ZUKUNFT «Die Schweiz ist sehr gut...

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«Die Schweiz ist sehr gut positioniert» Fliegende, selbstfahrende Autos, Internet ohne Grenzen, virtuelle Realität, hybride Roboter-Menschen – kein Science-Fiction mehr? Künstliche Intelligenz, eines der Topthemen des Jahrhunderts: Die fortschreitende Digitalisierung und die Interaktion zwischen Mensch und Technik verwandeln unsere Welt radikal. Im Gespräch mit Dr. Christian Simm, Gründer und CEO von swissnex San Francisco und Prof. Dr. Marco Zaffalon, Forscher am Schweizer Artificial Intelligence Lab IDSIA in Lugano, über die zu erwartenden Trends. INTERVIEWS & TEXT VON MARCELLE DE MICHIEL Herr Simm, Herr Zaffalon, die fortschreitende Digitalisierung der Welt ist in vollem Gange. Welche tech- nologischen Innovationen werden die nächs- ten Jahre unser Leben grundlegend verändern, so wie es zum Beispiel die Smartphones, insbesondere die Einführung der iPhones, im Jahre 2007, taten? Christian Simm: Die Zukunft der Energieanwendung und der Mobilität, sind ganz grosse Themen. Ein intelli- gentes Stromnetz (Smart Grids), das smarte Zusammen- spiel von Stromerzeugung, Speicherung, Verbrauch und Netzmanagement, aber auch die Revolution im Strassen- verkehr, mit selbstfahrenden, batteriebetriebenen und kommunizierenden Fahrzeugen und Drohnen, und die da- durch möglich werdende Umgestaltung von Strassen und öffentlichen Räumen, gehören sicherlich zu den funda- mentalen Veränderungen, die auf uns zukommen werden. Marco Zaffalon: Komplett neue Mensch-Maschine-In- teraktionen durch deutlich komplexere, weiter entwickel- te Formen der künstlichen Intelligenz , die uns in Zukunft in allen Lebenslagen unterstützen werden. Dazu gehören zum Beispiel persönliche Bots, Hardware und Software Roboter-Assistenten, neue, intelligente Algorithmen, die in der Lage sind, auch auf unsere Emotionen zu reagieren, mit direkten Auswirkungen auf das «Internet der Dinge». Weitere bahnbrechende Entwicklungen werden aus dem Bereich der Virtuellen Realität, holografischen Datenbril- len und High-Tech 3D-Drucker, zu erwarten sein. Noch nie wussten Unternehmen so viel über ihre Kun- den wie heute. Beim Chatten, Mailen, Shoppen, Twit- tern, Surfen oder Tragen des Smartphones, entstehen unüberschaubare Datenmengen. Der ultimative Han- del mit Big-Data, die Währung des 21. Jahrhunderts? Zaffalon: Die Zukunft gehört denen, die sie kreieren, jeder kann etwas dazu beitragen, dank dem Internet und seinen Möglichkeiten, gute Ideen schnell in innovative Projekte umzusetzen. Diese Art von Wachstum sollten wir uns unbedingt erhalten. Die Schattenseite ist, dass sämtli- che persönliche Daten, die wir teilen, ein komplettes Bild von uns abzeichnen. Doch in einer funktionierenden De- mokratie braucht es, ein bestimmtes Level an Privatsphä- re. So kann auch das Risiko vermindert werden, dass einige wenige Grosskonzerne alles steuern und davon profitieren. So wie es derzeit u. a. Google, Apple, Facebook & Co. tun? Prof. Dr. Marco Zaffalon (links) und Dr. Christian Simm FOTO: PIXABAY ZUKUNFT 10 3/2017

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«Die Schweiz ist sehr gut positioniert»

Fliegende, selbstfahrende Autos, Internet ohne Grenzen, virtuelle Realität,

hybride Roboter-Menschen – kein Science-Fiction mehr? Künstliche Intelligenz,

eines der Topthemen des Jahrhunderts: Die fortschreitende Digitalisierung und

die Interaktion zwischen Mensch und Technik verwandeln unsere Welt radikal.

Im Gespräch mit Dr. Christian Simm, Gründer und CEO von swissnex San Francisco

und Prof. Dr. Marco Zaffalon, Forscher am Schweizer Artificial Intelligence Lab

IDSIA in Lugano, über die zu erwartenden Trends.

INTERVIEWS & TEXT VON MARCELLE DE MICHIEL

Herr Simm, Herr Zaffalon, die

fortschreitende Digitalisierung der

Welt ist in vollem Gange. Welche tech-

nologischen Innovationen werden die nächs-

ten Jahre unser Leben grundlegend verändern, so wie

es zum Beispiel die Smartphones, insbesondere die

Einführung der iPhones, im Jahre 2007, taten?

Christian Simm: Die Zukunft der Energieanwendung

und der Mobilität, sind ganz grosse Themen. Ein intelli-

gentes Stromnetz (Smart Grids), das smarte Zusammen-

spiel von Stromerzeugung, Speicherung, Verbrauch und

Netzmanagement, aber auch die Revolution im Strassen-

verkehr, mit selbstfahrenden, batteriebetriebenen und

kommunizierenden Fahrzeugen und Drohnen, und die da-

durch möglich werdende Umgestaltung von Strassen und

öffentlichen Räumen, gehören sicherlich zu den funda-

mentalen Veränderungen, die auf uns zukommen werden.

Marco Zaffalon: Komplett neue Mensch-Maschine-In-

teraktionen durch deutlich komplexere, weiter entwickel-

te Formen der künstlichen Intelligenz , die uns in Zukunft

in allen Lebenslagen unterstützen werden. Dazu gehören

zum Beispiel persönliche Bots, Hardware und Software

Roboter-Assistenten, neue, intelligente Algorithmen, die

in der Lage sind, auch auf unsere Emotionen zu reagieren,

mit direkten Auswirkungen auf das «Internet der Dinge».

Weitere bahnbrechende Entwicklungen werden aus dem

Bereich der Virtuellen Realität, holografischen Datenbril-

len und High-Tech 3D-Drucker, zu erwarten sein.

Noch nie wussten Unternehmen so viel über ihre Kun-

den wie heute. Beim Chatten, Mailen, Shoppen, Twit-

tern, Surfen oder Tragen des Smartphones, entstehen

unüberschaubare Datenmengen. Der ultimative Han-

del mit Big-Data, die Währung des 21. Jahrhunderts?

Zaffalon: Die Zukunft gehört denen, die sie kreieren,

jeder kann etwas dazu beitragen, dank dem Internet und

seinen Möglichkeiten, gute Ideen schnell in innovative

Projekte umzusetzen. Diese Art von Wachstum sollten wir

uns unbedingt erhalten. Die Schattenseite ist, dass sämtli-

che persönliche Daten, die wir teilen, ein komplettes Bild

von uns abzeichnen. Doch in einer funktionierenden De-

mokratie braucht es, ein bestimmtes Level an Privatsphä-

re. So kann auch das Risiko vermindert werden, dass einige

wenige Grosskonzerne alles steuern und davon profitieren.

So wie es derzeit u. a. Google, Apple, Facebook & Co.

tun?

Prof. Dr. Marco Zaffalon (links)

und Dr. Christian Simm

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würdige und nachhaltige Zukunft zu gestalten. Unser

Motto bei swissnex San Francisco ist: «Inspiriert han-

deln» – seit 2003 verbinden wir Forschung, Bildung,

Technologie und Kunst zwischen der Schweiz und Nord-

amerika und bieten ein Innovations-Ökosystem für

Hochschulen, Startups, Unternehmen und Kreative.

Zaffalon: Diese Unternehmen haben gute Dienste ge-

schaffen, die wir jeden Tag nutzen. Im Moment scheint es

jedoch ein Wirtschaftsmodell zu sein, dass man private

Daten hergibt, um kostenlose Dienste zu nutzen. Das

muss nicht so bleiben, Nutzer könnten zukünftig für ihre

privaten Daten auch Geld bekommen, falls sie sich ent-

scheiden, diese zu «verkaufen». Dies würde verhindern,

dass die grossen Tech-Konzerne weiter wachsen, um eine

«fairere» Wirtschaft schaffen.

Simm: Wissen war schon immer Macht, Daten bilden

die Grundsteine zu Wissen. Alles wird zu Big Data: Medi-

zin, Mobilität, Energie, Industrie, das eigene tagtägliche

Leben. Wer die Datenhoheit hat, wird die Welt regieren.

Hier in Amerika steht das Business im Vordergrund, und

man geht von einer Selbstregulierung der Daten aus. In

Europa und der Schweiz ist man beim Datenschutz vor-

sichtiger, weil man es als eine Rolle des Staates ansieht,

die Bevölkerung vor übermächtlichen Dritten zu schütz-

ten. Bei der heutigen exponentiellen Datenflut kommt

auch noch ein anderer Faktor hinzu: Es ist eigentlich

unmöglich geworden, gespeicherte Daten wieder loszu-

werden. Weil alles immer komplexer, vernetzter und

schneller wird, sind Voraussicht und interdisziplinäre

Vorgehensweisen immer wichtiger, um eine menschen-

Zukunft Energie Anwendung

Smarte Stromnetze steuern effizientere Energiean-

wendungen einer lokalen, dezentralisierten Stromver-

teilungsindustrie, stimmen so Angebot, Nachfrage und

individuellen Verbrauch aufeinander ab. Bisher wurde

Strom hauptsächlich zentral bei einem Energieversor-

ger produziert, immer mehr Menschen oder Unterneh-

men jedoch werden selber zu Produzenten von Strom

aus erneuerbaren Energiequellen. Die Schweizer Firma

Alpiq und das KI-Institut IDSIA entwickelten die Ener-

giesteuerung GridSense, ein selbstlernender Algo-

rithmus, der auf Schwankungen im Netz reagiert und

durch dezentrale Stromeinspeisung Strom in Gebäu-

den verteilt. Zukunftsforscher sind der Meinung, dass

bis 2029 30 Prozent der weltweit genutzten Energien

aus alternativen Quellen kommen wird, bis 2040 er-

neuerbare Energien fossile ersetzt haben. Klimawan-

del, Verknappung bzw. Verteuerung von Rohstoffen

und Luftverschmutzung erfordern auf lange Sicht

einen weltweiten Ausstieg, verändern die Prioritäten

von Wirtschaft und Gesellschaft.

Zukunft Künstliche Intelligenz

Künstliche Intelligenz, die Symbiose von Mensch und

Maschine, ein Begriff mit vielen Facetten:

Künstliche Intelligenz (KI), ist eine Teildisziplin der

Informatik und beschäftigt sich mit der Automa-

tisierung intelligenten Verhaltens. Dazu gehören

Maschinelles Lernen, Mustererkennung, Robotik, die

Verarbeitung natürlicher Sprache und maschinelles

Übersetzen.

Maschinelles Lernen (ML) Computerprogramme analy-

sieren mit Hilfe selbstlernender Algorithmen Daten,

erkennen Muster und Gesetzmässigkeiten und treffen

Vorhersagen. Datenmengen wachsen exponentiell

schnell. Grosse Internet- und Technologiekonzerne in-

vestieren Milliarden in ML. IBMs Supercomputer Watson

wird im Gesundheits- und Finanzwesen eingesetzt,

Apple nutzt Maschine-Learning-Algorithmen bei

seinem Spracherkennungssystem Siri, Google und

Facebook bei vielen ihrer Dienste im Suchmaschinen-

Ranking oder Bilddiensten, die Spam-Filter in Com-

putern. Oftmals sind wir in Kontakt mit ML-Systemen,

ohne es zu wissen – etwa bei der personalisierten

Online-Werbung.

Künstliche neuronale Netzwerke auch Deep-Lear-

ning-Systeme genannt sind von der Funktionsweise

des menschlichen Gehirns inspirierte Mustererken-

nungsprogramme und derzeit, die erfolgreichsten

selbstlernenden Systeme. Das drastische Anwachsen

digitaler Datenbestände verleiht Deep Learning enor-

mes Wachstum, eröffnet nie dagewesene Möglich-

keiten smarter Technologien. Anwendungsgebiete

sind u. a. automatische Sprachübersetzungen,

Schrift erkennungs-, Bild- und Videoanalysen, Bio-

metrie, medizinische Diagnostik oder Frühwarn-, Si-

cherheit- und Überwachungssysteme. Google stellt

seit Mitte Februar 2017 das erste kostenlose On-

line-Tool «1.0 Ma-chine-Learning-Bibliothek Tensor-

Flow» bereit, mit dem Nutzer selbst, ein künstlich

neuronales Netzwerk simulieren können.

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Es zirkulieren auch Ängste, viele beschwören in den

neuen technologischen Möglichkeiten und der fort-

schreitenden Globalisierung, den Untergang der Ar-

beitswelt und den sozialen Strukturen?

Simm: Bei all den, oftmals durch Technologien hervor-

gerufenen immer schneller werdenden Veränderungen

unserer Gesellschaften, ist es umso wichtiger, sich immer

wieder die Frage stellen: Welche Zukunft wollen wir?

Und nicht nur welche Zukunft ermöglicht die Technik.

Zaffalon: Technologie spielt seit der industriellen Re-

volution eine Schlüsselrolle in der Entwicklung der Ar-

beits- und Wirtschaftsmärkte. Heutzutage werden tech-

nologische Entwicklungen lediglich mehr betont, oder auf

unerwartete Weise umgesetzt. Es wird immer neue Beru-

fe geben, die wir uns im Moment noch gar nicht vorstellen

können. Die technologisch weit fortgeschrittenen Länder

wie Japan, Südkorea, die Schweiz oder Deutschland, sind

diejenigen mit niedrigeren Arbeitslosenquoten. Erinnern

wir uns, mit der Einführung der Smartphones, wie viele

neue Jobs da geschaffen wurden? Nicht nur durch ihre

Herstellung, sondern auch durch sämtlich entwickelte

Apps, der «Welt der Möglichkeiten», die sie uns geben.

Oder, in den 80er Jahren die Masseneinführung der Com-

puter, Anfang der 90er die kommerzielle Einführung des

Internets, glauben wir wirklich, dass neue Technologien

ein Risiko für Arbeitsplätze sind? Wir sollten offen für

Innovationen sein und die Möglichkeiten, die sich eröff-

nen, spielerisch wie Kinder entdecken. Und, wir sollten

kreativ denken.

Wo steht die Schweiz, angesichts dieser ganzen Ent-

wicklungen?

Zaffalon: Die Schweiz ist sehr gut positioniert. Im Be-

reich der Forschung und Innovation existiert eine lange

Tradition, circa drei Prozent des BIP werden in F & E in-

vestiert, gegenüber zwei Prozent des EU-Durchschnitts.

2016 belegte die Schweiz zum achten Mal in Folge den

ersten Platz im «Wachstumsfähigkeitswettbewerb» des

WEF (Weltwirtschaftsforum), bleibt damit das wett-

bewerbfähigste Land. Die Polytechnischen Schulen des

Landes gehören zu den Besten der Welt. Auch unser

«kleines» KI-Institut IDSIA in Lugano mit 60 Forschern

hat einen beeindruckenden Einfluss auf die internatio-

nale KI-Entwicklung: zum Beispiel wurde 2015 die

Sprach erkennung von Google auf Android-Smartphones

von unserem Kodirektor Prof. Dr. Schmidhuber und un-

serem Team entwickelt. Diese Methode wird auch von

Amazon, IBM, Baidu und Apple genutzt und verbesserte

den Google Übersetzer bis heute massgeblich.

Simm: Die Schweiz ist ein Meister für hochinnovative

und qualitative Produkte. Allerdings ist sie manchmal zu

perfektionistisch. Diese hohen Selbstanforderung führen

dazu, dass scheitern oftmals keine Option ist, obwohl

man bei einem Misserfolg oftmals mehr lernt als bei einem

Erfolg. Ich höre in Amerika oft: Europäer sind besser bei

Zukunft Internet der Dinge

Big Data

Alles geht online: 50 Milliarden Geräte werden bis

2020 vernetzt sein – unzählige neue Anwendungen,

Geschäftsideen und Chancen daraus entstehen.

Ein Grossteil dieser virtuellen und unverzögerten Kon-

nektivität basiert aus Sensoren zur Datenerfassung,

Cloud-Computing-Netzwerken und nahtloser Integra-

tion – Internet ohne Grenzen. Die Zukunft steckt in

dynamischen Locations und smarten Objekten,

Umgebungen werden interaktiver, reaktionsschneller,

erschaffen über der physischen Welt eine virtuelle

Welt. Strassenlaternen messen Schadstoffe,

Smart-Home-Geräte perfektionieren mit direktem

Feed back den Haushalt, der persönliche, virtuell-holo-

grafische Assistent tätigt Bankgeschäfte, organisiert

Reisevorhaben, resümiert Gesundheitstipps, sondiert

die gesündeste Bestellung im Restaurant vor oder

zeigt beim Shoppen, die aktuell zu beachtenden öko-

nomischen und ökologischen Standards an. Medizini-

sche IoT-Implantate (Englisch IoT: Internet der Dinge)

entschlüsseln Gehirnsignale und geben diese an den

Körper weiter, um zum Beispiel Lähmungen, Herzrhyth-

musstörungen, Schmerzen oder Blindheit zu lindern

und heilen.

Wem gehören alle diese Daten? Wie sehen die Rah-

menbedingungen für die Nutzung dieser Daten aus?

Es sind Konzepte über die Nutzung von Big Data und

der Netzneutralität – eine zusammenhängende Daten-

politik gefragt, die die digitale Souveränität des Ein-

zelnen ermöglichen. Noch definieren internationale

Konzerne die Datenpolitik, sind im Begriff sich in

Hoheitsgebiete abzukoppeln. Doch Politik und Justiz

nehmen Fahrt auf, mit der Strategie «Digitale Schweiz»

des Bundesrates und der einheitlichen EU-Daten-

schutz-Grundverordnung, welche ab Mai 2018 in Kraft

treten wird: «Recht auf Schutz personenbezogener

Daten» und «Unternehmen müssen sich an die Geset-

ze der Länder halten». Digitale Bürgerrechte brauchen

ein Internetvölkerrecht.

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der F& E und in der Fertigung, Amerikaner dafür beim

Marketing und Verkauf. In den USA werden oft Techno-

logien und Dienstleistungen vermarktet, die noch nicht

zu 100 Prozent ausgereift sind, dafür aber schneller Kun-

den-Feedback generieren.

Wie ist es möglich, Welterfolge zu produzieren?

Simm: Bei jedem Erfolg gehört etwas Glück dazu, vor

allem aber auch der Mut, etwas Neues zu wagen. Denn

meistens sind es nicht stufenweise sondern durchschla-

gende Innovationen, die zu raschen und spektakulären

Resultaten führen. Ein bekanntes Beispiel dafür ist zum

Beispiel der Tesla. Davor waren Elektroautos lahm und

unschön. Elon Musk wollte das fundamental ändern: Er

steckte leistungsstarke Laptop-Batterien in einen sportli-

chen Lotus Elise, und baute einen Elektromotor, dessen

Betriebssystem wie das eines Smartphones über das Inter-

net aktualisiert wird. In der Zukunft sollen Teslas Teil ei-

nes globalen Stromproduktion- und Speicherungssystem

werden, bei dem viel Sonnenenergie zum Zuge kommt.

Zaffalon: Ja, das sehe ich auch so, Glück ist sicherlich

entscheidend und originelle Ideen, Kreativität, den Mut,

diese zu verfolgen, ungeachtet aller Misserfolge, gehören

ebenso dazu. Kreativität und visionäres Denken gehen oft

Hand in Hand mit Scheitern, das sollten wir positiv bewer-

ten. Eine gewisse Naivität, am Anfang nicht alle Schwie-

rigkeiten zu sehen, kann auch gut sein. Investoren können

sehr viel tun, indem sie ihre Unterstützung anbieten.

Zukunft Roboter Technologien

Die International Federation of Robotics (IFR) prognos-

tiziert, dass zwischen 2016–2019 weltweit circa 24

Millionen Service-Roboter für 22 Milliarden US-Dollar

verkauft werden. Prof. Dr. Roland Siegwart von der ETH

Zürich dazu: «Die nächste Evolution oder vielleicht

sogar Revolution in der Robotik kommt von den ‹Ser-

vicerobotern›, die uns ausserhalb der geschützten

Produktionshallen im Arbeitsumfeld oder Zuhause

unterstützen». Auch hier ist die Schweiz ganz vorne,

Chris Anderson, der ehemalige Chefredaktor des Tech-

nologie Magazins WIRED und heutige CEO von 3D-

Robotics in einem Interview: Die Schweiz ist das Silicon

Valley der Robotik. Parallel zur Automatisierung und

Roboterisierung wächst der Wunsch nach echten

Erfahrungen. Umfragen der Zukunftsstudie «Handel

2036 – Wie kauft Deutschland übermorgen ein?» erga-

ben, dass sich jeder vierte Konsument vorstellen kann,

in Zukunft Beratung durch Holografien, Roboter und

Avatare zu nutzen. Erleben bedeutet mehr als Besitz,

Statussymbole in Zukunft weniger wichtig, gefragt

sind Erlebniswelten mit sinnlichen Erfahrungen. Sha-

ring und Leasing ebenfalls weiterhin stark im Trend,

Flatrates und Abo-Modelle – im Tausch gegen persön-

liche Daten bleiben Kontrovers. In dem, mit dem Gold-

smith Buch Preis der Harvard Universität prämierten

Buch «Wem gehört die Zukunft?» von Jaron Lanier,

Informatiker und Dozent an der Universität Berkeley

dazu: «Compu-erfirmen können heute Gesellschaften

definieren. Ich finde das problematisch … Ein Computer

ist niemals an und für sich da; man braucht immer

Menschen, um Maschinen zum Laufen zu bringen.

Zukunft Mobilität

Simplify, Null-Emissions-Städte, grüne Metropolen

sind die Urbanitätsentwürfe gigantischer Infrastruk-

turprojekte der Zukunft. Verstärktes Umwelt- und

Verantwortungsbewusstsein der Konsumenten führt

dazu, dass Wachstum künftig aus einem neuen Mix

von Ökonomie, Ökologie und gesellschaftlichem En-

gagement generiert wird. Die Bedeutung von Mobilität

wird in einer immer stärker vernetzten Welt weiter

zunehmen. Mobilitätskonzepte der Zukunft sind nach-

haltiger und flexibler an den Bedürfnissen des Einzel-

nen orientiert. Die PostAuto AG testet seit Juni 2016

bis Oktober 2017 zwei selbstfahrende SmartShuttles;

auf einer festgelegten Route in Sion wurden bisher

über 25 000 Menschen befördert. Airbus, Tesla und

Uber arbeiten an batteriebetriebenen, fliegenden

Autos und Drohnen für den Personen- und Lieferver-

kehr, Google und Apple an den entsprechenden Apps,

um all diese Geräte zu steuern. Das chinesische Un-

ternehmen Ehang will noch in diesem Sommer in Dubai

fliegende, autonome, per App gesteuerte Taxen und

Lieferdrohnen etablieren, bis 2039 sollen 25 Prozent

des gesamten Verkehrs in Dubai automatisiert werden.

Auch die Luftfahrtindustrie digitalisiert sich, tüftelt

mit emissionsfreien Air-Taxis an der Post-Fossil-Ära

mit, SpaceX und Virgin Galactic an der Privatisierung

der Raumfahrt durch Raketentechnik.

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