Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und...

38
Plants, Bd. 37, S. 299--3.~6 (1949). Aus den Bot~nischen Staatsanstalten der Ludwig-Maximilians-Universit~t in Miinehen. ZUl~ ENTWICKLUNSGESCHICHTE DES BLATTES, HIT BESONDERER BERtJCKSICHTIGUNG VON STIPULAR- UND LIGULARB!LDUNGEN *. Von INGRID ROTH. Mit 21 Textabbildungen. (Eingegangen am 21. Dezember 1948.) Die Entwick]ungsgeschichte des Blattes, :insbesondere des Mono- eotylenblatte-s, ist bisher derart vernaehlassigt worden, dab eine um- fassende Bearbeitung des Blattformenproblems als dringende ~Tot- wendigkeit erschien. W/~hrend das Dicotylenblatt im allgemeinen seinem Aufbau naeh -- trotz aller Versehiedenheit und Mannigfaltigkeit der Spreitenformen -- eine gewisse Einheitliehkeit in Anlage und Differen- zierung des Primordiums erkennen ]~St, linden sich im Bereich der Monocotylen zahlreiche Blattformen, deren Zustandekommen und mor- phologische Bewertung erst durch genaues Studium der Entwieklungs- gesehiehte gekl~irt werden konnte. Um nut einige Beispiele zu nen~en, mSchte icb auf die sog. ,,unifazialen", meist radi~ren Blattorgane~ wie runde Vorl~u~e, rspitzen und Rundspreiten, hinweisen oder auf die ebenfalls ,unifazialen" Schwertb]~tter yon Iris und vielen anderen Monoeotylen. )~hnliches trifft auch f~r die sogenannten Anhangsorgane yon Mono- und Dicotylenbl~ttern, wie Ligula und Stipula, zu, deren morphologischer Wert bis heute noeh weitgehend ungekl~rt war. Um eventuellen Mil~verst~ndnissen vorzubeugen, sei an dieser Stelle betont, dal3 man sieh heute im allgemeinen dahin geeinigt hat, bei Dieotylen yon Medianstipe]n, von Ligulae dagegen be,_" Monocotylen zu sprechen; die Bereehtigung dieser Begriffstrennung wird sparer eingehend erSrtert werden. Ein historischer t)berblick, der die Gefahren einer einseitigen Betraehtungsweise dieses Problems aufzeigen wiirde, kann infolge der l~aumbeschr~nkung nicht gegeben werden; es sei nur soviel bemerkt, dal~ allein eine gemeins~me Anwendung vergleichend-entwicktungs- geschichtlicher, ~natomischer und histologischer Methoden eine erfolg- reiche LSsung der gestellten Fragen versprach. * Dissertation der Naturwissenschaftlichen Fakultat der Universit~t Miinchen. Planta. Bd. 37. 2l

Transcript of Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und...

Page 1: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

Plants, Bd. 37, S. 299--3.~6 (1949).

Aus den Bot~nischen Staatsanstalten der Ludwig-Maximilians-Universit~t in Miinehen.

ZUl~ ENTWICKLUNSGESCHICHTE DES BLATTES, HIT BESONDERER BERtJCKSICHTIGUNG VON STIPULAR-

UND LIGULARB!LDUNGEN *.

Von

INGRID ROTH.

Mit 21 Textabbildungen.

(Eingegangen am 21. Dezember 1948.)

Die Entwick]ungsgeschichte des Blattes, :insbesondere des Mono- eotylenblatte-s, ist bisher derart vernaehlassigt worden, dab eine um- fassende Bearbeitung des Blattformenproblems als dringende ~Tot- wendigkeit erschien. W/~hrend das Dicotylenblatt im allgemeinen seinem Aufbau naeh - - trotz aller Versehiedenheit und Mannigfaltigkeit der Spreitenformen - - eine gewisse Einheitliehkeit in Anlage und Differen- z ierung des Primordiums erkennen ]~St, linden sich im Bereich der Monocotylen zahlreiche Blattformen, deren Zustandekommen und mor- phologische Bewertung erst durch genaues Studium der Entwieklungs- gesehiehte gekl~irt werden konnte. Um nut einige Beispiele zu nen~en, mSchte icb auf die sog. ,,unifazialen", meist radi~ren Blattorgane~ wie runde Vorl~u~e, rspitzen und Rundspreiten, hinweisen oder auf die ebenfalls ,unifazialen" Schwertb]~tter yon Iris und vielen anderen

Monoeotylen. )~hnliches trifft auch f~r die sogenannten Anhangsorgane yon Mono- und Dicotylenbl~ttern, wie Ligula und Stipula, zu, deren morphologischer Wert bis heute noeh weitgehend ungekl~rt war. Um eventuellen Mil~verst~ndnissen vorzubeugen, sei an dieser Stelle betont, dal3 man sieh heute im allgemeinen dahin geeinigt hat, bei Dieotylen yon Medianstipe]n, von Ligulae dagegen be,_" Monocotylen zu sprechen; die Bereehtigung dieser Begriffstrennung wird sparer eingehend erSrtert werden. Ein historischer t)berblick, der die Gefahren einer einseitigen Betraehtungsweise dieses Problems aufzeigen wiirde, kann infolge der l~aumbeschr~nkung nicht gegeben werden; es sei nur soviel bemerkt, dal~ allein eine gemeins~me Anwendung vergleichend-entwicktungs- geschichtlicher, ~natomischer und histologischer Methoden eine erfolg- reiche LSsung der gestellten Fragen versprach.

* Dissertation der Naturwissenschaftlichen Fakultat der Universit~t Miinchen. Planta. Bd. 37. 2l

Page 2: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

3 O0 I~G~ID l~o~l~:

I. Anatomie des Blattstieles medianstipulierter Bl~itter. Die morphologische Wertung des Aufbaues yon Mono- und Dicotylen-

blatt grtindet sich heute in wesentlichen Punkten auf die Unifazialiti~ts- theorie yon TROLl5 (1939). Ftir das Zustandekommen der Unifazialitiit wird eine ,,kongenitale" Unterdrtickung der morphotogischen Oberseite des Blattes verantwortlich gemacht, wodurch die Blattri~nder mit- einander verschmelzen. Indem man s i ch nun die Blattrs ver- schmolzen vorstellt, muB sich zwangsl~ufig aus dem offenen Leitbtindet- bogen des bifazialen Blattes in den unifazialen Teilen ein Biindelkreis bilden, wenn sich die beiden lateralen Biindel bzw. deren Derivate zu einem Ventra]medianus vereingien. Zu solchen ,,unifazialen" Zonen des Blattes kSnnen sich (nach TROL~) auBer dem Blattstiel auch die Vorl/iuferspitze und selbst das ganze Oberblatt entwickeln (siehe TROLL, 1939, Abb. 954, S. 1178). Dutch das ,,Unifazialwerden" des Blattstieles und die damit verbundene Verschmelzung der Blattr~nder ist auch die MSglichkeit gegeben, dab sowohl die Spreite als auch der Blattgrund in das Randwachstum einbezogen werden, somit Schildblatt und mediane Stipulation entstehen k5nnen. Demnach mfiBte man nun erwarten, dab s~mtliche Dicotylenbliitter mit medianen bzw. innen- stiindigen Stipeln einen ,,unifazial", mindestens aber ,,subunifazial" gebauten Blattstiel besitzen. DaB dies nicht~ iiberall der Fall ist, hat bereits T~OLL selbst erkannt; er glaubt daher in solchen F~llen, in denen ein ,,unifazialer" Stielbau nicht gegeben ist, keine Medianstipeln, sondern Ligularbildungen vor sich zu haben! Deshalb spricht er einigen Medianstipeln der Dicotylen, sowie fast allen Ligularbildungen der Monocotylen den Charakter einer echten Medianstipel ab. �9

Eigene Blattstielquerschnitte direkt oberhalb der Medianstipel haben nun tblgendes erkennen lassen: Als ,,unffazial" kSnnte man wohl noch die Stiele yon Vict~)ria re(jia, Melianthus maior und Menyanthes trifoliata ansprechen, insoferne sich hier eine etwa kreisf6rmige Leitbiindel- anordnung finder. Schwieriger wird dagegen schon die Entscheidung bei Bergenia-, Saxi/raga- und Podophyllum-Arten. Ein Querschnitt beispielsweise durch den Blattstiel yon Bergenia ligulata (Fig. 8) - - direkt oberhalb tier Medianstipel ge, ftihrt - - macht wider Erwarten einen durchaus bifazialen Eindruck. Zwar sind die Leitbiindel hier zerstreut angeordnet; der Stiel ist aber auf der Oberseite deutlich abgeflacht und, wenn wir das Blair im ganzen betrachten, so sehen wit, dab die Stielrgnder (1%-1~ der Fig. 8) eindeutig in die Spreitenr~nder iibergehen. Fast noch augenf~lliger sind die Verh~ltnisse bei Bergenia beesiana; die morphologische Oberseite mit den sie begrenzenden Stiel- rgndern tri?r hier noch deutlicher hervor. Dieselbe ze~streute Leit- btindelverteilung findet sich aber auch z. B. in Scheiden. Vergleichen wir etwa das Querschnittsbild durch den oberen Teil tier Scheide yon

Page 3: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

Zur Entwieklungsgesehichte des Biattes. 301

Podophyllum peltatum (Fig. 3) mit dem Stielquersehnitt (Fig. 1), se miissen wir feststellen, dab sich die beiden Schnitte in der Bfindel- anordnung durch nichts unterscheiden. P. pellatum besitzt wohl- bemerkt neben miner sehr wenig entwickelten Medianstipe] ein gut ausgebildetes Schildblatt. Ein i~hnliches Querschnittsbild wie Bergenia ligulata liefert Rheum o]/icinale (Fig. 2). Aueh hier treten pr~gnante Stielr~nder hervor, die sich kontinuierlich in die Spreitenr~nder fert- setzen. Sehneiden wir ferner den Stiel yon Polygonum cuspidatum direkt eberhalb der Oehrea (die einer Medianstipel hemoleg ist), se erhalten

R g R

A b b . 1. Schema~ i sche Q u e r s c h n i t t e : F ig . 1 d u t c h d e n St ie l yon Podophyllum peltatum. Fig . 2 dutch die S~ielbasis y o n Rheum o]]ici~ale. Fig . 3 d u t c h die Sche ide y o n Podophyllum peltatum. Fig . 4 d u r c h d e n St ie l y o n Houttuynia eordata. R - R

die S t i e l r ~ n d e r 6 m a ] .

R R R

= g

R R

D ~

9 R R ^ ' r i o

A b b . 2. Q u e r s c h n i t t e d u t c h die St ie lo y o n : F ig . 5 Anemiopsis caliiornica ( S c h e i d e n q u e r s c h n i t t ) . F ig . 6 Co]]ea arabiea. Fig , 7 Anaeampseros. Fig . 8 Berger~ia ligulata. Fig . 9 Piper betle.

Fig . 10 Piper geniculatum.

wir das Quersehnittsbild mines deutlich bifazialen Stieles. Die morpho- logische Oberseite ist hier besonders deutlich ausgepr~g~. Start der zerstreuten Biindelano~dnung finden wir sogar einen offenen Bfindel- bogen. Das groL~e inverse Btindel in der Mitre kommt nieht dureh Verschmelzen yon Lateralnerven zustande und darf daher keinesfalls mit einem Ventralmedianus verweehselt werden. Die nach T~OLLs Anschauung zu fordernde unifaziale Zone am Grunde des ]31at~stiels der Polygonaceen konnte aber aueh an weiteren Beispielen, wie u .a . bei Rheum o[ficinale und Rh. l:almatum, nicht geihnden werden. Da T~OLL die bifaciale Natur der Polygonaceen-B!attstiele bekannt war, setzte er n~mlich theoretisch voraus, dab wenigstens direkt eberhalb der Ochrea ein kurzer unifazialer Stielabsehnitt zu finden sein miisse, Sollte sich diese Annahme jedech nicht bewahrheiten, so wfirde sich

21"

Page 4: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

302 I ~ m RoT~:

TROLL gen6tigt sehen, auch die Ochrea zu den Ligutarbfldungen zu reehnen. Bei anderen Fami]ien, wie den Piperaceen, findet man dagegen gerade umgekehrte Verh/~ltnisse, indem direkt fiber der Medianstipel der Blattstiel bifazialen Bau aufweist, wKhrend er erst weiter oben oder in der Mitre e twa kreisfSrmige Leitbfindelanordnung erf/ihrt. So weist beispielsweise der Stiel yon Piper geniculatum eine Ventralrinne auf, die aueh auf einem Querschnitt gut sichtbar hervortr i t t ; dement- spreehend ist es night verwunderlich, dab auch hier eine bifaziale Bfindelanordnung, bestehend in einem offenen Bfindelbogen, festzu- stellen ist (Fig. 10). Auffallend ist nun wiederum die Tatsache, dal3

~ R R R R

R P

1 ~ 1 4

Abb. 3. Stielquerschnitte yon: Fig. I1 PIatanus , Stielmitte. Fig. 12 Viola odorata. Fig. 13 Pla tanus , oberhalb der Ochrea.

Fig. 14 Fragar ia vesva var. monophyl la .

Peperomia incana, die mit einem Schi]d- blatt ausgestattet ist, dasselbe Quer- schnittsbild direkt oberhalb des Median- stipelansatzes erkennen ]/iftt, w/ihrend sieh erst welter oben im Stiel tin Bfindelring bildet. Piper betle dagegen hat in allen seinen Teilen einen durchaus bifazialen Stiel mit offenem Bfinde]bogen (Fig. 9). :~hn- liche Verh~ltnisse, wie die bei Piperaceen geschilderten, machen sich auch bei Caltha- Arten ge]tend. Untersuehen wir Caltha palustris, so erhalten wir direkt fiber der Ochrea einen bifazialen Stielquerschnitt, an dem sowohl Stielr/~nder wie morpho-

logische Oberseite gut erkennbar sind; erst etwas oberhalb stellt sich ein Ventralmedianus tin. Ganz ~hnlich verhalt es sich auch bei Caltha radicans. Der Blattstiel yon Caltha leptosepala weist hingegen in seiner ganzen L~nge ein bifaziales Querschnittsbi|d auf; die Stielr~nder ver- 1/~ngern sieh n/s direkt in die Spreitenr~nder. Auf der Ventralseite besitzt C. leptosepala allerdings mehrere inverse Bfindel. Oal~ die meisten anderen Caltha-Arten mit Schildbl~ttern bifaziale Stielquer- ~schnitte besitzen, in denen die Bfindel in offenem Bogen angeordnet sind, ist in diesem Zusammenhang bemerkenswert und eine Tatsache, auf die schon TROLL gelegentlich der Bespreehung der Diplophyllie bei Caltha hinweist. Nebenbei sei auch noch auf das Schildblatt yon Asteropyrum peltatum aufmerks~m gemacht, das einen runden Stiel mit offenem Bfindelbogen besitzt. Ein ~hnliches Ph/~nomen wie bei Peperomia, aber noch auffallender, zeigt sich bei Platan~s aceri]olius. Der Stiel oberhalb der Oehrea hat einen bifazialen Querschnitt mit einem Leitbfindelbogen (Fig. 13), wobei die Stielr~nder R-R, die hier gut ausgepr/s sind, auch nach oben zu erhalten bleiben, wenngleich die morphologische Oberseite sich etwas verkleinert. Erst in der Stielmitte treffen wit einen Leitbfindelkreis an (Fig. 11), obwohl die mo~phologisehe

Page 5: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes. 803

Oberseite auch hier nicht versehwunden ist. Es diirfte dies ein ~hn- ]icher Fall wie der ffir Hibiscus Manihot von T~onT, geschilderte sein (1939, S. 1208 und Abb. 979). Weitere auff~illigere Beispiele werden noch mehr davon fiberzeugen, dab den medianstipulierten Bl~ttern im allgemeinen bifazial gebaute Stiele zukommen. So finden wir bei Anemiopsis cali/ornica, zwar im Blattstiel einen Bfindelring vor; a]lein, wir wfirden hier zu Unrecht auf eine echte ,,unifaziale" Bfindelanordnung schlieBen. Denn bereits in der Scheide erscheint hier derselbe Bfindelring (Fig. 5), der sich also kontinuierlich in den Stiel hinein Ibrtsetzt und so nur eine ,,unifaziale" Bfindelanordnung vort~iuscht ! Eine andere Saururacee, Houttuynia cordata, ebenfalls mit einer mi~chtigen Medianstipel ausgestattet, hat einen eindeutig bifazialen Stiel, in dem die Leit- biindel hufeisenf6rmig verteilt sind; auch hier wiederum gehen die Stielrinder kontinuierlieh in die Spreitenrs fiber (Fig. 4). Darauf, dag Anacampseros ein einwandfrei bifaziales Ober- blatt besitzt, wies bereits TROLL hin, und er reehnete deshalb diese Medianstipel zu den Ligu- larbildungen. Fig. 7 bringt denQuerschnitt durch die Oberblattbasis. Auch der Blattstiel yon T~'i- /olium repens (mit 5 Bfinde]n im offenen Bogen) ist bifazialer Natur, was T~oLn veranlaBte, aueh bier yon einer ,,Ligula" zu sprechen. Auf einem Querschnitt durch den Stiel yon Potentilla anse- rina erseheinen ebenfalls drei Leitbfindel in bifa- zialer Anordnung. Hierzu vergleiche man den Querschnitt vonFragaria vesca (Fig. 14), bei der dieselben Verh~iltnisse vorliegen. Ferner besitzen alle yon mir untersuehten Drosera-Arten mit Medianstipeln einen voll- kommen bifazialen Blattstiel: Als erste sei Drosera dichotoma angeffihrt, die im Stielquersehnitt 5 Leitbfindel in offenem Bogen angeordnet auL weist; aueh die morphologisehe Oberseite ist hier dentlich ausgepr~gt. D. capensis ist ebenfalls mit 5 Biindeln ausgestattet, 3 gro6en nebst 2 kleineren randlichen (Fig. 15). Bei D. spathulala is~ die Biindelzahl auf 3 reduziert (Fig. 16), wihrend D. binata (Fig. 17) nur mit 2 Bfindeln versehen ist. D. pygmaea, bei der die Reduktion der Leitbfinde]zabl noch welter fortgeschritten ist, besitzt nur ein einziges Stielbfindel, was wohl mit der feinen Struktur des Stielbaues in Zusammenhang zu bringen ist (Fig. 18); fiir D. pygmaea wi~re zugleich noch zu betonen, dal~ sie auger der Medianstipel auch ein wohlausgebildetes Schildblatt besitzt. Hier sehlieBen sich aueh noch einige Beispiele fiir innenstandige S~ipeln an.

R 15 R

~ R

6

R R

R R

A b b . 4. S t i e l q u e r s c h n i t t e y o n : F ig . 15 D r o s e r a c a p e n - .sis. Fig . 16 D . s p a t h u l a t a . Fig . 17 /) . b i n a t a . Fig . 18

D . p y g m a e a , 6 r e a l .

Page 6: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

304 I~o~n t~o~:

Der Querschnitt durch den Blattstiei von Co//ea arabica ist in Fig. 6 wiederum sehematisch dargestellt. ~Vir linden also auch bier einen huf- eisenfSrmigen Btindelbogen, obwohl wir im Sinne yon T~onLs Unifaziali- t~tstheorie eine kreisfSrmige Leitbfindelverteilung erwarten mill]ten. Aueh die morphologische Oberseite und die sie begrenzenden Stiel- r~nder, die wiederum in die Spreitenr~inder tibergehen, sind auf dem Querschnitt deutlieh erkennbar. ~iemand wird auch die Bif'~zialit~t des Blattstieles yon t~ragaria vesca var. monophylla (Fig. 14) und Viola odorata (Fig. 12), beide mit innenst~tndigen Stipeln, bestreiten Wollen! Aus all den angeffihrten Beispielen, die den versehiedensten 1)flanzen- familien entnommen sind, kSnnen wir ersehen, dal~ die meisten median- stipulierten Bl~itter keine sog. ,,unifazialen" Stiele besitzen. Ihre bifaziale ~Natur konnte in den meisten Fiillen auf Grund der Leitbiindel- anordnung eindeutig bewiesen werden. Mit TRoLls Unifazialiti~tstheorie kSnnten demnach nur wenigen t)flanzen mit ,unifazialer" Blattstiel- struktur Medianstipeln zugeschrieben werden, w~thrend alle andern mit bifazialen Stielen im Sinne T~oLLs nur Ligularbildungen besitzen wfirden. Bei der vielfach vSlligen Ubereinstimmung im Aussehen w~re das zumindest eine ~uBerst kfins~liche, mehr als einseitige Klassifizierung, ~ r d e n doeh dadurch Familien, ja selbst Gattungen und Arten aus- einandergerissen. Die Gefa{~bfindelvertei]ung kann daher zur LSsung dieses Problems nicht herangezogen werden; richter sich doch, wie wir gesehen haben, die Leitbiindelvertei]ung Jm wesentliehen naeh den physiologischen Bediirfnissen des Blattes. Jeweils die gestaltliche Aus- bildung und innere DffferenzJerung des Stieles entseheidet, ob mehr oder weniger Biindel angelegt werden, so dal] eine allgemein morphologisehe Rege] - - im Sinne der Unifazialit~tstheorie - - daraus auf keinen Fall abgeleitet werden kann. Vertrit t ja selbst TROLL (1928) dieselbe Auf- fassung, wenn er schreibt (S. 223) : ,,Die I%rvatur ist etwas Sekund~res und kann deshalb fiir die Begrtindung morphologischer Ableitungen nicht verwendet ~verden."

II. Entwicklungsgeschichte yon Dieotylen- und Monoeotylenbl~ittern. Die Ansicht SCHLEIDE:Ns, man habe sich stets um Namen und

kiinstliche Konstruktionen zur Deutung yon Ligular- und Stipular- bildungen bemfiht, ohne auf ,,Natur und Ursprung" dieser Bildungen einzugehen, das heiBt, ohne die Entwieklungsgeschichte als wichtigstes ]3eweismittel heranzuziehen, hat fiir uns bis zum heutigen Tage noch vollkommene Giiltigkeit. ]~achdem wir im vorigen Kapitel feststellen konnten, dab die meisten medianstilGulierten Dicotylenbl~tter bifaziale Stiele besitzen, steht der Annahme, dal~ es sich auch bei der Ligula der Monocoi, ylen uIn eine Stipularbildung handle, nichts n'mhr im Wege. Finden sich doch auch bei ~Ionocotylen seitliche Nebenblatter, die

Page 7: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes. 305

denen der Dieotylen morphologisch vollkommen gleichwertig sind (siehe GLt)CI~, 1901 und 1919; ORTH, 194-2 und 1943; TROLL, 1939 U. a.). Medianstipel wie Ligula (der Autoren) sind auSerdem 5rtlich an einen bestimmten Teil des Blattes gebunden, indeln sie sieh immer nur an der Grenze zwischen Ober- und Unterblat t finder, und zwar beide nur ans dem Unterblatte hervorgehen kSnnen, was ihre En~wicklungs- geschichte beweist. Greift also die Stipularbildung yon den oberen R/~nder~l des Unterbtattes auf die Blattoberseite iiber, so kSnnen wir yon einer Medianstipel reden; diese unterscheidet sieh in niehts yon der ,,Ligu]a". Bei der Entstehung der Medianstipel ist allerdings noch die Frage zu kl~ren, ob es sieh um eine allm/ihliche nach innen fortschreitende Verwachsung ,con seitlichen Stipeln hande]t - - wie dies Tl~Ol~I~ fiir die Mehrzahl der Medianstipeln annimmt --- oder um einen plStzlich auf- tretenden ,Transversalwulst" im Silme Tt~ClJLS. Naeh TROLL ist aber sowohl die Verschmelzung von seitlichen Stipeln wie die Bildung eines Transversalwu]stes nur bei Unifazialit~t des Blattstieles denkbar. Zur Erkl~rung der Ligularbildungen nlul~te daher eine neue Deutungsweise herangezogen werden; es wurde deshalb yon T2OLL der Begriff der ,,zu- sammengesetzten Ligula" der ~lteren Literat, ur iibernommen. Nach dieser Anschauung sollen ]aterale Stipeln mi.t einem h~Lutigen laminalen Auswuehs der Blattoberseite zu einem einheitlichen Gebilde verwachsen kSnnen und so die zusammengesetzte LiguIa bilden, w~Lhrend die ein- faehe Ligula lediglieh aus einer h/~utigen Wucherung der Blattlamina bestehen sollte. Bei dieser Deutungsweise macht vor allem der Gedanke Schwierigkeiten, wie man sieh einen ]aminalen Auswuchs mit Aus- gliederungen des Unterblattes verwachsen vorzustellen habe und ob dadurch die groSe Einheitlichkeit der Ligularbildungen zu erkl/s w~re. Als einziger Familie unt, er den Monocotylen spricht. TROLL den Araceen eehte Medianstipeln zu, da sie ,,unifaziale" Stiele - - im Sinne TXOLLs - - und sogar Sehildbl/s besitzen kSnnen; ich erw/~bne dieses Beispiel besonders, da es sieh im folgenden Abschnitt herausstellen wird, dab gerade hier die Entwieklungsgesehiehte das Gegenteil beweist.

a) Vergleichende Betrachtung des medianstipulierten Dicotylenblattes. Ich sammelte zun~chst auf entwicklungsgeschichtlicher Grundlage

ein reichliches Tatsachenmaterial, das sich sodann auf Grund besonderer Entwicklungsformen fibersieht]ich in verschiedene Typen einordnen ]ieB.

1. Droseraceen-Typ. Eine Verschmelzung seitlicher Nebenbl~tter ist tats~chlich bei Drosera-Arten realisiert. Bereits am Blattprimordium erscheint rechts und links je ein H5cker, die Anlage der seitlichen Nebenb|~tter (Fig. 19). In diesem Stadium ist rein pr~parativ yon einem Ventra]wulst noch nichts zu bemerken. Erst an den n~chst ~Iteren Stadien sehen wir eine ventrale Zone, die die beiden HScker verbindet,

Page 8: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

306 INGRID ROT~t :

sich fortsehreitend naeh der Mitre zu emporw6lben. Indem nun diese Zone zugleich mit den seitlichen HSckern emporwgchst, erhalten wir eine einheitliche Medianstipel, an der allerdings noch die proleptisehe Entwicklung der seitlichen Part ien zu erkennen ist (s. auch E. B:E~C~- DOLT, 1935). Die geschilderte Entwicklungsweise konnte ich bei Drosera pygmaea, D. dichotoma, D. spathulata, D. binata und D. capensis be- obachten. Wir miil~ten demnach mit TROLL erwarten, dal~ alle median- stipulierten Droseraceen unifaziale Stiele besitzen; da,~ aber gerade bei diesen Arten ein bifazialer Stiel vorliegt, konnte schon im vorigen Kapitel an Hand yon Querschnitten veranschaulicht werden (s. Fig. 15--]8). Demnaeh kann die Verschmelzung seitlicher Stipeln mit einem ,,Uni- fazialwerden" des Stieles in diesen F/~l]en nieht urs/~chlich zusammen-

h~ngen; es ist dies vielmehr mit der Tatsaehe in

Abb. 5. Fig. 19 .Drosera spathulata. Fig. 20 A n a - campseros. Jnnge Blat t -

anlagen. Sti Stipeln. Fig. 19, 75real. Fig. 20, 30mal.

Zusammenhang zu bringen, dab die Histogenese des Blattes ganz allgemein auf der adaxialen Seite sp~iter zum Absehlu$ kommt als auf der Dorsal- seite und an den Flanken. Besonders bemerkens- wert erscheint mir auch in diesem Rahmen die Feststellung, dab bei Drosera pygmaea sogar ein Sch!ldblatt vor]iegt. Ein zweites zu dieser Typen- gruppe gehSriges Beispiel ist Platanus aceri/olius, dessen Blattentwicklung auf ganz 5hnliche Weise

wie bei Drosera vor sich geht. Ha t das Oberb]att bereits zwei H6eker abgegliedert, die Anlagen der Fiedern, so erkennen ~dr die Stipel n immer noch als zwei getrennte Primordien (Fig. 26). Auch hierbei bi!det sich dann der verbindende Querwulst und, indem der ganze so gebi]dete Stipularrand hochwiiehst, entsteht die Ochrea. Oberhalb der Ochrea weist der Blattstiel yon Platanus einen offenen Biindelbogen auf, der sich erst in der Stielmitte in einen Biindelring umwandelt. Ferner sind hier die Nympha:aeeen anzuffihren und unter ihnen vor allem Victoria (re.qia und cruciana). Fig. 24 ste]lt ein Stadium dar, bei dem die Verschmelzung der seitlichen Nebenbl/itter gerade im Gange ist; man erkennt bereits einen einheitliehen Wulst, der die beiden Stipeln verbindet. Co]]ea arabica sehliel]t sicb ebenfa]ls an diesen Typus an. Daft auch hier der Stielbau ein bifazialer ist, wurde im anatomisehen Teil bereits be- sprochen. Wiederum ist das O berblatt, deutlich bifazial und auf der Ventralseite abgeflacbt. Vor Anlegung eines Ventral- oder Trans- versalwulstes nehmen wir ebenfalls eine ]3evorzugung der ]ateralen Partien wabr, die weiterhin aueh erhalten bleibt, wiihrend das Waehstum des verbindenden Mittelstfickes bald zum Stillstand kommt, wodurch die ,,innenst/~ndigen" Stipeln entstehen.

Einen (ffbergang zur n~chsten Typengruppe bildet Melianthus major. Das Primordium yon Mslianthus hat zun/ichst eine kegelfSrmige Gestalt

Page 9: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

Zur Entwicldungsgeschichte des Biattes. 307

(Fig. 34). Von einer Bevorzugung lateraler Stipularanlagen kann aber hier nicht die Rede sein. Die Wulstbildung greift n/~mlich gleiehmi~gig yon den beiden R~ndern auf die Ventralseite des Blattes fiber (Fig. 27), wenn die Blattfiedern bereits angelegt sind. Bei einem weiter fort- gesehrittenem Stadium bemerkt man erst eine bevorzugte Entwicklung

23

t .~ .;%.i:; ~. . ~ N~2~i!ii~ii

z,

--kbb. 6. Versch iedene B l a t t e n t w i c k l u n g s s t a d i e n yon : Fig. 21 Houtluynia cordata (B ~). Fig. 22 j unges B l a t t yon geratrum. Fig. 23 ~ l te re B l a t t a n l a g e y o n Houttuynia (B3). Fig. 24 Victoria regia. Fig. 25 u n d 28 zwei au fe inande r fo lgende junge B l a t t a n l a g e n yon Anemiopsis caliIornica. Fig. 26 Platanus aceriJolius. Fig. 27 Melianthus major~ Fig. 29 Bambusa polymorpha. B Bla t t , L Ligu la , /~' F i ede ran lagen , E Endf i ede r , g Vor l~ufersp i tze , Sp Sprei te , V P V e g e t a t i o n s p u n k t . Fig. 23, 26, 27. 45real . Fig. 21,

24, 60real . Fig. 25, 30real . Fig. 28, 24real . Fig. ~2, ve rk l e ine r t . Fig'. 29, 12real .

der beiden randliehen Partien, wodurch die spi~ter zweizipflige Gestalt der Medianstipel zu erkl~ren ist. Diese Entwieklungsart steht sehon der n~iehsten Typengruppe insoferne nahe, als yon einer prim~ren Ent- stehung seitlicher Nebenblattanlagen hier niehts mehr zu erkennen ist. Melianthus kann trotzdem noeh als Vertreter dieser Gruppe gereehnet werden, da die Bildung des Transversalwulstes, aus dem die Medianstipel sieh entwiekelt, erst allm~hlieh yon den Seiten her naeh der Mitre hin

Page 10: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

308 I~aID Ro~H:

fortschreitet. Victoria und Melianthus haben im Stiel etwa kreisfSrmige Verteilung der Leitbiindc]. Trotzdem liegt den entwicklungsgeschicht- lichen Ergebnissen zufolge kein Grund vor, etwa Victoria vom Drosera- Typ zu r und im einen Falle - - nur auf Grund der Leitbiindel- verteilung im Stiel - - you einer echten Medianstipel, im anderen Falle aber yon ciner Ligu]a, kombinicrt mi~ zwei seitlichen INeben- bl~ttern, zu sprechen. Denn die Entwicklungsgeschichte des median- stipulierten Blattcs, das seine Entstehung einem zweifellos bifazialen Primordium verdank~, ist bei dieser Typengruppe in jedem Fallc dieselbe und verl~uft auf die geschilderte Weise, indem sieh die Medianstipel durch Verschmelzung yon vornherein getrennter Nebenblattprimordien bildet.

2. Polygonaceen-Typ. Bei allen nun folgenden Typen nimmt die Medianstipel ihre Ents tehung aus einem einheitlichen Ventralwulst ohne vorausgchende Ausgliederung seitlicher Nebenb]attprimordien. Es handelt sich also um denselbcn homogenen Transversalwulst, wie wir ihn sparer bei der Entstehung der Ligula kennenlernen werden. Eine Trennung der drei diesem Typus angehSrenden Gruppen ist nut insoferne berechtigt, a]s sich ihrc Primordien im Aussehen wesentlieh unter- scheiden; aUerdings sind diese Untersehiede mehr oder weniger quanti- tativer Art, so dab sich die einzelnen Erscheinungsformen - - in linearer Anordnung - - direkt voneinander ableiten !assert. Bei den zun~chst zu besprechenden Polyg0naceen ist das Primordium bereits stengelumfassend, wenn der Transversalwulst sich erst bi ldet ; er t r i t t aber auch hier verh~ltnism~l~ig friih in Erscheinung. Es kommt nun gelegentlich vor, dal~ sich seitlich am Unterblat t kleine stipelartige 0hrchen bflden; diese sind dann aber sekundfirer l~atur und entwickeln sich erst nach Ent- stehung des Transversalwulstes. Polygonum orientale, P. cuspidatum, Rheum o//icinale und JFagopyrum silvaticum, die yon mir daraufhin untersucht wurden, besitzen, wie schon oben erw~hnt wurde, bifaziale Stiele; die Stielr~nder, welche oben in die Spreitenr~nder fibergehen, lassen sieh in ihrem ganzen Verlaufe deutlich verfolgen. Die yon T~OLL geforderte unifaziale Zone an der Stielbasis ist nirgends zu linden. An diesen En~wicklungstyp liiI~t sich auch noch Anacampseros an- schliel~en. Wir haben es hier wieder mit einer Medianstipel, nicht mit einer Ochrea, wie bei den l%lygonaceen, zu tun. Sie wird ebenfalls als homogener Ventralwulst angelegt, ohne Bevorzugung randlicher Partien (Fig. 20).

3. Piperaceen-Typ. Ein wesentlieher Unterschied des Piperaceen- Entwicklungstyps zur vorigen Gruppe besteht nur darin, dab hier ein stark ausgepri~gtes Ventralmeristem ti~tig ist, das das ganze, anf~nglich etwa kapuzenfSrmig gestaltete Primordium yon vornherein sehr massiv werden ]~i~t; trotzdem ist die Bifazialit~t des Gesamtorgans deutlich

Page 11: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes. 309

zu erketmen, indem die Primordialr/~nder plastisch hervortreten. Die Tgtigkeit dos Ventralmeristems erstreekt sich zun~chst haupts~iehlieh auf den Ventralwulst und in geringerem Mage auf das Oberblatt. Zu dieser Typengrulope gehSren: Piper betle, Peperomia incana, Piper megalophyIlum, Piper geniculatum und andere Piper-Arten. Die auf- fallende ~hnliehkeit der jfingsten Primordialstadien und die Uberein- stimmung der Entwicklungsgeschichte veranlaBte mich, zu diesem Typus auch die medianstipulierten Saururaeeen zu z~hlen. Aus diesem Grunde ~:urde auch auf gesonderte Abbildungen der Piperaeeen-Primordien verzichtet, da sie denen yon Houttuynia vollkommen gleichen. Das zun/ichst wieder kapuzenfSrmig gestaltete Primordium yon Houttuynia cordata bildet friih ein Ventralmeristem aus, dessert Schwerpunkt auf tIShe des Transversalwulstes liegt, so dag die I~/inder des Unterblattes einerseits in die dos Oberblattes fortla~ufend iibergehen, andererseits aber aueh auf der Ventralseite ineinander verlaufen (Fig. 21). Das Ventralmeristem schreitet nun in seiner Entwicklung so weir fort, dab Spreiten- und Seheidenr/inder ihre Verbindung verlieren und die dureh den Querwulst verbundenen R/inder des Unterblattes sehlieBlieh ken- tinuierlieh don Vegetationspunkt umgeben. Dabei hat das junge Blatt merldich an Dieke zugenommen, besonders im mittleren Teile, aus dem sieh sp~ter dutch Streckungswachstum der Stiel differenziert (Fig. 23). W/~hrend wir vorhin noch yon der BifazialitS~t des Primordiums fiber- zeugt waren, k6nnten wir bei der Betrachtung dieses fortgeschrittenen Stadiums allein, ohne jtingere Stadien zu kennen, an eine ,,kongenitale Unifazialit/it" im Sinne Tt~OLLs denken, die also bier nur naehtr/iglieh vorget/~uscht wird. D~r obere Scheidenrand w~chst nun gleiehm/igig hoch und bildet so die Medianstipel (Fig. 31); aus dem oberen Teil der Kapuze dagegen entwiekelt sieh die Lamina. Ganz i~hnliche Ent- wicklungsstadien treffen wit bei Anemiopsis cali/omica an (Fig. 25). Aueh bier ist friihzeitig ein Ventralmeristem t/itig, das gleiche, das sp~f, er fiir das Diekenwachstum des Stieles verans wird; wir erkennen in diesem Stadium dan n nichts mehr yon einem direkten l~bergehen der Scheiden- in die Stiel- und Spreitenr~nder (Fig. 28). Nachdem wit also die Entwicklungsgesehiehte dieser medianstiloulierten Bli~tter kennen, nimmt es uns welter nicht wunder, wenn ihre Stiele bifaziale Struktur und demnaeh Leitbiindelverteilung im offenen Bogen aufweisen.

4. Caltha-Typ. Von dem vorhergehenden unterseheidet sieh dieser Typ haupts~iehlieh dadureh, dal3 das Ventralmeristem noeh frtiher in Erseheinung tri t t , das Oberblatt also yon vornherein noeh massigere Gestalt hat und nahezu rundhehe Formen annehmen kann. Die Tat- sache aber, dag es vor~ dem vorigen Typ, wie unten zu zeigen sein wird, leicht abgeleitet werden kann, beweist sehon allein die Bifazi~lit~it

Page 12: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

310 ~[NGRID I~OTI~ :

dieser Organe. Aueh hatten wir schon bei Besprechung der Anatomie der Blattstiele Gelegenbeit, auf die bifaziMe Verteilung der Leitbiindel im Stiel hinzuweisen. Vielmehr noeh aber als das beweist die ]3ifazialitat dieser BlOtter der Umstand, daG sich das massive Oberb]att sparer abplattet und die bffaziale Spreite bildet, die ohne Unterbreehung, d. h. ohne Einschiebung einer ,,unifazialen" Zone sieh direkt mit, ihren R/~ndern in die Blattstie]r~inder fortsetzt; auch an der Stielbasis, direkt oberhalb der Medianstipel, ist kein Ubergang in eine ,,unifaziale" Zone zu erkennen. Diesem Entwieklungsf, yp gehSren wiederum Vertreter veraehiedener Familien an, insbesondere aus den PolycarlJicae und Rosales. I e h rechne zu diesem Blat t -Typ Caltha palustris (Fig. 47), C. radicans, C. leptosepala, ferner Menyanthes tri[oliata, Saxifraga crass,i- ]olia, Bergenia Iigulata, Pote.~tilla anserina (Fig. 30) und die mit ,,innen- st~ndigen" Stipeln ausgestattete Fragaria vesca. Die Figuren zeigen deutlieh, ~4e die Scheidenri~nder direkt ineinander iibergehen. Auch bei Fraffaria vesca t r i t t zunii,chst ein einheitlicher Ventralwulst auf, an dem sich erst nachtr~glich (postgenital) die seitlichen Partien bevorzugt entwiekeln, wodureh ,,innenst/indige" Stipeln zu entstehen scheinen. Ein /ihnlicher Fall wird uns unter den Monocotylen bei Hydrocharis morsus ranae wieder begegnen. Das Beispiel yon Potentilla zeigg ferner, wie sich aus dem massigen Oberblatt, das in statu nascendi ,,unifaziale" Strukturen aufzuweisen scheint, die Fiedern seitlich als H6cker in basipetaler Folge abgliedern und somit seine bifazia]e N~tur deutlich beweisen. DaB hiermit, die Beispiele ffir medianstipulierte BlOtter nicht ersch6pft sind und sich dementsprechend die einzelnen Typengruppen noch beliebig erweitern liegen, ist selbstverst~ndlich. Einen interessanten Blat t -Typ der Dicotylen stellen auch noch die Magnoliaceen dar; da sie jedoch --- wie sp~ter zu eeigen sein wird - - , keine echten Median- stipeln besitzen und ihre Blattent.wicklung sehr viel _~hnlichkeit mit der der Araeeen aufweist, mSgen sie dort noch anhangsweise besproehen werden (s. S. 315).

b) Vergleichende Betrachtung des eligulaten und des ligulaten Monocotylenblattes.

Von der Kenntnis der einzelnen Entwicklungstypen der median- stipulierten Dicotylenbl~tter ausgehend fiihrte nun ein direkter Weg zum Verst~ndnis der ligulierten Blattformen yon Monocotylen. Um die ligulierten Blat,tentwicklungstypen der Monoeoctylen leichter verstehen zu k6nnen, gehen wir zun~tchst von einfaeheren Blatttbrmen aus, die keine Ligula besitzen. Denn es hat sieh gezeigt, dal~ die Monoeotylen- Primordien im allgemeinen eine wesentlieh andere Gestaltungsart auf- weisen als die meisten der Dieotylenbliitter. Dies ist teilweise mit den Lageverh~Itnissen in der Knospe und mit dem Umstande, dab die

Page 13: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes. 311

Blgtter mehr oder weniger stengelumfassend sind, in Zusammenhang zu bringen, zum grSl~ten Teile aber mit der spgteren Ausgestaltung, n~mlich der starken Entwicklung der Scheide und der im Gefolge von h~ufiger Stiellosigkeit sich bildenden bandartigen Endform des Gesamt- organs, zu verbinden. Von diesem allen Monocotylen-Primordien letzten Endes zugrunde !iegenden Typus aus lassen sich alle anderen abweichen- den Formen direkt erschliel~en.

1. Amaryllidaceen- und Litiaceen-Typus. Die einfachste Blattform, niimlich der ,,Zungen-Typ~s" des Primordiums, herrscht bei den Amarylliduceen vor. Das Primordium ~:ird am V.P. 1 als Ringwall angelegt, jedoch ist die mittlere Partie, die spgter das Oberblatt bildet, etwas im Wachstum bevorzugt. ])as Oberblatt wgchst auf Rticken- und Bauchseite ganz gleichmgl~ig und geht kontinuierlich in die Scheide fiber, wodurch die zungen,~rtige Form des ]?rimordiums zustande kommt,. Beim Lfliaeeen- oder Kapuzentypus des Primordiums neigt sich die Blattanlage auf Grund hyponastisehen Wachstums yon Anfang an etwas fiber den V.P. und, da das Lgngenwachstum auf der l~fieken- seite weiterhin verstgrkt ist gegenfiber der Bauchseite, nimmt sie kapuzenfSrmige Gestalt an. Das Primordium umsehliel~t meist so vollst~tndig den V.P., wie dies z. B. bei Veratrum der Fall ist, dab rim" noch ein kleiner Scblitz tibrig bleibt, der yon den Primordiatrgndern begrenzt wird (Fig. 32). Indem sich nun die Primordialrfinder dutch eine interkalare Waehstumszone in der Lgngsrichtung strecken und sich so die i3ffnung erweitert, wird die Spreite deutlich erkennbar (Fig. ~2). Der basale Teil des Kapuzenblattes dagegen liefert die. Scheide, wobei man im Primordialstadium meist noch keine genauere Grenze zwischen Ober- und Uaterblat t ~:estlegen kann (Fig. 22).

2. Gramineen-Typws. An die eligulaten Formen des Kapuzentyps lassen sich ohne weiteres Typen anschlie2en, deren Primordien ebenfalls einfach kapuzenfSrmig gestaltet sind (z. B. Bambusa polymorpha), bei denen sich aber im Laufe ihrer Entwicklung da.nn an der Grenze yon Ober- und Unterblat t eine Einbuchtung bildet, die die Trennung des Primordiums in Spreite und Scheide andeutet. An dieser Stelle dif- ferenziert sich nun im folgenden ein Wulst auf der Yentralseite heraus, der der Ligul~ den Ursprung gibt (Fig. 29); der WuIst bildet sich hier verhaltnismal3ig sp~t, im Vergleich mit den medianstipulierten Di- cotylenblattern. Die BlOtter k5nnen aber noch viel einfacher gebaut sein, so da[t eine aul~erliche Trennung zwischen Ober- und Unterblatt erst bei Entstehung der Ligula siehtbar wird. Zu dieser Gruppe gehSren hauptsachlich Gramineen, ligulate Cyperaceen und Juncus radicans. Der Ligularwulst entsteht ebenso gleichmal~ig wie bei den meisten

1 V.P. wird fernerhin standig die Abkiirzung fiir Vegetationspunkt seln.

Page 14: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

312 I~emn 1~o~:

Dicotylen, und yon einer Verschmelzung seitlicher Stipeln kann nicht die Rede sein.

3. Potamogeton-Typ. Wegen der auffallenden-~hnliehkeit dieses Blatt-TylQs mit dem Polygonaceen-Typus m6chte ieh diesen Typ zu einer eigenen Gruppe erheben. Die Entwieklungsgesehiehte ist in allem vergleichbar der der Polygonaceen, wesh~lb man die dortigen Abbildungen vergleiehe. I-Iierzu geh6ren vor allem Helobiae: Potamogeton-Arten, Scheuchzeria palustris, Hydrochari~ morsus ranae, Hydromystria-Arten und Limnobium Boscii. Bei Hydrocharis ist erst sekund/~r t in bevor- zugtes Wachstum der ]ateralen Partien des Ligularwulstes zu be- obachten, wodurch die ,,innenstgndigen" Stipeln gebildet werden, welcher Vorgang uns bereits yon Fragaria her unter den Dicotylcn bekannt ist.

4. Araceen-Typus. Um diesen Typus, wohl einen der interessantesten unter den Monocotylen, genauer erl~utern zu k6nnen, mug ich zun~chst einige Beispiele anfiihren, die sich den vorangegangenen Typen enger anschlieBen. Denn bei den Araceen linden wir im allgemeinen hSher differenzierte Blattformen, die im ausgewachsenen Zustand in Spreite, Stiel und Scheide gegliedert sind. Trotzdem lassen sich diese h5her entwickelten Formen zwangslgufig aus den einfacheren ableiten durch verschieder~e l~bergiinge, wie wir sic etwa in den Primordialtypen yon Pothos macrophyllus, Hedychium- und Phrynium-Arten vor uns haben. Das Primordium yon Pothos macrophylles ist ein einfaches Kapuzen- blatt, das sieh - - als einzige Differenzierung - - an der Grenze yon Obcr- und Unterblat t einschniirt (Fig. 37). An diese eligulate Form schliegt sich ohne weiteres Hedychium coronarium, desgleiehen auch Phryaium an. Wit gehen wieder yon dcm uns bereits bekannten Kapuzenprimordium aus und lassen seine R~nder sich fibereinander schlagen; dabei nehmen wir schon wahr, dab der ,,Schlitz" der Kapuze eine schwache Nriimmung vorgenommen hat, etwa in Form einer S-Linie (Fig. 36). In der Mitre dieser S-Linie erfolgt nun die Trennung zwisehen Ober- und Unterblat t durch eine Einbuchtung, wobei Scheiden- iappen ausgegliedert werden (Fig. 38). 0ffnen wir aber das B]att, so sehen wir, dab auf der Ventralseite an der Grenze yon Scheide und Spreite bereits die Ligula in Form eines Wulstes in Bildung begriffen ist. Auch beim Araceen-Typ nehmen wir d~s einfache bifaziMe Kapuzem primordium (z. B. yon Calla) zum Ausgangspunkt. ];n dessen weiterer EntwicMung schlagen sich auch hier die Primordialr/inder iibereinandcr, buchten sich dabei aber etwa in der Mitre des Primordiums ein, so dab eine Meine 0ffnung frei bleibt, durch die sich die Vorli~uferspitze des niichst jfingeren Blattes hindurchschiebcn kann (Fig. 39). Die 0ffmmg gib$ aber auch zugleich die Stelle des Blattes an, an der sich spi~ter der Stiel bilden wird. ]m Verlauf der weiteren Entwieklung bildet sich nun

Page 15: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

Zur Entwieklungsgeschichte des Blattes. 313

ein nicht unerhebliches Ventralmeristem, das zun~,ehst AnlaB zur Bildung eines Ventralwulstes gibt, der spSter die Araceen-,,Ligula" aufbaut (Fig. 35). Das Ventralmeristem hat sieh bier aueh bereits auf die im Entstehen begriffene Stielzone ausgedehnt, In Fig. 40 hat das Ventralmeristem weitere Fortsehritte gemaeh~. Zwar kann man noch verfolgen, wie die Scheiden- in die Spreitenr/inder fibergehen, aber der Stiel hat bereits eine merkliche Dickenausbildung erfat~'en; die Ligula da,gegen ist fiber das Stadium eines Wulstes noch nicht

s 3o r $

Abb. 7. ]~lattan]agen ,con: Fig. 30 Potentilla anserina, 45real. Fig. 31 Houttuynia cordata (B~). Fig. 32 Veratrum (BD, 6raM. Fig. 33 Caladium (B4), 6real. Fig. 34 211eli- anthus major (B1), 40 rea l Fig. 35 Caladium (Ba), 22 rea l Fig. 36, 38 Hedychium eoro- narium. Fig. 36, 12real Fig. 38, 6 r e a l Fig. 37, Pothos macrophyllus. Fig. 39, Calla,

30real. Fig. 40 Pothos celatocaulis, 22real. St Stiel, O Oberblatt , U Unterbla t t ,

hinausgekommen. Endlich aber erhalten wir in einem fortgesehritteneren Stadium ein Bild, wie es etwa Fig. 33 bei Caladium darstellt: Der Stiel hat sich infolge des Dickenwachstums der runden ~'orm schon sehr genabert; an der basalen Grenzzone des VentrMmeristems hat sich die Ligula herausdifferenziert und an der apikalen - - hervorgerufen durch einen zweiten, aber viel sparer entstandenen Querwu]st - - hat sich ein Schildblatt gebildet. Zwar erkennt man am Stiel nun noch auf der Ven~ralseite eine seichte Rinne, die sich jedoch im Verlauf des weiteren Wachstums ausgleicht, so dab der Stiel im ausgewachsenen Zustand durchaus einen runden Eindruck macht; im Stielquerschnitt linden sich die Leitbiindel nach Monocotylenart zerstreut, jeweils mit endo- skopen Xylemen. Man k6nnte also, soferne man yon der Entwicklungs- geschichte keine Kenntnis h~tte, diesen Blattstiel im ausgewachsenen

Page 16: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

314 I~cmD Ro~.:

Zustand fiir ,,unifazial" ansehen, was auch TROLL getan hat. So schreibt er in seiner Schildblattarbeit (1932) fiber die Araoee Ariopsis peltata: ,,Der Stiel ist strong unifazial, wie unter anderem aus dem Zusammenlaufen der Scheidenr~nder' an der Grenze yon Blat tgrund und Stiel hervorgeht. Die Entwicklungsgeschichte der Spreite s t immt im wesontlichen mit der anderer Schildbl~tter fiberein. Der Stiel- ban ist kongenital-unifazial". Und an anderer Stelle (1939, S. 1177) schreibt TROLL w5rt]ich, ,,dab unffaziale Strukturen schon als solche angelegt werden und nicht etwa aus anf~nglich bifazialem Bau durch nachtr~g]iches Verschwinden der Oberseite zustande kommen". Kommen wir noeh einmal auf Fig. 33 zurfick! t i ler siebt man immerhin noch l ~ n d e r am Stiel herablaufen, die die Grenze zwischen Blattober- und Unterseite gerade noch andeuton. Ein solches Entwicklungsstadium war auch TROLL (1939) bei Schismatoglos~i8 pulchra aufgefallen und er schreibt darfiber (S. 1207): ,,Die Stielr~nder kSnnen ... nieht mit den Blattr~ndern identisch sein ; vielmehr ist ihre Existenz einer sekund'~ren Abflachung des Stieles zuzuschreiben.. ." DaB bier yon einer ,,kon- genitalen Unifazia]it~t" nicht die Redo sein kann und noch viol weniger yon einer sekund~ren Abflachung des Stieles, geht aus meinen Aus- ffihrungen eindeutig horror; denn der Stiel schliel~t Blattunter- wie Oberseite in sich ein, wenn auch die wahren Verh~ltnisse sparer durch das Auftreten des Ventralmeristems verwiseht werden. Da.l~ es sich tats~chlich um ein Ventralmeristem handelt, kann man im fibrigen sehr gut an Querschnitten ver~blgen. Fig. 75 zeigt einen solchen, geffihrt an der Grenze yon Schoide und Spreite, dutch das zweitjiingste Blat t von Calla. Die Ventralrinne ist gut sichtbar. Deutlich wird vor a]lem der Sitz des VentralmerJstems, das nach innen die langen Reihen yon Zellen abgliedert; dabei bilden sich yon innen nach auIten Zellkomplexe zu Gef~,I~bfindelprimanen urn. Die Leitbiindelanordnung ist demnach sokund~rer Entstehung und kann fiir die morpho]ogische Deutung der sog. ,,unifazialen" Strukturen dos Blattstieles nicht herangezogen werden. Am Beispiel der Araceen hat es sich nun gezeigt, delft ,~owohl Schildblgtter; wie sog. ,uni/aziate" Stiele und Medianstipeln aus einem primiir deutlich bi/azialen, abge/lachten Gesamtorgan, dem Kapuzen- primordium, hervorgehen kSn~en! Zum eben geschilderten Entwickhmgs- typus gehSren auBer einigen Seitamineen die moisten Araceen, wie bei- spielsweise: Dieffenbachia, Anthurium, Philodendron, Pothos, Aloca~'ia, Ariopsis peltata, Syngonium podophyllum und viele andere mehr. Von der Tatsache aus, dal] das Monocotylenprimordium stets ein bifaziales Organ ]st, das sioh friihzeitig in Ober- und Unterbla t t gliedert, dann aber h~ufig keine weitere Differenzierung mehr erf~hrt, sind sicherlicl~ auch viele Hochbl~tter y o n Monocotylen zu verstehen, z u m Beispiel wfirde ich die' Araceen-Spatha im a]lgemeinen nicht als rein vaginaler

Page 17: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

Zur Entwicklungsgcschichte des Blattes. 315

l~Ierkunft bezeiebnen, sondern ich sehe sie als ,,bivalentes" Btatt an, das sowohl die Anlage yon Ober- wie UnterbIatt in sich tr/~gt, also als einfaches Kapuzenblatt , das zwar auf dieser Entwicklungsstufe stehen geblieben ist, aber - - w/ire es in seiner Entwicklung nieht gehemmt worden - - Scheide und Spreite hervorgebracht h/~tte. Einen solchen Vorgang kann man sich etwa an den Spa~ha, bl~tttern von Cryptocoryne, die mit einer Ligula versehen sind, veranschaulichen. An der Insertions- stelle der Ligula, die etwa in 2/s der Gesamth6he liegt, kann man noch feststellen, dab auch das Oberblatt an der Spathabildung wesentlich beteiligt ist. :Die Ligula deutet hier die Grenze zwisehen Ober- und Unterbl.~tt an. Die Laubbliitter yon Cryptocoryne ~ sind allerdings eligu]at. Aber diese Tatsache stellt keinen auBergew6hnlichen Fall im Pflanzenreich dar. Bei Dicotylen ist es beispielsweise nicht selten, daft die Laubbl~tter seit]iche Nebenbli~tter besitzen, w/~hrend Itoch- und Peri~nthb!/itter mit )~edians~ipeln ausgestattet sind; ich erinnere nur an die Blumenbl/itter yon Reseda-Arten sowie die Kelchbl/~tter yon Passi]lora. Es is~ demzufolge nieht richtig, wenn TROLL (1939, S. 1373) die Vermutung ausspricht: ,,Medianstipulierte I-Iochbli~tter sind yon vornherein nur yon Pflanzen mit ebensolchen Laubbl~ttern zu erwarten." Auch hieraus geht ~ieder mit Klarheit hervor, daft ,,Unifazialit/~t" mit dem Zustandekommen yon Medianstipeln nichts zu tun hat; dies &uBert sich besonders in ttoch- und Bliitenblattregion, wo wir es yon vornherein mi+~ flachen, deutlieh bifazialen Organen zu tun haben.

Anhgngsweise sei bier noch die Blattentwicklung der ~r bespr0chen , da diese demselben Typus angehSren wie die eben be- sprochenen Araceen. Zun/~chst haben wir es auch hier mit einem Kapuzenprimordium zu tun, das ja - - wJe wir hSrten - - im grol)en und ganzen auf die Monocotylen beschrg~)kt ist. Indem nun etwa in der Mitte des Kapuzenblattes die Primordialr/~nder aufeinander zuwachsen, vollzieht sieh eine Trennung in Ober- und Unterblat t (Fig. 46). Die noch vorhandene 0ffnung schlieBt sich sodann der ganzen Lgnge nach, wobei abet schon dentlich eine Differenzierung in Ober- und Unterbl~tt kenntlich wird (Fig. 43). Fiihren wir gber einen medianen L/~ngsschnif, t dnrch das junge Blat t (Fig. 45), so nehmen wir auch hier bereits die T/~tigkeit eines betr~ehtlichen Ventralmeristems wahr. I m wei~eren Verlauf verwachsen die Rander des Unterblattes vollst/~ndig, w/~hrend die des Oberblattes die Spreitenr/~nder aufbaUen und sich bei der Ent- fal~ung 5finch. Schliei~lich abet vollzieht sich die AufwSlbung des Unterblat~es, wodurch sich die geschlossene Tute entwickelt (Fig. 44). Durch die Tgtigkeit des Ventralmeristems bildet sich zur selben Zeit der runde Stiel aus, der im vollentwickelten Zustand Leitbfindel- verteitung im Xreis aufweist; an ihm ist spiiter yon einer , ,Naht" nichts mehr zu sehen: welches Verhalten uns aus den bei Araeeen vorliegenden

Planta. Bd. 37. 22

Page 18: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

316 I~a~D Re,u:

Verh~iltnissen sofort klar wird. Von einer eigentlichen Nebenblattbilduny kann man aber nicht sprechen, denn yon einer proleptischen Entwicklung lateraler Stipularh6cker ist nirgends etwas zu sehen, noch weniger yon einer Verwaehsung dieser HSeker durch einen Transversa]wulst, wie dies ~]ICHLEIr fiir Magnolia und Liriodendron angibt. Es ]iegt hier nur eine postgenitale Verwachsung der Scheidenriinder vor.

5. Triglochin-Typus. An den Araceen-Blat typ kSnnen wir BlOtter vom Triglochin-Typus sehr einfach anschliel3en, wenn wir uns als Ober-

gangsbildung Arisaema ringens ansehen : Wir brauchen uns nur vorzustellen, dal] die Bil- dung des Ventralmeristems am Kapuzen- biat t zeitlieh verschoben ist und schon bedeutend friiher in T/~tigkeit tr i t t . Das Kapuzenbla t t n immt dann sehr bald eine Gestalt an, die etwa mi~ der des Pil3eraceen- Typus zu vergleichen ist; seine bifaziale Natur i s t aber --~ wie dort - - noch deutlich erhalten (vgl. auch Fig. 46). Aueh im media- nen Langsschnitt kSnnen wir uns yon der An- wesenheit des Ventralmeristems iiberzeugen. Hies' schaltet sieh auf dieselbe Weise wie bei

Abb. 8. giingere Blattent- den anderen Araeeen der sekundgr runde, wicklungvon:Fig. 41,42Jun- bisher ,,unifazial" genannte Stiel ein, und die cus balticus. Fig. 43--45 Mag- noliatripetala. Fig. 45 Media- ,,Ligula" entsteht zun~ehst als Ventralwulst ne t L ~ n g s s c h n i t t durch eine (Fig. 49 und 51). Zum Triglochin-Typ der Blattanlage. Och Ochrea, V M Ventralmeristem(schraffiert), Monoeotylen ge!angen wit dadureh, dal~ wir Sch Scheide. Fig. 42, 43, 45, 30mal. Fig. 44,22mal. Fig.41, uns das Ventralmeristem noch frfiher tfi.tig

15real denken, so daf~ es gar nicht mehr zur Aus- bfldung des Kapuzenblat tes kommen kann.

Das Oberblatt n immt also in s tatu naseendi rundliche Gestalt an, so daf~ man es fiir ,unifazial" halten kSnnte, um so mehr als sich die Scheidenr/inder nicht ins Oberblatt fortsetzen; es liegen hier also dieselben Verh~ltnisse vor wie bei den Dieotylen, wo wir den radi/~ren Caltha-Typ ebenfalls vom piperaceen-Ty p ableiten konnten, indem wir uns die T~tigkeit des Ventralmeristems auf ein noch jiingeres Primordial- s tadium verschoben vorstellten. Ein Beispiel ffir Monocotyle dieses Typs ist uns in den Pontederiaeeen gegeben (Fig. 53). Die Abbildung stellt ein junges Primordialstadium yon Eichhornia crassipes dar. Dal~ w i r e s auch hier mit einem bifazialen Organ zu tun haben, beweist die weitere Entwicklung. Aus dens oberen verbreiterten Teile des rund- lich entwiekelten Oberblattes entsteht ohne jeglichen Ubergang die bifaziale Blattspreite (Fig. 55), die also direkt in den Blattstiel iibergeht. Ers t sp/iter n immt der Blattstiel durch die T/itigkeit des Ventral-

Page 19: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes. 317

meristems an Dicke zu und rundet sich sehliel~lich ab, wodurch er sein ,.unifaziales" Aussehen erh/~lt. Zum TrigIochin-Typ gehSren ferner: Triglochin selbst, deren jfingste Stadien vollkommen mit denen bei Ca:tha fibereinstimmen (s. Fig. 47). ~hnlich ist auch das Primordium yon Juncus lamprocarpus, J. tenuis und dasjenige yon Eriophorum Scheuchzerianum, das sieh vom Primordium der Caltha nur durch seine dreikantige Gestalt, die eine Folge mechanischer Ein~4rkung auf Grund der tristichen B]attstellung darstellt, unterscheidet. Die Oberbl~tter der letztgenannten Pflanzen diffe- renzieren sich nicht mehr welter, sondern bilden massive Spreiten~ die sich erst sekund~r sichtbar ab- flachcn. Trotzdem habcn sie bifa- ziale Natur, da sie ihre Entstehung einem Ventralmeristem verdanken und im fibrigen meist eine bifaziale Leitbiindelanordnung i m offenen Bogen besitzen. Die Spreite yon Eriophorum z. B. weist einen offenen Leitbiindelbogen auf und ist im aue- gewachsenen Zustand abgeflacht; dasselbe gilt fiir Juncus tenuis. J. lamproearpus weist im Querschnitt ~lirekt oberhalb der Ligula keine in- versen Biindel auf, diese treten erst weiter oben in Erscheinung. Und Triglochin maritima schliel]lich hat zerstreute Bfindel im Oberblatt.

46

0

49

A b b . 9. B l a t t p r i m o r d i e n y o u : F ig . 46 , l lagnol ia tr ipetala, 45 real . F ig . 47 Calthc~ p a l n s t r i s , 3 0 m a ] . F ig . ~8 A U i u m P o r r u ~ (Ps), 30 real . F ig . ~9, 51 A r i s a e m a r ingens . Bei F ig . 49 die P r i m o r d i a l r ~ n d e r d l l r c h g e s t r i c h e l t e L in ien a n g e d e u t e t . F ig . 50 Acorus calamus, 45 rea l . P P r i m h r b l a t t ,

Eichhornia crassipes und Pontederia (azurea und cordata) dagegen bilden runde Sticle aus mit zerstreuten Bfindeln. Heteranthera mit derselben Entwicklungsgeschichte beh/ilt aber auch im fertigen Zustand eindeutig sichtbare bifaziale Struktur bei und entwickelt keinen runden Stiel, sondern bildet ein flaches Oberblatt ohne inverse Btindcl aus. Aus diesen Beispielen ist wiederum mit Deutlichkeit zu ersehen, daft Prim- ordien, die an/i~nglich - - durch die ]ri~hzeitige Tditigkeit eines Ventral- meristems - - nahezu rundliche (urn mit TROLL zu sprechen ,,uni/aziale") Gestalt au/weisen, nachdem sie siimtlieh dieselbe Entwicldung durchgemacht haben, ebensowohl so 9. ,,uni/aziale " Strukturen im Sinne TROLLs als auch /laehe, deutlich bi/aziale Organe au/ Grund 8p~iterer Wachstumsverschie- bungen hervorzubringen imstande sind. Der Triglochin-Typ stellt dem- nach ein Homologon zum Caltha-Typus dar, indem in beiden F/~llen Primordien infolge eines frtih t/itigen Ventralmeristems ann/ihernd rund- fiche Gestalt annehmen, sich sp/~ter aber mehr oder weniger abflachen

22*

Page 20: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

318 IN(~BID ROTH:

und meist bif&ziale Leitbiindelverteilung erhalten oder abet sich noch mehr abrunden und dann meist kreisfSrmige Leitbiindelanordnung annehmen. In diesem Zusammenhang ist auch noch Acorus Galamus zu nennen, dessen ]~lattentwicklung in derselben Weise verl~uft; nur handelt es sich bei Acor~ts um eine sekundiire Abflachung der Spreite in der ~edianebene, anstat t in der Transversalen wie bei den im vorher- gehenden gesehilderten Pflanzen. Acorus bildet dagegen keine Ligula aus. Ein Querschnitt dutch die Spreite weist die altbekanate ,,uni- faziale" Leitbtindelverteilung auf; das Blat t ist in Wahrheit bifazia] gebaut. Im Anschlu~ an diese Darstellung sei bier noeh die t~und- spreite yon Juncus balticus besprochen. Ans dem einfaehen bifazialen Primordium (Fig. 42) bildet sieh durch die Ti~tigkeit eines Ven t ra l meristems an der Prlmordialspitze die runde Spreite aus (Fig. 41), deren bifaziale Natur somit eindeutig be~desen ist. Es t r i t t hier also das Ventralmeristem nur sp~.ter am Primordium auf, wodurch die Entwicklung einer Rundspreite aus einem urspriinglich bifi~zialen Organ noch deut!ieher" zu verf01gen ist.

Wir kSnnen also unsere Typengruppen in linearer l~eihe neben- einander anordnen und so verfolgen, wie sich ein Typus ans dem anderen ergibt, indem die T~tigkeit des Ventralmeristems an dem in allen F~llen bifazialen Primordium immer friiher in Kraf t t r i t t und so schliel~lich eine ,,kongenitale Unifazialit~t" vortiiuscht! Die Endstadien, die sich aus dem jeweiligen Entwieklungstypus naehtri~glich herausdifferen- zieren, sind dagegen durchaus nicht immer untereinander gleieh, da sieh im el len Falle aus dem Kapuzenblat t des Araeeen-Typs beispiels- weise ein sog. ,,unifazialer" runder Stiel herausbildet, w~hrend sich aus dem rundliehen Primordium des Triglochin-Typus sparer ein f]aehes Blattorgan entwiekeln kann. Die ,,Urform", yon der wir alle anderen Formen ableiten konnten, ist jedenfa]ls das Kapuzenblatt .

6. AlIium-cepa-Typ. An den vorhergehenden Typus schliel3t sich nun noeh eine besonders i nteressante Typengruppe an, die ~ul3erlich derjenigen yon Triglochin und Caltha vollkommen z u gleiehen scheint. Diese ~hnlichkeit bezieht sich aber nur auf die pr~parativen Beobach- tungen; in Wahrheit sind beide Gruppen hinsichtlich ~hrer Entwicklungs- geschichte nicht zu homologisieren. Fig. 54 gibt ein Primordium yon Alliu~n cepa wieder. Der objektive Betraehter wird hierin keine Unter- schiede gegenfiber dem Primordium yon Caltha auffinden kSnnen (s. Fig. 47). Wiederum er~t~dckelt sich auch hier die Ligula wie die Medianstipel als eine direkte Fortsetzung der Scheidenrander (Fig. 52). Auch hat das Oberblatt rundliche Gestalt und maeht einen ,,uni- fazialen" Eindruck; die ausgewachsene Spreite hat auBerdem ihre Leit- biindel im Kreis angeordnet. Wir k5nnen im Stereoskop nur einen feinen Untersehied an den allerjiingsten Primordien erkennen: Das

Page 21: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes. 3i9

Galtha-Primordium, solange es nur als Wulst ausgebildet ist, hat keine n~here Ffihlung mit dem V.P., w~hrend ein Primordium veto Allium. cepa-Typ sich dem V.P, eng anschmiegt und im weiteren Wachstums- verlauf stets fiber diesen geneigt bleibt. Im folgenden wird sich zeigem dal~ hier die rein preparative Betrachtungsweise vSllig versagt und dal~ uns in diesem Falle nur mehr die I-Iistogenese eine Auskunft fiber die morphologische Wertung dieser Blattorgane geben kann.

Die bisherigen Ergebnisse fiberblickend kSnnen wir sagen: Ein grunds~tzlicher Unterschied zwischen ]Kedianstipel und Ligula existiert nicht, indem beide ]~ildungen ihre Entstehung aus einem einheitlichen Transversalwulst nehmen, der - - meist durch ein Ventral- meristem hervorgerufen - - sich aus dem oberen Abschnitt des Unterblattes entwickelt. Da die Unifazialitiit des Oberblattes nicht als Begrfindung ffir das Zustandekommen totaler Stipula- tion herangezogen werden kann, dilrfen wir ohne weiteres die Ligula yon der Medianstipel ab- leiten. Die monocotylen Blatt- Typen schliel]en sich dabei an die verschiedensten Typengruppen der Dicotylen an: Wir sehen

5

L

54

:kbb. 10. Fig'. 52, 5~ .e/lNum eepa. Fig'. 53 Eichhor~ia crassipes und Fig. 55 Pontederia cordata, beide 60real. Fig. 52, 54, 45maL

~cA

einerseits Beziehungen zwischen Piperaceen und Ax'aeeen, zwischen Polycarpicae und Helobiae, andererseits Polygonaceen und Helobiae, um nur die wichtigsten Beispiele zu nennen. Beziehungen zwischen Pipera- teen und Araceen sind ja sehon altbekarmt; auch die Verwandtschaft der Monoeotylen mit den Polygonales fiberraseht nicht. N~here Einzelheiten darfiber linden sieh bei SUESSE~GCT~ (]920). DaB die ttomologien der Blattentwicklung im gro~en und ganzen aueh mit den phylogeneti- schen Ergebnissen fibereinstimmen, ist immerhin beaehtenswert. Jeden- falls wird man an eine polyphyletische Entwioklungsrichtung der Monoeotylen erinnert. Sehr auffallend ist ferner, dal~ die weitaus kompliziertesten Blatt-Typen sich unter den Monocotylen linden, und man mul~ schon deshalb eine Ableitung der Monocotylen yon den Di- cotylen in Betraeht ziehen. W~hrend das Dicotylenblatt im wesent- lichen eine einheitlichere Entwicklungsgeschichte aufweist, ist das Monocotylenprimordium den verschiedensten Variationen nnterworfen und in seiner Entstehnngsweise weitaus mannigfaltiger. Die aueh bei Dicotylen sehr seltene Entwieklungsform der Medianstipel, die sich aus der Verschmelzung lateraler Stipeln ergibt, wurde bei den yon mir

Page 22: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

320 I~o~ID RoTm

unteruehten Monoeotylen nirgends gefunden. Die Ligula ist somit keine komplexe Bildung, wit TROLL es annimmt, und kann deshalb nicht als Versehmelzungsprodukt yon seitliehen Nebenblittern mit einem ,,laminalen Auswuchs" gedeutet werden. Man kann diese Tat- saehe, dag die Monoeotylen-Ligula ihren Ursprung stets aus einem ein- heitlichen Ventralwulst n i m m t - im Gegensatz zur Dieotylenmedian- stipel --, damit in Zusammenhang bringen, dag die Monocotylenbl~tter eben sehr stark abgeleitete Formen darstellen, was dureh die folgenden Untersuchungen noeh deutlicher zum Ausdruck kommen wird.

III. Histogenese yon Dieotylen- und Monocotylenbl~ittern.

a) Dicotylenbl~tter mit Medianstipeln.

Um einerseits die priparativen Ergebnisse zu festigen und anderer- seits die histologischen Tatsachen einer vergleichenden Betraehtungs-

Abb . 11. ~ b e r s i e h t s b i l - tier y o n rned ianen Lfings- s c h n i t t e n : Fig. 56 Caltha palustris Fig. 57 JOrosera

capensis. M S Median- stipel, g0 real .

weise ersehlieBen zu kSnnen, fertigte ich aueh yon einigen medianstipulierten Dieotylen- blittern mediane Lgngssehnitte an. Darunter befanden sich :

1. Drosera. Ein Ubersichtspr~parat (Fig. 57) stellt die erste An]age tier Medianstipel bzw. des die beiden laterMen Nebenblitter verbindenden Transversalwulstes dar; in B i w61bt sie sich gerade bauchig fiber den V.P. Den histologi- schen Ausschnitt davon gibt Fig. 59. Gerade hat sieh eine einsehneidige Initiale Ji aus dem subepidermMen Zellkomplex abgegliedert. In B~ hat sie schon einige Segmente abgegeben, wovon Fig. 58 einen Ausschnitt gibt. Inzwisehen ist aber das Waehstum auf die Epidermis fiber- gesprungen und es hat sieh eine zweisehneidige epidermale Initialzelle (;J~) gebildet. In diesem Falle haben wit also eine einfaehe Wulstbildung

als Vorliuferin der Medianstipel vor uns, hervorgebracht durch eine l~eihe nebeneinanderliegender subepidermaler InitiMen.

2. Piper. Von den Biperaeeen h6rten wit bereits, dag die Wulst- bildung bei ihnen zun~ehst dureh ein VentrMmeristem aufgebaut wird. Fig. 62 zeigt ein Ubersiehtsbild eines medianen L~ngssehnittes. B i ist ein noeh ungegliederter tISeker am V.P., dessen apikales Waehstum (lurch InitiMzelIen, die sieh nach dem PeriklinM-AntiklinMtypus im Dreizellrhythmus teilen, vonstatten geht. Bei B~ ist jedoeh sehon eine deutliehe ,,Nasenbildung" siehtbar, die erste Anlage der Medianstipel. Fig. 67. gibt einen Aussehnitt davon, auf dem in Form reihenweiser

Page 23: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes. 321

Zellanordnung die T/itigkeit des Ventralmeristems zu sehen ist. AuBer- dem hat sieh bereits eine zweischneidige subepidermale Initiale gebildet, die fiir das weitere Wachstum der Median- stipel verantwortlich ist. Derselbe Wachs- tumsmodus wurde aueh bei Peperomia argyreia, die mit einem Sehildblatt aus- gerfistet ist, beobachtet. Hier geht auch der ,,Sehildauswuehs" aus dem Ven t r a l meristem hervor.

3. Caltha. Fast ganz dieselben Ver- hiiltnisse finden sich bei Caltha palustris~ wovon Fig. 56 eine ~)bersicht gibt. Bei :B 1 der Figur wird besonders deutlich, alas die Wachstumsriehtung des Primor- diums yore V.P. abgewendet ist. DeI~ Aufbau des Ventralwulstes t ibernimmt zuni~chst das Ventralmeristem, aus dem sich sodanr~ eine subepidermale Initiale abgliedert. Ein etwas i~lteres Stadium, etwa im Alter von B 2, wiirde zeigen, da$ aueh hier die T~tigkeit der subepider- malen auf eine epidermate Initialzelle iiberspringt. I m iibrigen ist die Ent- stehung der Medianstipel und ihr weite- res Waehstum bei Piper und Caltha vollkommen gleich, nur t r i t t das Ventral- meristem und somit der Ventralwulst bei Caltha viol frtiher in Erscheinung, wie wir bereits pri~parativ beobaehten kormten.

Wenn ich hier yon einer Initiale spreche, so trifft das selbstverst~ndlich nut fiir die Mikrotomliingsschnitte zu. Am lebenden Objekt hat man sich natfir- ]ich eine Reihe nebeneinanderliegender solcher Initialen vorzustellen, die gleich- zeitig t/itig sind und so den einheitlichen Ventralwulst aufbauen.

* ~ 59

Abb. 12. Fig. 58, 59 mediane Mikro- toml~ngsschnit te durch die Median-

stipe] yon Drosera capensis. J~ Initialzelle, 180rnal.

i St~el /

i-"/ \

61

•bb. 13. Mediane L~ngsschnit te durch Vegetat ionspunkte yon : Fig. 60 Pontederia azurea, 34real. Fig. 61 ~usschn i t t eines medianen Lhngsschnit tes dutch eine Blat tan- lage yon Phryn ium, schematisch. Begrcnzung des Ventralmeristems durch gestrichelte Linie ange- deutet, Fig. 62 Piper betle. 34mal.

b) MonocotyIenbldtter mit ,,un~/ z~aten Stielen.

1. Pontederiaeeen. Dem Caltha-Typ lassen sich etwa auch histologisch Pontederia und Eichhornia anschliel3en, wovon man sich auf einem ~bersichtspr/~parat (Fig. 60) fiberzeugen kann. Das junge Primordium

Page 24: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

322 I~GRn) RO~:

weist ein sehr einheitliches Spitzenwachstum mit einer subepidermalen zweischneidigen Initialzelle auL In Fig. 63 sind die einzelnen Segmente dutch dickere UmriBlinien gekennzeicbnet; auf der Ventralseite werden bereit, s perikline Zellteflungen sichtbar..&us dem Ventralwulst entsteht schliel]]ich durch Titigkeit einer zweischneidigen epidermalen Initiale die Ligula.

2, Araceen. Am schSnsten ist die Titigkeit des Ventralmeristems, wie schon im Querschnitt gezeigt werden konnte (s. Fig. 75), bei den Araceen zu verfolgen. Fig. 74 gibt einen L~ngsschnitt aus dem Ventral- meristem eines jungen Blattes in seinen histologischen Einzelheiten wieder. Die Anordnung der Zellen in Querreihen ist unverkennbar. Ein Schema der T~tigkeit des Ventralmeristems ist in Fig. 61 dargestellt.

y Das Ventralmeristem baut sowohl den ,,unifazialen" Stiel wie Ligula und Schildauswuchs bei peltaten Blittern auf. (Die Begrenzung des V.M. i i s t durch eine gestrichelte Linie angedeutet.)

A b b . 1~. F ig . 63 Pontederia cordata,

1 5 0 r e a l .

c) Monocotylenbliitter mit ,,unl]azlalen " Spreiten und Vorliiu/erspitzen.

Erste Gruppe nicht homologer Typen. Ein Beispiel ffir monopodiale Rundblgtter ist Juncus lamprocarpus. Die Rundspreiten der lVlonocotylen wurden bisher yon mir als bifazial dargestellt. Dies kann sowohl mit

Hilfe der Ontogenese als auch an der Blattfo]ge bewiesen werden. Ein gutes Beispiel hierffir liefert Juncus. Nach Untersuchungen yon ADAM- SO~ (1925) und L i v ~ r ~ : soll das erste bifaziale Prim~rblatt bei allen Spezies abgeflacht sein. Es ist daher wahrscheinlich, dab das flache bffaziale Blatt den ursprfinglichen Typ darstellt. Aueh an Primordien der Folgeblitter sind die Primordialstr~nge in ttufeisenform angeordnet; erst durcb nachtr~glichen Zuwachs werden die ventralen Bfindel gebildet.

Juncus lamprocarpus. Dureh histologische Querschnittsbilder koimte zun~chst die Annahme best~tigt werden, dab es sich bei dem Rund- werden der zuerst etwas abgeflachten Spreite um ein Ventralmeristem handelt. Deutlich war die Anordnung der Zellen in Reihen auf der Ventralseite. Das Ventralmeristem konnte auch an medianen L~ngs- schnitten festgestellt werden. Durch seine Tiitigkeit bildet sich ein Wulst auf der Ventrulseite, der nun den Raum fiber dem V.P. ausffillt,.

Triglochin maritima. Auch bier ist wiederum auf die vertikale Wachstumsrichtung der jfingsten Primordien zu achten. In B 2 ist bereits die T~tigkeit des V.M. gut zu beobachten (Fig. 64); man sieht, wie der Ventralwulst durch reihenweise Zellteihmg gebildet wird.

i V.M. wird fernerhin st~ndig die Ab]~iirzung fiir Ventralmerlstem sein.

Page 25: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

Zur En~wicklungsgeschichte des Blattes. 323

Zuletzt sei noch als weiterer Vertreter dieser Gruppe Eriophorum Scheuchzerianum genann~. In sehr jungen PrimordiMstadien ist bereits das Yentralmeristem zu erkennen. Das Spitzenwachstum dieser BlOtter geht mit Hiffe einer subepidermMen Initialzelle vom Pelargonium-Typ, die sich nach dem Dreizellrhythmus teilt, vor sich.

Eine Analogie zu dieser Entwicklungsweise bilden die sympodialen Runclbl~tter, wie AlIium cepa.

65 64

A b b . 15. F ig . 64 Tviglochin maritima. Fig . 65 Hedychium. Fig . 66 Acorus calamus. Fig . 67 Piper betle, 1 2 0 r e a l . Die i i b r igen F i g u r e n 150rea l .

Bei Allium cepa war schon gelegentlich der Preparation die Hypo- nastie der jfingsten Primordien aufgefallen. Die Wachstumsrichtung verl/iuft n~mlich parallel zur Oberfl~che der Achsenspitze un4 resul- tier~ aus einem verst~rkten Wachstum der I~fickenseite, w~hrend die Bauchseite etwas im Wachstum zurfickbleibt. W~hrend nun die ur- spriingliche Wachstumsspitze in ihrer Entwicklung etwas stehen bleibt, bildet sich auf der Dorsalseite des Primordiums ein zweites meristema- tisches Wachstumszentrum heraus, das die erste Wachstumsspitze ab- !6s~ und das ,,unffaziale" Oberblatt aufbaut (Fig. 70). W~hrend die prim~re Spitze, die somit hier die Scheide bildet, mit gilfe einer zwei- schneidigen subepidermalen Initialzelle w~chst, entsteht die sekunds Blat~spitze durch ~Periklinal-An~iklinalteilungen in der subepidermMen Schieht der DorsMseite. Hat das Blatt eine gewisse GrSl3e erreicht, so nimmt die Initialzelle der Scheide wiederum ihr Wachstum auf und bildet die sog. ,,Ligula", die so lange mehrselaiehtig ist, als sie yon der

Page 26: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

324 ]:~GI~ID ROTH:

subepidermalen Scheitelzelle aufgebaut wird; diese wird jedoch sparer durch eine einschneidige subepidermale und schliel~lich durch eine zwei- schneidige epidermale Scheitelzelle ersetzt.

Allium Porrum. Das Primordium yon Allium Porrum stimmt in seinen ersten Stadien vollkommen mit dem yon A. cepa iiberein. Ein (Tbersichtspr~parat zeigt schon, wie die wachsende Spitze fiber den V.P. gekrfimmt ist (Fig. 76). Auch hier wi~chst das Primordium mit

68

69

Abb. 16. Fig. 68 ,Allium Porrum, 90real. Fig. 69 Iris, 120real. S~ Prim~re Spitze,

S~ Sekund~re Spitze.

einer Reihe zweischneidiger sub- epidermaler Initialzellen, die auch l~ngere Zeit hindurch t~tig bleiben (Fig. 71). Ein subepidermaler Zell- komplex auf dem Rficken des Pri- mordiums, nahe der Spitze gelegen~ beginnt sich nun zu teilen und baut die Vorl~uferspitze auf (Fig. 68). Bei A. Porrum jedoch steht das Wachstum der sekundi~ren Spitze bald still und das L~ngenwachstum wird nun in der Hauptsache durch ein interkalares Meristem an de1 Blattbasis bewerkstelligt, das das flache Blattorgan aufbaut. In Fig. 76 an B 3 ~ngedeuteL entwickelt sich die Ligula nahe der Basis dao durch, dal~ in der subepidermalen Schicht vermehrte Zellteihmgen auf- treten, die dann auch auf die Epi- dermis fibergreifen. Aus dem sub- epidermalen Zellkomplex schneider

sich eine zweischneidige InitiMzelle heraus, die der Ligula durch Segmen- tierung den Ursprung gibe. Sparer wird auch sie durch eine epidermale Initiale ersetzt. Derjenige Blattabschnitt, der bei A. Porrum zur flachen Spreite nebst Scheide wird, und also eine normale Entwicklung nimmt, wie wir sie bei Monocotylenbl~ttern bereits kennenlernen konnten, entwickelt bei A. cepa nur die Scheide. Die Bli~tter yon A. cepa und A. Porrum ~tellen demnach nicht homoZoge Gebilde dar. Auch die Ligular- bildungen sind nicht homolog, indem die Ligula yon cepa die Fort- setzung der prim~ren Primordialspitze darstellL w~hrend die ,Ligula" bei Porrum eine uns schon bekann~e Entwicklung nimmt, d~ sie das Kapuzenblatt in ein Ober- und Unterblatt zerlegt und somit der Di- cotylen-Medianstipel homolog ist. Homolog dagegen ist die Spreite yon cepa der Vorl~uferspitze yon Porrum, was im ~ibrigen sehr auf- f~llig aus der Blattfolge hervorgeht. Cotyledo und Prim~rblatt yon

Page 27: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes. 325

A. cepa und Porrum sind v611ig gleieh gestaltet und haben bei beiden massive ,,unifaziale" Spreiten, die wie die entsprechenden massiven Organe der ausgewachsenen Bli~tter durch Ubergipfelung - - wie wit den Vorgang der Bildung eines zweiten V.P.s am Blatt nennen wollen - - zustande kommen. Erst bei den Folgebl~ttern yon Porrum streckt, sich die 0ffnung des Primordiums in die L/~nge, und an der Basis des Spaltes im Innern der Kapuze tritt als erste Anlage der Ligula ein kleiner Wulst auf (Fig. 48). Erst sparer verschieben sich die Proportionen bei A. Por- rum zugunsten des abgeflachten Teiles des Blattes. ~hnlich verh~lt es sieh bei der Blat~folge yon Hyacinthus provincialis, Bellevalia und Allium globosum; dab es sich auch bei diesen um eine Ubergipfelung handelt, ist sehr wahr- ~ ~ scheinlich. So bildet uns ~ 7 ~ c ( '1 die Natur sukzessive vor, 7~ was wir bereits durch ver- gleichende Betrachtungs- ~ ~ weise erschliel3en konnten.

Es handelt sich also bei der Spreite yon Allium cepa und der Vorli~uferspitze yon Allium Porrum nicht um ein Zusammenlaufen der

~&bb. 17. Fig. 70 A l l i u m cepa, 120mal . Fig. 71 A l l i u m l:)orrum, 180real .

Blattr~nder, wodureh die runden Organe entstehen, sondern um einen sekund~ren dorsalen Auswuchs, eine yon mir so benannte ,,~ber- gipfelung" der primi~ren Blattspitze. In diesem dorsalen Auswuchs haben wir ein bifaziales Organ vor uns. Ein Querschnitt dureh die Spreite eines jungen Blattes yon A. cepa zeigt deutlich Umrisse, wie sie einem bifazialen Organ zukommen; das Blatt ist in die Breite viel stiirker entwiekelt als in die Dieke, und die Oberseite ist kenntlich durch eine deut]iehe Abplattung der Ventralseite. In diesem Stadium sind die Leitbiindel aueh im offenen Bogen angeordnet. Sehr friihzeitig bilden sich aber auf der Ventralseite Leitbiindelprimanen, die aus der Ti~tigkeit eines Ventralmeristems hervorgehen (Fig. 73); auch hier ist wieder die Zellanordnung in Reihen siehtbar. Die eigentliche Ab- rundung tier Spreite resultiert aber erst aus schizogenen Vorg~ngen im Mark, da die Zellen im Innern auseinander weichen und grol~e Lakunen und sehliel31ich einen einheitlichen ttohlraum in der Mitre freilassen. Mit TROLL mtissen wir aber ein Organ, dessen Leitbiindelbogen erst sekundgr dureh die T~tigkeit eines Ventralmeristems zum Biindelkreis geschlossen wird, als bifazial bezeichnen. TaOLL spricht beispielsweise auch yon einer ,,pseudounifazialen" Blattstielstruktur bei Aesculus, obwohl Ae. Hippo. castanum im ausgewaehsenen Zustand einen gesehlossenen Biindelkreis im Stiel besitzt: ,,Der ihn scheinbar schliel3ende Strangkomplex ist

Page 28: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

326 I~G~m R o ~ :

supplementi~rer Natur und stellt ein Produkt des das Dickenwachstum des Stieles besorgenden Ventralmeristems dar" (1939, S. 1199). Bei Allium stipitatum, das dieselbe Entwieklung wie cepa durchmaeht, ist auch auffallend, daft die ventralen inversen Biindel sehr rudiments ausgebildet sind.

Ein weiteres Beispiel ffir Rundspreiten aus der Familie der Liliacen ist nach AR ~R (1920) Laxmannia grandiflora; das Blat t ist ebenfalls mit einer Ligula versehen, und es ist wahrscheinlich, daft es auf dieselbe Art und Weise zustande kommt wie das yon ~1. cepa. Untersehiedlieh ist nur die Leitbiindelanordnung in der Rundspreite yon Laxmannia, die hier n~mlich keinen Biindelring, sondern einen offenen Bogen ohne inverse Biindel aufweist. (Eine Abbildung des Spreitenquerschnittes findet sieh bei A~BE~ 1920.) Daft noch viele andere yon mir daraufhin untersuchte Allium-Arten, wie z .B . A. schoenoprasum, A./istulosum, aueh A. /lavum, A. ascalonicum und A. stiritatum, dieselbe Entwicklung wie A. cepa erfahren, bedarf kaum des ttinweises. Mit der BifazialitKt des Oberblattes dieser Rundspreiten stimmt ferner aueh die Leitbiindel- verteilung in den PrimKrbl~ttern iiberein. Die Rundspitzen der Primiir- bl~ttter yon A. Porrum z. B., were1 sie auch sekund~r abgeflacht werden, haben n~mlich eine durchaus bffaziale Leitbiindelverteilung, indem die Biindel jewefls im offenen Bogen angeordnet sind. Fiir andere Rund- spreiten yon PrimKrbl~ttern und Cotyledonen entnehmen wir ~hnliehes aus der Arbeit yon SCHLICKU~ (1896); angefiihrt seien hier nnr die Cotyledonen yon Allium cepa selbst, A./istulosum, Triglochin und Tigridia (letztere allerdings mit einem Schwertblatt), die alle nur ein

einziges Leitbiindel in ihrem sog. ,,unifazialen" Oberblatt besitzen. Eine ~thnliche Homologisierung yon SpreRe und Vorl~uferspitze

wie bei A. Porrum und cepa ist auch bei Sanseviera ceylanica und S. cylindrica mSglich. Die Primordien yon S. ceylanica und S. cylindrica sind wiederum - - wie die yon Allium Porrum und cepa - - vSllig gleich- gestaltet, nur in der Verteilung der weiteren Waehstumszonen unter- scheiden sie sich und verhalten sich hierin zueinander wie Porrum zu cepa. Interessant ist, daft auch die Niederbl~tter der beiden Arten gleiehgestaltet sind, und zwar nicht wie bei Allium in der Hauptsache dem iibergipfelnden, sondern - - wie im Falle yon Iris - - dem seheidigen Teile der S. cylindrica entsprechen, also einfache Kapuzenbli~tter mit einer iibergipfelnden Vorliiuferspitze darstellen.

Weitere Beispiele fiir analoge Entstehung yon Vorl~tuferspitzen seien im folgenden angefiihrt: Einwandfrei konnte eine (~bergipfelung durch Mikrotomschnittprgparate noeh festgestellt werden bei Yucca. Vermutet kann sie werden bei fast allen Liliaceen mit runden Vorl~ufer- spitzen, deren Primordien deutliche Hyponastie fiber den V.P. aug weisen, wie z. B. Doryanthes Palmeri, Cordyline congesta, Crinum und

Page 29: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

Zur E~wicklungsgeschichte des Blattes. 327

andere mehr, bei denen ieh dies ebenfMls aus priparativen Befunden schlieBe. DaB es auch zur massiven, durch ~bergilofelung entstandenen Vorliuferspitze Analoga gibt, deren runde Gestalt davon herrfihrt, dug die primire Spitze lediglieh dureh die Titigkeit eines Ventralmeristems an I)icke zugenommen hat, ist durchaus zu erwarten; so m6chte ich dies beispielsweise ftir viele Araceen annehmen. Calla etwa hat eine lange runde Vorliufersl3itze, die nieht dureh ~bergipfelung entstanden ist, ebenso Hedychium, was im vorigen schon aus den Sehnittpriparaten zu entnehmen war. Als Beispiel fiir Massivwerden der Vorl~uferspitze lediglieh dureh ein VentrMmeristem sei noch das Vorblatt yon Hedychium genannt (Fig. 65). Das Primordium wichst an der Spitze mit einer subeloidermalen zweischneidigen Initialzelle, w/~hrend der nasenartige Wulst sein Entstehen einem Ventral- meristem verdankt, da s durch die auf- fMlende l~eihenanordnung der Zellen kenntlich ist.

Zweite Gruppe nicht homologer Typen. Eine ihnliehe Gruppe nicht identiseher Typen liBt sich wie bei den Rundspreiten

A b b . 18. F ig . 72 Iris pumila, 1 2 0 m a l .

auch yon den Schwertblittern aufstellen. An den Anfang dieser Gruppe sei Acorus calamus gestellt. Ein junges Blatt yon Acorvs gibt ~'ig. 50 wieder. Wir wtirden die Ahnlichkeit mit dem Triglochin- oder Caltha-Typ so:fort erkennen, werm wir uns dam Blatt start in der 3/Iediane, etwas transversal abgeflacht dichten. Gleichzeitig ergibt sich scheinbare l)ber- einstimmung im Aussehen mit einem gleichalten Allium-cepa-Blatt. Also miissen wit auch hier die IIistogenese entscheiden lassen, zu weleher yon beiden Typengruppen wit Acorus zu stellen haben. Sehon ein lJ'bersiehtsbild eines medianen Lingssehnittes (Fig. 77) maeht die Waehstumsriehtung des Primordiums (mit Pfeil bezeichnet) deutlich. Von einer Akrovergenz, einem Neigen des Blattes tiber den V.P., ist jedenfalls in B i nichts zu bemerken. ])as Spitzenwachstum schreitet bier durch die Titigkeit einer subepidermalen Initialzelle yore Peri- Antiklinal-Typus fort, wihrend sich der Wulsg durch starke Zell- teilungen in der Subepidermis auf tier Ventralseite bildet. In der Haupt- sache ist an der Wulstbildung nur die erste subepidermale Sehicht beteiligt, aus tier dam Ventralmeristem entsteht, wie bei den meisten Auswtichsen dieser Art, seien sie nun dorsale oder ventrale Bildungen (Fig. 66). Die Entwiekhmg yon Acorws ware demnaeh homolog zu setzen derjenigen yon Juncus, Triglochin und Eriophorum unter den )/Ionocotylen.

Iris. Wie GOEBEL (1885) bereits vermutet hag, ist die primire Blattspitze bei Iri8 am Scheidenrande zu suchen, wihrend die Spreiten- spitze aus einem sekund~ren Vegetationspunkt hervorgeht. Fig. 78 zeigt

Page 30: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

328 ] n o ~ , R o ~ :

einen med ianen L~ngsschni t t durch eine Knospe von I r i s . Die Wachs - tum~r ich tung der BlOtter i s t durch Pfeile gekennzeichnet . Die P r imor - d ia lsp i tze is t fiber den V.P. gekr f immt und wi~chst m i t t t i f fe e iner zweischneidigen subep ide rmalen Scheitelzelle, die au f Fig. 72 bere i t s einige Segmentc abgegeben ha t . Durch Tei lungen in der ers~en u n d

7~

R R 75

73

R

I R

Abb. 19. Fig. 73 Querschnitt durch die Spreite yon Allium ccpa. Fig. 74 medianer Lhngssehnitt dutch die mittlere Zone einer ~lteren Blattanlage yon ttedychium, das Ventralmeristem zeigend. Fig. 75 Querschnitt dutch die sp~tere Stielzone yon Calla, Ventr~lmeristem durch Bildung yon Zellreihen kenntlich. OS Morphologische Oberseite.

80real.

zwei ten subep ide rmalen Zel lschicht au f der Rfickensei te bere i t e t sich der Auswuchs, das ki inf t ige Oberb la t t , vor. E in noch ~lteres P r imor - d ium is t au f Fig . 69 abgeb i lde t ; obwohl die In i t ia lze l le der pr imKren B la t t sp i t z e berei~s aufgel6st ist, is t du rch die gekrf immte, nahezu hor izonta le R ich tung der Zel l re ihen der p r im~re W a c h s t u m s v e r l a u f gu t zu e rkennen; die zweite Spi tze is t du t ch die Bi ldung yon Zellreihen, die a u f den ers te ren senkrech t s tehen, en t s tanden . AuBer I r i s wurden yon mi r auch noch andere Ga t tungen der I r idaceen , wie Frees ia ,

Page 31: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes. 329

Gladiolus, Moraea daraufhin mit dem gleichen Ergebnis untersucht. Unter den Liliaceen gibt es noch ein weiteres Beispiel fiir fibergipfelte Schwertspreiten, niimlich To/ieldia calyculata. Die histologischen Bilder gleichen ganz denen von Iris.

Wir dfirfen dabei nun nicht vergessen, dab es bei den Iridaceen auch nicht schwertfSrmig ausgebildete FIachblfitter gibt, z. ]3. das yon Roscea purpurea, das sogar mit einer ,,Ligula" ausgestattet ist, wobei man die Ligula derjenigen yon Allium Porrum homolog setzen daft. Alle diese Flachbl/~%er w/~ren also dem scheidigen Teile der Schwert- blotter homolog, wiihrend ihre Vorl/~uferspitzen den Spreiten der Schwertbl/itter morphologisch gleichwertig w/iren. GO~EL (1928 bis

76

Abb . 20. Fig. 76 Al l ium Porrum, 20real . Fig. 77 Acorus calamus, 34real . Iris pumila, 20real .

77 78 Fig. 78

1933) gibt ferner ffir die Niederbl/itter der Iridaceen an, dab der Haupt- tell der B1/itter - - homolog den Verh/~ltnissen der flachspreitigen Iri- daceen-B1/itter --- flach und nur mit einer kleinen Vorl/iuferspitze aus- gerfistet ist. ~u kSnnen uns demnach denken, dab es sich bei den ,,iiber- gipfelten" Schwert- und Rundbl/ittern um abgeleitete Formen handelt, zu welcher Annahme ich sehr geneigt bin.

Hemerocallis. Auch hierzu land sich eine homologe Entwicklungs- weise unter den Vorl/~uferspitzen, nEmlich bei Hemerocallis. t{ier ent- steht die Vorl/~uferspitze ebenfalls durch ,ybergipfelung" der prim/iren Spitze. Auf eine eingehendere Schilderung im folgenden sei deshalb verzichtet, well die Entwicklungsgeschichte des Primordiums dieselbe ist wie bei It.is, nur dab sich im weiteren VerlaufderBlatt.Teil zur flachen Spreite nebst Scheide en~wickelt, der b e / I r i s wie bei Allium cepa zur Scheide wird.

d) Weitere Monocotylen-Pri~nordien mit Ventralmeristem. EIOHLER (1885) vermutete bei den Palmen eine Art yon (~ber-

gipfelung, indem er mit Riicksich~ auf Scheide nebst Ligula der Fiicher- palmen yon einer prim/iren Bildung sprach, w/ihrend die Spreite eine sekund/ire Bildung darstellen sollte. Um dieses Problem zu kl/~ren, fertigte ieh auch noeh mediane L~ngsschnitte durch Palmenbl~tter an (Rhapis, Trachycarpos und Chamaerops), mit dem eindeutigcn Ergebnis.

Page 32: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

330 I~m Ro~:

dab hier keine ~Tbergipfelung vorliegt; der Wulst an der Grenze yon Ober- und Unterblatt bildet sich auch hier mit tIflfe eines Ventral- meristems, ~us dem dann die ,,Ligu]a" hervorgeht. Da auoh hier die ,,Ligula" als stipulare Bildung aufgefaBt werden muB, geht in diesem Falle der sog. Blattstiel der Facherl0almen aus dem Unterblatt hervor; er ist n~mlich identisch mit der lgittelrippe der Blattscheide. Pr~parativ ist dies leicht festzustellen, da man sukzessive verfolgen k~nn, wie das Scheidengewebe mit Ausnahme der Mittelrippe bei ~lteren Bl~ttern abfault und zuletzt auch die stabilen Fasern yon der Rhachis abreiBen; die Vorg~nge wurden schon yon DoB~I~ (1911) eingehend geschildert. Eine Ausnahme scheint die Oehrea yon Korthalsia (vgl. TROLL 1939, S. 1673) zu bflden, bei der der Blattgrund voUkommen erhalten bleibt.

Auch rudimentierte ,Ligulae" kSnnen 'durch ein Ventralmeristem zustande kommen. Nach den pr~parativen Untersuchungen wurde bei Allium Moly und A. victoriale eine rudimentare ,Ligu!a" vermutet, die sich dort in Form eines Wulstes darstellt. DaB auch dieser Wulst dureh ein Ventralmeristem entsteht, kann aus der reihenweisen An- ordnung der Zellen a~f der Ventra]seite des Primordium entnommen werden.

Bespre~hung der Ergebnisse und Schlu[3betrachtung.

Den Ergebnissen dieser Arbeit kSnnen wir beziiglich der Gesetz- miiBigkeiten des Blattwachstums entnehmen, dab das Blatt im Primor- dialzustand bef~higt is% auBer dem apikalen, gemeinhin bekannten Vegetationspunkt (VJ ~uch noeh einen ventralen (VJ bzw. einen dorsalen (Va) hervorzubringen. (Hierzu das Schema der Fig. 79.) Die beiden ]etztgenannten Vegetationspunkte gehen in der Hauptsache aus der ersten subepidermalen Zellschicht hervor, wobei vor allem die Tat- sache yon Wichtigkeit ist, dub sie schon an den jfingsten Stadien des Primordiums auftreten. Fiir das Emporwachsen eines dorsalen Vege- tationspunktes pri~gten wir den Ausdruck ,,~bergipfelung". Dieser dorsale Auswuchs kann entweder eine sog. ,,unifaziale" massive Vor- li~uferspitze bei geringem L~ngenwaehstum oder ein ,,unifaziaies" Ober- blatt hervorbringen. Dabei kann die Bezeichnung ,,unffazial" hSchstens in dem Sinne gebraucht werden, als durch die friihe Tittigkeit eines Ventralmeristems an jtingeren oder etwas fortgeschritteneren Stadien keine Unterscheidung in Ober- und Unterseite des betreffenden Blatt- Teiles mehr mSglich ist. Es handelt sich also lediglich um Blattabschnitte, an denen keine Primordialr~nder mehr sichtbar sind..&us dem primi~ren apikalen Vegetationspunkt kann sich dagegen im letztgenannten Falle einer l~bergipfelung unter Umst~nden eine Ligula entwickeln, wenn der gesamte urspriingliche Primordialrand gemeinsam hochwiichst. Man muB sich das Wachstum der Ligula so vorstelien, dab rings um den

Page 33: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes. 331

Primordialrand eine Vielzahl von zweischneidigen Initialzellen neben- einander ti~tig ist, die das einheitliehe Emporwachsen der Ligula ermSgliehen. Diese Ligula stellt demnaeh etwas ganz anderes dar als die Medianstipel (wozu wit aueh - - aus den oben angeftihrten Griinden - - die bisher so benannten ,,Ligularbildungen" der Monocotylen reehnen, die ebenfalls dureh Bildung eines ventralen Vegetationspunktes ent- s t e h e n ) . Die Seheide soleher komplexer; eventuell noch ligulierter g l i t t e r , wie wit sie nannten, ist demnaeh einem monopodiMen Gesamt- primordium, aus Ober- und Unterblatt bestehend, homolog. Die ,,tiber- gipfelnde" Spreite bzw. Vorliuferspitze dagegen stellt eine Neubildung dar und kann keinem der bisher bekannten Teile des Blattes homolog gesetzt werden. Wenn wit also yon Seheide und Spreite bei diesen sympodiMen Bl i t te rn spreehen, mtissen wit uns immer dessen bewugt sein, dag sie mit den sonst so benannten Blattabsehnitten nicht identiseh sind. Aus diesem Grunde betraehte ieh aueh die komplexen B1/itter als phylogenetiseh abgeleitete Formen; wit kSnnen deshalb diese hSher differenzierte Blattform als einen Fortsehrit t in der Blattentwieklung tiberhaupt bezeichnen. Auch an der Abrundung dieser dorsalen Aus- wiiehse ist ein Ventralmeristem beteiligt. Ein massives (sog. ,,uni- faziales") Rund- oder Sehwertblatt kann abet aneh noeh auf eine g~nz- lieh versehiedene Art und Weise zustande kommen, indem sieh das Oberblatt bzw. die Blattspitze lediglieh dutch die Tgtigkeit eines ventralen Vegetationspunktes abrundet. Theoretiseh kSnnen Mr uns nun aueh vorstellen (vgl. hierzu Schema 79), dab ein Blatt auger dem apikalen sowohl ein ventrales wie dorsales Waehstumszentrum besitzt und so die Potenzen zur Bildung yon drei Vegetationspunkten in sieh tr/igt.

Ob nun aus dem Primordium ein Blatt mit runder Vorlguferspitze oder Rundspreite gebildet wird, hangt ganz yon der spi teren Waehstums- verteilung:im Blatt ab (Fig. 80). Ist nur ein basM-interkMares Meristem (Mi) t i t ig , so entsteht natiirlieh nut ein Flaehblatt mit einer massiven Vorl/iuferspitze; sehiebt sieh dagegen augerdem eine zweite Waehstums- zone (Me) oberhalb des ventralen Vegetationspunktes ein, so kann sieh ein massives Oberblatt bilden, soferne sieh das Ventralmeristem aueh auf diese zweite Waehstumszone erstreekt. Bleibt indessen, als dri t te Alternative, der ventrMe Vegetationspunkt nut als Querwulst erhalten, und setzt dieser das Waehstum mit tIilfe einer Init ialreihe fort, so entwickelt sieh eine Medianstipel. Diese drei gegebenen l~ille k6nnen nun beliebig abgewandelt und kombiniert werden, so dab wir beispiels- weise ein Rundblat t mit einer Medianstipel erhalten. Dabei daf t man nieht vergessen, dab die Medianstiloel nieht in allen FS,11en mit einem deutlich ausgeprigten Ventralmeristem in Zusammenhang gebraeht werden mug. Ich denke hier z .B. an die Medianstipel des Drgsera. Typs, die ich als sekundgrer Natur bezeiehnen mSehte und fiir die

Planta. Bd. 37. 23

Page 34: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

332 I~a~. ~oT~:

phylogenetisch ~lteste Form h~lte, da die Medianstipelbildung zun~chs~ von seitlichen Nebenbl~ttern ausgeht, oder ~n die Medianstipel yon All ium Porrum und die der Gramineen. Im allgemeinen sind also mediane Stipularbildungen mit dem ventralen Vegetationspunkt in Zusammen- h~ng zu bringen bzw. mit einer erst viel sparer auftretenden sekund~ren

I :a- J

b

1Mz so

S2

Abb. 21. Fig. 79 Schema tier m6glichen Wachs tumsr ich tungen im Bla t tp r imordium un4 ihre eventuel len ]~[ombin~tionen. V~, V~, V~ die drei V~getat ionspunkte. Richtung des Blat twachs tums . dutch Pfeile angedeute t . Fig. 80 Schema des L~ngenwachstums yon Bla t tpr imordien m i t ven t ra lem Vegeta t ionspunkt : die zwei MSglichkeiten der Einschiebung in terkalarer Meristeme (M~, M ) . Fig. 81 Schema der m6glichen Gliederung eines B]at tpr imordiums in Ober- und Un te rb l a t t (Unterb la t t jeweils schraffiert): a Amavyllidaceen-, b Araceen-, c ~lllium-cepa- und Ir idaceen-Blat t -TyP (mit sekund~rer

Spitze S~).

Wulstbildung; in besonderen F~llen dagegen haben wires mit ,,echten Ligulae" (in dem von mir gepr~gten Sinne) zu tun, welche die scheidige Fortsetzung des prim~ren apikalen Vegetationspunktes (V1) darstellen. Da die Unifazialit~tstheorie fiir die Erkl~rung des Zust~ndekommens yon medianer Stipula und ,Ligula" (im bisher gebrauchten Sinne) widerlegt wurde und sich daher fiir uns nicht mehr als brauchbar

Page 35: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

Zur Entwicklungsgeschichte des Bla~tes. 333

erwiesen hat, kann uns niehts mehr daran hindern, Stipular- und bisher so benannte ,,Ligularbildungen" zu homologisieren und, da beide Pro- dukte des Unterblattes darstellen, kSnnen wir in jedem Falle den geli~ufigeren Ausdruck Medianstipel gebrauehen, um zu betonen, dag es sich hier um zwei einheitliche, homologe Bildungen handelt. Auch fiir die Entstehung der Schildbli~tter konnten wir feststellen, dab sie aus bifazialen Blattanlagen hervorgehen und fiir ihr Zustandekommen nicht einmal immer eine kreisfSrmige Leitbiindelverteilung im Stiel notwendig ist; als Beispiel hierfiir lernten wir unter Dieotylen Drosera, Victoria, PeTeromia kennen, yon Monocotylen auBerdem s/imtliche peltate BlOtter des Araceen-Typs. Das (seitlich an der Achse inserierte) Primordium, yon dem wir auszugehen haben, ist naturgem/~B unter allen Umst/~nden bifazial. Entwickeln sich dabei Blatt-Ober- und -Unter- seite gleichmal3ig, so ergibt sich ein eindeutig bifazialer Querschnitt; bleibt dagegen die Oberseite im Primordialzustand stehen, und erfahrt nur die morphologische Unterseite ein ausgedehnteres Breitenwachstum, so kommen ,,subunifaziale" und (lurch wei~ere Abrundung mit Hilfe eines Ventralmerisgems sog. ,,unifaziale" Stmkturen zustande. Das Dickenwachstum, an dem sich in der Hauptsache das Ventralmeristem beteiligt, ist dafiir jedenfalls Voraussetzung.

Die Gliederung des Monocotylenblattes, die variabler ist als die des Dicotylenblattes, kann dutch ein einfaches Schema (Fig. 81) veransehau- lieht werden: im ersten Falle a) entwickelt sich zum Unterblatt nur der basale (sehraffierte) Teil des Monocotylenblattes, bei geschlossener Scheide his zur 0ffnung des Kapuzenblattes. Zu dieser Entwicklungsart rechne ich beispielsweise die B1/~tter des einfachen Kapuzentyps, des Amaryllidaceen- und Gramineen-Typs. Im zweiten Falle b) erfiihrt das Kapuzenblatt, wie bei den Araceen, etwa in der Mitte Seine Trennung in Ober- und Unterblatt, also ein rein quantitativer Unterschied zum vorigen und nur ein Obergang zum leizten und seltensten Falle c), wobei sich das gesamte Kapuzenblatt zur Scheide entwickelt, w~thrend ein dorsaler Vegetationspunk~ das Oberblatt aufbaut; das Kapuzen- primordium wird also ohne jede weitere Differenzierung zur sog. Scheide entwickel$, wie dies bei Alliumcepa etwa und allen anderen fiber- gipfelten Blattern mit Rund- oder Schwertspreiten der Fall ist. Ab- schlieJ~end mfissen wir also festhalten, daI3 einerseits B~ldungen, die sich im ausgewachsenen Stadium zu gleichen scheinen, nicht identisch sind, w/~hrend /~uBerlich rech~ verschiedene Bildungen durchaus gleicher tterkunft sein k6nnen.

Zusammen/assung. 1. Die nach T~oL[s Anschauung zu erwartende kreisfSrmige L e i t -

bfindelverteilung im Stiel medianstipulierter B1/~tter konnte nur bei

23*

Page 36: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

334 I ~ ) ~ o ~ :

einigen wenigen Beispielen (Victoria, Melianthu8, Menyanthes) gefunden werden, wahrend die meisten daraufhin untersuchten BlOtter eine Leit- bfindelanordnung im offenen Bogen besitzen. Andere medianstipulierte BlOtter mit zerstreuter Biindelanordnung im Stiel wiesen aber pr~gnante Stielr~nder auf, die sich direkt in die Spreitenr~nde r fortsetzen.

2. iVledianstipel und ,,Ligula" (der Autoren) k6nnen in fast allen F~llen einander gleich gesetzt werden und sind daher einheitlich mit dem Ausdruck ,,Medianstipel" zu belegen. Die Medianstipel finder sich stets an der Grenze yon Ober- und Unterblatt und entsteht, indem die Rander des Unterblattes dureh einen nach innen zu fortsehreitenden Ventral- wulst naeh vorhergegangener Later~lstipelbildung oder dureh einen einheitlichen Ventralwulst sehr friih miteinander verbunden werden. Die letztere Entwicklungsart ist bei den meisten Dicotylen und allen Monocotylen verwirklicht.

3. Auf Grund besonderer Baueigentiimlichkeiten wurden die Primor- dien medianstipulierter Dieotylenbl~tter in bestimmte Entwicklungs- t, ypen eingereiht: Von dem Drosera.Typ (1), bei dem sich an dem ein- fachen bifazialen Primordium die Medianstipel dutch Verschmelzung yon vernherein getrennter Nebenblattanlagen entwickelt, kann man einen Polygonaceen-Typ (2) unterseheiden, indem sieh hier an dem deut- lich bil~zialen, nur in Ober- und Unterblatt gegliederten Primordium ein einheitlicher Transversalwulst als erste Anlage der Medianstipel bildet. Bei dem Piperaceen-Typ (3) ist an dem kapuzenartig gestalteten Primordium dagegen ein gut ausgebildetes Ventralmeristem t~tig, das die Wulstbitdung hervorbringt, w~hrend beim Caltha-Typ (4) das Ventralmeristem schon friih am Primordium auftritt, so dab an ihm Primordialr~nder nieht mehr zu verfolgen sind.

4. Die sog. ,,unifazialen" Strukturen gehen mit ttilfe eines Ventral- meristems aus Primordien hervor, die in ihrer Gesamtheit yen vornherein bifazial entwickelt sind, und werden entweder schon sehr friih am Blatt sichtbar (Oaltha- und Triglochin-Typ) oder erst sparer und dann in ihrer Entstehung deutlich verfolgbar (Piperaceen-, Araeeen-Typ u. a.).

5. Dasselbe Ventralmeristem ist auch maggebend fiir die Entstehung yon Schildbl~ttern. Dabei stellt der Sehfldauswuchs einen ,,Antipoden" zur Medianstipel dar. W~hrend sich am oberen Ende des Unterblattes proleptisch ein Transversalwulst als Anlage der Medianstipel bfldet, wird durch das gleiehe u an der Basis des Oberblattes der Schildauswuchs hervorgerufen, der sieh allerdings erst viel sparer am Blatte (metaleptisch) entwickelt.

6. Auch die Monocotylenbl~tter wurden in ~hnlicher Weise wie die der Dieotylen in verschiedene Blatt-Typen eingeteils dabei ergab sieh eine Reihenfolge yon einfaehsten Formen bis zu den hSchstentwiekelten Typen, wie folgt: In den einfachsten F~llen (Amaryllidaceen-, Liliaceen-,

Page 37: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes. 335

Gramineen-, Potamogeton-Typ) handelt es sich um ein deutlich bifaziales Primordium yon meist kapuzenf6rmiger Gestalt ohne Ventralmeristem. In komplizierteren F/s erfiihrt das bifaziale Primordium nach seiner Gliederung in Ober- und Unterblatt schon frfihzeitig ein betr/~chtliches Dickenwachstum mit Hilfe eines Ventralmeristems, wodurch es in der Lage ist, sowohl Medianstipel wie Schildblatt und einen sog. ,,uni- fazialen" Blattstiel sowie eine ,,unifaziale" Vorl~uferspitze oder auch ein gesamtes zylindrisches oder schwertf6rmiges Oberblatt auszubilden; dabei handelt es sich also urn ,monopodiale" B1/s (Araceen-, Tri- glochin.Typ). Den seltensten und interessantesten (wahrscheinlich 10hylogenetisch jfingsten) Typ stellt aber das ,,fibergipfelte" Blatt dar (Allium-cepa.Typ). Bei ihm entwickelt sich das gesamte Primordium, das sonst Ober- und Unterblatt hervorbringt, zur Blattseheide, w/s ein dorsa]er Vegetationspunkt die runde oder schwertf6rmige Spreite, die somit eine Neubildung darstellt, aufbaut. Bei diesen ,,sympodial" gebauten B1/ittern kann sich aus dem prim~ren apikalen Vegetations- punkt als dessen scheidige Verl/ingerung eine Ligula (in dem yon mir gepr~gten Sinne) entwiekeln. Schliel~lich kann sieh auch noeh bei monopodialen B15ttern als dorsaler Auswuchs eine sog. ,,Vorl/~ufer- spitze" bilden, die dann der Spreite der sympodialen B1/~tter homo- log w/ire.

7. Aueh die dorsalen Auswiichse der komplexen, d.h. sympodial gebauten B1/~tter haben bifaziale Natur und runden sich erSt nachtris mit Hiffe eines Ventralmeristems ab, werden damit abet nicht ,,uni- fazial", obwohl die Leitbfindelverteilung im erwachsenen Zustand dies vortiiuscht.

8. Die erste Anlage der Dicotylen- und Monocotylen-Medianstipel w/ichst im allgemeinen mit Hilfe einer Reihe nebeneinander]iegender subepidermaler zweischneidiger Initialen (bzw. solcher yore Periklinal- Antiklinal-Typus), die sp/iter yon zwei- oder einschneidigen epidermalen Initialen abgel5st werden.

9. Bei den tibergipfelten, sympodialen Blattformen w/iehst die primi~re Spitze mit einer Reihe nebeneinander liegender zweischneidiger sub- epidermaler Initialzellen; der dorsale Vegetationspunkt dagegen ent- steht aus einem subepidermalen Zellkomplex anderer Art. Die einzelnen aus den verschiedensten Familien bekannten Schwert- und Rundbl~tter der Monocotylen stellen demnach nur analoge Gebilde dar, indem sie sich dem ~ui3eren Erscheinungsbilde nach gleichen, ihr Zustande- kommen aber zwei vSllig verschiedenen Entwieklungsrichtungen ver- danken.

Mein ganz besonderer Dank gilt meinem verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. R~IN~).I~D ORT~, der die Anregung zu dieser Arbeit gab, ffir die stetige ttilfe bei meinen Untersuchungen.

Page 38: Zur Entwicklungsgeschichte des Blattes, mit besonderer Berücksichtigung von Stipular und Ligularbildungen

336 IlqGRID EOTU: Zur Entwicklungsgesehichte des Blattes.

Literatur. ADaMson, 1~. S.: On the leaf structure of Juncus. Ann. Bet. 89, 599 (1925). - -

ARBEZ, A. : On the leaf structure of certain Liliaceae, considered in relation to the phyllode theory. Ann. Bet. 84, 447 (1920). - - BERr E.: Zur Kenntnis der Stipularbildungen bei Drosera. Ber. dtseh, bet. Ges. ~8, 512 (1935). - - BVCHE~A~r, F.: Monographia Juncacearum. Englers. Bet. Jb. 1~, 9 (1908). - - DOMI~, 1K. : lYIorphologische und phylogenetische Stndicn fiber Stipularbildungcn. Ann. Jard. Bet. Buit. 24, 117 {1911). - - EICKL~, A.W.: Zur Entwieklungs- gesohiehte des Blattes mit besondererBeriicksichtigung derI~ebenblattbildungen. Diss. Marburg 1861. - - Zur Entwicklungsgeschichte der Palmenbl~tter. Abh. Kgl. Akad. Wiss. Berlin 1885. - - GLi~CK, I~. : Die Stipulargebilde der igono- ootylen. Verb. Naturhist.-t~Ied. Verein tteidelberg 7, 1 (1901). - - Blatt- nnd bliitenmorphologisehe Studien. Jena 1919. ~ Gerry, L, K.: Entwicklungs- gesohichte der Pflanzenorgane. In ScE]~cKs Handbuch der Botanik, Bd. 3, S. 99. 1884.--Organographie der Pflanzen, 3. Aufl. Jena 1928--1933.--OR~, R. : Uber den morphologisehen Wert der Smilaxranken. Bet. Arch. 44, 70 (1942). - - hlorphologische Studien an A~naryllidaceen. Bet. Arch. 44, 306 (1948). - - SCHLICKU~, A . : Morphologischer nnd anatomiseher Vergleich der 1Kotyledonen und ersten Laubbl~itter der Keimpflanzen der M0nocotylen. Bibl. Bet. 6, 1 (1896). - - S ~ s s ] ~ v ~ , K. : Beitrage zur Frage des systematischcn Anschlusses der Monocotylen. Beih. Bet. Zbl. I I 8~, 1 (1920). - - T~kcUL, M.A.: Formation des feuilles et ordre d'apparition de leurs premiers vaisseaux ehez les gramin6es. C. r. Acad. Sei. Paris 90, 1047 (1880). - - T~OL~., W.: Organisation und Gestalt im Bereich der Blfite. Monogr. wiss. Bet. 1, 1 (1928)...-- hIorphologie der schild- f5rmigen BlOtter. Planta (Ber].) 1I, 153 (1932). - - Uber Diplophyllie nnd ver- wandte Erseheinnngen in der Blattbildung. Planta (Berl.) 1~, 355 (1932). - - Morphologie der hSheren Pflanzen, Bd. 1, Teil 2. Berlin 1939.

Anmerlcung. Infolge der nngiinstigen Zeitumst~nde konnte die im April 1945 eingereiehte Arbeit nicht friiher verSffentlicht werden. Inzwischen sind zwei Arbeiten yon C~r.T~I~KE: ,,Beitr~ige zur ]~ntwicklnngsgeschiehte und zur Physiologic panasehierter BlOtter", Planta, Bd. 36, 2 (1948) nnd ,,Beitr~ige zur Entwicklungsgeschichte unifazialer Bl~itter", ebenda 154 (1948), erschienen, die sich unter anderem mit ahnliehen Fragen befassen wie die vorstehende Arbeit. Die Ergebnisse yon THIELKE stimmen im wesentliehen mit den meinigen fiberein; es sei mir aber an dieser Stelle gestattet, auf einige abweichende Resultate hinzu- weisen, die sich in der Hauptsaehe bczfiglich der Entwicklungsgeschichte yon Allium Porrum und Acorus Calamus ergeben haben. Iqaeh THI~LK]~ (S. 159) wird bei Allium Porrum ein prim~rer Scheitel in seiner ~iuBeren Form iiberbaupt nieht mehr angelegt; seine Lage laBt sioh nur durch die Ligula bestimmen, die somit auf dieselbe Weise entstehen wfirde wie die yon Altium cepa; die Spreite miiBte darm auch der Spreite yon Allium cepa entspreehen, die hier nur eine transversale Abflachung erfahren h~tte, w~hrend die kielartige Spitze eine hinzu- kommende Komplikation terti~rer l~atur bedeuten wfirde. Bei Acorus Calamus fin(let THI]~LK]] diese]be Entwicklnngsweise wie bei Iris; auch bier entsteht nach Tm]~LKE eine sekund~re Spitze, die die schwertfSrmige Spreite anfbant.

] ) avon TKIELKE bereits eine Zusammenstellung aller wiehtigeren Arbeiten, die sieh mit dem vorstehenden Thema befassen, gegeben wurde, darf erg~nzend auf die bei TItII~LKE zitierte Literatur verwiesen werden.

Dr. INGRID I=~OTH, Miinchen 38, Botan. Staatsanstalten, lYIenzingerstr. 67.