1
3. Die Glaubwürdigkeit der Zentralbank
3.3. Reputation bei wiederholten SpielenIlling, Kap. 5.2; Jarchow, Kap. V.2.b; Barro/Gordon (1983b)
Problem: Optimale Inflationsrate ist nicht zeitkonsistent.
Ein-Perioden-Modell von Barro/Gordon vernachlässigt Anreiz der ZB, die Erwartungen durch ihr Verhalten zu beeinflussen. ZB hat ein Interesse an niedrigen Inflationserwartungen.
→ Reputationsaufbau
Idee: Durch ihre Aktionen kann die ZB den Ruf erwerben eine niedrige Inflation anzustreben. Dadurch werden die Inflationserwartungen gesenkt.
Die verschiedenen Aspekte, die dabei zu beachten sind werden wir jeweils in einfachen Modellen herausarbeiten.
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3.3 Reputation bei wiederholten SpielenWiederholtes Spiel: Die ZB beeinflusst durch ihre Entscheidung in Periode t
die Erwartungen in t+1 u.s.w.ZF der ZB: minimiere Σt≥1 (qt ⋅ Wohlfahrtsverlustt),
wobei 0<q<1 den Diskontfaktor bezeichnet.ZF der privaten Wirtschaftssubjekte: minimiere
Erwartungsfehler (rationale Erwartungen).Folk Theorem: unendlich oft wiederholte Spiele haben
eine Vielzahl von Gleichgewichten. - Das diskretionäre GG des Einperiodenspiels ist
auch ein GG des wiederholten Spiels.- Frage: Unter welchen Bedingungen existiert ein GG,
bei dem die ZB in allen Perioden π* wählt?
3
3.3 Reputation bei wiederholten Spielen
Frage: Unter welchen Bedingungen existiert ein GG, bei dem die ZB in allen Perioden π* wählt?
Erwartungsbildungsfunktion als StrategieWir versuchen Erwartungsbildungsfunktionen zu finden,
bei denen die beste Antwort der Zentralbank darin besteht, die optimale Inflation π* zusetzen. Zugleich müssen die Erwartungen rational sein, d.h. auch die privaten Wi.-subjekte haben keinen Anreiz ihre Erwartungsbildung zu ändern.
Beispiel 1: halblineare Kostenfunktion, Inflationserwartungen werden jeweils für eine Periode steigen, wenn die ZB von Erwartungen abweicht.
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Reputationsaufbau: Beispiel 1
Erwartungsbildung:
Phillipskurve in Periode t: Lt = Ln + c (πt – πte )
wobei πD die diskretionäre Lösung bezeichnet.
*,
*1
11
11
eett
D
ette
t fallsfalls
Intuition:
Wenn die ZB in der Vorperiode die erwartete Inflation erzeugt hat, dann glaubt man ihr, dass sie dies auch in der nächsten Periode tun wird.
Wenn die ZB in der Vergangenheit abgewichen ist, dann erwartet man in der nächsten Periode ein diskretionäres Verhalten.
Ist dies ein Gleichgewicht?
Beispiel 1:
5
Reputationsaufbau: Beispiel 1
Gesellschaftliche Kosten in Periode t (hier linear in Beschäftigung):
Kostent = a/2 · (πt – π*)2 – Lt
Einsetzen der Phillipskurve in die Kostenfunktion:
))((*)(2
2 netttt LcaKosten
Je höher die Inflationserwartungen sind, desto größer werden die gesellschaftlichen Kosten.
ZB ist an niedrigen Inflationserwartungen interessiert.
Startpunkt: π1e = π*
Wenn die ZB in Periode t=1 die diskretionäre Lösung πD > π* wählt, dann erreicht sie in t=1 geringere Kosten als durch π*.
Aber: In Periode t=2 steigen dann die Inflationserwartungen an, so dass die gesellschaftlichen Kosten in t=2 höher sind.
Trade-off zwischen gesellschaftlichen Kosten heute und morgen.
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Reputationsaufbau: Beispiel 1
),)((*)(2
2 netttt LcaKosten
Optimale Entscheidung der ZB:
,min1
1
t
tt Kostenq
wobei 0 ≤ q < 1 den Diskontfaktor bezeichnet,
unter den Nebenbedingungen
,0*
11
11
tfürfallsfalls
ett
D
ette
t
.*1 e
7
Reputationsaufbau: Beispiel 1
1. In Periode 1 hat die ZB die Wahl zwischen π = π1
e = π* (commitment-Lösung) und einer optimalen Reaktion auf π1
e = π*. – Letzteres ist die Überraschungslösung: πsurprise
2. Wenn die ZB in t = 1 die Überraschungslösung wählt, ändern sich die Erwartungen in Periode 2 zu π1
e = πD.
3. Wenn die Erwartungen in Periode 2 der diskretionären Lösung entsprechen, dann ist die beste Reaktion der ZB tatsächlich π2 = πD zu wählen. => Die Erwartungen erfüllen sich: in t = 3 gilt wieder π3
e = π*.
8
Reputationsaufbau: Beispiel 1
Drei mögliche Kombinationen: a) πe = π* = πb) πe = π*, π = πsurprise = π(πe = π*)c) πe = πD = π
Wie hoch sind die damit verbundenen Wohlfahrtsverluste (Kosten)?
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Phillipskurve: Lt = Ln + c (πt – πte )
Kostent = a/2 · (πt – π*)2 – Lta) Commitment-Lösung:
πe =π* =π => L =Ln → Kosten = – Ln
b) Überraschungslösung für gegebene Erwartungen in Höhe von πe = π*
nttt
ttt
LcL
LaKostenMint
)( u.d.NB.
,*)(2
*
2
Reputationsaufbau: Beispiel 1
10
Reputationsaufbau: Beispiel 1
= Reaktionsfunktion der ZB
Daraus folgt für die Beschäftigung:
Daraus resultieren Kosten
))((*)(2
*2 ntttt LcaKostenMin
t
0*)(0!
caKostent
t
t
ac
t *
acLcLL ne
ttn
t
2
)(
nnttt L
acL
ac
acaLaKosten
22)*)(
2
22
2
22
11
Reputationsaufbau: Beispiel 1
c) Diskretionäre Lösung (Gleichgewicht des 1-Perioden-Spiels bei rationalen Erwartungen)(Reaktion der ZB wird vorausgesehen)
ntt
e LLac
*
nnttt L
acL
acaLaKosten
22)*)(
2
2
2
22
12
Reputationsaufbau: Beispiel 1
Vergleich:
- Ln + c2/(2a)- Ln - c2/(2a)- LnGesellsch. Kosten
LnLn + c2/aLnBeschäftigung L
π* + c/aπ* + c/aπ*Inflation π
π* + c/aπ*π*Erwartete Inflationπe
DiskretionäreLösung
Überraschungs-lösung
Commitment-Lösung
13
Reputationsaufbau: Beispiel 1
Anmerkungen:1. Wenn sich die ZB in t=1 für Commitment-Lösung
enscheidet, dann ist die Entscheidungssituation in t=2 genau wie in t=1.
– Sie sollte sich also wiederum für die Commitment-lösungentscheiden.
– Dito für t=3.
2. Wenn die ZB in t=1 Überraschungslösung wählt, wird in t=2 das diskretionäre GG gespielt. Erwartungen sind korrekt. In t=3 beginnt das Spiel von vorn mit πe= π*:
– Das Entscheidungskalkül in t=3 ist das gleiche wie in t=1.
Fazit: Es reicht aus, nur die ersten zwei Perioden zu betrachten!
14
Reputationsaufbau: Beispiel 1
Wie entscheidet sich die ZB?1. Stets die Commitment-Lösung, wenn
2. Abwechselnd Überraschung und diskretionär, wenn
Da 0 ≤ q < 1, wählt die ZB in diesem Beispiel immer Ü-D!
ÜDCC KostenKosten
acqLqLq nn
2)1()1()1(
2
ÜDCC KostenKosten
02
)1(2
a
cq
15
Reputationsaufbau: Beispiel 1
1. Wenn sich die ZB in t=1 für die Commitment-Lösungentscheidet, dann wird sie dies auch in t=2 tun. => Gesamtkosten über beide Perioden:
2. Wenn sich die ZB in t=1 für Überraschungsinflation entscheidet, dann ist es in t=2 optimal die diskretionäre Lösung zu wählen. => Gesamtkosten über die beiden Perioden:
acqLq
acLq
acLKosten nnnÜD
2)1()1(
22
222
nnnCC LqLqLKosten )1(
16
Reputationsaufbau: Beispiel 1
• Die einmalige Erwartungsänderung, – die durch das Abweichen herbeigeführt wird
reicht nicht aus, um die ZB dazu zu bewegen, die optimale Inflationsrate π* zu wählen.
Jedoch: • Inflationserwartungen wurden nur für eine
Periode erhöht. • Wenn die Öffentlichkeit sensibler auf
Überraschungsinflation reagiert, kann sich der Aufbau von Reputation lohnen
17
Reputationsaufbau: Beispiel 2
Sei
Ein einmaliges Abweichen der ZB von der Commitment-Lösung führt dazu, dass die Reputation für alle Zukunft verloren ist und die Märkte dann die diskretionäre Lösung erwarten.
Dies ist die größtmögliche „Bestrafung“ für Fehlverhalten.
,11,...,2,1**
tfürsonst
tfallsD
et
*1 e
Kostent = a/2 · (πt – π*)2 – Lt (wie in Beispiel 1)
18
Reputationsaufbau: Beispiel 2
• Wenn die ZB in Periode 1 die Überraschung wählt, wird sich in allen künftigen Perioden die diskretionäreLösung einstellen. Daraus ergeben sich als Gesamtkosten
ac
qqL
q
acLq
acLKosten
n
n
i
inÜD
211
11
222
2
1
2
19
Reputationsaufbau: Beispiel 2
• Wenn sich die ZB in allen Perioden an die Commitment-Lösung hält, sind die Kosten
Ein Vergleich zeigt, Überraschungsinflation mit anschließender diskretionärer Inflation führt zu höheren Kosten, wenn
.1
10
nn
i
iCC Lq
LqKosten
.2/101
1
q
20
Reputationsaufbau: Beispiel 2
• Der Diskontfaktor q sollte kleiner als aber nahe 1, wenn ZB ein starkes Interesse an der Zukunft hat.
– Ein Diskontparameter kleiner als ½ würde bedeuten, dass gesellschaftliche Kosten in einem Jahr der ZB heute nicht mal halb so wichtig sind wie die aktuellen Kosten.
Ergebnis: 1. Wenn der Reputationsverlust hinreichend lange
anhält und 2. die Zentralbank an der Zukunft hinreichend stark
interessiert ist, dann hat die ZB einen Anreiz, die optimale Inflationsrate
zu implementieren.
21
Reputationsaufbau: Beispiel 3
Kehren wir zurück zu einperiodigenErwartungsänderungen (wie in Beispiel 1)
Wir wissen bereits, die ZB hat keinen Anreiz die optimale Inflationsrate π* zu implementieren.
Kann jedoch eine zweitbeste Lösung erreicht werden? D.h. Gibt es eine Inflationsrate , die auch bei einperiodiger Erwartungsänderung glaubwürdig ist?
D *,
22
Beispiel 3
Nehmen wir an, dass die ZB eine andere Inflationsrate ankündigt.
Ist diese Ankündigung glaubwürdig, wenn die Erwartungen durch
beschrieben werden?
D *
1*1
11 tfürfallsfalls
tD
ette
t
e1
23
Beispiel 3
• Wenn die ZB abweicht, dann aufπ1 = π* + c/a (Reaktion auf )
Überraschungsinflation mit positivem Beschäftigungseffekt
Gesellschaftliche Kosten
e1
)*()( 111 accLcLL nen
)/*()/(2
21 accLacaKosten nÜ
24
Beispiel 3
- Ln
+ c2/(2a)Gesellsch. Kosten
LnLnBeschäftigungL
π* + c/aπ* + c/aInflation π
π* + c/aErwartete Inflation πe
DiskretionäreLösung
Überraschungs-lösung
Ankündigung einhalten
nLa 2*)(
2
)/*(
)/(2
2
accL
aca
n
)*( accLn
25
Beispiel 3
Zur Vereinfachung normieren wir und 0* 0nL
Gesellsch. Kosten
00Beschäftigung L
c/ac/aInflation π
c/aErwartete Inflation πe
DiskretionäreLösung
Überraschungs-lösung
Ankündigung einhalten
2
2a
cac
ac
22
2 ac2
2
cac
2
26
Beispiel 3
Wie oben, zwei Möglichkeiten:1. Ankündigung über beide Perioden einhalten
=> Die Gesamtkosten über die beiden Perioden sind
2. Überraschungslösung in t=1, dann die diskretionäreLösung in t=2.=> Die Gesamtkosten über die beiden Perioden sind
.22
22
acqc
acKosten
.2
)1(2aqKosten
27
Beispiel 3
Ein Vergleich der Kosten zeigt, ob und ggf. wann eine Einhaltung der Ankündigung glaubwürdig ist. Kosten bei Einhalten < Kosten bei Abweichen
222
2222
222
11
12
2)1(222
)1(
cqq
qaca
qcaccaqa
cqca
caq
22
22
2
2
222
222
)1()1()1)(1(1
1
11
)1(1
)1(12
cq
qcq
qqq
ca
cqq
qqc
qcaa
A2-2AB+B2
= (A–B )2
A2 B2A B
28
Beispiel 3
22
22
)1(1c
qca
cq
cacq
ca)1(1)1(1
cq
cacq
ca)1(1)1(1
cqqc
qacc
qa
11
)1(11
)1(11
cacqq
11
29
Beispiel 3
Resultat: • Wenn die angekündigte Inflationsrate im Intervall
liegt,
dann lohnt es sich für die Zentralbank nicht, von der Ankündigung abzuweichen.
• Beachte, dass . Die diskretionäre Lösung ist glaubwürdig.
Wir wollen aber niedrigere Inflation erreichen.• Unser Ergebnis besagt demnach, dass eine niedrigere
Inflationsrate glaubwürdig ist, sofern
ac
ac
qq ,
11
acD
*011
D
30
Reputationsaufbau
Fazit: Das Bestreben der ZB, die Inflationserwartungen niedrig zu halten, kann zur Glaubwürdigkeit einer Inflationsrate führen, die niedriger ist als die diskretionäreInflationsrate aber immer noch höher als die optimale Inflation (im Beispiel π*=0).
Wie hoch die minimale glaubwürdige Inflationsrate ist, hängt ab
- von dem Diskontfaktor der ZB - Je stärker die Zukunft gewichtet wird (höheres q), desto niedriger
die Inflation.
- davon, wie stark die Erwartungen der Marktteilnehmer auf eine Abweichung der ZB reagieren: - Je länger durch ein „Fehlverhalten“ der ZB die
Inflationserwartungen ansteigen, - desto geringer ist der Anreiz für die ZB abzuweichen und desto
niedriger ist die glaubwürdige Inflation.
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