ZUM DATUM DER GORGONEIA VON POPULONIA - CORE · PDF file7 Diese Reduktionsfolge ist...

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  • I N G R I D K R A U S K O P F

    ZUM D A T U M DER G O R G O N E I A V O N P O P U L O N I A

    Herbert A. Cahn zum 28.1.1985

    Zu den verblffendsten und sicher auch anregendsten Erkenntnissen, die der Kon -gress ber die etruskische Mnzprgung im April 1975 in Neapel1 vermittelte, gehrte wohl die Einsicht, dass gerade fr einige der bedeutendsten etruskischen Mnzserien keine auch noch so vage und vorsichtige Datierung zu finden war, die allgemein akzeptiert werden konnte. Die Datierungen der Goldmnzen mit den Lwenkpfen schwankte um nahezu dreihundert2, die der ersten Gorgoneia-Emissionen von Popu-lonia um etwa zweihundert Jahre3 - Zeitspannen, wie sie wohl sonst nirgends mehr in der antiken Numismatik zu finden sind.

    Die damals vorgetragenen divergierenden Meinungen bestehen offensichtlich noch immer in derselben Schrfe. Wenn ich nun im Abstand von zehn Jahren noch einmal auf das Thema zurckkomme, bei dem ich damals einen der kontrren Standpunkte, den Beginn der Gorgoneia-Prgungen in der zweiten Hlfte des 5.Jahrhunderts, zu begrnden versuchte, so geschieht dies aus drei Grnden. Zum ersten ist von P . M a r -chetti der entgegengesetzte Standpunkt, der Ansatz aller etruskischen Mnzen mit Zahlzeichen in der zweiten Hlfte des 3.Jahrhunderts, ausfhrlicher begrndet worden4. Zum anderen sind in einer Besprechung der Akten des Neapler Kongresses gegen meine auf stilistischen und vor allem typologischen Erwgungen basierende Da-

    1 Contributi introduttivi allo studio della monetazione etrusca. Atti del V Convegno del Cen-tro Internazionale di Studi Numismatici, Napoli, 20-24 aprile 1975 = Supplemento al vol. 22 degli Annali dell'Istituto Italiano di Numismatica 1977. Im folgenden abgekrzt als Contributi. Ferner werden abgekrzt: P.Marchetti, Histoire economique et monetaire de la deuxieme guerre punique (1978): Mar-chetti, Histoire P. Marchetti, Paie des troupes et devaluations monetaires au cours de la deuxieme guerre punique in: Les devaluations Rome. Epoque republicaine et imperiale. Actes du Colloque Rome, 13-15 novembre 1975. Collection de l'Ecole francaise de Rome 37 (1978): Marchetti, Devaluations F. Pairault-Massa, Problemes du monnayage etrusque. Notes propos du V congres du CISN, Naples, 20-24 avril 1975 in: Annali dell'Istituto Italiano di Numismatica 27, 1980/81, 301 ff.: Pairault-Massa.

    2 L.Breglia, Contributi 75ff.: 2.Hlfte 6.Jahrhundert; P.Marchetti, Contributi 273f. und R.F. Sutton, Contributi 203: Zeit des Zweiten Punischen Kriegs. Inzwischen sind zu den Goldmnzen weitere Aufstze erschienen: E. Specht, Actes du 9' Congres Intern, de Numismatique, Berne 1979, I (1982) 199ff.; F. Panvini Rosati in: AAPXAI. Nuove ricerche e studi sulla Magna Grecia e la Sicilia antica, in onore di P.E. Arias I (1982) 286f.; I. Krauskopf, R M 90, 1983, 223 ff.

    3 I. Krauskopf, Contributi 340f.: letztes Drittel 5. Jahrhundert; F. Panvini Rosati, Contributi 31: Ende 5./Anfang 4.Jahrhundert; ders. in AAPXAI (s. Anm. 2) 287: letztes Viertel S.Jahrhundert; M.Cristofani, Gli Etruschi in Maremma (1981) 213f.: 2. Hlfte 5. Jahrhundert; P. Marchetti, Contributi 274ff. und R.F. Sutton, Contributi 199ff.: Zeit des Zweiten Punischen Kriegs.

    4 Marchetti, Histoire 309 ff.; ders. kurz auch in Devaluations 200ff.

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    Originalverffentlichung in: Schweizerische Numismatische Rundschau 64, 1985, S. 61-69

  • tierung Einwnde vorgebracht worden5, die den Verdacht erwecken, dass meine Ar gumentation vielleicht nicht ganz verstanden wurde und seinerzeit vielleicht auch nicht ausfhrlich genug vorgetragen worden ist. Ohne die damaligen Argumente wiederholen zu wollen, mag eine kurze Przisierung und Zusammenfassung deshalb ntzlich sein. Zum dritten hat sich, whrend dieser Aufsatz schon in Arbeit war, ein weiteres Argument gefunden - gefunden im wrtlichsten Sinne - , von dem zum Schluss die Rede sein soll.

    Zu Punkt 1: Marchettis metrologische Untersuchungen haben Folgendes deutlich gemacht: Es gibt unter den etruskischen Silbermnzen mit Zahlzeichen zwei Gruppen von Systemen mit unterschiedlichem Mnzfuss, innerhalb deren jeweils eine Reduktion des den Zahlzeichen zugrunde liegenden Bezugswertes um die Hlfte stattfindet, das heisst Mnzen desselben Gewichts tragen statt des Zahlzeichens X dann das Zeichen X X 6 . Marchetti versucht, die Systeme der beiden Gruppen in eine zeitliche Reihenfolge zu bringen, indem er sie mit der Serie der rmischen Reduktionen verbindet. Innerhalb der ersten Gruppe, zwischen seinem System 1 und 2, htte dann der Ubergang vom Libral- zum Semilibralstandard stattgefunden, innerhalb der zweiten, zwischen den Systemen 3 und 4, der vom Triental- zum Sextantarstandard; die Di-drachmen von System 4 entsprchen dann dem rmischen Denar7 . Der bergang von der ersten zur zweiten etruskischen Gruppe, von System 2 zu System 3, msste parallel zur rmischen Reduktion vom Semilibral- zum Trientalstandard erfolgt sein.

    Gerade an dieser entscheidenden Scharnierstelle, die Marchettis Thesen wirklich berzeugend machen wrde, gibt es aber eine Schwierigkeit: Beim Wechsel vom Semilibral- zum Trientalstandard findet eine Reduktion von 1 auf 2A statt; die Durchschnittsgewichte der etruskischen Mnzen mit demselben Zahlzeichen mssten dabei also auch um ein Drittel sinken. Sie sinken aber um etwas weniger; auch bei Bercksichtigung aller Ungenauigkeiten, die sich durch die starke Schwankung der tatschlichen Mnzgewichte und die fr eine Statistik zum Teil zu geringe Zahl von Exemplaren einer Serie ergeben, liegt der Reduktionsfaktor eher bei 'A als bei %. Marchetti hat diese Schwierigkeit selbst gesehen; mit einigem Scharfsinn gelingt es ihm, eine Er-

    5 Pairault-Massa 324f. 6 Marchetti, Contributi 278:

    I. Gruppe: System 1 (Liste a .O . 285f.): Menschenkpfe mit Wertzeichen A , Gewichte zwischen I I , 43 und 10,42 g, verbunden mit System 2 (Liste a .O . 286: Tintenfisch aus Amphora emprtauchend, mit Wertzeichen X X , Gewichte zwischen 22,61 und 21,41 g. und Wertzeichen X , Gewichte zwischen 11,50 und 10,14 g.) II . Gruppe: System 3 (Listen a .O . 287f.: Gorgoneia mit Wertmarke X , 8,38 bis ca. 7 g., einige wenige Exemplare noch darunter, sowie einige Fraktionen zu A , I I , I mit Gorgoneia und Menschenkpfen), verbunden mit System 4 (Listen a .O . 289ff.: Gorgoneia, Herakles- und Athenakpfe mit Wertmarke X X , 8,50 bis 7,30 g, mit wenigen Ausnahmen, sowie Fraktionen). Marchetti, Histoire 312ff. fgt noch ein 5. System hinzu (zwischen den frheren Systemen 3 und 4, Gorgoneia mit Wertmarke AX? ) , das dann die neue Nummer 4 bekommt; das ursprngliche System 4 wird dann zu 5. D a er aber selbst dieses System fr zweifelhaft hlt, bleibt es hier ausser Betracht. Sehr starke Zweifel an der Existenz von Mnzen mit der Wertangabe X V ussert auch P.Petri l lo Serafin, Contributi 109. Diese Mnzen wrden in Marchettis System dem rmischen Quadrantarstandard entsprechen.

    7 Diese Reduktionsfolge ist anschaulich dargestellt in der Tabelle bei Pairault-Massa 326, wobei anzumerken ist, dass die Quadrantarstufe im Etruskischen anscheinend nicht existiert ( s . A n m . 6 unten) und jedenfalls nicht mit dem Sextantarstandard zusammengefasst werden darf.

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  • k l r u n g d a f r zu f i n d e n , w a r u m das rmische A s des T r i e n t a l s t a n d a r d s in E t ru r i en leicht unterbewerte t w o r d e n sei8 . D a s s es m g l i c h ist, sich e ine E r k l r u n g fr d ie gen a n n t e U n s t i m m i g k e i t a u s z u d e n k e n , bedeutet aber n icht , dass d a d u r c h d ie z u g r u n d e l iegende T h e s e , die Paral le l i tt des U b e r g a n g s v o n Sys tem 2 z u Sys tem 3 in E t ru r i en u n d der r m i s c h e n T r i e n t a l r e d u k t i o n , bewiesen ist. E s w r e zweife l los b e r z e u g e n der , w e n n tatschl ich v o n Sys tem 1 bis Sys tem 4 e ine exakte b e r e i n s t i m m u n g m i t den r m i s c h e n R e d u k t i o n e n festzustel len wre . D a R e d u k t i o n e n u m die H l f t e o f fen sichtl ich hu f iger s ind als solche u m e in Dr i t te l , wre die Faktoren fo lge $ 4 - V s - % in E t rur i en und in R o m in der T a t e in schlagendes A r g u m e n t . L e i d e r geht die R e c h n u n g n u n aber gerade an der en t sche idenden Scharnierste l le , bei der R e d u k t i o n u m e in Dr i t te l , n icht auf . W e n n j e m a n d d ie B e h a u p t u n g aufstel len w r d e , dass d ie v e r m e i n t l iche R e d u k t i o n zwischen Sys tem 2 u n d Sys tem 3 in E t ru r i en n ie s ta t tge funden habe , sondern dass es sich v i e l m e h r bei Marche t t i s S y s t e m 1 u n d 2 einerseits u n d S y s t e m 3 u n d 4 andererseits u m zwe i gleichzeit ig u n d u n a b h n g i g v o n e i n a n d e r ex is t ierende Sy s teme m i t untersch ied l i chen M n z f s s e n h a n d l e u n d dass i nnerha lb dieser be iden S y steme - zu versch iedenen oder z u m selben Z e i t p u n k t - d ie z u g r u n d e l iegende B r o n z e e inhei t j ewe i l s a u f die H l f t e reduz ier t w u r d e , so w r e diese T h e s e m i t met ro log i schen A r g u m e n t e n n icht zu w ider legen . D a s heisst aber , dass Marche t t i s T h e s e n auch in metro log i scher Sicht n u r e ine un ter m e h r e r e n M g l i c h k e i t e n darstel len; e in m a t h e m a tischer Bewe i s lsst sich fr sie n icht e rbr ingen .

    D e r A u s g a n g s p u n k t fr Marche t t i s T h e s e n l iegt n m l i c h n icht in den - in sich zwe i fellos schlssigen - B e r e c h n u n g e n , sondern in e iner m a t h e m a t i s c h n icht fassbaren b e r l e g u n g : D a es fr d ie G o r g o n e i a der X - S e r i e ( S y s t e m 3) in P o p u l o n i a ke ine ent sprechenden B r o n z e m n z e n gebe u n d sich die Z a h l z e i c h e n sicher au f e ine z u g r u n d e l iegende Bronzee inhe i t bez i ehen , m s s e diese das rmi sche A s se in 9 . U n t e r dieser V o r a u s s e t z u n