Zur Beurteilung von Schwingungsgemischen, die über die Sitzfläche auf den Menschen einwirken

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Europ. J. appl. Physiol. 33, 151--i70 (1974) by Springer-Verlag 1974 Zur Beurteilung von Schwingungsgemischen, die fiber die Sitzfl/iche auf den Menschen einwirken Wolfgang Lange ~ax-Planck-Institut fiir Systemphysiologie, Dortmund Received December 14, 1973 Subjective l~esponse to Combined Vibrations, Acting on Man vi~ the Seat Abstract. Subjects were exposed to vibrations, which were compounded of some few harmonics. They had to compare the combination of harmonics with a sinusodial reference vibration of 5 Hz. The amplitude of this reference frequency was varied so often, till the test person felt an equal stress by the combined vibration and the sinnsodial one. By this procedure we found amplitudes of the reference vibration, by which the response of combined vibrations was described numerically. Thus, the influence of harmonics in vibrations to subjective response could be ascertained quantitatively. The tests were carried out with vibrations, which included first harmonies between 2 tlz and 8 Hz. If there were discrete frequencies in the spectrum, which belonged to the main resonance frequency range of man (about 5 Hz), this compo- nents were nearly alone important for the subjective response. If the fundamental frequency was below 5 Hz, the second and third harmonics had an essential influence to the subjective response whilst higher harmonics as the second one were of no importance, when the first harmonic was between 5 Hz and 8 ttz. Comparisons of our results with those of other authors, which proposed valua- tions for compound frequencies, did only agree in part. Key words: Human Response to Vibrations -- Subjective Response -- Influence of I-Iarmonics. Zusammen/assung. Versuehspersonen wurden mit Schwingungsgemischen, die aus wenigen Harmonischen zusammengesetzt waren, belastet. Durch subjektiven Vergleich eines Gemisches mit einer Referenzschwingung yon konstanter Frequenz konnte jeweils deren Amplitude ermittelt werden, bei der Gemisch und Referenz- sehwingung (5 Hz) gleich stark belastend empfunden wurden. Die Besehleunigungs- amplitude der 5 Hz-Schwingung ist als :Beurteilungsmal~stab fiir Schwingungs- gemische eingeffihrt worden. Uber ihn konnte der EinfluB einzelner Harmoniseher in Schwingungsgemischen auf die Wahrnehmungssti@ke festgestellt werden. Es wurden Versuche mit Grundffequenzen zwisehen 2 Hz nnd 8 Hz durch- geffihrt. Traten in den Gemisehen Frequenzen auf, die im Hauptresonanzbereich des Menschen liegen (um 5 Hz), dann waren diese nahezu aussehliel31ieh mal3gebend fiir die Beurteilung. Bei Grundfrequenzen unter 5 Hz waren die zweite und dritte ~armonische yon wesentlichem Einflul3, wiihrend bei Grundfrequenzen zwischen

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Europ. J . appl. Physiol. 33, 151-- i70 (1974)

�9 by Springer-Verlag 1974

Zur Beurteilung von Schwingungsgemischen, die fiber die Sitzfl/iche auf den Menschen einwirken

W o l f g a n g L a n g e

~ax-Planck-Inst i tut fiir Systemphysiologie, Dortmund

Received December 14, 1973

S u b j e c t i v e l~esponse to C o m b i n e d Vibra t ions ,

A c t i n g on M a n vi~ t h e S e a t

Abstract. Subjects were exposed to vibrations, which were compounded of some few harmonics. They had to compare the combination of harmonics with a sinusodial reference vibration of 5 Hz. The amplitude of this reference frequency was varied so often, till the test person felt an equal stress by the combined vibration and the sinnsodial one. By this procedure we found amplitudes of the reference vibration, by which the response of combined vibrations was described numerically. Thus, the influence of harmonics in vibrations to subjective response could be ascertained quantitatively.

The tests were carried out with vibrations, which included first harmonies between 2 t lz and 8 Hz. I f there were discrete frequencies in the spectrum, which belonged to the main resonance frequency range of man (about 5 Hz), this compo- nents were nearly alone important for the subjective response. I f the fundamental frequency was below 5 Hz, the second and third harmonics had an essential influence to the subjective response whilst higher harmonics as the second one were of no importance, when the first harmonic was between 5 Hz and 8 ttz.

Comparisons of our results with those of other authors, which proposed valua- tions for compound frequencies, did only agree in part.

Key words: Human Response to Vibrations -- Subjective Response - - Influence of I-Iarmonics.

Zusammen/assung. Versuehspersonen wurden mit Schwingungsgemischen, die aus wenigen Harmonischen zusammengesetzt waren, belastet. Durch subjektiven Vergleich eines Gemisches mit einer Referenzschwingung yon konstanter Frequenz konnte jeweils deren Amplitude ermittelt werden, bei der Gemisch und Referenz- sehwingung (5 Hz) gleich stark belastend empfunden wurden. Die Besehleunigungs- amplitude der 5 Hz-Schwingung ist als :Beurteilungsmal~stab fiir Schwingungs- gemische eingeffihrt worden. Uber ihn konnte der EinfluB einzelner Harmoniseher in Schwingungsgemischen auf die Wahrnehmungssti@ke festgestellt werden.

Es wurden Versuche mit Grundffequenzen zwisehen 2 Hz nnd 8 Hz durch- geffihrt. Traten in den Gemisehen Frequenzen auf, die im Hauptresonanzbereich des Menschen liegen (um 5 Hz), dann waren diese nahezu aussehliel31ieh mal3gebend fiir die Beurteilung. Bei Grundfrequenzen unter 5 Hz waren die zweite und dritte ~armonische yon wesentlichem Einflul3, wiihrend bei Grundfrequenzen zwischen

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5 Hz und 8 Hz hShere Harmonische als die zweite kaum Einflu~ auf die Wahr- nehmungsst~irke hatten.

Ein Vergleich der Versuchsergebnisse mit Bewertungsvorschl~gen fiir Schwin- gungsgemische anderer Autoren zeigte nur teilweise ~bereinstimmung.

Schli~sselw6rter: Vibrationsbelastung -- Subjektive Bewertung -- Einflu{] yon Harmonischen.

Einleitung An einer Reihe yon Arbeitspl~tzen und in Verkehrsmitteln ist der

Mensch Schwingungen und Erschfitterungen ausgesetzt, die sein Kom- fortempfmden beeinflussen, Ermfidungserscheinungen hervorrufen, zu GesundheitsstSrungen ffihren kSnnen und oftmals eine direkte Unfall- gefahr bilden. Effekte, die meehanische Sehwingungen auf den Mensehen haben (Mfiller, t932 ; Magid et al., i962 ; Coermann et al., i965 ; Dupuis, i969), nnd deren subjektive Beurteilung (Reiher u. Meister, i93 i ; I)ieekmann, 1957; Mitsehke, i969) sind auger yon der Einwirkstelle am K5rper und der Belastungsdauer in erster Linie abh~ngig yon der Frequenz- und Amplitudenzusammensetzung der Erregersehwingung. Dabei gibt es Erregersehwingungen, die zumindest subjektiv gleiehe Effekte haben, obwohl sich bei ihnen Frequeuz und Amplitude vonein- ander unterseheiden, d .h . in versehiedener Weise miteinander kombi- niert sind. Um Sehwingungen vergleiehen zu kSnnen, ist es daher wfinschenswert, eine physikaliseh nur durch mehrere Parameter darzu- stellende Sehwingung mit r MaBzahl zu erfassen.

Fiir sinusfSrmige Erregersehwingungen ist dieses Problem yon mehreren Autoren bearbeitet worden, die in Abhangigkeit yon Frequenz und Besehleunigung die Sehwingempfindlichkeit des Menschen unter- suchten, gleichwertige Kombinationen erfal3ten und ihnen die gleiche Ma~zahl gaben. Zeller (1949) stellte ihm vorliegende Untersuehungs- ergebnisse fiber den Sehwellenwert ~fir Ersehfitterungsempfindungen zusammen. Hierffir benutzte er die yore Sehwingweg (s) und der Frequenz (/) abh~ngige Ersehfitterungsst~rke X, die nach der Formel X = 16 �9 z4.89../3 errechnet wird, und erhalt ffir den Schwellenwert Xs = 0,1 em 2 �9 8-3.

Als MaBstab ffir die Bewertung yon Schwingungen schl/~gt Zeller das ]ogarithmische Verh/~ltnis einer anftretenden Erschfitterungsst/~rke X zum Sehwellenwert Xs vor. Er nennt dieses Verh~ltnis das Schwingungs-

st/irkemaB S mit der DDimension pal S = 10 �9 lg ~ - . Auf die MSgliehkeit

dieser Bewertung hat te der Autor bereits bei fffiheren Untersuehungen (I932) hingewiesen.

Helberg u. Sperling (1941) exponierten 25 Versuehspersonen auf einem Sehtitteltiseh sinusf6rmigen Sehwingungen zwisehen 1 Hz und 12 Hz. Die Amplituden der Sehwingungen lagen zwisehen 0,01 und 2,5 em. Naeh 2 bis t0 rain Sehwingungsbelastung hat ten die Versuehs-

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personen die Sehwingung dureh einen Empfmdungswert E zu be- sehreiben. Diesen Wert mugten sie anhand einer Ersehiitterungsskala bestimmen, die 7 Klassen aufwies und yon ,,gerade spiirbar" (E = 1) his ,,augerordentlieh nnangenehm" ( E = 7) reiehte. Aufgrund yon 1800 Einzelergebnissen, die Helberg u. Sperling in ihren Befragungsreihen gewormen hatten, entwiekelten sie eine Formel, mit der aus Frequenz (/) und Amplitude (~) die Empfindungsstarke (E) erreehnet werden konnte:

10

E = 3 , i . Da diese Bewertung den. Autoren fiir die Beurteilung yon Sehwingurt-

gen in Eisenbahnwagen als ,,zu seharI" erkannt wurde (,,die Versuehs- personen aehte~en auf dem Sehiitteltisch seh~rfer auf die Sehwingungen als im Eisenbahnwagen"), wghlten sie ,,aufgrund yon Erfahrungen" als Wertungszahl fiir Wagenlaufeigensehaften der Eisenbahn die empirisehe

10

Formel Wz = 2,7. ~/~a./5.

Dieekmann (1957) untersuehte eine Gruppe yon t4 Versuehspersonen und ansehliegend eine weitere Gruppe yon 6 Versuehspersonen im Laboratorium auf dem Sehiitteltiseh. Dabei benutzte er die Versuehs- personen als , ,Nullpunktinstrumente" und land in Befragungsreihen heraus, warm versehiedene Sehwingungen gleiehwertig empfunden wurden. Er stellte lest, dab Schwingungen, die gleieh beurteilt wurden, bis 5 t tz proportional abhgngig yon der Sehwingnngsbesehleunigung waren, zwisehen 5 Hz und 40 Hz yon der Sehwingungsgesehwindigkeit und zwisehen 40 Hz nnd 70 Hz yon dem Sehwingweg.

Messungen yon iibertragenen Seh~dngkr~ften, die Dieekmann an weiteren 10 Versuehspersonen vornahm, zeigten, dab aueh die Sehwing- kraft bis etwa 5 Hz proportional der Sehwingungsbesehleunigung, yon 5 bis 35 Hz etwa proportional der Sehwinggesehwindigkeit und yon 35 Hz his 70 Hz proportional dem Sehwingweg verlief. In den ersten beiden Untersuehungsreihen wurde auBerdem die elektrisehe Hautkapazit/~t gemessen, die sieh in gleieher Weise proportional den physikalisehen Sehwingungsgr6gen (Besehleunigung, Gesehwindigkeit, Weg) verhielt wie subjektives Empfinden und tibertragene Sehwingkraft.

Aufgrund seiner Meg- und Befragungsergebnisse entwiekelt Dieek- mann einen BelastungsmaBstab mit der Einheit ,,K". Aus Sehwingweg- amplitude ~' in mm und Frequenz [ in Itz wird K folgendermaBen er- reehnet:

Bis 5 I-Iz ist K = s �9 ]2, im Bereieh z~dsehen 5 und 40 Itz wird K naeh der Formel J~ = 5 �9 s . ] bestimmt, und f/it den Bereieh zwisehen 40 und 100 I-Iz gilt K = 200 �9 8.

Die VDI-Riehtlinie 2057 (1963) bezieht sieh auf die Untersuehung yon Dieekmann und besehreibt den K-Wert, dort Wahrnehmungsst~rke genannt, ffir Frequenzen zwischen 0,5 Hz und 80 Hz mit der Formel

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Vy_+~ff/T2, wobei a die Schwingungsbeschleunigung in m/s ~,

eine Konstante, / die sinusf6rmige Erregerfrequenz in Hz und/o gleich l0 Hz ist. Mit dieser Formel wurde der Dieckmannsche Vorsehlag etwas modifiziert und der Kurve ein knickfreier Verlauf gegeben. Neben diesen als Beispiele aufgeffihrten Bewertungsverfahren ffir Sinusschwingungen gibt es weitere, auf die z. T. sp/iter noch eingegangen ~drd.

Erregerschwingungen, mit denen der Mensch in seiner technischen Umwelt belastet wird, sind jedoch selten sinusf6rmig, sondern bestehen meist aus Schwingungsgemischen. Ffir solehe Gemische ergibt sich daher insbesondere die Frage nach ihrer Wahrnehmungsst/irke und Bewer- tungsverfahren; eine Frage, die bisher nur teilweise beantwortet werden konnte. Aus der Literatur geht hervor, dab es fiber die Einwirkung yon Schwiagungsgemischen auf den Menschen nur wenige Untersuchungen und Bewertungsvorschl/ige gibt. Die wichtigsten Beitri~ge stammen yon den Amerfl~anern Lee u. Pradko (1968), dem Japaner Miwa (i967/68) und dem ISO-AusschuB TC 108/SC4 (1972), der sieh mit dem Thema ,,Human Exposure to Mechanical Vibration and Shock" befaBt. Weiterhin gibt der Verein Deutscher Ingelfieure in seiner Richtlinie VDI 2057 (t963) eine M6glichkei~ fiir die Bewertung yon Schwingungsgemisehen an.

Lee u. Pradko bestimmten ffir 13 m/~nnliche Versuchspersonen die Ertr';iglichkeitsgrenze zung, chst bei sinusf6rmiger Sehwingungsbelastung, wobei das Toleranzkriterium auf der subjektiven Einsch/~tzung beruhte. Die Versuchspersonen gaben die Toleranzgrenze an, wean ,,Schmerzen, Gleiehgewichtsst6rungen oder ein fortgeschrittener Zustand verschwom- menen Sehens unertr/~glich wurden". Die Verfasser fanden, dab die Toleranzgrenze proportional zur Schwiagungsenergie verl~uft, die pro Zeiteinheit im menschlichen KSrper absorbiert wird, und stellten die Hypothese auf, dab die Wahrnebmungsst/~rke proportional der absor- bierten Schwingungsleistung im menschlichen K6rper ist. Zum Beweis dieser Hypothese wurden in einer weiteren Versuchsreihe l0 der Ver- suchspersonen jeweils in einem Durchgang nacheinaader mit 26 ver- schiedenen Schwingungsgemischen belastet. Die Gemische wiesen ein Spektrum zwischen 4 Hz und 36 Hz auf. Sie wurden in einer bestimmten Reihenfo]ge gefahren, bei der jedes Schwingungsgemisch eine gr6Bere effektive Besehleunigung als das voraufgehende Gemisch aufwies. Jede Schwingung wirkte i rain auf die Versuehsperson ein, der gesagt wurde, dab die Sehwingungsbelastung yon Schwingung zu Schwingung zu- nehmen wfirde, bis auf einige Ausnahmen, die yon der VP zu entdecken seien. Es wurde gefunden, dab nur in den F/illen keine Steigerung der Schwingungsbelastung yon den Versuchspersonen bemerkt wurde, in denen trotz steigender :Besehleunigung die absorbierte Schwingungs- leistung kleiner war als im voraufgegangenen Versueh. Nach diesen

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Befunden hielten Lee u. Pradko ihre Hypothese ffir besti~tigt. Aufgrund der Annahme, (tab der schwingende menschliehe KSrper sieh quasi linear verhs entwickeln Pradko u. Lee dessen Transferfunktion aus Frequenz- spektren yon Schwingungsmessungen am Kopf und am Gesi~B bei ver- schiedenen Erregeffrequenzen. Mit Hilfe dieser Ubertragungsfunktion berechnen sie die dem mensehlichen KSrper absorbierte Leistung bei versehiedenen Erregersehwingungen. Die in einem Koordinatensystem aus Frequenz und Amplitude aufgetragenen Kurven gleicher Wattzahl geben dann Sinusschwingungen gleieher Wahrnehmungssti~rken an. Bei der Einwirkung yon Schwingungsgemischen auf den Menschen sind naeh den Ergebnissen der Autoren einzelne Schwingungsanteile diskret zu behandeln und ihre spektral absorbierten Leistungsanteile durch einfache Addition zu einem Gesamtwert ffir das Schwingungsgemisch aufzu- summieren.

Miwa (1967) besehreibt Untersuchungsergebnisse yon t0 miinnliehen Versuchspersonen im Alter zwischen 20 und 40 Jahren, yon denen er Wahrnehmungsstarken meehanischer Schwingungen im Frequenzbereich zwisehen 0,5 und 300 t tz bestimmen lieB. Die Versuchspersonen wurden zuni~chst im Wechsel mit einer Standardsehwingung yon 20 Itz und einer variablen Sinusschwingung belastet. Die Belastungsdauer betrug 6 sec bei Schwingungen unter 10 Hz und 3 sec bei Schwingungen fiber t0 Hz. Die variable Sehwingung wurde jeweils bei konstanter Frequenz in ihrer Amplitude so haufig verandert, bis sie gleiehstark belastend empfunden wurde wie die Standardfrequenz mit konstanter Amplitude. Auf diese Weise bestimmte der Autor Bedingungen gleicher Wahrnehmungsstarken yon Sinussehwingungen. Danaeh untersuehte Miwa mit gleicher Methode Schwingungsgemische aus 2 bis 4 sinusfSrmigen Komponenten. Die Gemisehe bestanden aus Zentralfrequenzen yon Oktavb~ndern (1, 2, 4, 8, 18, 32, 63, 125, 250 Hz). Ffir die Beschreibung seiner Ergebnisse benutzte Miwa einen logarithmischen Verh~ltniswert, den er Vibration Accelera- tion Level (VAL) nannte. Der VAL ist das mit zwanzig multiplizierte logarithmisehe Verhi~ltnis der gemessenen Sehwingungsbeschleunigung a zu einer l%eferenzbeschleunigung aref yon 10 -3 g.

VAL = 20. lg (a/aref) in dB

Zum Vergleieh verschiedener Sehwingungen untereinander ffihrt Miwa den ,,Vibration Greatness Level" VGL ein. Nach Definition ist der VGL ein bei 20 Hz gemessener VAL. Um Sehwingungen, die aus mehre- ten Komponenten bestehen, vergleiehen zu k6nnen, definiert Miwa mit der ,,Vibration Greatness" VG eine weitere GrSl3e, die er aufgrund seiner Befragungsergebnisse naeh folgenden empirisehen Formeln bestimmt:

lg VG = 0,030 VGL-- 1,20 ffir VG < t

lg VG = 0,023 VGL- - 0,92 fiir VG > i

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Mit tIilfe von VG errechnet Miwa die ,,Total Vibration Greatness" VG~. Hierffir betrachtet er die Erregerschwingung spektral und bildet die Summe aus der grSI3ten im Spektrum vorkommenden ,,Vibration Greatness" (VGM) und 30% der Summe der verbliebenen Vibration Greatness-Anteile (VG~).

Miwa sehr/~nkt ein, dal3 diese Formel nur dann gig, wenn VGT kleiner als 50 ist.

In der VDI-P~iehtlinie 2057 sind Formeln und Kurven zur Bestim- mung der Wahrnehmungsstgrke, dorg K-Wert genannt, angegeben. Wie oben bereits besehrieben, gelten diese Werte zungehst Ifir sinusf6rmige Erregersehwingungen. Treten allgemeinperiodisehe Sehwingungen auf, so ist es naeh der VDI-Riehtlinie mSglieh, aus der spektralen Zerlegung in Teilsehwingungen den Gesamt-K-Wert Kges als Effektivwert zu erreehnen bzw. fiber ein elektrisehes Netzwerk naehzubilden (Weighting-Verfahren).

J~ges = .K~ 2

In der ISO (International Organization for Standardization) befaBt sieh der Unterausschul~ 4 des techn. Komitees i08 mit der Einwirkung yon Schwingungen und St51~en auf den Menschen. Der von dem Aus- sehul~ herausgegebene Riehtlinienentwurf (1972) fiir die Bewertung der Einwirkung yon Sehwingungen auf den Menschen ist ein Kompromil~ zwischen den bisher verffigbaren Daten, die sowohl aus pr~ktischen Erfahrungen an Piloten und Fahrzeugffihrern als auch aus Laborato- riumsuntersuehungen stammen. Bei der Durehsich~ der im Anhang des Dokumentes angegebenen Literatur mul~ festgestellt werden, dab es sich insbesondere bei der Bewertung der Expositionsdauer um einen Vor- sehlag handelt, der yon weiteren Untersuehungsergebnissen best/~tigt werden mul3. Die empfohlenen Grenzen der Belastung (exposure limits) beruhen weitgehend auf verh~ltnism/~13ig wenigen Versuchsergebnissen mit Flugzeugpiloten. Itier ist die H/~lfte des Pegels, der yon den Piloten als Sehmerzsehwelle oder Grenze der freiwilligen Tolerierung angegeben ist, als oberste ]~elastungsgrenze vorgeschlagen. Sechs Dezibel unter dieser Belastungsgrenze mug naeh den ISO-Angaben bereits mit Lei- stungsbeeintr/iehtigung durch Schwingungsbelastung gereehnet werden, weitere l0 dB darunter wird die Komfortgrenze angesetzt.

Abb. i zeigt die in der ISO-t~ichtlinie festgelegten Grenzen, bei denen Leistungsbeeintr/~chtigung dureh Ermfidungserseheinungen infolge verti- kaler Sehwingungseinwirkungen auftreten sell. Die auch als Kurven gleicher Schwingungswahrnehmung interpretierbaren Grenzlinien sind in Abh/~ngigkeib yon der Besehleunigung, der Frequenz und tier Bel~stungs-

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Beurteilung yon Schwingungsgemischen t57

10 ̀0 / , " s" ~'~ 8,0 1 / i's S I"

z,O 3,15 I rain

2,5 16min ~ 2,0 25rain

E 1,6

1.0 0,8 2,5h

.~ 0,63 ,4h o,5 io dB

-'~ 0,4 0,31 8h

0,25 0,2

0 ~ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

0,4 0,63 1,0 1,6 2,5 4,0 6,3 10 16 25 ~0 63 Hz 0,5 0,8 1,25 20 3,15 5,0 8,0 - 12,5 20 31,5 50 80

Abb. 1. Grenzlinien, bei deren t~berschreiten Leistungsbeeintr/~chtigung infolge yon Ermiidung durch Vibrationsbelastung in WirbelsEulenrichtung auftritt (nach ISO)

dauer dargestellt. Sie verlaufen zwischen / = 4 Hz und ] = 8 Hz horizon- tal. Das bedeutet, dab die Beschleunigung, die in diesem Frequenzbereich zur Erzielung gleicher Effekte notwendig ist, yon der Frequenz unab- h/~ngig ist. Im Bereich von I bis 4 Hz fallen die Grenzen dagegen propor- tional ]/l/]-ab und steigen yon 8 his 80 Hz proportional ill an. Das bedeu- tet, dab im ersten Bereich die Empfindlichkeit des Menschen mit zu- nehmender Frequenz zunimmt, im zweiten Bereich abnimmt.

Bei der gleichzeitigen Einwirkung yon mehreren diskreten Schwin- gungen auf den Menschen geht das ISO-Dokument davon aus, dab in bezug auf die Toleranzkurve keine signifikante Wechselwirkung der Komponenten untereinander auftrit t und so die Grenze fiir jede Teil- schwingung einzeln bestimmt werden kann. Nut die Einzelschwingung mit der st~rksten Belastung, die aus Abb. t abzulesen ist, soll maftgebend ffir die Beurteilung des Schwingungsgemisches sein (Rating-Verfahren). Die ISO-Richtlinie raumt ein, dab fiir die angegebene Art der Bewertung yon gleichzeitig auftretenden diskreten Schwingungen beweiskr~ftige Versuchsergebnisse fehlen; sie l~tBt auch das Weighting-Verfahren zu.

Wenn man in einem Diagramm darstellt, wo gleich bewertete Schwingungsgemische nach Miwa, Pradko u. Lee, VDI und ISO, liegen, wie es sp/~ter in dieser Arbeit noch gezeigt wird, so stellt man z. T. erhebliche Unterschiede in der Bewertung lest, die durch die Angaben der Autoren nicht erkl~rbar sind. Aufgrund dieser Diskrepanzen wurde das Thema erneut aufgegriffen, und zur Beantwortung einiger Fragen, die bei

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der Beur te i lung der E inwi rkung yon Schwingungsgemischen ~uf den Menschen auftreten, ist die im folgenden beschriebene Unte r suchung durchgeffihrt worden. Es sollen in einem begrenzten Bereich yon Erreger- gemischen quan t i t a t ive Aussagen fiber Wahrnehmungss t~ rken gemacht und der EinfluB einzelner Gemischanteile beschrieben werden.

2. Methodik ]~iit 14 miinnliehen Versuehspersonen sind Untersuchungen im Laboratorium auf

einem Schfitteltisch durchgeffihrt worden. Die Versuehspersonen waren zwischen 17 und 30 Jahre alt (1Viittel: 24,4 Jahre), zwischen 169 und 187 cm groi] (l~itteh 178 cm) und zwischen 64 und 87 kp schwer (l~ittel: 74,9 kp). Jede Versuchsperson sail w~hrend eines Einzelversuchs 5 bis I0 rain auf dem Sehfitteltisch und wurde ab- wechselnd 20 sec lang mit einem zu untersuehenden Sehwingungsgemisch und nach einer UmschMtlOaUSe yon 2 bis r sec 15 bis 25 sec lang mit Sinussehwingungen belastet. Die Sinussehwingungen hatten eine Standardfrequenz yon 5 Hz, ihre Amplitude jedoch wurde yon I~M zu 1Vial vergndert, bis Gemiseh und Sinusschwin- gung als gleich stark beanspruehend empfunden wurden. Dabei waren die Stufen, in denen die Amplituden der 5 tIz-Sinussehwingungen ver~ndert warden, ganze ViM- fache yore 0,1 m/s 2. Oieses Verfahren wurde gew~hlt, well yon den Versuchspersonen nicht erwartet werden konnte, die empfundene Vibrationsst~irke fiber l~ngere Zeit im Gedi~chtnis zu speichern, um sie mit mehreren in unmittelbarer Folge auftreten- den Schwingungen zu vergleiehen. Als Entscheidungshilfe war der Versuchsl~erson gesagt worden, sie sollte bei ihrem Urteil davon ausgehen, welche der beiden Erregerschwingungen sie eine l~ngere Zeit ertragen wollte. Meistens gelang es nach 8 bis i0 Einstellungen, diejenige Amplitude der 5 Hz-Sinusschwingung zu finden, bei der Gemisch and Sinussehwingung gleich beurteilt wurden. Diese Amplitude (Spitzenwert in m/s 2) wurde Ms ,5 Hz-Gleichwert" bezeichnet und Ms MM]zahl ffir die Bewertung verschieden stark wirksamer Schwingungsgemische benutzt.

Da die Erregerfrequenz 5 Hz im l~esonanzbereieh des in der Lingsaehse schwingenden 1Kenschen liegt, gibt es sowohl Argumente, die s Ms auch andere, die gegen die Festlegung dieser Standardfrequenz sprechen. Einerseits bedeutet es, dab auf kleine Veri~nderungen der Erregeramplitude gr61]tmSgliehe l~eaktionen in der Sehwingungsbreite des zwangserregten Systems und damit der l~elativverschie- bung yon 1VIassen am und im 1V[enschen auftreten; andererseits abet reagiert der schwingungsbelastete iKensch in diesem Frequenzbereich aueh am empfindlichsten auf }IMtungs~nderungen oder Verkrampfungen, die eine BeMnflussung seiner Feder- und Dimpfereigenschaften zur Folge haben. P~elativversehiebungen yon lV[assen im menschlichen K6rper sind nach Coermann (1962) infolge der auftretenden Gewebs- spannungen mit maBgebend ffir die subjektive Beurteilung der Schwingungs- belastung. Anderungen der Erregeramplituden werden demnach im Resonanzgebiet am ehesten subjek~iv wahrgenommen, und dies bedeutet ein bestm6gliches Auf- 16sungsverm6gen des BeurteilungsmaBstabes ,,Beschleunigungsamplitude einer 5-Hz-Sinusschwingung". Es ist hierffir jedoeh erforderlieh, dab die Versuehsperson eine reproduzierbare Sitzhaltung eirmimmt und einen mSgliehst konstanten Muskel- tonus aus Unter diesen Umst~nden spreehen die Vorteile ffir 5 Hz Ms Standard- frequenz.

W~hrend der Versuchszeit sollten die Versuchspersonen daher mSglichst ihre Sitzhaltung nicht verindern. Sie saBen auf einer harten Holzpl~tte des Schwing- tisehes ohne Abstfitzung des l~fiekens. Unterschenkel und FiiBe hingen frei fiber die angerundete Sitzfl~ehenkante naeh unten. Auf den Obersehenkeln, die einen Spreiz- winkel yon 20 ~ bildeten, ruhten die IEEnde, die den OberkSrper jedoeh nlcht ab-

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stiitzen durften. Die Versuehspersonen saBen entspannt aufreeht und bliekr auf eine 9 m entfernte Harkierung in AugenhShe. Hierdureh war die Sitzhaltung ohne mechanisehe Hilfsmittel wei~gehend reproduzierbar fixiel~. Um Fehler dureh Ermfidungserseheinungen, die in voraufgegangenen Schwingungsbelastungen ihre Ursaehe hi~tten hubert kSnnen, auszusehalten, warden nieht mehr als 4 Versuehe pro Person an einem Vormittag durchgeffihrt. Jeder Versueh dauerte zwisehen 5 und f0 rain. Danaeh kormte die Versuehsperson sich 10 rain auf einem Ruhestuhl ent- spannen.

Da sich die Versuehspersonen bei den Befragungen stark konzentrieren muBten, wurden StSrungen und Ablenkungen dutch die Umwelt vermieden. Es bestand lediglich ein konstantes Ger~usch des Hydraulikaggregates, das mit 72 dB (A) am 0hr der Versuchsperson gemessen wurde. Versuehsleiter und Protokollffihrer korm~en yon den Versuehspersonen nieht gesehen werden. Diese Versuehsbedinguu- gen warden gew/ihlt, well sie sieh in Vorversuehen als zweckm~lMg erwiesen hatten.

Die Versuehspersonen warden mit Frequenzgemisehen belastet, die sich in Anzahl und Nummer der I-Iarmonisehen sowie deren Besehleunigungsamplituden voneinander nnterschieden. Die Untersuchungen sind jeweils mit Sehwingungs- gemisehen durehgefiihrt worden, deren ersten Harmonisehen zwischen 2 und 8 Itz lagen. Die untere Grenze wurde mit 2 I-Iz gew~hlt, um die Beeinftussung der Beur- teilung dutch individuell sehr untersehiedliche Reak~ionen des mensehlichen Gleieh- gewichtsorgans auszusehalten. Nach Ansieht einiger Autoren (Coermann, 1962; Ashley, t970; Dupuis, 1970) hubert n~mlich die unter See- oder Luftkrankheit bekannten Erseheinungen, wie sie in versti~rkter Form erst im Frequenzbereieh unter 1 Itz auftreten, sehon einen Einflu$ auf die Wahrnehmungssti~rke yon Sehwingungen zwischen t Hz und 2 Hz. Um die Untersuehung in ihrem Umfang abzugrenzen, sind die Versuehe nut bis 8 Hz in der ersten Ffarmonischen als obere Grenze durehgefiihrt worden.

Als Amplituden der Harmonischen in dem Gemiseh warden 2 m/s z und I m/s 2 gew~hlt, wobei 2 m/s ~ bevorzugt warde, weil bei dieser Beschleunigung sowohl 2 Itz als aueh 8 I~[z als Einzelsehwingung sehr gut wahrnehmbar ist und ein Gemisch aus 3 Harmonischen mit je 2 m/s 2 noeh gut ertragen werden karm. Wie Vorversuehe ergaben, sind bei kleineren Beschleunigungsamplituden als 1 m/s 2 die dutch den Parameter,,Anzahl der Harmonisehen" hervorgerufenen Beurteilungsuntersehiede meist so gering, dal3 sic in den Bereieh der Standardabweichungen yon den 5 Hz- Gleichwerten fallen.

Zur Erzeugung der En'egersehwingungen stand ein elektrohydraulisches System zur Verfiigung (Hydropuls, Fa. Carl Sehenck, Darmstadt), mit dessen Hilfe auf einem Schwingtisch Sehwingungen beliebiger Form nachgefahren werden konnten. Der Hub des Sehwingtisches verlief proportional einer elektrisehen Spannung, die dem I-Iydropulser als Sollwert zugefiihrt wurde. Fiir die vorliegende Untersuchung sotlte die Erregersehwingung des Tisches aus einem Gemisch yon maximal drei Komponenten zwisehen erster und vierter Harmoniseher bestehen, deren Amplitu- den A~ unabh/ingig voneinander einstellbar waren und die in definier~en, vorwahl- baren Phasenverschiebungen zueinander lagen. Demnach mugte der Sparmungs- verlauf A(t), mit dem das elektrohydraulische System angesteuert warde, dar- gestellt werden kSnnen in der Form

Aft) = A~. sin (o~t + ~x) + A2" sin (2 o~t + v~2)

+ A s �9 sin (3 wt + v~3) + A a �9 sin (4 o)t + v~4).

Als Beispiel ffir soleh eine Synthese ist in Abb. 2 ein Sehwingungsgemiseh aus erster plus zweiter plus dritter I~armonischer mit je 2 m/s 2 Besehleunigungs- amplitude und Phasenwinkeln yon 0 ~ gezeigt.

11 Europ. J, appl. Physiol,, Vol. 33

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i60 W. Lange

rn/s 2

5 -

3

2

7

~ -3

- 4

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I I ~ ,. I I ~ ~

Zeit

j I Abb. 2. 5 Hz-Gleichwert fiir Erregerschwingungen aus erster, erster plus zweiter und erster plus dritter Harmoniseher. Die Beschleunigungsamplituden der Har-

monischen betragen jeweils 2 �9 m. s -s, ihre Phasenlagen 0 ~

Die Herstellung soleher Frequenzsynthesen erfolg~e mit Sinustongeneratoren, die extern triggerbar waren. Um Schwebungen bei der Addition yon mehreren Sinusschwingungen zu vermeiden, sind mit Hilfe yon handelsfiblichen elektronisehen B~uelementen entsprechende Schaltungen entwickelt worden, die zusammen mit weiteren Einzelheiten fiber den Versuehs~ufbau bereits ver6ffentlicht wurden (Lange, 1971).

3. Ergebnisse der Vorversuche

3.1 Versuchszelt Um die Frage zu kl~ren, ob Versuche yore Vormittag mit Nach-

mitt~gsversuchen vergleichbar sind, warden einige Vorversuche durch- geffihrt. Dabei wurde festgestellt, da~ die Befr~gungsergebnisse yon Nachmittagsversuchen eine zwei- bis dreimal so grol~e Standard- abweichung aufwiesen wie Versuche vom Vormittag. Die Versuchs- personen gaben an, sich vormittags besser konzentrieren zu kSnnen als am !~achmi%ag. Aufgrund dieser Beobachtung fanden ~lle weiteren Versuche ausschlie~lich zwischen 80o Uhr und t2 ~176 Uhr start.

3.2 Reihen/olge der Be]ragung

Um zu erklgren, ob die Reihenfolge der Vergleichswerte bei der Be- fragung die Antworten beeinflu~t, warden gleiche Schwingungsgemische yon den Versuchspersonen mehrmals nacheinander bewertet, wobei jeweils die ~olge der Vergleichsbeschleunigungen variiert wurde. Es stellte sich heraus, daI~ die Reihenfolge, in der die einzelnen Beschleuni-

Page 11: Zur Beurteilung von Schwingungsgemischen, die über die Sitzfläche auf den Menschen einwirken

Beurteilung yon Schwingungsgemischen i6i

gungsstufen der 5 Hz-Sehwingung mi~ der Erregersehwingung bei der Befragung vergliehen wurden, in einigen F/illen das Ergebnis beeinfluBte. Dies gesehah in der Form, dab bei sehrittweise steigender 5 Hz-Amplitude die 5 Hz-Gleichwerte jeweils um eine halbe bis eine Beschleunigungss~ufe hSher lagen als bei sehrittweise fallender Amplitude. Als Folgerung vnxrden die Befragungen mit urtregelm/U~ig springenden Amplituden- unterschieden durehgeffihrt, die sieh in GrSge und Riehtung aueh yon Versuch zu Versueh so gnderten, dab bei den Versuchspersonen keine Transfereffekte aufkommen konnten. Die l~eihenfolge der ]3efragungs- stufen wurde in das Protokoll aufgenommen.

3.3 Standardabweichungen

Vor den Hauptversuchen sollte gekl/irt werden, ob mit wenigen Versuchspersonen eine grol]e Anzahl verschiedener Versuchsbedingungen durehgeffihrt werden kSrmte oder ob wegen der Streuung der Ergebnisse eine grol~e Z~hl yon Versuehspersonen befragt werden miisse. Unter Beachtung der in den ersten Vorversuchen gewormenen Erkenntnisse sind deshalb 2 Befragungsreihen mit je 14 Versuchspersonen durchgefiihrt worden, die Aufschlul~ fiber die interindividuelle Streuung der Ergebnisse bringen sollten und mit 2 Versuehspersonen jeweils 12 Wiederholungs- versuehe, um die intraindividuelle Streuung zu bestimmen.

In einer Versuehsreihe wurde der 5 tIz-Gleiehwert ffir die Erreger- sehwingung 4 Hz § 12 Hz mit je 2 m/s ~ Besehleunigungsamplitude und der Phasenlage 0 ~ 90 ~ bestimmt, in einer weiteren l~eihe der Gleieh- wert fiir 3 Hz ~ 6 Hz § 9 Hz mit je 2 m- s -2 Besehleunigungsamplitude und der Phasenlage 0~176 Die Ergebnisse sind in Tabelle i dargestellt. Der Gleichwerg fiir i2 Versuchspersonen in der ersten Versuehsreihe untersehied sieh yon den gemittelten Gleichwerten ffir zwei Versuchs- personen jeweils nur um 0,05 bzw. 0,03 m/s 2 bei etwa gleieher Standard- abweichung yon 0,06 bzw. 0,07 m/s 2. ~hnlieh war das Ergebnis beim zweiten Versuch, in dem die Differenz der Niittelwerte 0,04 bzw. 0,0i m/s 2 bei Standardabweichungen yon 0,05 und 0,08 m/s 2 betrug. Wegen dieser geringen inter- und intraindividuellen Standardabweichungen wurden alle folgenden Versuehe nut mit 4 Versuehspersonen jeweils zweimal durchgeffihrt und aus ihren Beurteilungen der 5 tIz-Gleichwert ermittelt.

4. Ergebnis der Hauptversuehe Die Ergebnisse der Befragungsreihen sind in den ~olgenden Abbildun-

gen zusammengefal3t:

Abb. 3 zeigt den Verlauf des 5 ttz-Gleichwertes fiir Erregerschwin- gungen aus erster, erster plus zweiter und erster plus drifter H~rmoni- scher mit Amplituden yon je 2 m/s 2 (Spitzenwert) und einer Phasen-

11"

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162 W. Lange

T~belle t . Interindividuelle und intraindividuelle Standardabweichung bei der subjektiven Beurteilung yon Sehwingungsgemischen

Zahl der Versuche Zahl der VP pro Person

Schwingungen in I-Iz 5 Hz-Gleiehwert mit Amlolituden in m �9 s -2 yon je 2 m . s -~ AM SA

44 4 4 + 12 i,96 0,07 14 4 3+ 6 + 9 2,49 0,05 I 12 4 + 12 i,91 0,06 1 12 4 + 12 1,93 0,06 1 12 3+ 6 + 9 2,53 0,08 i 12 3+ 6 + 9 2,50 0,06

m ,.s "2

3 -

"c

.$

I. Harm. 0 - - 0 ~ 0 ~ ~ 0

l 2 4 5 6 7 Hz erste Hormonische (f;)der Erregerschwingung

Abb. 3. Schwingungsgemiseh bestehend aus erster, zweiter nnd ch'itter Harmoni- seher mit jeweils 2 �9 m. s -~ Beschleunigungsamplitude und einer Phasenlage yon

oo/oo/o o

versohiebung yon 0 ~ zwischen den t t a rmonischen . Bes t and die Er regung nur aus der ers ten Harmonisehen , so wurde der Verlauf des 5 Hz-Gleieh- wertes du t ch einen K u r v e n z u g bes t immt , der ein M a x i m u m u m 5 Hz aufwies und dessen Abfa l l zu n iedr igen Frequenzen stei ler war als zu hSheren Frequenzen . Erwartungsgemi~I~ war der 5 Hz-Gle ichwer t bei der Erregerf requenz 5 Hz gleich 2 m/s 2. Die K u r v e ffir die erste Harmonisehe g ib t somit den Befund wieder, der in Abb . i berei ts mi tge te i l t war. Er regersehwingungen aus ers ter plus zweiter Harmonische r e rgaben einen wesent l ich ebeneren Verlauf des Gleichwertes. Zwischen 2 ,5u . 3 Hz zeigte sich ein absolutes Maximum, das sich jedoeh nur wenig fiber ein zweites Max imum bei 5 Hz erhob. Der hor izonta le Verlauf bei hSheren Frequenzen der ers ten t I a rmon i schen bis 8 Hz is t ve rmut l i eh dadurch

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m.5 "2

3

B e u r t e i l u n g v a n S c h w i n g u n g s g e m i s c h e n 163

2 �84 �9

tb

:~ BeschL Amplitude in m.5 "2 I - Symbol der I. Harm. der 2. Harm.

�9 2 2

& I 2 0 2 1

erMe Harmonische (f1"; der Erreger$chwingung

Abb. 4. 5 1-Iz-G|eichwert f f i r ErregersehwJngungen aus erster l~]us zweJter Har- monischer in der Phasenlage 0~ ~ (Beschleunigung) mit versehiedenen Beschleuni-

gungsamplituden in den Harmonischen

erklarbar, dab bei i6 Hz als zweRer Harmonischer ein Resonanzbereich des Kopfes liegt,. Erregersynthesen aus erster plus drifter Harmonischer wurden bei Grundfrequenzen zwischen 4u. 6 Hz gleichstark wahr- genommen wie vergleiehbare Gemisehe aus erster plus zweiter Harmoni- scher; im iibrigen Bereich lagen sie in der Bewertung etwas niedriger, mit Ausnahme beider Grundfrequenz 2 Hz, wo das Gemiseh aus 2 + 6 Hz als belastender beur~eilt wurde als das Gemisch aus 2 + 4 Hz. 0b sieh ins- besondere die nahe beieinander liegenden Werte statistisch signifikant voneinander unterseheiden, mul~ durch kiinftige Untersuehungen mit einer grSBeren Anzahl van Versuehen beantworte~ werden.

In Abb. 4 sind Ergebnisse van Untersuchungen mR Syn~hesen aus erster plus zweiter Harmonischer dargestellt, bei denen die Harmonisehen untersehiedliehe Amplituden hatten. Die in Abb. 4 eingetragene oberste Kurve beschreibt noehmals (vgl. Abb. 3) den Fall, in dem beide Harmoni- sehe eine Amplitude van 2 m/s 2 aufweisen. Die beiden anderen Kurven gelten Iiir F~lle, in denen entweder die erste odor die zweite tIarmonisehe eine Besehleunigung van nut I m/see ~ hatte. Beide Kurven liegen tiefer als die zuerst genannte Kurve. Jade dieser Kurven hat ein Maximum. Bei einer Beschleunigungsamplitude van I m/s 2 der ersten Harmonisehen liegt das Maximum im Bereieh van 3 Hz. Damit n~hert sich diese Kurve in diesem Bereieh erwartungsgem~B der oben besprochenen Bezugskurve. Im weiteren Verlauf fallt, sie mit steigender Frequenz kontinuierlieh ab. Die Kurve, be ider die Besehleunigungsamplitude der zweiten Harmoni- sehen i m/s ~ war, hat ihr Maximum im Bereich van 5 bis 6 Hz. Sie steigt van dam niedrigsten, untersuchten Frequenzwert van 2 Hz kontinuierlich

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164

m.5-2 3-

~2 .

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W. Lange

~+2.+3. Harm. I - - I ~ I

I. +2. Harm, ~ ~ o / O ~ O . ~ g g

1, Harm, 0 ~0/0/

I 2 3 4 5 6 7 Hz 8"

ersle Harmoni$che ( fl ) der Erregerschwingung

Abb. 5. 5 ttz-Gleichwert fib" Erregerschwingungen aus ers~er, erster plus zweRer und erster plus drRter Harmonischer. Die BeschleunigungsaIaplituden der ttar-

monischen betragen jeweils 2 �9 m. s -~, ihre Phasenlagen 0 ~

bis zu diesem Maximum an. Daraus ergibt sich, dab diese Kurven sich be~ etwa 4,5 t tz fiberkreuzen. Dieses Verhalten ~ dadurch erkls da~ in dem einen Fall die Amplitude der zweiten Harmonischen 2 m/see 2 betrug und die zweite ttarmonische in dem genannten Bereich einer Frequenz van 5 ]Iz entsprach. Im zweiten Fall betrug die Beschleunigungs- amplitude der ersten Harmonisehen 2 m/see ~. Das Maximum entsprach hier 5 bis 6 t tz der ersten ttarmonisehen. Be~ Kurven spiegeln somit in gewisser Weise den Verlauf der Basiskurve van Abb. 5 wider, die das Verhalten des 5 ttz-Gleiehwerts be~ Untersuchungen nut der ersten Harmonischen (Sinussehwingungen) wiedergibt.

Daraus kann ersehen werden, dab zwischen Grundfrequenzen van 2 bis 4,5 Hz die zweite tIarmonische sowie zwisehen 4,5 und 8 Hz die erste ttarmonische im wesentlichen ffir die Wahrnehmungssts des Gemi- sches ma~gebend war~ weil sieh eine Verringerung der jeweils anderen Amplitude van 2 auf i m/s ~ in der Beurteilung des Gemisehes nur wenig auswirkte.

Abb. 5 zeigt, wie sieh die dritte Harmonische auswirkte, wenn sie einem Schwingungsgemiseh aus erster plus zweiter Harmonischer super- pan~ wurde. Die Abbildung gibt zunachst zwei Kurven aus Abb. 3 wieder, einmal die Basiskurve (nur erste Harmonische), weiterhin die Kurve, die be~ Versuchen mit erster plus zweiter ttarmon]seher gewonnen wurde. Im Vergleich zu diesen be~ Kurven liegt die dritte Kurve, die die Gleichwer~e fiir erste plus zweite plus dritte Harmonische wiedergibt, in ihrem ganzen Verlauf hSher und dabei leicht mit steigender Frequenz der ersten ttarmon]sehen abfallend. Dieses Verhalten kann dadurch

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m . g 2

3

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~ 2

i

Beurteilung yon Schwingungsgemischen

1.+2. Harm.

3 ~ o I. Harm. 0 ~ 0 / 0 -

165

erste Harmonische { ft) der Erregerschwingung

Abb. 6. 5 Hz-GIeJchwer~ f/ir Erregerschwingungen aus erster, erster plus zweiter und erster plus zweiter plus vierter Harmonischer. Die Beschleunigungsamplituden tier Harmonischen be~ragen jeweils 2 �9 m. s -2, die Phasenlagen bei 1. + 2. ttarmoni-

scher 0 ~ 90 ~ bei ~. + 2. +4. ttarmonischer 0~ 90~ 90 ~

erkl/~rt werden, dab der dritten Harmonisehen bei einer Frequenz der ersten Harmonisehen yon 2 Hz eino Frequenz yon 6 Hz entspricht. Zwisehen 5 und 6 t tz wird der 5 Hz-Gleiehwert dureh beide Harmonisehe nur gering erhSht. Bei einer Grundfrequenz yon 8 t tz steigt der Gleich- weft dutch die zweite Harmonische starker an (urn ca. 0,5 m/s2), eine Addition der dritten Harmonisehen (24 Hz) erhSht den Gleichwert dann jedoch nieht welter. Damit ist ein Hinweis gegeben, dab sieh hShere Frequenzen nicht mehr wesentlieh in der Beurteilung yon Sehwingungs- gemisehen bemerkbar maehen. Dies wird best~tigt durch den Verlauf der Kurven in Abb. 6, in dem der EinfluB der vierten Itarmonisehen ersehen werden karm i:a einem Gemiseh aus erster plus zweiter plus vierter Harmoniseher. Von Grundfrequenzen, die fiber 4 Hz liegen, hat die vierte ttarmonisehe nur noeh eine untergeordnete Bedeutung ffir die subjektive Beurteilung des Gemisches. Die Ergebnisse der Befragungsreihe lassen sieh vereinfaeht folgendermaBen zusammenfassen:

t . Traten in einem Schwingungsgemiseh Frequenzen auf, die im ttauptresonanzbereieh des Mensehen (d. h. um 5 Itz) liegen, dann waren sie in erster Linie maBgebend ffir die subjektive Beurteilung des Sehwin- gungsgemisehes, sofern die anderen Komponenten keine grSBeren Be- sehleunigungsamplituden als sie aufwiesen.

2. Bei Grundffequenzen unter 5 Hz zeigten sieh ffir die Beurteilung eines Gemisehes die Amplituden der zweiten und drit ten Harmonisehen yon wesentliehem EinfluB.

3. Lag die Grund_frequenz eines Sehwingungsgemisches zwisehen 5 und 8 Hz, so h~,t~en hShere Harmonische als die zweite nut eine relativ

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t66 W. Lange

3

? �9 �9 Gleichwerte nach YOl 2057 ~: :B[ ' : ' " " """~ 0 . . . . . . 0 Gleichwerte noch 150 TCIOSWG7 �9 . . . . . �9 Gleichwerte noch Prodko & Lee

�9 �9 G/eichwerte nach eigenen Ergebnissen r | 6 = = = �9

l 2 3 4 5 6 7 Hz 8

erste Harmonische (~)der Erreger$chwingung

Abb. 7. 5ttz-Gleiehwerte fiir periodische Erregerschwingungen. Die Erreger- sehwingungen bestehen aus Gemisehen yon I. Harmonischer (Amplitude: l �9 m- s -2)

und 2. Hamoniseher (Amplitude: 2. m �9 s -~)

geringe Bedeutung fiir die Beurteilung des Gemisches, wenn ihre Be- sehleunigungsamplituden nieht grSlBer als die der ersten oder zweiten Harmonischen waren.

5. Diskussion

Von den in der Einleitung genannten anderen Autoren konnten unsere Ergebnisse vergliehen werden mit denen yon Lee u. Pradko, mit der VDI-Riehtlinie und den ISO-Empfehlungen, dagegen nieht mit den Ergebnissen yon Miwa, weft seine Angaben nur fiir Sehwingungen gelten, deren Total Vibration Greatness kleiner als 50 ist. Eine VT~ yon 50 entsprieht jedoeh bei einer Sinusschwingung yon 5 Hz einer Besehleuni- gungsamplitude yon i,4 m/s ~, die in unseren Versuehen fiberschritten wurde. Um den Vergleieh zwisehen bisher bekannten Vorschl~gen zur Bewertung yon Sehwingungsgemisehen und den in unserer Unter- suchung best immten Werten durehfiihren zu kSnnen, mu~ten die nach versehiedenen l~ethoden anderer Autoren best immten Bewertungszahlen in ~quivalente 5 Hz-Gleiehwerte umgerechne~ werden. Dies war bei dem Verfahren naeh Lee u. Pradko ohne wei~eres mSglieh dutch Bestimmung einer sinusfSrmigen Erregeramplitude yon 5 Hz, fiir die nach oben angegebener N[ethode die gleiehe absorbierte Energie im mensehliehen KSrper errechne~ wird, wie fiir das zu vergleiehende Schwingungsgemiseh.

Naeh der VDLRiehtlinie 2057 konnte fiir jedes Schwingungsgemiseh e in /~-Wer t angegeben werden, dem wiederum fiir die Referenzsehwin- gung yon 5 Hz eine Besehleunigungsamplitude zugeordnet war, die dem 5 Hz-Gleiehwer~ entspreehen muBte. - - Ffir einen Vergleieh der in den

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Beurteilung yon Schwingungsgemischen 167

, m . .~-2

~: I A - - - - A Glefchwerlenach VD! 2057 0 ...... 0 Gleichwerten:]ch t50 TC108 WG 7 �9 . . . . �9 Gleichwerte nach Prodko & Lee q l ~ O Gleichwerte nach eigenen ErgebnT$sen

i J i J i - -

1 2 3 4 5 6 7 Hz 8

erMe Harrnoni$che (It) der Erreger~chwingun 9

Abb. 8. 5Hz-Gleichwer~e ffir per iodische Erregerschwingungen. Die Erreger- schwingungen bes tehen aus Gemischen yon 1. Harmonischer (Ampli tude 2 �9 m �9 s -e)

und 2. Harmonischer (AmplRude 2. m. s -z)

Versuchsreihen ermit~elten Werte mit den ISO-Vorsehl/igen ~nlrde die naeh den ISO-Grenzlinien als dominierend ermittelte Teilsehwingung herangezogen. Auf der Grenzlinie, die durch diese Teilsehwingung ver- 1/~uft (s. Abb. 1), wurde bei 5 t tz die zugehSrige Besehleunigung auf- gesueht, weil sie dem im Versuch gewonnenen 5 Hz-Gleichwert enb- spreehen sollte.

In Abb. 7 - - 9 sind Vergleiche zwischen unseren Versuehsergebnissen und den Bewer~ungen nach anderen Autoren dargestel]$. Abb. 7 zeigt die Vergleiehswerte ffir eine Sinussehwingung aus erster plus zweiter Harmoniseher, in der die Beschleunigungsamplitude der zweiten Har- monischen mit 2 m/s 2 doppelt so gro$ ist wie die der ersten ttarmoni- sehen. Hier ist eine gute ]~bereinstimmung der Bewertungen festzustellen. Wird die Amplitude der ersten ttarmonischen jedoeh auf 2 m/s 2 erhSht (s. Abb. 8), so ergeben sich sehon wesentliehe Untersehiede zwisehen den Veffahren naeh VDI und den fibrigen Autoren. Die naeh VDI 2057 er- reehneten Werte liegen insbesondere bei niedrigen Grundffequenzen weir fiber den entspreehenden Punkten der drei fibrigen Kurven. Die Ab- weiehung betr/~gt etwa 45 % bei der Grundfrequenz 2 Hz und wird mit steigender Grundfrequenz geringer (bei 5 Hz ca. 25 %). Ffir die Grund- frequenz 8 Hz gibt es nur noch unwesentliehe Un~ersehiede zwischen den Bewertungskurven mit Ausnahme der yon Lee u. Pradko, die bier eSwa 45% unter den drei fibrigen Kurven liege, die jedoeh zwischen 2 und 6 t tz mit den ISO-Werten und unseren Untersuchungsergebnissen gut fibereia- stimm~.

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168 W. Lange

A ~ m . ,,-2 ~ A

~ 2 .... & , ,

I & - - - - & Gleichwerle nach VDI 2057

0 . . . . . o Gleichwerte nach ISO TCI08 WG?

.. . . . . a. Gleichwerle noch Prodko & Lee

0 ~ 0 Gleichwerte noah eigenen Ergebnisswn

J i I * . . . . i i - -

�9 I 2 3 ~ 5 6 7 Hz 8

erste Harmoni$che (f l ) der Erregerschwingung

Abb. 9. 5 ]~z-Gleichwert fiir periodische Erregerschwingungen. Die Erregerschwin- gungen bestehen ~us Gemischen yon 1. + 2. + 3. Harmonischer mit Amp1Ruden yon

jeweils 2. m. s -s

Erh6ht man die Anzahl der Schwingungskomponen~en um die dritte Harmonische (s. Abb. 9), so ist yon 2 bis 5 Hz wei~erhin eine rech~ gute t3bereinstimmung zwischen den erreehneten Werten nach Lee u. Pradko und unseren Befragungsergebnissen festzustellen. I m h6heren Frequenz- bereich ist diese Ubereinstimmung nieht mehr vorhanden, weft die naeh Lee u. Pradko berechneten Werte bier starker abfallen als unsere Ver- suehsergebnisse. Die ISO-Bewertung weist die grSl3te Abweiehung yon unseren Versuchsergebnissen im niedrigen Frequenzbereieh auf nnd liegt bei einer Grundfrequenz yon 2 I tz ca. 20% darunter. Von 3 bis 8 Hz nghern sieh die beiden Kurven einander bis auf unwesen~liche Unter- sehiede. I m Gegensatz zum ISO-Wer~ liegt der VDI-WeI~ bei 2 Hz welt fiber unserem Versuehsergebnis (40 %) und nghert sich ihm bis auf etwa 15 % bei der Grundfrequenz yon 8 Hz.

Zusammenfassend lgSt sich fiir den bier betrachteten begrenzten Bereich yon Schwingungsgemischen aus wenigen I-Iarmonisehen sagen, dal] die Bewertung nach der VDI-Rieh~linie 2057 mi~ IIilfe des K-Wertes insbesondere in niedrigen Frequenzbereiehen zu hoch liege. Dies ist in erster Linie daranf zuriiekzufiihren, dab d ie / s in der Riehtlinie zwisehen 0,5 und 8 Hz nahezu proportional der Erregerbeschleunigung verlaufen nnd die I-Iauptresonanz des Menschen nicht beriieksichtigen. Die Beurteilung nach Lee u. Pradko s t immt mit unseren Befragungs- ergebnissen his zu Grundfrequenzen yon 5 Hz nahezu iiberein, ws sie im hSheren Frequenzbereieh betrachtlieh unter unseren Versuehs- ergebnissen liegt. Dies kSnnte dadureh erkl~rt werden, dal3 die Autoren

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Beurteilung yon Schwingungsgemischen t69

ausschliel31ich die erreclmete im KSrper absorbierte Energie ffir ihro Bewertung heranziehen und nicht die zwischen 7 und 8 Hz bereits im Bereich Kopf und Naeken anstrengend und belastend wirkenden Erreger- sehwingungen (~agid et al., 1962) entspreehend berficksiehtigen.

Die lSO-Kurven unterscheiden sieh yon unseren Versuehsergebnissen mit zunehmender Anzahl und GrSl~e der Komponenten im Sehwingungs- gemiseh. Nach ihnen werden die Gemische zu giinstig bewertet. Dies mu$ dureh die Methode erkl/irt werden, nur eine Sehwingungskomponente zur Beurteilung heranzuziehen, eine ~ethode, die wahrscheinlieh naeh Vorlage weiterer beweiskr/~ftiger Untersuchungsergebnisse modiflzier~ werden muB.

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Dr.-Ing. Wolfgang Lange Bundesanstalt ffir Arbeitsschutz und Unfallforschung D-4600 Dortmund-marten Martener Str. 435 Bundesrepublik Deutschland