Download - keskin.de · Created Date: 11/22/2006 3:44:33 PM

Transcript
Page 1: keskin.de · Created Date: 11/22/2006 3:44:33 PM

üanhaDonnerstog, 25. September l9gl r Seite 2l

,Bin kein Vo rzeigetürk e"Hakki Keskin, der erste deutsch-türkische Bürgerschaftsabgeordnete, trittnicht wieder an: Die SPD sei verfilzt. kraftlos und starr r Von Silke lllerlinc

Über zwei Jahre fügte sich HakkiKeskin in der Hamburger Bürger-schaft dem Fraktionszwang.. derSPD - gegen seine ,,eigene Uber-zeugung und gegen das eigene Ge-wissen". Als sich der erste deutsch-türkische Abgeordnete eines Lan-desparlamants schließlich ent-schloß, die minderheitenfeindlichePolitik seiner Partei nicht weiterwortlos hinzunehmen, durfte er imParlament nicht einmal mehr reden.Wenn er zu Migrationspolitik mit-diskustieren wollte, mußte er sichmit einer persönlichen Erklärungbegnügen. Der Gang zurn Redner-pult wurde zum Spießrutenlauf.

Nun, drei TagenachderWahl, be-gründet der Hochschulprofessorund Vorsitzende der Türkischen Ge-meinde in Deutschland, warum ernicht erneut ftir die neue Bürger-schaft kandidiert hat: Er ist verbittertüber die ..verkrusteten Machtstruk-turen", die,,Verflechtung und Verfil-zung" und das Blockieren ,,neuerImpulse und kreativer Ideen". Manhabe ihn als ,,Vorzeige-Türken"mißbraucht.

,,Eine konstruktive Kritik", soKeskin, wird ,,vermieden" und,,führt zunehmend zu einer Läh-mung der Parteidynamik, zu einemerheblichen Verlust an Glaubwür-digkeit der Partei". Das Resultat:Politikverdrossenheit. Das verhee-rende Wahlergebnis sei ein ,,deutli-cher Hinweis" darauf. Die SPD ".istnicht mehr Hoffnungsträger bei derLösung der dringenden Probleme,so bei Arbeitslosigkeit und Woh-nungsnot", weil,die politische Ori-entierung zu starr" sei.

Parteibeschlüsse würden nichtumgesetzt - Beispiel Antidiskrimi-

,,Verkrustete Machtstrukturen und Verfilzung": Hakki Keskin verläßt die SPD Foto: Gregor Maier

nierungsgesetz -,,,konzeptionelle

Überlegungen nicht angestellt" undVorschläge der Opposition ,,ausPrinzip" abgelehnt, auch wenn siemit den Vorstellungen der SPDübereinstimmen. Sachpolitik spielekeine Rolle.

Schlimmer noch: ..Als Politik-wissenschaftler habe ich in meinervierjährigen Tätigkeit als Abgeord-neter feststellen müssen, daß diewichtigste und praxisnahe Kontrol-le, nämlich die von Regierung undVerwaltung durch das Parlament,faktisch nicht stattfindet." Damit

würde,,die Gewaltenteilung" außerKraft gesetzt. Lediglich die Opposi-tionsparteien bemühten sich umKontrolle, doch das habe.mängelsMehrheit nur,,Appellcharakter".

Keskins engagierter Versuch,1991 mit seinemEinzug in die Btir-gerschaft ,,ein Signal" zu setzen undparteiintern Aufklärungs- und Über-zeugungsarbeit zu leisten, stelltesich zu seiner Enttäuschung als ver-gebliche Liebesmüh heraus. Niehabe man ihn,,als Fachmann" aner-kannt, immer nur als ,,parteiischenAbgeordneten ausländischer Her-

kunft". Sein Fazit: Die SPD ist nichtin der Lage, ,,aus pigener Kraft" den,dringend notwdrdigen Erneue-rungsprozeß hef&izuführen".

Und weil eine Große Koalition le-diglich dazu führen würde, ,,Pfrän-de zwischen CDU und SPD neu zuverteilen", ernpfiehlt Keskin einBündnis mit der GAL. Eine ,Jot-grüne Koalition ist daher eine Chan-ce nicht nur für Hamburg, sondernauch fiir den bislang dominierendenMachtfaktor SPD, sich selbstkri-tisch zu beleuchten und möglicher-weise auch zu erneuern."