Der Sol-Gel-Prozess
Allgemeine Prinzipien und Anwendungen (Oxide allgemein)
LiteraturU. Schubert et al, Angew. Chemie 1998, 110, 22-47H.K. Schmidt, Chemie in unserer Zeit 2001, 176-184G. Kickelbick (Ed), Hybrid Materials-synthesis, Characterization and Applications, Wiley 2007
Sol-Gel-Prozess
Der Sol-Gel-Prozess
Sol: stabile Suspension kolloidaler Teilchen oder Makromoleküle in einer Flüssigkeit, Teilchen können kristallin aber auch amorph sein, es existieren keine oder nur geringe Wechselwirkungen zwischen ihnen.
Partikelgröße nm-Bereich keine Rayleigh-Brechung
„nano-Partikel-Dispersion“
Gel: niedrige mechanische Stabilität, mindestens zweiphasig, besteht aus Netzwerkstruktur, in der die „Zwischenräume“ durch Flüssigkeit oder Gas gefüllt sind Hydrogele , Alkogele, Xerogele/Aerogelediese sind charakterisiert durch bestimmte Transparenz (niedrige Lichtbrechung) Ø < 100nm
Obwohl hauptsächlich auf anorganische Systeme angewandt, können auch organische Polymere Netzwerke aus Gelen bilden (Organogele)
Inner and outer Helmholtz layer
e.g. negatively charged solid nanoparticle Nernst – potential
after particle formation/suspending adsorption of negatively/positively charged counter ions onto the particle surface
while adsorbing anions loos their hydrate envelope, van der Waals forces dominate inner Helmholtz – layer
positively charged cations are bound onto the negative mono layer of anions, electrostatic and van der Waals forces dominate outer Helmholtz – layer
inner and outer Helmholtz – layer Stern-layer Stern - potential
Gouy - Chapman layere.g. negatively charged solid nanoparticle
• bound counter ions in the Stern-layer compensate the electrical
charge of the solid particle only partially
• for a whole charge compensation of particle surface there is the need
of more counter ions (condition of electrical charge neutrality)
• counter ions form a diffusive cloud around the particle, counter ions
can move independently, concentration of counter ions grows in direction to the particle surfaces
• Gouy - Chapman layer begins on the firm bound Stern-layer and
ends in the infinite (total compensation of particle surface charge)
Point of Zero Charge (PZC): pH, an dem Teilchen elektr. neutral istz.B. MgO: 12, Al2O3:9, TiO2:6,0, SnO2: 4,5, SiO2: 2,5
Oberflächenpotenzial (0)= (f) zwischen pH und PZCZeta() – Potenzial (): Potenzial an der GleitebeneIsoelektrischer Punkt (IEP): pH, an dem ()=0 ist, IEP≠ PZC!
Stabilität: je größer umso stabiler das Sol (≥ 30-50 mV)Bei gleichem OF-Potenzial ist Abstoßungsbarriere größer für größere Teilchen (untersch. Abhängigkeit des Anziehungs-(VA) und Abstoßungspotenzials (VR) von Teilchengröße
Sterische Stabilisierung Elektrostatische Stabilisierung für Oxide
M-OH + H+ M-OH2+
M-OH + OH- M-O- + H2O
Koagulation resultiert aus:↓ 0 (Änderung des pH)
↑ Elektrolytkonz. (Doplleschicht wird komprimiert, weil nötige
Ladungsträger in kleinerem Volumen enthalten)
=> da Anziehungskraft unbeeinflußt bleibt Koagulation
VR
pH>PZC
pH<PZC
Stabilität von Nanopartikeln in Suspension – DLVO Theorie
Derjaguin, Landau, Verwey, Overbeek – Energieprofil als Funktion des interpartikulären Abstands
Nanopartikel in Suspension können durch verschiedene Effekte stabilisiert werden:
• Elektrostatische Abstoßung• Sterische Hinderung• Koordination von Liganden
reduziert Oberflächenenergie
ReaktionsprinzipienAnorganische Systeme: Gläser
i) Zugabe einer Säure zu einer Silikatlösung
(Na2SiO3 + 2 H3O+ Si(OH)4 + 2Na+ + H2O)
ii) Hydrolyse reaktiver Metallalkoxylate1. Hydrolyse und Kondensation molekularer Precursoren2. Gelierung (Sol-Gel-Transformation)3. Alterung4. Trocknung
saure Bedingungen
basische Bedingungen-H+
Basische Hydrolyse von Alkoxysilanen (SN2)
Saure Hydrolyse von Alkoxysilanen (proton assisted SN1)
Mechanismen
Gesamtreaktion: Si(OR)4 + 2H2O SiO2 + 4ROH
One step Stöber Process
Syntheseparameter•Precursor•Alkoxid zu H2O Verhältnis (RW)•Katalysator•Lösungsmittel•Temperatur•pH•relative und absolute Konz.
1. Sterische und induktive Effekte des Precursors
i. Verzweigung und Kettenlänge: Si(OMe)4 > Si(OEt)4 > Si(OnPr)4 > Si(OiPr)4
ii. Induktive Effekte de- oder stabilisieren Übergangszustände während der Hydrolyse und
Kondensation.
Elektronendichte am Si: ≡Si–R > ≡Si–OR > ≡Si–OH > ≡Si–O–Si≡
iii. Hydrolysegeschwindigkeit: sauer basisch
• Im Zuge von Hydrolyse und Kondensation (↑ OH und OSi) steigt Elektrophilie von Si, d.h.
im Sauren hydrolysieren Monomere (Si(OR)4) schneller als part. hydrolysierte
(Si(OR)4-x(OH)x) oder oligomere Spezies (haben mehr Si-O-Si Gruppen) invers im
Basischen
• Verzweigte (höher kondensierte) Netzwerke werden im Basischen, aber kettenförmige im
Sauren gebildet, weil zentrale Si-Atome (zwei oder drei Si-O-Si Bdg) bei hohem pH
favorisiert sind und Reaktionen an terminalen Si (bzw. solche mit nur einer Si-O-Si Bdg) bei
niedrigem pH
• Org. substituierte Alkylsilane (RSi(OR)3 sind reaktiver bei ↓ pH, aber weniger bei ↑ pH
• Acidität der Si-OH Gruppe steigt mit Zahl an Si-O-Si Bdg. am Si-Atom. Daher ändert sich
PZC mit steigendem Kondensationsgrad
2. Katalysator (pH)Kat.: Säure oder Base rHydrolyse ≠ rKondensation abhängig vom pHrmin.Hydrolyse ~ pH7 ; rmin.Kondensation ~ pH 4,5pH 4,5 (Kondensation) ≡ IEP von SiO2, d.h., kaum Abstoßung zwischen SiO2-Partikel
•pH < 5 bevorzugt Hydrolyse (Kondensationist r-bestimmend) viele Monomere bzw. kleine Oligomere werden gebildet•pH > 5 Hydrolyse r-bestimmend: hydrolisierte Spezies werden sofortverbraucht (schnellere Kondensation)
RLCA = Reaction Limited Cluster Aggregation
RLMC = Reaction Limited Monomer Cluster Growth
pH < 2 : globular primäre Strukturen
pH = 2-6: Kettenähnliche, aber auch verzweigte Gele mit positiver Ladung
pH > 7 : spherische Partikel von wenigen bis zu 300 nm Größe
Reaction Limited Cluster Aggregation - Prozeß (RLCA)
Im Sauren (pH = 2-5) ist die Hydrolysereaktion bevorzugt und die Kondensation ist der geschwindigkeitsbestimmende Schritt. Es entstehen gleichzeitig viele Monomere sowie kleine Oligomere mit reaktiven Si-OH-Gruppen. Aus elektronischen Gründen sind Reaktionen an terminalen Si-Atomen bevorzugt polymerartige Gele bilden sich bevorzugt, die aus wenig verzweigten Ketten aufgebaut sind, d.h., kleine Cluster kondensieren zu einem polymerartigen Netzwerk mit kleinen Poren.
Reaction Limited Monomer Cluster Growth (RLMC) oder „Eden-Wachstum“
Im Basischen ist die Hydrolyse geschwindigkeitsbestimmend und wegen unterschiedlicher Mechanismen ist die Reaktion am Si-Atom einer Oligomereinheit bevorzugt. Terminale S-O-Si Bdg werden viel leichter gespalten (sichert hohe Konz. an Monomeren). Das Netzwerk ist geprägt durch partikulären Charakter mit großen Teilchen und großen Poren („kolloidale“ Gele). Wegen der schneller ablaufenden Kondensation werden hydrolysierte Spezies sofort verbraucht. Die Kondensation von Clustern untereinander ist ungünstig, da dazu die Inversion an einem der an der Reaktion beteiligten Si-Atome notwendig ist. Leichter am zentralen Si-Atom eines Oligomers. Daher wachsen die Cluster hauptsächlich durch Ankondensieren von Monomereinheiten.
3. Alkoxid/Wasser-Verhältnis (RW)
Gesamtreaktion: Si(OR)4 + 2H2O SiO2 + 4ROH RW = 2
wenn keine Kondensation stattfindet RW = 4 nötig steigender RW bevorzugt Si-OH vor Si-O-Si Gruppen ( beachte: Kondensationsreaktion ist
reversibel)
selbst wenn RW > 2 Mischungen aus [SiOx(OH)y(OR)z]n (2x+y+z=4)generell: RW » 2 Kondensation und RW ≤ 2 Hydrolyse
4. LösungsmittelHomogenisierung des Reaktionsgemisches (speziell zu Beginn)Polarität, Dipolmoment, Viskosität, protisches/aprotisches Verhalten etc. beeinflussen Reaktionsgeschwindigkeit und somit Gelstruktur
Polare Lösemittel (H2O, Alkohole, Formamid) stabilisieren polare Spezies [Si(OR)x(OH)y]n über H-BrückenUnpolare Lösemittel (THF, Dioxan) gut für Organotrialkylsilane [R‘Si(OR)3]
Anorganische Precursoren
Hydrolysierbare anorganische Precursoren Beachte! Koordiniertes Wasser ist acider als unkoordiniertes!Bei pH-Erhöhung verschiebt sich nachfolgendes Ggw. nach rechts
(1)
z.B. pH≈3 Al(H2O)63+ pH>3 Al(OH)x(H2O)6-x
(3-x)+ Al-O-Al
Bildung von Oxiden ist bevorzugt für hoch geladene Metallkationen und/oder hohem pH
niedervalente Kationen (Z<4) bilden Aqua-, Hydroxido- oder Aqua-Hydroxidokomplexe über ganzen pH-Bereichhochvalente Kationen (Z>4) bilden Oxo- oder Oxo-Hydroxo-Verbindungen
Änderung des Ggw: pH↑ oder Kochen bei T↑
in konzentrierterem System:
Olation (OH-Brücke) Kondensation, in der eine OH-Brücke gebildet
wird, Wasser ist Abgangsgruppe. Dissoziation von H2O wird durch
Größe, elektron. Konfiguration und Lewis Acidität des Mn+ bestimmt.
Verschiedene Arten von Brücken können gebildet werden
Oxolation Kondensation, in der eine O-Brücke gebildet wird Zwei-
Stufenprozess (Addition/Eliminierung). Im Basischen wird 1. Schritt
katalysiert (Deprotonierung der OH-Gruppe), d.h. gebildete M-O--Einheit
ist stärkeres Nucleophil.
In Ggw. einer Säure läuft Schritt 2 ab Protonierung einer terminalen
M-OH-Gruppe kreiert M-OH2+ (H2O ist gute Abgangsgruppe)
D.h., Oxolation ist geringer am isoelektrischen Punkt.
Da es sowohl basen- wie auch säurekatalysiert ist, passiert Oxolation
über breiteren pH-Bereich als Olation. Mechanismus aber sehr ähnlich.
M-OH + OH- M-O- + H2OM-O- + M-OH M-O-M + OH-
H HM-O-M-OH + H3O+ [M-O-M-OH2]+ + H2O
H2O HM-O-M + H3O+ [M-O-M]+ + H2O
1
2
Alkoxid-Precursoren
Unterschiede zwischen Metallalkoxiden und Si(OR)4: 1) wegen ↓EN stärker Lewis acid nucleoph. Angriff am Metall besser
r(Ti(OR)4 = 105 r(Si(OR)4!2) Die meisten Metalle besitzen verschiedene stabile CN (leichtere Erweiterung der CN)
Si(OiPr)4 <<< Sn(OiPr)4 , Ti(OiPr)4 < Zr(OiPr)4 < Ce(OiPr)4
Metalloxid-Aerogele
Alkoxide von z.B. Ti, Zr, Sn und Al sind gegenüber Wasser erheblich reaktiver (niedrigere EN, höhere Lewis-Acidität und Erhöhung der KZ). Will man Niederschlagsbildung vermeiden, muß Reaktivität gemindert werden Zugabe Essigsäure bzw. Acetylaceton.
Binäre und ternäre Oxid-Aerogele
Zuerst langsamer reagierende Vorstufe vorhydrolysieren, dann schneller reagierende Komponente zugeben
Alternative elektrostatische Stabilisierung (ohne irreversible Netzwerkbildung)
z.B., Modifizierung von SiO2-Partikeln durch -aminopropyl-triethoxysilane. Über die Aminogruppe können Oberflächenladungen generiert werden, die im Gegensatz zu Si-OH-Gruppen nicht irreversibel reagieren
Trocknen von Gelen: Xerogele und Aerogele
Aerogel Struktur
Trocknen von Gelen
Superkritisches Trocknen
Trocknen unter Normaldruck
Schritte während der Sol-Gel-
Synthese
Allgemeiner Ablauf der Synthese von Aerogelen nach dem Sol-Gel-Prozess
Typische Schritte und Parameter, die der Reaktionsweg beeinflussen
Chelatliganden (z. B. Glycole) können aktivierend wirken infolge Erhöhung der Koordinationszahl am Si
Alternative Methoden versuchen, die elektrostatische Stabilisierung durch chemische Modifikation der Oberfläche zu umgehen
Sole mit Konzentrationen bis zu 50%!
Anorganisch-Organische KompositeFür Anwendungen im Bereich der
Optik
Elektronik,
Sensorik,
Beschichtungen
Einbettung von Nanopartikeln in eine organische Matrix
Hintergrund: funktionalisierte Nanopartikel für pharmazeutischen Wirkstofftransport, in Farbdispersionen, als Füller für Kunststoffe und in Beschichtungen; Glas- oder Carbon-verstärkte Kunststoffe (anorg. Komponente ist in Form von Partikeln, Kristalliten oder Fasern eingebettet)
Nasschemische Methoden bevorzugt, da billiger und einfacher als Vakuummethoden
Kontrolle über Größe und Zusammensetzung•Wichtig: homogene Verteilung und gute chemische Verknüpfung•es sind grenzflächenbestimmte Materialien•Verkleinerung der Teilchen und damit Vergrößerung der OF von Vorteil•Klassisch liegt Größenordnung der anorg. Komponenten im mm-
Bereich in Nanokompositen ca. 1 bis 100 nm•Diese Materialien sind wesentlich durch die anorg. Komponente
bestimmt – große Grenzfläche, innige Verknüpfung beider Komponenten•Große OF gewünscht , aber Problem der Agglomeration zusätzliche
Stabilisierung nötig
Wichtig ist, dass die Nanopartikel auch nach OF-Funktionalisierung sowie Einbindung in ein Nanokomposit ihre Eigenschaften behalten:Quantenpunkte, Bandlückenreduktion, Plasmonresonanz, Superparamagnetismus…Das ist nicht immer der Fall!!!
Für Überwindung der Inkompatibilität zw. org. und anorg. Komponenteni) Oberflächenbeschaffenheit der anorg. Komponente
ii) wechselwirkende Funktionalitäten zw. org. und anorg. Matrix
Oberflächen-OH-Gruppen nutzen für „Funktionalisierung“
D.h., der anorganische Sol-Gel-Prozess sollte den Zugang zu „organisch modifizierten“ Systemen ermöglichen.
Voraussetzung ist, die Bindung muß die nächsten Reaktionsschritte wie Gel-Bildung (Hydrolyseresistenz), Calcination etc. „überleben“
Mit reaktiven Liganden wie Epoxiden oder Methacrylaten sollten Sole gebildet werden, die eine Polymerisation bzw. Polyaddition eingehen können.
Motive: Erweiterung und Verbesserung der Eigenschaften
d.h., zusätzlich zu guter Wärmedämmung, Transparenz, große Oberfläche etc. Generierung von z.B. Hydrophobie bzw. elastischen Eigenschaften.
Allgemein nicht nachträglich, sondern Einbau org. Gruppen während der Synthese.
Wichtigste Methodeist kovalente Anbindungder org. Gruppen(Abb. 3)
Anorganisch-Organische Hybridsysteme
1 interpenetrierende Systeme
2 Einbau org. Moleküle (Enzyme, Farbstoffe)
3 Modifizierung (Funktionalisierung) oxidischer Materialien durch org. Substituenten
4 Duale Netzwerke Anorganisch-Organische Hybridpolymere
1 2
3 4
Modifizierung oxidischer Materialien durch organische Substituenten
Kompositmaterialien: makroskopische Komponenten mit definierten Phasengrenzen
Anorganisch-organische Hybridmaterialien: Building blocks sind auf molekularer Ebene gemischt
Das org. Polymer wird während der Sol-Gel-Reaktion durch radikalische Polymerisation in situ erzeugt.
Duale Netzwerke Anorganisch-Organische Hybridpolymere
Bildung anorganischer Komponenten in der organischen Matrix
Bildung der anorganischen Matrix während oder nach Ausbildung der org. Matrix
Temperaturbegrenzung < 200°C!
Dominierendes Verfahren: Sol-Gel!
R`nSi(OR)4-n
Netzwerkbildende Gruppe R`nSi(OR)4-n ließe Bildung eines zweiten Netzwerkes (Polymer) zu
dadurch zusätzliche Modifizierungsvarianten (mechanische, hydrophope, elektrochemische, optische usw. Eigenschaftsänderungen)
Anwendungen:Zahnfüllmaterialien, die neben photopolymerisierbaren Verbindungen auch Nanopartikel enthalten (höhere Abriebhärte, geringere Schrumpfung während der Polymerisation)
Diese Hightech-Kunststoffe sind teuer, deshalb vorwiegend Oberflächenveredlungen
Verbesserung der mechanischen Eigenschaften von Kunststoffoberflächen (Kratzfestbeschichtungen)
Optische Anwendungen wegen Größenskala der anorganischen Einheiten (< 100nm)
Elektronische Materialien (Batterieelektroden, Mikroelektronik, nichtlineare optische Materialien, Sensoren)
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