Zum Verhältnis des Gesundheitssportes und der beruflichen Handlungsfähigkeit in wissensintensiven...
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Fernuniversitt in Hagen Fakultt fr Kultur- und Sozialwissenschaften
B.A. Bildungswissenschaft
Bachelorarbeit
Zur Erlangung des akademischen Grades Bachelor of Arts (B.A.)
Zum Verhltnis des Gesundheitssportes und der beruflichen
Handlungsfhigkeit in wissensintensiven Kleinen und
Mittelgroen Unternehmen
Zsuzsanna Benndorf
Eingereicht am 06.12.2014
Benotung: 1,1
Zum Verhltnis des Gesundheitssportes und der beruflichen Handlungsfhigkeit in wissensintensiven
Kleinen und Mittelgroen Unternehmen von Zsuzsanna Benndorf ist lizenziert unter einer Creative
Commons Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz.
Lehrgebiet Lebenslanges Lernen
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Im Sport erlernen bereits Kinder Haltung, Fairness, Ausdauer und den Umgang mit Erfolg
und Misserfolg. Die Werte des Sports sind die Werte, die auch fr ein Zusammenleben in
einer Gesellschaft in Freiheit und Verantwortung wichtig sind. (Bundesprsident Joachim
Gauck, Schirmherr des DOSB 2012)
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Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung ....................................................................................................................................... 5
2. Betriebliche Weiterbildung und Kompetenzentwicklung in einem wissensintensiven
Arbeitsumfeld ........................................................................................................................................ 8
2.1. Wandel der Arbeit ................................................................................................................. 9
2.2. Wissensarbeit ....................................................................................................................... 10
2.3. Berufliche Handlungskompetenz und reflexive Handlungsfhigkeit ............................. 13
2.4. Kriterien der lern-und kompetenzfrderliche Arbeitsgestaltung ................................... 16
2.5. Betriebliche Weiterbildung in der betrieblichen Bildungsarbeit .................................... 18
2.6. Betriebliche Bildung in Kleinen und Mittelgroen Unternehmen .................................. 21
3. Frderung der Gesundheitskompetenz im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsfrderung
sowie im betrieblichen Gesundheitsmanagement ............................................................................. 23
3.1. Gesundheitskompetenz als Teil der beruflichen Handlungsfhigkeit ............................ 23
3.2. Betriebliche Gesundheitsfrderung und Betriebliches Gesundheitsmanagement ........ 25
4. Gesundheitssport aus theoretischer und praktischer Perspektive .......................................... 28
5. Methodologie und methodisches Vorgehen ............................................................................... 33
6. Beschreibung der Ergebnisse ..................................................................................................... 37
6.1. Interview im Dienstleistungsunternehmen ........................................................................ 37
6.2. Interview im Inkassounternehmen .................................................................................... 40
6.3. Interview in der Werbeagentur .......................................................................................... 42
6.4. Vergleich der Interviews ..................................................................................................... 45
7. Analyse der Ergebnisse und Diskussion der Forschungsfragen ............................................. 47
8. Fazit und Ausblick ....................................................................................................................... 52
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 55
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Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Wissensarbeit aus der Prozessperspektive ................................................................ 11
Abbildung 2: Bedingungen der reflexiven Handlungsfhigkeit ...................................................... 15
Abbildung 3: Betriebliche Lern- und Wissensarten ......................................................................... 20
Abbildung 4: Modell der Kompetenz zur Gesundheit ..................................................................... 24
Abbildung 5: Kernziele sowie theoretische und praktische Inhalte des Gesundheitssports ........ 31
Abbildung 6: Zentrale Ergebnisse und Zusammenhnge der Befragung ...................................... 46
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: bersicht der Interviews ................................................................................................... 33
Tabelle 2: Zusammenfassung der Ergebnisse im Dienstleistungsunternehmen ............................ 39
Tabelle 3: Zusammenfassung der Ergebnisse im Inkassounternehmen ........................................ 42
Tabelle 4: Zusammenfassung der Ergebnisse in der Werbeagentur .............................................. 45
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Abkrzungsverzeichnis
AES Adult Education Survey
BGF Betriebliche Gesundheitsfrderung
BGM Betriebliches Gesundheitsmanagement
BMBF Bundesministerium fr Bildung und Forschung
DAK Deutsche Angestellten Krankenkasse
DIHK Deutsche Industrie und Handelskammertag
DOSB Deutscher Olympische Sportbund
DSB Deutscher Sportbund
HRD Human Ressource Management
IfM Institut fr Mittelstandsforschung
KMU Kleine und Mittelgroe Unternehmen
SGB Sozialgesetzbuch
SOC Sense of Coherence
WHO Word Health Organisation
MDS - Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der
Krankenkassen
Zur besseren Lesbarkeit wird in der vorliegenden Arbeit das mnnliche Genus verwendet,
selbstverstndlich sind damit immer beide Geschlechter gemeint.
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1. Einleitung
Mit dem Begriff Gesundheit wird oft Leistungsfhigkeit und Belastbarkeit so-
wohl im Privatleben, als auch im beruflichen Umfeld assoziiert. So ist das
Gesund sein eine wertvolle Ressource und trgt zum Erhalt der Beschfti-
gungsfhigkeit (Employability) der Menschen bei, was nicht nur den Einzelnen
von groer Bedeutung ist, auch fr die Unternehmen ist die Fachkrftesiche-
rung und deren Erhalt durch gesunde Arbeitskrfte ein wesentlicher Wettbe-
werbsfaktor.
Fr Unternehmen bilden gesunde, gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiter
die Basis fr ihre Produktionsfhigkeit (vgl. Wattendorf & Wienemann 2004,
S. 1), jedoch werden in der heutigen Wissensgesellschaft vorwiegend bewe-
gungsarme Ttigkeiten ausgefhrt oder aber auch solche Ttigkeiten, die belas-
tend fr die Gesundheit sind. Als Folge knnen Fehlhaltungen und damit Fehl-
belastungen entstehen, die hufig zu schmerzhaften Dysbalancen der Muskula-
tur fhren. Nach dem Gesundheitsreport 2014 der Deutschen Angestellten
Krankenkasse (DAK) gehren Erkrankungen des Bewegungsapparates (Mus-
kel-Skelett-System) neben Erkrankungen des Atmungssystems sowie psychi-
schen Erkrankungen zu den hufigsten Krankheitsbildern, die zu Fehlzeiten der
Berufsttigen fhren (vgl. DAK Gesundheitsreport 2014, S. 6). Bewegungs-
mangel in Verbindung mit unausgewogener Ernhrung kann zu bergewicht
fhren und schwerwiegende Folgeerkrankungen des Herz-Kreislaufsystems
nach sich ziehen. Zudem werden durch Erwartungsdruck und daraus resultie-
rendem Stress, physisches sowie psychisches Missbefinden und Krankheiten
begnstigt (vgl. Lindstedt & Lehmann 2012, S. 11).
Neben den Belastungen der Arbeitnehmer auf psychischer und physischer
Ebene sehen sich die Unternehmen der Herausforderung einer alternden Ge-
sellschaft gegenber. Die Belegschaften werden zunehmend lter und gesund-
heitliche Probleme knnen sich potentiell vermehren. Daher ist es besonders
wichtig, im Rahmen des Gesundheitsmanagements die Arbeitsfhigkeit der
Mitarbeiter zu sichern. Auch fr die Beschftigten ist es wesentlich, die eigene
Beschftigungsfhigkeit mglichst lange zu erhalten.
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Die Bevlkerung in Deutschland schrumpft seit 2003 permanent. Die Defizite,
die aus den Sterbefllen und den niedrigen Geburtenzahlen entstehen, knnen
durch Zuwanderung aus anderen Lndern nicht kompensiert werden. Auch die
Altersstrukturen der Bevlkerung verschieben sich durch den demografischen
Wandel, der Anteil der Menschen in hohem Alter steigt kontinuierlich. Insge-
samt fhren diese Entwicklungen dazu, dass die Zahl der erwerbsttigen Men-
schen immer weniger und zudem lter wird (vgl. Statistisches Bundesamt
2009, S. 5f.). Nach dem Arbeitsmarktreport des Deutschen Industrie- und Han-
delskammertages (DIHK) stehen immer weniger Menschen dem Arbeitsmarkt
zur Verfgung und Die Fachkrftesicherung wird mehr und mehr zur Heraus-
forderung. (DIHK 2011, S. 2). Einer aktuellen Umfrage des DIHK zur Folge,
ist der Anteil des Geschftsrisikos der Betriebe, das durch Fachkrftemangel
entstanden ist, auf einen Hchstwert von 37% gestiegen. Fr Unternehmen, die
die Zahl ihrer Beschftigten erhhen wollen steht dieses Risiko mit 54% an der
hchsten Stelle (vgl. DIHK 2014, S. 44).
Um den Bedarf an Fachkrften zu sichern ist es wichtig, die Gesundheit der
Mitarbeiter zu erhalten und zu frdern. Krperliche Bewegung ist eine Mg-
lichkeit, das Wohlbefinden der Menschen zu verbessern. Sportliche Aktivitten
frdern nicht alleine die Gesundheit, sie begnstigen das eigenverantwortliche
Handeln einer Person und tragen dazu bei, soziale Kontakte auerhalb des Ar-
beitsplatzes zu pflegen.
Neben dem gesundheitsfrderlichen Aspekt tragen betrieblich organisierte
Sportangebote auch zur Erweiterung der sozialen Kontakte auerhalb des un-
mittelbaren Arbeitsortes bei (vgl. Lindstedt & Lehmann 2012, S. 67) und be-
gnstigen somit die Entwicklung der sozialen Kompetenz, welche einen un-
verzichtbaren Teil der beruflichen Handlungsfhigkeit darstellt.
Sport wird als Ausgleich fr die negativen Folgen des Bewegungsmangels und
weitere berufliche Belastungen wahrgenommen. Mit dem gesundheitsfrdern-
den Vorsatz des betrieblichen Sportes ergeben sich fr Mitarbeiter gleicherma-
en wie fr die Unternehmen positive Konsequenzen (vgl. a.a.O., S. 12).
Das Wissen um die positive Auswirkung des Sportes auf die Gesundheit ist
weit verbreitet. Trotzdem findet nicht jeder Arbeitnehmer Zugang zum Sport.
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Oft mangelt es an Zeit oder an Angeboten, die Berufsttigen in ihrem unmittel-
baren Wohn- und Wirkungsumfeld zur Verfgung stehen. Unternehmen kn-
nen ihren Mitarbeitern im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements
gesundheitssportliche Angebote organisieren, so dass diese als Ausgleich zu
den betrieblichen Arbeitsanforderungen, wie beispielweise langes Sitzen im
Bro, dienen und spezifisch an die betrieblichen Arbeitszeiten angepasst wer-
den.
In der gegenwrtigen Literatur werden der Zusammenhang des Gesund-
heitssportes und deren Auswirkung auf die Entwicklung der beruflichen Hand-
lungskompetenz nicht durchdringend zusammengefhrt und analysiert. Auf-
grund dessen wird daher in dieser Arbeit der Frage nachgegangen, ob Sport zur
Frderung der beruflichen Handlungsfhigkeit beitragen kann. Neben den the-
oretischen Darstellungen, wurden deshalb Experteninterviews mit Personalver-
antwortlichen gefhrt, ausgewertet und anschlieend analysiert, um somit wei-
tere Erkenntnisse zu gewinnen und diese belegen zu knnen. Dabei wurden
folgende leitende Forschungsfragen gestellt:
1. Inwiefern kann die berufliche Handlungsfhigkeit durch gesund-
heitssportliche Bewegungsangebote gefrdert werden?
1a. Welche Kompetenzformen der beruflichen Handlungsfhigkeit werden
durch Gesundheitssport weiterentwickelt?
Des Weiteren sollte in diesem Zusammenhang ein besonderer Blick auf den
wissensintensiven Kleinen und Mittelgroen Unternehmen (KMU) liegen,
denn hier hat sich im Gegensatz zu greren Unternehmen und Organisationen,
das Gesundheitsmanagement noch nicht weitgehend etabliert (vgl. Meyer &
Tirpitz 2008, S. V). Darber hinaus liegt das Forschungsinteresse auf wissens-
intensiver Arbeit, weil diese charakteristisch fr postindustrielle Gesellschaften
ist (vgl. Willke 1998, S. 163). In diesem Kontext lautet die letzte Forschungs-
frage:
1b. Welche Formen der Frderung der Gesundheitskompetenz sind durch
Gesundheitssport insbesondere in wissensintensiven KMU mglich?
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Um diese Fragen errtern und diskutieren zu knnen, werden zunchst die the-
oretischen Konzeptionen der betrieblichen Weiterbildung und Anstze zur
Entwicklung der kompetenzbasierten beruflichen Handlungsfhigkeit im wis-
sensintensiven Arbeitsumfeld dargestellt. Ferner werden die Charakteristika
der betrieblichen Weiterbildung speziell in KMU errtert. Da Bewegungsange-
bote in der betrieblichen Weiterbildung im Rahmen der betrieblichen Gesund-
heitsfrderung (BGF) und dem betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM)
verankert sind, schliet sich im dritten Kapitel eine Unterscheidung zwischen
der BGF und dem BGM an. Zudem wird hier erlutert, welche dieser beiden
Organisationsformen in KMU zu finden sind. Der nchste Abschnitt stellt die
Ziele und Aufgabenbereiche des Gesundheitssportes aus theoretischer und
praktischer Perspektive dar. Das fnfte Kapitel beschftigt sich mit dem me-
thodischen Vorgehen der Experteninterviews und der qualitativen Inhaltsanaly-
se. Demnach finden im sechsten Kapitel die Auswertung und ein Vergleich der
Interviews statt. Im siebten Kapitel werden die Ergebnisse der Befragungen
analysiert und diskutiert, sowie die Forschungsfragen beantwortet. Anschlie-
end wird in Kapitel acht ein Fazit gezogen und ein Ausblick gewagt.
2. Betriebliche Weiterbildung und Kompetenzentwicklung in einem wis-
sensintensiven Arbeitsumfeld
Durch die Fortschritte der Informations- und Kommunikationstechnologien
steht das Wissen immerwhrend zur Verfgung und wchst immer schneller.
Dies fhrt zu einem umfassenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wan-
del, der alle Arbeits- und Lebensbereiche beeinflusst. Bildung nimmt eine zent-
rale Rolle im Leben der Individuen ein (vgl. Arbeitsstab Forum Bildung 2001,
S. 3).
Die Fhigkeit, Wissen aufzufinden, auszuwhlen, zu bewerten und anzuwen-
den fr die jeweils beste Lsung einer aktuellen Aufgabe, entscheidet immer
mehr ber persnliche Chancen, ber gesellschaftliche Teilhabe sowie ber
Erfolg im wirtschaftlichen Wettbewerb. (ebd.).
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Diese Entwicklungstendenzen drckt der Begriff Wissensgesellschaft aus, in
dem die Bedeutung von Kompetenzen und von Kenntnissen ber die von Kapi-
tal hinausgehen (vgl. ebd.).
Fr ein ganzheitliches Verstndnis wird im nchsten Abschnitt zuerst erklrt,
welche Faktoren zur Entwicklung der wissensbasierten Arbeit eine Rolle spie-
len.
2.1. Wandel der Arbeit
Die Ursachen fr den Wandel der Arbeits- und Organisationskonzepte lassen
sich nach Dehnbostel (vgl. 2010, S. 12ff.) aus vier fr die postindustrielle Ge-
sellschaft charakteristische Prozessen erklren:
Der Umgang mit Informations- und Kommunikationstechnologien ist
zur Normalitt in den modernen Arbeitsprozessen geworden, die Kom-
petenz mit digitalen Medien umzugehen ist unumgnglich fr eine um-
fassende berufliche Handlungsfhigkeit.
Die stetigen Fortschritte und Innovationen erneuern sukzessive das
Wissen, wodurch das Lernen nicht mehr als etwas Abgeschlossenes an-
gesehen werden kann. Um die Wettbewerbsfhigkeit zu erhalten, ms-
sen sich die Organisationen an die laufenden Innovationsprozesse an-
passen. Das Lernen im Arbeitsprozess wird zunehmend gefrdert, dem
erfahrungsbasierten und informellen Lernen wird immer grere Be-
deutung zugeschrieben.
Der Dienstleistungscharakter der Arbeit wchst nach innen, zwischen
den vor- und nachgeschalteten Einheiten der Organisationen sowie nach
auen, zu den Kunden. Eine dienstleistungsorientierte Kompetenz wird
dadurch erforderlich.
Die gesellschaftlichen Entwicklungen fhren zum allgemeinen Werte-
wandel in deren Folge die Mitbestimmung, Individualisierung sowie die
Partizipation der Arbeitnehmer gesteigert worden ist. Die Notwendig-
keit des lebenslangen und selbstgesteuerten Lernens fordert von den
Subjekten die Planung der eigenen Berufsbiographien ein (vgl. ebd.).
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Fr den Erhalt der Wettbewerbsfhigkeit mssen sich die Organisationen den
kontinuierlichen Vernderungen und Innovationen stellen und sich diesen an-
passen. Dies fhrt zu neuen, prozessorientierten Konzepten der Arbeitsorgani-
sationen mit gleichzeitiger Abkehr von den, in Teile zergliederten, tayloristi-
schen Arbeitsstrukturen der Industriegesellschaft. Bei der Abnahme der manu-
ellen Ttigkeiten weiten sich die wissensbasierten Ttigkeiten in einer immer
weiter globalisierten Wirtschaft aus. Aus der Notwendigkeit der Wissensanpas-
sungen ist fr diese neuen Strukturen die Renaissance des Lernens in der Ar-
beit, das fortdauernde Lernen whrend der Arbeitsprozesse, charakteristisch
(vgl. Dehnbostel 2010, S. 10 f.). In diesem Kontext wird auch vom Lernenden
Unternehmen gesprochen. Weitere Kennzeichen fr die neuen Organisations-
strukturen sind zudem die Enthierarchisierung und Dezentralisierung sowie
die Schaffung ganzheitlicher und partizipativer Arbeitsformen (Dehnbostel,
Elsholz & Gillen 2007, S. 14).
Fr die Beschftigten bedeuten diese Entwicklungen die Auflsung der Er-
werbsbiographien nach dem Drei-Phasen-Schema - Lernen, arbeiten, Ruhe-
stand sowie die Annherung an das Konzept des Lebenslangen Lernens
(Faulstich 2008, S. 678), in dessen Mittelpunkt die Wissensanpassung und
Weiterbildung steht (vgl. ebd.).
Durch die Entwicklungen der neuen Arbeits- und Organisationskonzepte neh-
men seit den 80er Jahren die wissensbasierten Arbeitsttigkeiten immer mehr
zu. Durch kontinuierliches Lernen in der Arbeit knnen die Unternehmen ihre
Innovationsfhigkeit sichern und den fortlaufenden Optimierungsprozessen
gerecht werden (vgl. Dehnbostel & Meyer-Menk, 2002, S. 1).
Nach dem die Hintergrnde der Entstehung von neuen, wissensbasierten Ar-
beitsbedingungen dargelegt wurden, erklrt der nchste Abschnitt, die charak-
teristischen Merkmale der Wissensarbeit.
2.2. Wissensarbeit
Unter Wissensarbeit wird nach North (2014) eine auf kognitiver Basis aufbau-
ende Arbeitsttigkeit verstanden, aus der ein immaterielles Ergebnis hervor-
geht. Der Mehrwert dieser wissensbasierten Arbeit wird aus Informationsver-
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arbeitung, aus ideenreicher Gestaltung und somit aus dem Kreieren sowie Kor-
respondieren von Wissen gewonnen. Wissensarbeiter sind Arbeitnehmer, die
vorwiegend den Wertschpfungsprozess der Wissensarbeit durchfhren. Der
Input sowie das Ergebnis bei der Wissensarbeit sind Informationen, das Objekt
dieser Arbeit ist immateriell, und als Arbeitsmittel dienen Werkzeuge zur
Kommunikations- und Informationsverarbeitung (vgl. North 2014, S. 23 f.).
Die Ttigkeiten der Wissensarbeiter zeichnen sich durch vielseitige, projektbe-
zogene Aufgaben in wechselnden Teams sowie durch selbstorganisiertes Ar-
beiten mit permanenter Wissensanpassung aus. Dabei findet Lernen vorwie-
gend in informeller Form im Arbeitsprozess statt (vgl. Antoni, Friedrich,
Haunschild, Josten & Meyer 2014, S. 17).
Abbildung 1: Wissensarbeit aus der Prozessperspektive (Quelle: North 2014, S. 25)
Der Wertschpfungsprozess der Wissensarbeit besteht, wie Abbildung 1 veran-
schaulicht, aus fnf miteinander in Wechselwirkung stehenden Komponenten.
In der Phase Planen, Strategien entwickeln, Organisieren entstehen mentale
Modelle, die sich whrend des Handelns stetig weiter entwickeln. Whrend der
analytischen Periode wird recherchiert, das Wissen zerlegt und strukturiert so-
wie anschlieend reflektiert. Der Abschnitt Synthese ist die Kern-
Komponente der wissensbasierten Arbeit, in dieser Phase werden die gewon-
nene Informationen und das Wissen miteinander kombiniert und kreativ gestal-
tet, woraus neue Lsungen entstehen. Das Ergebnis wird im nchsten Schritt
dokumentiert und kommuniziert. Die Komponente Lernen begleitet den
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Wertschpfungsprozess durchgehend, jede Aufgabe bringt neue Herausforde-
rungen, whrend derer die Wissensarbeiter bewusst oder unbewusst lernen und
somit ihre Expertise stetig erweitern (vgl. North 2014, S. 24 f.).
Der komplexe Prozess der Wissensarbeit bringt neue Herausforderungen mit
sich. Einerseits wird Freiraum zur individuellen Potenzialentfaltung und Ent-
wicklung gewhrt, andererseits wird dieser durch Leistungserwartungen einge-
grenzt. Die in Team- und Projektarbeit entstandenen immateriellen Ergebnisse
der Wissensarbeit sind schwer zu ermitteln, deshalb besteht Unsicherheit ber
das Leistungspotenzial der Wissensarbeiter. Diese Herausforderungen bringen
verschiedene Widersprche mit sich: Bei termingerechten Leistungen mssen
zustzliche Aufgaben ohne Mehraufwand erledigt werden. Vorab zugesicherte
Kollegen oder Arbeitsmaterialien stehen nicht zur Verfgung. Zur Probleml-
sung notwendige Erfahrungen und Wissen knnen aus Mangel an Handlungs-
mglichkeit nicht erworben werden. Die Professionalitt der Wissensarbeiter
wird durch ungengende technische und organisatorische Voraussetzungen
gebremst. Schlielich entstehen Disparitten aus der Unvereinbarkeit von Fa-
milienleben und Arbeitsbedingungen (vgl. North 2014, S. 32 f.).
Zeitliche wie rumliche Flexibilisierung der Arbeit, selbstgesteuertes Lernen
und Arbeiten sowie marktabhngige unsichere Beschftigungsformen fhren
insgesamt dazu, das Arbeits- und Lebenswelten nicht voneinander abgegrenzt
werden knnen. Die ausgedehnte Autonomie bringt neue Formen der Belas-
tung mit sich (vgl. Antoni et al. 2014, S. 17). Die entstehenden Widersprche
und Belastungen wirken negativ auf die Beschftigten, und in der Folge kn-
nen psychische Strungen entstehen (vgl. North 2014, S. 32f.). Mit einer Ba-
lance zwischen Fhrung und Selbststeuerung knnen die Gesundheit belasten-
de Faktoren gemindert werden. Dabei ist kritische Reflexion und bewusstes
Abwgen der eigenen Handlungen besonders wichtig fr die Leistungsein-
schtzung der Wissensarbeiter. Die Untersttzung des gesunden Arbeitsverhal-
tens muss auf der Fhrungsebene organisiert werden (vgl. a.a.O., S. 35f.).
North (2014) schlgt einige Optionen zur Frderung der gesunden Wissensar-
beit vor. Dazu gehren Zeiten und Rume, in denen die Beschftigten bewusst
unerreichbar sind. Ein E-Mail unabhngiger Arbeitsrhythmus, Kommunikati-
onswege fr Diskurse sowie regelmiger kollegialer Austausch sind weitere
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Mglichkeiten. Darber hinaus knnen sportliche Aktivitten und Hobbies
einen Ausgleich bieten (vgl. ebd.).
Das fortwhrende Lernen und Reflektieren fordert die Arbeitnehmer nicht nur
whrend des Arbeitsprozesses, sondern vielmehr auch im Privatleben. Um die-
sen Anforderungen gerecht zu werden, mssen Freirume fr einen Ausgleich
geschaffen werden, um im Sinne eines Work-Learn-Life Balance das Arbei-
ten, Lernen und Privatleben im Gleichgewicht zu halten (vgl. Antoni, Fried-
rich, Haunschild, Josten & Meyer 2014, S. 344).
Bei der Ausbung der wissensintensiven Arbeitsttigkeiten ndern sich die
Anforderungen an die Qualifikationen der Arbeitnehmer. Das Lebenslange
Lernen whrend der Arbeit wird die Basis der beruflichen Handlungskompe-
tenz. Was genau unter beruflicher Handlungsfhigkeit verstanden wird und
welche Kompetenzen dafr notwendig sind, wird im nchsten Kapitel errtert.
2.3. Berufliche Handlungskompetenz und reflexive Handlungsfhigkeit
Die aus den bereits skizzierten Grnden entstandenen neuen Arbeits- und Or-
ganisationskonzeptionen erfordern eine Erweiterung der Qualifikationen durch
ganzheitlichen Kompetenzen (vgl. Dehnbostel et al. 2007, S. 14). So wurde der
in der betrieblichen Bildung tradierte Qualifikationsbegriff zunehmend vom
Kompetenzbegriff, der zugleich die Qualifikationen mit einschliet, abgelst
(vgl. Dehnbostel 2010, S. 16).
Qualifikationen beziehen sich auf die Verwertbarkeit der Kenntnisse, Fhigkei-
ten und Fertigkeiten einer Person. Sie orientieren sich nach auen, nach der
Nachfrage. Kompetenzen dagegen sind subjektbezogen, sie fassen die Kennt-
nisse, Fhigkeiten, Fertigkeiten, Werte und Einstellungen einer Person zusam-
men und erstrecken sich ber deren gesamten Lebens- und Bildungsbiographie.
Kompetenzen sind etwas Vorlufiges, das sich ber das ganze Leben des Men-
schen stetig weiter entwickelt. Diese Entwicklung ist an die Fhigkeit eigen-
verantwortlich zu handeln gebunden, zudem wird sie von den Subjekten selber
aktiv gesteuert. Das eigenverantwortliche, reflexive Handeln bezieht sich dabei
nicht ausschlielich auf berufliche Situationen, vielmehr erstreckt sich dieses
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ber die gesellschaftlichen und privaten Bereiche der Menschen (vgl. ebd.).
Berufliche Handlungskompetenz wird nach Dehnbostel als
die Fhigkeit und Bereitschaft, in beruflichen Situationen fach-, personal-
und sozialkompetent zu handeln und die eigene Handlungsfhigkeit in berufli-
cher und gesellschaftlicher Verantwortung weiterzuentwickeln. (Dehnbostel
2010, S. 19).
Bereits zu Beginn der Berufsausbildung hat die Berufsschule die Aufgabe,
nach dem Sekretariat der Kultusministerkonferenz (KMK), die Entwicklung
umfassender Handlungskompetenz zu frdern (Sekretariat der KMK 2011, S.
15). Die drei Hauptdimensionen der Handlungskompetenz im Einzelnen sind:
Die auf fachlichem Wissen basierende Fachkompetenz ist die Voraus-
setzung zur zielgerichteten, sach- und methodengerechten Probleml-
sung. Darber hinaus befhigt sie, das erreichte Resultat anschlieend
zu reflektieren.
Selbstkompetenz ermglicht die Reflexion, der in individuellen und
gesellschaftlichen Wertvorstellungen eigebetteten, eigenen Entwick-
lungsmglichkeiten. Zudem befhigt Selbstkompetenz diese Entwick-
lungschancen im Kontext der Anforderungen und mglichen Ein-
schrnkungen zu beurteilen.
Sozialkompetenz schliet die Fhigkeit und Bereitschaft soziale Moti-
ve zu erfassen ein, sie befhigt zum verantwortungsvollen Umgang mit
anderen Menschen und ermglicht es soziale Beziehungen aufzubauen
(vgl. ebd.).
Eine ganzheitliche berufliche Handlungskompetenz umfasst Fach-, Sozial- und
Personalkompetenz. Diesen drei Hauptkompetenzen sind weitere Kompetenzen
untergeordnet, die in den Hauptdimensionen mit eingeschlossen werden oder
quer zu ihnen liegen. Die berufliche Handlungskompetenz steht mit den Ar-
beits- und Handlungsbedingungen in Wechselbeziehung. Diese strukturellen
Bedingungen setzen sich aus der Lern-, Arbeits- und Unternehmenskultur, aus
den Lernpotenzialen in der Arbeit sowie aus den mglichen Entwicklungs- und
Aufstiegswegen zusammen. So beeinflussen sich Fach-, Sozial- und Personal-
kompetenz sowie die strukturellen Arbeitsbedingungen gegenseitig (vgl.
Dehnbostel 2010, S. 19).
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Ein weiteres zentrales Ziel der modernen betrieblichen Weiterbildung ist die
ber die Kompetenzentwicklung und somit ber die berufliche Handlungs-
kompetenz hinaus ragende Entstehung der reflexiven Handlungsfhigkeit (vgl.
a.a.O., S. 21f.). Diese ist fr den gesamten Wertschpfungsprozess der Wis-
sensarbeit, wie bereits im Kapitel 2.2 erlutert, besonders wichtig.
Die reflexive Handlungsfhigkeit erweitert die berufliche Handlungskompe-
tenz und ermglicht es, die bereits erworbenen Kompetenzen selbstgesteuert
auf Handlungen und Verhaltensweisen im Kontext des Arbeitsprozesses sowie
des sozialen Lebens anzuwenden. Ferner umfasst sie neben den persnlichen
Dispositionen die Arbeits- und Handlungsbedingungen. Reflexivitt in der Ar-
beit beinhaltet das Vermgen, Handlungen auf Basis vorhergehender Erkennt-
nisse verantwortungsvoll, bewusst und kritisch zu beurteilen und zu hinterfra-
gen (vgl. ebd.). Abbildung 2 veranschaulicht die Komponente der reflexiven
Handlungsfhigkeit. Es wird hier ersichtlich, dass die berufliche Handlungs-
kompetenz und die strukturellen Bedingungen in wechselseitiger Beziehung
stehen.
Abbildung 2: Bedingungen der reflexiven Handlungsfhigkeit (Quelle: Dehnbostel 2010, S. 24)
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Im Kontext der wissensintensiven Ttigkeiten ist die Entwicklung der reflexi-
ven Handlungsfhigkeit ein wesentlicher Faktor. Wie schon im Kapitel 2.2
errtert, wird whrend des Wertschpfungsprozesses der Wissensarbeit von
dem Wissensarbeiter fortwhrendes Entwickeln von Strategien, Strukturieren,
Reflektieren, Kombinieren und Rckbeziehen gefordert. Dieser Prozess, sowie
auch die Team- und Projektarbeit wren ohne die Fhigkeit zum reflexiven
Handeln nicht mglich. Darber hinaus ist das kritisch reflektierte, bewusste
Einschtzen der eigenen Handlungen besonders wichtig fr die Leistungsbeur-
teilung der Wissensarbeiter.
Im nchsten Kapitel wird errtert, in welcher Weise die Entwicklung einer um-
fassenden beruflichen Handlungsfhigkeit durch adquate Gestaltung in der
betrieblichen Bildung gefrdert werden kann.
2.4. Kriterien der lern-und kompetenzfrderliche Arbeitsgestaltung
Die Notwendigkeit der Gestaltung eines lern- und kompetenzfrderlichen Ar-
beitsplatzes kann aus drei Interessenlagen begrndet werden. Aus betrieblicher
Sicht ist dies ein konomischer Faktor geworden. Wie bereits im Kapitel 1
erwhnt, sind kontinuierliche Optimierungs- und Anpassungsprozesse fr den
Erhalt der Wettbewerbsfhigkeit in der globalen Marktwirtschaft notwendig.
Fr die Arbeitnehmer sind lebenslanges Lernen und Kompetenzentwicklung
die Basis der zuknftigen Beschftigungsfhigkeit. Die berufliche Handlungs-
kompetenz muss den innovativen Entwicklungen durch Lernen in der Arbeit
angepasst werden. Gesellschaftlich ist das Lernen in der Arbeit unverzichtbarer
Bestandteil der Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft geworden (vgl.
Dehnbostel 2010, S. 95).
In Zusammenhang mit der Entwicklung der beruflichen Handlungskompetenz
sowie der reflexiven Handlungsfhigkeit sind nach Dehnbostel (vgl. 2010, S.
96ff) sieben Kriterien wesentlich, die zur Gestaltung von lern- und kompetenz-
frderlicher Arbeit Bedeutung tragen:
Die Aufgaben sollen viele Optionen zu Handlungen beinhalten, wie
nach der Methode eines Projektes, wo der vollstndige Handlungsab-
lauf von der Planung bis hin zur Ausfhrung mit anschlieender Bewer-
tung bernommen werden muss.
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Diese handlungsorientierten Aufgaben sollen ber gengend Spielraum
fr Entscheidungsoptionen verfgen. Dieser Handlungsspielraum fr-
dert einerseits das selbstgesteuerte Handeln, andererseits ermglich er
die Partizipation und Mitgestaltungsmglichkeiten im Arbeits- und Or-
ganisationsprozessen.
Ein drittes Kennzeichen, das mit dem Handlungsspielraum sowie dem
vollstndigen Handlungsablauf in engem Zusammenhang steht, ist die
Vielfltigkeit der Aufgaben. Vielseitige Aufgaben frdern die kogniti-
ven Prozesse und tragen dazu bei, dass die Mitarbeiter komplexe Erfah-
rungen whrend des Lsens eines Problems sammeln knnen.
Die Unternehmenskultur kann durch soziale Untersttzung und transpa-
rente Kommunikation zur Ausbildung der Gemeinschaftlichkeit beitra-
gen. Teamarbeit frdert das Gefhl der Zugehrigkeit und ermglicht
das kollektive Lernen in der Gruppe.
Das selbstgesteuerte Handeln ist fr die individuelle Entwicklung der
Subjekte von sehr groer Bedeutung. Bei gengend Spielraum fr Er-
fahrungen sowie durch die Chance, eigene Interpretations- und Ar-
beitsweisen auszubilden, wird die Entwicklung von Selbststeuerung ge-
frdert.
Handlungsstrategien, die aus Erkenntnissen entwickelt werden knnen,
tragen zur Ausbildung der Professionalitt bei. Das fortwhrende Ler-
nen aus Erfahrungen und Rckkoppelungen verbessert die berufliche
Handlungskompetenz.
Die reflexive Handlungsfhigkeit wird aus zwei Dimensionen zusam-
mengesetzt. Einerseits aus der Reflexion der eigenen Kompetenzen, an-
dererseits aus der Reflexion der Strukturen der Arbeitsorganisation und
der Arbeitsumgebung. Durch die Mglichkeit des bewussten Hinterfra-
gens der Arbeitsprozesse und der eigenen Handlungen kann die Refle-
xionsfhigkeit gefrdert werden (vgl. Dehnbostel 2010, S. 96ff.).
Diese Kriterien werden von den Spezifika der betrieblichen Organisation, wie
der Gre des Unternehmens oder den arbeitsbezogenen Aufgaben beeinflusst.
Zudem ist die Frderung der Kompetenzen von den individuellen Dispositio-
nen, wie dem Entwicklungsstand der Einzelnen abhngig. Die Gestaltung einer
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kompetenzfrderlichen Arbeitsumgebung ist daher kein festgeschriebener
Weg, vielmehr muss sie an die speziellen Gegebenheiten der Betriebe und Mit-
arbeiter angepasst werden (vgl. ebd.).
Die oben genannten Gestaltungsmerkmale von Arbeit frdern nicht alleine das
individuelle Lernen und die Kompetenzentwicklung, vielmehr sorgen diese fr
einen reibungslosen Wissens- und Informationsaustausch und begnstigen
dadurch die Organisationsentwicklung (vgl. Antoni, Haunschild, Josten &
Meyer 2014, S. 344).
Im nchsten Kapitel wird die betriebliche Weiterbildung als Teil der betriebli-
chen Bildungsarbeit skizziert ferner es wird erlutert, welche betrieblichen
Lernformen unterschieden werden knnen.
2.5. Betriebliche Weiterbildung in der betrieblichen Bildungsarbeit
Der Wandel der Arbeits- und Organisationskonzepte und die Orientierung an
der Kompetenzfrderung haben die betriebliche Bildungsarbeit vor neue Her-
ausforderungen gestellt. In ihrem Mittelpunkt stehen die Entwicklung und der
Erwerb der beruflichen Handlungskompetenz sowie der reflexiven Handlungs-
fhigkeit (vgl. Dehnbostel 2007, S 20 ff).
Die dauernden innovativen Weiterentwicklungen und kontinuierlichen Wis-
sensanpassungen stellen neue Kompetenzanforderungen an die Beschftigten
und verndern die Organisationskonzepte. Diesen knnen die Betriebe nur
durch dynamische Personal- und Organisationsentwicklung nachkommen. So
flieen neben der berufs- und betriebspdagogischen Arbeit Teile der Personal-
und Organisationsentwicklung in die betriebliche Bildungsarbeit mit ein (vgl.
Dehnbostel 2010, S. 26f.).
Wie bereits skizziert, ist es fr eine lern- und kompetenzfrderliche Arbeitsge-
staltung wichtig, sowohl die organisationsspezifischen Gegebenheiten wie auch
die subjektspezifischen Dispositionen bei den Frdermglichkeiten in Betracht
zu ziehen. Fr den Erhalt der wirtschaftlichen Wettbewerbsfhigkeit ist es da-
her von groer Bedeutung eine ganzheitliche Organisationsarbeit zu leisten.
Dazu gehrt neben den berufs- und betriebspdagogischen Aspekten die Sicht
der Personal- und Organisationsentwicklung.
-
19
Betriebliche Bildungsarbeit wird im internationalen Kontext auch als Human
Ressource Development (HRD) bezeichnet. Sie umfasst alle individuellen,
gruppen- und organisationsbezogene Lernprozesse im Betrieb (vgl. Dehnbostel
2010, S. 27). Mit dazu gehren alle Manahmen, die vom Betrieb veranlasst
und verantwortet worden sind. Im Mittelpunkt der betrieblichen Bildungsarbeit
stehen die berufliche Aus- und Weiterbildung (vgl. a.a.O. S. 2).
Unter Weiterbildung wird die Gesamtheit der intentionalen Lernprozesse zu-
sammengefasst, die nach dem Abschluss der ersten Bildungsperiode mit an-
schlieender Erwerbs- oder Familienzeit stattfinden. Unter betriebliche Wei-
terbildung werden im betrieblichen Kontext durchgefhrte Weiterbildungen
verstanden. Diese erstrecken sich vom informellen Lernen in der Arbeit bis hin
zu diversen Angeboten unterschiedlichen Anbieter (vgl. Faulstich 2008, S.
647).
Zwei Lernarten werden in der betrieblichen Weiterbildung unterschieden: das
formelle und das informelle Lernen. Das formelle Lernen wird in institutionel-
lem Rahmen, in Schulen oder Bildungszentren organisiert und von professio-
nell ausgebildeten Lehrkrften nach didaktisch methodischen Merkmalen
durchgefhrt. Ziele und Inhalte der Lehre in den formellen Kontexten sind vor-
gegeben. Ihre Ergebnisse, hufig Lerninhalte in Form von Theoriewissen sind
berprfbar. Soziale und personale Kompetenzen zu frdern ist mittels formel-
len Lernens jedoch nur eingeschrnkt mglich. Demgegenber wird Informel-
les Lernen nicht institutionell organisiert und meistens nicht von pdagogisch
ausgebildeten Lehrpersonen begleitet. Lernen in informellen Kontext entsteht
als Folge der Handlungen bei der Arbeit, deren Ergebnis die Arbeitsprozess
orientierte Problemlsefhigkeit ist. Whrend der informellen Lernprozesse
knnen neben dem fachbezogenen Wissen zeitgleich soziale und personale
Kompetenzen erworben werden. Fr die Entwicklung von beruflicher Hand-
lungskompetenz, deren Erwerb nur unter realen Situationen gnzlich mglich
ist, ist das informelle Lernen besonders wichtig (vgl. Dehnbostel 2010, S.
38ff.).
Des Weiteren wird das informelle Lernen in zwei weitere Formen aufgeglie-
dert: das reflexive Lernen oder Erfahrungslernen sowie das implizite Lernen.
Reflexives Lernen fhrt in den Schritten von Handlung Erfahrung Refle-
-
20
xion zur Erkenntnis. Diese Abfolge ist ein sich immer wieder fortsetzender
Prozess, in den vorherige Erfahrungen und Erkenntnisse eingebunden werden.
Implizites Lernen geschieht unbewusst durch Erfahrungen und fhrt zu impli-
zitem Regelwissen sowie intuitiven Problemlsungen (vgl. Dehnbostel 2007,
S. 51f.).
Die betrieblichen Lern- und Wissensarten werden in Abbildung 3 veranschau-
licht. Die Entwicklung der reflexiven Handlungsfhigkeit, wie es hier ersicht-
lich wird, setzt einerseits theoretisches und andererseits erfahrungsbasiertes
Wissen voraus. Die beiden Wissensarten, Theoriewissen aus formellem und
Erfahrungswissen aus informellem Lernen sind synergetisch fr berufliche
Handlungskompetenz verantwortlich (vgl. ebd.).
Abbildung 3: Betriebliche Lern- und Wissensarten (Quelle: Dehnbostel 2007, S. 51)
Eine eindeutige Trennung zwischen formellen und informellen Lernarten ist
meistens nicht mglich. Es werden vermehrt Lernkontexte angeboten, whrend
denen beide Arten des Lernens gefrdert werden (vgl. Dehnbostel 2010, S. 88).
Die Entwicklung der beruflichen Handlungskompetenz wird in der betriebli-
chen Bildung durch informelles und arbeitsbezogenes Lernen in der Arbeit
untersttzt. Aus diesem Grund wchst immer mehr die Bedeutung des selbst-
gesteuerten, situierten, erfahrungsorientierten, ganzheitlichen Lernens (vgl.
Dehnbostel et al. 2007, S. 15).
-
21
Wie hufig betriebliche Weiterbildung in Kleinen und Mittelgroen Unterneh-
men angeboten wird, und welche Lernarten dabei eine wichtige Rolle spielen
soll zunchst genauer betrachtet werden.
2.6. Betriebliche Bildung in Kleinen und Mittelgroen Unternehmen
Die Kleinen und Mittlergroen Unternehmen (KMU) werden von verschiede-
nen Institutionen unterschiedlich definiert. Die Europische Kommission defi-
niert KMU nach drei Kriterien: Mitarbeiterzahl, Jahresumsatz und Bilanzsum-
me. Zu den KMU gehren demnach Unternehmen mit weniger als 249 Be-
schftigten, mit einem Jahresumsatz bis 50 Millionen sowie mit einer Bilanz-
summe bis 43 Millionen . Es wird zwischen Kleinstunternehmen, Kleinen
Unternehmen und Mittleren Unternehmen unterschieden (vgl. Europische
Kommission 2006, S. 14). Nach dem Institut fr Mittelstandsforschung (IfM)
zhlen die Unternehmen zu den KMU, die weniger als 500 Mitarbeiter be-
schftigen und deren Jahresumsatz unter 50 Millionen liegt. Die IfM unter-
scheidet zwischen kleinen und mittleren Unternehmen (vgl. Institut fr Mittel-
standsforschung 2012, S. 174). In dieser Arbeit werden die KMU nach der De-
finition der IfM behandelt.
Nach dem Trendbericht Adult Education Survey 2012 (AES) des Bundesminis-
teriums fr Bildung und Forschung (BMBF) zeigen die Weiterbildungsaktivit-
ten in Deutschland seit 2010 eine wachsende Tendenz. Dieses Ergebnis ist vor
allem der steigenden Beteiligung an betrieblichen und nicht berufsbezogenen
Weiterbildungen zu verdanken. Der Anteil der betrieblichen Weiterbildungen
betrug im Jahr 2012 69% der gesamten Weiterbildungsaktivitten. Die ber-
nahme der Weiterbildungskosten durch die Arbeitgeber ist ebenfalls angestie-
gen (vgl. BMBF 2012, S. 2). Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich ein
steigendes Interesse an Wissensanpassung entwickelt.
Die Teilnahmequote an betrieblicher Weiterbildung steigt mit der Betriebsgr-
e an. In kleinen Betrieben mit bis zu 10 Arbeitnehmern beteiligen sich 36%
der Beschftigten an betrieblicher Weiterbildung. Demgegenber nehmen in
groen Unternehmen, die ber 1000 Mitarbeiter beschftigen 63% der Ange-
stellten an der betrieblichen Weiterbildung teil (vgl. a.a.O., S. 28).
-
22
Nach der Erhebung des Statistischen Bundesamtes wird ersichtlich, dass in
KMU Weiterbildungsangebote am Arbeitsplatz sowie Informationsveranstal-
tungen eine grere Rolle spielen. 79,9% der Unternehmen mit 250 bis 499
Beschftigten boten Weiterbildung am Arbeitsplatz sowie 83,3 % Informati-
onsveranstaltungen an. Bei dieser Weiterbildungsformen lagen Unternehmen
mit mindestens 1000 Mitarbeitern bei 67,1% sowie bei 69,2% (vgl. Statisti-
sches Bundesamt 2013, S. 25). Daraus lsst sich schlieen, dass in kleinen Un-
ternehmen das informelle Lernen in der Arbeit weitgehend verbreitet ist.
19% der gesamten Weiterbildungsaktivitten werden im Themenbereich Ge-
sundheit und Sport absolviert (vgl. BMBF 2012, S. 10f). Veranstaltungen in
der betrieblichen Weiterbildung bieten 49% der Unternehmen im Bereich Ge-
sundheit und Arbeitsschutz an. 94,7% der Unternehmen mit 250 bis 499 Mit-
arbeiter organisieren mindestens einmal im Jahr in diesem Bereich eine Wei-
terbildung (vgl. Statistisches Bundesamt 2013, S. 42, 45).
Durch Sport in der betrieblichen Weiterbildung sollen fr die Teilnehmer
Lernkontexte geschaffen werden, in denen Mglichkeiten zur Erhaltung und
Verbesserung der Beschftigungsfhigkeit sowie zur Persnlichkeitsentfaltung
geboten werden. Sie sollen die Bedeutung ihrer Leistungsfhigkeit erkennen
und verbessern knnen. Zudem soll Sport in der Weiterbildung zur kritischen
Reflexion der gesellschaftlichen Wirklichkeit und zur Wahrnehmung der eige-
nen Stellung in der Gesellschaft anregen (vgl. Schulke 1977, S. 57). Es lsst
sich festhalten, dass mit diesen Intentionen des betrieblichen Sportes die F-
higkeit zur reflexiven Handlungsfhigkeit gefrdert werden kann. Die bewuss-
te Erfahrung der eigenen Belastungsgrenzen sowie das Erkennen der eigenen
Leistungsfhigkeit kann zur einen verbesserten Leistungseinschtzung der
Wissensarbeiter fhren.
Betrieblicher Sport wird meistens mit der Absicht organisiert, die Gesundheit
zu frdern. Das nchste Kapitel erklrt aus diesem Grund was unter Gesundheit
verstanden wird und warum Gesundheitskompetenz wichtig fr die Beschfti-
gungsfhigkeit ist. Anschlieend werden betriebliche Gesundheitsfrderung
und betriebliches Gesundheitsmanagement als Rahmen zur Frderung der Ge-
sundheit skizziert.
-
23
3. Frderung der Gesundheitskompetenz im Rahmen der betrieblichen
Gesundheitsfrderung sowie im betrieblichen Gesundheitsmanage-
ment
Bereits das Modell der Salutogenese von Aaron Antonovsky konzentriert sich
auf die Faktoren, die dazu verhelfen, trotz der alltglichen Stressoren, die auf
die Subjekte einwirken, ihre Gesundheit wieder herzustellen. Der menschliche
Organismus ist demnach als Gesundheit-Krankheits-Kontinuum zu sehen. Ob
sich der Zustand eines Individuums auf dem Gesundheits- oder Krankheitspol
befindet, hngt von der Erklrbarkeit und Sinnhaftigkeit der Reize sowie der
ihm zur Verfgung stehenden Ressourcen ab. Dies wird auch Kohrenzgefhl
oder SOC (sense of coherence) genannt (vgl. Antonovsky & Franke 1997, S.
29 f., S. 36).
In welcher Weise der kompetente Umgang mit den eigenen Ressourcen zur
Gesundheitserhaltung mit der beruflichen Handlungsfhigkeit zusammenhngt,
wird im nchsten Abschnitt erklrt.
3.1. Gesundheitskompetenz als Teil der beruflichen Handlungsfhig-
keit
Wie bereits erlutert, ist die Entwicklung der kompetenzbasierten beruflichen
Handlungsfhigkeit Voraussetzung fr die Employability. Verfgt ein Arbeit-
nehmer ber ausgezeichnete berufliche Kompetenzen, aber sein Verhalten ist
gesundheitsschdigend, gefhrdet er auf Dauer seine Beschftigungsfhigkeit.
Kriegesmann, Kottmann, Masurek und Nowak sehen aus diesem Grund die
Gesundheit als Voraussetzung fr eine nachhaltige Employability (vgl. Krie-
gesmann et al. 2005, S. 26). In dem Modell der Kompetenz zur Gesundheit
stellen die Autoren, in Anlehnung an das Bochumer Modell der Kompetenz
zur Handlung von Staudt (vgl. Staudt 1997, S. 124f.), die fr die Entwicklung
der Gesundheitskompetenz notwendigen Bedingungen vor. Gesundheitskom-
petenz basiert einerseits auf der persnlichen Gesundheitskompetenz, die von
der Handlungsfhigkeit und Handlungsbereitschaft der Akteure abhngt. Hand-
lungsfhigkeit teilt sich in explizites und implizites Wissen, sowie in persnli-
che Fertigkeiten auf. Grundsteine der persnlichen Gesundheitskompetenz sind
dabei die physischen-, psychischen und sozialen Ressourcen der Individuen.
-
24
Andererseits ist die Gesundheitskompetenz in das soziale und berufliche Um-
feld eingebunden und wird von den organisatorischen-, technischen sowie so-
zialen Strukturen beeinflusst. Mit organisatorischer und technischer Kopplung
ist die Einbettung eines Arbeitnehmers in das System seiner Arbeitswelt und
somit die Entfaltungsmglichkeiten seiner Gesundheitskompetenzen gemeint.
Unter sozialer Kopplung wird der Einfluss der sozialen Systeme, in denen die
Subjekte eingebettet sind verstanden (vgl. Kriegesmann et al. S. 27f.). Diesen
Zusammenhang von Komponenten der Gesundheitskompetenz stellt Abbildung
4 schematisch dar.
Abbildung 4: Modell der Kompetenz zur Gesundheit (Quelle: Kriegesmann et al. 2005, S. 27)
Beim Vergleich des Modells der Kompetenz zur Gesundheit mit dem Konzept
der beruflichen Handlungsfhigkeit wird ersichtlich, dass Gesundheitskompe-
tenz Teil der beruflichen Handlungsfhigkeit ist und quer zu den Hauptkompe-
tenzen Fach-, Personal- und Sozialkompetenz liegt. Handlungsfhigkeit und
Handlungsbereitschaft sowie auch individuelle Gesundheitskompetenz sind fr
alle drei Hauptkompetenzdimensionen notwendige Dispositionen. Auch lsst
sich ein Zusammenhang zwischen dem strukturellen Aufbau von Kompetenz
zur Gesundheit und reflexiver Handlungsfhigkeit feststellen. In beiden Fllen
besteht eine Abhngigkeit von subjektiven Dispositionen und strukturellen
Bedingungen, was dafr spricht, dass reflexive Handlungsfhigkeit eine Vo-
-
25
raussetzung fr die Kompetenz zur Gesundheit ist. Die Reflexivitt ist, wie
bereits in Kapitel 2.2 erklrt, grundlegend fr die wissensbasierten Arbeitst-
tigkeiten.
Die Konzentration auf die Erhaltung der Gesundheit durch Frderung der Res-
sourcen hat die Sicht auf die Gesundheit nachhaltig beeinflusst und ist in den
Leitzielen der betrieblichen Gesundheitsfrderung sowie betrieblichem Ge-
sundheitsmanagement wieder zu finden. Im folgenden Unterkapitel werden
diese Ziele und deren gesetzlicher Rahmen dargestellt.
3.2. Betriebliche Gesundheitsfrderung und Betriebliches Gesund-
heitsmanagement
Die Leitziele der Gesundheitsfrderung wurden bereits von der WHO (World
Health Organisation - Weltgesundheitsorganisation) in der Ottawa-Charta im
Jahr 1986 festgehalten. Demnach ist Gesundheit als umfassendes krperliches,
seelisches und soziales Wohlbefinden und als ein wesentlicher Bestandteil des
menschlichen Lebens anzusehen. Durch Gesundheitsfrderung sollen die Men-
schen eine grere Autarkie ber ihre Gesundheit entwickeln. Zudem sollen sie
dazu befhigt werden, die eigene Gesundheit zu strken. Dabei haben individu-
elle, soziale und krperliche Ressourcen gleichwohl eine Bedeutung. Als Vo-
raussetzung fr die Verbesserung von Gesundheit gelten
Frieden, angemessene Wohnbedingungen, Bildung, Ernhrung, Einkommen,
ein stabiles ko-System, eine sorgfltige Verwendung vorhandener Naturres-
sourcen, soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit (WHO 1986, S. 1).
Betriebliche Gesundheitsfrderung (BGF) ist laut Luxemburger Deklaration
eine zeitgeme Organisationsstrategie, die alle Bemhungen seitens der Un-
ternehmen, der Mitarbeiter und der Gesellschaft umfasst und das Wohlbefinden
sowie die Gesundheit in der Arbeit strkt. Dies kann durch bessere Bedingen
und Organisation der Arbeit, durch Frderung des aktiven Engagements sowie
der persnlichen Kompetenzen der Beschftigten erreicht werden. Die Frde-
rung der Gesundheit senkt die Kosten, die durch Fehlzeiten entstehen und stei-
gert die Leistungsfhigkeit. Sie sorgt fr ein besseres Arbeitsklima mit moti-
-
26
vierten Beschftigten und sichert somit die Zukunftsfhigkeit der Unternehmen
(vgl. Europischer Netzwerk fr Betriebliche Gesundheitsfrderung 2007).
Auch in zahlreichen Gesetzen und Verordnungen ist die BGF verankert. Die
Neufassung des Sozialgesetzbuchs (SGB 2000) V nimmt mit dem 1 die
Krankenkassen in Pflicht ihre Versicherten zu beraten, aufzuklren und ihnen
durch Leistungen dazu zu verhelfen einen gesunden Lebensstil zu entwickeln.
Auch in der betrieblichen Gesundheitsfrderung werden Leistungen zur Frde-
rung der gesundheitlichen Ressourcen nach SGB V 20a von den Krankenkas-
sen bernommen (vgl. SGB V o. D., 1, 20a). Nach dem Medizinischen
Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS) werden in
8.155 Betrieben Manahmen zur Gesundheitsfrderung von den Krankenkas-
sen untersttzt. Die Frdermanahmen haben sich im Jahr 2012 im Vergleich
zum Vorjahr um 20% erhht (vgl. MDS 2013, S. 34).
Es existieren weitere gesetzliche Regelungen, wie die nachfolgenden Beispiele,
ohne Anspruch auf Vollstndigkeit zeigen: die EG-Rahmenrichtlinie Arbeits-
schutz, Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII), das Arbeitsschutzgesetz,
das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitssicherheitsgesetz, das Jahressteuergesetz so-
wie die Bildschirmarbeitsverordnung und die Arbeitsstttenverordnung. All
diese Gesetze und Verordnungen stellen einen Rahmen mit Mindestanforde-
rungen, nennen aber keine konkreten Ziele und Qualittskriterien fr eine er-
folgreiche Durchfhrung der gesundheitsfrdernden Manahmen (vgl. Meyer
& Tirpitz 2008, S. 4ff.).
Die Begriffe BGF und betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) werden
nicht trennscharf voneinander unterschieden und in der Praxis oft synonym
verwendet. Im Rahmen der BGF werden einzelne Aktionen in unternehmens-
spezifischem Kontext in den Bereichen der Verhltnis-, Verhaltens- sowie Or-
ganisationsprvention durchgefhrt. BGM wird demgegenber im Sinne eines
Managements systematisch geplant, durchgefhrt und anschlieend evaluiert
(vgl. a.a.O. S. 2).
-
27
BGM ist die Entwicklung integrierter betrieblicher Strukturen und Prozesse
die die gesundheitsfrderliche Gestaltung von Arbeit, Organisation und dem
Verhalten am Arbeitsplatz zum Ziel haben und den Beschftigten wie dem
Unternehmen gleichermaen zugute kommen (Badura, Ritter & Scherf 1999,
S. 17).
Aus dieser Definition geht hervor, dass die Implementierung einer BGM Ma-
nahme Vorteile fr Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit sich bringt.
Ziele der BGM sind die Reduzierung der Fehlzeiten um damit Kosten zu erspa-
ren, zudem geht es darum, die Motivation sowie Kreativitt und Flexibilitt der
Belegschaft zu strken. Des Weiteren gehrt dazu, die Entstehung von chroni-
schen Krankheiten zu vermeiden und nach einer Krankheitsphase die Wieder-
eingliederung zu erleichtern (vgl. Badura et al. 1999, S.34 f.).
Diese Vorteile des BGM wurden bereits in zahlreichen greren Organisatio-
nen erkannt (vgl. Meyer & Tirpitz 2008, S. 19). Meyer und Tirpitz ziehen aus
ihrer Studie zum BGM in kleinen und mittleren Unternehmen die Erkenntnis,
dass in den meisten kleinen und mittelgroen Unternehmen das BGM weniger
umgesetzt wird. Es werden eher einzelne, kosten- und zeitsparende Manah-
men zur Gesundheitsfrderung (wie beispielweise zur Verbesserung der Ar-
beitskonomie oder zur Arbeitssicherheit), in meisten Fllen ohne ganzheitli-
che Konzeption durchgefhrt. Manahmen mit dem Ziel, eine gesundheitsbe-
wusstes Verhaltensweise der Belegschaft nachhaltig zu frdern, werden in den
KMU vernachlssigt (vgl. a.a.O., S. 48). Der Grund dafr ist der Mangel an
zeitlichen, personellen sowie finanziellen Ressourcen. Eine langfristige Pla-
nung und Umsetzung gesundheitsfrderlicher Manahmen kann durch Ausflle
der Mitarbeiter wegen Krankheit oder durch vermehrten Auftragseingang nicht
erfolgreich durchgefhrt werden. Dagegen ist festzuhalten, dass sich gerade in
KMU, die durch kurze Kommunikationswege und flache Hierarchien gekenn-
zeichnet sind, durchdachte Projekte sehr wohl realisieren lassen. Wie und wel-
che Manahmen in KMU durchgesetzt werden, hngt von der Einstellung der
Unternehmensfhrung ab (vgl. Meggeneder 2012, S. 259f.).
Die Aufgaben des BGM sind betriebsintern nicht als separiert anzusehen, diese
berschneiden sich mit anderen Unternehmensbereichen, wie Organisations-
entwicklung, Planung- und Steuerung von Produkten, Qualittsmanagement
-
28
sowie Personalentwicklung. Fr die erfolgreiche Etablierung des BGM mssen
die Schnittstellen sowie Gemeinsamkeiten aktiv herausgefunden und gestaltet
werden (vgl. Ulich & Wlser 2010, S. 230).
Aus diesen Ausfhrungen wird ersichtlich, dass die Frderung der Gesundheit
teilweise im Aufgabenbereich der Organisations- sowie Personalentwicklung
liegt. Diese beiden Bereiche flieen wiederum, wie bereits erwhnt, in die be-
triebliche Bildungsarbeit mit ein. So knnen gesundheitsfrdernde Manahmen
auch als Teil der betrieblichen Weiterbildung angesehen werden. Aus diesen
Schnittstellen zeigt sich, dass die Zusammenarbeit der verschiedenen Organisa-
tionsbereiche von Bedeutung fr die erfolgreiche Unternehmensfhrung ist.
Die Aktivierung der Mitarbeiter zu selbstbestimmtem Gesundheitsverhalten
setzt voraus, dass der eigene Gesundheitszustand wahrgenommen und reflek-
tiert wird. Zudem ist es wichtig, Kenntnisse ber gesundheitsfrderlichen Ver-
haltensweisen zu erlangen, um diese auch in der alltglichen Praxis umsetzen
zu knnen. Warum diese Handlungsweisen durch Gesundheitssport gefrdert
werden knnen, erlutert das nchste Kapitel nher.
4. Gesundheitssport aus theoretischer und praktischer Perspektive
Die positiven Auswirkungen des Sportes auf den menschlichen Organismus
sind bereits in empirischen Studien nachgewiesen. Gesundheitsfrderliche As-
pekte stehen jedoch dann im Vordergrund, wenn dafr Ziele festgelegt werden
und darber hinaus methodische Kenntnisse bei der Durchfhrung vorhanden
sind (vgl. Bs & Brehm 2006, S. 16).
Unter Gesundheitssport werden spezifische krperliche Aktivitten zusam-
mengefasst, die auf gesundheitsfrderliche Resultate ausgerichtet sind. Ge-
sundheitssportliche Angebote werden zudem fr bestimmte Zielgruppen mit
spezifischen Risikofaktoren oder gesundheitlichen Problemen arrangiert (vgl.
a.a.O. S. 18). Gesundheitssport unterscheidet sich von anderen Sportarten
durch die zielgerichtete und von speziellen Voraussetzungen abhngige Durch-
fhrung (vgl. Bs & Brehm 1999, S. 9).
Wie bereits im vorherigen Abschnitt beschrieben, betont die Ottawa-Charta,
dass die Gesundheit eine Einheit aus krperlichem, seelischem sowie sozialem
-
29
Wohlbefinden ist (vgl. WHO 1986, S. 1). Sportliche Aktivitten gehren zu
den zentralen Fundamenten der Frderung von Gesundheit (vgl. Bs & Brehm
1999, S. 9). Im Sinne der Ottawa-Charta und in Anlehnung an die Sicht der
Organisation New Public Health1 umfassen die Ziele des Gesundheitssportes
drei Bereiche: Gesundheitswirkungen, Verhaltenswirkungen sowie Verhlt-
niswirkungen (vgl. a.a.O., S. 11):
Gesundheitswirkungen zielen auf die Strkung der psychischen und
psychosozialen Ressourcen, auf die Minderung der Risikofaktoren so-
wie auf die Bewltigung der Missbefinden und Beschwerden ab.
Verhaltenswirkungen sollen die subjektive Bindung der Akteure an
sportliche Aktivitten, als eine der mglichen gesundheitsfrderlichen
Manahmen, aufbauen.
Unter Verhltniswirkungen wird die Zugangsmglichkeit fr breite Be-
vlkerungsschichten zu ffentlichen, institutionalisierten Programmen
verstanden (vgl. ebd.).
Diese drei Bereiche wurden als qualitative Kriterien vom Deutschen Olympi-
schen Sportbund (DOSB) in den Kernzielen der Gesundheitsprogramme im
Sportverein aufgenommen und differenziert formuliert (vgl. Bs & Brehm
1999, 2006; Brklein 2007; DOSB o.D.). Die Kernziele eins bis vier sind in
der Dimension der Salutogenese sowie der Gesundheitsprvention anzusiedeln.
Das Kernziel fnf ist dem Verhaltens- sowie vier dem Verhltnisbereich anzu-
ordnen (vgl. Bs & Brehm 2006, S. 21):
1. Strkung physischer Gesundheitsressourcen
Durch die Muskelaktivierung des Organismus werden Anpassungspro-
zesse ausgelst, die das Herz-Kreislaufsystem, den Bewegungsapparat,
das Nervensystem, die inneren Organe sowie alle physischen Funkti-
onskomponenten widerstandfhig und gesund halten. Diese muskulre
Aktivierung soll aus den Perspektiven der Ausdauer, Kraft-, Dehn-,
Koordinations- und Entspannungsfhigkeit erfolgen (vgl. a.a.O. S. 22).
1 New Public Health1 fhrt Gesundheit und Krankheit auf die Balance von gesundheitlichen Ressourcen
und Belastungen zurck. Sie beachtet strker die gesellschaftlichen Einflussfaktoren und sozialen Un-
gleichheiten im Kontext der gesamten Bevlkerung, weil diese auf die Gesundheitschancen der einzelnen
auswirken. Darber hinaus stellt New Public Health die Primrprvention in den Mittelpunkt (vgl. Ro-
senbrock 2001, S. 753).
-
30
2. Verminderung von Risikofaktoren
Bei krperlicher Inaktivitt wird der gesamte Organismus unterfordert.
Damit werden negative Anpassungsprozesse und die Degeneration der
Muskulatur sowie anderer Krperfunktionen und Organe ausgelst.
Bewegungsmangel wird so zum Risikofaktor, kann zu bergewicht
fhren und kann weitere Risiken, wie erhhten Blutdruck und erhhte
Blutzuckerwerte sowie Fettstoffwechselstrungen nach sich ziehen. Die
Strkung der physischen Gesundheitsressourcen kann diese Risikofak-
toren verringern (vgl. a.a.O. S. 23 f.).
3. Strkung psychosozialer Gesundheitsressourcen
Durch den Aufbau im Bereich der emotionalen, kognitiven und sozialen
Gesundheitsressourcen wird eine bessere Lebensqualitt erreicht. Die
Krperwahrnehmung und Stimmung verbessert sich und trgt zum stei-
gernden Wohlbefinden bei. Darber hinaus frdert, das in den Gesund-
heitssportkursen vermittelte Wissen die Gesundheitskompetenz und
hilft bei der Vorbeugung und Minderung von Beschwerden. In den
Gruppen stellen die Teilnehmer zudem neue soziale Verbindungen her
und erhalten soziale Untersttzung (vgl. a.a.O. S. 24 ff.).
4. Bewltigung von Beschwerden und Missbefinden
Die Teilnehmer werden zum aktiven Handeln befhigt, Strategien und
Lsungen bei gesundheitlichen Problemen eigenverantwortlich heraus-
zufinden. Dies gilt nicht nur fr die Bewltigung von physischen Be-
schwerden, sondern vielmehr auch fr die Verbesserung der Grund-
stimmung und des subjektiven Wohlbefindens (vgl. a.a.O. S. 26).
5. Bindung an gesundheitssportliches Verhalten
Fr die erfolgreiche Gesundheitsfrderung ist die dauerhafte, langfristi-
ge Teilnahme an gesundheitssportlichen Aktivitten erforderlich. Um
einen gesunden Fitness-Status aufrecht zu erhalten, mssen die sportli-
chen Aktivitten in den Alltag inkludiert und ein Teil des Lebensstils
werden (vgl. a.a.O. S. 27).
6. Verbesserung der Bewegungsverhltnisse
Dieses Kernziel ist auf die vorherigen Ziele bezogen und meint damit
optimale Voraussetzungen fr den Gesundheitssport zu schaffen. Dazu
gehren qualifizierte bungsleiter, adquate Rumlichkeiten, das Her-
-
31
anfhren an Angebote durch rzte und Krankenkassen sowie nach ei-
nem Einstiegskurs die Mglichkeit, Dauerangebote bei der gleichen In-
stitution zu besuchen (vgl. a.a.O. S. 28).
Die Abbildung 5 stellt zusammenfassend die Hauptwirkungsbereiche und
Kernziele des Gesundheitssportes dar. Es wird ersichtlich, dass die verschiede-
nen Kernziele eng miteinander verwoben sind und nicht separiert ausgefhrt
werden knnen. Vielmehr sind sie als eine Gesamtheit von gesundheitsfrder-
lichen Zielen anzusehen.
Abbildung 5: Kernziele sowie theoretische und praktische Inhalte des Gesundheitssports (Quelle: Brklein 2007, S. 16)
-
32
Vom Deutschen Sportbund2 (DSB) als Dachverband des deutschen Sports und
der Bundesrztekammer wurde ein bundesweites Qualittssiegel unter dem
Namen Sport Pro Gesundheit entwickelt. Diese Qualittsmerkmale stellen
einen Rahmen fr die Entwicklung, Sicherung sowie Weiterentwicklung von
Bewegungsangeboten auf. Folgende sechs Qualittskriterien wurden unter der
Leitlinie der Kernziele von Gesundheitssport fr das Qualittssiegel Sport pro
Gesundheit festgeschrieben (vgl. DOSB 2010, S. 24; Lang 2007, S. 170 ff.):
1. Zielgruppengerechtes Angebot: Standarisierte Programme werden fr
definierte Prventionsbereiche und Zielgruppen unter Umsetzung der
Kernziele organisiert.
2. Qualifizierte Leitung: Die Voraussetzung fr die Durchfhrung der An-
gebote ist eine bungsleiterausbildung Sport in der Prvention mit
einer gltigen Lizenz.
3. Einheitliche Organisationsstruktur: Die hchste Zahl der Teilnehmer,
Dauer und Inhalt der bungseinheiten sind einheitlich organisiert.
4. Prventiver Gesundheits-Check: Vor der Aufnahme des Gesundheits-
programmes ist ein Vorsorgefragebogen auszufllen.
5. Begleitendes Qualittsmanagement: Die bungsleiter bernehmen fr
die Sicherung der Qualitt des Bewegungsangebotes Aufgaben, wie
Teilnehmer Befragung, begleitende Untersuchungen sowie Qualitts-
zirkel.
6. Aktiver Gesundheitspartner Sportverein: Die Sportvereine arbeiten eng
mit rzten, Kindergrten, Schulen, Senioreneinrichtungen zusammen,
um somit ein Teil des Netzwerkes im Bereich der Gesundheitsfrde-
rung zu werden.
Aus den Kernzielen des Gesundheitssportes geht hervor, dass dadurch die
Kompetenz zur Gesundheit sowie die Sozialkompetenz weitgehend gefrdert
werden kann. Zudem wird die Qualitt der Angebote durch festgehaltene Krite-
rien gesichert.
Um die Erkenntnisse der theoretischen Darstellungen praxisnah verdeutlichen
zu knnen, wurden Interviews mit Personalverantwortlichen gefhrt. Damit die
2 Die DSB ist der Vorluferorganisation der DOSB (vgl. DOSB 2010, S. 8). Die DOSB wurde am 20.05.2006 aus der
Fusion von DSB und Nationale Olympische Komitee fr Deutschland gegrndet (vgl. DOSB 2011).
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33
Nachvollziehbarkeit der Untersuchung gesichert ist, wird zunchst das metho-
dische Vorgehen erklrt.
5. Methodologie und methodisches Vorgehen
Nach den theoretischen Vorannahmen soll der Zusammenhang zwischen Ge-
sundheitssport und beruflicher Handlungsfhigkeit mittels Befragungen von
Experten aus der Personalentwicklungsebene exemplarisch untersucht werden.
Die Befragung konzentrierte sich auf wissensintensive Unternehmen, in denen
bereits betrieblicher Sport angeboten wird. Der Zugang zu adquaten Inter-
viewpartnern aus der KMU, die dieser Voraussetzung entsprechen, gestaltete
sich schwierig. Aus diesem Grund und weil damit auch ein Vergleich mglich
geworden ist, wurde ein greres Unternehmen in die Auswahl aufgenommen.
So konnten insgesamt drei Interviews gefhrt werden. Die folgende Tabelle 1
bietet eine bersicht der befragten Unternehmen:
Tabelle 1: bersicht der Interviews (eigene Darstellung)
Interview 1 Interview 2 Interview 3
Betriebsgre
nach Mitarbeiter-
zahl
1600 30 9
Betriebsart Dienstleistungs-
unternehmen
Inkassounternehmen Werbeagentur
Methodisch wurde dabei nach den Kriterien der qualitativen Sozialforschung
vorgegangen. Diese sind: die Prinzipien der Offenheit, kommunikative Erhe-
bung sowie Deutung von Situationen in sozialem Feld unter kontrollierter Sub-
jektivitt (vgl. Kromrey 1991, S. 30). Der Gegenstand von qualitativer Sozial-
forschung wird ganzheitlich und kontextbezogen untersucht. Zusammenhnge
und verschiedene Perspektiven werden dabei beschrieben und erlutert. Die
Reflexion des Forschers sowie die Kommunikation zwischen ihm und den Be-
teiligten wird ein Teil der Erkenntnis (vgl. Flick 2010, S. 26 ff.).
Als adquate Erhebungsmethode wurde das Experteninterview eruiert. Diese
Interviewform lsst soziale Sachverhalte durch Befragung von Experten rekon-
struieren, die spezielles Wissen ber einen bestimmten Sachverhalt erworben
haben (vgl. Glser & Lauder 2010, S. 13). Dazu ist es notwendig, Informatio-
nen ber den interessierenden Sachverhalt zu sammeln, um diesen anhand der
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Daten verstehen und erlutern zu knnen (vgl. a.a.O. S. 37). Aus diesem Grund
sollten Personalverantwortliche aus wissensintensiven Unternehmen, welche
bereits ber Erfahrungen im Gesundheitssport im betrieblichen Kontext verfg-
ten, interviewt werden. Zunchst wurden die Informationen, welche ber den
relevanten Sachverhalt gesammelt werden sollten, operationalisiert. Fr die
Sicherung des Erkenntnisinteresses ist dieser Schritt besonders wichtig (vgl.
a.a.O., S. 112). Anhand der operationalisierten Erkenntnisziele wurden die
Fragen fr die Interviews formuliert.
Technisch wurden die Interviews mit Hilfe eines nicht standardisierten Leitfa-
dens realisiert. Ein Leitfaden gibt offene Fragen wie eine Richtschnur vor,
doch die Formulierung der Fragen sowie deren Reihenfolge bleibt dem Inter-
viewer frei gestellt. Zudem ist es mglich situationsbedingt spontane ad hoc
Fragen zu stellen (vgl. Glser & Lauder 2010, S. 41.). Die Autorin bereitete
theoriegeleitet einen Fragenkatalog vor, der vom Interviewten beantwortet
werden sollte (Leitfaden siehe Anlage I). Die Fragen wurden in Haupt und Un-
terkategorien aufgeteilt. Die Unterfragen sollten dann gestellt werden, wenn
der Interviewte nicht auf alle Aspekte einer Hauptfrage eingegangen ist. Zu-
dem wurden Ankerbeispiele, fr den Fall einer Rckfrage seitens der Befragten
notiert.
Die Interviews wurden persnlich in face to face Kommunikation in den
jeweiligen Unternehmen gefhrt und mit Hilfe eines digitalen Diktiergertes
aufgezeichnet. Die aufgezeichneten Informationen wurden zunchst mit Hilfe
der f4 Software transkribiert.3 Unter Transkription wird die Verschriftlichung
verbaler Daten, wie beispielsweise Aufzeichnungen von Interviews, verstan-
den. Um eine bessere Lesbarkeit zu gewhrleisten, wurden die Interviews nach
den von Dresing und Pehl empfohlenen, einfachen Transkriptionsregeln
transkribiert (vgl. Dresing & Pehl 2013, S. 17). Die Transkriptionsregeln sowie
die vollstndigen Transkriptionen siehe Anlage II-V.
Die Auswertung der transkribierten Interviews erfolgte mit der qualitativen
Inhaltsanalyse (vgl. Glser & Lauder 2010; Mayring 2002, 2010). Diese Aus-
wertungsmethode wurde wegen der Mglichkeit gewhlt, die Daten theoriege-
3 Transkribieren stammt aus dem Lateinischen, das Verb trans-cribo bedeutet ber- umschreiben (vgl. Stowasser,
Loek, Petschenig & Skutsch 2006, S. 520).
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leitet auszuwerten. Im Rahmen der qualitativen Inhaltsanalyse werden zunchst
die bereits vorhandenen Erfahrungen in Form von Theorien ber den zu unter-
suchenden Gegenstand dargelegt. Anknpfend an die theoretischen Darlegun-
gen kann ein Erkenntnisfortschritt gewonnen werden (vgl. Mayring 2010, S.
58). Diese Interpretationsform analysiert systematisch, regel- und theoriegelei-
tet die protokollierte Kommunikation. Ziel ist es dabei Rckschlsse auf be-
stimmte Aspekte der Kommunikation zu bekommen (Mayring 2010, S. 13).
Fr die Sicherung der Nachvollziehbarkeit und der intersubjektiven berprf-
barkeit werden die Analyseschritte vorher festgelegt (vgl. a.a.O., S. 59). Eine
besondere Strke liegt dabei in der schrittweisen und methodisch kontrollierten
Analyse der Texte. Das gesamte Material wird in Abschnitte aufgegliedert und
aufeinander folgend bearbeitet (vgl. Mayring 2002, S. 114) sowie den vorher
festgelegten Kategorien zugeordnet, die aus den theoretischen Vorberlegun-
gen abgeleitet wurden (vgl. Mayring 2000, Abs. 13). Die Vorabkategorien
ergaben sich in der vorliegenden Befragung aus dem Leitfaden selbst, da des-
sen Fragen theoriegleitet formuliert worden waren. Einige Beispiele fr die
vorher festgelegten Kategorien sind: Unternehmensgre, Arbeitsbelastungen,
BGM sowie Bewegungsangebote. Die Auswertungstabellen der Interviews,
anhand deren die Kategorien nachvollzogen werden knnen, finden sich im
Anlage VI-VIII.
Im Verlauf der Analyse knnen Informationen im Material zum Vorschein
kommen, die nicht in den vorher festgelegten Kategorien passen. Um diese
Informationen trotzdem in der Analyse aufnehmen zu knnen, empfiehlt es
sich nach Glser und Lauder (2010), mit einem offenen Kategoriesystem zu
arbeiten, das sich whrend der Analyse erweitern lsst. Tauchen relevante Da-
ten auf, die nicht in das vorher festgesetzte Kategorieraster eingeordnet werden
knnen, werden neue Kategorien oder Unterkategorien aufgenommen (vgl.
Glser & Lauder 2010, S. 201). Dieser Empfehlung wurde in der vorliegenden
Analyse gefolgt. Verschiedene neue Kategorien oder Unterkategorien, wie bei-
spielsweise Ernhrung, Termindruck wurden bei allen Fllen zustzlich gene-
riert. Diese Vorgehensweise, die Kategorien einerseits theoriebasiert, anderer-
seits offen aus dem vorliegenden Material zu entwickeln, ermglicht die bereits
vorhandenen theoretisch basierten Erfahrungen zu nutzen und gleichzeitig dem
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Prinzip der Offenheit von qualitativer Forschung gerecht zu werden (vgl. a.a.O.
S. 204 f.).
Whrend der qualitativen Inhaltsanalyse mssen zuerst das Material fixiert
sowie die Analyseeinheiten bestimmt werden (vgl. a.a.O. S. 209). In dem vor-
liegenden Fall entsprechen die drei transkribierten Interviews dem zu analysie-
renden Material. Als Analyseeinheiten werden die sinngemen Abstze des
Interviews festgelegt.
Die Basis der qualitativen Inhaltsanalyse ist die Extraktion4. Die Informationen
aus dem ursprnglichen Text werden systematisch auf das Untersuchungsrele-
vante reduziert und strukturiert, so dass die Forschungsfrage am Ende der Ana-
lyse beantwortet werden kann. Die auf den theoretischen Vorannahmen basie-
renden Kategorien bilden ein Suchraster, dem die Informationen zugeordnet
werden. Dieses Suchraster ist flexibel und kann, wie schon erwhnt, whrend
der Analyse verndert werden. Auch neue Merkmalausprgungen der Katego-
rien werden whrend der Analyse in das Raster aufgenommen (vgl. Glser &
Lauder 2010, S. 200ff.). Die einzelnen Schritte, Entscheidungen sowie die Er-
gebnisse der Analyse mssen dokumentiert und begrndet werden, so dass
diese nachvollzogen werden knnen (vgl. a.a.O. S. 206). Das extrahierte Mate-
rial wird sortiert, Informationen mit gleicher Bedeutung zusammengefasst,
Zusammenhnge dargestellt. Zuletzt knnen die Flle analysiert und bergrei-
fend verglichen werden. So knnen Gemeinsamkeiten, Abweichungen sowie
Zusammenhnge dargestellt werden (vgl. a.a.O. S. 203). In den vorliegenden
Fllen wurden die vorher festgelegten Kategorien am Seitenrand der ausge-
druckten Transkriptionen zugeordnet sowie die zugehrigen Textstellen mar-
kiert. Dabei konnten auch neue Kategorien entdeckt und dokumentiert werden.
Nach der Zuordnung von Kategorien wurden diese in Extraktionstabellen ein-
getragen. Zu den Kategorien wurden demnach die adquaten Extraktionen (In-
halte), deren eventuelle Ursachen und Wirkungen sowie die Zeilennummern
der jeweiligen Transkription zugewiesen.
Nachdem das methodische Vorgehen erlutert worden ist, beschftigt sich das
nchste Kapitel mit der Auswertung der Interviews.
4 Extraktion stammt aus dem Lateinischen, das Verb ex-traho heit herausziehen, herausheben (vgl. Stowasser et al.
2006, S. 198).
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6. Beschreibung der Ergebnisse
In diesem Abschnitt werden die Interviews nacheinander einzeln beschrieben
und analysiert. Nach jeder Analyse folgt eine tabellarische bersicht, die die
zentralen Ergebnisse der einzelnen Flle hervorhebt. So konnten schlielich
Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausgearbeitet und die Flle miteinander
verglichen werden. Die Reihenfolge der Beschreibungen erfolgt nach abneh-
mender Betriebsgre.
6.1. Interview im Dienstleistungsunternehmen
Das erste Interview wurde mit einem Personalverantwortlichen (IP 1) aus der
Pflegedienstleistungsbranche gefhrt. Das Unternehmen beschftigt insgesamt
1600 Mitarbeiter. Die meisten Beschftigten sind in der Pflege, Betreuung und
Beratung ttig sowie ein kleinerer Teil in der Verwaltung. Es wird seit sechs
Jahren betriebliche Gesundheitsfrderung durchgefhrt, in deren Rahmen auch
betrieblich organisierter Sport angeboten wird. Zudem wird zurzeit das Be-
triebliche Gesundheitsmanagement auf- und ausgebaut. Zu den vielfltigen
Manahmen gehren Walking-Kurse, Wassergymnastik und Kurse zur gesun-
den Ernhrung sowie verschiedene Angebote in rtlichen Gesundheitszentren.
Dieser Fall ist wegen der zwei voneinander abgrenzbaren Beschftigungsfor-
men innerhalb des Unternehmens besonders interessant. Die pflegerisch-
betreuerischen Ttigkeiten beinhalten einerseits krperliche Arbeit, weisen
jedoch wissensintensive Teilbereiche auf. Die Mitarbeiter in der Verwaltung
arbeiten dagegen ausschlielich wissensintensiv. Diese diversen Ttigkeiten
sind mit verschieden Arbeitsbedingungen und Belastungen verbunden. In der
Pflege und Betreuung arbeiten die Mitarbeiter im Schichtdienst, zudem ist die-
se Ttigkeit psychisch und auch krperlich belastend und dadurch ist [] der
Rcken oft ein Problem (Anlage III, Z. 34-35). Die Verwaltungsmitarbeiter
haben geregelte Arbeitszeiten und verrichten ihre Aufgaben sitzend im Bro.
Neben psychischen Belastungen resultieren hierbei Probleme aus Bewegungs-
mangel. Die diversen Arbeitszeiten haben einen groen Einfluss auf den Be-
darf und die sinnvolle Organisation von Manahmen, die im Rahmen des be-
trieblichen Gesundheitsmanagements angeboten werden. Die Mitarbeiter kla-
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gen ber Zeitmangel und zudem erschwert der Schichtdienst die regelmige
Teilnahme an den Kursen.
Mitarbeiter in der Verwaltung haben einen geregelten Tagesablauf [] sie
nehmen hauptschlich an den Walking-Kursen [] und an den Wassergym-
nastik teil. In die Gesundheitszentren gehen die Mitarbeiter, die in Schicht ar-
beiten, weil die sich die Zeit aussuchen knnen (Anlage III, Z. 106-109).
Die Bewegungskurse finden regelmig einmal in der Woche statt und werden
von geschultem Personal, wie lizenzierte bungsleiter, Heilpdagogen oder
Physiotherapeuten durchgefhrt. Eine weitere Besonderheit in diesem Fall ist,
dass die IP 1 nicht nur in der Personalabteilung arbeitet, sondern auch selber
bungsleiterin ist. So leitet sie persnlich die Walking- und Wassergymnastik
Kurse. Die Mitarbeiter nehmen aus allen betrieblichen Bereichen an den Kur-
sen teil, unabhngig von ihrer jeweiligen Qualifikation. Zudem werden die
Mitarbeiter in der Verwaltung mit verschiedenen Aktionen, wie die Treppe
nehmen statt den Aufzug oder aktive Pause zur Bewegung animiert.
Finanziert werden die Angebote ber Frdermittel fr betriebliches Gesund-
heitsmanagement, die knapp ausfallen. Trotzdem besteht die Hoffnung, dass
diese weiter ausgebaut werden knnen. Von den Teilnahmemglichkeiten an
den Sportkursen wurden die Mitarbeiter ber ein Rundschreiben informiert, das
der Gehaltsabrechnung beilag.
In der Pflege findet durch die kontinuierlichen Vernderungen der Pflegever-
ordnungen regelmig betriebliche Weiterbildung statt. Diese wird in Form
von Schulungen oder Lehrgngen organisiert. Im Verwaltungsbereich werden
zwar Schulungen angeboten, diese finden aber selten statt. Hier wird sehr viel
Eigeninitiative und Selbstarrangement von den Mitarbeitern erwartet.
Die krankheitsbedingten Fehlzeiten fallen im Unternehmen unterschiedlich
aus. In der Pflege wird eine hhere Quote festgestellt. Ob sich durch den be-
trieblich organisierten Sport die Fehlzeiten verndert haben, wurde bisher noch
nicht ausgewertet. Die Mitarbeiter fhlen sich einfach besser und [] knnen
ihren Alltag besser ableisten. Also sie sind einfach fitter (Anlage III, Z. 181-
182).
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Der regelmige, gemeinsame Sport wirkt sich positiv auf die betriebliche
Kommunikation und die sozialen Kompetenzen aus. Durch die Kontakte die
dadurch entstehen bauen sich vorher bestehende Hemmschwellen ab:
Ich kann nur aus Erfahrung sagen, dass Mitarbeiter sich aus der Pflege des
fteren, wenn irgendwas nicht klar war an die Verwaltungsmitarbeiter wen-
den, seitdem sie wissen, den Kontakt zu Verwaltungsmitarbeiter regelmig
haben. Die Hemmschwelle ist einfach bisschen weg. Das ist auch gut so (An-
lage III, Z. 275-279).
Insgesamt stellt die IP 1 eine durchaus positive Auswirkung des betrieblichen
Sportes fest und hofft, dass dieser in Zukunft weiter ausgebaut werden kann, so
dass immer mehr Mitarbeiter die Gelegenheit haben, daran teilnehmen zu kn-
nen.
Also, Mitarbeiter, die regelmig an Kursen teilnehmen, sagen mir schon,
dass es auch ihr Selbstbewusstsein gestrkt hat. Weil sie fhlen sich besser, sie
sind einfach aufmerksamer. Ja, Sport ist einfach, man wird konzentrierter. Es
fllt den, manche Sachen fallen den wesentlich leichter und ja, ihr Wohlbefin-
den ist einfach besser (Anlage x, Z. 325-328).
Tabelle 2: Zusammenfassung der Ergebnisse im Dienstleistungsunternehmen (eigene Darstellung)
Dienstleistungsunternehmen
Beschftigungsfor-
men
Pflege Verwaltung
Unterschiede Teils wissensintensi-ve Ttigkeiten
Schichtdienst brauchen wechselnde
Mglichkeiten fr ei-
ne Teilnahme an
Sport
Ausschlielich wissens-intensive Ttigkeiten
Geregelte Arbeitszeiten knnen regelmig an Kursen teilnehmen
Betriebliches Lernen Regelmige Schu-lungen
Werden seltener ge-schult, selbstgesteuertes
Lernen in der Arbeit
Arbeitsbelastungen berlastung des R-ckens in der Pflege
Psychische Belastun-gen
Bewegungsmangel
Stress
Betrieblicher Sport
im Rahmen des BGM Sport wird auerhalb der Arbeitszeit und
Auerhalb des Unternehmens angeboten
Wirkungen durch
betrieblichen Sport Wohlfhlen
Strkung des Selbstbewusstseins
Besserung der Konzentration
Sozialkompetenz wird gefrdert
Durch regelmige Kontakte bauen sich Hemmschwellen ab, die Kommunikation wird verbessert
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In der Tabelle 2 wurden die zentralen Ergebnisse ber das erste Interview zu-
sammengefasst. Nachfolgend wird das Interview im zweitgrten Unterneh-
men Dargestellt.
6.2. Interview im Inkassounternehmen
Das zweite Interview wurde in einem Inkassounternehmen gefhrt. Der Inter-
viewpartner (IP 2) ist fr den Kundenberatung sowie Vertrieb verantwortlich
und darber hinaus ist er Mitglied der Geschftsleitung. Beschftigt werden in
diesem Unternehmen dreiig Mitarbeiter, vorwiegend in kaufmnnischen Be-
rufen, wobei der Nachwuchs vom Betrieb selber ausbildet wird. In diesem Un-
ternehmen, das strukturell in Innen- und Auendienst gegliedert ist, wird aus-
schlielich wissensintensive Arbeit verrichtet. Die Arbeitsbelastungen ergeben
sich aus dem langen Sitzen vor dem Computer, was Haltungsschden verur-
sacht. Zudem haben die Mitarbeiter im Auendienst einen hohen Termindruck
und Terminstress: Wir sind also Terminjger (Anlage IV, Z. 46-47). Im In-
nendienst entsteht Druck aus der Abarbeitung der Arbeitsmengen.
Betriebliche Gesundheitsfrderung wird ber die Arbeitsplatzverordnungen der
Berufsgenossenschaft organisiert. Seit einem Vierteljahr wird gezielt Gymnas-
tik durchgefhrt und damit gerade so der Bereich aufgebaut, der eher vernach-
lssigt wird, gerade wenn ich viel sitze (Anlage IV, Z. 71-72). Der Gymnas-
tik-Kurs wird regelmig einmal in der Woche whrend der Arbeitszeit direkt
am Arbeitsplatz angeboten. Dafr bietet sich das gerumige Foyer des Unter-
nehmens an. Ein qualifizierter Sportlehrer kommt direkt ins Bro und fhrt die
Bewegungsmanahme mit den Mitarbeitern durch. Zudem geht er auf indivi-
duelle Probleme ein. Die Beschftigten nehmen aus allen Bereichen, abtei-
lungs- qualifikations- und altersunabhngig, an der Gymnastik teil. Die Kosten
fr diese Manahme werden vom Arbeitgeber bernommen. Zustzlich wird
die Mitgliedschaft in dem Fitnessstudio subventioniert, das auch fr die Gym-
nastik verantwortlich ist. IP 2 nimmt an der Manahme im Bro zwar nicht
teil, jedoch besucht er regelmig das Fitnessstudio. Die Mitarbeiter wurden
per Email ber das geplante Bewegungsangebot informiert und darber hinaus
in persnlichen Gesprchen beraten.
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41
Da die Arbeitspltze der dreiig Mitarbeiter verstreut ber das Gebude liegen,
ist die betriebliche Kommunikation nicht optimal.
[] weil wir auch von unseren Strukturen her so sehr abteilungsbezogen
sind, ne? Also wir haben da schon so ein Kastendenken irgendwo [] (Anla-
ge IV, Z. 293-295).
Das wchentliche Treffen ist immer ein Highlight wodurch die Beschftigten
sich besser kennenlernen. Es entstehen da Effekte, die positive Auswirkungen
haben knnen (Anlage IV, Z. 291-292). Diese manifestieren sich in offenerer
und freierer Kommunikation. Zudem resultiert aus diesen Effekten eine hhere
Mitarbeitermotivation, die im Interesse des Unternehmens steht. Da die Ma-
nahme mit niedrigen Kosten verbunden ist, wird durch den betrieblichen Sport
mit wenig Aufwand ein positiver Anreiz gesetzt und fr ein besseres Betriebs-
klima gesorgt. Human Ressource ist ein ganz entscheidender Faktor:
Das muss man wissen, wie hoch die Fluktuation in den Unternehmen ist. Die
ist bei uns nicht besonders hoch. Das heit also ganz einfach, wir bauen quali-
fizierte Mitarbeiter auf und die wollen wir auch langjhrig an uns binden
(Anlage IV, Z. 443-446).
Im Auendienst (Vertrieb) fallen die krankheitsbedingten Fehlzeiten hher aus.
Ob diese durch den betrieblichen Sport gesunken sind, kann noch nicht festge-
stellt werden. Es wird eine positive Auswirkung auf den Zustand des Skelett-
apparates erwartet. Darber hinaus spricht IP 2 einen weiteren Aspekt des be-
trieblichen Sportes an, als mgliche Rehabilitationsmanahme nach einem Un-
fall oder nach einer lngeren Erkrankung.
IP 2 ist der Ansicht, dass sich eine gesunde Lebensweise als Unternehmensphi-
losophie, gravierend auf den bewussten Umgang mit dem eigenen Krper aus-
wirken kann. Neben dem Sport ist auch wesentlich auf die gesunde Ernhrung
zu achten. Das Fhrungsverhalten und Engagement ist dabei ein entscheiden-
der Faktor fr die Mitarbeitermotivation.
Fortlaufende nderungen und Erneuerungen gehren zum normalen Ar-
beitsalltag in der Inkassobranche. Die Mitarbeiter lernen whrend der Arbeit
intern am Arbeitsplatz. Bei speziellen Themen besuchen sie externe Lehrgn-
ge.
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Schlielich betont IP 2, dass die Fragestellungen der Untersuchung fr ihn sel-
ber sehr interessant s