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Page 1: 2 9 Freitag 19. November 2010 Geniessen Plus jamais ...€¦ · Plus jamais «Jamais Gamay»! «Hommage au Beaujolais Nouveau 2010» im Weinmuseum Le Hameau du vin in Romanèche-Thorins

GAMAY-WEINE NEU ENT-DECKT Wer noch immer mitdem Wortspiel «Jamais Ga-may» kokettiert, disqualifi-ziert sich selbst. Denn dieWestschweizer Winzer undihre Kollegen im Beaujolaisverleihen der uralten und zeit-weise durch Massenware inVerruf geratenen Trauben-sorte neuen Glanz.

Gestern, traditionsgemäss amdritten Donnerstag im Novem-ber, eine Minute nach Mitter-nacht, gaben die Verantwortli-chen im kleinen Städtchen Beau-jeu im südlichen Burgund mitgrossem Tamtam den BeaujolaisNouveau zum Verkauf frei. «DerBeaujolais Primeur ist bei unse-ren Kunden durch dessen frischeFrucht und die charakteristi-schen Gäraromen immer nochsehr beliebt», berichtet derCoop-Weinchef Christoph Bürki.

Minderwertige MassenwareIm Allgemeinen hat die Nach-frage nach traditionell gekelter-ten Weinen aus dem 22 000 Hek-taren umfassenden, vorwiegendmit Gamay-Reben bestocktenBeaujolais jedoch kräftig nach-gelassen: Während Jahrzehntenüberschwemmten die Winzeraus dem südlichen Burgund denMarkt mit quantitativ minder-wertiger Massenware. Damit ge-riet die uralte Gamay-Traube inVerruf – zu Unrecht, wie sich aufeinem Streifzug durch die Ga-may-Weine aus dem In- und Aus-land leicht feststellen lässt.

«Es ist wahr», gibt der «Grand-seigneur des Beaujolais», Wein-produzent Georges Dubœuf, un-umwunden zu. «Wir haben imAn- und Ausbau der Gamay-Traube im Beaujolais grosseFehler gemacht.» Der Spross ei-ner Winzerdynastie aus dem15. Jahrhundert und grosse För-derer des Beaujolais Nouveaumacht mit seinem Sohn Frankheute vieles anders.

Enorme Anstrengungen«Die Anstrengungen zur Verbes-serung der Beaujolais-Weine inden letzten Jahren warenenorm», sagt der 77-jährige Chefdes 1964 gegründeten Unterneh-mens, welches heute für 400Rebbauern und 20 Genossen-schaftskellereien Wein bereitetund 22 Millionen Flaschen in 143Länder exportiert. Georges Du-bœuf blickt auf eigene schmerz-

liche Erfahrungen zurück undweiss, dass sich Erfolg letztlichnur mit restriktiven Erträgenund strengster Kontrolle im Reb-berg einstellen kann. «Jeder Ein-zelne unserer Lieferanten be-wirtschaftet deshalb höchstenssieben Hektaren Land und erntetdie Trauben von Hand», sagt er.

Freude über neue ErfolgeGemeinsam mit den über 2500kleinen Winzern kämpft der«König des Beaujolais», wie Ge-orges Dubœuf auch genanntwird, für die Wiederherstellungdes guten Rufs von einst undfreut sich über die neuen Erfolgeder Cru-Bourgeois-Appellatio-nen im Norden der Weinbauregi-on. Von den zehn Gemeinden mitCru-Status verbuchen vor allemdie Winzer aus Moulin-à-Vent,Chiroubles und Juliénas wiedergrössere Erfolge. Nun freut sichDubœuf auf einen neuen Meilen-stein: Erstmals findet im Januar2011 der Concours Internationaldu Gamay statt. Er soll die Welt

wieder auf den Geschmack derGamay-Weine bringen.

Wer heute noch mit «JamaisGamay» kokettiert, disqualifi-ziert sich selbst. «Wenn die Ga-may-Trauben am Stock in klei-nen Mengen wachsen und gutausreifen können, gehört die Sor-te in die Reihe der ganz grossenGewächse», gibt sich der vielver-sprechende Jungwinzer NicolaCadoux aus dem kleinen Winzer-dorf Athenaz im Kanton Genfüberzeugt. Der Ausbau von Ga-may-Weinen gehört zur langenTradition des Familienunterneh-mens. Sein «Gueule de loup»wurde bereits mehrfach ausge-zeichnet.

Fruchtig und elegant«Früher wurde die Gamay-Rebean ungünstigen Standorten ange-baut und konnte ihre Qualitätengar nicht erst entwickeln. Heuteergeben die an erstklassigen La-gen im Kanton Genf, im Waadt-land und im Wallis kultiviertenStöcke ausgezeichnete rubinrote

Weine von grosser Fruchtigkeitund Eleganz», sagt der ÖnologePaul Baumann vom WeinhausObrist in Vevey. Und der Wein-händler Nick Wittwer von derWeinhandlung Vennerhus inGrosshöchstetten stellt sogarfest, dass mehr und mehr auchjunge Weingeniesserinnen und-geniesser auf den Geschmackder Gamay-Weine kommen.

Plus jamais «Jamais Gamay»!

«Hommage au Beaujolais Nouveau 2010» im Weinmuseum Le Hameau du vin in Romanèche-Thorins (F). Xavier Chabert/zvg

Georges Dubœuf kämpft gemein-sam mit anderen Winzern für dieWiederherstellung des guten Rufsder Gamay-Traube. zvg

Le Beaujolais Nou-veau 2010 estarrivé! Darauf ha-ben viele Weinlieb-haber gewartet.

Im Bereich des Gamay-Anbausleisten die Waadtländer Winzeraus dem Lavaux, allen voranHenri Chollet, Blaise Dubouxund Jean-François Potterat, eineerwähnenswerte Wiederaufbau-arbeit. Die 1965 beinahe derAutobahn zum Opfer gefallene,nach ihrem Retter Robert Mon-nier genannte Gamay-Mutation«Plant Robert» wird an Toplagenmit streng reguliertem Ertragsukzessive wiederaufgebaut. DieWeine überraschen mit einemfacettenreichen Bouquet, viel-schichtiger Fruchtigkeit, wun-derbaren Tanninen und langemAbgang.

Ein Waadtländer Versprechenmit Potenzial, das den Aufwinddes Gamay nachhaltig unterstüt-zen wird.

Angela Kreis-Muzzulini

Websites zum Thema:www.vinsdegeneve.chwww.ovv.chwww.walliserweine.chwww.duboeuf.com

GeniessenFreitag19. November 2010

MARRONI Braten, schälen, essen:Marroni können auch zu Hause einGenuss sein. Aber Achtung: Bei derZubereitung kann viel schiefgehen.

Schön, gibt es wieder Marroni, frischgeröstet und am Stand gekauft. Was ichnoch lieber habe, sind Kastanien für dieKüche zu Hause. Denn, um ehrlich zusein, sind mir Marroni «pur» meist zutrocken. Darum gibts nichts Feineres,als dazu ein Sösschen mit Pfefferscho-ten, Zwiebeln und etwas Rahm zu ser-vieren. Die würzige Schärfe kontras-tiert herrlich zu den süsslichen Kasta-nien. Zu Marroni passt auch Kürbissup-pe oder Blaukraut.

Enttäuschung totalAlso kaufte ich letzthin beim Grossver-teiler ein Kilo Marroni, schnitt sie ein

und röstete sie auf mittlerer Hit-ze in einer Bratpfanne. Damit

die Marroni nicht austrocknen,bedeckte ich sie mit einem feuch-

ten Tuch und verschloss die Pfan-ne mit einem Deckel. Alle paar Mi-

nuten wendete ich die Marroni, damitsie nicht zu schwarz wurden. So weit, sogut. Nach 20 Minuten waren die Marro-ni gar, wir freuten uns auf unser herbst-liches Mahl und setzten uns an denTisch. Was dann kam, war Enttäu-schung total: Kaum eine Marroni liesssich schälen. Wir «knübelten» an jedemStück minutenlang herum, die Finger-nägel tun noch heute weh. Leicht verär-gert legten wir die Marroni zur Seiteund stiegen auf Brot und Käse um.

Was habe ich falsch gemacht? War diePfanne zu heiss, zu wenig heiss, dasTuch zu feucht, zu wenig feucht? Beru-higt hat mich dann das Gespräch mitGabriele Mazzi. Der gebürtige Tessinerführt in Pfaffnau ein Geschäft mit Kas-tanienspezialitäten. Ich hätte gar nichtsfalsch gemacht, sagte er. «Es gibt Sor-ten, die sich nicht gut schälen lassen.»Darum empfiehlt er, die Kastaniennicht bei Migros oder Coop zu kaufen,

Auf die Sorte kommts andenn: «In grossen Läden ist das Glücks-sache, da die Verkäufer meist nicht wis-sen, ob die Sorte, die gerade im Angebotist, leicht schälbar ist oder nicht.» Er rätmir darum, es beim Marronistand ander Ecke zu versuchen.

Der zweite VersuchWas ich prompt mache: Für 18 Frankendas Kilo bekomme ich schöne, grosseMarroni aus dem Piemont. Das ist zwarteurer als beim Grossverteiler, dafürsind sie bereits eingeschnitten, was mireinen Arbeitsgang in der Küche erspart.Der nette Marroniverkäufer erklärt mirgleich noch, wie ich sie zubereiten soll.Ein feuchtes Tuch sei nicht nötig, ichsolle sie einfach mit einem Deckel zude-cken und nach 15 Minuten probieren,ob sie gar sind. Nun gut. Zu Hause ange-kommen, gebe ich die Marroni in diePfanne. Eine gewisse Spannung liegt inder Luft, als wir uns zu Tisch setzen. Dieerste Marroni ist so heiss, dass ich mirfast die Finger verbrenne – aber sie lässtsich schälen, problemlos. Die zweiteauch, ebenso die weiteren. Meine Fraulächelt mir zu, und wir lassen es unsschmecken. Robert Bossart

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