der Startphasenration angeglichen

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Fressen, fressen, fressen ... .

werden. Die Pansenmikroben brauchen Zeit, um sich an die neue Ration zu gewöhnen und sich an die neuen Ge­

gebenheiten anzupassen. Daher ist es wichtig, dass die Futterumstellung mög­lichst langsam passiert.

,,Die optimale Transitphase ist

der Grundstein für eine erfolg­

reiche neue Laktation."

Werden die hochtragenden Kühe zu früh in die Herde integriert, steigt das Milchfieber-Risiko an, wenn die Mineral­stoffe über die Ration gefüttert werden. Das Angebot von Kalzium und Kalium ist einzuschränken. Anzustreben ist eine

hohe Trockensubstanz (TS)-Aufnahme rund um die Kalbung. Je höher diese

Aufnahme ist , desto schneller stabili­siert sich der Stoffwechsel und die Kuh bleibt gesünder.

NEGATIVE ENERGIEBILANZ

Der grosse Energiebedarf nach der Kal ­bung kann durch die Futteraufnahme nicht gedeckt werden. Die Folge ist, dass frischgekalbte Kühe eine negati­ve Energiebilanz aufweisen (Grafik). Die Dauer dieser negativen Energiebilanz ist abhängig von der Milchleistung und der TS-Aufnahme. Sie kann mehrere Wo­chen lang andauern.

STEIGERUNG DER TS-AUFNAHME

- Kühe müssen 24 Stunden am Tag Zu­gang zu fri schem, einwandfreiem Fut­ter haben

- Frisches und sauberes Wasser an ge­

nügend Tränkestellen anbieten